Witten - Porträt einer Stadt - PDFDOKUMENT.COM

Evangelos Zabacis managt das Café Amadeus . . . . . . . . . . . . . .31. 6 Flexibel und erfinderisch ///. Philip Asshauer engagiert sich in der Wiesenstraße . . . . . . . . . .35. 7 Zeitreise mit Helm und Grubenlampe ///. Paul Stahl informiert Besucher auf Zeche Nachtigall . . . . . . .41. 8 Heimat ist »in« ///. Aaron Klute beliefert den Berliner ...
15MB Größe 2 Downloads 63 Ansichten
Katharina E. Volk Klaus-Peter Dorrn

Witten

Porträt einer Stadt

Katharina E. Volk Klaus-Peter Dorrn

Witten

Porträt einer Stadt

Besuchen Sie uns im Internet: www.gmeiner-verlag.de

© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0 [email protected] Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2015 Lektorat/Redaktion: Ricarda Dück Satz: Julia Franze Umschlaggestaltung Bildbearbeitung: Alexander Somogyi Kartendesign: Mirjam Hecht; © The World of Maps (www.123vectormaps.com) Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Printed in Germany ISBN 978-3-8392-4851-5

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Der Beginn des Lebens /// Pia Tixier ist Hebamme in der Stockumer Straße .. . . . . . . . . . . 11 Vom Ursprung von Dorf und Stadt /// Reiner Padligur bestimmt die Johanniskirche als Zentrum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Klang, Klavier und Kinderchor /// Sophie von Laer entspannt gern in der Kneipe Klimbim .. . . . 21 Alte Mauern und beständige Werte /// Hans Dieter Radke ist Hausherr der Burgruine Hardenstein .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Kunstvoll vereinte Gegensätze /// Evangelos Zabacis managt das Café Amadeus .. . . . . . . . . . . . . . 31 Flexibel und erfinderisch /// Philip Asshauer engagiert sich in der Wiesenstraße . . . . . . . . . . . 35 Zeitreise mit Helm und Grubenlampe /// Paul Stahl informiert Besucher auf Zeche Nachtigall . . . . . . . . 41 Heimat ist »in« /// Aaron Klute beliefert den Berliner Kiosk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Trödel, Kirmes, Weihnachtsmarkt /// Thomas Schmidt macht Stadtmarketing in der Körnerstraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Des Glückes Schmied /// Volker Avermann pflegt Handwerk am Bethaus der Bergleute .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Mit Schere, Feuer und Flamme /// Maleeq Oz frisiert europaweit und in der Ruhrstraße .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Alles unter einem Hut /// Bärbel Wolfes-Maduka ist Modistin im Hutsalon . . . . . . . . . . . . 61 Ein Architekt in guten und schwierigen Zeiten /// Carl Franzen und das Märkische Museum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Perfektion aus Natur und Stahl /// Melanie Biskup arbeitet für die Deutschen Edelstahlwerke .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

Labsal für die Seele /// Ottfried Böttcher ist Gärtner an der Holzkampstraße .. . . . . . 75 Der Patient führt dich /// Dr. Hubertus-Emil Schöttes operierte am Marienhospital .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Ein Ort der Stille /// Schwester Anna Maria ist Priorin im Karmelitinnen-Kloster .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Zusammenhalt ist wichtig /// Yvonne Wiegand hat ein Auge auf den Spielplatz Zur Talsperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Verwurzelt und weit verzweigt /// Klaus Peter ist Förster im Wittener Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Der Troubleshooter von Witten /// Dr. Gert Buhren war der letzte Stadtdirektor im Rathaus .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Ein Detektiv im Planungsamt /// Florian Schrader ist Denkmalpfleger in der Annenstraße . . . . 97 Ein Sportler geht ans Limit /// Mark Warnecke betreibt sein Büro in der Flaßkuhle .. . . . . . . . 99 Von Pflanzen, Salben und Tinkturen /// Christina Herrmann-Trubitz ist Apothekerin am Bodenborn .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Tasten und Touren /// Jörg Hegemann spielt Boogie-Woogie auf Schloss Steinhausen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Ostwind, Wirbelwind und ein gutes Ende /// Esther Becker leitet das Restaurant im Haus Herbede .. . . . . 111 Blitze, Qualm und Sachverstand /// Physikant Marcus Weber ist in der Stockumer Straße kreativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Ahnen und Erben /// Sandra und Fritz Oberste-Frielinghaus vom Gut Frielinghaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

