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06.11.2016 - Fachoffizier in der Bundeswehr - Laufbahn als Karriere-Sackgasse? .... ner engsten Berater, gegeben wurde, war von Anfang an, dass der ...
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NDR Info

Das Forum

05.11.2016 /19.20-19.50 Uhr

STREITKRÄFTE UND STRATEGIEN

06.11.2016 /12.30-13.00 Uhr

Andreas Flocken

E-Mail: [email protected] www.ndr.de/streitkraefte

Inhalt:   

Fachoffiziere der Bundeswehr – Laufbahn als Sackgasse? Hilflose Supermacht? Außen- und sicherheitspolitische Bilanz von US-Präsident Obama. Interview mit Professor Hans Joachim Giessmann, Berghof Foundation Immer wichtiger, trotzdem vernachlässigt? Internationale Polizeimissionen im Schatten von Militäreinsätzen

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Willkommen zu einer neuen Ausgabe der Sendereihe Streitkräfte und Strategien, am Mikrofon begrüßt Sie Andreas Flocken. Ein Blick auf unsere Themen:

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Fachoffizier in der Bundeswehr - Laufbahn als Karriere-Sackgasse?

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Hilflose Supermacht? Die außen- und sicherheitspolitische Bilanz von US-Präsident Obama, hierzu ein Interview. Und:

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Immer wichtiger, trotzdem vernachlässigt? Internationale Polizeimissionen im Schatten von Militäreinsätzen

Die Bundeswehr will attraktiv sein, sucht händeringend geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Nicht ohne Grund haben die Streitkräfte jetzt im Internet, genauer bei Youtube, die Reihe „Die Rekruten“ gestartet. Karriere machen bei der Bundeswehr – kein Problem, so stellen sich die Streitkräfte gerne nach außen dar. Aber stimmt das auch? Die Bundeswehr hat rund 35.000 Offiziere, also Führungskräfte. Knapp ein Drittel davon sind sogenannte Fachoffiziere. Ohne sie geht nicht viel in der Truppe. Trotzdem sind die Aufstiegschancen der Fachoffiziere sehr begrenzt. Und das sorgt bei manchem Betroffenen für Unmut. Julia Weigelt zum Problem:

Manuskript Julia Weigelt „Sie werden wie Offiziere aussehen, aber nicht zu ihnen gehören", wird ein Kapitänleutnant 1969 im Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL zitiert. Seit fast einem halben Jahrhundert können sich begabte Unteroffiziere der Bundeswehr zum Fachoffizier hocharbeiten. 1969 machte dies die geänderte Soldatenlaufbahnverordnung möglich und erzeugte damit einen Aufschrei unter statusbewussten Truppenoffizieren. Im SPIEGEL bezweifelten sie damals die „Kasinofähigkeit" der Aufsteiger. Die Angst ging um vor einer „Proletarisierung des Offizierskorps“. Ein Oberleutnant sagt den Journalisten 1969 – Zitat -: „Ich kann mir nicht vorstellen, der Frau eines emporgekommenen Unteroffiziers oder Feldwebels die Hand zu küssen. Die hat doch gar nicht das Format."

Doch solche Einstellungen konnten die Einführung von Fachoffizieren in der Bundeswehr nicht verhindern. Offiziell heißen sie „Offiziere für den militärfachlichen Dienst“. In der Bundeswehr werden sie als Spezialisten eingesetzt: etwa bei der Rüstungs-, Logistik- und Personalplanung, der Materialerprobung oder bei der Flugsicherung. Ob als Informatiker, Fahrschulleiter oder im Flugplatzkontrolldienst – auf die erfahrenen Experten kann die Bundeswehr schon lange nicht mehr verzichten.

Doch wer glaubt, der Standesdünkel von damals sei inzwischen lange passé, der irrt sich leider. Denn solche Ansichten sind auch in der Bundeswehr des 21. Jahrhunderts noch verbreitet, berichtet Hauptmann Ralf Fischer. Seinen richtigen Namen will er nicht im Radio hören, weil er Nachteile und den Zorn seiner Vorgesetzten fürchtet. Der heutige Fachdienstoffizier fing 1988 als Mannschaftssoldat bei der Bundeswehr an, schlug später die Feldwebellaufbahn ein und wurde im Jahr 2000 Fachoffizier im Sanitätsdienst. Doch für manche Truppenoffiziere bleibt Fischer ein Offizier zweiter Klasse, wie er berichtet. Seine Aussagen haben wir nachgesprochen:

O-Ton Ralf Fischer (nachgesprochen) „Auf einem Lehrgang haben sie mal zu mir gesagt, ich sei ein ,Treppenstufenoffizier´. Das bedeutet, sie haben mich aus dem Unteroffizierheim praktisch rausgeschmissen und lassen mich ins Offizierkasino nicht rein. Ich muss also auf der Treppe stehenbleiben.“ 2

Fischer will diese unkameradschaftlichen Standesdünkel öffentlich machen. Er sitzt dabei zwischen allen Stühlen. Denn auch die Unteroffiziere und Feldwebel reagieren nicht immer freudig auf Fischers Beförderung in den Offiziersstand:

O-Ton Ralf Fischer (nachgesprochen) „Manche Feldwebel sind der Meinung, Fachoffiziere seien Laufbahnverräter, die sich für Geld das Rückgrat haben rausnehmen lassen.“ Mangelnder Respekt von oben, Häme von unten – ein solches Arbeitsklima macht den 49-Jährigen traurig und wütend. Im Laufe seiner Karriere hat der engagierte Berufssoldat mehrere Abschlüsse gemacht, sein Wissen stetig erweitert. Und doch fühlt er sich bei der Dienstpostenvergabe ausgebremst. Die Stimmungslage in der Bundeswehr mit Blick auf Fachoffiziere fasst er so zusammen:

O-Ton Ralf Fischer (nachgesprochen) „Man nimmt es hin, dass es dich gibt, ist aber wenig erfreut.“ Wenig erfreut – und wenig motiviert, die „Emporkömmlinge“ ganz nach oben zu lassen. Diesen Anschein erweckt zumindest ein Blick in die Soldatenlaufbahnverordnung. Denn weiter als bis zum Stabshauptmann, bzw. Stabskapitänleutnant bei der Marine, dürfen Fachoffiziere nicht befördert werden. Egal, wie intensiv sie sich weiterbilden. Für Ralf Fischer ist das ein Skandal:

O-Ton Ralf Fischer (nachgesprochen) „Im Kampf um die besten Köpfe, wie es ja in letzter Zeit immer so schön heißt, kann sich die Bundeswehr so etwas einfach nicht mehr leisten. Damit zieht die Personalführung Glasdecken ein für Soldaten, die sich weiterqualifizieren.“ Während im Zivilleben ein Zusatzabschluss - etwa an einer Fernuni - neue berufliche Perspektiven öffne, sei der Fachoffizier gefangen in einem starren System. Fischer kennt zum Beispiel einen promovierten Oberfeldwebel, der über seinen aktuellen Dienstgrad nie hinauskommen wird. Der 49-Jährige fordert deswegen eine Reform des Laufbahnrechts: Truppendienst- wie Fachoffiziere sollen demnach dieselben Aufstiegschancen haben. Wer gut ist, soll auch weiterkommen dürfen.

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Diese Auffassung teilt auch Stabshauptmann a.D. Hartmut Schönmeyer. Der pensionierte Fachoffizier ist beim Deutschen Bundeswehrverband, der Interessenvertretung der Soldaten, für Besoldung und Laufbahnrecht zuständig.

Schönmeyer fordert, diese künstliche Zweigleisigkeit aufzuheben und stattdessen nur noch eine Offizierslaufbahn anzubieten, in die Unteroffiziere dann aufsteigen können.

O-Ton Hartmut Schönmeyer „Und aus dieser Laufbahn der Offiziere könnte dann mit einem Auswahlverfahren nochmal abgeleitet werden in die höherwertige Laufbahn der Stabsoffiziere.“ Stabsoffiziere – das sind die Dienstgrade vom Major bis zum Oberst. Keine Unterscheidung, sondern Gleichberechtigung. Das sei auch gesetzlich verankert, bekräftigt Schönmeyer:

O-Ton Hartmut Schönmeyer „Wir haben ja nach dem Grundgesetz den Zugang zu jedem öffentlichen Amt, und das Ganze wird schlicht und ergreifend begleitet durch Eignung, Leistung und Befähigung, die man nachzuweisen hat. Und die Eignung kann man feststellen, die Befähigung kann man erlangen, und die Leistung muss man einfach erbringen.“

Trotz aller Eignung: Für Fachoffiziere ist beim Dienstgrad Stabshauptmann Beförderungsende. Hartmut Schönmeyer vom Bundeswehrverband sieht diese Regelung kritisch.

O-Ton Hartmut Schönmeyer „Das ist meines Erachtens nicht sinnvoll. Wenn ich mir heute nebeneinander einen Meister vorstelle, einen staatlich geprüften Techniker und ich nehme einen Bachelor-Abschluss, dann habe ich auf der Ausbildungshöhe nicht mehr viel Unterschied. Und darüber hinaus muss es ja auch aufgrund von Erfahrungen, die man sammelt, die Möglichkeit geben, sogenannte Credit Points zu bekommen, wie wir sie nach den europäischen Bildungsmodellen kennen. Und vor diesem Hintergrund kann man natürlich über die Zeit Befähigungen erlangen, die einen berechtigen, in höherwertige Funktionen hineinzukommen. Und da ist sicherlich die Zeit gekommen, dass das auch mal von der Bundeswehr tiefer beleuchtet wird.“

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Berücksichtige man den demografischen Wandel, könne die Bundeswehr es sich nicht mehr leisten, qualifiziertes Personal unzureichend zu fördern. Das gelte auch für Soldaten, die erst nach mehreren Jahren Dienstzeit einen beruflichen Ehrgeiz entwickeln, sagt Schönmeyer.

