2. Tag - Thieme

Beim sog. Triple-Test finden sich laborchemisch im mütterlichen Serum erniedrigte Östri- ...... 56 Nach Absetzen von Vancomycin wird nach einer anderen therapeutischen Option .... das Gefühl gehabt habe, nicht mehr profi- tieren zu können ...
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Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung Zweiter Tag 107 Aufgaben davon

47 Einzelaufgaben und

60 Aufgaben in 4 Fallstudien

Zu den Prüfungsunterlagen des heutigen Prüfungstages gehören • • •

Aufgabenheft Bildbeilage einschließlich Laborparameter-Tabellen Antwortbeleg

Referenzbereiche für Laborparameter sind von methodischen und probandenbedingten Einflussfaktoren abhängig und werden daher in der Fachliteratur häufig unterschiedlich angegeben. In dieser Prüfung stellen die beigefügten Laborparameter-Tabellen die maßgebende Grundlage für Laborwert-Beurteilungen dar, sofern nicht in Falldarstellungen bzw. Prüfungsaufgaben gesondert Referenzbereiche angegeben sind; bei Laborwerten, für die keine Referenzbereiche aufgeführt sind, wird deren Kenntnis vorausgesetzt. Achten Sie zur Vermeidung von Nachteilen bitte auf eindeutige Markierungen auf Ihrem Antwortbeleg!

Die in diesem Prüfungsheft vorgelegten fallbezogenen Prüfungsaufgaben und Fallstudien können authentischen Erkrankungsfällen nachgebildet sein, erlauben infolge Anonymisierung aber keine Rückschlüsse auf die Krankengeschichten konkreter Personen.

© Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen, Mainz Dieses Aufgabenheft einschließlich der Anlagen ist Eigentum des IMPP. Es wird ausschließlich zur persönlichen Information des Prüflings bzw. zum dienstlichen Gebrauch überlassen. Eine Weitergabe an Dritte ist nicht zulässig. Die Prüfungsaufgaben sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Jegliche Nutzung, insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung sowie Umgestaltung – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des IMPP zulässig.

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Einzelaufgaben 1

Ein 3 ½-jähriges Mädchen hat seit mehreren Wochen einen chronischen Husten, der besonders nachts auftritt. Nach Aussage der Mutter schlafe das Kind schlecht und zudem meist schnarchend mit offenem Mund. Die Lungen sind perkutorisch und auskultatorisch unauffällig. Das kleine Blutbild (Hb, Leukozytenzahl, Thrombozytenzahl) und die Röntgenaufnahme des Thorax sind ohne pathologischen Befund. Welche der Diagnosen ist am wahrscheinlichsten zutreffend? (A) angeborener Immundefekt (B) Asthma bronchiale (C) Mukoviszidose (D) Rachenmandelhyperplasie (E) Tuberkulose

2

Ein Neugeborenes, welches direkt nach Geburt kräftig geschrien hatte (Apgar 10), wird dann zunehmend zyanotisch, macht angestrengte Atemexkursionen; man hört aber kein Atemgeräusch über den Lungen. Schließlich beginnt es wieder zu schreien und wird danach wieder rosig. So geht es im Wechsel weiter. Was liegt am wahrscheinlichsten vor? (A) doppelseitige Choanalatresie (B) große Zwerchfellhernie (C) Lungenagenesie (D) Ösophagusatresie mit unterer Magenfistel (E) Surfactantmangel

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Bei einem Säugling mit einem auffällig aufgetriebenen Abdomen wurde radiologisch durch einen Kontrastmitteleinlauf ein Megakolon festgestellt. Es wird vermutet, dass dieser auf einer Aganglionose beruht. Welche der Untersuchungen sollte zur Unterstützung dieser Verdachtsdiagnose an erster Stelle durchgeführt werden? (A) Bestimmung der Cholinesteraseaktivität in einem Dünndarmbiopsat (B) Gastroduodenoskopie (C) HLA-Typisierung (D) Manometrie des Enddarms (E) Untersuchung auf Gliadinantikörper im Serum

4

Seit einem Tag klagt ein 10-jähriges Mädchen über Erbrechen, Bauchweh und breiige Stühle. Es habe nichts mehr gegessen. Sie finden Zeichen der Exsikkose und einen Sklerenikterus. Die begleitende Mutter berichtet Ihnen, dass es auch schon vor 2 Jahren im Rahmen einer infektiösen Gastroenteritis zu einer ähnlichen Symptomatik gekommen war. Im aktuellen Laborbefund des Kindes zeigt sich ein Gesamt-Bilirubinwert im Serum von 5,6 mg/dL bei einem Wert des direkten Bilirubins von 0,1 mg/dL. Sie vermuten ein Gilbert-Meulengracht-Syndrom. Welche Aussage zu diesem Syndrom trifft vorrangig zu? (A) Bei diesem Syndrom liegt eine verminderte Aktivität der UDP-Glukuronyltransferase vor, die in Belastungssituationen zu ikterischen Schüben führt. (B) Diagnostisch wegweisend ist eine massiv erhöhte Aktivität der ALT und AST bei zugleich unauffälligen Werten für AP und γ-GT im Serum. (C) Fettlösliche Vitamine müssen lebenslang substituiert werden. (D) In der Adoleszenz entwickelt sich in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Leberfibrose. (E) Zur Therapie ist die Durchführung einer Plasmapherese indiziert.

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Ein 7-jähriges Kind türkischer Abstammung leidet seit einigen Jahren an rezidivierenden Gallenkoliken und hat immer wieder Phasen, in denen es ein gelbliches Hautkolorit aufweist. Seit dem Säuglingsalter besteht eine chronische Anämie, die immer wieder Anlass für Transfusionen war. Im Laufe der Entwicklung des Kindes sind die Wangenknochen zunehmend prominent geworden. Das Kind wird Ihnen nun erstmals wegen eines deutlichen Hautikterus vorgestellt. Bei der körperlichen Untersuchung tasten Sie eine vergrößerte Leber und eine vergrößerte Milz. Schmerzen hat das Kind nicht. Welche der Diagnosen ist am wahrscheinlichsten? (A) β-Thalassaemia major (B) Choledochuszyste (C) Gallenganghypoplasie (D) hereditäre Methämoglobinämie (E) Pancreas anulare

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Ein in der 32. Schwangerschaftswoche frühgeborener Knabe steht nach 7-wöchiger stationärer Behandlung kurz vor der Entlassung nach Hause. Bei der Abschlussuntersuchung des inzwischen 2 300 g schweren Kindes fällt erstmals eine deutliche Schwellung in der linken Leistenregion auf, die sich offenbar neu gebildet hat. Die Palpation der weichen Schwellung ist nicht druckschmerzhaft. Der hinzugerufene Kinderchirurg bestätigt den Verdacht auf einen Leistenbruch. Die Eltern des Kindes werden über die Diagnose einer unkomplizierten Leistenhernie in Kenntnis gesetzt. Welche der Aussagen zum weiteren unmittelbaren Vorgehen ist vorrangig zutreffend? (A) Der Leistenbruch ehemaliger Frühgeborener wird zunächst mit FibroblastenWachstumsfaktor konservativ behandelt. Erst bei ausbleibendem Erfolg ist eine Operation in Erwägung zu ziehen. (B) Die Leistenhernien-Operation sollte zwar angeraten, aber ihre Durchführung bis zu einem Lebensalter von mindestens 6 Monaten aufgeschoben werden. (C) Die Operation muss sofort als Notfallmaßnahme durchgeführt werden. Der Anästhesist und die Op-Abteilung sind unverzüglich in Kenntnis zu setzen. (D) Es sollte die Empfehlung ausgesprochen werden, noch einige Wochen abzuwarten, da alsbald auch mit einem Leistenbruch auf der Gegenseite zu rechnen ist und bei der Operation dann beide Seiten zugleich versorgt werden können. (E) Nach Aufklärung der Eltern über den Leistenbruch sollte vorgeschlagen werden, die Entlassung des Kindes zu verschieben und die Operation innerhalb der nächsten Tage durchzuführen.

