Sonderheft - Film TV Video

grator der Produktionsplattform ist Qvest Media. RBB Potsdam ..... Viz-Libero im Einsatz. Während ..... Der TV-Dienstleister NEP Switzerland nutzt einen neuen ...
5MB Größe 43 Downloads 983 Ansichten
Broadcast Sonderheft

www.film-tv-video.de

2/2016

Im Überblick: Alles ganz speziell: Wagner in Bayreuth Rund um die Uhr: Olympia in Rio Einfach nur speichern: aber dauerhaft sicher Größer denn je: Euro 2016

Foto: Bayerischer Rundfunk/Ostkreuz Berlin/Anne Schönharting

Volle Dröhnung: 24h Bayern

www.film-tv-video.de

Die ganze Branche. Online.

Sport ist Quote Sportrechte galten in den vergangenen Jahren stets als Quotengaranten. In Deutschland schauen die Zuschauer laut Marktforschung am liebsten Fußball. Mit großem Abstand gefolgt von Boxen, Skisport, Autorennen und Leichtathletik. Für alle anderen Sportarten liegt das Zuschauerinteresse bei weniger als 15%. Große internationale Wettbewerbe ziehen dabei in allen Sportarten am besten – und hier kommen Olympia und Welt- sowie Europameisterschaften ins Spiel. So gesehen ist 2016 natürlich ein Topjahr für die TV-Sportberichterstattung: Fußball-EM und Olympische Sommerspiele – in Deutschland beides bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu sehen. Aber möglicherweise markiert das Jahr 2016 auch eine Zäsur. Zum einen werden Sportrechte immer teurer und es stellt sich die Frage: Können und sollen ARD und ZDF da weiter mithalten? Bei den vier kommenden Olympischen Spielen sind sie nach aktuellem Stand ohnehin aus dem Rennen, Discovery hat die TVund Online-Rechte für Europa gekauft. Zum anderen wird die Online-Vermarktung der Sport­ ereignisse immer wichtiger und könnte schon bald die TV-Verwertung überflügeln. Das kann man daran ab­­ lesen, dass auch ARD und ZDF bei den Olympischen Spielen parallel zur TV-Übertragung sechs Live-Streams präsentierten – und damit einen internationalen Trend reflektierten. Am Horizont ist weiterer Wandel erkennbar: Die großen Sportveranstalter produzieren die Bewegtbilder ihrer Veranstaltungen schon seit etlichen Jahren weitestgehend selbst – Tochterunternehmen übernehmen diese Aufgabe und geben die Bilder als Host-Broadcaster an die Lizenznehmer weiter. Der nächste Schritt könnte nun darin bestehen, dass die Veranstalter auch die Distribution auf internet-fähige und auf mobile Geräte wie Smart-TVs, PCs, Tablets und Smartphones komplett in die eigene Hand nehmen und auf eigene Töchter übertragen. Ob es so kommt und was das für die Präsenz von Sportübertragungen im Fernsehen und besonders im Free-TV bedeutet, darauf haben viele Unternehmen ganz unterschiedliche Wetten laufen.

Inhalt Olympia in Rio ............................................ 4 RBB Potsdam geht auf Sendung ............ 10 Euro 2016: Größer denn je ...................... 12 Broadcast-News ...................................... 19 Volle Dröhnung: 24h Bayern .................. 20 Speichern – aber dauerhaft sicher! ....... 24

Sie werden sehen.

Bayreuth: Alles ganz speziell .................. 26

Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller

Drahtlos am Set ........................................ 32 Impressum ............................................... 34

Seite 3 | www.film-tv-video.de

Olympia Rio 2016 – bei ARD und ZDF 2016 fand das größte Sportereignis der Welt erstmals in Südamerika statt: Damit schrieben die diesjährigen Olympischen Sommerspiele in jedem Fall schon mal Geschichte. ARD und ZDF berichteten gemeinsam aus Brasilien und arbeiteten dabei unter anderem mit Remote-Pro­ duction-Workflows. film-tv-video.de hat mit Technik-Verantwortlichen dieser Großproduktion gesprochen. Text: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: Tomy Kögl, Dieter Thiessen

Olympia Rio 2016, das hieß: 10.500 Athleten aus mehr als 200 Ländern, die in diversen Wettkämpfen gegeneinander antraten. 306 Goldmedaillen warteten auf die Sieger. In 39 Wettkampfsportarten kämpften die Sportler in Rio und Umgebung vom 6. bis zum 21. August 2016 um das begehrte Edelmetall. Auch andere, weniger rühmliche Aspekte als der Kampf um sportliche Höchstleistungen und Medaillen, standen in Rio auf der Agenda: auf der politischen, juristischen, medizinischen und pharmazeutischen Seite. An Herausforderungen mangelte es beim Thema Olympische Spiele in Rio de Janeiro also wirklich nicht – und auch für ARD und ZDF bargen die Olympischen Spiele aufgrund der Seite 4 | www.film-tv-video.de

Bedingungen vor Ort einige Engstellen, die es zu bewältigen galt. Dennoch erhöhten die beiden Sender ihr Sendevolumen mit rund 300 Stunden aus Rio gegenüber den vorangegangenen Sommerspielen in London noch einmal deutlich. Das wurde unter anderem durch eine engere Zusammenarbeit zwischen den Sendern möglich. Produziert wurde in HD und Stereo. 87 Tonnen Technik mussten ARD und ZDF direkt von der Fußball-WM in Frankreich per Luftfracht nach Brasilien transportieren, dort installieren und in Betrieb nehmen. Andere Lösungen wären sehr viel teurer gekommen. Zusätzliches Material war vorab schon verschifft worden. Die Federführung bei der TV-Produktion der Olympischen Spiele oblag für die ARD bereits zum fünften Mal dem NDR. Die Technische Leitung beim NDR hatte Dieter Thies-

sen, der eng zusammenarbeitete mit Gunnar Darge, dem zuständigen Technischen Leiter des ZDF.

Lage bei ARD und ZDF

Das Wettbieten um die Rechte für die Übertragung Olympischer Spiele im deutschen Sendegebiet konnten ARD und ZDF in den vergangenen Jahren stets für sich entscheiden. Nach aktuellem Stand gibt es hier nun zumindest eine Zäsur: Das IOC unter Leitung von Thomas Bach hat Mitte 2015 ein über mehrere Jahre laufendes, länderübergreifendes Paket aus TV- und Multi-Plattform-Übertragungsrechten für Europa an Discovery Communications verkauft. Das Paket umfasst insgesamt vier Ausgaben der Olympischen Spiele von 2018 bis 2024, das sind je zwei Sommer- und Winterspiele. ARD und ZDF gingen in den direkten Verhandlungen mit dem IOC leer aus. Die offiziellen Stellen von ARD und ZDF haben sich zu dieser Situation schon mehrfach mit Bedauern geäußert, offiziell verhandeln Discovery und die öffentlich-rechtlichen noch miteinander, aber allem Anschein nach befinden sich die Verhand-

lungen in einer Sackgasse. Es bleibt also abzuwarten, ob sich vielleicht doch noch etwas tut.

Programme bei ARD und ZDF

ARD und ZDF berichteten im täglichen Wechsel von den Olympischen Spielen in Brasilien. Die Klammer für die umfassende Live-Berichterstattung, die bei den Sendern an den jeweiligen Olympia-Tagen einen Großteil des Programms ausmachte, bildeten Moderationen aus dem Olympia-Studio in Rio. Die einzelnen Wettbewerbe wurden von Sport­ redakteuren kommentiert.

Olympia-Studio im Olympia-Park in Barra

Ein zentrales Element der Berichterstattung aus Rio war das gemeinsame Studio von ARD und ZDF, das im Olympic Parc im westlich gelegenen Stadtteil Barra aufgebaut wurde (Parque Olimpico da Barra). Das 100-Quadratmeter-Studio beeindruckte durch ein Panoramafenster, das den Blick freigab auf die Olympia-Schwimmhalle und den Olympia-Boulevard. Das fast vollständig verglaste Studio sollte die Zuschauer direkt ins Geschehen versetzen, die Nähe des Studios zum Olympia-Boulevard wollten die Sender auch nutzen, um Stimmen und Stimmungen noch authentischer einfangen zu können.

Mit einem ähnlichen Studio-Setup hatten ARD und ZDF auch von den vergangenen Winterspielen aus Sotschi berichtet. Eine Besonderheit in Rio bestand aber darin, dass das Studio diesmal via Glasfasertechnik an die Regien und die Technik im rund 1,5 km Luftlinie entfernt liegenden International Broadcast Center (IBC) angebunden war. Die Olympia-Berichterstattung von ARD und ZDF basierte also zu wesentlichen Teilen auf einem Remote-Production-Workflow. Im Studio ware fünf Kameras im Einsatz: drei davon auf Pedestals, dazu noch eine leichte Krankamera (Polecam) und eine mobile, drahtlos angebundene Kamera auf einem Steadicam-System. Die Studiomöblierung und -ausstattung hatten ARD und ZDF weitgehend vom gemeinsamen Studio bei den Olympischen Spielen in Sotschi übernommen. Die beiden Sender bauten das Studio zwischen den jeweiligen Sende­ tagen nicht um. Das hatte auch logistische Gründe: Das Studio wurde jeden Tag über 24 Stunden intensiv genutzt, Umbauten wären nur innerhalb eines sehr engen Zeitfensters möglich gewesen. »Lediglich in der Farbgebung gab es bei den ARD- und den ZDF-Sendungen noch leichte Unterschiede«, berichtet Gunnar Darge.

Auf Augmented-Reality-Elemente, wie sie bei der Euro 2016 eine tragende Rolle innerhalb der Studioproduktion spielten, verzichteten die Redaktionen in Rio – auch weil man mit dem Glasstudio einen anderen redaktionellen Ansatz verfolgte. Dieter Thiessen sagt dazu: »Es fanden so viele Wettkämpfe parallel statt, dass gar nicht so viel Zeit im Sendeablauf geblieben wäre, um diese aufwändige Technik auch wirklich auszunutzen. Stattdessen wollte die Redaktion möglichst viel Live-Sport zeigen und hatte das gesamte Konzept bewusst auf dieses Ziel abgestimmt.«

Venues: Vier Sportarten im Fokus

In der Gunst der deutschen Zuschauer sind Leichtathletik, Schwimmen, Reiten sowie Rudern besonders hoch angesiedelt – natürlich auch deshalb, weil deutsche Athleten in diesen Sportarten die meisten Medaillenhoffnungen hegen. Entsprechend trieben ARD und ZDF auch in Rio an den Wettkampfstätten dieser Sportarten einen erhöhten Aufwand. Beim Schwimmen, Rudern und Reiten verließen sich die deutschen Sender nicht nur auf das vom Host-Broadcaster angebotene Bildund Tonmaterial, sondern waren zusätzlich mit jeweils zwei eigenen Seite 5 | www.film-tv-video.de

IBC: Technik

SRF und ORF haben gemeinsam ein Studiogebäude am Ipanema Beach errichtet und produzierten an dieser Top-Location ihre aufwändigen Programme.

Kameras vor Ort vertreten. Deren Bilder erlaubten es, in der Bildregie die Host-Signale als Basis zu verwenden, aber zusätzlich noch einen stärkeren Fokus auf die deutschen Teilnehmer zu legen und so die Berichterstattung auf die Interessen der deutschen Zuschauer optimieren zu können. Die Technik hierfür stammte von SonoVTS. Der Dienstleister lieferte die Kamera-, Audio- und Monitortechnik zu, die an den Venues verwendet wurde. Die zusätzlichen Signale wurden von den Wettkampfstätten per Nimbra-Glasfaser-Technik ins IBC übertragen und dort weiter verarbeitet – die Venues wurden also wie das Studio in einem Remote-Production-Workflow angebunden und genutzt: Vor Ort befand sich jeweils nur ein kleines Team, die gesamte Verarbeitung und Aufbereitung der zugelieferten Signale erfolgte in hierfür eingerichteten Subregien im IBC. Anders war die Situation im Bereich Leichtathletik: Im Olympic-Stadion in Rio, wo die Leichtathleten antraten, hatten die Sender einen kompletten eigenen Ü-Wagen mit vier eigenen Kameras stationiert. Dort stand der Ü2 des NDR und produzierte direkt am Venue ein fertiges Sendesignal – aus eigenem und Host-Material – und lieferte dieses an die Regie im IBC weiter. Seite 6 | www.film-tv-video.de

Und die anderen Sportarten?

Natürlich berichteten ARD und ZDF auch über andere als die bisher genannten Sportarten: überwiegend dann, wenn dort deutsche Athleten teilnahmen. Der Host-Broadcaster bot ständig rund 50 Signale an, aus denen die übertragenden Sender auswählen und ihr Programm zusammenstellen konnten. In die vom Host-Broadcaster realisierten Produktionen waren TV-Unternehmen aus der ganzen Welt involviert – etwa auch aus Deutschland und Österreich: So war TV Skyline mit Equipment und Personal bei Kanu und Rudern im Auftrag von OBS tätig. Camcat aus Österreich betrieb für OBS sechs Seil­kameraSysteme, die mit zwischenzeitlichem Umbau unter anderem beim Rudern, Beachvolleyball, Wildwasser-Kayak, Geländereiten, Golf, BMX und Mountainbiken eingesetzt wurden. Gunnar Darge erläutert: »Wir erhielten von OBS Signale, die absolut professionell und auf allerhöchstem Niveau produziert worden waren. Da benötigten wir in den meisten Fällen keine eigenen, zusätzlichen Live-Bilder, um ein hochwertiges Programm produzieren zu können – und für die ergänzende Berichterstattung vor und nach den jeweiligen Wettkämpfen hatten wir ja EB-Teams hier.«

Im International Broadcast Center (IBC) belegten ARD und ZDF in diesem Jahr eine Fläche von rund 2.300 Quadratmetern. Das war etwas mehr als in früheren Jahren und hatte seinen Grund darin, dass in diesem Jahr fast die gesamte Technik zentral im IBC installiert und das Olympia-Studio sowie die Venues Schwimmen, Reiten und Rudern per Remote-Production-Workflow angebunden wurden. Das war insgesamt die kostengünstigere, logistisch einfachere und sicherere Variante: Große Teile der Technik und des Personals, die üblicherweise an den Venues eingesetzt werden, konnten zentral im IBC arbeiten, was effizienter war. Zur Arbeitsorganisation und den Schwerpunkten erklärt Gunnar Darge: »Wir arbeiteten bei diesen Olympischen Spielen im Dreischichtbetrieb und hatten den Schnitt­ bereich nochmals erweitert.« Etwa 60% des Equipments, das in Rio im Einsatz war, stammte aus dem Sender-Equipmentpool MPE, den ARD und ZDF gemeinsam betreiben, um damit Großveranstaltungen zu produzieren. Die restlichen, rund 40% des Equipments wurden speziell für die Olympischen Spiele zugemietet – Qvest Media etwa lieferte hierfür umfangreiches Equipment. »Dabei ging es vor allem um Produkte, die wir nur punktuell für einzelne Events benötigen und nicht langfristig nutzen können – etwa Monitore oder auch zusätzliche Avid-Technik und EVS-Maschinen«, erklärt Dieter Thiessen. Im Großen und Ganzen entsprach die technische Ausstattung der beiden Sender im IBC in Rio dem, was auch in London installiert war – aber es gab auch hier Effizienzsteigerungen: Durch die Remote-Anbindung der Venues konnten etwa die EVS- und Avid-Systeme im IBC intensiver genutzt werden.

von zwei Subregien, mit denen Reiten, Schwimmen und Rudern unabhängig produziert und dann an die Hauptregie übergeben wurden. Durch das umfangreiche Programm der beiden Sender und wegen der Zeitverschiebung nach Deutschland waren das Studio – und entsprechend auch der Regiebereich – nahezu rund um die Uhr belegt. Das erforderte letztlich auch eine Aufteilung der Regie in mehrere Subbereiche.

Remote-Production-Workflow

Im IBC war eine große Regie untergebracht, über die alle Sendungen gefahren wurden.