O-Ton Hartmut Schönmeyer „Und deswegen muss man Verfahren entwickeln, um diese Spätentwickler, Weiterentwickler als Schatz heben zu können. Und deswegen müssen wir in der Personalgewinnung und Personalbindung viel flexibler sein. Und das bedeutet auch, dass wir die Laufbahnen durchlässiger machen müssen.“ Das hat das Verteidigungsministerium allerdings nicht vor. Die Beförderungsgrenze für Fachoffiziere bleibe bestehen, teilte ein Sprecher auf Anfrage von NDR Info mit. Wettbewerbsnachteile im Kampf um Fachkräfte entstünden dadurch nicht. Die Begründung – Zitat - :

Zitat „Es handelt sich um sogenannte Aufstiegslaufbahnen. Durch die Zulassung und Verwendung als Fachoffizier in der Bundeswehr ergibt sich somit keine Konkurrenz zu einer vergleichbaren Tätigkeit in der zivilen Wirtschaft. Damit hat die Laufbahn der Fachoffiziere und die limitierte Beförderungsmöglichkeit hinsichtlich der Konkurrenzsituation mit der Wirtschaft eine nur sehr geringe Relevanz.“ Dass sich stets viel mehr Unteroffiziere für einen Laufbahnwechsel bewerben, als es dafür Stellen gebe, zeige, wie attraktiv die Fachoffizierslaufbahn sei. So gebe es aktuell 10.200 Fachoffiziere und Fachoffiziersanwärter. 2015 haben 3.741 Unteroffiziere einen Antrag auf Laufbahnwechsel gestellt oder wurden durch ihre Vorgesetzten dafür vorgeschlagen.

Eine Reform der Soldatenlaufbahnverordnung ist also nicht in Sicht. Hauptmann Ralf Fischer hat die Hoffnung auf berufliche Weiterentwicklung indessen aufgegeben. Ein Personalgespräch hat der engagierte Fachoffizier seit fünf Jahren nicht geführt – es hat für ihn keinen Sinn, sagt er. Die Personalführer können ihm einfach keine attraktiven Dienstposten anbieten.

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O-Ton Ralf Fischer (nachgesprochen) „Ein solches Gespräch läuft dann wie folgt ab: Wir sagen uns gegenseitig unsere Vorstellungen, dann lachen wir ein bisschen zusammen, und das war´s dann. Darauf kann ich verzichten. Da nutze ich meine Zeit lieber für was Sinnvolles.“ ***

Flocken Ein Bericht von Julia Weigelt über die sogenannten Fachoffiziere der Bundeswehr.

In der kommenden Woche blickt die Welt auf die USA. Donald Trump oder Hillary Clinton. Die US-Bürger wählen einen neuen Präsidenten. Wer auch immer Barack Obama folgen wird - das neue Staatsoberhaupt wird die Welt und die internationalen Beziehungen entscheidend prägen. Die Präsidentenwahl ist für uns Anlass, auf die Amtszeit von Obama zurückzublicken. Über seine Außen- und Sicherheitspolitik habe ich mit Hans Joachim Giessmann gesprochen. Er ist Konfliktforscher an der Berghof Foundation in Berlin. Ich habe Hans Joachim Giessmann zunächst gefragt, ob Obama die bei seinem Amtsantritt hochgesteckten Erwartungen letztlich erfüllen konnte:

Andreas Flocken / Professor Hans Joachim Giessmann

Giessmann: Obama hat zu den Erwartungen ja selbst beigetragen, in dem er zu Beginn seiner Amtszeit große visionäre Reden gehalten hat über eine atomwaffenfreie Welt, über den Rückzug der amerikanischen Soldaten aus den beiden großen Kriegen in Afghanistan und dem Irak, über die nukleare Abrüstung. All dies hat große Erwartungen geweckt und schon frühzeitig 2009 zur Ehrung mit dem Friedensnobelpreis geführt. Daran gemessen hat er die Erwartungen sicherlich nicht erfüllen können. Vielleicht waren sie auch zu hoch. Aber in anderen Bereichen gibt es durchaus auch positives in der Bilanz zu vermerken, so dass wahrscheinlich rückblickend Obama nicht als der schlechteste Präsident in die Geschichte der USA eingehen wird.

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Flocken: Obamas Vorgänger George W. Bush hat die UNO und andere internationale Organisationen weitgehend ignoriert und das Völkerrecht geschwächt. Stichwort ist der Irak-Krieg, der ohne UN-Mandat geführt worden ist. Hat nun aber Obama in seiner Amtszeit die Vereinten Nationen und auch das Völkerrecht gestärkt? Die Ausweitung des geheimen Drohnenkrieges unter Obama spricht ja eher dagegen.