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Die Mutter eines 3-jährigen Jungen berichtet, dass ihr Kind gelegentlich einen blutigen oder auch schwarz gefärbten Stuhl absetze, ohne Schmerzen, Durchfall oder Obstipation zu haben. Trotz dieser für sie sehr besorgniserregenden Stuhlunregelmäßigkeiten scheine es dem Kind gut zu gehen und es klage über keinerlei Beschwerden. Was kommt als Ursache dieser Symptomatik vorrangig in Betracht? (A) Analrhagaden (B) Colitis ulcerosa (C) Darminvagination (D) M. Crohn (E) Meckel-Divertikel

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Bei einem 3-jährigen Mädchen fällt dem Kinderarzt eine Labiensynechie auf. Welche Aussage zum weiteren Vorgehen ist vorrangig zutreffend? (A) Die Labiensynechie ist als Ausdruck einer bestehenden Intersexualität zu werten und das Kind einer entsprechenden Diagnostik zuzuführen. (B) Die Labiensynechie ist das Hauptsymptom des Lichen sclerosus et atrophicus. Da dieser einen quälenden Juckreiz verursacht, ist eine Therapie mit einem Antihistaminikum erforderlich. (C) Eine systemische Steroidtherapie ist notwendig, um das Fortschreiten der entzündlich bedingten Labiensynechie aufzuhalten. (D) Es besteht der begründete Verdacht auf sexuellen Missbrauch des Kindes und es sind entsprechende Schritte zum Schutz des Kindes einzuleiten. (E) Zur Lösung der Synechie ist eine Therapie mit östrogenhaltiger Salbe indiziert.

9

Bei einem 8-jährigen Knaben, der seit Längerem durch häufiges Nasenbluten, Kopfschmerzen und kalte Füße aufgefallen war, wird aufgrund einer echokardiographischen Untersuchung eine postduktale Aortenisthmusstenose vermutet und durch eine nachfolgende Herzkatheteruntersuchung bestätigt. Welcher der folgenden Befunde passt am wenigsten zu dieser Diagnose? (A) EKG: Zeichen einer Myokardhypertrophie (B) nicht tastbare Femoralarterienpulse (C) Röntgenbild: Darstellung von Rippenusuren (D) systolisches Herzgeräusch über der linken Thoraxhälfte (E) Zyanose allein der oberen Extremitäten

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Ein etwa 5 Jahre alter Junge unternimmt mit seinem Fahrrad erste Fahrversuche auf dem Vorplatz des elterlichen Gewerbebetriebs. Nachdem er etwas Fahrsicherheit erlangt hat, fährt er mit Schwung eine Rampe hinab. Diese Rampe führt direkt auf eine Straße, an deren Rand ein großer Lkw mit Anhänger geparkt hat. Ein mit mäßiger Geschwindigkeit vorbeifahrender Pkw-Fahrer kann das plötzlich hinter dem Lkw auftauchende Kind nicht mehr rechtzeitig erkennen und den Zusammenprall trotz einer sofortigen Vollbremsung nicht mehr verhindern. Sie werden als Notarzt mit dem Einsatzstichwort „Verkehrsunfall mit Kind“ alarmiert. Die Basisuntersuchung des offensichtlich noch in der unfallbedingten Lage am Boden liegenden Kindes ergibt folgende Befunde: Augen öffnen auf Schmerzreiz, auf Ansprache unverständliche Laute, abnorme (ungezielte) Abwehr auf Schmerzreiz, Pupillen isokor mit prompter direkter und indirekter Lichtreaktion, ausgedehnte Ablederung der Kopfhaut links parietal mit starker Blutung, Lunge seitengleich vesikuläres Atemgeräusch, Blutdruck 70/40 mmHg, Herzfrequenz 130/min, orientierende Untersuchung von Thoraxskelett, Abdomen, Becken und Extremitäten unauffällig. Die pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung beträgt 90 %. Sie stellen die Verdachtsdiagnose „schweres Schädel-Hirn-Trauma mit traumatischhämorrhagischem Schock“. Zum Volumenersatz und zur Narkoseeinleitung ist ein Zugang zum Gefäßsystem notwendig. Welches weitere Vorgehen ist bei dem Kind nach zwei bis drei frustranen Punktionsversuchen einer weitlumigen peripheren Vene am ehesten angezeigt? (A) Anlage eines intraossären Zugangs im Bereich des Femur (B) Anlage eines intraossären Zugangs im Bereich der Tibia (C) Punktion der V. femoralis (D) Punktion der V. jugularis interna (E) Punktion der V. subclavia

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Ein Schüler zeigt Ihnen den auf Abbildung Nr. 11 der Bildbeilage dargestellten Herd mit Haarverlust, der nun seit 8 Wochen langsam zunimmt. Stellenweise ist etwas Eiter ausgetreten. Allgemeinsymptome wie Schüttelfrost sind nicht aufgetreten. Der Junge ist im Übrigen hautgesund. In den Ferien vor Beginn der Hauterkrankung war er am Mittelmeer. Therapeutisch wurden bisher orale Behandlungen mit Cefalexin für 2 Wochen sowie mit Clindamycin plus Rifampicin für ebenfalls 14 Tage durchgeführt. Lokal ist Erythromycin bis zum jetzigen Vorstellungstermin angewendet worden. Welche Maßnahme führt am wahrscheinlichsten zum Ziel? ®

(A) Tesafilm -Abrisspräparat zur Suche nach Malassezia furfur (B) mykologische Untersuchung und Therapiebeginn mit Ciclopirox(-Olamin), bis das Kulturergebnis vorliegt (C) umgehende Einleitung einer oralen Nystatinbehandlung für 2 Wochen ex juvantibus (D) gezielte Untersuchung auf eine Infektion mit Corynebacterium minutissimum (E) bakteriologische Untersuchung und umgehende antibiotische Behandlung gegen Staphylococcus aureus bei Verdacht auf Karbunkel

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Eine Patientin meldet sich telefonisch bei Ihnen und klagt laienhaft über polsterartige, schuppende Hautveränderungen an Rumpf und Extremitäten. Sie „schwöre auf die Sonne“ und verspreche sich deshalb Heilung von einer Lichttherapie. Sie bestellen die Patientin zunächst zur Untersuchung ein, um die Hauterkrankung diagnostisch einordnen zu können. Bei welcher der folgenden Dermatosen wären UV-Photo(chemo)therapien am ehesten kontraindiziert? (A) chronische Plaque-Psoriasis (B) chronisches Hand- und Fußekzem infolge atopischer Dermatitis (C) Mycosis fungoides im Frühstadium (D) Parapsoriasis en plaques (E) subakuter kutaner Lupus erythematodes (SCLE)

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Bei einem älteren Mann hat sich in den letzten Jahren die auf Abbildung Nr. 12 der Bildbeilage dargestellte Gesichtsdermatose entwickelt. Die übrige Haut ist frei. Ein systemischer Therapieversuch mit Doxycyclin hat wenig bewirkt; Metronidazol wurde nicht vertragen. Eine Augenbeteiligung besteht nach ophthalmologischer Begutachtung nicht. Der Patient ist internistisch im Wesentlichen gesund. Welcher der folgenden Arzneistoffe kommt jetzt zur systemischen Therapie − neben einer chirurgischen Behandlung − am ehesten in Betracht? (A) Azathioprin (B) Chloroquin (C) Interferon alfa (D) Isotretinoin (E) Methotrexat

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Eine 81-jährige demente Frau wird von ihrem Sohn wegen der auf Abbildung Nr. 14 der Bildbeilage dargestellten Hautveränderung in Stirnmitte zum Arzt begleitet. Die Vorstellung erfolgt aufgrund mehrfacher Blutungen aus der Läsion während der letzten Monate. Lymphknotenschwellungen finden sich nicht. Ein Immundefekt ist bei der Patientin nicht bekannt. Was ist in erster Linie zu veranlassen? (A) Frage nach Kontakt mit Katzen und bakterieller Abstrich zur Suche nach Bartonella henselae (B) geschlossener (okklusiver) Dauerverband, damit keine weiteren Artefakthandlungen möglich sind (C) Medikamentenanamnese zum Ausschluss eines fixen Arzneiexanthems (D) Probebiopsie unter der Verdachtsdiagnose eines Basalioms (Basalzellkarzinoms) (E) Röntgenaufnahmen des Thorax und Abdomensonographie zum Ausschluss von (ggf. therapielimitierenden) Fernmetastasen