Sieben EVS-Arbeitsplätze und sieben Avid-Plätze wurden im täglichen Wechsel von ARD und ZDF genutzt. Darüber hinaus hatte jeder der Sender noch sieben weitere, jeweils senderexklusive Avid-Plätze vor Ort im Einsatz. Insgesamt gab es also 21 vernetzte Avid-Schnittplätze sowie zwei Fairlight-Audio-Mischplätze. Das grundlegende Setup in der Postproduktion basierte auf der Kombination aus Avid- und EVS-Technik. Die Avid/EVS-Lösung ließ sich durch folgenden Eckdaten charakterisieren: Zentraler Ingest von EB-Material, Archive- und Live-Feeds. Highlight-Schnitt und Playout erfolgten mit einer EVS-Installation, die 20 IP-Director, 15 XT-Access-Server sowie insgesamt 23 XT3-Kanäle mit 144 In/Out-Kanälen umfasste. Die XT3-Server wurden eigens für die Sportübertragungen mit neuen 10-GigE-Interfaces bestückt, sowie mit der neuesten Audio-IO-Generation ausgerüstet. Um die umfangreiche redaktionelle Berichterstattung und Nachbearbeitung realisieren zu können, setzten ARD und ZDF auf eine vernetzte Avid-Infrastruktur mit insgesamt 21 angeschlossenen Editing-Plätzen und einem Avid-Zentralspeicher mit einer Speicherkapazität von 576 TB. Der File-Ingest in die Avid-Umgebung erfolgte wahlweise über XT-Access aus dem EVS-Netzwerk oder über MOG F1000 Multi­ Seite 8 | www.film-tv-video.de

format-Systeme. Dadurch wurde den Redaktionsteams das reibungslose Einspielen und Bereitstellen von Videomaterial mittels Avid Interplay ermöglicht. Von den nonlinearen Media-Composer-Schnittplätzen aus ließ sich das Material aus dem Isis-Produktionsspeicher abrufen und editieren, bevor es über Interplay-Transfer-Engines an die EVS-Playout-Server übergeben wurde. Für die interne und externe Kommunikation im IBC, an den Venues sowie nach Deutschland, kamen sechs Riedel Artist Digital Matrixen mit 632 Ports und über 200 Panels zum Einsatz. Für die Verteilung der diversen Audiosignale wurde eine Lawo-Audiokreuzschiene mit über 6.000 Ein- und Ausgängen verwendet. Die Verteilung der Bildsignale erfolgte mit einer Evertz-Videokreuzschiene (576 x 576). Die Beschaltung der diversen Monitorwände in den Regien wurde mit 16 Multiviewer-Systemen von Evertz gelöst. Darüber hinaus ergänzten MAZen und Recorder von Sony und Panasonic, sowie mehrere High-End-Formatwandler der Serien Alchemist und Kudos von Snell Advanced Media die Produktionsausstattung.

IBC: Regiekonzept

Im IBC war eine große Regie untergebracht, über die alle Sendungen gefahren wurden. Sie wurde ergänzt

Das gemeinsame Studio von ARD und ZDF sowie die genannten Venues waren über Nimbra-Glas­ fasersysteme ans IBC angebunden. »Aus technischer Sicht ist das letztlich keine große Sache«, erläutert Dieter Thiessen, »denn ARD und ZDF verfügen schon seit einigen Jahren über Erfahrungen mit der Technologie.« Nimbra-Technik wurde in der Vergangenheit auch schon für die Leitungsführung von den jeweiligen Produktionsstätten im Ausland nach Deutschland genutzt. Gunnar Darge erläutert, dass die Mitarbeiter für die Nimbra-Technik von Net Insight geschult worden seien. Vernetzung und Installation waren daher gut zu bewältigen. Dieter Thiessen ergänzt: »Technisch ist das alles machbar. Aber das Klavier muss natürlich auch gespielt werden und die Programmkollegen mussten sich daran gewöhnen, im IBC zu sitzen und die Venue-Produktion aus der Ferne umzusetzen.« Vor allem die Operatoren mussten sich demnach umstellen und an neue Abläufe gewöhnen, denn es macht eben doch einen Unterschied, wo man sitzt und produziert. Auch die Kommentatoren arbeiten mittlerweile sehr oft in Remote-Set­ ups. Im IBC-Bereich von ARD und ZDF waren hierfür mehrere Sprecherkabinen eingebaut, von denen aus die Experten die einzelnen Wettbewerbe kommentieren konnten. Angesichts der hohen Veranstaltungsdichte und auch der Entfernung zwischen den einzelnen Wettkampfstätten, wäre das teilweise kaum anders machbar – bei vielen Events befand sich der Kommentator aber auch direkt am Veranstaltungsort.

Grafik

Im Grafikbereich unterschieden sich die Workflows von ARD und ZDF etwas stärker, als in den sonstigen Abläufen. Während das ZDF die Grafik in Mainz umsetzte und per Filetransfer nach Rio schickte, produzierte die ARD die Grafikelemente vor Ort. In Rio selbst war Vizrt-Equipment im Einsatz.

Online, Livestreams, ARD/ZDF-Text und HbbTV Die Technische Leitung beim NDR hatte Dieter Thiessen (rechts), der eng zusammenarbeitete mit Gunnar Darge, dem zuständigen Technischen Leiter des ZDF.

Ton

Im Tonbereich blieb es auch in diesem Jahr bei ARD und ZDF im Rahmen der Olympiaberichterstattung bei Stereoübertragung. Der Host-Broadcaster bot zwar auch Surround-Ton an, aber die Entscheidung der deutschen Sender fiel für Stereo.

Während sich das Hauptprogramm der Sender auf populäre Sport­arten und Highlights konzentrierte, gab es auch zahlreiche Wettkämpfe und Spiele, die zwar im Fernsehen nicht zu sehen waren, die aber in voller Länge als Livestream zur Verfügung standen. Zusätzlich zum Live-TVProgramm boten ARD und ZDF an jedem Wettkampftag bis zu sechs parallele Livestreams aus Rio an, die meisten davon mit deutschem Kommentar. An ARD-Tagen kommentieren ZDF-Mitarbeiter diese Live­ streams und umgekehrt.

Die zusätzlichen Livestreams waren im Internet verfügbar, aber auch via HbbTV, über den Red-Button auf der Fernbedienung.

4K und VR360

Eigene Initiativen in den Bereichen 4K oder VR360 ergriffen ARD und ZDF während der Olympischen Spiele 2016 nicht. Der Host-Broad­ caster OBS war aber in beiden Bereichen aktiv, diese Angebote übernahmen auch ARD und ZDF. Mit der App »Olympia in 360 Grad mit dem ZDF« war es beispielsweise möglich, neben der Eröffnungs- und Schlussfeier jeden Tag ausgewählte Wettkämpfe live in 360 Grad zu sehen. Darüber hinaus gab es weitere Videos in 360 Grad: vom Blick hinter die Kulissen im Sendezentrum, über den Stadtrundgang, bis hin zur Copacabana.

Mehr Informationen erhalten Sie im Web

visit us on booth 3.B36

Come and join ANNOVA on booth 3.B36 at this year‘s IBC in Amsterdam. Explore our IBC highlights and innovative partner solutions by joiz, plantri and SCISYS. www.annova.tv

RBB Potsdam geht file-basiert auf Sendung Nach rund 14 Monaten Projektlaufzeit hat der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) an seinem Standort Potsdam weitere Sendeformate in die neue file-basierte Produktion aufgenommen. Systemarchitekt und Integrator der Produktionsplattform ist Qvest Media. Text: red Fotos: Plus4Media

Der RBB strebt eine komplett file-basierte Produktionsweise an und hat wichtige Formate des Senders nun auf die neue Produktionsweise umgestellt. Qvest Media sorgte dafür, dass die neue Infrastruktur ohne Beeinträchtigung des laufenden Sendebetriebs ihren Dienst aufnehmen konnte.  Das erste Format, das mit auf die file-basierte Produktionsweise umstieg, war Brandenburg Aktuell, das regionale Nachrichten-Format des RBB Potsdam. Im April folgte dann »zibb – zuhause in Berlin & Brandenburg«, das Landesmagazin des RBB. Design, Planung, Integration und Inbetriebnahme der Infrastruktur wurden gemeinsam vom RBB  und Qvest Media umgesetzt. Das Unternehmen fungierte als Generalunternehmer und verantwortet in enger Zusammenarbeit mit dem RBB sämtliche Projektphasen. Neues Herzstück der file-basierten Produktion ist das Media Asset Management  System VPMS von  Arvato Systems. Mit dessen Hilfe können Seite 10 | www.film-tv-video.de

über einen Standard-Webbrowser von allen angeschlossenen Redaktions- und Bearbeitungsplätzen aus die Video- und Audiofiles sowie Metadaten komfortabel gesichtet, bearbeitet und verwaltet werden.  Aktuell wird das MAM-System von Qvest Media standortübergreifend auch im Berliner Sendezentrum des RBB ausgerollt, wo das Unternehmen zeitversetzt zum Neubau in Potsdam ebenfalls die gesamte Systeminfrastruktur für file-basierte Produktionsprozesse modernisiert. Als Produktionsformat setzt der Sender an allen Standorten auf den vom Institut für Rundfunktechnik (IRT) für ARD und ZDF entwickelten MXF-Broadcast-Standard HDF02a mit AVC-I 100 Codierung. Besondere Herausforderung war es demnach für Qvest Media, die entsprechende Spezifikation des Containerformats für den zentralen File-Ingest und File-Upload, der auf Server­systemen von EVS basiert, unter den beteilig­ ten Herstellern sicherzustellen. Eine über beide Standorte aufgespannte Amberfin Farm des Herstellers Dalet sorgt für die erforderliche Trans­ codierung. So wird das Material an

Jakob Brüning, Gesamtprojektleiter des RBB. allen relevanten Schnittstellen, etwa dem dezentralen VPMS-Ingest, beim Material-Upload aus dem VPMS MediaCenter und an insgesamt fünf zentralen Ingest-Plätzen, davon zwei in Potsdam und drei in Berlin, auf ein einheitliches Produktionsformat gebracht. Weiterer wichtiger Bestandteil der Systemintegration war die Modernisierung der Avid-basierten Postproduktion. So verfügt der RBB über zwei Avid-Produktionsinseln mit 13 Craft Editing-Plätzen in Potsdam und 17 in Berlin, die jeweils an ein Avid-Isis-Zentralspeichersystem angeschlossen sind. Das Material lässt sich mittels Avid Interplay Transfer Engines und VPMS in die Postproduktion einspielen und an das EVS-Playout übergeben. Auf einem angeschlossenen Zentralspeicher vom Typ EMC – Isilon lassen sich die Daten schlussendlich ablegen. Der EMC-Speicher  verfügt mit 167 Terabyte in Potsdam und 307 Terabyte in Berlin über ausreichend Speicherkapazität von rund 900 bzw. 1.600 Tagen HD-Material in AVCHD 1080i/25. Ebenfalls angebunden an die End-to-End file-basierte Produktion hat Qvest Media die News­ redaktionsplätze, die mit Annova Open Media ausgerüstet sind, sowie das Web Content Management­

Die zentrale Speicherplattform basiert auf Isilon-Systemen von EMC.

Installation im zentralen Geräteraum in Potsdam.

system Adobe Experience Manager. Für einen schnellen und unkomplizierten Materialfluss ins Web lassen sich die Files direkt aus dem Arvato MAM-System als Web-­ fähige  MP4-Dateien mit  H.264-Codec aufbereiten und per XML-Import auf den Webseiten des RBB veröffentlichen. »Wir haben das Projekt in Potsdam auf den Tag genau im Zeitplan realisieren können. Insbesondere vor dem Hintergrund der parallel ange-

laufenen Modernisierung und jetzt begonnenen Vernetzung mit dem Standort Berlin freuen wir uns, auf einen nahezu reibungslosen Projektverlauf trotz großer Herausforderungen zurückblicken«, so Jakob Brüning, Gesamtprojektleiter des RBB. »Eine wichtige Rolle hat dabei die gute Kommunikation und die technische Kompetenz auf beiden Seiten gespielt. Besonders beeindruckt hat uns die hohe Einsatzbereitschaft und Motivation aller beteiligten Mitarbei-

ter bei der Projektdurchführung. Wir freuen uns daher, dass uns das Team von Qvest Media auch in Zukunft für die laufende Systembetreuung erhalten bleibt.« So wird das Unternehmen die Infrastruktur des RBB mit einem 24/7 Service- und Supportteam für die kommenden sechs Jahre betreuen. Das Service Level Agreement beinhaltet unter anderem die Systemwartung, Betreuung und Durchführung der Planungs- und Wartungsfenster für das Einspielen von hersteller­ seitigen Updates und Upgrades sowie das laufende Troubleshooting und Bugfixing.

Sorgen Sie für Ordnung in Ihren Schnittprojekten

9.­13.09.2016 Stand 3.B38

Übergreifendes Arbeiten im Produktionsprozess erfordert Disziplin, Rücksichtnahme und den Umgang mit mehr Komplexität, mehr Daten und mehr Prozessen.

Genau hier hilft EditMate, unsere Lösung für vernetztes Arbeiten in und mit Schnitt­ projekten. Das Ergebnis: spürbar mehr Effizienz dank Adobe® Premiere® Pro CC­ und MAM­Integration.

Arvato Systems - Empowering Digital Leaders.

Erfahren Sie mehr über die optimale Zusammenarbeit in Schnittprojekten auf unserem Messestand oder vorab auf unserer Produktwebsite:

IT.arvato.com/editmate-de

Euro 2016: Größer denn je Bild: WDR/Sachs

Die technische Produktion der Euro 2016 bot in diesem Jahr einige ­Besonderheiten – so wurden im Studio die Möglichkeiten von Augmented Reality umfassend genutzt. film-tv-video.de beleuchtet die Hintergründe der Produktion in Frankreich. Text: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: WDR, ZDF, Egripment

Erstmals kämpften in diesem Jahr bei der Fußball-EM 24 europäische Fußballteams um den Titel und wollten Europameister werden. In Deutschland berichteten ARD und ZDF wechselweise von der Fußball-EM 2016 in Frankreich, sechs Parallelspiele waren bei Sat.1 zu sehen. Die öffentlich-rechtlichen Sender arbeiteten eng zusammen und nutzten weitgehend gemeinsame Technik, damit die Fußball-EM im deutschen Fernsehen, Hörfunk und auf den Websites der öffentlich-rechtlichen Sendergruppen umfassend stattfinden konnte. Die technische Federführung lag dabei beim WDR. film-tv-video.de hat mit einigen der Verantwortlichen über die TV-Berichterstattung von der Europameisterschaft 2016 und deren Besonderheiten gesprochen. Eine dieser Besonderheiten lag dabei gleich im neuen Veranstaltungsmodus begründet: Bislang waren bei der Fußball-EM 16 Teams mit von der Partie, 2016 kämpften erstmals 24 europäische FußballSeite 12 | www.film-tv-video.de

teams um den Titel. Dadurch stieg auch die Zahl der TV-Übertragungen gegenüber früheren Jahren an.

Spiele der Euro 2016

22 Partien waren live im Ersten zu sehen, darunter das Finale in Paris, das Portugal für sich entschied. 23 Spiele übertrug das ZDF. Außerdem hatten sich ARD und ZDF mit ProSiebenSat.1 auf die Sublizensierung von sechs Partien verständigt. Die parallelen Begegnungen am jeweils letzten Spieltag der Gruppenphase, die nicht von ARD oder ZDF gezeigt wurden, waren auf Sat.1 zu sehen. Weil in der Gruppenphase der EM einige Partien schon um 15 Uhr angepfiffen wurden, waren bereits ab dem frühen Nachmittag Spiele zu sehen. In der Vorrunde strahlten die Sender bis zu drei Spiele pro Tag aus – das war neu im Vergleich zu früheren Europameisterschaften.

Paris: Dreh- und Angelpunkt der Euro

Im Achtelfinale gab es acht Spiele innerhalb von drei Tagen und ab dem Viertelfinale gab es je ein Abendspiel pro Tag. Besonders zu Beginn

des Turniers bestritten ARD und ZDF somit umfangreiche Teile ihres Programms mit Fußball – teilweise bis zu zehn Stunden am Tag.