Giessmann: Auch hier ist die Bilanz eher gemischt. Wenn man an den Drohnenkrieg speziell denkt, den Sie angesprochen haben, dann muss man natürlich klar sagen, dass hier das Völkerrecht bewusst in eine Grauzone geführt worden ist. Die Begründung, die seitens der Obama-Administration, auch seiner engsten Berater, gegeben wurde, war von Anfang an, dass der Einsatz von Drohnen strategisch und moralisch weniger problematisch sei, als sozusagen Bodentruppen in die verschiedenen Länder zu schicken. Wir dürfen nicht vergessen, wie viele tote Soldaten auch als Ergebnis der Irak- und der Afghanistan-Intervention zu beklagen waren. Strategisch und politisch war das also durchaus eine rationale Entscheidung, aber in der rechtlichen Konsequenz hochproblematisch. Wenn wir beispielsweise die Angriffe vergleichen, die die Bush-Administration während ihrer gesamten Amtszeit mit Drohnen geflogen ist, dann waren es kaum 50. Unter Obama wurden zumindest knapp 500 zugegeben. Die Zahl ist wahrscheinlich sehr viel höher, weil die Drohnenangriffe in verschiedenen Ländern wie Syrien und Irak gar nicht in der Statistik auftauchen. Also hier hat sich das Kriegsbild ganz bewusst aus politischen und strategischen Gründen verändert. Und in der Konsequenz ist auch die Charta der Vereinten Nationen in gewisser Weise infrage gestellt oder zumindest das Völkerrecht extrem in Mitleidenschaft gezogen worden.

Flocken: Afghanistan war ja für Obama ein gerechtfertigter Krieg, anders als der Irak-Krieg. Wenn man aber jetzt auf den Hindukusch blickt, auf die Situation heute, dann muss man doch letztlich sagen, dass die USA auch in Afghanistan gescheitert sind.

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Giessmann: Ja, der Krieg in Afghanistan war eigentlich von Anfang an nicht zu gewinnen, weil es hier ganz klar um einen gescheiterten Staat ging, bei dem ein Gesamtkonzept nur dazu beitragen konnte, einen legitimen Staat für die afghanische Bevölkerung zu errichten. Hier sind die Fehler nicht primär durch die Obama-Administration gemacht worden, sondern sie liegen sehr viel länger zurück, indem also versucht wurde, diesem Land unter der Bush-Administration ein Staatskonzept überzustülpen, das die Menschen weder verstanden noch als das ihrige anerkannt haben. Obama hatte versucht, den politischen und wirtschaftlichen Einfluss während seiner Amtszeit zu verstärken und den militärischen Druck herunterzufahren. Es gab zu Spitzenzeiten 100.000 amerikanische Soldaten in Afghanistan. Jetzt sind es aktuell noch knapp weniger als 10.000. Es sollten im kommenden Jahr 5.500 werden, nun werden es wahrscheinlich mehr sein. Das ist eine Anerkennung der Tatsache, dass ohne eine Unterstützung der Sicherheitskräfte im Land zumindestens der Zustand der Stabilität nicht aufrecht erhalten werden kann. An Zuversicht, dass das Land in kurzer Zeit den Weg zu einem stabilen Frieden gehen könnte, daran mangelt es, glaube ich, inzwischen auch der gesamten Administration.

Flocken: Obama hat sich ja bei Amtsantritt die Aufgabe gestellt, die Kriege, in denen die USA verwickelt waren, die sie geführt haben, zu beenden. Vor allem der Irak-Krieg war für Obama ein schwerer Fehler. Obama hat in seiner Amtszeit dann den Abzug der USA aus dem Irak besiegelt. Im Nachhinein gibt es aber viele Experten, die sagen, dass dieser Abzug zu schnell gekommen ist. Erfolgte der Abzug aus dem Irak unter Obama viel zu überstürzt?

Giessmann: Obama ist seinerzeit angetreten, um diese Politik der sogenannten imperialen Überdehnung, die Bush betrieben hat, radikal zu beenden und neue Vorrausetzungen für eine tatsächlich multilaterale Sicherheitspolitik auf globaler Ebene zu schaffen. Dass ihm das auf diese Art und Weise nicht gelungen ist, hängt möglicherweise auch mit der Fehleinschätzung der Folgen des schnellen Abzugs zusammen.

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Flocken: Viel Kritik musste Obama ja auch bis heute für seine Nahost-Politik einstecken. Der Vorwurf lautet, die USA würden sich dort nicht mehr engagieren. Dadurch sei das Chaos in der Region erst begünstigt worden. Insbesondere die US-Politik gegenüber dem syrischen Machthaber Assad sei gescheitert. War es denn ein Fehler von Obama sich insbesondere in Syrien zurückzuhalten und damit praktisch zuzuschauen, dass in Syrien tausende von Menschen getötet werden?

Giessmann: Ich bin nicht sicher, ob es so ist, dass man im Nachgang hätte voraussagen können, ob Obama mit seiner Haltung in der Syrienpolitik einen Fehler begeht oder nicht. Er hat eigentlich von Anfang an damit gerechnet, dass Assad das gleiche Schicksal beschieden werden würde, wie das Mubarak in Ägypten wiederfahren ist, d. h., dass die politische Opposition Assad über die Zeit zum Rücktritt zwingen würde. Und das erschien ihm die sehr viel weniger risikoreiche Option.

Flocken: Und damit hat er sich ja offensichtlich geirrt.