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Eine 29-jährige, ledige Patientin zeigt Ihnen die auf Abbildung Nr. 13 der Bildbeilage dargestellten Veränderungen, die sie seit 12 Wochen hat. Die Herde sind von weicher Konsistenz. Die übrige Haut stellt sich unauffällig dar. Die Patientin ist ansonsten gesund. Welche der folgenden Diagnosen ist am wahrscheinlichsten? (A) Condylomata acuminata (B) Condylomata lata (C) Marisken (D) M. Bowen (E) Mollusca contagiosa

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Eine 38-jährige Patientin wird wegen einer Angina tonsillaris mit Amoxicillin behandelt. Unter dieser Therapie zeigt sich nach 7 Tagen ein makulopapulöses Exanthem an den Händen und im Genitalbereich. Um was handelt es sich am wahrscheinlichsten? (A) Arzneimittelexanthem (B) Candidamykose im Rahmen der Antibiotikatherapie (C) Exanthema subitum (D) Impetigo contagiosa (E) Scharlach

17

Eine 35-jährige Patientin sucht den niedergelassenen Gynäkologen auf, weil sie seit mehreren Jahren einen unerfüllten Kinderwunsch hat. In der Anamnese stellt sich heraus, dass sie in der Vergangenheit mehrere Entzündungen der Eileiter hatte. Bei der gynäkologischen Untersuchung ist auf beiden Seiten neben dem Uterus ein Tumor zu tasten. Bei der Sonographie dieser Tumoren zeigen sich im Ultraschall längliche, scheinbar septierte zystische Strukturen, deren Durchmesser etwa 3 cm × 3 cm × 8 cm betragen. Welche der Diagnosen ist am ehesten zutreffend? (A) Echinokokkuszysten (B) Hydrosalpinx (C) Ovarialkarzinom (D) Streak-Gonaden (E) Tubenkarzinom

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In die Sprechstunde des niedergelassenen Gynäkologen kommt eine 17-jährige Patientin. Sie gibt an, bisher noch keine Regelblutung gehabt zu haben. Die Patientin berichtet dem Arzt, sie betreibe Leistungssport. Das Ausbleiben der Regelblutung hatte sie bisher nicht beunruhigt, da ihre Trainerin vermutete, dass dies auf das ausgiebige Training zurückzuführen sei. Die Patientin hat seit einigen Monaten einen Freund. Der Versuch, den Geschlechtsverkehr auszuüben, blieb trotz mehrerer Versuche bislang erfolglos. Bei der körperlichen Untersuchung zeigen sich die sekundären Geschlechtsmerkmale altersentsprechend unauffällig entwickelt. Die Brustentwicklung entspricht dem Tanner-Stadium 4. Es besteht eine normale Achsel-, Scham- und Extremitätenbehaarung. Die gynäkologische Untersuchung ergibt ein normales äußeres Genitale. Eine Spiegeluntersuchung gelingt nicht. Der Scheideneingang scheint verschlossen zu sein. Bei der nachfolgenden Ultraschalluntersuchung können kein Uterus und keine Vagina dargestellt werden. Die Gonaden sind normalgroß an der Beckenwand sichtbar. Nach einigen Tagen treffen die Ergebnisse der Hormonbestimmung ein. Hierbei liegen die Werte für LH, FSH, Prolaktin, Östradiol und Testosteron innerhalb der altersentsprechenden Referenzbereiche. Wie lautet die wahrscheinlichste Verdachtsdiagnose? (A) Asherman-Syndrom (B) Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (C) PCO-Syndrom (D) testikuläre Feminisierung (E) Ullrich-Turner-Syndrom

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Bei einer Ultraschalluntersuchung in der 20. SSW werden beim Feten beidseits verkürzte Humeri und Femora (beide Längen unterhalb der 5. Perzentile), eine Brachyzephalie, ein hypoplastischer Nasenknochen sowie bei der anschließenden Echokardiographie ein kompletter atrioventrikulärer Septumdefekt nachgewiesen. Beim sog. Triple-Test finden sich laborchemisch im mütterlichen Serum erniedrigte Östriol- und AFP-Konzentrationen bei zugleich erhöhter β-HCG-Konzentration. Welche der Erkrankungen des Feten liegt am wahrscheinlichsten vor? (A) Allen-Masters-Syndrom (B) Down-Syndrom (Trisomie 21) (C) Edwards-Syndrom (Trisomie 18) (D) Fragiles-X-Syndrom (E) Pätau-Syndrom (Trisomie 13)

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Eine 22-jährige Patientin (3.-Gravida, 0-Para) entwickelt in der 13. Schwangerschaftswoche eine geringe uterine Blutung und ziehende Unterbauchschmerzen. Mittels Ultraschalluntersuchung und β-HCG-Bestimmung wird eine Blasenmole diagnostiziert. Die Patientin befindet sich in einem guten Allgemeinzustand und ist kreislaufstabil. Welche der Maßnahmen ist nun vorrangig indiziert? (A) Hysteroskopie (B) Hysterotomie zur manuellen Uterusentleerung (C) Induktion einer Spontanausstoßung mit i.v. Prostaglandin-Gabe (D) Instillation von Methotrexat in das Cavum uteri (E) vaginale Hysterektomie

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Eine 29-jährige 1.-Gravida, 0-Para wird in der 31 + 2 SSW wegen zunehmender arterieller Hypertonie (zuletzt RR-Werte um 160/105 mmHg) und einer neu aufgetretenen Proteinurie (Ustix auf Eiweiß: ++) vom niedergelassenen Gynäkologen stationär eingewiesen. Die bei Aufnahme der Patientin durchgeführte sonographische Untersuchung zeigt einen auffällig kleinen Feten. Der betreuende Krankenhausarzt befürchtet die Entwicklung einer intrauterinen Wachstumsretardierung aufgrund einer uteroplazentaren Insuffizienz, mit der gerade bei einer früh auftretenden Präeklampsie zu rechnen ist. In Anbetracht der „Unreife“ des Feten wird ein zunächst konservatives Management unter intensivierter Überwachung von Mutter und Fet beschlossen. Welche der folgenden Maßnahmen wird vorrangig zur intensivierten Überwachung in dieser Situation eingesetzt? (A) eine kontinuierliche Aufzeichnung mütterlicher Atembewegungen (B) eine regelmäßige amnioskopische Untersuchung zur Bestimmung der Fetalgröße (C) eine regelmäßige Amniozentese zur Bestimmung der Bilirubin-Konzentration im Fruchtwasser (D) eine regelmäßige Doppler-sonographische Untersuchung der fetalen Aa. umbilicales und der fetalen Aa. cerebri mediae (E) eine regelmäßige Fetalblutentnahme durch Nabelschnurpunktionen zur Bestimmung des fetalen pH-Wertes, der Laktat-Konzentration und des Sauerstoffpartialdruckes

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Eine 38-jährige Frau gebärt spontan zum errechneten Termin einen 4 100 g schweren Knaben. Nach Entwicklung der vollständigen Plazenta tritt eine verstärkte anhaltende Blutung aus der Scheide aus. Welches unmittelbare Vorgehen ist nun vorrangig angezeigt? (A) Lagerung der Patientin auf der linken Seite, um das bestehende CavaKompressions-Syndrom zu beheben (B) sofortige Gabe von Tokolytika (C) umgehende Einleitung einer Intubationsnarkose und Durchführung einer Kürettage (D) umgehende Hysterektomie (E) unverzügliche äußere Kompression des Uterus und Spekulumeinstellung, um eventuelle Geburtsverletzungen als mögliche Blutungsquelle erkennen zu können

23

Eine 35-jährige übergewichtige 1.-Gravida, 0-Para entwickelt in ihrer Schwangerschaft einen Gestationsdiabetes. Ab der 36. Schwangerschaftswoche benötigt sie eine Insulinbehandlung. Am Termin wird die Geburt mit Prostaglandingel eingeleitet und schreitet nach Anlage einer Periduralanästhesie gut voran. Nach 8 Stunden ist der Muttermund vollständig eröffnet, das kindliche Köpfchen tritt in das Becken ein. Kurz über dem Beckenboden kommt es zunächst zu einem Geburtsstillstand. Da die Mutter völlig erschöpft ist, wird der kindliche Kopf durch eine Vakuumextraktion entwickelt. Nachdem der Kopf geboren ist, zieht er sich teilweise in die Vulva zurück („turtle sign“), die Geburt geht nicht mehr weiter. Welche Situation liegt am wahrscheinlichsten vor? (A) hintere Hinterhauptslage (B) Litzmann-Obliquität (verstärkter hinterer Asynklitismus) (C) Schulterdystokie (D) tiefer Querstand (E) vordere Scheitelbeineinstellung