ARD und ZDF: Gemeinsame Produktion

Wie bei vielen Großveranstaltungen in der Vergangenheit üblich (etwa bei der Fußball-WM), arbeiteten ARD und ZDF bei der Produktion der Fußball-Europameisterschaft erneut Hand in Hand. Federführend war bei der Produktion der WDR. Frank Himmler, Technischer Leiter beim WDR, kann auf eine detaillierte Planung der Europameisterschaft zurückblicken. Seitens des ZDF waren Florian Rathgeber und Vito Zoiro für die technische Planung und Umsetzung der Veranstaltung verantwortlich. Während sich der WDR auf die Planung der Venues konzentrierte, stand beim ZDF die Planung des International Broadcast Centers (IBC) im Vordergrund, also der temporär aufgebauten TV-Technikzentrale der Fußball-EM. Frank Himmler berichtet, dass bei der EM neben der Optimierung der Workflows auch die Reduktion der Kosten eine wichtige Rolle in der Planung gespielt habe – und nach den Anschlägen in Paris rückte natürlich

ZDF/Eliot Blondet

Das Studio im IBC nutzten ARD und ZDF gemeinsam.

auch das Thema Sicherheit verstärkt in den Fokus der Euro 2016.

Sendezentrum Paris

Das IBC war für die TV-Sender der Dreh- und Angelpunkt der Euro 2016 in Frankreich. Auf einem Messe­ gelände im Pariser Süden liefen die Signale aus sämtlichen zehn Stadien des Turniers zusammen und wurden dort weiterverarbeitet. ARD und ZDF belegten im IBC eine Fläche von rund 2.500 Quadratmetern. »In diesem Jahr nutzten ARD und ZDF das Studio im IBC gemeinsam«, erläutert Frank Himmler. Das was in dieser Form bisher nicht immer der Fall: Bei den vergangenen Welt- und

Technische Leitung (v. l. n. r.): Vito Zoiro (ZDF), Frank Himmler (WDR) und Florian Rathgeber (ZDF).

Europameisterschaften im Fußball etwa präsentierte das ZDF seine Sendungen von ganz anderen Locations aus: etwa auf Seebühnen in Bregenz oder Usedom oder auch vom Sony Center am Potsdamer Platz in Berlin. Vor zwei Jahren nutzten ARD und ZDF wieder einen gemeinsamen Rahmen für die Präsentation und die Moderationen: eine Dachterrasse

in Rio de Janeiro mit Blick auf die Copacabana. Und in diesem Jahr wurde das Studio im IBC gemeinsam genutzt, berichtet Florian Rathgeber, Technischer Leiter beim ZDF. Damit praktizierten die Sender laut Presseheft einen noch engeren und kostensparenderen Schulterschluss als bisher schon bei den großen SportEvents.

Für Augmented-Realtiy-Elemente war im Studio unter anderem ein Xtreme-T10-Kran von Egripment im Einsatz.

Abweichende redaktionelle Konzepte

Dennoch wollen ARD und ZDF natürlich ihre jeweilige Markenidentität wahren und unterscheidbar bleiben. Das wurde durch abweichende Konzepte der Berichterstattung umgesetzt. So berichtete das ZDF bei allen Spielen mit einem Moderatorenteam aus dem Studio und schaltete bei Bedarf zu einer Pitch-Position im Stadion, um Eindrücke von vor Ort zu bekommen. Die ARD hingegen nutzte diesen Workflow für die beiden Nachmittagsspiele, berichtete aber beim Abendspiel, dem »Match of the Day«, mit seinem Moderatorenteam aus einem Glasstudio im jeweiligen Stadion.

IBC-Studio

Herzstück des 180-qm-Studios war eine riesige LED-Wand im Hintergrund des Studios: Sie maß 10,8 x 2,7 m und bot durch einen Pixel-Abstand von nur 1,9 mm eine hohe Bildqualität. Die LED-Wand war es letztlich auch, die den beiden Sendern ganz unterschiedliche Looks und Studiodesigns ermöglichte, obwohl im gleichen Studio mit 12 x 15 m Grundfläche produziert wurde. Die LED-Wand wurde per Watchout-Medienserver von Dataton mit unterschiedlichstem Material bespielt, also mit diversen Hintergründen, Grafiken und Live-Signalen. »Der Medienserver konnte Live-Signale, aber auch fertige Beiträge und Grafiken ausspielen, und das in den unterschiedlichsten Formaten«, erläutert Frank Himmler und Seite 14 | www.film-tv-video.de

Per Augmented Realtiy wurden Spielerprofile, Aufstellungen und weitere Informationen in die Berichterstattung integriert.

ergänzt, dass der prinzipiell gleiche Server auch bei der Sportschau im Einsatz sei. Delta-Tre realisierte für die Uefa die Grafiken und bot auch weiteres Bildmaterial an. So stellte Delta-Tre auch ein Superpanoramasignal aus den Stadien zur Verfügung, das nahtlos aus vier Live-Signalen kombiniert wurde. Mit diesem Live-Panoramabild konnte die LED-Wand format­füllend beschickt und so ein Live-Eindruck aus den Stadien wiedergeben und Stadion-Atmosphäre ins Studio geholt werden. Insgesamt waren das Studio und die zugehörige Regie mit fünf Kameras und der zugehörigen Technik bestückt. Die Kameras wurden von den Sendern in unterschiedlichen Konfigurationen genutzt. Insbesondere das ZDF nutzte die Möglichkeiten des Studios sehr intensiv, wenn Moderator Oliver Welke, unterstützt vom Fußball-Experten Oliver Kahn, die ZDF-EMSendungen über das gesamte Turnier aus dem Studio im IBC präsentierte – erstmals auch die Spieleinstimmung und die Spielanalyse. Unterstützt wurden die beiden passend zu den jeweiligen Spielen von weiteren Gästen, etwa ehemaligen Spielern anderer Nationalmannschaften, vom Schiedsrichter-Experten Urs Meier, aber auch von ehemaligen Bundesligaspielern.

Augmented Reality

Im Studio wurden insbesondere auch die neuen Möglichkeiten von Augmented Reality genutzt. Hierfür war im Studio unter anderem ein

Xtreme-T10-Kran von Egripment im Einsatz. Dieser Teleskopkran lieferte dank des Trackingsystems Trackman exakte Positionsdaten und fütterte damit das Augmented-Rea­litySystem von Vizrt. Der auf bis zu 7,5 m teleskopierbare Kran verfügte hierfür über einen Datenausgang, der mechanisch ermittelte Positionsdaten lieferte. Auf deren Basis »wusste« das Vizrt-System dann jeweils exakt, wo sich die Kamera innerhalb des Studios befand und welchen Bildausschnitt sie erfasste. So konnte das Vizrt-System die entsprechend in Echtzeit gerenderten Grafikelemente zuliefern, die exakt zum Realbild der Krankamera passten. Im Ergebnis entstand ein realistischer Bildeindruck, wenn das Studio­geschehen durch Augmen­tedReality-Einblendungen angereichert wurde. Das konnten virtuelle Monitore sein, auf denen Spielerprofile, Aufstellungen und weitere Informationen zu sehen waren, aber auch eingestanzte »Starschnitte« von Spielern in Lebensgröße. Florian Rathgeber berichtet, dass man das Tracking vor der Euro intensiv getestet habe: »Wir brauchten für die Augmented-Reality-Elemente eine sehr umfassende Grafikleis­ tung.« Zusätzlich zur Krankamera setzte das ZDF im Studio drei Kameras auf Pumpstativen und die ARD zwei Kameras auf Pumpstativen ein. Eine weitere Kamera war als mobile »Handkamera« auf einem Rig im Einsatz. Eine zusätzliche (Reserve-) Kamera war in einem separaten

Raum aufgebaut und war vorgesehen für Fälle, in denen zusätzliche Berichterstattung notwendig wurde. Als weiteres Element im Studio wurde an den ZDF-Tagen ein 80-Zoll-Touchscreen eingesetzt, über den der ehemalige Bundesligatrainer Holger Stanislawski bestimmte Spielszenen live analysierte und dabei einzelne Spielzüge erklärte oder die Taktik anhand konkreter Beispiele erläuterte. Für diese Analyse war die Vizrt-Software Viz-Libero im Einsatz. Während – wie schon erwähnt – das ZDF alle Spiele aus dem Studio im IBC moderierte, nutzte die ARD das Studio ausschließlich während der Nachmittagsspiele der Gruppenphase und während des Achtelfinales. Als Moderatoren waren Arnd Zeigler und Alexander Bommes im Einsatz, die seit 2013 auch gemeinsam den Sportschau-Club moderieren.

Match of the Day

Bei den Abendspielen nutzte die ARD beim »Match of the Day« ein Glas-

studio für die Moderation vor Ort im jeweiligen Stadion. Sportschau-Moderator Matthias Opdenhövel und Ex-Fußballprofi Mehmet Scholl meldeten sich bei diesen Partien live aus der jeweiligen Arena und berichteten direkt vom Ort des Geschehens. Unterstützt wurden sie bei der EM in Frankreich von einem Team aus Regisseuren, Aufnahmeleitern, Kameraleuten und Technikern. Aus ihrem gläsernen Studio im Stadion meldeten sich Opdenhövel und Scholl mit den wichtigsten Informationen rund ums Spiel. Auch in der Halbzeitpause und nach Ende der Partie hielten sie zusammen mit den Reportern am Spielfeldrand und im Stadion die Zuschauer im Ersten auf dem Laufenden.

Produktion und Postproduktion im IBC

Im IBC in Paris war nicht nur das Studio von ARD und ZDF untergebracht. Dort saß auch ein Großteil der Redaktion und auch die gesamte Schnitt-Infrastruktur mit zwölf Avid-Schnittplätzen mit ange-

www.asperasoft.com moving the world’s data at maximum speed

schlossenen Audiomischplätzen war im IBC installiert. Das gesamte Worldfeed-Material der Uefa kam in der Senderegie im IBC an. Für den zentralen Materialtransfer und die Bearbeitung war erneut eine Kombination aus EVSund Avid-Isis-Equipment im Einsatz, mit 28 EVS-Kanälen. »Das Setup im IBC glich dem Aufbau der vergangenen Sport-Großveranstaltungen«, erklärt Vito Zoiro, Technischer Leiter des ZDF. Auf Seiten der ARD waren vier Avid-Schnittplätze in Betrieb, auf Seiten des ZDF acht. Insgesamt hatten ARD und ZDF im IBC drei Regien eingebaut: Die LED-Regie koordinierte und realisierte die Bespielung der LED-Wand im Studio, weiter waren eine klassische Studioregie und eine Senderegie eingebaut. »Das Konzept mit den drei Regien haben wir deshalb entwickelt, weil wir die Studioregie während des Fußballspiels freischaufeln wollten, damit wir im Studio noch proben und bei Bedarf auch noch Gespräche vorab aufzeichnen können. Deshalb wickelten wir das

ZDF/Eliot Blondet

Für die Analyse der Spiele und auch der Spieler standen unterschiedlichste Softwares zur Verfügung.

eigentliche Fußballspiel, das wir vom Host angeliefert bekamen, komplett über die Senderegie ab. Damit blieben Bild- und Tonmischpult im Studio frei«, erläutert Florian Rathgeber. Das Raumkonzept bildete diesen Workflow ab: Die Senderegie konnte durch eine Schiebetür abgetrennt werden, so dass sich die beiden Aktivitätsbereiche nicht störten, wenn sie für separate Zwecke genutzt wurden. Für den Ton standen zwei Ton­ regien zur Verfügung: Einmal die Studiotonregie und eine weitere für die Mischung des 5.1-Surround-Sounds, der anschließend nach Köln oder Mainz übertragen wurde.

Übertragungstechnik

Neben der Technik im IBC-Studio in Paris nutzten ARD und ZDF auch noch mehrere Übertragungswagen. Obwohl die Spiele selbst, wie mittlerweile bei allen Sportgroßereignissen üblich, komplett vom Host-Broad­ caster aufgenommen und in Form von verschiedenen Signalpaketen an die Sender weitergegeben wurden, war auch in den einzelnen Stadien und an anderen Orten der EM noch eigene Technik der Sender erforderlich. So war ein Ü-Wagen des SWR am Quartier der deutschen Mannschaft in Évian platziert, drei weitere Fahrzeuge waren an verschiedenen Orten in ganz Frankreich unterwegs: der FÜ1 und FÜ4 des WDR, der MP4 des ZDF. Bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft setzten ARD und ZDF diese Ü-Wagen mit sieben bis zehn eigenen Kameras ein, hier verfügten die Sender neben den offiSeite 16 | www.film-tv-video.de

ziellen Uefa-Bildern auch über eigenes Bild- und Tonmaterial. Üblicherweise produzierten die Sender hier Interviews vom Spielfeldrand und aus dem Spieler-Interviewbereich, der Mixed Zone und dem VIP-Bereich. Der FÜ-4 wurde bei Spielen der deutschen Mannschaft eingesetzt, er bot zehn Kameras. Der FÜ-1 fuhr zu Topspielen ohne deutsche Beteiligung. Der MP4 des ZDF wurde genutzt, wenn die deutsche Mannschaft an den ZDF-Tagen spielte. Bei der Berichterstattung von 35 Spielen haben die beiden Sender ganz darauf verzichtet, eigenes Equipment vor Ort zu den Stadien zu schicken, um das Produktions-Budget zu entlasten.

Weltbild

Während der Fußballbegegnungen selbst stellte, wie erwähnt, die Uefa das Hauptbild zur Verfügung. Dieses Weltbildsignal wurde mit 35 Kameras produziert. Hier waren ARD und ZDF letztlich auf die inhaltliche Gestaltung der Uefa angewiesen – und wenn sie keinen eigenen Ü-Wagen vor Ort hatten, standen für die Berichterstattung auch ausschließlich Uefa-Bilder zur Verfügung. Im Normalbetrieb funktioniert das gut, es gab allerdings auch Situationen, in denen die Uefa sehr selektiv auswählte und etwa prügelnde Hooligans im Stadion nicht zeigte.

