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Peter Ruderich. Die Orangerie auf dem Michelsberg Bamberg. 59 .... Feldmann, in der Eremitage Bayreuth Herrn. Ingo Berens und seinen Mitarbeitern von.
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Orangeriekultur in Oberfranken

Orangeriekultur in Oberfranken Die Fürstentümer Bamberg und Bayreuth

Orangeriekultur Schriftenreihe des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e. V.

Lukas Verlag

Band 13

Beiträge der 36. Jahrestagung des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e. V., 17. bis 19. September 2015, Kloster St. Michael, Bamberg In Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege

herausgegeben vom Arbeitskreis Orangerien in Deutschland e. V. Vorsitzender: Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus Adresse: Friedrichstraße 6 b, 99867 Gotha Email: [email protected] Internet: www.orangeriekultur.de Gedruckt mit freundlicher Unterstützung von

© by Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2016 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin www.lukasverlag.com Konzeption: Prof. Dr. H.-E. Paulus, Rudolstadt Redaktion und Lektorat: Dr. Simone Balsam, Dresden Layout: Dr. Simone Balsam und Prof. Dr. H.-E. Paulus Reprographie, Satz und Umschlag: Lukas Verlag Druck und Bindung: Westermann Druck Zwickau GmbH Printed in Germany ISSN 1617-884X ISBN 978-3-86732-250-8

Inhalt

Helmut-Eberhard Paulus Vorwort des Herausgebers 7 Mathias Pfeil Vorwort des Mitherausgebers 9 Pflanzenporträt 11 Orangerien in Pommersfelden und im Fürstbistum Bamberg Annette Faber Pomeranzen für Pommersfelden 13 Die Orangerien der Familie Schönborn in Schloss Weißenstein Helmut-Eberhard Paulus Die Pomeranzenwelt des Lothar Franz von Schönborn 25 Ein inszeniertes »Goldenes Zeitalter« um den Mythos des »Goldenen Apfels« Peter Ruderich Die Orangerie auf dem Michelsberg Bamberg 59 Volker Rößner »Von vielen Tausenden, [...] bewundert« – Die Mang’sche Wachsbleiche in Bamberg 72 Orangeriekultur im Fürstentum Bayreuth Helmut-Eberhard Paulus Orangeriekultur im Fürstentum Bayreuth 97 Über »Arcadia« und »Hesperien« zu den Gärten der Weisheit Ingo Berens Orangerien in Bayreuth 156 St. Georgen, Eremitage und Hofgarten Bayreuth – Ein Überblick Norbert Nordmann Orangerien in Oberfranken – Markgraftum Brandenburg-Bayreuth 168

Palmenkultivierung, Palmenhäuser Rainer Herzog Das »Palmenhaus« im Schlosspark Fantaisie 179 Ergänzende Erkenntnisse zur Entstehung und ursprünglichen Ausstattung Walter Konarske Palmenkultur in Pommersfelden, Schloss Weißenstein 203 Wolfgang Friebel Die Kultur von Palmen in der Orangerie und dem Palmenhaus im Pillnitzer Park 205 Aktuelle Forschung und Denkmalpflege Thoralf Weiß Die historische Gewächshausanlage des Botanischen Gartens Greifswald – Probleme und Chancen 214 Dagmar Fetterová Orangerien in Mittelböhmen 225

