Der Aktenvortrag: Europarecht

... Jörn Reinhardt ist Wiss. Mitarbeiter an der Universität Hamburg. .... klage) zu (geringfügigen) Unterschieden im Aufbau, die im Folgenden dargestellt werden. ... über den Beruf des Fremdenführers mit dem Unionsrecht zum Gegen- stand.” II.
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03.06.2010

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2. Auflage

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Assessor Skripten Jan Freigang, Patrick Ostendorf und Jörn Reinhardt

Der Aktenvortrag: Europarecht Jan Freigang, Patrick Ostendorf und Jörn Reinhardt Der Aktenvortrag: Europarecht

Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz (Universität Bonn) zur Vorauflage (VBlBW 10/2005, S. 408) [...] Die prägnanten und knapp gehaltenen Lösungsvorschläge verzichten auf theoretisches Beiwerk und beschränken sich bewusst auf eine Darstellung, die ein Prüfling in der regelmäßig 10-minütigen Vortragszeit auch tatsächlich zu referieren vermag. Über die Stoffvermittlung hinaus wird dadurch auch die mindestens ebenso bedeutende Technik demonstriert, komprimierte Aussagegehalte verständlich zu machen und inhaltliche Ausführungen auf das zur Falllösung Notwendige zu reduzieren. [...] Den Bedürfnissen der Prüfungsvorbereitung entsprechend konzentrieren sich die zu bearbeitenden Rechtsprobleme auf ausbildungsrelevante Fragestellungen mit Bezügen zu Marktfreiheiten, dem Staatshaftungsrecht, Arbeitsrecht und der Subventionskontrolle, was die Anwendung von (jeweils mit abgedrucktem) Sekundärrecht mit einschließt. [...] Die Fallsammlung erweist sich insgesamt als wertvolle Ergänzung zur Vorbereitung des zweiten Staatsexamens und wird ihren ausbildungsbezogenen Zielsetzungen in jeder Hinsicht gerecht.

www.lexxion.de € 26,80 ISBN 978-3-869 65-116-3

9 783869 651163

Jan Freigang, Patrick Ostendorf und Jörn Reinhardt Der Aktenvortrag: Europarecht

Dieses Skript stellt mit acht Musterfällen und ausführlichen Lösungsskizzen die ideale Vorbereitung für den Aktenvortrag im Assessorexamen dar. Alle Aktenvorträge beruhen auf Original-Entscheidungen des EuGH; dies entspricht der tatsächlichen Praxis der Justizprüfungsämter.

acht Musterfälle auf der Grundlage von Original-Entscheidungen des EuGH ausführliche Lösungsskizzen Aufbauhinweise für verschiedene Fallkonstellationen aktuell und prüfungsrelevant

2. Auflage

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Jan Freigang, Patrick Ostendorf und Jörn Reinhardt Der Aktenvortrag: Europarecht 2. Auflage

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Assessor Skripten Jan Freigang, Patrick Ostendorf und Jörn Reinhardt

Der Aktenvortrag: Europarecht acht Musterfälle auf der Grundlage von Original-Entscheidungen des EuGH ausführliche Lösungsskizzen Aufbauhinweise für verschiedene Fallkonstellationen aktuell und prüfungsrelevant

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Dr. Jan Freigang ist Beamter im Auswärtigen Dienst. Prof. Dr. Patrick Ostendorf ist Professor für Wirtschaftsrecht an der FH Bielefeld. Dr. Jörn Reinhardt ist Wiss. Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Das Buch gibt ausschließlich die private Meinung der Autoren wieder.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben vorbehalten. Verlag und Herausgeber übernehmen keine Haftung für inhaltliche und drucktechnisch bedingte Fehler. ISBN Print: 978-3-869 65-116-3 ISBN E-Book: 978-3-869 65-117-0 2. Auflage © 2010 Lexxion Verlagsgesellschaft mbH · Berlin www.lexxion.de Layout und Satz: Tozman Satz & Grafik, Berlin