Kamerateams an den Venues

Abseits der Stadien und des internationalen Sendezentrums hielten sich zudem EB-Teams von ARD und ZDF in Frankreich auf. Einige davon waren

in Paris unterwegs, um die Stimmung während des Turniers einzufangen, weitere EB-Teams beobachteten die Geschehnisse rund ums deutsche Quartier in Évian, das ebenfalls per Leitung ans IBC angebunden war. In Évian fanden auch die Pressekonferenzen des DFB statt, bei denen aber der DFB die Bildregie selbst in der Hand hatte. Von Évian lieferten beide Sender Interviews mit Spielern, sowie Bilder vom Training der deutschen Nationalmannschaft ins IBC. Die Anbindung etwa von Évian ans IBC war über Glasfaser-Verbindungen realisiert. Konkret wurden Nimbra-Komponenten von Net Insight eingesetzt, das sind optische Transport-Lösungen, die für den Einsatz in Netzwerken in den Bereichen Broadcast und Media, DVB-T, Mobile TV und IPTV/Kabelfernsehen optimiert sind. Auf plötzliche Ereignisse – und nicht nur auf diese – konnten die mobilen Teams reagieren und ihre Beiträge auch von unterwegs absetzen. Hierfür hatten die EB-Teams einen Laptop mit Media Composer als Schnittprogramm dabei und sie konnten damit auch Material auf verschiedenen Wegen übertragen, etwa per Cloud-Anbindung oder über den schnelleren und sichereren Weg einer Faspex-Verbindung. Hierfür ist im Equipment-Pool der MPE ein Aspera-Faspex-System im Einsatz. Auf Basis von Faspex war es möglich, Files in den Sonderformateraum im IBC zu übertragen, wo sie dann für die weitere Bearbeitung zur Verfügung standen. »Das Aspera-System hat den Vorteil, dass die Redakteure im jeweiligen Land ihr Material direkt ins IBC schicken können«, erklärt Florian Rathgeber. Vor allem die Online-Redaktionen nutzten diese Möglichkeiten sehr intensiv. »In der Aktualität ist das oft im Einsatz«, ergänzt Vito Zoiro. »Im Sport sehen wir diese Ausstattung aber eher als ergänzende Möglichkeit, mit der die Außenteams sehr flexibel agieren können, wenn es sich anbietet. Diese Form der Berichterstattung ist aber nicht fest in die Abläufe eingeplant.«

Mobile Teams

Bei den ZDF-Teams arbeiteten einige

Lesen Sie weiter auf Seite 18 >

EM-Studio für SporTV am Eiffelturm SporTV aus Brasilien betrieb während der Fußball-EM ein Studio nahe des Eiffelturms. Geplant und realisiert wurden dieses und der für die EM eingesetzte MCR des Senders mit deutscher Beteiligung. Century 22 Rental, das neue Unternehmen von Ulrich Maslak, hatte in Kooperation mit weiteren Firmen zur EM 2016 ein temporäres Studio mit zugehöriger Regie und einen Master Control Room (MCR) für den zur brasilianischen, zur Globosat-Gruppe gehörenden Sportsender SporTV technisch ausgestattet. Das Studio wurde für Moderationen genutzt, bei Sendungen aus dem EM-Studio von SporTV sah man im Hintergrund die Fanzone und den Eiffelturm. Der dem gläsernen Studio zugeordnete Technikbereich am Eiffelturm diente als Regie für das Studio, aber auch als Master Control Room (MCR) und somit als Main-Hub für alle Signale des Senders, die während der EM zwischen Paris und Rio de Janeiro ausgetauscht wurden. SporTV produzierte von der Euro 2016 mit diesem Setup 34 Tage lang täglich bis zu zehn Stunden Programm. Century 22 Rental hatte das technische Konzept in enger Zusammenarbeit mit SporTV und erarbeitet und deren Vorgaben umgesetzt. Das »gläserne« Studio war Teil einer 13 m hohen Konstruktion mit einer Grundfläche von 10 x 33 m auf dem Marsfeld in Paris, direkt angrenzend an die Fanzone beim Eiffelturm. Das SporTV-Studio ware eines von vier Studios in dieser herausgehobenen Position, weitere wurden von SVT aus Schweden, BBC Sport und dem ORF genutzt. In 53, von den hoch gelegenen Studios etwas abgesetzten Containern im Erdgeschoss, waren die dazugehörige Technik, Redaktionsräume und eine Kantine untergebracht. Auf dem Dach der Container konnten über die EBU Stand-Up-Positionen gebucht werden – auch ARD und ZDF realisierten hier teilweise Berichte aus der Fanzone. Über rund 25 Glasfaserleitungen war der Produktionsort an der Fanzone mit dem IBC der EM und dem Rest der Welt verbunden. Die Gesamtplanung des TV-Komplexes an diesem Standort stammt vom Sportregisseur Wolfgang Quinkenstein.

Die Gesamtplanung des TV-Komplexes stammt von Wolfgang Quinkenstein. Umgesetzt wurde das AV-Konzept von Christian Haberer und Ulrich Maslak (r. im Bild mit dem SporTV-Moderator).

Technische Realisation des EM-Studios und MCRs von SporTV

Die Umsetzung der Video- und Audiotechnik für SporTV führte Ulrich Maslak von Century 22 Rental mit Christian Haberer von Got Media durch. Als Lieferanten aus Deutschland waren BPM, Lang und Logic Media involviert. Der Kunde wünschte die Verwendung bestimmter Komponenten, die dann mit weiterem Equipment zu einer kompakten Lösung in mehreren FlightCases kombiniert wurden und während der Fußball-EM als technische Infrastruktur für die Live-Produktionen von SporTV dienten. Dabei setzte der brasilianische Sender auf Equipment von Newtek, Blackmagic, EVS, Tektronix, Lynx, Yamaha und Sony.

Studio mit drei Kameras

Im Studio kamen drei Sony-Kameras auf Dreibeinstativen mit Fahrspinnen zum Einsatz. Dabei handelte es sich um 2/3-Zoll-HD-Studiokameras des Typs Sony HSC-100RT, die jeweils mit einem 7-Zoll-Farbmonitor und mit ENG-Objektiven von Canon bestückt waren. Im Studio gaben dem Moderator drei unterhalb der Kameras stehende 24-Zoll-Monitore visuelles Feedback: Hier lagen Bilder aus Brasilien auf, Previews und Schaltsignale. Beschickt wurden diese Monitore per HD-SDI, das Signal wurde jeweils direkt am Gerät mit einem Lynx-Wandler auf HDMI umgesetzt. Der Ton wurde im Studio über eine Audio-Stagebox digital im Dante-Format realisiert.

Master Control Room und Regie

Herz der Regie war ein Mischer des Typs Tricaster 850 von Newtek. Neben den drei Kameras lagen hier vier Glasfaserleitungen aus dem IBC auf, die mit verschiedenen Signalen aus dem Angebot des Host-Broadcasters

beschaltet waren. Die Signalverteilung erfolgte über eine Kreuzschiene von Blackmagic mit 20 x 20 Matrix. Als Recorder und Zuspieler diente ein XT3-Server von EVS. Zum Monitoring der Signale wurde im Bildbereich ein 16x-Multiviewer von Blackmagic verwendet, der zwei UHD-Displays von Samsung für Preview- und Übersichtszwecke mit Bildern versorgte. Am Mischer waren zudem zwei hochwertigere 20-Zoll-Monitore von JVC eingesetzt. An verschiedenen Stellen waren auch Monitorbrücken zur Bildkontrolle im Einsatz, hier fiel die Wahl auf Produkte von Panasonic und Blackmagic. Das Audio-Monitoring beruhte auf Komponenten von Blackmagic. Für die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern stand ein Clearcom Intercom bereit, über das auch eine Verbindung zum IBC in Paris und zur zentralen Regie von SporTV in Rio de Janeiro bestand. Natürlich ist bei einer solchen Installation auch etliches Equipment aus dem Bereich Signaltechnik im Einsatz: Wandler, Verteiler, Embedder und ähnliches. Eine Auswahl davon: Ein Rednet AES  diente als Dante-Wandler, der Studiotakt wurde mit einem Rosendahl-Generator erzeugt. Aus der Serie 5000 von Lynx kamen Framesynchronizer, Embedder, De-­ Embedder, Wandler und Verteiler zum Einsatz. Für die Signalkontrolle und das technische Monitoring standen ein Tektronix WFM 5200 zur Verfügung, sowie ein Leader LV5333. Die komplette Audiotechnik ba­ sierte auf einem Dante-Netzwerk: zentrale Elemente waren hierbei ein Mischer des Typs Yamaha QL-5 und als Redundanz ein Yamaha QL-1. Alle Audio-Ein- und Ausgänge wurden mit einer Rio 32x16 im Studio und einer Rio 16x8 Stage Box in der Regie in das Netzwerk geroutet.

Seite 17 | www.film-tv-video.de

mobile Kamerateams auch erstmals mit kompakten LiveU-Systemen, also mit Übertragungssystemen, die es erlaubten, Footage per WLAN, DSL oder Handynetz (über gebündelte SIM-Karten) zum LiveU-Server ins IBC zu übertragen, erläutert Florian Rathgeber. Damit waren sogar Live-Übertragungen mit Aufsager, etwa aus dem Stadion, möglich. Es ließen sich darüber auch kurze Beiträge mit Fans oder anderen Gesprächspartnern schnell und flexibel übertragen – wahlweise live oder zeitversetzt per Übertragung auf den LiveU-Server. Neben den LiveU-Rucksacksystemen auf UMTS-Basis setzte die ARD für die schnelle, mobile Berichterstattung 40 Reporter mit iPhones ein. Sie konnten Material mit der LiveUApp »Store&Forward« ins nationale ARD-Sendezentrum nach Köln und von dort über Rückleitung nach Paris ins IBC senden. Sogar Live-Verbindungen waren damit möglich.

ARD: Nationales Sendezentrum in Köln

Beim WDR in Köln liefen die Fäden für die ARD-Berichterstattung von der Fußball-EM 2016 zusammen, berichtet Frank Himmler. Mitarbeiter aus Fernsehen, Hörfunk und von Sportschau.de arbeiteten hier in einer gemeinsamen Redaktion zusammen. Bei der Einrichtung der technischen Infrastruktur wurde darauf geachtet, die cross-mediale Arbeit zu vereinfachen. Beiträge für die Redaktionen von »ARD Aktuell« (Tagesschau, Tagesthemen, Nachtmagazin, etc.) und für andere Programme wurden von dort zugeliefert. Zudem kümmerten sich zwei Regisseure um die Schaltungen der Hörfunkkommentatoren in die ARD-Radiosender und Online-Re­ Seite 18 | www.film-tv-video.de

Am Ende hatten die Reporter den Überblick.

dak­ teure arbeiteten Material aus Hörfunk und Fernsehen für ihre Angebote auf. Auch die oben erwähnte iPhone-Berichterstattung lief direkt in Köln auf.

Leitungspaket

Zwischen Paris, Mainz und Köln wurde eine 10-Gigabit-Verbindung etabliert. Die Leitungsendstellen wurden mit Nimbra-Technik realisiert, aus dem Equipment-Pool von ARD und ZDF.

Die Euro 2016 über DVB-T2

Alle von ARD und ZDF übertragenen Euro-2016-Spiele waren in ausgewählten Gebieten Deutschlands, in einer Pilotphase, erstmals auch über die neue Version des Antennenfernsehens zu sehen: DVB-T2HD macht HD-Qualität via Terrestrik möglich – allerdings nur mit DVB-T2-Empfangsgerät. Im März 2017 startet dann in zahlreichen Ballungsräumen das neue Antennenfernsehen DVBT2 HD mit rund 40 Fernsehprogrammen überwiegend in HD-Qualität.

Live im Netz

ARD und ZDF begleiteten die Euro mit einem umfangreichen Online-Angebot, das weit über die Bereitstellung von Livestreams bei ARD und ZDF hinausging. So gab es bei beiden Sendern die Möglichkeit, neben zusätzlichen Inhalten wie Videos, Spielberichten oder Statistiken in den Apps von ARD und ZDF auch mehr Perspektiven eines Spiels abzurufen: etwa von Taktik- und Trainerkameras oder von der Stadion-Totalen. Eine noch viel bessere Sicht auf die Highlights oder strittige Phasen des Spiels hatte der ZDF-Nutzer mit MyView, der Nutzer der neuen Sportschau App mit der Multicam: In die-

Bild: ZDF/Peter Kneffel

Bild: WDR/Herby Sachs

An den diversen Venues und am DFB-Quartier waren ARD und ZDF mit eigenem Equipment vertreten.

ser Rubrik wurde jede wichtige Szene aus verschiedenen Kamera-Perspektiven als Abrufvideo angeboten. Der Nutzer entschied, ob er das Tor von der Gegengerade oder aus der Perspektive der Spider-Cam sehen wollte – und dies schon während der Partie. Im Unterschied zur WM in Brasilien fanden diese Angebote direkt in den eigenen Apps von ARD und ZDF statt. Während der Fußball-WM in Brasilien hatten die Sender hierfür noch die Fifa-App lokalisiert.Über das On-Demand-Angebot der beiden Sender waren zudem weitere Abrufe nach den Spielen möglich. Der Großteil der Beiträge wird sogar bis Ende des Jahres 2016 abrufbar bleiben. Social Media war natürlich ebenfalls ein Thema, das die Sender auch in ihre aktuelle Berichterstattung eingebunden haben: Facebook-Posts, Tweets, Youtube-Clips sind fester Bestandteil der Moderationen geworden.

Finale

Am 10. Juli 2016 trafen bei der diesjährigen Fußball-EM Frankreich und Portugal im Finale aufeinander. Die ARD war live dabei. Zum Highlight des Turniers gingen Opdenhövel und Scholl bereits ab 18:50 Uhr auf Sendung. Um 21 Uhr meldete sich dann Gerd Gottlob pünktlich zum Anstoß im »Stade de France«. Er kommentierte die Partie zwischen Frankreich und Portugal, die in eine Verlängerung ging. Portugal konnte das Spiel schließlich für sich entscheiden und erstmals in der Geschichte den EM-Titel gewinnen.

Mehr Informationen erhalten Sie im Web

ChangeManagement: Wichtig für die Broadcast-Industrie? Schneller als je zuvor müssen sich Medienunternehmen an neue Bedingungen anpassen. Kann Change-Management helfen, die Herausforderungen der digitalen Disruption zu meistern? Ein Gespräch mit Change-Manager Rainer Dunkel.

Hier online lesen: http://bit.ly/2aYqnQh

Broadcast News

ZweiB: Files und Festplatten fürs Filmfest München ZweiB war im Rahmen des Festivals für die digitale Projektion zahlreicher Filmpräsenta­ tionen zuständig. Im Vorfeld betreute ZweiB das gesamte  DCP-Mastering und sorgte dafür, dass die richtigen Filme zur richtigen Zeit in den Festivalkinos zum Abspielen bereitstanden. Die einzelnen Kopien für die Festivalkinos wurden mit Clipster-Systemen von Rohde & Schwarz erzeugt.

Hier weiterlesen: http://bit.ly/2bbRA5Z

Sony: IP-Studio in Pinewood für Demos und Training Sony hat seine Präsenz in den Pinewood Studios bei London um ein IP-Live-Produktionsstudio ergänzt. Dort sollen Demos und Trainings von Sony und Partnern des Unternehmens angeboten werden. Angesichts dieser Initiative stellen sich etliche Fragen: Wieso betont Sony das IP-Thema in jüngster Zeit so stark? Geht es vorrangig darum, NMI als Schnittstelle zu etablieren? Gibt es nun, so wie es früher mal den Formatkrieg gab, einfach einen Schnittstellenkrieg?

Antworten auf diese Fragen gibt es online: http://bit.ly/2aUqzFa

NEP Switzerland produziert in 4K mit neuem 4K-Ü-Wagen Der TV-Dienstleister NEP Switzerland nutzt einen neuen 4K-Ü-Wagen des Typs Streamline S12 von Broadcast Solutions für die TV-Produktion der Schweizer Fußball Super League. Für die UHD-Übertragungen sind Panasonic AK-UC3000 Kameras im Einsatz.

Mehr dazu online: http://bit.ly/2b0rnql

Seite 19 | www.film-tv-video.de

Bild: BR/Ostkreuz Berlin/Anne Schönharting

Die Kameraausgabe vor Drehbeginn.

Volle Fernsehdröhnung: 24h Bayern Nach »24h Berlin« und »24h Jerusalem« packt die Berliner Produktionsfirma Zero One 24 mit »24h Bayern« ihr nächstes TV-Großprojekt an. Bei diesem Projekt geht es darum, einen Tag im Leben der Bayern zu dokumentieren – von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr des darauf folgenden Tages. Text: Nonkonform Fotos: siehe Bilder

Wenn »24h Bayern« Anfang Juni 2017 ausgestrahlt wird, dann sollen damit mehr als 80 persönliche Geschichten eines Tages und einer Nacht in Bayern erzählt werden. Projektregisseur Volker Heise wählte die Protagonisten repräsentativ für die Bevölkerung aus, er wollte die vielfältigen Mundarten abbilden, die Reibungspunkte zwischen Stadt und Land, Industrie und Natur sowie Fremdheit und Heimat realistisch zeigen.