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Eine 53-jährige norddeutsche Opernsängerin stellt eine zunehmende Rauigkeit ihrer Stimme sowie eine Gewichtszunahme fest und konsultiert deshalb mehrere verschiedene Fachärzte, zuletzt einen Gynäkologen. Sie berichtet auch über Kälteempfindlichkeit und eine fortschreitende Antriebsarmut. Ihre letzte Monatsblutung habe sie vor 6 Monaten gehabt; eine späte Schwangerschaft ist ausgeschlossen. Die Schilddrüse ist schmerzfrei und klinisch nicht auffällig vergrößert. Der Gynäkologe erhebt die folgenden Laborbefunde: TSH 65 mU/L, Cortisol 13 µg/dL (Referenzbereich 6−25 µg/dL), FSH 28 U/L (Referenzbereich postmenopausal > 20 U/L). Die Patientin bittet um einen sofortigen Therapiebeginn. Bisher besteht bei ihr keine medikamentöse Dauerbehandlung. Die Einleitung einer oralen Monotherapie mit welcher der folgenden Substanzen ist am ehesten sinnvoll? (A) Estradiol (B) Iodid (C) L-Thyroxin (D) Prednisolon (E) Propylthiouracil

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Ein Kind kommt am errechneten Termin mit einem Geburtsgewicht von 1 900 g und einer Gaumenspalte zur Welt. Bei der Abklärung einer Gedeihstörung in den ersten Lebenswochen wird ein Ventrikelseptumdefekt diagnostiziert und operativ verschlossen. Bei den Operationsvorbereitungen findet sich als auffälliger Laborparameter eine Hypokalzämie. Im Laufe der ersten Lebensjahre fallen eine psychomotorische Retardierung und Gesichtsdysmorphie im Sinne einer prominenten Nasenwurzel, hypoplastischer Nasenflügel und tiefsitzender, wenig modulierter Ohren auf. Zusätzlich kommt es zu rezidivierenden Infektionen aufgrund eines Immundefektes. Bei dem Kind wird die Verdachtsdiagnose Di-George-Syndrom gestellt und eine humangenetische Laboruntersuchung bei ihm durchgeführt. Was erwartet man bei dieser humangenetischen Labordiagnostik am wahrscheinlichsten? (A) balancierte Translokation (B) chromosomales Mosaik (C) Chromosomenbrüche (D) Mikrodeletion (E) numerische Chromosomenaberration

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Ein 25-jähriger Mann, bei dem durch Ultraschalluntersuchung eine polyzystische Nierenkrankheit nachgewiesen worden ist, ist Vater von zwei zweieiigen Zwillingspaaren im Alter von zwei und vier Jahren. Die Mutter der Zwillingspaare ist gesund und deren Familienanamnese ist leer. Die Mutter des Mannes war mit 48 Jahren, ihre Schwester mit 50 Jahren an einer „Hirnblutung“ verstorben. Bei beiden Schwestern waren langjährig eine Hypertonie und ein Nierenleiden bekannt. Auch der Vater der beiden, der Großvater des Mannes, war relativ früh an einer Hirnblutung verstorben und hatte ebenfalls ein bekanntes Nierenleiden. Der Mann ist wegen einer chronischen Niereninsuffizienz bei seinen Kindern besorgt. Welche Aussage zum durchschnittlichen Erkrankungsrisiko der Kinder in solchen Familien trifft am ehesten zu? (A) Alle Söhne des Patienten werden an einer polyzystischen Nephropathie erkranken. (B) Alle vier Kinder des Patienten werden an einer polyzystischen Nephropathie erkranken. (C) Es werden drei der vier Kinder des Patienten an einer polyzystischen Nephropathie erkranken. (D) Es werden zwei der vier Kinder des Patienten an einer polyzystischen Nephropathie erkranken. (E) Es wird eines der vier Kinder des Patienten an einer polyzystischen Nephropathie erkranken.

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Die Abbildung zeigt den Stammbaum einer Familie, in der der Urgroßvater I/1 der jüngsten Kinder von einer Hämophilie A betroffen war.

I

1

II III

IV

2

1

1

2

1

2

2

3

4

3

4

3

Welcher der folgenden Familienangehörigen ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % Träger der Mutation, die in der Familie für die Hämophilie verantwortlich ist? (A) II/2 (B) II/3 (C) III/2 (D) III/3 (E) IV/1

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Bei einem 25-jährigen Patienten wurde ein reines Seminom links mittels inguinaler Orchiektomie entfernt. Die Ausbreitungsdiagnostik zeigt metastasenverdächtige Lymphknoten von 2−5 cm Größe im Retroperitonealraum und auch oberhalb des Zwerchfells. Es ist somit von einem klinischen Stadium III (Lugano-Klassifikation) auszugehen. Welche der Maßnahmen ist nun zur Tumorreduktion bzw. -elimination vorrangig indiziert? (A) alleinige Bestrahlung aller betroffenen Lymphknotenstationen (B) alleinige Chemotherapie (C) nervschonende Lymphadenektomie sowohl der retroperitonealen als auch der supradiaphragmalen Lymphknoten (D) nervschonende retroperitoneale Lymphadenektomie in Kombination mit einer Bestrahlung der oberhalb des Zwerchfells gelegenen Lymphknoten (E) nervschonende retroperitoneale Lymphadenektomie in Kombination mit einer adjuvanten Chemotherapie

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Ein nun 60 Jahre alter Patient stellte sich seit seinem 50. Lebensjahr regelmäßig einmal pro Jahr zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung beim niedergelassenen Urologen vor. Im ersten Jahr betrug sein PSA-Wert im Serum 1,2 ng/mL. Bis zu seinem 57. Lebensjahr blieb dieser Wert stabil. Mit 58 Jahren lag sein PSA-Wert bei 2,1 ng/mL; mit 59 Jahren war der Wert bereits auf 3,1 ng/mL angestiegen. Der jetzige PSA-Wert wird mit 3,9 ng/mL bestimmt. Die aktuelle digitorektale Untersuchung ist bis auf eine leicht vergrößerte, adenomkonsistente Prostata unauffällig. Im transrektalen Ultraschall (TRUS) wird ein Prostatavolumen von 53 mL gemessen. Sonomorphologisch besteht kein Anhalt für Malignität. Miktionsbeschwerden hat der Patient nicht. Die Urinuntersuchung mittels Streifentest liefert keinen pathologischen Befund. Welche Konsequenz ist aus den Befunden nun vorrangig zu ziehen? (A) Aufgrund des Anstieges seiner PSA-Werte ist dem Patienten zur radikalen Prostatektomie zu raten. (B) Aufgrund des Anstieges seiner PSA-Werte ist dem Patienten zur transurethralen Resektion des Prostataadenoms zu raten. (C) Die Krebsfrüherkennungsuntersuchung ist als unauffällig anzusehen. Der Patient soll im nächsten Jahr zur erneuten Untersuchung wieder vorstellig werden. (D) Es besteht der Verdacht auf ein Prostatakarzinom. Dem Patienten sollte die transrektale Prostatastanzbiopsie empfohlen werden. (E) Es besteht der Verdacht auf eine Urogenitaltuberkulose. Eine entsprechende gezielte Diagnostik sollte durchgeführt werden.