Giessmann: Ja, damit hat er sich geirrt. Aber niemand kann mit Sicherheit heute voraussagen, ob es nach der Erfahrung des Irak-Krieges und des Afghanistan-Krieges und auch der Libyen-Intervention, einer militärischen Intervention, welcher Art auch immer, nicht zu einem ähnlichen Chaos gekommen wäre. Und es zieht sich auch wie ein roter Faden durch die Amtszeit von Obama, dass Obama auf jeden Fall solche risikoreichen Erfolge, in der Abschätzung schwierig zu beurteilenden Einsätze, vermeiden wollte. Er hatte im Falle Syriens dann 2012 ein ungewöhnliches politisches Zeichen gesetzt, als er eine sogenannte rote Linie für den Einsatz von Chemiewaffen gezogen hatte, und diese rote Linie auch für eine Intervention erklärt hat. Nun ist genau das mit Assads Sarin-Angriff auf Teile der Bevölkerung in Damaskus geschehen und Obama hat darauf eben nicht reagiert. Man muss dazu sagen, dass es in dieser Sache eine heftige Auseinandersetzung innerhalb der Regierung gegeben hat. Hillary Clinton beispielsweise war sehr stark dafür, militärisch einzugreifen, aber es war eben auch klar, dass die Verbündeten einer solchen Operation nicht zwanglos folgen würden. Angela Merkel hatte beispielsweise auch klar9

gestellt, dass sich Deutschland nicht beteiligen würde. Cameron, der bereit war, hat dies im britischen Parlament zur Abstimmung gestellt und hat dort überraschend eine Niederlage erlitten. Und die Sorge war sehr groß – und das ist vielleicht der entscheidende Punkt - dass Assad die C-Waffen, die in seinem Arsenal eingelagert waren, nicht nur gegen die eigene Bevölkerung, sondern vielleicht auch gegen die angreifenden ausländischen Truppen einsetzen würde. Im Ergebnis kann man sagen, dass der Weg, den Obama dann eingeschlagen hat, nämlich gemeinsam mit Russland und übrigens auch mit Deutschland und mit den Vereinten Nationen, die Chemiewaffen zerstören zu lassen – dieser Weg war in Bezug auf diese Gefahr sicherlich einer der am wenigsten in der Öffentlichkeit geschätzten Erfolge der Obama-Regierung im Umgang mit dem syrischen Regime.

Flocken: Der Eindruck bleibt aber, dass Obama bis heute für Syrien kein Konzept hat. Der Bürgerkrieg dauert schon über fünf Jahre. Beruht das insgesamt nicht zuletzt auf einer kompletten Fehleinschätzung des ganzen Konfliktes durch die Obama-Administration?

Giessmann: Der Konflikt ist in der Tat nicht in seinen Konsequenzen eingeschätzt worden, dass die Opposition sich so zerstückeln würde. Vor allem auch, dass sich der Islamische Staat so schnell auf Syrien ausbreiten würde und dass vor allem auch der kurdisch-türkische Konflikt in den syrischen Raum hineinspielen würde. Das heißt, die Gemengelage, die sich in den letzten Jahren herausgebildet hat, hat eigentlich jedes geradlinige politische Konzept, jedes strategische Konzept überfordert. In der Summe bleibt, dass die einzig übrig gebliebene Strategie jene ist, auf der einen Seite den Islamischen Staat aus der Luft zu bekämpfen und auf der anderen Seite sozusagen ein geopolitisches Patt mit Russland zu erreichen, um den Nahen Osten insgesamt, nicht im Chaos versinken zu lassen. Wer dieses Konzept trägt, ist sicherlich nicht vorausbestimmbar. Vielleicht wird es eine zukünftige Administration unter Hillary Clinton sein, die sehr viel stärker auch bereit wäre, militärischen Druck anzuwenden. Ob dies dann zu besseren Resultaten führt, kann angesichts der gegenwärtigen Situation allerdings bezweifelt werden.

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Flocken: Für manche Kritiker haben die USA unter Obama weltweit an Einfluss verloren. Als Begründung wird oft das Agieren Russlands, beispielsweise in Syrien angeführt, aber auch das Vorgehen Chinas im südchinesischen Meer und der Streit um die Inseln in der Region. Hat die Außen- und Sicherheitspolitik unter Obama letztlich zu einem Vakuum geführt, das jetzt von Moskau und auch von Peking weitgehend ausgefüllt wird, wenn man das mal geopolitisch sieht?

Giessmann: Ich würde nicht von einem Vakuum sprechen. Vielmehr hat sich die Tendenz zu einer multipolaren Welt verstärkt, was im Übrigen angesichts der Globalisierung nicht Wunder nimmt. Obama hat frühzeitig erklärt, dass die USA nicht Weltpolizist sein können und nicht alle politischen Prozesse dominieren können. Ich glaube, das war eine sehr nüchterne, realistische und auch zutreffende Einschätzung. Aber im Ergebnis muss man dann natürlich schon sagen, dass Russland, aber auch China mit eigenen geopolitischen Interessen versuchen, ihren eigenen Einfluss in der Welt zu erweitern. Das wird dazu führen, dass auch die Konkurrenz zwischen den großen Mächten zunimmt und damit möglicherweise auch die Chancen einer globalen multilateralen Zusammenarbeit weiter abnehmen werden. Im Ergebnis dessen wird niemand etwas gewinnen. Insofern muss man auch darauf setzen, dass es sowohl in China als auch in Russland Akteure gibt, die den Schaden einer solchen geopolitischen Orientierung erkennen. Und ich hoffe, dass das auch in den USA der Fall sein wird, sodass früher oder später eine Umkehr zum Multilateralismus möglich wird.