Dreharbeiten im Juni 2016, Ausstrahlung im Juni 2017

Das Originalmaterial wurde im Juni 2016 gesammelt: Mehr als 100 Kamerateams porträtierten für 24 Stunden das Leben im Freistaat Bayern aus der Sicht seiner Bewohnerinnen und Bewohner. In einem Drehgebiet, das rund 70.000 Quadratkilometer umfasst. »24h Bayern« soll schließlich, wie seine Vorgänger, unterschiedliche Ereignisse, Abläufe, Personen und Regionen begleiten. Das Leben in Bayern soll in zahlreichen Aspekten festgehalten werden, aus der PerSeite 20 | www.film-tv-video.de

spektive der Menschen in diesem Bundesland, um zu zeigen, wie sie leben, wie sie arbeiten, was sie bewegt. Anfang Juni 2017 soll dann das Ergebnis aus neun Monaten Vorbereitungszeit und zwei Drehtagen im TV-Programm des Bayerischen Rundfunks in Echtzeit ausgestrahlt werden. Für dieses Großprojekt, in das auch der BR Hörfunk und BR24 eingebunden sind, wirkten neben dem leitenden Projektregisseur Volker Heise auch bekannte Regisseurinnen und Regisseure wie Doris Dörrie, Andres Veiel und Marcus H. Rosenmüller mit. Sie waren 24 Stunden lang in Bayern unterwegs und filmten Menschen, Stadtansichten und das alltägliche Leben – in den ländlichen Gemeinden, von Franken über die Oberpfalz, Niederbayern, Schwaben und Oberbayern bis zur Großstadt München.

Direkt vom Erfinder

Erfinder des »24h«-Formats sind Regisseur Volker Heise und Produzent Thomas Kufus von Zero One Film. Zusammen mit dem BR und Arte realisierten sie bereits »24h Jerusalem« und davor auch »24h Berlin«.

Das Porträt über Bayern setzen sie nun mit dem Bayerischen Rundfunk und der Münchner Produktionsfirma Megaherz von Franz X. Gernstl und Fidelis Mager um. Stellt sich beim dritten Projekt dieser Art schon so etwas wie Routine ein? Mitnichten, lässt Volker Heise wissen, denn er weiß zwar den Wert der Erfahrung zu schätzen, sieht aber weniger die Parallelen, als die Unterschiede von »24h Bayern« zu den früheren »24h«-Projekten. So berichtet er, dass er sich in der Anfangsphase sehr genau überlegt habe, ob er so ein Projekt erneut stemmen wolle: »Denn wir sprechen hier nicht über ein Stadt, sondern über ein ganzes Bundesland«, was aus logistischer Sicht natürlich deutlich aufwändiger umzusetzen sei. Ohne den Erfahrungsschatz von »24h Berlin« und »24h Jerusalem« hätte er sich wohl gar nicht an das Projekt gewagt, resümiert Heise.

Intensive Vorbereitung

Um ein Projekt dieser Größenordnung überhaupt stemmen zu können, brauchte es umfangreiche Vorbereitung. Ein wichtiger Aspekt war dabei die sorgfältige Auswahl der Protagonisten. »Die Kriterien der Suche haben sich entweder an statistischen Fakten orientiert oder an gesellschaftlichen Problem­lagen oder an kulturellen Ereignissen. Ziel

Bild: BR/zero one 24 film GmbH/ megaherz gmbh/Kerstin Gindhart Bild: BR/zero one 24 film GmbH/ megaherz gmbh/Gregor Schmidt

Was die Flut in Simbach in Niederbayern angerichtet hat.

Filmteam bei der Audi AG in Ingolstadt.

war es, ein repräsentatives Bild zu schaffen. Weil das Land groß ist und viele Menschen darin leben, war von Anfang an klar, dass wir Mut zur Lücke haben mussten«, erläutert Volker Heise. Im Unterschied zu »24h Berlin« oder »24h Jerusalem« musste das Team auch mit ganz anderen Entfernungen und Räumen umgehen sowie deren Besonderheiten herausarbeiten. Volker Heise erklärt: »Es gibt nicht nur die Stadt als urbanen Ort, sondern auch das Land mit seiner eigenen Kultur und Geschwindigkeit – und das Bundesland Bayern ist groß und vielfältig. Am Ende wird es also viel mehr als in Jerusalem und in Berlin darauf ankommen, die Landschaften und die Entfernungen und die Mundarten und Reibungspunkte wie Stadt/Land, Industrie/Natur, Fremd/Zuhause zu erzählen. Und Bayern ist natürlich eine besondere Herausforderung, weil es so viele Bilder und Klischees von Bayern gibt – und es sehr interessant sein wird, sie zu überprüfen.«

Unterschiedliche Teamschwerpunkte

Das beeinflusst auch die filmische Umsetzung des Projekts, denn der Zuschauer muss ja immer wieder auf neue Orte, Landschaften und Umfelder eingestellt werden. So waren von den 100 Teams allein 20 nur für Landschaftsaufnahmen da. »Der Rest drehte mit Protagonisten«, erläutert Heise und ergänzt: »Mindestens 80 Teams, 80 Protago-

nisten und 80 Themen braucht man, um den Sendetag adäquat abdecken zu können mit Geschichten – und um der Vielfalt des Landes gerecht zu werden.« Mit Megaherz hat Zero One einen potenten Partner an der Seite, der ebenfalls über viel Erfahrung bei Dokus und Reportagen verfügt. Deren Geschäftsführer Franz X. Gernstl ist für seine Reportagereihe »Gernstl unterwegs« zusammen mit seinem Kameramann Hans Peter Fischer und dem Tonmann Stefan Ravasz häufig in Bayern auf Achse, um Menschen und ihre Geschichten zur porträtieren. Er gilt als absoluter Bayernkenner, meint aber: »Als Außenstehender hat man manchmal einen klareren Blick darauf, was ungewöhnlich ist.« So könnte es sein, dass gerade durch den Austausch der beiden erfahrenen Produktionsfirmen, das Projekt insgesamt profitieren kann.

100 Kameras auf einen Punkt

Ohne einen durchgängigen und reibungslosen Workflow – vom Dreh bis in die Postproduktion – sowie perfekt aufeinander abgestimmte Technik, wäre ein ambitioniertes Projekt dieser Größenordnung nicht zu bewältigen. Für die Woche um den Hauptdrehtag am 3. Juni 2016 mussten rund 100 Kameras eines Herstellers auf den Punkt bereit stehen. Diese sollten sich einerseits technisch so einstellen lassen, dass sich später ein harmonischer »Look and Feel« für den Fernsehzuschauer ergibt. Auf der anderen Seite musste das Kamerasortiment des Herstellers von der Bauweise und den technischen Möglichkeiten her auch so vielfältig sein, dass für jede Drehsituation – ob Protagonisten in beengten Räumlichkeiten, Autofahrten oder weite Landschaftsszenen – die passende Kamera zur Verfügung stehen konnte.

Bewährte Partner

Wie schon zuvor bei »24h Berlin« und »24h Jerusalem« unterstützten Sony und der Hamburger Händler BPM Broadcast & Professional Media das ambitionierte Projekt. Mehr als eine Tonne Equipment wurden in der Produktionszentrale

Bild: BR/zero one 24 film GmbH/megaherz gmbh/Ostkreuz/ Jörg Brüggemann

Bild: BR/zero one 24 film GmbH/megaherz gmbh/Ostkreuz/ Anne Schönharting

Schweinemastanlage in Landau, Niederbayern.

und Technikschleuse versammelt, einer großen Studiohalle auf dem Gelände des Bayerischen Rundfunks in München-Unterföhring. Dort holten über einen Tag verteilt, die über 100 Drehteams insgesamt 107 XDCAM-Camcorder von Sony ab: 22 PDW-700, 45 PXW-FS7, 30 PXWZ150, fünf PXW-FS5 und fünf PMWF5 waren im Einsatz. Die Teams zeichneten das Material auf SxS-Karten, SDXC, XQD und Professional Disc mit 128 und 64 GB Speicherkapazität auf. Ein großer Anteil an Kameras wurden inklusive des entsprechenden Zubehörs zuvor von BPM technisch überprüft, katalogisiert und einzeln pro Kamerateam drehfertig konfek­ tioniert. Weitere zwölf PDW-700 wurden vom BR gestellt. »Bei mehr als 100 Drehteams gibt es sehr unterschiedliche Erfahrungs- und Kenntnisstände in Hinblick auf die Sony-Kameras. Mit der Auswahl der Kameras konnten wir jedem Team das Modell zuteilen, mit dem es am besten zurechtkam«, sagt Julian Steinemann, der zuständige Technische Koordinator für die Technik und das Kopieren des gedrehten Materials. Aus der Sicht von Thomas Kufus, Geschäftsführer und Produzent von Zero One 24, war es ein großes Plus, mit Sony wieder den Wunschpartner als Hauptlieferanten für die technische Ausstattung der Produktion gewonnen zu haben: »Kaum ein anderer Hersteller ist in der Lage, in so kurzer Zeit so viel professionelles Equipment auf den Punkt für unsere Produktion bereitzustellen und eine so solide Finanzierung auf die Beine zu stellen«, urteilt Kufus.

Seite 22 | www.film-tv-video.de

Winzerin Christine Pröstler, Retzbach, Franken.

Autonomes Arbeiten der Drehteams, aber mit Presets

80 Kamerateams waren jeweils einem Protagonisten zugeteilt. Die Teams bestanden in der Regel aus Regie, Kamera, Ton und Set- Aufnahmeleitung. Etwa 20 weitere Teams fingen mit der Sony PXW-FS7 Impressionen der bayerischen Landschaften ein. Die Drehteams arbeiteten komplett selbständig, allerdings gab es eine Art grundlegendes Regelwerk: Alle Kameras wurden mit denselben Presets voreingestellt. Gedreht wurde bei den Protagonisten durchweg im Format 1080i50 XDCAM 422, Impressionsteams filmten mit 1080i50 XAVC-L 50 MBit in SLog3/ Gamut3.Cine. Außer Pol-, UV- und ND-Filtern durften keine anderen Filter eingesetzt und keine bildverändernden Einstellungen vorgenommen werden. Um neben dem durchgängigen Look auch einen einheitlichen Erzählstil zu kreieren, mussten die Kamerateams die Geschichten der Protagonisten ohne Stativ und nur mit vorhandenem Licht einfangen. Lediglich die Impressionen-Teams durften auch mit Stativ drehen. »Eine enorme Hilfe beim Download der Daten waren unter anderem auch die fünf Sony-Cardreader MRW-E90 XQD/SDXC, die Sony freundlicherweise bereits vor dem Roll-Out zur Verfügung stellte. Die haben den Vorzug, mit circa 350 MB/s XQD-Karten zu lesen. Der komplette Download war etwa eine Stunde nach der Rückkehr des letzten Teams fertig gestellt«, so Julian Steinemann weiter.

Aufbereitung und Postproduktion

Nach dem Drehtag Anfang Juni 2016 haben die Macher nun rund ein Jahr Zeit bis zum geplanten Ausstrahlungstermin, um das umfangreiche Material zu sichten und aufzubereiten. Sonja Scheider ist beim BR verantwortlich für die redaktionelle Begleitung des trimedialen Projekts. Sie berichtet: »Wie bereits bei „24h Jerusalem“ räumt der BR 24 Stunden Programmfläche frei und strahlt die Dokumentation einen Tag und eine Nacht lang am Stück, ohne Unterbrechung aus – das ist eine höchst unkonventionelle und mutige Entscheidung und nur möglich, wenn ein Sender nicht von kommerziellen Interessen abhängig ist.« Der BR sieht in »24h Bayern« letztlich auch ein Zeitdokument des Freistaats: »Auf die Idee, keine Stadt, sondern mit Bayern ein ganzes Land zu porträtieren, kam schließlich Intendant Ulrich Wilhelm. Denn dieses einzigartige Format gibt uns die Zeit und den Raum, den es braucht, um allen Aspekten und Facetten einer Gesellschaft und Kultur gerecht zu werden«, erläutert Sonja Schneider. Bis zum Sendetermin im kommenden Jahr werden allerdings zunächst noch viele Stunden Arbeit in das Projekt einfließen, um »Alltag in Bayern« herauszuarbeiten. Und wenn es dann soweit ist, kann man seine eigene Blase für einen Tag lang verlassen und über die Doku in andere Blasen eintauchen.

Mehr Informationen erhalten Sie im Web

CINEMATIC MULTICAM REMOTE CONTROL OF MULTIPLE AMIRAS FOR LIVE TV

ARRI AMIRA MULTICAM MODE. TRULY CINEMATIC.

www.arri.com/amira

Visit us at IBC: Hall 12.F21 or cinec: Hall 3-C01

Einfach nur speichern – aber dauerhaft sicher! Daten für lange Zeit sicher zu speichern, das ist ein Thema, das in vielen Branchen virulent ist. Im Medienbereich will man aber zusätzlich bei Bedarf auch wieder rasch und gezielt auf die Daten zugreifen und sie nutzen können. Das alles ist mit Speicherlösungen von Fast LTA möglich – sagt der Hersteller. film-tv-video.de hat nachgefragt. Text: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: Fast LTA, Nonkonform

»Wir haben, seit wir Speichersys­ teme herstellen, kein einziges Byte an Daten verloren«, resümiert Firmenchef Matthias Zahn. »Das war nur deshalb möglich, weil wir letztlich ein sich selbst kontrollierendes, auf Datensicherheit optimiertes System entwickelt haben.« Gespeichert wird bei den aktuellen Speichersystemen von Fast LTA auf Basis von Festplatten – ungewöhnlich für den Archivbereich, denn hier dominieren momentan band­ basierte LTO-Lösungen. Festplatten erlauben aber im Bedarfsfall einen viel rascheren Zugriff auf die jeweils gewünschten Daten, man muss nicht erst tagelang Datenbänder zurückspielen, um etwa an einen bestimmten Clip oder ein Compositing-Element zu gelangen. Aber Festplatten können natürlich versagen, deshalb werden ja im Medienbereich meist Raid-Systeme genutzt, weil diese eine höhere Datensicherheit mitbringen. »Wir erreichen aber mit unseren Systemen eine wesentlich höhere Sicherheit, als Raid-Systeme sie bieten können. Außerdem werden bei unseren SysSeite 24 | www.film-tv-video.de

temen niemals Daten überschrieben. Unser Ziel war eben von Anfang an eine sichere Archivlösung«, führt Matthias Zahn aus. Fast LTA gewährt daher eine Datengarantie: Man kann mit den Fast-LTA-Systemen zu jeder Zeit den Datenbestand eines früheren Zeitpunkts wieder herstellen, an dem gespeichert wurde – und das bei effizienter Speicherung und ohne dass man zahllose komplette Backups vorhalten müsste.

Firmengeschichte in Kurzform

Fast? Da war doch was? Ja: Fast Multimedia war in den 1990er-Jahren mit Produkten wie Screen Machine, Video Machine, Blue und Liquid einer der Pioniere in der Videoverarbeitung mit dem Computer. Daher kennen viele in der Branche diesen Firmennamen. Der Kern des Unternehmens ist aber älter. Bei Fast LTA sind nun wieder zwei der wichtigsten Entwickler des Unternehmens aus den Video­zeiten vereint: Matthias Zahn und Ali Adelstein.

Silent Brick: Kurzüberblick

Bei der auch für den Einsatz im Medienbereich konzipierten Silent Brick Library nutzt Fast LTA eine ganze

Die Silent Brick Library nutzt eigen­entwickelte Technologien und Hardware von Fast LTA.

Reihe innovativer Technologien, um mit den niedrigen Kosten, die Tape als Archivspeichermedium bietet, mithalten zu können – ohne dabei auf die Vorteile schneller Festplattenspeicher verzichten zu müssen. Basis des Systems ist der Silent Brick, ein transportables Speichermedium, das bis zu 16 TB Nutzdaten speichern kann. Der Silent Brick ist letztlich ein robuster Festplatten-Container, der zwölf Disks enthält. Die auf einem Brick gespeicherten Daten sind mit vier Redundanzen abgesichert. »Vier der zwölf Festplatten, die jeder Brick beinhaltet, könnten ausfallen und wir könnten dennoch alle Daten wieder vollständig rekonstruieren«, führt Matthias Zahn aus. »Ein solcher massiver Fall kann aber so gut wie ausgeschlossen werden, denn das Speicher­ system würde sich schon viel früher beim Administrator melden.« Um Daten vom Silent Brick lesen oder sie darauf speichern zu können, muss er in einem Controller stecken. Hiervon gibt es zwei verschieden große Versionen und mit zusätzlichen Extension Shelves kann die Kapazität jederzeit erweitert werden. Der Ausbau einer Library ist problemlos möglich, bis hinauf zu mehreren Petabyte Kapazität, so Fast LTA.