Anhang Programm der 36. Jahrestagung 232 Bildnachweis 233 Autorenverzeichnis 235

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Vorwort des Herausgebers

Mit diesem Band setzt der Arbeitskreis Orangerien in Deutschland e.V. die thematische Abhandlung der Orangeriekultur nach Ländern und Regionen fort. Zwar ist Oberfranken kein historisch geschlossenes Territorium, sondern ein erst im 19.  Jahrhundert entstandener Bezirk und Regierungsbezirk innerhalb des Freistaates Bayern, doch zeigt die Region in der Nachfolge ehemaliger Fürstentümer eine deutliche historische Prägung. Im Mittelpunkt dieses Bandes stehen daher die Bereiche des ehemaligen Hochstifts und Fürstbistums Bamberg, des Markgraftums Brandenburg-Bayreuth und der ehemaligen fränkischen Ritterschaften des alten Reiches. Der coburgische Landstrich wurde unter dem Titel »Orangerien in Sachsen-Coburg« bereits im Band 8 unserer Reihe behandelt. Die Vielfalt Oberfrankens reicht von ehe­ mals hohenzollerischen und protestan­ti­schen zu ehemals bambergischen und katholischen Gebieten. Selbst an einem symbolträchtigen Ort wie Pommersfelden, einem einst bayreuthischen Lehen mit evangelischer Pfarrkirche und zugleich Standort eines bambergisch geprägten Schlosses mit katholischer Schlosskirche, spiegelt sich diese Vielfalt. Über alle Unterschiede hinweg bildete aber gerade die Orangeriekultur schon im 18.  Jahrhundert ein alle Territorien verbindendes Band. Historische Quellen belegen in immer wieder überraschender Weise die diesbezügliche Korrespondenz zwischen den Höfen sowie unter den Gelehrten und Liebhabern ganz gleich welcher Konfession. Das heutige Oberfranken ist ein Land der Orangerien, nicht nur mit vielen Klein-

anlagen auf dem Lande, sondern auch so herausragenden Beispielen wie der Eremi­ tage Bayreuth, also Anlagen von europäi­ scher Bedeutung. Orangerien im Sinne dieses Bandes sind aber nicht nur die hochbau­ lichen Zeugnisse, sondern auch die vielen gärtnerischen Anlagen trotz ihrer Überformungen, die vielen archäologischen Zeugnisse trotz der damit verbundenen detektivischen Herausforderungen und die vielfach verborgenen ikonologischen Zusammenhänge, die bislang abseits der kunsthistorischen Forschung lagen. Einer sehr bedeutenden Orangerieanlage in Oberfranken ist in diesem Band kein eigenständiger Beitrag gewidmet – der Orangerie von Schloss Seehof bei Bamberg. Dies mag zunächst überraschen. Doch die Orangerie von Schloss Seehof war für sich bereits 2005 Gegenstand einer internationalen ICOMOSTagung, die zu einer eigenen opulenten Publikation führte. Dennoch muss Schloss Seehof mit seiner Orangerie hier erwähnt werden, denn dort zeigt sich ein ausgesprochen hoher Stand der gärtnerischen Orangeriekultur. Auch ist Seehof sicherlich ein Musterbeispiel für die Revitalisierung einer Orangerie nach den historischen Vorbildern des 18. Jahrhunderts. Die Seehofer Orangerie zeigt auf treffliche Weise, dass es weniger um bauliche Rekonstruktion als um eine Wiederbelebung geht, die die Orangeriekultur als Geisteskultur und gärtnerische Kultur zugleich voraussetzt und würdigt. Auch für Oberfranken gilt, dass es eine flächendeckende denkmalkundliche Inventa­ risation verdient hätte. Im Arbeitskreis Oran-

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Vorwort des Herausgebers

gerien in Deutschland e.V. ist man sich durchaus bewusst, dass dieses Bedürfnis kurzfristig nicht erfüllt werden kann. Seit Jahren wird daher mit der Schriftenreihe »Orangeriekultur« versucht, Themenbände auf einzelne Bundesländer und Regionen zuzuschneiden und mit jedem Band eine inventarisatorische Zwischenleistung für die Region zu erbringen. Mit Unterstützung der Landesdenkmalämter und aktiver Förderung der öffentlich-rechtlichen Schlösserverwaltungen ist dies in den letzten Jahren zunehmend auch gelungen. Die Beiträge dieses Bandes sind aus der 36.  Jahrestagung des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e.V. vom 17. bis 19.  September 2015 in Bamberg hervorgegangen. Tagungsort war das ehemalige Benediktinerkloster St. Michael mit seinem groß­artigen Orangeriegebäude, einem Muster­ b eispiel klösterlicher Orangeriekultur des 18.  Jahrhunderts. Die Bürgerspital-Stiftung bei der Stadt Bamberg hat als Eigentümerin der Anlage die dortigen Räumlichkeiten in großzügiger Weise der Tagung zur Verfügung gestellt. Die Anlage selbst bildete ein Beispiel ersten Ranges und einen Schwerpunkt der Tagung, ebenso die Mang’sche Wachsbleiche in der Bamberger Innenstadt. Ein besonderer Dank für die organisato­ rische Unterstützung schon bei der Durchführung der Tagung in Bamberg, aber auch für die Kooperation in der Herausgabe des