Flocken: Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind so schlecht wie selten zuvor, nicht zuletzt wegen der Ukraine-Krise und wegen des SyrienKrieges. 2009 war man noch zuversichtlich in Washington. Damals war von einem Neustart der Beziehungen zwischen Moskau und Washington die Rede. Hat Obama vor dem Hintergrund der verschlechterten Beziehungen nicht auch Fehler im Umgang mit Russland gemacht?

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Giessmann: Russland als Regionalmacht zu bezeichnen war sicherlich ein großer politischer Fehler. Wer Russland genauer kennt, weiß, dass die Herabsetzung oder die Geringschätzung der russischen weltpolitischen Bedeutung sich in Russland selbst politisch immer ausschlachten lässt und auch nachhaltige Wirkung hinterlässt. Die Rückbesinnung auf die Konzepte des Kalten Krieges, insbesondere auf die Abschreckung und die damit verbundenen Maßnahmen, auch der Grenzsicherung für die Verbündeten, sprechen dafür, dass die Beziehungen zwischen Russland und den USA – übrigens auch zwischen Russland und Westeuropa und der NATO - auf lange Sicht in ein sehr schwieriges Fahrwasser geraten sind.

Flocken: In der Amtszeit von Obama hat es den neuen Start-Vertrag gegeben, der die strategischen Atomwaffen zwischen Russland und den USA reduziert. Aber ansonsten sind die Atomarsenale eher modernisiert worden. Als Abrüstungspräsident wird Obama daher wohl kaum in die Geschichte eingehen.

Giessmann: Na gut, aber der Iran-Deal bleibt natürlich auf der Haben-Seite stehen. Das darf man dabei auch nicht vergessen. Was die Abrüstung betrifft: zunächst sah es so aus, als würde es deutliche weitere Fortschritte mit dem New-Start-Abkommen geben – nachdem die Atomsprengköpfe, die strategischen Sprengköpfe Russlands und der USA auf jeweils 1.500 reduziert wurden. Das Ziel war damals, in der zweiten Amtszeit eine weitere Reduzierung auf etwa 1.000 Systeme zu erreichen. Dass dies nicht gelungen ist, ist tatsächlich auch Ergebnis der verschlechterten Situation einer europäischen Sicherheit und der veränderten russischen Politik. Obamas Regierung hat daran aber einen nicht unbeträchtlichen Anteil durch die widersprüchliche Fortentwicklung des in Europa stationierten Raketenabwehrsystems. Die Regierung hatte zwar angeboten, die letzte Phase dieses Systems zum Teil auch zum Gegenstand von Verhandlungen mit Russland zu machen, zum Gegenstand neuer Vereinbarungen muss man genauer sagen. Aber das ist dann eigentlich in dem Prozess der Verschlechterung der bilateralen Beziehung untergepflügt worden.

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Flocken: Unter Obama wollten sich die USA ja auch stärker auf Asien und den Pazifik

konzentrieren,

also

etwas

weggehen

von

Europa.

Die

US-

Truppenpräsenz im pazifischen Raum ist erhöht und verstärkt worden. Wären aber angesichts des Inselstreites im Südchinesischen Meer nicht politische Initiativen viel wichtiger als militärische Machtdemonstrationen? Fehlen nicht politische Initiativen?

Giessmann: Ein stabiles und gutes Verhältnis zu China und auch zu den anderen einflussreichen Staaten im Asienbereich ist sicherlich eine unabdingbare Voraussetzung für dauerhaften Frieden in der Region. Insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass China versucht, seine eigenen regionalen Machtpositionen systematisch auch mithilfe militärischer Mittel durchzusetzen. Das Wichtigste wäre, ein regionales Sicherheitssystem zu bauen, das in der Lage ist, auch den krisenhaften Entwicklungen, wie sie in der Region unvermeidbar sein werden, in den kommenden Jahren entgegen zu wirken. Obama hatte die Chance dazu...

Flocken: Er hat diese Chance aber nicht genutzt.

Giessmann: Er hat sie nicht genutzt. Er hat im Ergebnis - oder sagen wir mal nur in Teilbereichen - wirklich Fortschritte erzielen können. Also dieses Transpazifik-, Partnerschafts- und Handelsabkommen ist natürlich ein wichtiger Schritt gewesen, auch um so eine Art regionale Identität in Asien und im Pazifik zu erreichen.

Flocken: Kann man denn sagen, dass Obama letztlich gescheitert ist? Oder ist das zu hart?