Bei Fast LTA sind nun wieder zwei der wichtigsten Entwickler des Unternehmens aus den Videozeiten vereint: Matthias Zahn und Ali Adelstein.

Best of both worlds

Heute ist es im Videobereich üblich, bei der Archivierung zweigleisig zu fahren. Fertig bearbeitete Projekte, die man vorerst noch im Zugriff halten will, legt man auf hochperformante Random-Access-Systeme. Die sind aber für die Dauerarchivierung zu teuer: In der Anschaffung – und auch bei den Betriebskosten. Also erfolgt die Dauerarchivierung in ergänzenden Tape-Libraries: Hohe Speicherdichte und geringe Energiekosten sind bei der Speicherung auf Band bestechend. Aber wenn man dann doch Zugriff auf die Daten braucht, kann das dauern. Die Silent Brick Library soll die Sicherheit und die vergleichsweise niedrigen Kosten von Tape-Archivierung mit der Random-Access-Funktionalität, der höheren Zugriffsgeschwindigkeit und besseren Verfügbarkeit von Festplattensys­ temen kombinieren.

Funktionsprinzip, Datengarantie

Eines der wichtigsten Grundprinzipien der Fast-LTA-Lösungen klingt simpel: Bei den Langzeitspeichersystemen von Fast LTA werden niemals Daten überschrieben. Was einmal drauf ist, bleibt auch drauf. Die Festplatten werden sozusagen linear beschrieben – ganz genau so, wie das auch bei Band der Fall ist. Wenn nun einmal ein Problem mit einer der einzelnen Platten auftritt, wird diese Platte ausgetauscht und das System setzt sich dann selbst wieder instand: Man muss also kein Backup aufspielen, sondern die Daten werden innerhalb des Systems rekonstruiert und liegen

dann auf dem gleichen System wieder korrekt vor. »Unsere Systeme haben eine garantierte Lebensdauer von mindestens 10 Jahren«, erklärt Ali Adelstein und führt aus: »Bei anderen Herstellern ist es so: Wenn die Hardware innerhalb der Garantiezeit ausfällt, bekommt der Kunde Ersatz für die Hardware – aber natürlich ohne die Daten. Der Kunde muss dann selbst sein letztes Backup auf die neue Hardware aufspielen. Unsere Systeme hingegen lassen sich instand setzen und stellen die Daten selbst wieder her.« Somit kann Fast LTA nicht nur eine Hardware-, sondern eine Datengarantie geben. Ali Adelstein erläutert: »Einer der Gründe, weshalb wir das können, liegt darin, dass unsere Systeme ein eigenes Filesystem nutzen, das verschränkt mit den Daten auf dem Speicher liegt. Die Daten und die zugehörigen Metadaten sind dadurch stets direkt miteinander verbunden und liegen auf dem System selbst vor. Da wir zudem immer nur linear schreiben und auch niemals überschreiben, was schon auf dem System ist, kann also auch nichts kaputt- oder verlorengehen. Einmal aufgespielt, sind die Daten sicher – es kann bei unserem System beispielsweise nicht passieren, dass wegen eines korrupten Filesystems oder einer Fehlbedienung Daten gelöscht werden.« Weil die Metadaten stets Teil des Systems sind, kann man etwa auch einen Brick aus einem Controller entnehmen, ihn an einem anderen Ort in einen Controller stecken und er ist dann nach kürzester Zeit wieder online und nutzbar.

Der Silent Brick hat ein Etikett, das auf der ePaper-Technologie basiert.

Kein zusätzliches Backup nötig, Kopie einfach möglich

Aufgrund der genannten Sicherheitsmaßnahmen ist die Datenspeicherung auf einem Brick so sicher, dass man kein zusätzliches Backup benötigt. Manchmal möchte man aber dennoch eine Kopie anfertigen, etwa um die Daten auf einem physischen Träger versenden oder zur Sicherheit auch noch an einem anderen Ort einlagern zu können. Statt hierfür nun etwa das ganze Speichersystem spiegeln zu müssen, können Daten im Silent Brick System ganz einfach auf Brick-Basis repliziert werden – innerhalb eines Systems, aber auch zu einem entfernten System oder auch auf mehrere Instanzen. So ist das Absichern und Kopieren pro Volume individuell konfigurierbar.

Nutzungsmöglichkeiten

Der Brick kann einerseits wie ein Tape genutzt werden: Es gibt hierfür von Fast LTA eine Tape-Virtualisierung , die es erlaubt, mit einem Backup-Client auf Bricks zu speichern. Man kann aber andererseits auch einen oder mehrere Bricks als Volume formatieren und dann innerhalb einer IT-Infrastruktur als NAS verwenden (via SMB oder NFS). »In beiden Anwendungsfällen ist die Sicherheit identisch: Wir schreiben linear, es kann nichts überschrieben oder korrumpiert werden, im Hintergrund laufen die Checks ab«, erläutert Ali Adelstein.

Umfangreichere Informationen erhalten Sie im Web Seite 25 | www.film-tv-video.de

Bayreuther Festspiele: Alles ganz speziell Einmal im Jahr findet in Bayreuth das Hochamt der Wagner-Fans statt: Im 1873 speziell zu diesem Zweck errichteten Festpielhaus kann man dann eine jährlich wechselnde Auswahl aus den Hauptwerken Richard Wagners erleben. Seit 2008 ist TV Skyline zusammen mit TMT Broadcast für die TV-Übertragung und Aufzeichnung der Opern zuständig.

Head of Broadcast and New Media bei TMT, mit TV Skyline zusammen, um die TV-Produktion der Bayreuther Festspiele umzusetzen.

vergleichbare Ereignisse und Orte der Hochkultur. Mit dem Weihetempel der Wagnerfreunde sind nämlich über das künstlerische Werk Richard Wagners hinaus auch allerhand Lebensdramen, Intrigen, Skandale, Ränkespiele und Klatsch aus dem wahren Leben verwoben, die selbst fast schon opernhafte Formen annehmen. Ein Raunen und Wähnen ist das, mit dem man erst mal klarkommen muss. Die Opernregisseurin Katharina Wagner, Urenkelin des Komponisten Richard Wagner, ist als Festspielleitung und Geschäftsführerin der Bayreuther Festspiele, die aktuelle Chefin des Hauses. Auf ihren Schultern lastet die Aufgabe, dieses Erbe in die Jetztzeit zu transponieren. Dazu gehört neben vielen anderen Aspekten auch, dass seit neun Jahren das Fernsehen eine wachsende Rolle bei den Bayreuther Festspielen spielt. Unter Leitung von Katharina Wagner, die zusätzlich zu ihren anderen Aufgaben, auch Produzentin der TV-Produktion ist, arbeitet der ausführende Produzent Markus Spona,

»Die Herausforderungen für uns sind bei dieser Produktion selbstverständlich völlig anders gelagert, als etwa im Sportbereich oder bei zeitgenössischen Konzerten«, erläutert Robert Kis, der gemeinsam mit Wolfgang Reeh die Firma TV Skyline leitet. »Wir müssen hier möglichst unsichtbar sein, dürfen die Künstler und die Zuschauer auf gar keinen Fall stören oder beeinträchtigen. Gleichzeitig steht das Festspielhaus natürlich unter Denkmalschutz und stammt aus einer Zeit, als niemand an moderne Technikaspekte denken konnte.« Weitere Anforderungen bestehen darin, dass der Anspruch Richard Wagners, die Aufführungen in Bayreuth als Gesamtkunstwerke zu inszenieren, sich auch in der TV-Übertragung wiederfinden soll und hierbei spielt natürlich auch der spezifische Klang des Festpielhauses eine herausgehobene Rolle – mehr dazu später. Neben diesen Aspekten gibt es weitere Gesichtspunkte, die sich auf die TV-Produktion auswirken.

Text: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: Nonkonform

Ein Festspielhaus, das mit dem Ziel errichtet wurde, dort die Opern eines einzigen Komponisten als Gesamtkunstwerke aufführen zu können – das allein ist schon eine Besonderheit. Seit 1876 finden dort die Bayreuther Festspiele statt, die folgerichtig oft auch als RichardWagner-Festspiele bezeichnet werden. Im aktuellen Jahr 2016 wurde die 105. Ausgabe dieses Ereignisses realisiert. Wagnerianer aus aller Welt, die glücklich genug waren, Karten zu ergattern, pilgern zur Spielzeit zum Grünen Hügel der oberfränkischen Stadt, um im dortigen Festspielhaus den Aufführungen einer Auswahl der zehn letzten Opern Richard Wagners (1813–1883) beizuwohnen. Jährlich finden 30 Aufführungen von fünf bis sieben verschiedenen Opern statt. Das Festspielhaus in Bayreuth und die Aufführungen, für die es konzipiert wurde, umweht natürlich noch weitaus mehr, als andere, Seite 26 | www.film-tv-video.de

Besondere Herausforderungen

Produzent Markus Spona, Head of Broadcast and New Media bei TMT (rechts) und Robert Kis von TV Skyline.

So beginnen die Vorstellungen, wie zur Zeit Richard Wagners, bereits am Nachmittag. Wagners Werke weisen Längen von bis zu annähernd fünf Stunden reiner Spielzeit auf (»Die Meistersinger von Nürnberg«). Zwischen den Aufzügen gibt es einstündige Pausen. Auf dem Spielplan der Bayreuther Festspiele findet sich eine jährlich veränderte Auswahl aus den Hauptwerken Richard Wagners: »Der fliegende Holländer«, »Tannhäuser«, »Lohengrin«, »Der Ring des Nibelungen« (bestehend aus: »Das Rheingold«, »Die Walküre«, »Siegfried« und »Götterdämmerung«), »Tristan und Isolde«, »Die Meistersinger von Nürnberg« und »Parsifal«. In diesem Jahr wurden an den 30 Spieltagen sieben verschiedene Wagner-Opern aufgeführt. Das ist natürlich auch eine logistische Herausforderung und erfordert von allen Beteiligten eine ganz besondere Konzentration und Anstrengung, was die Proben und Aufführungen und die dafür nötige Organisation der Abläufe betrifft.

Parallele 5- und 12-Kamera­ produktion aus zwei Regien

Mit TV-technischem Overkill kann die Produktion in Bayreuth auf den ersten Blick nicht protzen: Es wurde in HD produziert und für die Opernübertragung reichten zwölf Kameras aus. Zusätzlich gab es eine zweite Regie, mit der Sky eine Sendung rund um die Opernübertragung realisierte: mit fünf weiteren Kameras.

Für einen Dienstleister wie TV Skyline ist ein solches Setup – zumindest von der Zahl der Kameras und Regien her – durchaus überschaubarer Normalbetrieb, nichts Besonderes. Die Herausforderungen, die es dennoch in reicher Zahl gab, lagen in anderen Aspekten.

Produktionen und Feeds

Zehn Hauptproduktionen wurden in der Spielzeit 2016 in 14 Tagen aus der großen Regie realisiert: Fünf Generalproben und fünf Live-Übertragungen einzelner Opern. Zwölf Kameras waren dafür am Ü8 von TV Skyline in Betrieb. Mit diesem Setup wurden die Opern-Übertragungen realisiert. So wurde etwa die Neuinszenierung des Parsifal live in 100 Kinos in Deutschland, Österreich und der Schweiz übertragen und aufgezeichnet. Die Aufzeichnung wurde einige Tage später dann auf 3Sat ausgestrahlt. BR Klassik stellte auf seiner Website die Aufzeichnung online als Video bereit. Der japanische Broadcaster NHK übernahm die Aufzeichnung ebenfalls und wird sie später senden. Im Nachgang wird aus dem aufgezeichneten und um einige Einstellungen ergänzten Material eine »Parsifal«-DVD/BD hergestellt (Deutsche Grammophon). Hierfür wurden im Rahmen der Generalproben einige Einstellungen für Retakes wiederholt. Bisher wurde auf ähnliche Weise in Bayreuth jährlich immer nur eine Oper produziert – nicht so dieses Jahr. Im Jahr 2016 war erstmals Sky mit an Bord und übertrug den kompletten »Ring des Nibelungen« in Deutschland sowie in Österreich, Italien, Großbritannien und Irland. In Deutschland und Österreich wurde überwiegend live gesendet, das

heißt, es gab einen leicht zeitversetzten Start, aber On Air wurden die Pausen verkürzt, so dass man im Verlauf der Oper dann immer näher ans Live-Ereignis heranrückte. In Italien wurden die Opern im Sky-Programm ebenfalls jeweils am Aufführungstag gesendet, aber den TV-Gewohnheiten in Italien geschuldet, deutlicher zeitversetzt. In Großbritannien verfolgte Sky ein anderes Konzept und hatte sich für einen kompletten Wagner-Tag entschieden. Außerdem bietet Sky die Aufzeichnungen von den Bayreuther Festspielen auch auf seinen On-Demand-Plattformen an. Das Ganze geht bei Sky aber weit über eine reine Opernübertragung hinaus: Unmittelbar vor den Festspielen ging nämlich der neue Kunstund Kultursender »Sky Arts« auf Sendung und setzte mit den Bayreuther Festspielen gleich einen Paukenschlag für sein Programm – Sky Arts hatte sich entschlossen, innerhalb von sechs Tagen, den kompletten Ring live im Fernsehen zeigen, das wurde damit zum ersten Mal Realität. Im Umfeld der Live-Übertragungen gab es zudem eine Magazinsendung aus Bayreuth. Um dieses Magazin zu realisieren, richtete TV-Skyline für Sky ein temporäres Studio auf einer Terrasse vor dem Festspiel-Restaurant mit Blick auf das Festspielhaus ein. Dort waren für Sky fünf weitere, unilaterale Kameras im Einsatz: zwei Studiokameras auf Stativen, eine drahtlose Steadicam-Kamera, eine ferngesteuerte QubeCam II und eine Beautyshot-Kamera, die das Festspielhaus von außen zeigt. Moderiert von Axel Brüggemann produzierte Sky Arts in diesem Studio eine Einführung und ein Pausenprogramm mit Live-Passagen, Gesprächen und Einspielern. Seite 27 | www.film-tv-video.de

Sky produzierte im Umfeld der Festpiele eine Magazinsendung.

