Fürth – Porträt einer Stadt

Bürgermeister Markus Braun setzt im Rathaus auf Bildung . ... 26 In Würde sterben ///. Dr. Roland Martin Hanke engagiert sich für den Hospizverein .
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Andrea Himmelstoß

Fürth

Porträt einer Stadt

Andrea Himmelstoß

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Porträt einer Stadt

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© 2016 – Gmeiner-Verlag GmbH Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0 [email protected] Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2016 Satz: Mirjam Hecht Umschlaggestaltung: Benjamin Arnold Bildbearbeitung: Simone Hölsch Kartendesign: Mirjam Hecht, © The World of Maps (www.123vectormaps.com) Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Printed in Germany ISBN 978-3-8392-5235-2

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Eingetragene Lebenspartnerschaft /// Claus und Lothar Oehlen begegneten sich im Quelle-Kaufhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Königin der Hautschmeichler /// Rita Erhardt bezaubert im Laden von »Mona Lisa Dessous«  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Volles Programm am Stadtpark /// Christian Ilg wurde ausgezeichnet für sein Kino »Babylon«  .. 19 U-Bahn, Skizzenbuch und rote Stiefel /// Petra Annemarie Schleifenheimer an der Station »Stadtgrenze«  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Ballett und Blaubeerkuchen /// Velia Wortman fand ihr Glück im Stadttheater  . . . . . . . . . . . . . . . 31 Sprachen im Fluss /// Silke Kahlert übersetzt in der Vacher Kunstmühle  .. . . . . . . . . . . 37 Das Original der Michaelis-Kirchweih /// Georg Huber steht hinter dem Stand »Der billige Jakob«  . . . . . 41 Rechtsanwältin putzte Rathausklinke /// Silke Thulke-Rinne arbeitet in der Rudolf-Breitscheid-Straße  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Cappuccino vom Wunschzettel /// Markus Reith leitet das Kaffeehaus »Samocca«  . . . . . . . . . . . . . . . 47 Nun erzählen Sie doch mal … /// Jakob Wassermann wurde in der Alexanderstraße geboren .. . . 53 Zwei linke Hände? Euch werd ich helfen! /// Michael Beck arbeitet in seiner Werkstatt in der Simonstraße  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 »Besonders schön ist das Erstaunen« /// Rosmarie Waniek lässt am Stadtparkweiher Energie fließen  . . . . 59 Der Angler und der Büchsenschütze /// Architekt Detlef Günter Thiel fischt am Engelhardtsteg  .. . . . 63 Kantorin dreier Gemeinden /// Sirka Schwartz-Uppendieck spielt in der Auferstehungskirche  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 »Wir vervielfältigen das Wissen« /// Mit dem »FürthWiki«-Vereinsvorstand im »Grüner-Bräu-Keller« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

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Die bunte Vielfalt des Lebens /// Iris Rauhs Mosaiken zieren die Therme »Fürthermare« .. . . . . 79 Wie in einem großen Dorf /// Bürgermeister Markus Braun setzt im Rathaus auf Bildung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 »Jeder bekommt eine Medaille!« /// Leonie Fröhlich trainiert am Main-Donau-Kanal  .. . . . . . . . . . . 87 Helfen ist geiler als geizen /// Dagmar und Udo Schick sammeln Spenden im Sportpark Ronhof .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abiturientin und Altrocker /// Bernd Hausner ist seit Jahrzehnten Wirt in der Gustavstraße  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Ein Frankenkönig auf der Durchreise /// Karl der Große machte Rast an der heutigen Maxbrücke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Am Fluss Zenn in den Fluss kommen /// Bruno Bradt lebt und zeichnet in der Ritzmannshofer Straße  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Wichtig sind Geschichten und Gefühle /// Bettina Sorge hält freie Reden auf dem Friedhof  .. . . . . . . . . . . 105 »Ich war eine Woche traurig …« /// Thomas Schier bringt vom Bahnhofplatz aus Leben in die Stadt .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 »Ich kann andere Frauen inspirieren« /// Nina Thilo und ihr Fotostudio in der Unterfarrnbacher Straße  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 In Würde sterben /// Dr. Roland Martin Hanke engagiert sich für den Hospizverein  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Wo die zarten Falter flogen /// Marlene Quatro gibt ihr Lifestyle-Magazin in Fürth heraus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Und ab und an den Mammutbaum besuchen … /// Volker Zuber verlässt den Pfarrhof von St. Michael  . . . . . . . . 129 Bücher, Hunde und ein rotes Sofa /// Andrea Jungkunz führt die Buchhandlung Jungkunz  . . . . . . 133