28 Mit Engagement zum Ziel /// Dr. Konrad Schily hat für die Universität gekämpft . . . . . . . . . 127 29 Technik und Ökonomie fürs Lebenselixier /// Prof. Rudolph am Forschungs- und Entwicklungszentrum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 30 Seit Generationen in Bommern /// Stefanie Hübener besuchte die Brenschenschule .. . . . . . . . . . . . 137 31 Keine Rippenstöße auf der Bühne /// Heinz-Jürgen Freitag übt mit dem Chor Lyra im Haus Rauendahl .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 32 Mit Haut und Haar /// Astrid Pieper ist Make-up-Artist in der Markerbenhöhe . . . . 143 33 Ein heimliches Hauptquartier /// Klaus Peter Born ist Wittener Bezirkspolizist . . . . . . . . . . . . . . . 145 34 Die Idylle des gemächlichen Tempos /// Ulrich Voß ist Kutscher in der Durchholzer Straße .. . . . . . . . . 151 35 Willkommen im Haus Ulland /// Doris Kirbschus empfängt Gäste in der Poststraße . . . . . . . . . 157 36 Künstlerische Weichenstellung /// Lutz A. Quambusch wirkt im Atelier in der Siepenstraße .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 37 Ein Bauerndichter aus Witten /// Wilhelm Lennemann kam an der Ardeystraße zur Welt. . . . 167 38 Trümmer und ein Sofa aus Samt /// Ingeborg Hebell erinnert sich an die Bahnhofstraße . . . . . . . . 169 39 Zwischen Himmel und Erde /// Dieter Schidt führt Gäste auf den Helenenturm .. . . . . . . . . . . 173 40 Keine Scheu vor dem Tod /// Eberhard Witthüser ist Bestatter in der Meesmannstraße . . 175 Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Bildverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Quellenverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

1

D e r B e g inn des L eben s Pia Tixier ist Hebamme in der Stockumer Straße

Bei Pia Tixier ging es schon manches Mal um Leben und Tod. Die Hebamme, in einem Vorort von Paris geboren, besuchte als Kind gerne ihre Großeltern im Ruhrgebiet. »Opa war Zechenarzt und diagnostizierte die Staublunge, Oma trug als Bestatterin die Leute zu Grabe«, erzählt sie. »Ich weiß noch, wie die schwarz gekleideten Menschen nach dem Gespräch mit ihr wieder fröhlich waren und von ihr umarmt wurden. Später erkannte ich, dass auch mancher Schnaps getrunken wurde. Meine Oma hat die Leute auf ihrem letzten Weg begleitet, ich begleite sie auf ihrem ersten.« Von Kindesbeinen an war Pia Tixier an allem Medizinischen interessiert. Bereits als Vierjährige trug sie ihr eigenes kleines Chirurgenbesteck mit sich. »Ein Beruf mit viel Blut sollte es für mich werden«, schmunzelt die Hebamme. Ihre Ausbildung absolvierte die Mutter eines Sohnes an einer Wuppertaler Klinik, heute ist sie in Witten mit der Hebammenpraxis in der Stockumer Straße selbstständig. Im Laufe der Jahre hat Pia Tixier über 1.000 Babys auf die Welt geholfen. »Eine Geburt ist ein besonderer Moment. Dennoch ging es mir nie vorrangig um den Augenblick, in dem das Kind das Licht der Welt erblickt, sondern darum, die Mütter zu begleiten. Sie sind während und auch nach der Geburt sehr bedürftig«, erklärt sie. Die Hebamme beantwortet viele Fragen zum Stillen, Wickeln oder Wohlbefinden des Säuglings. Bis zu acht Wochen nach einer Geburt unterstützt die Wittenerin Mütter, Paare und Familien. Manchmal zeigt sie auf, dass ein aus den Fugen geratener Lebensrhythmus normal ist. Viele Ängste rühren allein daher, dass Frauen durch zu viele Informationen aus den Medien verunsichert werden. Die Erfahrungen der Hebamme sind in diesem Fall viel mehr wert als jeder unpersönliche Rat. Im Kreißsaal entsteht Nähe zwischen der Hebamme und der Gebärenden, allerdings bewusst nur vorübergehend. Zwar würden viele Mütter Pia Tixier am liebsten zu jedem Kindergeburtstag einladen, doch dann wäre sie an 365 Tagen im Jahr bei jemandem zu Gast. Bei aller Nähe ist eine gewisse Distanz auch nötig, um den Ge11