Als Regie für dieses Programm kam die Subregie im Rüstwagen des Ü8 zum Einsatz, TV Skyline konnte das Konzept, das der Dienstleister bei seinen jüngsten Ü-Wagen umgesetzt hat, optimal ausnutzen. Einen wesentlichen Teil des Festspiel-Magazinprogramms von Sky Arts stellten auch die Einspieler dar. Insgesamt 56 Einspiel-Beiträge hatte der TV-Skyline-Partner TMT hierfür vorproduziert. Markus Spona erläutert: »Das wurde mit FS7-Kameras realisiert, um einen hochwertigen Look, jenseits der normalen EB-Ästhetik zu realisieren. Zwei Teams waren hierfür im Vorfeld und während der Festspiele unterwegs.«

Unsichtbar im Festpielhaus

Richard Wagner hatte die Vorstellung, ein Festspielhaus zu errichten, in dem er als Komponist, Textdichter, Dramaturg und Intendant seine Vorstellungen von einem Gesamtkunstwerk umsetzen konnte: Kunstgenuss aus einem Guss. Deshalb ist im Bayreuther Festspielhaus, das Wagner mit dem Architekten Brückwald plante und realisierte, alles auf das Bühnengeschehen ausgerichtet: Der Orchestergraben etwa ist für das Publikum nicht einsehbar, um jede Ablenkung zu vermeiden. Genauso unsichtbar, wie die Musiker und der Dirigent, muss konsequenterweise auch die Fernsehtechnik bleiben. Deshalb wurden die Kameras möglichst so installiert, dass sie das Publikum nicht ablenkten. Von zwölf Kameras waren nur zwei überhaupt sichtbar: seitlich neben der Bühne. Eine der weiteren Kameras war im Souffleusenkasten versteckt, die Seite 28 | www.film-tv-video.de

Zehn Hauptproduktionen wurden im Rahmen der Spielzeit 2016 aus der großen Regie realisiert.

meisten anderen am oberen Rand des Orchestergrabens, so dass sie auf die Bühne blicken konnten, aber selbst nicht zu sehen waren. Im ganzen Festspielhaus war zudem kein Kameramann tätig, alle Kameras wurden fernbedient. Dafür gab es neben der möglichst geringen Ablenkung auch noch einen weiteren Grund: Der Platz im Festspielhaus ist knapp. Wenn der Dirigent und die bis zu 120 Musiker im Orchestergraben Platz genommen haben, geht es dort so eng zu, dass gar kein Platz mehr für Kamerapersonal bliebe. Es ist auch nicht möglich, Mikrofone abzuhängen oder anderweitig an den Stellen zu positionieren, wo es für den Klang optimal wäre: Es würde stören und es gibt keinen Platz für Stative und Kabel. Für Bild- und Tontechnik bringt es natürlich auch zahlreiche Herausforderungen mit sich, dass die uralte, denkmalgeschützte Bausubstanz es verbietet, mal schnell ein paar Löcher zu bohren oder ein paar Schrauben einzudrehen. Das ganze Haus fungiert zu alledem als Klangkörper: Erst an den Zuschauerplätzen mischt sich der Gesang von der Bühne mit der Musik aus dem Orchestergraben zu einem einzigarten, haustypischen Klangbild, das ein ganz besonderes, ungewöhnliches Hörerlebnis eröffnet – so versichern es zumindest die Experten. Veränderungen an Einrichtung, Ausstattung und Baumaterialien könnten das stören, deshalb wird darauf konsequent verzichtet. Die klanglichen Besonderheiten im Bayreuther Festspielhaus haben – soviel zur Komplexität der Verhält-

nisse – auch schon große Dirigenten scheitern lassen: So gilt es etwa, besondere Herausforderungen beim Timing zu meistern, damit Gesang und Instrumente bei den Zuhörern optimal zusammenklingen.

Kameras im Festspielhaus

Die meisten Kameras befanden sich an der Oberkante des Orchestergrabens. Dort waren sie hinter einem muschelförmigen Paravent verborgen, der auch den Zuschauerblick in den Orchestergraben verdeckte. TV Skyline hatte Spezialhalterungen für die Kameras entwickelt, die einerseits die Musiker nicht beeinträch­ tigten und so gut wie keinen Platz im Orchestergraben wegnahmen, die aber andererseits dennoch die Last der Kameras aufnehmen und sicher verteilen konnten. Bis auf eine Kamera, saßen alle Kameras auf Remote-Systemen, die von TV Skyline entwickelt und gebaut wurden. Dabei handelte es sich etwa bei der Dirigentenkamera um eine QubeCam II, Studiokameras von Ikegami und Grass Valley waren auf GentleMote-Systemen montiert. Die Kameras unterhalb der Muschelkante, im Souffleusenkas­ ten, die Dirigentenkamera und die seitlichen Portalkameras, befanden sich nah am Bühnengeschehen, sie waren daher mit weitwinkligen Objektiven bestückt, in der Mehrzahl aus dem Hause Fujinon. Manchmal wurden die Objektive zwischen einzelnen Aufführungen ausgetauscht, denn das Bühnenbild und das Bühnengeschehen verschiedener Opern verlangten hier teilweise eine andere Basis für die Bildgestaltung.

Wenn Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen. ZEISS Compact Zooms

// INSPIRATION MADE BY ZEISS

Die ZEISS Compact Zoom CZ.2 Familie Wenn Sie sich voll und ganz auf die kreative Gestaltung der Szenerie fokussieren möchten, sind die Compact Zoom CZ.2 Objektive von ZEISS genau das, was Sie suchen. Neben dem niedrigen Gewicht und dem einzigartigen Wechsel-Mount-System bieten die Brennweiten von 15 – 30 mm, 28 – 80 mm und 70 – 200 mm alle Möglichkeiten für kreatives Arbeiten. Mit dem ausgezeichneten Colormatching ist diese Objektivfamilie eine ideale Ergänzung zu allen ZEISS Cineobjektiven – den Master Primes, Ultra Primes und Compact Primes. Besuchen Sie uns auf der IBC 2016 8. – 12. September 2016 | Amsterdam | Stand 12.F50 www.zeiss.com/cine/compactzoom

Das ganze Haus fungiert bei den Bayreuther ­Festspielen als Klangkörper. Man muss ein besonderes Interesse am Thema mitbringen, um in dieses Team zu passen.

Aus einer der Logen wurde das Bühnengeschehen ebenfalls aufgenommen: Zwei Kameras standen hier, eine für eine Totale der gesamten Bühne und eine mit einem 86fach-Zoomobjektiv, die es erlaubte, Nahaufnahmen der Sänger zu zeigen. All diese Kamerasignale lagen natürlich im Ü-Wagen an – und zudem ein weiteres: Viele der Inszenierungen arbeiten heute mit Videoprojektionen und das dafür genutzte, hauseigene Videosignal des Festspielhauses, lag ebenfalls im Ü-Wagen an.

Mikrofone im Festpielhaus

Alle Mikrofone im Festspielhaus dienten ausschließlich dem Fernsehton, alles, was die Zuschauer im Saal hören, ist grundsätzlich der unbearbeitete, unverstärkte Originalton. Um in der TV-Übertragung möglichst nah an das Klangerlebnis vor Ort heranzukommen, waren im Orchestergraben diverse Mikrofone platziert und alle Sänger trugen Funkmikros. Außerdem hatten die beiden Tonmeister Peter Hecker und Peter Rafailov Mikrofone im Festspielhaus versteckt, etwa an den seitlichen Säulen, wo sie kaum wahrnehmbar waren – um auch den Raumklang im Festspielhaus zu erfassen.

Ausgelagert: Kameraoperation

Weil im Saal selbst keine Kamera­ leute arbeiten können, wurden alle Kameras von Fernbedienpulten aus Seite 30 | www.film-tv-video.de

gesteuert. Von einem Nebenraum des Festspielhauses aus bedienten sieben Mitarbeiter die insgesamt zwölf Kameras. Die Bildtechnik im Ü8 überwachte die Signale und steuerte sie aus. Damit unter dieser Konstellation im Rahmen einer Opernaufführung mit starken Lichtwechseln und teilweise turbulenter Bühnenhandlung ein stimmiges Gesamtbild herauskam, war einiges an Vorarbeit und Proben nötig. Der lichtsetzende Kameramann schaute sich daher die Haupt- und Generalproben aller Aufführungen an und definierte dafür die Lichtstimmungen der Fernsehbilder, machte sich Notizen und briefte die Kameraleute entsprechend. Während die Aufführung lief, sagte er dann in der Bildtechnik jeweils vorher an, was als nächstes kam, damit sich die Bildtechniker auf die Wechsel vorbereiten konnten. Der lichtsetzende Kameramann führte sozusagen die Bildtechnik durch die Oper. Die Regisseurin wiederum führte von der Bildregie im Ü-Wagen aus die Kameraleute durch die Oper und wurde dabei von einer Assistentin unterstützt, die in der Partitur mitlas und Ansagen zum jeweils kommenden Geschehen machte. Für die Kameraoperatoren waren viele Besonderheiten zu beachten. So etwa auch, dass sich die Kameras selbst nicht zu viel bewegen sollten: Übermäßige Pan/Tilt-Bewegungen der Remote-Köpfe und Zoombewegungen der Objektive könnten sonst Zuschauer oder Musiker ablenken

oder stören, deshalb musste auch die eigentliche Kameraarbeit möglichst unbemerkt vor sich gehen. An den freien Tagen, wenn keine Live-Übertragungen oder Aufzeichnungen stattfanden, sahen sich die Mitarbeiter mit den Regisseuren nochmal das Material an, um eventuell einzelne Passagen anders aufzulösen oder kleine Verbesserungen realisieren zu können. Man muss also schon ein besonderes Interesse am Thema mitbringen, um in dieses Team zu passen.

Tonmischung

Katharina Wagner selbst saß bei den Produktionen im Ü-Wagen, denn der Ton hat für sie die höchste Priorität. »Es liegt wahrscheinlich bei keiner TV-Produktion mehr Augenmerk auf dem Ton, als bei den Opernproduktionen in Bayreuth«, resümiert Robert Kis. Als Tonmeister waren Peter Hecker und Peter Rafailov hierfür verantwortlich. Als Team haben Hecker und Rafailov das Tonkonzept für die TV-Übertragung aus Bayreuth entwickelt und über die Jahre immer weiter verfeinert. Peter Hecker sitzt während der Produktionen am Pult und realisiert die Mischung, Rafailov macht die Ansagen, liest also in der Partitur mit und sagt an, wann was auf der Bühne passiert. »Anders hätte man keine Chance, hier eine hochwertige Mischung zu realisieren: Die schnelle Handlung erlaubt es nicht, auch nur ganz minimal zu spät zu reagieren«, erklärt Peter Rafailov. Der Kollege am Pult kann sich so voll auf die Mischung konzentrieren und bleibt

durch die Ansagen informiert und vorgewarnt, wann was passiert. »Die wichtigste Tonherausforderung hier besteht darin, die Atmos­ phäre und die akustischen Besonderheiten des Festspielhauses in die Wohnzimmer der Zuschauer zu übertragen«, fasst Peter Hecker zusammen. »Das spezielle ist, dass sich das richtige Klangbild im Festpielhaus erst am Publikumsplatz einstellt, man dort aber keine Mikrofone aufstellen oder abhängen kann, weil sie stören würden.« So galt es letztlich, bei weitest­ gehend unsichtbarer Mikrofonierung, durch spezielle Pulteinstellungen, Klangaufbereitung und Mischung, möglichst nah an den Höreindruck der Zuschauer im Festspielhaus heranzukommen. Zusätzlich waren hierfür neben dem Tonmeister-Team ein Ton-Ingenieur, ein Kommando-Ingenieur, ein Drahtlos-Ingenieur, eine Drahtlos-Assistenz sowie zwei Tontechniker vor Ort im Einsatz. »Katharina Wagner ist bei allen Proben dabei und achtet sehr genau darauf, dass die Zuschauer zuhause ein möglichst ähnliches Klangbild zu hören bekommen, wie diejenigen im Saal. Das ist ihr sehr wichtig«, erklärt Peter Hecker. »Die Herausforderung besteht also darin, mit versteckten Mikrofonen den Ton aufzunehmen und diese Quellen am Mischpult mithilfe der Audiotechnik so zu kombinieren und zusammenzusetzen, dass das Ergebnis so klingt, wie es im Festspielhaus natürlich entsteht«, führt Peter Rafailov aus. Das entspricht dem gemeinsamen Wunsch von Christian Thielemann, dem Musikdirektor der Bayreuther Festspiele und Katharina Wagner, die beide möglichst viel des besonderen Klangs von Bayreuth auch im Fernsehton wiederfinden wollen. Christian Thielemann steht in Bayreuth auch regelmäßig am Pult, ihm fehlt nur noch »Lohengrin«, dann hat er sozusagen den »Wagner Grand Slam« geschafft und alle in Bayreuth gegebenen Werke dirigiert. Thielemann und manche andere Dirigenten haben es auch erlaubt, dass sie am Anfang der TV-Übertragungen gezeigt werden, wenn der Vorhang noch geschlossen und im Festspielhaus alles dunkel ist, aber

Tonmeister Peter Hecker

schon Musik erklingt. Üblicherweise war der Orchestergraben sonst immer für alle Kameras Tabu.

Weitere Technikbesonderheiten

Eine Besonderheit der Opernproduktion aus Bayreuth gab es auch im Grafikbereich. Drei Grafikmaschinen von Chyron-Hego waren hier im Einsatz: Zwei davon wurden benutzt, um Titel und Abspann zu realisieren, sowie die deutschen, englischen und italienischen Untertitel. Über die dritte Maschine wurden die Sky-Grafiken erzeugt und beigefügt. Das Untertitel-Thema war bei der Live-Übertragung einer Oper durchaus herausfordernd: Der Unter­titelRegisseur las die Partitur mit und löste per Knopfdruck die Einblendung der Untertitel in allen drei Sprachen jeweils für die drei separaten Sendewege aus. Diese Funktionalität erforderte eine spezielle Programmierung der Grafiksysteme. Den kleineren Ü-Wagen Ü1 aus der eigenen Flotte setzte TV Skyline als SNG-Fahrzeug und zum Auslagern einzelner Funktionen wie der Highlight-Regie für Sky ein. Außerdem liefen über dieses Fahrzeug die Ausspielungen für Sky in Großbritannien und Italien. Zusätzlich war noch ein Glasfasermobil von MTI vor Ort. TMT betreibt in Bayreuth und Umgebung ein fast 400 km umfassendes, eigenes Glasfasernetz. Über dieses Netz wurden teilweise die Sky-Übertragungen realisiert und via Glasfaser wurde auch innerhalb Bayreuths eine Verbindung zum Volksfestplatz hergestellt, wo die beiden SNGs für die Kinoübertragung stationiert waren, weil auf dem Grünen Hügel kein Stellplatz mehr für diese vorhanden war.

Tonmeister Peter Rafailov

Ein großes Team, ein langer Zeitraum

Das TV-Team insgesamt, also bestehend aus Mitarbeitern von TMT, TV Skyline und Sky zusammen, umfasste in diesem Jahr ungefähr 90 Mitarbeiter. Start der engen Zusammenarbeit zwischen TMT und TV Skyline war der Auftakt des neuen Media-Konzepts der Festspiele im Jahr 2008, als ein Public Viewing realisiert wurde.

Konzentration

Jeden Tag eine Wagner-Oper zu hören und zu übertragen, das fordert von den Mitarbeitern eine enorme Konzentrationsleistung und stellt auch eine körperliche Belastung dar: »Die Walküre« etwa bedeutete mit Vorlauf und Pausenprogramm sieben Stunden Live-Betrieb. Wie schafft man es, die Konzentration so lange aufrecht zu erhalten? Tonmeister Peter Hecker beschreibt das so: »Die Intensität der Musik hält einen auf Trab, man bleibt dabei, ist gefesselt – sonst geht es nicht.«

Zukunft

Wurde in diesem Jahr alles in HD realisiert, könnte 4K im kommenden Jahr durchaus eine Rolle spielen. »Wir befinden uns hier in der Diskussion und es ist einiges im Fluss«, blickt Robert Kis in die Zukunft. »In diesem Jahr haben wir alle gemeinsam ein Mammutprogramm mit Bravour gemeistert – und darauf kann man aufbauen. Wer weiß, wohin das führt?«

Mehr Informationen erhalten Sie im Web Seite 31 | www.film-tv-video.de

Drahtlos am Set Bild und Ton am Set drahtlos zu übertragen, ist schon lange kein unbezahlbares Hexenwerk mehr. film-tv-video.de hat mit den Drahtlos-Experten von Band Pro Munich über aktuelle Technik, Systeme und Trends im Wireless-Bereich gesprochen. Text: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Fotos: Nonkonform

Mittlerweile können Kamerabilder kabellos auf Handys und Tablets gestreamt werden und selbst billige Consumer-Drohnen bieten eine Möglichkeit, die Bilder der fliegenden Kamera am Boden zu sehen. Soweit, so gut: Wer aber wirklich professio­ nell arbeiten will, der braucht ein zuverlässiges System, das die Bilder störungsfrei in hoher Qualität mit möglichst geringer Signallaufzeit von weniger als 1 ms überträgt. Diese Kriterien führen in der Regel zur Anwendung von speziell auf diesen Zweck optimierten Wireless-Systemen. Bekannte Anbieter sind Teradek, Paralinx, Swit und Connex/Amimon. Natürlich gibt es noch weitere. »Es gibt viele Anbieter von Wireless-Systemen, die meisten aber nutzen den gleichen Chipsatz als Basis«, erklärt Martin Kreitl, Head of Sales & Marketing bei Band Pro Munich. »Das geht so weit, dass man teilweise die gleiche Fernbedienung oder Software nutzen kann, um Systeme verschiedener Anbieter zu bedienen. Trotzdem gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Wireless-Systemen, was die Verarbeitung und Robustheit betrifft, aber natürlich auch bei Ausstattung, Reichweite und Bedienerfreundlichkeit.« Seite 32 | www.film-tv-video.de

Dieser Artikel fasst einige Aspekte zusammen, die man vor dem Einsatz eines Wireless-Systems klären sollte, er zeigt zudem mögliche Einsatzbereiche auf.