30  »Von klein auf vom Wasser besessen!« /// Hans Partheimüller setzt in der Förstermühle auf Wasserkraft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 31  Eine Fackel der Freiheit /// Birgit Roßdeutscher entwirft Hüte in der Nürnberger Straße  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 32  Zwischen Heinzelmann und Kühlbox /// Danny Könnicke leitet das Rundfunkmuseum der Stadt Fürth  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 33  Schönheit tut gut /// Monika Achilles präsentiert Design in der Schwarzmannstraße  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 34  Mit der »Wilden Möhre« unterwegs /// Marion Reinhardt lädt zur Kräuterführung am Farrnbach ein  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 35  Schleckmuscheln und Knisterkaugummi /// Hornschuchpromenade: Christian Fischer-Silvias »Kiosk 762«  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 36  Das Publikum nach Fürth zurückholen /// Architekt Dieter Karl Ludwig genießt den Periandergarten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 37  »Netzwerken ist extrem wichtig« /// Petra Guttenberger lobt am Technikum den Fortschritt  . . . . 165 38  »Streets of London« in der Fußgängerzone /// Richard Smerin bringt den Blues in die Schwabacher Straße  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 39  Jeder braucht ein Dach über dem Kopf /// Dagmar Svoboda begleitet die Fürther Wärmestube  . . . . . . . . 169 40  DTM-Champion aus Franken /// Marco Wittmann fühlt sich wohl in der Benno-Strauß-Straße  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Karte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Bildverzeichnis  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

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Eing e trag e ne Le b e nsp ar tn ersch af t Claus und Lothar Oehlen begegneten sich im Quelle-Kaufhaus

Dies ist die wunderbare Liebesgeschichte von zwei Menschen, die 1983  ein Paar wurden und sich im Jahr 2001  endlich offiziell das Jawort gaben. Nun gut, bei manchen dauert’s halt »a weng« länger, doch in diesem Fall durften die beiden einfach nicht heiraten. Als am 1. August 2001  dann aber das Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft in Kraft trat, war für Claus und Lothar Oehlen alles entschieden: Am 28. Dezember 2001 traten sie zwar nicht vor einen Standesbeamten, doch vor den Notar ihres Vertrauens, der ihnen die heiß ersehnte Urkunde ausstellte. Sie waren eines der ersten schwulen Paare, über dessen Verpartnerung die Presse berichtete. Schöner als das Amtsdeutsch klingt aber zweifellos das Wort Liebe! Kennengelernt haben sich Claus und Lothar im ehemaligen Quelle-Kaufhaus an der Fürther Freiheit. Lothar hatte Sehnsucht nach einem Mann und fuhr in die Stadt, um sich an einschlägigen Treffpunkten, die es damals in Fürth gab, umzusehen. Mit der Rolltreppe fuhr er in die Musikabteilung. Und dort sah er Claus. Hinter einem Schallplattenstand. Locken, Schnauzer und Augen, die Lothar den Boden unter den Füßen wegzogen. Das war der Mann, den er lange gesucht hatte! Bevor er wusste, in wen er sich auf den ersten Blick verliebt hatte, war Claus fast wieder verschwunden – ins Quickie, das Schnellrestaurant des Quelle-Kaufhauses! Heute schaut Lothar schelmisch über seine Kaffeetasse hinweg, und Claus lächelt wissend. Damals musste Lothar sich allerdings schnell etwas einfallen lassen, damit ihm der hübsche junge Mann mit der tollen Figur nicht gleich wieder abhandenkam. »Ist hier noch frei?«, war eine einfache Lösung – zugegeben. Trotzdem hatte er damit Erfolg. Nicht nur der Platz am Tisch im Quickie war frei, sondern auch der Platz im Herzen und im Leben von Claus. Allerdings gab es einige Hürden zu überwinden, denn beide waren damals verheiratet. Bevor sie miteinander leben konnten, mussten sie ihren ahnungslosen Frauen reinen Wein einschenken. 11