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Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Aus dem Vorwort zur 1. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Hinweise zum Aufbau eines Aktenvortrags im Europarecht . . . . . . . . 9 A. Der Aktenvortrag aus der Perspektive des Generalanwalts/ eines Mitarbeiters der Europäischen Kommission oder des Gerichtshofs der Europäischen Union . . . . . . . . . . . 9 B. Der Aktenvortrag aus der Perspektive eines nationalen Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 C. Der Aktenvortrag aus anwaltlicher Perspektive . . . . . . . . . . . 15 Vortrag 1: Billige Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Vortrag 2: Der türkische Trainer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Vortrag 3: Abhängige Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Vortrag 4: Das mangelhafte Olivenöl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Vortrag 5: Die kurzfristige Kündigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Vortrag 6: Dänische Delikatessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Vortrag 7: Legales Schwarzhören?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Vortrag 8: Förderung für Filmstudenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

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Vorwort zur 2. Auflage

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Vorwort zur 2. Auflage Sechs Jahre nach der ersten Auflage war eine Neuauflage nicht zuletzt durch das Inkrafttreten des Lissaboner Vertrages zum 1. Dezember 2009 notwendig. Um die Aktualität der Aktenvorträge zu gewährleisten, haben wir den Großteil der bisherigen Fälle daher durch besonders relevante neue Fälle ausgetauscht. Dabei haben wir uns wiederum bemüht, ein möglichst breites Themenspektrum beizubehalten, wobei der Schwerpunkt im Einklang mit der Prüfungspraxis der Justizprüfungsämter weiterhin auf den Grundfreiheiten liegt. Über Anregungen und konstruktive Kritik freuen wir uns (patrick. [email protected] / [email protected]).

April 2010

Die Verfasser

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Aus dem Vorwort zur 1. Auflage

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Aus dem Vorwort zur 1. Auflage Dieses Buch dient der Vorbereitung auf den europarechtlichen Aktenvortrag im zweiten Staatsexamen. Im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten zeichnet sich der Aktenvortrag im Europarecht durch ein erweitertes Spektrum an Bearbeiterperspektiven aus. Häufig ist nicht nur aus der Sicht eines nationalen Zivil- oder Verwaltungsgerichts zu berichten, sondern auch aus der Perspektive eines Generalanwaltes oder eines Mitarbeiters beim Gerichtshof der Europäischen Union beziehungsweise der Europäischen Kommission. Wir haben dies bei der Auswahl und Zusammenstellung der Aktenvorträge berücksichtigt. Für die erfahrungsgemäß anzutreffenden Fallkonstellationen sind den einzelnen Aktenvorträgen Aufbauhinweise vorangestellt. Auch materiellrechtlich bemüht sich das Buch, einen breiten Querschnitt des Unionsrechts zu erfassen. Die Grundfreiheiten bilden in der Praxis nach wie vor einen Prüfungsschwerpunkt, die Grundzüge des Europäischen Beihilfen- und Sozialrechts und des im Bereich der Grundfreiheiten einschlägigen Sekundärrechts sind aber ebenfalls von erheblicher Bedeutung. Alle Aktenvorträge beruhen auf (zum Teil abgewandelten) Original-Entscheidungen des EuGH sowie nationaler Gerichte, was auch der tatsächlichen Prüfungspraxis der Justizprüfungsämter entspricht. Die Besonderheit des Aktenvortrags in der mündlichen Prüfung liegt darin, einen vergleichsweise komplexen Sachverhalt innerhalb einer Stunde zu erfassen und die Lösung in zehn Minuten darzustellen. Der vorgegebene zeitliche Rahmen, den man unbedingt einhalten sollte, bringt es mit sich, dass Schwerpunkte gesetzt werden müssen und die Argumentation nicht zu komplex werden darf. Die Musterlösungen orientieren sich sprachlich an den Besonderheiten des mündlichen Vortrags. Dennoch sind die Lösungen zum Teil umfassender als das, was in der Prüfungssituation erwartet werden kann. Auch wird ein anderes Ergebnis oft gut vertretbar sein. Mit dem Aktenvortrag beginnt die mündliche Prüfung. Bereits das erklärt seine herausragende Bedeutung. Man sollte dabei nicht unterschätzen, dass auch der Art und Weise, in der ein Vortrag gehalten wird, eine erhebliche Bedeutung zukommt. Eine Vorbereitung mit diesem Buch ist daher nur dann sinnvoll, wenn die jeweiligen Aktenstücke eigenständig bearbeitet und das Ergebnis mündlich vorgetragen wird.