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Bei einem 58-jährigen Patienten wird histologisch ein infiltrierend wachsendes Plattenepithelkarzinom des Penis im Bereich der Glans diagnostiziert (T2 G2), das einen Durchmesser von etwa 2 cm aufweist. Welche der angeführten Maßnahmen ist vorrangig angezeigt? (A) Chemotherapie (B) Lasertherapie des Lokalbefundes an der Glans penis (C) organerhaltende lokale Exzision des Tumors mit nachfolgender bilateraler Radiatio der inguinalen Lymphknoten (D) Penisteilamputation mit nachfolgender bilateraler inguinaler Lymphadenektomie (E) radikale Penektomie

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Ein adipöser Patient leidet an rezidivierender Nephrolithiasis. Der Urin-pH zeigt konstante Werte um 5 bis 5,2. Sonographisch können Steine im Nierenbecken gesehen werden, auf Röntgenübersichtsaufnahmen kommen sie jedoch nicht zur Darstellung. Bei einem weiteren spontanen Steinabgang gelang es erstmals, einen Stein aufzufangen und ihn einer chemischen und kristallographischen Steinanalyse zuzuführen. Welches Ergebnis der Steinanalyse ist am wahrscheinlichsten zu erwarten? (A) Harnsäure-Stein (B) Kalziumoxalat-Stein (C) Kalziumphosphat-Stein (D) Magnesiumammoniumphosphat-Stein (E) Whewellit-Stein

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Ein 19-jähriger Mann bedarf wegen rezidivierender Zystinsteinbildung einer Metaphylaxe der Nephrolithiasis. Neben der Empfehlung zur Steigerung der Trinkmenge ist ihm vorrangig zu raten zu einer Therapie mit (A) Allopurinol (B) Ammoniumchlorid (C) Kaliumnatriumhydrogenzitrat (D) L-Methionin (E) Ofloxacin

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Ein 72-jähriger adipöser Patient hat während mehrerer Jahrzehnte stark geraucht und klagt über Müdigkeit und Kopfschmerzen sowie einen resistenten Husten mit wechselnd starkem, überwiegend gelblich verfärbtem Auswurf, ferner über Luftnot, die schon zu Zwangspausen beim Waschen und Anziehen führt. Die klinische Untersuchung zeigt eine blaurote Fazies, gestaute Halsvenen, bläuliche Fingernägel sowie Unterschenkel- und Fußrückenödeme. Der Thorax ist vermindert beatmet, die Zwerchfellhälften stehen hoch, über den Lungenabschnitten hört man ubiquitär Giemen und Brummen, das Atemgeräusch ist leise. Ein pathologisches Herzklappengeräusch fällt nicht auf, der Blutdruck ist normal. Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten? (A) Asthma bronchiale (B) COPD (C) Lungenfibrose (D) Mediastinaltumor (E) Sarkoidose

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Eine 79-jährige Frau, im Altenheim lebend, wird zunehmend hinfällig, mit hohem Fieber, Husten und eitrigem Auswurf schließlich bettlägerig und in die Klinik eingewiesen. Die Patientin kann noch berichten, dass seit einigen Wochen vor allem die Nahrungsaufnahme schwierig geworden sei. Feste Speisen habe sie nicht schlucken können („das blieb dann im Hals stecken“); sie habe gewürgt und häufig erbrochen und sei dann ganz dünn und schwach geworden. In den letzten Tagen habe sie bei jeder Flüssigkeitsaufnahme sofort schrecklich husten müssen, habe gar nicht flach liegen können, und nach einem Schluck Milch sei der Auswurf weißlich gewesen. Die nachfolgende Diagnostik ergibt eine beidseitige konfluierende Pneumonie in den Unterlappen und im Mittellappen, das Computertomogramm des Thorax mit Kontrastmittel zeigt den auf Abbildung Nr. 16 der Bildbeilage wiedergegebenen pathologischen Befund. Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten? (A) Bronchialkarzinom mit Stenosierung des Ösophagus (B) Kehlkopf- und Lungentuberkulose (C) Ösophagusdivertikel (D) Ösophaguskarzinom mit ösophagotrachealer Fistel (E) stenosierendes Magenausgangskarzinom mit Aspirationspneumonie

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Ein 34-jähriger selbstständiger Unternehmensberater mit sehr hoher beruflicher Belastung und nur wenigen Freizeitaktivitäten kommt in die Sprechstunde und klagt über seit mehreren Monaten wiederholt auftretende Durchfälle, gelegentlich auch postprandiales Völlegefühl und in letzter Zeit vermehrt Rückenbeschwerden. Außerdem hat der Patient unwillentlich 17 kg Gewicht innerhalb von zwei Jahren verloren und wiegt derzeit noch 65 kg bei einer Körpergröße von 183 cm (BMI 19,4 kg/m2). Der Hausarzt diagnostiziert eine Eisenmangelanämie, eine orthopädische Voruntersuchung ergibt neben einem M. Scheuermann eine Osteoporose mit auf 64 % der Altersnorm verminderter Knochendichte im LWS-Bereich. Bei der klinischen Untersuchung fällt noch eine Vitiligo im Bereich beider Hände auf. Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten? (A) idiopathische Osteoporose (B) Reizdarm-Syndrom bei starkem Berufsstress mit konsekutivem Vitamin-DMangel und Osteoporose (C) sekundäre Osteoporose bei Verdacht auf glutensensitive Enteropathie (einheimische Sprue des Erwachsenen) (D) tumorinduzierte Kachexie und Osteoporose (E) Vitamin-D-Mangel durch fehlende Sonnenlichteinstrahlung und konsekutive Osteoporose

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Ein 51-jähriger Schlosser leidet an einem Schlaf-Apnoe-Syndrom. Er habe arbeitsbedingt schon immer kräftige Hände gehabt, schwitze viel und berichtet über Gelenkbeschwerden an den Knöcheln, Knien und Handgelenken. Vor 2 Jahren wurden durch den Hausarzt ein Diabetes mellitus und ein Bluthochdruck diagnostiziert. Bei der klinischen Untersuchung fällt dem Arzt eine Vergröberung der Gesichtszüge auf. Welche Maßnahme ist bei dem Patienten zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose am besten geeignet? (A) CT der Hypophysenregion (B) Messung von Insulin-like Growth Factor-1 (IGF-1) im Blut (C) dreimalige Messung von Wachstumshormon: an drei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils um 8.00 Uhr morgens (D) Skelettszintigraphie und Rheumaserologie inkl. der antinukleären Antikörper (ANA) (E) Überweisung zum Hämatologen zur Knochenmarkpunktion

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Ein 27-jähriger Mann soll in den Beamtenstatus übernommen werden und wird daher zu einer Gesundheitsuntersuchung geschickt. Er berichtet dem Internisten, nie ernsthaft krank gewesen zu sein, er habe nie in einem Krankenhaus behandelt werden müssen und müsse auch nicht regelmäßig Medikamente einnehmen. Er sei Nichtraucher und habe keinen Kontakt zu Tieren. Bei Nachfrage des Arztes gibt der Mann einen leichten Trainingsmangel als Folge beruflicher Anforderungen an, bei schnellem Treppenlaufen komme er schon mal aus der Puste. Husten, Auswurf und Thoraxschmerzen werden verneint, er habe guten Appetit, keine Gewichtsabnahme bemerkt und auch kein Fieber gehabt. Bei der klinischen Untersuchung ergeben sich keine Auffälligkeiten, der physikalische Befund der Lunge und des Herzens ist regelrecht, es sind keine vergrößerten Lymphknoten tastbar, auch ist keine Vergrößerung von Leber oder Milz zu palpieren. Die Lungenfunktionsprüfung ergibt eine leichte Einschränkung der Vitalkapazität, eine Blutgasanalyse ist unter Ruhebedingungen normal. Das Röntgenbild der Lunge in zwei Ebenen zeigt die Abbildung Nr. 15 der Bildbeilage. Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten? (A) Alpha-1-Antitrypsinmangel (B) Alveolarzellkarzinom (C) ambulant erworbene Pneumonie (D) Sarkoidose (E) Tuberkulose

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Bei einer 29-jährigen Patientin in der 28. SSW wurde aufgrund einer hartnäckigen Bronchitis eine Blutbildkontrolle durchgeführt. Dabei ergaben sich: eine Erniedrigung des Hb-Wertes auf 113 g/L, MCV 76 fL, Leukozyten 6 800/µL, Thrombozyten 360/nL, Bilirubin 0,8 µmol/L. Welche Aussage trifft bei dieser Konstellation am wahrscheinlichsten zu? (A) Falls es sich um eine Entzündungs- oder Infektanämie handelt, sind hyperchrome Erythrozyten zu erwarten. (B) Die Ursache der Anämie ist am wahrscheinlichsten ein Folsäure- oder VitaminB12-Mangel, da dies in Westeuropa in der Schwangerschaft die häufigste Ursache für eine Anämie darstellt. (C) Rechnerisch nimmt die Patientin ca. 5 mg Eisen über die Nahrung zu sich, daher ist ein Eisenmangel sehr unwahrscheinlich. (D) Während der Schwangerschaft kann eine Anämie dieser Größenordnung allein durch Wasserretention ohne weitere Ursachen bedingt sein. (E) Wenn es sich um eine Entzündungs- oder Infektanämie handelt, ist typischerweise der Transferrinspiegel erhöht.

