Richter | Pattas | Maupilé
[ 15 kreative Winzer und ihre Lieblingsweine ]
Richter | Pattas | Maupilé
[ 15 kreative Winzer und ihre Lieblingsweine ]
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Inhalt
Vorwort
Seite
7
Making of
Seite
220
Autorenportraits/ Adressen
Seite
222 / Seite 223
Weingut Carl Loewen [ Streben nach der eigenen Handschrift ]
Seite 52-65
Weingut Herzog von Württemberg
Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan
[ Wahrhaft württembergisch ]
[ Begründer des Qualitätsweinbaus ]
Seite
08-21
Hessische Staatsweingüter Kloster Eberbach [ Das größte Weingut Deutschlands ]
Seite 66-79
Weingut Emrich-Schönleber [ Ein modernes Schäferspiel ]
Seite 80-93
Seite 22-39
Collegium Wirtemberg
Weingut Friedrich Becker
[ Aufsteiger am Württemberg ]
[ Guillaume ist nun eine Cuvée ]
Seite 40-51
Seite 94-107
Warum wir Wein machen 5
Weingut Franz Keller
Weingut „Zur Schwane“
[ Doppeladler mit drei Füßen ]
[ Vom Gasthof zum Spitzenweingut ]
Seite 108-121
Staatlicher Hofkeller Würzburg [ Weinkultur und Weltkulturerbe ]
Seite 166-177
Winzerhof Gussek [ Spitzenweine von der Saale-Unstrut ]
Seite 178-191
Seite 122-139
Weingut Markgraf von Baden
Weingut Drautz-Able
[ Wir machen schon sehr lange Wein ]
[ Ein Jungwinzer tritt in große Fußstapfen ]
Seite 140-153
Seite 192-205
Weingut Wittmann
Weingut Seeger
[ Mondkalender-App auf dem iPhone ]
[ Burgund sehr nahe ]
Seite 154-165
Seite 206-219
Vorwort 7
Liebe Leserin, lieber Leser, Seit 2000 Jahren wird in Deutschland aus der Frucht der
und Weinreben und Weintrauben werden in der christlichen
Kulturrebe Vitis vinifera Wein gemacht. Seit Jahrtausenden
Kunst symbolhaft verwendet. Im Gegensatz zu den „Wein-
nutzt der Mensch die alkoholische Gärung zur Herstellung
fabriken“, die es gottlob in Deutschland nicht gibt, kann bei
des wichtigsten berauschenden Getränkes der Menschheit.
unseren Weinmachern durch die Rebe die Analogie zum
Der dabei stattfindende biochemische Prozess, bei dem
Künstlertum hergestellt werden. Und manche Winzer sehen
mittels Hefen Zucker in Trinkalkohol verwandelt wird, ist
ihre Arbeit in der Tat als künstlerischen Prozess an.
erst seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Dabei ist der Alkohol nur einer der zahlreichen Inhaltsstoffe des Weins,
In Deutschland gibt es rund 70.000 Winzer, die auf etwa
der ansonsten zu 80 bis 85 Prozent aus Wasser besteht.
100.000 Hektar Wein anbauen und durchschnittlich
Was Weinsachverständige bei den Inhaltsstoffen heraus-
10 Millionen Hektoliter ernten. Darunter gibt es eine kleine
schmecken (zum Beispiel grüne Äpfel, kräutrige Noten von
Elite, die ihren Beruf mit ganz besonderer Leidenschaft
Eukalyptus und Minze, saftige Fruchtsüße) kann der Autor
ausübt. Warum sie Wein machen? Ich habe sie einfach
selbst nicht nachvollziehen. Ihm fehlt das olfaktorische und
persönlich gefragt. Auf Reisen durch die deutschen Wein-
gustatorische Unterscheidungsvermögen für diese Weinlyrik,
regionen. Entstanden ist ein Buch über außergewöhnliche
das diese Experten sich antrainiert haben.
Winzerpersönlichkeiten. Die so entstandenen Portraits sind textbasiert, also kein „Häppchen-Journalismus“. Überdies
Leicht nachvollziehbar ist indessen die berauschende Wir-
werden die Fakten mit manchen Assoziationen verknüpft.
kung des Weins durch den Alkohol. Sie hat die Weintrinker, aber auch Dichter und Denker seit der Antike beflügelt und
Bilder des Fotokünstlers David Maupilé ergänzen die Texte.
rangiert in der Hierarchie der Räusche deutlich vor dem
Evangelos Pattas, Sommelier des Jahres 2007, bespricht die
Bier- oder Schnapsrausch. Wie gelegentlich in diesem Buch
Lieblingsweine der besuchten Winzer.
darf unser größter Dichter Johann Wolfgang von Goethe zitiert werden: „Andere verschlafen ihren Rausch, meiner steht auf dem Papiere.“
Viel Spaß beim Lesen! Fritz Richter
Woran liegt es nun, dass im Abendland aus dem Wein ein Kulturgut geworden ist? Das hat mit dem Christentum, der Grundlage unserer Kultur zu tun. Gott ist gewissermaßen auch der oberste Winzer. Sein Sohn Jesus spricht im Johannes-Evangelium: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Das Abendmahl wird mit Brot und Wein gefeiert,
Gegründet 1677
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Ansichten von David Maupilé
Weingut Herzog von Württemberg [ Wahrhaft württembergisch ]
Michael Herzog von Württemberg
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Ansichten von David Maupilé
Weingut Herzog von Württemberg 11
Oberhalb von Stetten im Remstal ragt die Yburg weithin sichtbar aus den Weinbergen empor.
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Ansichten von David Maupilé
Alt trifft neu - Holzkisten und Plastikbox.
Weingut Herzog von Württemberg 13
Michael Herzog von Württemberg im Weinberg.