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Hinweise zum Aufbau eines Aktenvortrags im Europarecht

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Hinweise zum Aufbau eines Aktenvortrags im Europarecht A. Der Aktenvortrag aus der Perspektive des Generalanwalts/ eines Mitarbeiters der Europäischen Kommission oder des Gerichtshofs der Europäischen Union Der Aktenvortrag aus der Europäischen Perspektive verlangt vom Bearbeiter zumeist, in die Rolle eines Generalanwalts beim EuGH oder eines Mitarbeiters der Kommission/des EuGH zu schlüpfen. Unterschiede aus der jeweiligen Rollenfunktion ergeben sich nicht. Dagegen führen die verschiedenen Verfahrensarten des Europäischen Prozessrechts (Vorabentscheidungsverfahren, Vertragsverletzungsverfahren, Nichtigkeitsklage) zu (geringfügigen) Unterschieden im Aufbau, die im Folgenden dargestellt werden.

I. Einleitungssatz Der Einleitungssatz soll einen Einstieg in den Vortrag schaffen: Für die Zuhörer, die den Gegenstand des Vortrags nur aus sehr kurzer Befassung mit der Akte – eventuell am Tag der Prüfung selbst – kennen, sollte der Kandidat folgende Punkte herausstellen: – Perspektive: „als Generalanwalt beim EuGH/beim EuG bzw. Mitarbeiter der Kommission oder des EuGH” – Verfahrensart: Vorabentscheidungsverfahren, Vertragsverletzungsverfahren, Nichtigkeitsklage – evtl. Zeitpunkt der Entscheidung – Unionsrechtlicher Kern des Streitgegenstandes Insbesondere der letzte Punkt sollte knapp gehalten werden. Angaben über bestimmte Normen, Personen und tatsächliche oder rechtliche Einzelheiten sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Es geht nicht um eine absolut treffende Synthese der Rechtsprobleme des Falles in einem Satz. Gefragt ist vielmehr eine klare, verständliche und allgemein gehaltene Einordnung des Falls. Bsp.: „Ich berichte als Generalanwalt beim EuGH über ein Vorabentscheidungsverfahren, dass dem EuGH im Jahr 2009 zur Entscheidung vorlag. Dabei ging es im Kern um die Auslegung unionsrechtlicher Vorgaben im Hinblick auf nationale Werbeverbote.”1 „Ich berichte als Mitarbeiter der Kommission über ein Vertragsverletzungsverfahren, das der Kommission im Jahr 2010 zur Entscheidung vorlag. Das Verfahren hatte die Vereinbarkeit einer spanischen Regelung über den Beruf des Fremdenführers mit dem Unionsrecht zum Gegenstand.”

II. Sachbericht Es gibt keine festen Regeln für den Aufbau des Sachberichts bei einem Vortrag aus der Sicht des Generalanwalts/eines Mitarbeiters der Kom-

1

In der Praxis plädieren die Generalanwälte allerdings heute nicht mehr mündlich. Lediglich das Ergebnis ihrer Schlussanträge – der Entscheidungsvorschlag – wird etwa 6 Wochen nach der mündlichen Verhandlung vom Generalanwalt, der gerade Sitzungsdienst hat, verlesen.

