ARABELLA an der Oper Halle Kritik von André Sittner, mdr Figaro ...

10.11.2014 - Ganz schön viel Richard Strauss im Jahr 2014. Das war ... spielt ja in einem Hotel, ein Kaffeehaus-A-Orchester, auch das ja ein Hieb auf den.
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ARABELLA an der Oper Halle Kritik von André Sittner, mdr Figaro, 10.11.2014 Ganz schön viel Richard Strauss im Jahr 2014. Das war absehbar zum 150. Geburtstag des Komponisten, dass da das ganze Jahr über Galopp gemacht wird und manchmal auch doppelt Galopp. Am vergangenen Freitag hatte nicht nur in Dresden die Strauss-Oper ARABELLA Premiere, sondern auch in Halle am dortigen Opernhaus. Allerdings hier in einer abgespeckten Variante – halbszenisch, wie das dann so schön heißt, wenn das Geld für das ganz große Vollformat fehlt. Gesehen von unserem Musikkritiker André Sittner, diese Hallenser Inszenierung halbszenisch. Was kann man sich darunter vorstellen? Ja man hätte natürlich in Halle auch gerne eine Volloper gemacht, vor allem im StraussJahr, aber die Mittel sind begrenzt, wie sie schon sagten und da hat Intendant Axel Köhler, der Regie geführt hat, hier auch quasi aus der Not eine Tugend gemacht und diese Oper tatsächlich komplett auf der Bühne untergebracht. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich mit Orchester und allem Drum und Dran. Und die Grundidee war dahinter, dass diese Oper, die Strauss ja selbst als »Lyrische Komödie« bezeichnet und die eigentlich mehr eine ironische Operette ist als eine Oper, auch als solche zu zeigen, als Persiflage sozusagen. Operette nicht im Sinne der Walzerseeligen Lehár-Stücke, sondern dann doch eher im offenbachschen Sinne als Real- und Gesellschaftssatire. Und das gibt dieses Stück her? Das gibt dieses Stück her und das wird meines Erachtens auch immer ein bisschen vernachlässigt. Da wird viel zu viel hineininterpretiert in diese ARABELLA. Das ist tatsächlich eine Satire, eine Persiflage, eine Offenbachiade letztendlich. Sowohl im Text von Hofmannsthal als auch in der Straus’schen Musik. Da wird im Grunde jedes aufkommende Pathos sofort durch Banalitäten, durch Komik und durch Ironie gebrochen. Da verliert sich die Musik dann bei Strauss auch mal bewusst in Floskelhaftigkeit und bei Hofmannsthal zum Beispiel der Graf, der seine Töchter ja gerne unter die Haube bringen möchte in diesem Stück, der meint im Text, dass man ja diese Beiden nun doch endlich vom Konto kriegen müsse. Axel Köhler hat das genauso auf die Bühne gebracht. Minimalistisch mit feiner Ironie. Er selbst hat die Sprechrolle des Kellners Welko übernommen – eigentlich nur eine ganz kleine Rolle, aber er hat sie zu der eines Conférenciers ausgeweitet und hatte da schon ganz am Anfang die Lacher auf seiner Seite, als er in Anbetracht des eigentlich nur zu gut zweidritteln gefüllten Saales meinte, heute wäre es aber voll für hiesige Verhältnisse und auf der Bühne, da würde man die Hotelkapelle sehen. Das ganze spielt ja in einem Hotel, ein Kaffeehaus-A-Orchester, auch das ja ein Hieb auf den drohenden Stellenabbau in Halle.