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Ansichten von David Maupilé
Ein lang gelagerter Spitzenwein - den würde man gerne mal probieren.
Weingut Herzog von Württemberg 15
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Wa hr h a f t w ü r t t e m b e r g i s c h
«
Ansichten von Fritz Richter
Die heute eher aus Tradition als real mit den Württembergern „verfeindeten“ Badener trösten sich gelegentlich mit dem Spruch: „Das schönste an Stuttgart ist die Abreise“. Das mag an den architektonischen Fehlleistungen des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg liegen und hat sich wohl schon lange erledigt. Dass aber die Hauptstadt eines Bundeslandes auch zum Thema Wein einiges zu bieten hat, teilt sie nur mit Wiesbaden und Mainz. Zuerst heißt es aber, dem tosenden Verkehr in Stuttgart zu entrinnen. Kaum zu glauben, dass sich nach wenigen Kilometern Autofahrt eine ganz andere Welt öffnet. Wir fahren auf der Heilbronner Straße über den verkehrumspülten Pragsattel nach Ludwigsburg. Das Residenzschloss, erbaut nach dem Vorbild von Versailles, ist ein Juwel, umgeben von einem wunderschönen Barockpark. Die Festspiele und der Blühende Barock haben die nördliche Nachbarstadt Stuttgarts bekannt gemacht. Aber das ist nicht alles! Da ist auch noch das Seeschloss Monrepos (französisch: „meine Ruhe“). Hier residiert seit 1981 das Weingut Herzog von Württemberg. Das mit 40 Hektar größte private Weingut Württembergs kann auf eine Weinbautradition verweisen, die bis ins 13. Jahrhundert zurück reicht. Die eigentliche Gründung des Weingutes erfolgte 1677 mit der Errichtung der „Kammerschreiberei-Kellerei“. Gegenwärtig wird es von Seiner Königlichen Hoheit Michael Herzog von Württemberg geleitet. Das Weingut liegt in einem gut 200 Hektar großen Gelände – eine kleine grüne Lunge zwischen Autobahn und Bundesstraße 27. Es ist Privatbesitz des Hauses Württemberg, was den zahlreichen Spaziergängern, Joggern, und Radfahrern, die wir bei der Ankunft antreffen, wohl nicht bewusst ist. Das barocke Seeschloss Monrepos wurde im 18. Jahrhundert von den württembergischen Herzögen erbaut und steht inmitten der weitläufigen Parkanlage. Zum eigentlichen Seeschloss mit Räumen für Tagungen und repräsentative Feierlichkeiten oder private Feste gehören ein Hotel, eine Gutsschänke, ein Golfplatz sowie eine moderne Reitanlage. Eine Allee führt zum Schloss Solitude, wie Monrepos einst Schauplatz rauschender Feste. „Wir haben hier Großes vor“ Das Weingut muss man allerdings etwas suchen. Es wurde auf die Möglichkeit verzichtet, es repräsentativ im Park zu
etablieren. „Das war meinem Vater zu auffällig“, stellt Herzog Michael fest, als er uns an diesem schönen Frühsommertag zum Gespräch empfängt. Das Weingut ist das kleinste Unternehmen der Württembergischen Hofkammer, gewissermaßen die „Holding“ für die wirtschaftlichen Aktivitäten des Hauses Württemberg. Es zog beim Umzug 1981 aus den Kellern des Alten Schlosses in Stuttgart nach Monrepos nicht ins Wasserschloss oder einen attraktiven Standort daneben ein, sondern in die Domäne dahinter, die einst die hohen Herrschaften und ihre Gäste mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen versorgt hat. Erst hinter dem hohen Bogen der Domänen-Einfahrt wird das Weingut sichtbar. Am Haus wird gerade gebaut. Aber die Weinfässer am Eingang weisen den Weg. Dass die Residenzschlösser in Ludwigsburg und Stuttgart dem Land Baden-Württemberg gehören, hatte auch seinen Charme für das ehemalige Herrscherhaus. „Im Alten Schloss in Stuttgart waren wir Mieter. Das vereinfachte den Umzug vom Alten Schloss in Stuttgart hierher enorm“, so der Herzog. Im Alten Schloss hätte man viel investieren müssen. So sei es viel rationaler gewesen, hier ein neues Weingut zu bauen. Gegenwärtig beherrschen die Handwerker wieder das Bild. „Wir haben hier Großes vor“, sagt Herzog Michael. Der bisherige Pächter des Schlosshotels und der Gutsschänke ist ausgeschieden und die erfahrene Hoteliersfamilie Finkbeiner, Betreiber des Traditionshotels Traube Tonbach, wird neuer Pächter. Das Hotel wird kernsaniert und die Gutsschenke catert das Wasserschloss, womit es für Veranstalter mit hohen Ansprüchen noch attraktiver wird. „Ich werde um meinen Arbeitsplatz beneidet“ „Ich werde um meinen Arbeitsplatz beneidet“, bekennt Herzog Michael freimütig. Der jüngste Sohn Herzog Carls, Oberhaupt des Hauses Württemberg, wirkt hier seit 1998. Prinzipiell werden Familienmitgliedern des Hauses keine Managementaufgaben übertragen. Er sei eine Ausnahme in diesem System, sagt er, der einen unspektakulären Ausbildungsweg gegangen ist. Nach der Schule „ganz normal in Oberschwaben“ machte er Abitur im Internat in Bad Wurzach im Allgäu. Daran schloss sich nahtlos der Militärdienst bei den Grenadieren an, wo er es bis zum Leutnant brachte. Auf die Bundeswehr folgte das Studium der Landwirtschaft in Freising-Weihenstephan. „Während des Studiums hat sich das