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Hinweise zum Aufbau eines Aktenvortrags im Europarecht

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mission oder des Gerichtshofs. Jedoch spricht vieles dafür, sich an der tatsächlichen Praxis der Generalanwälte beim EuGH zu orientieren. Am Anfang des Sachberichts wird – anders als in Aktenvorträgen aus Sicht eines mitgliedstaatlichen Gerichts – die nationale Rechtslage geschildert. Denn diese stellt für den EuGH eine Tatsache dar; sie ist nicht Prüfungsmaßstab, sondern Prüfungsgegenstand. Der Ausgangsrechtsstreit im Vorabentscheidungsverfahren und konkreter Anlass des Tätigwerdens der Kommission bei Vertragsverletzungen sind lediglich zum Verständnis der tatsächlichen Anwendung des nationalen Rechts im konkreten Fall relevant. Daher sollte, so ungewöhnlich das auch erscheinen mag, die nationale Rechtslage am Anfang des Sachberichts stehen. In der Praxis stellt der Generalanwalt anschließend die relevanten Normen des Unionsrechts vor. Diese werden Sie jedoch noch erschöpfend in Ihren rechtlichen Erwägungen behandeln, so dass im Sachbericht aus Zeitgründen darauf verzichtet werden sollte. Eine Ausnahme gilt für die Nichtigkeitsklage: Da hier die unionsrechtliche Norm Prüfungsgegenstand ist, sollte sie in den Sachbericht mit aufgenommen werden. Zu Rechtsnormen im Sachbericht gilt damit die Faustregel: Prüfungsmaßstab heraus, Prüfungsgegenstand herein. Anschließend ist der Ausgangsrechtsstreit bzw. der Anlass des Verfahrens knapp zu schildern. Besonders beim Vorabentscheidungsverfahren ist darauf zu achten, dass kein Urteilstatbestand über das Ausgangsverfahren folgt, sondern nur kursorisch Tatsachen und Rechtsansichten dargelegt werden. Kläger und Beklagter müssen stets mit dem Zusatz „im Ausgangsverfahren” bezeichnet werden. Die Anträge der Beteiligten im Ausgangsverfahren sind meistens irrelevant. Bei Nichtigkeitsklagen und Vertragsverletzungsverfahren sind die von den Beteiligten vor dem EuGH/EuG geäußerten Rechtsansichten in gewohnter Weise um die Anträge zu gruppieren. Bei Vorabentscheidungsverfahren schließt der Sachbericht mit dem genauen Zitat der Vorlagefrage. Aufbau: – Einleitung: „Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:” – Schilderung der nationalen Rechtslage – Ausgangsverfahren/Anlass des Vertragsverletzungsverfahrens und Verfahrensgeschichte – Bei Vorabentscheidungsverfahren: Angabe der Vorlagefrage

– Bei anderen Verfahren: Vorbringen der Beteiligten + Anträge

Bsp.: (1) Vorabentscheidungsverfahren „Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Nach § 1 des deutschen UWG [...]. § 27 des deutschen LBMG lautet [...] Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens fügt sich in den soeben beschriebenen rechtlichen Rahmen ein und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Beklagte des Ausgangsverfahrens vor dem LG Hamburg, eine Kosmetikfirma mit Sitz in Monaco, vertreibt in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten eine von ihr in Monaco hergestellte Hautstraffungscrème unter der Bezeichnung‚ Firming Action Lifting Extreme” [...]