Bandes gilt dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, insbesondere Herrn Generalkonservator Mathias Pfeil, seiner Mitarbeiterin Frau Dr. Annette Faber sowie den weiteren beteiligten Mitarbeitern. Für die freundliche Unterstützung vor Ort ist dem Direktor der Bürgerspital-Stiftung bei der Stadt Bamberg, Herrn Bertram Felix, zu danken. Für die Ermöglichung des Exkursionsangebotes gilt ein herzlicher Dank allen Eigentümern und Gesprächspartnern vor Ort, in Pommersfelden insbesondere Graf Paul von Schönborn und Frau Dorothee Feldmann, in der Eremitage Bayreuth Herrn Ingo Berens und seinen Mitarbeitern von der Bayerischen Verwaltung der Schlösser, Gärten und Seen. Für die freundliche finanzielle Förderung mit Druckkostenzuschüssen danken wir namentlich der Ernst von Siemens Kunststiftung, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der Bürgerspital-Stiftung Bamberg und der Oberfrankenstiftung. Abschließend gilt der Dank allen Autoren für die Bereitstellung ihrer Beiträge, Frau Dr. Simone Balsam für die redaktionelle Zuarbeit in der Herausgeberschaft sowie für die Lektorierung des Bandes, dem Lukas Verlag für Herstellung und Vertrieb. Prof. Dr. Helmut-Eberhard Paulus Vorsitzender des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e.V.

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Vorwort des Mitherausgebers

Sehr gerne ließ sich das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege vom Arbeitskreis Orangerien in Deutschland e.V. zu einer ausführlichen Beschäftigung und Sichtung des historischen Orangeriebestandes in Oberfranken anregen und in die Ausrichtung der 36. Jahrestagung vom 17. bis 19. September 2015 in Bamberg einbinden. Tagungen wie diese dienen dem interdisziplinären Austausch zu einem wichtigen Thema unserer höfischen Kultur. Zehn Orangeriegebäude sind in Oberfranken in die Denkmalliste eingetragen. Allen voran sind die beiden von Justus Heinrich Dientzenhofer ab 1733 für die großartige Anlage von Schloss Seehof, einer Dienststelle des Amtes, zu nennen. Als besondere Attraktion sind dort nicht nur die Gebäude mit ihren markanten Glasfronten, sondern auch die Sammlung von circa 200 historischen Zitrusgewächsen, von hervorragend ausgebildeten Gärtnermeistern bestens umsorgt, zu sehen. Sammlung und Pflege erlesener Pome­ ranzen hat spätestens seit den glanzvollen Zeiten der Fürstbischöfe aus der Familie von Schönborn, allen voran Kurfürst, Erz­ kanzler und Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (1655–1727), auch in Oberfranken Tradition. Dies sowohl im katholischen Hochstift Bamberg als auch später im protestantischen Bayreuth unter der berühmten Markgräfin Wilhelmine. Die großen Klöster in Ebrach, Banz und Bamberg taten es ihnen gleich, ebenso der fränkische Adel. Zahlreiche Landschlösser dürften sich als Prestigeobjekt, quasi als architektonisches »must have« des 18.  Jahrhunderts,

