Offener Brief von Hein an Hahn

27.05.2013 - ... in Gera z. B. am Haushalt vorbei Konten oder Firmen geführt. ... Der Fachdienst Finanzsteuerung verbleibt danach in meinem. Dezernat.
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Stadt Gera Frau Oberbürgermeisterin Dr. Viola Hahn Kornmarkt 12 07545 Gera

27. Mai 2013

Offener Brief zu Ihrer Rede im Stadtrat der Stadt Gera am 16.05.2013

Sehr geehrte Frau Dr. Hahn, Ihre Ausführungen in der Sitzung des Stadtrates vom 16.05.2013 veranlassen mich zu einer Stellungnahme. Sie haben nicht nur mich mit wahrheitswidrigen und ehrverletzenden Äußerungen öffentlich diskreditiert. Dazu erwarte ich eine öffentliche Entschuldigung. Sie haben in der Sitzung u.a. ausgeführt, das Jahresergebnis 2011 sei „schöngerechnet.“ Damit erheben Sie den Vorwurf, das Zahlenwerk sei von mir oder auf meine Veranlassung hin manipuliert worden. Für diese wahrheitswidrige Behauptung liefern Sie keinen Beweis. Richtig ist, dass das Jahr 2011 ein fiskalisch erfolgreiches war. Das hat seine Ursache unter anderem in zahlreichen durchaus unpopulären Beschlüssen, die der Stadtrat im Zusammenhang mit dem Haushaltsbeschluss getroffen hat. Der von Ihnen angeführte Sondereffekt der Gewährung von Sonderbedarfszuweisungen im Gesamtvolumen von 4,5 Mio. Euro, die Ihr Amtsvorgänger mit dem Freistaat Thüringen vereinbaren konnte, waren im Haushaltsplan bereits enthalten und erklären die Überschüsse keinesfalls. Richtig ist auch, dass uns im Jahr 2011 ein Steuerfall Millionenzuflüsse beschert hat, die auch kassenwirksam wurden. Ich denke, dass ich Sie nicht darüber belehren muss, dass Gewerbesteuereinnahmen auf der Basis entsprechender Zerlegungs- und Gewerbesteuermessbescheide erfolgen, also insofern von der Stadt Gera auch nicht zu beeinflussen sind. Einen Nachweis für das „Schönrechnen“ bleiben Sie schuldig. Nur der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass auch die Behauptung, das Ergebnis 2011 habe „nur auf dem Papier“ bestanden, wahrheitswidrig ist. Tatsächlich haben sich die positiven Effekte auch im Kassenbestand entsprechend niedergeschlagen. Zu keiner Zeit wurde behauptet, dass der Stadt Gera nunmehr fiskalisch rosige Zeiten bevorstehen. Ich habe im Gegenteil immer deutlich gemacht, dass die weiteren Landeskürzungen für das Jahr 2012 für die Stadt Gera nicht verkraftbar seien. Ebenfalls wahrheitswidrig führen Sie aus, dass in Gera „Schattenhaushalte“ gebildet worden seien, wobei ich Ihnen unterstellen muss, dass Ihnen die Definitionen der Begriffe „Schattenhaushalt“, „Schattenfirmen“ und „Schattenkabinette“ geläufig sein müssten. Zu keinem Zeitpunkt wurden in Gera z. B. am Haushalt vorbei Konten oder Firmen geführt.

Sie haben dem Stadtrat erklärt, dass Sie mit sofortiger Wirkung den „Geschäftsbereich Finanzmanagement“ übernähmen. Tatsächlich gab es zu diesem Zeitpunkt diesen Geschäftsbereich gar nicht. Erst am nächsten Tag haben Sie verfügt, eine „Stabsstelle Finanzmanagement“ zu bilden. Der Fachdienst Finanzsteuerung verbleibt danach in meinem Dezernat. Ob das der richtige Umgang mit dem Stadtrat ist, wage ich zu bezweifeln. Sie bemängeln des Weiteren öffentlich, dass Sie über die tatsächliche Haushaltssituation bzw. Liquiditätslage nicht informiert worden seien. Dazu erlaube ich mir den Hinweis, dass Sie monatlich Berichte von mir erhalten. Deutlicher als mit unserem System der drei Ampelfarben und der Kennzeichnung „schlechter Zahlen“ mit einer roten Ampel kann man nicht machen, dass wir keine entspannte Situation haben. Dies setzt aber voraus, dass vorgelegte Berichte auch gelesen und verstanden werden. Was mich ernsthaft beunruhigt ist, wie leichtfertig Sie sich öffentlich über die Liquiditätslage der Stadt sowie kommunale Unternehmen äußern. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die bis zum Jahresende für die Beteiligungsverwaltung zuständige Fachdienstleiterin Sie erkennbar nicht über die Unternehmen unterrichtet hat. Ursache war wohl, dass sie selbst unfähig war, die tatsächliche Lage zu beurteilen und einzuordnen. Mit Ihrer öffentlichen Äußerung haben Sie einer dramatischen Verschärfung Vorschub geleistet. Ich habe kein Vertrauen mehr, dass Sie wirklich und ernsthaft eine Insolvenz der Stadtwerke Gera AG und oder einer ihrer Tochtergesellschaften vermeiden wollen. Ihre Wahrnehmung vom Geraer Verkehrsbetrieb blendet aus, dass mit einem Geschäftsführer Dr. Norbert Vornehm die einstmals dramatischen Verluste unmittelbar zu Lasten des kommunalen Haushaltes massiv gesenkt worden sind. Mit einem inzwischen relativ stabilen Verlust von ca. 4 Mio. Euro gilt der Betrieb hinsichtlich seiner Produktivität durchaus als Branchenbenchmark. Dies gehört zur vollständigen Wahrheit dazu. Und das sage ich, der nun nicht gerade als enger Freund der Straßenbahn gilt. Mit Ihrer Äußerung haben Sie nach meiner Einschätzung eine befriedigende Lösung für die anstehenden Probleme deutlich erschwert. Die Folgen eines Scheiterns habe ich Ihnen persönlich schon mehrfach erläutert. Und ich habe dabei auch gesagt, dass eine Insolvenz niemand politisch in seinem Amt überlebt. Dies auch und vor allem deshalb, weil es ja Lösungsansätze gibt. Da Sie am Donnerstag wenige Stunden vor der Stadtratssitzung sich nicht bemüßigt gefühlt haben, mich persönlich über Ihre Absichten zu unterrichten, muss ich leider diesen Weg der Kommunikation wählen. Ich stelle diesen Brief auch den Stadtratsfraktionen und der Öffentlichkeit zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Norbert Hein Bürgermeister