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Die Klägerin im Ausgangsverfahren ist der Ansicht, dass die Bezeichnung „Lifting” irreführend sei [...]. Die Beklagte im Ausgangsverfahren meint, ein Totalverbot der Bezeichnung „Lifting” in Deutschland verstoße gegen Unionsrecht [...]. Das LG Hamburg hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH gem. Art. 267 Abs. 2 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: [...]” (2) Vertragsverletzungsverfahren „Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Nach § 1 des spanischen Gesetzes über die Tätigkeit als Fremdenführer können sich selbstständige Fremdenführer in Spanien nur niederlassen [...]. Verstöße gegen diese Regelungen können nach § 2 des spanischen Gesetzes X mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Von dieser Rechtslage erfuhr die Kommission durch die Beschwerde eines deutschen Staatsangehörigen, Herrn Y. Er hatte beantragt [...]. Die Kommission hat dem Königreich Spanien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie ist der Auffassung, [...]. Das Königreich Spanien hat in seiner Stellungnahme seine Auffassung dargelegt, dass [...]. Die Kommission hat dem Königreich eine begründete Stellungnahme übersandt, in der sie ergänzend ausführte, dass [...]. Die Kommission hat gem. Art. 258 Abs. 2 AEUV den Gerichtshof angerufen. Sie trägt (in der mündlichen Verhandlung) ergänzend vor, dass [...]. Die Kommission beantragt, festzustellen, dass das spanische Königreich durch die Beibehaltung der Regeln der § 1 des Gesetzes [...] und § 2 des Gesetzes [...] gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen hat. Das Königreich Spanien beantragt, die Klage abzuweisen und trägt (in der mündlichen Verhandlung) ergänzend vor, dass [...].”

III. Kurzvorschlag Der Kurzvorschlag nimmt das Ergebnis der rechtlichen Würdigung vorweg.2 Die Formulierung richtet sich nach der jeweiligen Verfahrensart. Bei Vertragsverletzungsverfahren aus Sicht eines Kommissionsmitarbeiters muss der Bearbeiter bereits hier darauf achten, in welchem Verfahrensstadium er sich befindet: In vielen (Prüfungs-)sachverhalten hat die Kommission erst ein sogenanntes erstes Mahnschreiben an den Mitgliedsstaat gerichtet. In diesen Fällen bedarf es vor der Klageerhebung noch einer begründeten Stellungnahme, ansonsten wäre eine Klage unzulässig3 . Bsp.: • „Ich schlage vor, die Vorlagefrage mit „Ja”/„Nein” zu beantworten.” • „Ich schlage vor, der Klage stattzugeben /die Klage abzuweisen.” • „Ich schlage vor, der Republik Frankreich eine begründete Stellungnahme zuzuleiten.” 2

Zwar nehmen die Generalanwälte in ihren Schlussanträgen den Entschedungsvorschlag nicht vorweg; für den Aktenvortrag ist dies aber unabdingbar.

3

Eine Vertragsverletzungsklage gem. Art. 258 AEUV ist (grundsätzlich) nur zulässig, wenn ein förmliches Vorverfahren durchgeführt worden ist. Das Vorverfahren hat zwei Bestandteile: Dem sog. ersten Mahnschreiben folgt eine mit Gründen versehene Stellungnahme, vgl. zu den Einzelheiten Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, 3. Aufl. 2007, Art. 226 Rdnr. 5 ff.

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IV. Rechtliche Erwägungen Die Generalanwälte tragen in der Praxis ihre rechtlichen Erwägungen oftmals aus sehr subjektiver Perspektive („Meines Erachtens [...]”/„Ich bin der Ansicht, dass [...]”) und mit weit ausholenden Ausführungen zu grundsätzlichen Fragen des Unionsrechts vor. Letzteres sollte bereits aus Zeitgründen im Aktenvortrag unterbleiben. Ob man eine subjektive Perspektive einnimmt oder die rechtlichen Erwägungen unpersönlich im Urteilsstil – und dort wo problematisch im Gutachtenstil – vorträgt, ist Geschmackssache. Jedoch dürfte der deutsche juristische Zuhörer eher letzteren Vortragsstil gewohnt sein. In Vertragsverletzungsverfahren sollte die Begründetheit vor der Zulässigkeit geprüft werden. In den meisten Fällen wird der Bearbeiter hier als Mitarbeiter der Kommission zu prüfen haben, ob Klage vor dem EuGH eingereicht werden soll bzw. noch die Abfassung einer begründeten Stellungnahme erforderlich ist. Über das weitere prozessuale Vorgehen kann sinnvoll erst entschieden werden, nachdem eine Vertragsverletzung des Mitgliedsstaates festgestellt worden ist.