ein repräsentatives eigenes Gebäude zum Überwintern der edlen und empfindlichen Pomeranzen geleistet haben. Mitten im Welterbe Bamberg ließ sich in den letzten Jahren durch die parallelen Bemühungen der Inventarisation und der praktischen Denkmalpflege mit der Mang’schen Wachsbleiche auch ein Orangeriegebäude aus großbürgerlichem Umfeld entdecken. Im Rahmen der Tagung konnte einem Expertenkreis erstmals die besondere Orangeriekultur vorgestellt werden, mit der Lothar Franz von Schönborn dem »goldenen Apfel« ab 1717 in seinem privaten Schloss Weißenstein (Pommersfelden, Lkr. Bamberg) ein außerordentliches, weit über die exotische Pomeranzenfrucht hinausgehendes Denkmal gesetzt hat. Der intensive Austausch der Experten des Arbeitskreises mit der praktischen Denkmalpflege eröffnete einen neuen Blick auf die erhaltenen Orangeriegebäude und ihre Ausstattung; so man­ che Beobachtung konnte neu bewertet, Übersehenes neu eingeordnet und die Aufmerksamkeit des Bauherrn für die Bedeutung der Räumlichkeiten und ihrer Finessen geweckt werden. Erste – wissenschaftliche – Früchte lie­ ßen sich bereits ernten, so die Erkenntnis, dass Lothar Franz von Schönborn seine Pomeranzensammlung zunächst in einem eigens dafür ausgemalten Saal neben der sala terrena im Hauptschloss überwintern ließ. Einen weiteren Höhepunkt der Tagung ermöglichte die Bürgerspitalstiftung der Stadt Bamberg, die nicht nur die erst vor wenigen Jahren instandgesetzte Orangerie des

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Grusswort des Mitherausgebers

ehemaligen Benediktinerklosters St. Michael der Forschung zugänglich machte, sondern auch als großzügiger Gastgeber die frisch restaurierten Räumlichkeiten in der Propstei St.  Getreu als Veranstaltungsort zur Verfügung stellte. Wie in Schloss Weißenstein warten auch auf dem Klosterareal neue Entdeckungen zum Thema »Orangerie« auf die Forschung. Wunsch und Ziel der Bayerischen Denk­ malpflege wäre es, in den kommenden Jahren nicht nur den rar gewordenen baulichen Bestand an Orangerien und historischen Glashäusern als unverzichtbare Elemente unserer Gartenkultur der Nachwelt weiterzugeben,

sondern auch weitere Orangerien im Sinne ihrer ursprünglichen Bestimmung zu beleben, buchstäblich zu revitalisieren: als duftende Pomeranzenhaine, in denen kostbare Zitrusfrüchte wohlbehütet überwintern dürfen. Der Arbeitskreis Orangerien in Deutschland e.V. ist dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege dabei ein wichtiger Partner und Ratgeber, den wir gerne in unseren Denkmälern der Gartenkultur zu Gast haben. Dipl. Ing. Architekt Mathias Pfeil Generalkonservator des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege

Pflanzenporträt

Bigaradier de Volcamer, Citrus Bigaradia Volcameriana, Melangolo di Volcamerio »Foliis parvis, oblongis, acutis, longè petiolatis: fructibus ovoideis, apice mamillatis; cortice crasso, subverrucoso; pulpâ acidulâ et amarâ.« (Mit kleinen, länglichen, zugespitzten Blättern, lang auslaufend: mit eiförmigen Früchten, mit warzenförmiger Spitze; mit dicker Schale, ein wenig warzig; Fleisch säuerlich und bitter. Aus: Risso, Antoine; Poiteau, Alexandre: Histoire Naturelle Des Orangers […]; Ouvrage Orné De Figures Peintes D’Apres Nature / Par A. Risso [...] Et A. Poiteau, Paris 1818, S. 91, Tab. 40. Diese Sorte wurde von Antoine Risso 1818 nach Johann Christoph Volkamer benannt. Es ist eine kräftige, starkwüchsige Pflanze, die auch als Veredelungsunterlage verwendet wird. Die Blätter sind länglich, schmal, spitz zulaufend und blass grün. Die Früchte sind leicht oval mit dicker, gelblich-oranger Schale. Der Saft ist leicht säuerlich und bitter, jedoch von schwachem Aroma. Die von Volkamer als »Aranzo Limonato« beschriebene Pflanze entspricht der Volkamerzitrone. Risso; Poiteau / S. Balsam, C. Gröschel

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Annette Faber

Pomeranzen für Pommersfelden Die Orangerien der Familie Schönborn in Schloss Weissenstein