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Eine 47 Jahre alt gewordene Frau mit der Diagnose einer B-ALL bzw. eines hochmalignen B-Zell-Lymphoms hatte zwei Zyklen einer Polychemotherapie nach dem B-ALL-Protokoll erhalten. Sie war plötzlich eingetrübt, und man fand im CCT multiple intrazerebrale Herde mit ringförmiger Kontrastmittelaufnahme. Einer dieser Herde wurde umgehend stereotaktisch biopsiert. Abbildung Nr. 9 der Bildbeilage zeigt anhand eines Giemsa-gefärbten Ausstrichpräparates aus einer kleinen Probe den diagnostisch wegweisenden Befund. Zwei Wochen nach der Biopsie verstarb die Patientin. Bei der Obduktion wurden weitere Herde in Myokard, Nieren und Leber gefunden. Abbildung Nr. 10 der Bildbeilage zeigt auf einer koronaren Schnittstufe den Befund eines Herdes im Gehirn. Welche Diagnose trifft am ehesten zu? (A) Aspergillose (B) generalisierte Kryptokokkose (C) granulomatöser Prozess, z.B. Tuberkulose (D) Sepsis durch gramnegative Stäbchenbakterien (E) Toxoplasmose bei schwerer Immundefizienz

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Bei der Autopsie eines 70-jährigen Patienten aus einem auswärtigen Krankenhaus stellt der Obduzent ein Herzgewicht von 480 g und eine aneurysmatische Aussackung der linken Ventrikelspitze fest. Im Bereich des Aneurysmas finden sich eine Endokardfibrose und multifokal ein fleckig-narbiges Myokard linksseitig. Beidseitig zeigen sich im Herzen makroskopisch keine frischen Nekrosen und keine stärkergradige Koronararterienstenose. Welcher Befund wiese bei weiterer Untersuchung der Organe am ehesten auf eine Thrombenbildung im Bereich des Aneurysmas hin? (A) keilförmige Narben in der Niere (B) Leberstauung mit dem Bild einer sog. Muskatnussleber (C) Lungeninfarkte (D) Milzvenenthrombosen (E) pseudomembranöse Kolitis

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Bei einer 58-jährigen Frau wird wegen therapieresistenter Magenschmerzen und Gewichtsverlusts im Rahmen einer Gastroskopie eine Biopsie vorgenommen. Die Abbildung Nr. 8 der Bildbeilage zeigt in HE-Färbung einen Ausschnitt aus dem histopathologischen Bild des Biopsates. Welche Aussage trifft für dieses Bild am ehesten zu? (A) Dargestellt sind zahlreiche erhaltene Drüsen vom Antrumtyp. (B) Entscheidender Befund ist ein florides Ulkus. (C) Es handelt sich um eine Färbung zur Darstellung speziell von Schleim. (D) Es ist ein Adenokarzinom vom intestinalen Typ zu diagnostizieren. (E) Viele sogenannte Siegelringzellen kennzeichnen einen malignen Befund.

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Eine Mutter kommt mit ihrem 6-jährigen Knaben in die kinderärztliche Sprechstunde, weil der Junge in den letzten Monaten zunehmend Schwierigkeiten beim Laufen hatte und jetzt geradezu „watschelig“ geht. Bei der körperlichen Untersuchung fällt dem Arzt ein positives Gowers-Zeichen auf. Die Familienanamnese ist bezüglich Muskelkrankheiten negativ. Die molekulargenetische Untersuchung ergibt kein verwertbares Resultat. Zur definitiven Klärung der klinischen Verdachtsdiagnose wird eine Muskelbiopsie aus dem M. quadriceps femoris vorgenommen. Welches Zellprotein sollte bei der histopathologischen Aufarbeitung des Muskelbiopsates auf jeden Fall (immunhistochemisch) untersucht werden? (A) α-Synuklein (B) Dystrophin (C) Gliafaserprotein (D) Neurofilamentprotein (E) Zytokeratin

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Als Assistenzarzt in der Abteilung für Hämatologie/Onkologie erheben Sie bei einem 42-jährigen Patienten mit einer akuten myeloischen Leukämie die noch fehlende berufliche Anamnese. Er berichtet Ihnen, dass er gelernter Kfz-Mechaniker sei, aber seit ca. 15 Jahren als Tankreiniger beschäftigt sei. Zusammen mit seinem Team reise er zu verschiedenen Tanklagern großer Mineralölfirmen, wo sie Tanks, die auf Dichtigkeit geprüft werden sollen, im Inneren von Erdöl und den Erdölsedimentresten reinigen. Da sich selbst mit den dabei verwendeten Rührwerken die Tanks nie ganz auswaschen lassen, finde die endgültige Reinigung „von Hand“ statt, d.h. er und seine Kollegen müssten in Chemieschutzanzügen und mit Atemschutzgeräten in die Tanks einsteigen und diese mit einem entsprechenden Kehrwerkzeug reinigen. Auf Ihre genaue Nachfrage berichtet er auch, dass es beim mehrmaligen täglichen An- und Auskleiden der Chemieschutzanzüge regelmäßig zu Hautverunreinigungen mit dem Erdöl kommt, die nur sehr selten vor dem Feierabend entfernt werden. Zu Beginn seiner beruflichen Tätigkeit seien sogar gar keine Schutzanzüge oder Atemschutzgeräte verwendet worden, er und seine Kollegen hätten so in den bis zu kniehohen Erdölresten gestanden. Diese Arbeit sei damals schon manchmal als „sehr lustig“ empfunden worden, denn häufiger hätten sie auch rauschähnliche Zustände erlebt. Sie erstatten eine Berufskrankheitenanzeige bei der zuständigen Berufsgenossenschaft, da Sie in Anbetracht seiner Berufsanamnese die akute myeloische Leukämie des Patienten vorrangig auf seine berufliche Exposition zurückführen. An eine Exposition gegenüber welcher der Substanzen ist hier vorrangig zu denken? (A) Benzol (B) polychlorierte Biphenyle (C) Toluol (D) Trichlorethylen (E) Xylole

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Diese Frage wurde aus der Wertung genommen

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Ein 37-jähriger Arbeiter in einer Akkumulatorenfabrik ist seit vielen Jahren mit der Herstellung von Knopfzellen-Batterien befasst. Seit einiger Zeit leidet er zunehmend unter Husten, Schwäche, Abgeschlagenheit und Blässe. In Anbetracht seiner Berufsanamnese wird eine chronische Vergiftung durch Cadmium für möglich erachtet. Welche der folgenden Untersuchungen ist vorrangig geeignet, dieser Vermutung nachzugehen? Bestimmung von bzw. Untersuchung auf (A) β2-Mikroglobulin im Urin (B) Carboxyhämoglobin im Blut (C) δ-Aminolävulinsäure im Urin (D) Heinz-Innenkörper im Blut (E) Methämoglobin im Blut

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In Ihrer Hausarztpraxis stellt sich ein 62-jähriger Herr vor und berichtet über seine zunehmende Luftnot sowie Husten und Auswurf. Vor der körperlichen Untersuchung erheben Sie die Anamnese; dabei erzählt Ihnen der Patient stolz und kurzatmig von seinem Steinmetzbetrieb, den er aufgebaut habe und den nun seine Söhne in 2. Generation erfolgreich weiterführen. Seit 2 Jahren könne er nicht mehr „mit Hand anlegen“, denn die Luft sei sehr knapp geworden. Die Luftnot habe allmählich zugenommen. Nun sei es so schlimm, dass er sich entschlossen habe, deswegen einen Arzt zu konsultieren. An schwere Luftnotanfälle könne er sich nicht erinnern, auch nicht an Fieber oder grippeähnliche Symptome. Geraucht habe er lediglich etwa vom 20.−35. Lebensjahr, die Zigaretten seien dann für ihn zu teuer geworden. Ihre Frage, ob er denn früher während seiner Berufstätigkeit als Steinmetz einen Atemschutz getragen habe, wird vom Patienten verneint. Bei der körperlichen Untersuchung fallen Ihnen ein deutliches inspiratorisches trockenes Knisterrasseln und hochstehende Lungengrenzen auf. Welche der Erkrankungen ist hier in erster Linie als Ursache der geklagten Beschwerden zu vermuten? (A) Asbestose durch langjährige Exposition gegenüber Asbestzement (B) Byssinose bei hoher beruflicher Staubexposition (C) exogen-allergische Alveolitis durch Eisenstaub (D) Lungenemphysem durch langjährige Exposition gegenüber unausgehärteten Mischharzen (E) Silikose durch langjährige und ungeschützte Exposition gegenüber quarzhaltigen Stäuben