V. Ergebnis Abschließend muss der Bearbeiter das Ergebnis seiner Untersuchung (den Vorschlag für das weitere Vorgehen) präsentieren. Bsp.: „Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Frage des Obersten Gerichtshofes wie folgt zu beantworten: [...]” bzw. „Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, über die Klage wie folgt zu entscheiden: [...]”. „Ich schlage vor, dem Mitgliedsstaat eine begründete Stellungnahme zuzuleiten und nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist Klage zum EuGH mit dem Antrag zu erheben, festzustellen, dass der Mitgliedsstaat Spanien dadurch gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen hat, dass er [...]”.

B. Der Aktenvortrag aus der Perspektive eines nationalen Gerichts

I. Einleitungssatz Für den Einleitungssatz gilt das schon Gesagte: Um den Zuhörern einen Einstieg in den Fall zu ermöglichen, ist kurz die Perspektive zu nennen, aus der berichtet wird, und ein Bezug zum unionsrechtlichen Kernproblem des Falls herzustellen. Bsp.: „Ich berichte von einem Rechtsstreit, der im Jahre 2010 am Landgericht Berlin anhängig war. Dabei ging es im Wesentlichen um die Frage nach der Haftung der Bundesrepublik Deutschland wegen einer nicht fristgemäß umgesetzten Richtlinie der Europäischen Union.”

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II. Sachbericht Der Sachbericht aus der Perspektive eines nationalen Gerichts richtet sich grundsätzlich nach den gleichen Regeln, wie sie für den Aufbau eines Tatbestandes eines zivil- oder verwaltungsgerichtlichen Urteils bzw. eines Beschlusses gelten. Begonnen wird mit dem unstreitigen Sachverhalt, es folgt der streitige Klägervortrag, Klägerantrag, Beklagtenantrag, Beklagtenvortrag. Schon aus Zeitgründen werden die Tatsachen im ausgegebenen Aktenstück zwischen den Parteien/Beteiligten in aller Regel unstreitig sein. Daher sind an dieser Stelle vor allem die Rechtsansichten wiederzugeben, die im Unterschied zum zivilrechtlichen Tatbestand grundsätzlich auch vollständig dargestellt werden sollten. Im Fall eines verwaltungsrechtlichen Rechtsstreits ist die vollständige Darstellung des Verwaltungsverfahrens in der Regel nicht geboten. Entscheidend sind die folgenden Punkte: – Rechtliche Normen sollten im Sachbericht im Unterschied zum Vortrag aus Sicht eines Generalanwalts bzw. eines Mitarbeiters der Kommission /des Gerichtshofs der Europäischen Union grundsätzlich nicht auftauchen. Ausnahmen gelten allenfalls dann, wenn die Zitierung für die Wiedergabe der Rechtsansicht einer Partei zwingend notwendig ist. – Wie auch im Tatbestand eines Urteils darf die rechtliche Subsumtion nicht vorweggenommen werden („der Kläger hat gegen den Ausgangsbescheid rechtzeitig Widerspruch erhoben”). – Datumsangaben sollten nur genannt werden, wenn sie für die Fallentscheidung relevant sind, da der Sachbericht ansonsten überfrachtet wird.

III. Kurzvorschlag: Dem Sachbericht folgt der Kurzvorschlag, in dem das Ergebnis vorweggenommen wird. Drei Alternativen sind möglich: Stattgabe, Abweisung (bzw. Zurückweisung) oder Aussetzung des Rechtsstreits und Vorlage an den EuGH. Bsp.: • „Ich schlage vor, der Klage stattzugeben/die Klage abzuweisen.” • „Ich schlage vor, dem Antrag stattzugeben/den Antrag zurückzuweisen.” • alternativ: „Ich schlage vor, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.”

IV. Rechtliche Erwägungen Die rechtlichen Erwägungen beginnen mit dem Obersatz zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage bzw. des Antrags. Auch der Obersatz folgt den Aufbauregeln eines Urteils/Beschlusses. Zulässigkeitsfragen brauchen nur in problematischen Fällen erörtert werden.