In der Hebammenpraxis ist Raum für verschiedene begleitende Kurse

bärenden souverän beistehen zu können. »Der Wehenschmerz ist vehement und geht an die Substanz. Wir Hebammen leiten die Frau an, wie sie damit umgehen kann. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Mütter die Strapazen mehr oder weniger vergessen. Ich bin überzeugt, dass wir alle sonst nicht hier wären.« Pia Tixier versteht Frauen, die mit dem Schmerz hadern, denn für den Ablauf der Geburt ist er im Grunde nicht nötig. »Es ist zwar wichtig zu spüren, wann die Geburt wirklich losgeht, aber glücklicherweise sind wir mit Schmerzmitteln heutzutage gut aufgestellt.« Die Hebamme kann zudem der Theorie folgen, dass unbewusst bestehende religiöse Erziehungsinhalte, die um die Themen Schuld, Strafe und Schmerz kreisen, einen unterschwelligen Einfluss auf das Schmerzempfinden ausüben. Die Wittenerin hat viele freudige Momente im Kreißsaal miterlebt. »Das Schönste ist das Glück der Eltern«, erzählt sie, »wenn vorherige Sorgen in die Freude umschlagen, mit der sie das Kind in Empfang nehmen.« Einige Männer feuern ihre Partnerin lauthals an, sodass nahezu eine Stadionatmosphäre entsteht. Für andere steht der Vätersessel bereit, denn manch einer kippt vor lauter Nervosität und Übermüdung schlichtweg um. Doch es gibt auch Situationen, in denen der Tod vor oder nach einer Geburt stärker ist als das Leben. »Leider gehören solche traurigen Erlebnisse dazu.« 12

Pia Tixier ist Hebamme in der Stockumer Straße

1

Bis zum Jahr 2011 betreute Pia Tixier Geburten und war stets einige Wochen rund um den errechneten Termin 24 Stunden in Rufbereitschaft, um die werdende Mutter in die Klinik zu begleiten und sie dort zu betreuen. Blieben Hebammen im Mittelalter manchmal im tiefsten Winter mit ihrer Tasche im Schnee stecken, saß Pia Tixier schon einmal mit dem Auto im verschneiten Wittener Wald fest, und der Akku ihres Mobiltelefons war leer. Doch solche Zwischenfälle sind heute, wenn sie zur Nachsorge unterwegs ist, nicht mehr so dramatisch. Inzwischen übt die Wittenerin keine Geburtsbegleitung mehr aus. Sie kämpft mit dem Problem, dass die Haftpflichtversicherungen freiberufliche Hebammen künftig nicht mehr versichern wollen. Das würde diesem Berufsbild jedoch ein Ende setzen. Ohne Versicherung darf eine Hebamme nicht arbeiten, selbst wenn es um Vorbereitungskurse oder Babymassagen geht. »Für alle Beteiligten wäre das katastrophal. Wir leisten immens viel, und unsere Tätigkeit ist sehr wichtig.« Angesichts der Anforderungen in ihrem verantwortungsvollen Beruf braucht eine Hebamme Auszeiten. Pia Tixier erkundet nach Feierabend gerne die Industriekultur an der Ruhr. »Wenn in einer Siedlung jemand sein Auto schrubbt und nebenher Fußball im Radio läuft, liegt ein Schwirren in der Luft, das es nur hier gibt«, lächelt sie. Ein Stück Ruhrkohle liegt in Paris auf dem Küchenregal ihres Vaters. Er war begeistert von den hiesigen Sehenswürdigkeiten, wie so viele, die in unserer Region erstmals zu Besuch sind. Und wer zum allerersten Mal das Licht der Wittener Welt erblickt, wird vielleicht von Pia Tixier begleitet, in den ersten Wochen seines Erdenlebens.

H eb a m m e n p r a x i s P i a T i x i e r Stockumer StraSSe 1 5 8 4 5 3 W i tte n www . heb a m m e n p r a x i s - w i tte n . de

13