Bei Familie Oehlen gibt es des Öfteren Wachteleier zum Frühstück

Den Männern wurde schnell klar, dass die Wahrheit durchaus problematisch sein kann. Dennoch machten beide in dieser Phase auch sehr positive Erfahrungen. Lothar erinnert sich an ein Treffen mit seinen Eltern, die endlich Claus und die Wahrheit kennenlernen sollten. Es gab einiges zu klären, Gerüchte mussten aus der Welt geschafft werden. Doch dann entspannte sich die Situation. »Vater schenkte einen Cognac ein, stieß mit Claus an«, erzählt Lothar. »Schließlich haben meine Eltern meinen Mann herzlich aufgenommen und bis an ihr Lebensende eine gute Beziehung zu ihm gehabt.« Mit dem neuen Leben klarzukommen, bedeutete allerdings Trennung und Schmerz. Während Lothar mit seiner Frau später ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, war für Claus der Abschied ein endgültiger. Das kleine Reihenhaus, in dem das Paar heute lebt, ist ein Idyll. Die quirlige Hundeschar, die oft gar nicht gemächlichen Wasserschildkröten und ein Teich mit prachtvollen Fischen sorgen für Dynamik und obendrein für Arbeit. Außerdem beherbergt das Paradies verschiedene Wachtelarten. Geht man über die kleine Brücke zur eigenhändig gebauten Voliere mit den Virginia- und Zwergwachteln, sind die Terrierdamen gleich dabei und drücken ihre Hundenasen an das Gitter – was den Vögeln nicht sonderlich imponiert. Seit 1997  ist Lothar im Ruhestand, und inzwischen muss auch Claus nicht mehr als Krankenpfleger arbeiten. Das heißt aber nicht, 12

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Claus und Lothar Oehlen begegneten sich im Quelle-Kaufhaus

dass sie sich nur ums traute Heim und ihren kleinen Zoo kümmern. Die beiden sind ungewöhnlich stark engagiert. Zur Wendezeit haben sie die Familie von Claus’ Bruder bei der Flucht in den Westen unterstützt. Claus hatte seinen Bruder erst Jahre nach seiner erzwungenen Adoption in der DDR ausfindig machen können. Während der Bruder mit Frau und Kind jedoch aus Furcht vor der Stasi in die DDR zurückkehrte, halfen Claus und Lothar einem zunächst völlig fremden Ehepaar, das ebenfalls über Ungarn geflüchtet war und danach fast ein Jahr bei ihnen wohnte. Beiden Männern liegt das Engagement für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sehr am Herzen. Bereits in den 90er-Jahren engagierten sie sich im Rahmen der von Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein vorangetriebenen Verfassungsklage für die gleichgeschlechtliche Ehe. Im Fliederlich e.  V., dem SchwuLesBischen Zentrum Nürnbergs, waren sie zudem Ansprechpartner für schwule Paare. Heute engagieren sich Claus und Lothar bei der Initiative Angehörigen-Stammtisch Franken für die Verbesserung der Versorgung alter Menschen. Wichtige Anstöße dazu gab sicher die Betreuung von Lothars Eltern im Altenheim, die der Sohn ebenso kritisch wie fürsorglich begleitete, sowie Claus’ Fachkenntnis. Die Qualität der Altenpflege ist für die Oehlens ein persönliches Anliegen. Trotz ihres Engagements kommt bei ihnen die Lebensfreude nicht zu kurz! So gründeten sie die Fürther Fastnachtsgesellschaft Fränkische Kanal Flotte, die sie jahrelang als Präsident und erster Vorstand führten. Gehen sie heute am ehemaligen Quelle-Kaufhaus vorbei, schmunzeln sie darüber, was sich aus ihrer ersten Begegnung im Quickie entwickelt hat und wie vieles sie gemeinsam erleben konnten. EHEMALIGES QUELLE-KAUFHAUS HEUTE WÖHRL-FILIALE FÜRTHER FREIHEIT 8–10 90762 FÜRTH

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