Also, der verarmte Graf, der seine Tochter verkuppeln will – an einen möglichst reichen Schwiegersohn ist klar – und die zweite Tochter, die er dann gar nicht mehr standesgemäß ausstatten kann, soll dann als Junge verkleidet gleich mitgehen. Beide Töchter verlieben sich dann. Es kommt zu Verwicklungen, so muss das sein. Und wie hat Axel Köhler das in Halle umgesetzt. Ja, mit wenigen aber effektiven Mittel, wie ich finde, die einmal mehr auch zeigen wie gut die Illusion Theater immer noch funktionieren kann, wenn man es richtig macht. Das Orchester, das auf der Bühne saß, das war irgendwann ein ganz natürliches Accessoire dieser imaginären Hotellobby, die nur durch ein paar Kordelbinder, durch einen roten Läufer und zwei Kaffeehaustische charakterisiert wurde. Und die Protagonisten, die waren auch zeitlos gekleidet in Frack und Abendkleid. Also das hätte so gut in der Mitte des 20. Jahrhunderts, wie heute, wie auch im späten 19. Jahrhundert spielen können. Axel Köhler wäre aber nicht er selbst, wenn er nicht auch wieder Typen auf die Bühne gebracht hätte. Diese ganzen Verehrer der Arabella, dieses Panoptikum dieser eitlen Trottel. Es ist ja eine verlebte Elite, die da auffährt. Dieser spielsüchtige und auch schon etwas debile Graf Waldner, dann die Gräfin die hier als Walküre gezeigt wurde, die ihrerseits auch noch mal versucht mit ihren Reizen zu punkten und letztlich die beiden erfolgreichen Verehrer Matteo und Mandryka, die aber eben auch nicht so besonders helle sind. Lediglich diese beiden Mädchen eben, also Arabella und ihre Schwester Zdenka, die waren ernsthaft angelegt. Das sind aber auch die, die den ganzen Konflikte austragen und aushalten müssen. Und dazu kamen dann noch ganz nette Nebenfiguren wie die Fiakermilli, diese Attraktion dann beim Faschingsball, die herrlich aufdringlich gespielt und gesungen wurde von Christina Rümann. Und eben Welko, der Kellner – alias Axel Köhler, der sich hier eindeutig, find ich, für eine Komödiantenlaufbahn am Sprechtheater empfohlen hat –, der dann mit ganz bitterer Leichenmiene ins Publikum dem Grafen die unbezahlten Rechnungen präsentiert. Und am Ende des zweiten Aktes dann im Anbetracht seiner auch endenden Intendanz in Halle meinte, er tue sich jetzt die folgende Katastrophe (des 3. Aktes) nicht mehr an. Er hätte ab jetzt nur noch Bereitschaftsdienst und jetzt übernehme der Nachtportier. Das hatte dann auch fatalistische Lacher. So, das ist aber eine Oper von Richard Strauss, kein Schauspiel. Hätte ja bisher auch als Stummfilm mit Untertiteln oder Zwischentiteln funktioniert. Wie haben sich denn die Sänger geschlagen? Es wurde doch gesungen. Also das war eine sehr solide Leistung, wie ich fand. Man hat hier natürlich nicht so ein Staraufgebot wie man das in Dresden hat, aber das war mehr als achtbar hier in Halle - zum großen Teil zumindest. Anke Berndt mit einem sehr glockenhellen, sehr lyrischen Sopran, sehr beweglich und intonationssicher. Das gilt übrigens fast für das gesamte Ensemble, trotz der durchweg recht verzwickten Partien bei Strauss. Das ist ja ein Flirren und Wirren in der Musik. Anna Baxter, die Zdenka, die war etwas herber stimmlich, aber grad deshalb vielleicht ein schöner Kontrast. Das kam besonders schön auch im Duett des ersten Aktes zur Geltung. Ralph Ertel, der den Matteo gesungen hat,

mit kräftigem Tenor, hatte nur am Ende ein paar Unsicherheiten, hat ansonsten viel Glanz verstrahlt. Karsten Mewes war Gast, der hat den für meine Begriffe etwas zu reifen Mandryka abgegeben. Stimmlich durchaus noch kräftig und sicher aber dann doch etwas über dem Zenit. Und der Rest auch sehr solide. Nur Ulrich Burdack als Graf Waldner, der hat enttäuscht, das war eine dünne, eine unsichere Stimme. Auch schauspielerisch ist er dann hinter den anderen etwas zurück geblieben. Aber insgesamt eine sehr schöne Personenanlage von Axel Köhler mit viel Spielwitz und die hatten auch sichtbar eigenen Spaß dran. Und in Kürze André Sittner noch ein Wort zur Staatskapelle Halle. Eine Alternative zur Wunderharfe aus Dresden? Ja, es sind nun nicht die Dresdner, das hört man auch. Da fehlt die Geschmeidigkeit, das Selbstverständnis bei den Farben, wobei man fairerweise anmerken muss, optimal war das akustisch nicht, was da auf der Bühne saß, weil die saßen so ein bisschen schräg versetzt, da kam der Klang nicht so 100-prozentig rüber. Aber dieses schillernde, was bei Strauss notwendig ist, das war nur in Ansätzen zu merken. Josep CaballéDomenech, der Chefdirigent, der hat sich da redlich Mühe gegeben, das akustisch zumindest auch zu ändern. Aber sowohl die Balance als auch eben dann in der Akustik, da hat es nicht ganz gestimmt. Nichts desto trotz hab ich mich gut amüsiert an diesem Abend im wörtlichen Sinne. Es war eine gelungene Aufführung sowohl in der Regie als auch künstlerisch und das Drittel, was an Publikum im Saal gefehlt hat, das hat wirklich was verpasst. Das sollte man nachholen. Das Urteil von André Sittner über diese halbszenische Inszenierung von Richard Strauss‘ Oper ARABELLA. Die nächsten Gelegenheiten das zu sehen in der Oper Halle am 30. November 2014, 15:00 Uhr und am 13. Dezember 2014, um 19:30 Uhr.