Am 21. April des Jahres 1710 macht Lothar Franz von Schönborn (1655–1729), der mächtige Kurfürst von Mainz und Fürstbischof von Bamberg, eine Erbschaft. Nach dem Tod seines in unrühmlichen Verhältnissen verstorbenen Kammerherrn Friedrich Ernst (1685–1710), des letzten Truchsess von Pommersfelden, fällt ihm dessen schön gelegenes Rittergut mit einem Wasserschloss, 20 Kilometer südlich von Bamberg, zu. Das Erbe hatte sich der Kurfürst durch die Übernahme der Schulden des kinderlos Verstorbenen vorab teuer erkauft, denn es galt, den herrschaftlichen Besitz seiner Familie im Fränkischen zu vermehren.1 Einige Monate lang reizt ihn der Gedanke, das bestehende Schloss, die »speluncam latronum«, die aus »nichts als die vier maueren, undt die nicht alle …«2 bestand, zu sanieren. Schließlich baut er doch lieber neu. Südlich des Dorfes entsteht auf einer leichten Anhöhe in wenigen Jahren ein Kunstwerk von Weltruhm. Lothar Franz erschafft sich mit den besten Künstlern seiner Zeit bis 1718 ein privates Refugium, das bis heute – also seit 300 Jahren – im Besitz der Familie Schönborn blieb. Als Graue Eminenz und ranghöchster Fürst des Reiches hält Lothar Franz die Fäden der deutschen Politik fest in der Hand. (Abb. 1) Mit der Kurwürde in Mainz hat er den Vorsitz des Kurfürstenkollegiums und damit das zweithöchste weltliche Amt inne. Als Erzkanzler nimmt er erheblichen Einfluss auf die Wahl des Kaisers. Als 1711 Joseph I. (1678, reg. 1705–11) überraschend gestorben war und sein jüngerer Bruder Karl (1685– 1740) den Thron bestieg, hatte er die Wahl

im Sinne Habsburgs entscheidend steuern können. Am 22. Dezember 1711 krönt Lothar Franz von Schönborn Karl  VI. im Frankfurter Dom zum Kaiser. Der Dank dafür in Form einer großzügigen Dotation von 150 000 Gulden erlaubt es, seinen sprichwörtlichen »Bauwurmb« einmal mehr auszuleben und zügig mit dem Bau seines Schlosses zu beginnen.3 Nicht zufällig findet daher die Grundsteinlegung von Schloss Weißenstein am 1.10.1711, dem Geburtstag Karls  VI. und dem Tag seiner Wahl zum Kaiser, statt.4 1713 entstehen zwischen Bamberg, Mainz und Wien die Pläne für den Mittelbau des Schlosses. Durch seinen brillanten Neffen Friedrich Karl (1674–1746) (Abb. 2), ab 1705 Reichsvizekanzler in Wien, ist Lothar Franz gleichermaßen nah am politischen wie künstlerischen Geschehen der Hauptstadt, wovon die lebhafte Korrespondenz der beiden über Jahrzehnte hinweg ein beredtes Beispiel liefert. »Gewiss wird dieses die schönste einfahrt, vestibulum, stiegen und saal in der welt werden […]«5, versichert Friedrich Karl am 22. August 1713 dem Onkel, freilich nicht ganz ohne Ironie, denn er selbst baut gerade an Schloss Göllersdorf bei Wien. Ende 1714 ist der Mittelrisalit im Rohbau fertig, 1718 das gesamte Schloss Weißenstein. (Abb. 3) Das als monumentale Dreiflügelanlage errichtete Weißenstein konzentriert sich architektonisch und in seinen Repräsentationsaufgaben im Mittelrisalit, der sowohl vom Ehrenhof her als auch von der dem Garten zugewandten Nordseite die Anlage dominiert. Aus beiden Fassaden hervorspringend und

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Annette Faber

1  Christian Schilbach, Lothar Franz von Schönborn, 1714, Kunstsammlungen Graf von Schönborn, Pommersfelden, Inv.-Nr. 360

2  Friedrich Karl von Schönborn als Jäger, 1723, Kopie nach Johann Kupezky, Kunstsammlungen Graf von Schönborn, Pommersfelden, Inv. Bs. 78

3  Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Luftaufnahme von Südwesten, Foto: W. Rössler, 2010