Preisbereich, Anwendungsbereich

»Systeme, die aus unserer Sicht profi­tauglich und ernstzunehmen sind, bieten wir zu Nettopreisen zwischen rund 1.250 und 7.800 Euro. Dafür bekommt man ein Set aus einem Sender- und einem Empfängermodul – aber natürlich mit ganz unterschiedlichem Funktionsumfang. Wir glauben aber, dass gerade auch bei Wireless-Systemen die Beratung sehr wichtig ist, denn die Einsatzgebiete sind vielfältig und die Unterschiede zwischen den Systemen fallen doch recht deutlich aus«, erläutert Martin Kreitl. Kitty Scharinger, Product Specialist bei Band Pro ergänzt: »Oft sind es kleine Unterschiede, die den Ausschlag geben können, ob das System zur jeweiligen Anwendung passt – oder eben nicht.«

Einsatzgebiet: Live-Bildkontrolle

Wireless-Systeme werden am Set zunehmend eingesetzt, um Bild und Ton der Kamera an ein externes Display oder ein Tablet zu übertragen – für den Regisseur, aber etwa auch für

Bildtechniker. So kann das Bild deutlich komfortabler als bisher beurteilt und technisch überwacht werden.

Einsatzgebiet: On-Set Look Management

Es ist auch möglich, schon am Set bestimmte Looks zu kreiieren und Kameras zu matchen. Pomfort etwa bietet mit LiveGrade ein Grading-System an, das auf einem MacBook läuft und mit dem sich universell einsetzbare LUTs gestalten und laden lassen. Im Zusammenspiel mit dem Teradek Colr ist es möglich, die LUTs und Looks von LiveGrade per WLAN zur Colr-Hardware zu schicken. Von dort lassen sich die gegradeten Kamerasignale mit einem HD-Wireless-System zum Monitor übertragen, sodass man sofort sehen kann, wie das bearbeitete Bild später aussehen wird. Für die Gestaltung des Bildes, auch bei einer Multi-Kameraproduktion, bietet das natürlich viele Vorteile.

Einsatzgebiet: Kamera-Fernsteuerung

Andere Systeme sind darauf optimiert, nicht nur Live-Bilder zu sehen, sondern auf deren Basis auch in der Gegenrichtung die Kamera drahtlos zu steuern. Für Red-Kameras etwa ist mit Foolcontrol eine Fernsteuer-Software verfügbar, die es in Verbindung mit dem Teradek Colr erlaubt, Red-Kameras nahezu vollumfänglich in allen Parametern fernzusteuern. Die Software ist auch als iOS-App

verfügbar und erlaubt den Zugriff aufs komplette Kamerasetup. Arri bietet bei der Alexa via integriertem Web-Server ebenfalls eine Möglichkeit, die Kamera per Web-Interface zu steuern. Das hat den Vorteil, dass es software- und auch plattform-unabhängig ist. Dabei ist derzeit der Kombi­betrieb auf dem Vormarsch: Das Bild kommt live per Funk zum Operator, der bedient per W-LAN die Kamera.

Einsatzgebiet: Kein Kabelsalat mehr

Wireless-Systeme bieten nicht nur am Filmset viele Vorteile, sondern auch überall dort, wo man sonst Probleme bekäme, wenn man viele Kabel verlegen müsste: Das gilt für Messestände genauso wie für Konzerte, Theateraufführungen oder andere Events.

Basics: Frequenzbereiche

»Die meisten professionellen Wireless-Video-Systeme arbeiten im 5-GHz-Bereich«, erläutert Kitty Scharinger von Band Pro. Das ist einer der Frequenz­ bereiche, die für die lizenzfreie Nutzung freigegeben sind. Der andere ist der 2,4-GHz-Bereich, in dem sich aber die meisten Bluetooth-Geräte, schnurlose Telefone und W-LANS tummeln, die für Störungen und Interferenzen sorgen können. Multikopter mit eingebauter Kamera nutzen oft den 2,4-GHz-Bereich, müssen dann aber auch mit dessen Überlastung und auch mit der Signalkomprimierung leben, die daraus resultiert. Also bietet der 5-GHz-Bereich weniger Verkehr und etwas mehr Sicherheit. Der 5-GHz-Bereich erreicht aber bei gleicher Sendeleistung nur eine kürzere Reichweite: Vereinfacht kann man nämlich sagen, je höher die Funkfrequenz, desto geringer die Reichweite. Für den 5-GHz-Bereich spricht wiederum, dass er ein breiteres verfügbares Frequenzspektrum bietet: Es stehen auf vier Bändern 23 nicht überlappende Kanäle mit 555 MHz Spektrum zur Verfügung, kurz gesagt: Es wird dort eine bessere Leistung erreicht. Deshalb wird 5-GHz-Technik meist dort eingesetzt, wo Videosignale übertragen werden sollen. Künftig wird auch die

Martin Kreitl, Head of Sales & Marketing bei Band Pro Munich

Car-to-Car-Kommunikation in diesem Frequenzbereich eine wachsende Rolle spielen. Alle Wireless-Systeme müssen bei der Inbetriebnahme zunächst alle Kanäle scannen, um festzustellen ob bestimmte Kanäle durch vorrangige Signale belegt sind – zumindest theo­retisch. Um gegenseitige Störungen zu minimieren, ist zudem geregelt, dass beim Ground-to-Ground-Betrieb mit maximal 200 mW gesendet werden darf, im Air-to-Ground-Einsatz sind nur 25 mW erlaubt. Ob die Anwender sich daran halten, ist eine andere Frage. Rein theoretisch kann man zwar Ärger bekommen, wenn man sich nicht an diese Regeln hält, in der Praxis ist das aber kaum zu überwachen. »In der Realität lässt sich die Sendeleistung bei den meisten Systemen durch den Anwender gar nicht einstellen«, stellt Martin Kreitl klar. Diese dürften dann nur Ground-to-Ground genutzt werden.

Basics: Reichweite

Ein zentraler Aspekt beim Einsatz von Wireless-Systemen ist deren Reichweite. Üblicherweise geben die Hersteller dies für den Fall an, dass eine Sichtverbindung/ LoS (Line of Sight) zwischen Sender und Empfänger besteht. Gängig sind Entfernungen von 91 m (300 ft), 182 m (600 ft) und 609 m (2000 ft), 915 m (3000 ft), bis zu 1 km (3300 ft). »Man muss sich aber darüber im klaren sein, dass es hier um optimale Verhältnisse und direkte Sichtverbindungen geht. De facto erreicht man diese Werte nur, wenn keinerlei Hindernisse zwischen Sender und Emp-

Kitty Scharinger, Product Specialist bei Band Pro

fänger liegen«, weiß Martin Kreitl. Die Reichweite eines Wireless-Systems lässt sich bei Bedarf auch vergrößern, etwa mit Hilfe einer zusätzlichen Panelantenne, einem sogenannten Array Extender. »Das setzt allerdings voraus, dass das Wireless-System den Einsatz externer Antennen auch unterstützt, was nicht bei allen Produkten der Fall ist«, führt Martin Kreitl aus.

Basics: Latenz, Signale, Frameraten, Schnittstellen

Systeme mit langer Latenzzeit, wie sie etwa im Consumer-Bereich zur kabellosen Übertragung von AV-Signalen angeboten werden, eignen sich natürlich nicht, wenn man etwa auf Basis des kabellos übertragenen Bildes Kamerabewegungen exakt steuern oder die Schärfe auf den Punkt nachführen will. Dann braucht man Live-Signale, die diese Bezeichnung auch verdienen. »Die meisten professionellen Systeme, die im Profibereich angeboten werden, weisen eine Latenz von unter einer Millisekunde auf. Damit kann man professionell arbeiten, je geringer die Latenz, desto besser«, fasst Kitty Scharinger zusammen. Außer der Latenz muss vorab natürlich auch geklärt werden, welche Signale, Formate und Frame­ raten übertragen werden sollen. Gut ausgestattete Teradek-Systeme etwa können Signale in HD (1.080 Zeilen) mit bis zu 60 progressiven Frames unkomprimiert übertragen – aber das hat natürlich auch seinen Preis. Eine weitere Frage: Welche Videoanschlüsse bietet das Wireless-System? Sind HDMI- oder auch HD-SDI-Anschlüsse vorgesehen? Seite 33 | www.film-tv-video.de

Was sinnvoll ist, hängt in erster Linie vom jeweiligen Equipment ab, das man mit dem Wireless-System kombinieren will. Aber es spielen teilweise auch andere Überlegungen eine Rolle: So sind im Rental-Bereich vor allem HD-SDI-Systeme im Einsatz, weil diese Schnittstelle sehr viel robuster und sicherer ist als HDMI. Es gibt aber auch zunehmend reine HDMI-Systeme, weil diese Schnittstelle vor allem bei kompakten und günstigeren Kameras sehr verbreitet ist. Wireless-Systeme etwa, die speziell für den Drohneneinsatz konzipiert sind, setzen meist ausschließlich auf die HDMI-Schnittstelle. Teilweise bieten die Produkte aber auch den Dual-Format-Betrieb, unterstützen also HD-SDI- und HDMI-Schnittstelle.

Sonderfunktionen: Metadaten, Timecode, Steuersignale

Es gibt Anwendungen, bei denen es erwünscht oder sogar unbedingt notwendig ist, nicht nur Bild und Ton, sondern auch Timecode, Record Flag und weitere Metadaten über das Wireless-System zu übertragen. »Viele Systeme sind dazu in der Lage«, sagt Kitty Scharinger zu diesem Aspekt, »aber eben nicht alle.« Wenn nicht nur AV-Daten übertragen werden sollen, muss man ein hierfür passendes System auswählen. Manche Wireless-Systeme bieten Funktionalität, die über die AV-Übertragung hinausgeht: So kann teilweise über das Wireless-Video-System auch die Kamera oder der Gimbal gesteuert werden.

Sonderfunktionen: Multicast

Ein anderer Aspekt der Nutzung von Wireless-Systemen: Oft entstehen im laufenden Betrieb am Set Begehrlichkeiten oder Anforderungen, die man vorher unterschätzt hat. Da stellt sich dann heraus, dass es doch ganz günstig wäre, wenn das kabellos übertragene Bild nicht nur auf einem Monitor an einer Position zu sehen wäre, sondern auch noch an ganz anderer Stelle. Das geht, man kann das Kamera-/Tonsignal einer Kamera an mehrere Empfänger senden, aber dafür benötigt man eben ein Wireless-System, das multicast-fähig ist, also mehrere Empfänger mit Signalen versorgen kann. Seite 34 | www.film-tv-video.de

Praxis: Gewicht vs. Robustheit

Das Gewicht des Wireless-Systems spielt dann eine wichtige Rolle, wenn das System im Zusammenspiel mit Drohnen eingesetzt wird. Connex ist beispielsweise ein Hersteller, der sich auf extrem kompakte und leichte Wireless-Systeme spezialisiert hat, die sich deswegen besonders gut für Drohnen eignen, auch weil man darüber zusätzlich noch Steuersignale für Gimbal-Systeme übertragen kann. Allerdings überträgt das Connex-System keine Audiosignale. Andere Systeme sind hingegen größer, dafür aber auch deutlich robuster und vielseitiger.

Praxis: Stromversorgung

Ebenfalls wichtig: Wie hält es der Hersteller mit der Stromversorgung: Lässt sich das System nur mit Akkus betreiben? Wenn ja, mit welchen? Sind Lemo-Eingänge für eine externe Stromversorgung vorgesehen? Und wie hoch ist der Stromverbrauch? Mehr Flexibilität etwa, was die Bandbreite der Eingangsspannung betrifft, ist bei einem Wireless-System, das möglicherweise in ganz unterschiedlichen Konfigurationen genutzt wird, sicher kein Fehler.

Praxis: User-Interface

Am Set muss es oft schnell gehen – dort ist keine Zeit, um müh­selig Sender und Empfänger eines Systems aufeinander abzustimmen oder umfangreiche Grundeinstellungen vorzunehmen. Ein übersichtliches User-Interface, mit dem man etwa das »Pairing« von Sende- und Empfangseinheiten schnell, einfach und übersichtlich umsetzen kann, ist daher ein eindeutiges Plus für ein Wireless-System. Connex/Amimon etwa bietet hierfür ein grafisches User-Interface (GUI), Teradek die Software BoltManager und Paralinx die Software ParalinxManager, über die sich die Geräte komfortabel einstellen lassen und bei denen per USB auch die Firmware-Updates eingespielt werden können – was andere Systeme auch nicht unbedingt unterstützen.

Praxis: Häufige Probleme

Ein lästiges Praxisproblem, das immer wieder auftauche, sei die

Gefahr des Verpolens. »Kabel werden in der Praxis auch mal falsch eingesteckt, wenn das möglich ist«, führt Martin Kreitl aus. Er empfiehlt, hochwertige, robuste, exakt gearbeitete Kabel zu nutzen, die diesen Fehler verhindern. »Ein Kabel mit dem es rein mechanisch gar nicht möglich ist, es falsch einzustecken, ist eine sehr sinnvolle Investition«, fasst Kreitl seine Praxiserfahrung zusammen. Vielen preisgünstigen Wireless-Systemen lägen hingegen billige, minderwertige Kabel bei, weiß der Profi. Mehr Informationen und eine Übersichtstabelle finden Sie im Web

Impressum Sonderpublikation der Online-Plattform film-tv-video.de © Nonkonform GmbH Konradinstr. 3, 81543 München Gerichtsstand: München Stand: August 2016

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Christine Gebhard, Gerd Voigt-Müller Autoren: C. Gebhard, G. Voigt-Müller Fotohinweise: Bayerischer Rundfunk, Eliot Blondet, Jörg Brüggemann, Egripment, Fast LTA, Kerstin Gindhart, Peter Kneffel, Tomy Kögl, megaherz gmbh, Nonkonform, Ostkreuz Berlin, Plus4Media, Herby Sachs, Dieter Thiessen, Anne Schönharting, Gregor Schmidt, WDR, ZDF, zero one 24 film GmbH Titelfotos: Tomy Kögl, Thorsten Hill, Nonkonform, BR/Ostkreuz Berlin/Anne Schönharting Grafik: Anke Raum Anzeigen: Telefon +49-89-238887-15 Jegliche Verwendung von Bildern oder Texten, an denen film-tv-video.de/Nonkonform GmbH ein Copyright besitzt, die also von film-tv-video.de/ Nonkonform GmbH erstellt oder bearbeitet wurden, bedarf einer schriftlichen Genehmigung durch die Nonkonform GmbH. Keine Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit, keine Haftung für Fehler und Irrtum. Es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Nonkonform GmbH. Die Wiedergabe von Warenzeichen, Firmen- und Handelsnamen erfolgt generell ohne Angabe von Copyright- und Trademark-Hinweisen, auch wenn es sich dabei in vielen Fällen um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, Wort- und/oder Bildmarken handelt. Die Bezeichnungen und Logos werden ausschließlich redaktionell verwendet, zum Nutzen der jeweiligen Eigentümer und nicht in der Absicht, sie zu missbrauchen.

Pure Creativity.

SkyPanel now speaks gel. Already able to create a vast number of colors, the SkyPanel can now, from SkyPanel Firmware 2.0, emulate over 270 well-known lighting gels. The SkyPanel’s calibrated light engine reproduces color filters precisely and enables users to select industry-standard gels in seconds via the on-board controls or through a new DMX protocol. This familiar way of selecting colors makes SkyPanel more versatile than ever before.

SOFT LIGHTING | REDEFINED

Download SkyPanel Firmware: www.arri.com/lightingsoftware

Visit us at IBC: Hall 12.F21 or cinec: Hall 3-C01