MAI 36 GALERIE

unterliegt kulturellen Konventionen und eröffnet die Möglichkeit zur Dissimulation, d. h.. Verstellung. Damit wird die Frage der Authentizität des Ausdrucks ...
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MAI 36 GALERIE

Zürich, Juni 2005 PRESSEMITTEILUNG

JOHN BALDESSARI – PRIMA FACIE (SECOND STATE) 11. Juni bis 30. Juli 2005 Wir freuen uns, die neue Werkgruppe PRIMA FACIE (SECOND STATE) des amerikanischen Künstlers John Baldessari (*1931, National City, CA) präsentieren zu können. John Baldessari gehört zu den bedeutendsten Künstlern unserer Zeit. Sein wegweisendes Werk wird zurzeit in einer zweiteiligen Retrospektive im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien und dem Kunsthaus Graz präsentiert. John Baldessari lebt und arbeitet in Santa Monica, CA. Das Verhältnis von Sagen und Zeigen, Sprache und Bild, ist bei John Baldessari wie bei keinem anderen Künstler seiner Generation Gegenstand intensiver künstlerischer Recherche. In seiner neuen Werkgruppe korrespondieren photographische Bilder Worten, die eine Emotion oder Charakteristik beschreiben. Indem John Baldessari Adjektive, wie „noble“, „kind“, „troubled“, „scornful“ oder „jolly“ photographischen Darstellungen von Affekten zur Seite stellt, erkundet er die unterschiedlichen Möglichkeiten von Bild und Sprache als zwei Formen der Mitteilung sowie die komplexe Beziehung, in der diese beiden grundlegenden menschlichen Ausdrucksformen zueinander stehen. Auf den ersten Blick scheint der Text das Bild zu erläutern, das Bild den Text zu illustrieren. Es bietet sich an, einfache Urteile in der Form von „dieser Gesichtsausdruck ist edel, liebenswürdig, lustig“ oder „dieser Mensch schaut besorgt, jener verächtlich etc.“ zu bilden. Doch gleichzeitig erweist sich die Differenz von Text und Bild als unüberbrückbar: Die Allgemeinheit, die dem sprachlichen Ausdruck zukommt und beim Betrachter einen gerichteten Vorstellungsraum eröffnet, gerät zunehmend in Konflikt mit der räumlichen Individuierung des Bildes, das notwendig etwas zur individuellen Anschauung bringt. Schon im Titel der Ausstellung PRIMA FACIE (SECOND STATE), tut sich mit dem Lateinischen „prima facie“, das soviel wie „auf den ersten Blick“ meint und vor Gericht zur Bezeichnung eines Beweises von suggestiver Evidenz verwendet wurde, ein Abgrund menschlicher Kommunikation auf: selbst der gemeinhin universelle Gültigkeit beanspruchende emotionale Ausdruck, der sich in Mimik und Gestik niederschlägt, unterliegt kulturellen Konventionen und eröffnet die Möglichkeit zur Dissimulation, d. h. Verstellung. Damit wird die Frage der Authentizität des Ausdrucks virulent. Schon im lateinischen Substantiv „facies“ klingt dies an, da es einerseits das Antlitz, das Aussehen, andererseits aber ebenso den äusseren Schein im Gegensatz zur Wirklichkeit bezeichnen kann. Die Ausstellung in der Mai 36 Galerie dauert vom 11. Juni bis 30. Juli 2005. Vernissage ist am Sonntag, 12. Juni ab 12 Uhr. John Baldessari wird vom 7. Juni in Zürich sein. Sie sind in diesem Zeitraum herzlich zu einem persönlichen Gespräch mit dem Künstler eingeladen. Auch lassen wir Ihnen gerne auf Anfrage geeignetes Bildmaterial zukommen. Wir freuen uns, Sie in der Galerie begrüssen zu dürfen und danken Ihnen für Ihr Interesse. Mai 36 Galerie Victor Gisler