Giessmann: Ich denke, das ist zu hart. Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, an die man sich erinnern wird, die während der Zeit der Obama-Administration erreicht worden sind und die von dauerhafter Wirkung sein können. Dazu gehört die Aussöhnung mit Kuba, das ist vor allem natürlich auch das Klimaschutzabkommen, mit dem niemand gerechnet hat, und bei dem die USA ihre gesamte politische Kraft in die Waagschale geworfen haben, um diesen Kom13

promiss zu erreichen. Dazu gehört auch die Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation bei der Bekämpfung der Ebola-Krise. Also es gibt eine ganze Reihe von Punkten, bei denen Obama versucht hat, in die Richtung seiner eigenen Vision einer globalen partnerschaftlichen Zusammenarbeit zu wirken. Aber letztlich ist er an den eigenen Illusionen gescheitert.

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Flocken Hans Joachim Giessmann von der Berliner Berghof Foundation über die Amtszeit von Barack Obama. Eine Langfassung des Interviews finden Sie auf der Internetseite von Streitkräfte und Strategien unter ndr.de/streitkraefte.

Die Bundesregierung hat angekündigt, sich aktiver als bisher am internationalen Krisenmanagement zu beteiligen. Und sie tut dies auch – u.a. durch den Einsatz von Soldaten. Eine wichtige Rolle bei der Konfliktbewältigung spielen allerdings auch Polizisten. Hier macht Deutschland jedoch keine gute Figur. Im Sommer musste sich die Bundesregierung heftige Kritik von den Vereinten Nationen gefallen lassen, nachdem sie mehrere Polizisten aus dem Südsudan abgezogen hatte – ohne sich zuvor mit der Leitung der UN-Mission abzustimmen. Dabei ist es ganz offiziell deutsche Politik, die UN zu stärken. In der Praxis tut sich Deutschland allerdings schwer, Polizisten für internationale Missionen bereitzustellen. Hören Sie Christoph Prössl:

Manuskript Christoph Prössl Thomas Mischke ist Kriminalbeamter aus Nordrhein-Westfalen und war schon oft in Auslandseinsätzen. 2008 im Kosovo und mehrfach in Afghanistan, zuletzt bis Februar dieses Jahres in Mazar-e-Sharif.

O-Ton Mischke „In meiner letzten Mission war ich Berater des afghanischen Generals, der dieses Polizei-Trainingszentrum geleitet hat, welches Deutschland erbaut hat, direkt neben dem Militärcamp ‚Camp Marmal‘. Ein sehr ambitioniertes, erfolgreiches Projekt, wie ich meine. Und dieser General ist der Schulleiter, wenn man so will - mit einem Stab von ungefähr 200 Leuten und mit einer Kapazität von 1.400 Leuten.“ 14

Bereits 2002 hat die deutsche Polizei begonnen, in Afghanistan Sicherheitskräfte auszubilden. Die Kurse dauerten in der Regel nur sechs Wochen, die internationale Staatengemeinschaft wollte schnell eine afghanische Polizei aufbauen. Die Deutschen standen oft selber im Klassenzimmer, um zu unterrichten. Das hat sich im Lauf der Jahre geändert. „Train the Trainer“ hieß später das Motto. Heute beraten die deutschen Polizisten die afghanischen Führungskräfte nur noch. Es geht um Führungsstil, Transparenz, das Abgeben von Aufgaben, um selber mehr Freiraum für wichtige Entscheidungen zu schaffen.

O-Ton Mischke „Wir waren ja mal im Jahre 2013 mit fast 200 Polizisten in Afghanistan an den verschiedenen Standorten, und das ist jetzt auf 45 abgeschmolzen worden, weil man, wie ich meine, viel zu früh der Meinung war, dass die Afghanen das schon schaffen.“ Sagt Thomas Mischke, der auch Vorstand im Bundesverband Deutscher Kriminalbeamter ist.

Das Thema hat inzwischen auch den Deutschen Bundestag erreicht. Die Vorsitzende des Unterausschusses zivile Krisenprävention, Franziska Brantner von den Grünen, kritisiert die Bundesregierung. Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen sprechen von der zunehmenden internationalen Verantwortung Deutschlands, davon sei aber nicht viel erkennbar:

O-Ton Brantner „24 Polizisten von 12.500 im Rahmen der Vereinten Nationen - das nenne ich nicht eine große Verantwortungsübernahme. Bei den Juristen sieht es übrigens noch schlimmer aus. Da sind noch weniger unterwegs, nämlich null, und da kann man nur sagen: das deutsche Engagement ist nicht groß genug. Das gibt es de facto kaum.“

Denn bei UN-Missionen, EU-Einsätzen sowie bilateral vereinbarten Operationen sind insgesamt gerade einmal 140 Beamte aus Deutschland tätig. Viel zu wenig, darüber herrscht Konsens im Deutschen Bundestag. Auf dem EU-Gipfel in Portugal im Jahr 2000 hatten sich die Staats- und Regierungschef darauf verständigt, bis zu 5.000 Polizisten für internationale Missionen entsenden zu können – auf freiwilliger Basis. Deutschlands Anteil an einer solches Zahl läge 15

bei rund einem Fünftel – also 1.000 Polizisten. Doch davon ist die Bundesregierung auch heute noch weit entfernt. Die Fraktionen der Großen Koalition wollen das nun ändern und haben kürzlich gemeinsam mit den Grünen einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht. Darin werden viele Maßnahmen formuliert, um die Voraussetzungen zu verbessern, damit mehr Polizisten ins Ausland gehen können. Armin Schuster, CDU:

O-Ton Schuster „Dafür braucht es ganz sicher eine wissenschaftliche Behandlung des Themas, da denke ich an die Polizeihochschule in Münster, wo wir vielleicht einen neuen Fachbereich brauchen. Wir brauchen ganz sicher mehr Personal, das heißt auch mehr Haushaltsmittel, dafür sorgen wir im Bund zumindest, wir brauchen eine speziellere Aus- und Fortbildung, eine speziellere Sprachförderung, wir brauchen die Chance, Mitarbeiter der Polizei länger entsenden zu können, Spezialisten entsenden zu können, das muss man sich leisten können.“ Zum Beispiel Experten, die vermitteln können, wie organisierte Kriminalität bekämpft werden kann. Die Initiative fand im Bundestag eine breite Mehrheit. Die Bundesregierung muss die Forderungen des Antrags jetzt umsetzen. Für 2017 ist bereits mehr Geld eingeplant. Das entsprechende Budget steigt von 18,6 Millionen Euro 2016 auf künftig knapp 24 Millionen Euro.

O-Ton Brantner „Die Größen, über die wir reden, bereiten Herrn Schäuble keine schlaflosen Nächte.“ Kommentiert Franziska Brantner die Beträge für Polizeimissionen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die deutschen Beamten dringend gebraucht werden.

O-Ton Brantner „Beispiel Polizeiaufbau in Mali. Eigentlich haben natürlich alle im Rahmen der Vereinten Nationen auch den gleichen Auftrag zur Ausbildung, aber natürlich macht es einen Unterschied, ob ein ägyptischer Polizist seinem Kollegen aus Mali beizubringen versucht, wie man friedlich mit einer Demo umgeht, oder ob das ein Deutscher macht.“ Bisher seien gute Vorschläge immer an der Finanzierungsfrage gescheitert, sagt Dieter Wehe, bis 2015 Inspekteur der Polizei in Nordrhein-Westfalen und Leiter der Bund-Länder Arbeitsgruppe Internationale Polizeimissionen. Er hoffe 16

sehr, dass dies diesmal anders sei, sagte Wehe NDR Info. Das Problem ist allerdings, dass die Polizei Ländersache ist – wenn man mal von der Bundespolizei absieht.

In der Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern geht es aber nicht nur ums Geld, sondern auch um rechtliche Absicherungen. Alle Beamten sollen den gleichen Schutz haben, sagt Franziska Brantner von den Grünen.

O-Ton Brantner „Momentan ist das nicht so. Das heißt, einer aus einem Bundesland sagt: Du, setz du dich lieber nach vorne auf den Beifahrersitz, du bist besser versichert im Falle eines Unfalls. So kann es eigentlich nicht sei. Die müssen alle den gleichen Schutz haben.“ Die Verbesserungen, die im Antrag formuliert sind, begrüßt Thomas Mischke. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit Ende der ISAF-Mission kaum verbessert. Für den Kripo-Mann aus Nordrhein-Westfalen ist klar, dass sich Deutschland und damit auch Polizisten weiterhin am Hindukusch engagieren müssen:

O-Ton Mischke „Ich muss langfristig denken. In Afghanistan müssen wir noch mindestens 20 Jahre bleiben.“ Mischke setzt auf die junge Generation, die in den vergangenen Jahren ausgebildet worden ist. Außerdem hält er es für notwendig, neben der Ausbildung auch Fortbildungen in einzelnen afghanischen Dienststellen durchführen zu können. Polizisten kommt beim internationalen Krisenmanagement eine wichtige Rolle zu. Bisher hat die Bundesregierung aber vor allem auf den Einsatz von Soldaten gesetzt. Offen bleibt, ob es hier - trotz der Initiative des Bundestages - schon demnächst einen Kurswechsel geben wird.

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Flocken Soweit Christoph Prössl und so viel für heute in Streitkräfte und Strategien.

Zum Schluss noch ein Hinweis: Im kommenden Monat treffen sich in Hamburg die OSZE-Außenminister. Aus diesem Anlass veranstaltet NDR Info am 23. November mit dem Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik IFSH eine Podiumsdiskussion. „Zwischen Abschreckung und Dialog – Europäische Sicherheitspolitik auf dem Prüfstand“, so der Titel der Veranstaltung. Wenn Sie am 23. November dabei sein wollen: Melden Sie sich an

-

auf

der

Internetseite

von

Streitkräfte

und

Strategien

unter

ndr.de/streitkraefte. Dort können Sie sich auch die Sendung als Podcast herunterladen. Außerdem können Sie den Newsletter von Streitkräfte und Strategien abonnieren. Wir schicken Ihnen dann das aktuelle Manuskript der Sendung per E-Mail zu. Am Mikrofon verabschiedet sich Andreas Flocken.

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