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Ein 31-jähriger Techniker wird von einem deutschen Unternehmen zum Aufbau einer neuen Industrieanlage für 6 Wochen nach Südostasien geschickt. Sein dortiges Hotel ist nicht mit Fliegengittern oder Moskitonetzen ausgestattet, sodass er abends zahlreiche Mückenstiche erleidet. Drei Wochen nach seiner Rückkehr nach Deutschland leidet er an Schüttelfrost, hohem Fieber und körperlicher Schwäche. Es wird eine Malaria diagnostiziert. Welche Konsequenz ergibt sich in Bezug auf die gesetzliche Unfallversicherung vorrangig? (A) Der Fall wird nicht von der Berufsgenossenschaft entschädigt, da der Gesundheitsschaden außerhalb Deutschlands und der Europäischen Union verursacht wurde. (B) Der Fall wird nicht von der Berufsgenossenschaft entschädigt, da die Verursachung in der Freizeit und nicht am Arbeitsplatz erfolgt ist. (C) Der Fall wird nicht von der Berufsgenossenschaft entschädigt, da Infektionskrankheiten nur bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege als Berufskrankheit anerkannt werden können. (D) Eine Leistungspflicht der Berufsgenossenschaft besteht nur, wenn der Arbeitgeber des Patienten eine freiwillige Zusatzversicherung für das Ausland abgeschlossen hat. (E) Es ist von einer Leistungspflicht der Berufsgenossenschaft auszugehen, da der Grund des Aufenthaltes im Endemiegebiet der Malaria rein beruflich war.

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Fallstudien

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Fallstudie Nr. I Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 48 bis 62. Der 79-jährige adipöse Patient (182 cm, 106 kg), Herr T., der wegen dekompensierter Herzinsuffizienz aufgenommen worden ist, wird nach 10-tägigem Aufenthalt auf einer internistischen Normalstation wegen Blutdruckabfall, verschlechterter Nierenfunktion, Verwirrtheitszuständen und vier positiven Blutkulturen mit Nachweis von MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) auf die Intensivstation verlegt. Auf der Normalstation erfolgte eine konservative Behandlung der Herzinsuffizienz, invasive diagnostische oder therapeutische Eingriffe wurden nicht durchgeführt. Aus der Anamnese des Patienten erfährt man, dass ein seit 33 Jahren bekannter Diabetes mellitus mit mäßiger Nephropathie (GFR 60 mL/min) sowie Polyneuropathie, eine dilatative Kardiomyopathie (EF 38 %) und chronisches Vorhofflimmern vorliegen. Außerdem bestehen Zustände nach Cholezystektomie (vor 19 Jahren), Schilddrüsenresektion (vor 12 Jahren), Hemikolektomie rechts wegen Kolonkarzinoms (vor 5 Jahren) und Kyphoplastie an LWK 1 (vor 2 Jahren). Aufnahmestatus auf Intensivstation: verlangsamter, zeitlich und räumlich desorientierter, zur Person orientierter Patient; Zunge: feucht; Haut: warm, etwas schweißig; Anasarka und Beinödeme; am rechten Unterarm, wo eine periphere Venenverweilkanüle lag, und an der rechten Hand sind eine unscharf begrenzte, diffuse, kontinuierlich ausgebreitete Rötung und eine Schwellung zu erkennen. Neben der Dermis ist auch die Subkutis betroffen. Bei Palpation spürt man eine teigige Konsistenz. Sonst keine auffälligen Hauterscheinungen; Cor: tachykarde arrhythmische Herzaktion um 110/min, geringes peripheres Pulsdefizit, Blutdruck 85/55 mmHg; Lunge: Atemfrequenz 22/min; Klopfschalldämpfung und pulmonale feinblasige RG rechts dorsobasal; Abdomen mit vermehrtem Meteorismus, Leber und Milz nicht vergrößert palpabel, Nierenlager nicht klopfempfindlich. Körpertemperatur 38,5 °C.

Laborwerte am Tag der Übernahme auf die Intensivstation [in Auszügen]: Kreatinin AST ALT AP γ-GT CRP

3,38 mg/dL 55 U/L 51 U/L 140 U/L 313 U/L 206 mg/L

Leukozyten Neutrophile Lymphozyten Monozyten

7 800/µL 83 % 9% 8%

Erythrozyten Hb Hkt MCV MCH MCHC Thrombozyten

3,2/pL 92 g/L 0,29 92 fL 29 pg 320 g/L 56/nL

Arterielle Blutgase am Verlegungstag von Normal- auf Intensivstation unter Spontanatmung: PaO2 55 mmHg, PaCO2 31 mmHg, pH 7,33; Bikarbonat 18,3 mmol/L Mikrobiologische Befunde: In allen aeroben und anaeroben Blutkulturen (entnommen zwei Tage vor der Verlegung): Nachweis von MRSA. MRSA wird ebenfalls in beiden Nasenvorhöfen, in der Mundhöhle und auf der Haut von Herrn T. nachgewiesen. Radiologische Thoraxübersicht im Liegen: auf die rechte basale Lungenregion beschränkte, multiple, zum Teil konfluierende kleine Fleckschatten: Verdacht auf bronchopulmonales Infiltrat rechts basal. Die intensivmedizinische Basistherapie erfolgt nach Anlage eines zentralen Venenkatheters. Nach Volumensubstitution kommt es zu einer schnellen Besserung der Kreislaufsituation, der Einsatz von Vasopressoren ist letztendlich nicht erforderlich.

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- 29 Die antibiotische Therapie wird bei Nachweis von MRSA ohne weitere Information über die Resistenz mit Vancomycin eingeleitet. Im weiteren Verlauf muss die Antibiotikatherapie u.a. wegen gravierender Nebenwirkungen geändert werden.

Eine chirurgische Intervention bezüglich des Ausgangsherdes am rechten Unterarm wird anfänglich diskutiert, unter der antibiotischen Therapie bessert sich die lokale Infektion allerdings so deutlich, dass hierauf verzichtet werden kann.

Zwei Tage nach der Verlegung des Patienten wird − noch unter Vancomycintherapie − aus dem mukopurulenten Sputum und bei pneumonischer Infiltration im rechten Unterlappen Citrobacter freundii als Erreger in großer Zahl nachgewiesen. Das Antibiogramm des Erregers zeigt keinen Anhalt für einen ESBL-Bildner oder für andere höhergradige Resistenzen.

Die medikamentöse Therapie bei der Verlegung von der Intensivstation auf die internistische Normalstation besteht neben der antibiotischen Therapie im Wesentlichen aus folgenden Medikamenten [in Auszügen]:

Im Verlauf der Infektion kommt es zu einer Dekompensation des Diabetes, der mit Insulin intensiv behandelt werden muss; die Thrombozyten sind einen Tag nach Übernahme auf die Intensivstation bei 35 /nL, eine HIT kann ausgeschlossen werden. Die Inflammationsparameter steigen an, insbesondere das CRP auf maximal 241 mg/L. Im Verlauf dann deutlicher Abfall bis zum Verlegungstag (11 Tage nach Übernahme auf die Intensivstation) auf CRP 19 mg/L. Parallel dazu bessern sich die bei Übernahme von der Normalstation verschlechterten Nierenfunktionsparameter wieder. Das Kreatinin fällt von maximal 3,8 auf zuletzt 1,04 mg/dL ab und damit auf das Niveau vor der Krankenhausaufnahme.

Enoxaparin Kombinationsinsulin (25 % Normal- und 75 % Verzögerungsinsulin) Oxycodon Metoprolol Allopurinol L-Thyroxin Torasemid Valsartan Spironolacton Der Patient kann einen Monat nach Verlegung auf die Intensivstation die Klinik fieberfrei und mit ausgeheiltem Lokalbefund verlassen.

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48

Herr T. wird unter dem beschriebenen Krankheitsbild auf die Intensivstation verlegt. Wie wird das Krankheitsbild am genauesten bezeichnet?

(A)

Bakteriämie mit MRSA

(B)

schwere MRSA-Sepsis

(C)

SIRS (systemic inflammatory response syndrome)

(D)

Staphylokokken-Septikämie

(E)

TSS (Toxic-shock-Syndrom)

49

Bei Herrn T. liegt eine systemische Infektion vor. Was ist im Falle von Herrn T. zum Zeitpunkt der Aufnahme auf die Intensivstation am wenigsten ein verwertbarer Hinweis auf die Schwere seiner Infektion?

(A)

absolute Arrhythmie

(B)

arterieller Blutdruck

(C)

Nierenfunktionsverschlechterung

(D)

Thrombozytenwert

(E)

Vigilanzstörung

50

Der Ausgangsherd für die Infektion von Herrn T. wird an seinem rechten Unterarm gefunden. Wie kann die beschriebene Veränderung am zutreffendsten bezeichnet werden?

(A)

Empyem

(B)

Erysipel

(C)

Erythrasma

(D)

Impetigo

(E)

Phlegmone

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51

Ursächlich für die Infektion von Herrn T. ist der in den Blutkulturen nachgewiesene MRSA. Entscheidend für die Art der Infektion und die Verbreitung der Bakterien sind Virulenzfaktoren und Widerstandsfähigkeit. Welche Aussage hierzu trifft am ehesten zu?

(A)

Das C-Polysaccharid ist der wichtigste Virulenzfaktor von MRSA-Stämmen.

(B)

Antistaphylolysin wird durch die Koagulase der Staphylokokken induziert.

(C)

MRSA-Stämme können im Unterschied zu Methicillin-sensiblen Staphylococcusaureus-Stämmen als zusätzlichen Virulenzfaktor eine hitzestabile DNAse bilden.

(D)

Staphylococcus-aureus-Stämme weisen eine hohe Tenazität auf, was ihre Verbreitung in Krankenhäusern begünstigt.

(E)

Wesentlich für die Fieberinduktion bei Herrn T. ist das Endotoxin (LPS = Lipopolysaccharid) aus der Staphylokokkenzellwand.

52

Die bei Herrn T. nachgewiesenen Staphylokokken zeichnen sich durch hohe Resistenz gegenüber Antibiotika aus. Worauf beruht der Resistenzmechanismus in erster Linie?

(A)

enzymatische Inaktivierung

(B)

Nutzung eines Bypasses (Ersatzenzym)

(C)

veränderte Zielstruktur

(D)

Veränderung der Permeabilität der Zellmembran durch Porine

(E)

verstärkte Ausschleusung (Induktion von Effluxpumpen)

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53

Bis zur Verlegung von Herrn T. von der Normalstation lag er mit zwei weiteren Patienten auf einem Zimmer. Nach dem Anruf des mikrobiologischen Labors werden die beiden ehemaligen Bettnachbarn von Herrn T. auf MRSA gescreent. Nur einer der beiden Patienten ist positiv für MRSA in den Nasenvorhöfen sowie in der rechten Leiste. Keiner der Patienten zeigt Symptome einer Infektion. Welche Aussage zum weiteren Vorgehen trifft am ehesten zu?

(A)

Bei MRSA-Kolonisation intakter Haut sollte lokal auf den Stellen mit MRSANachweis eine Colistin-haltige Salbe aufgetragen werden.

(B)

Da der Patient mit dem MRSA-Nachweis nur kolonisiert und nicht infiziert ist, darf auch er weiterhin den Aufenthaltsraum benutzen.

(C)

Der kolonisierte Patient ist dem Gesundheitsamt zeitnah namentlich zu melden.

(D)

Der kolonisierte Patient sollte neben anderen Maßnahmen ein MRSA-wirksames Antibiotikum parenteral verabreicht bekommen.

(E)

Trotz fehlender Infektionskrankheit ist die Sanierung des kolonisierten Patienten u.a. durch Mupirocin-Nasensalbe anzustreben.

54

Nach der Übermittlung des MRSA-Nachweises in der Blutkultur, aber vor dem Vorliegen des Antibiogramms, bekommt Herr T. Vancomycin. Welche Aussage hierzu trifft am ehesten zu? Vancomycin

(A)

gehört zu derselben Antibiotikagruppe wie Clarithromycin

(B)

gehört zu derselben Antibiotikagruppe wie Teicoplanin

(C)

hemmt die Nukleinsäuresynthese in der Bakterienzelle

(D)

ist aufgrund seiner kleinen Molekülgröße gut liquorgängig

(E)

ist ein rein bakteriostatisch wirkendes Antibiotikum

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55

Die Vancomycingabe muss bei Herrn T. vorzeitig beendet werden. Was ist am ehesten der Grund hierfür?

(A)

Auslösung zerebraler Krampfanfälle durch Vancomycin

(B)

Hepatotoxizität von Vancomycin

(C)

Induktion bzw. Verstärkung von Hyperglykämien durch Vancomycin

(D)

Interaktion von Vancomycin mit L-Thyroxin

(E)

Nephrotoxizität von Vancomycin

56

Nach Absetzen von Vancomycin wird nach einer anderen therapeutischen Option zur Behandlung der MRSA-Infektion von Herrn T. gesucht. Welches der folgenden Antibiotika ist hinsichtlich seines Wirkungsspektrums am ehesten eine Alternative zur Behandlung einer Infektion mit MRSA?

(A)

Aztreonam

(B)

Ertapenem

(C)

Linezolid

(D)

Metronidazol

(E)

Mezlocillin

57

Zwei Tage nach der Verlegung auf die Intensivstation wird im Sputum von Herrn T. ein weiteres Bakterium gefunden; dieses wird als Erreger des pneumonischen Infiltrates angesehen (Citrobacter freundii). Welche Aussage hierzu trifft am ehesten zu?

(A)

Bei dem gefundenen Erreger handelt es sich um einen obligat pathogenen Keim.

(B)

Das Antibiotikaregime für Herrn T. muss jetzt zur Erfassung von gramnegativen Erregern ergänzt werden.

(C)

Der Nachweis dieses Erregers aus einem respiratorischen Sekret erfordert die strikte Isolation des betroffenen Patienten.

(D)

Dieser Erregernachweis erfordert eine zeitnahe Meldung an das zuständige Gesundheitsamt.

(E)

Dieser Erregernachweis sollte ein Personalscreening nach sich ziehen.

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58

Nach dem radiologischen Befund und dem Erregernachweis im Sputum von Herrn T. wird die zusätzliche Diagnose einer bakteriellen Pneumonie gestellt. Wie wird die Pneumonie von Herrn T. am besten näher bezeichnet?

(A)

atypische Pneumonie

(B)

Friedländer-Pneumonie

(C)

iatrogene Pneumonie

(D)

nosokomiale Pneumonie

(E)

primäre Pneumonie

59

Neben der Pneumonie droht Herrn T. eine weitere pulmonale Manifestation als Komplikation seiner Infektion, ein ARDS. Welche Aussage zu einem ARDS trifft am ehesten zu?

(A)

Der radiologische Thoraxbefund von Herrn T. würde ohne Erregernachweis für ein ARDS sprechen.

(B)

Die Gabe von Anti-TNF-Antikörpern ist zur Prophylaxe eines ARDS indiziert.

(C)

Ein ARDS kann nur bei pulmonaler Vorschädigung auftreten.

(D)

Eine akute Verschlechterung der respiratorischen Funktion spricht gegen ein ARDS.

(E)

Beim ARDS kommt es zu einem eiweißreichen Lungenödem.

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60

Im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung werden weitere Maßnahmen erwogen. Welche(r) der folgenden Maßnahmen/Grundsätze sollte allgemein bei Intensivpatienten mit einer Infektion wie bei Herrn T. am ehesten umgesetzt werden?

(A)

engmaschige Kontrollen der Blutzuckerkonzentration und ggf. Korrektur des Blutzuckerspiegels auch bei Nichtdiabetikern

(B)

Gabe von FFP (fresh frozen Plasma) zur Volumensubstitution

(C)

möglichst langes Hinausschieben einer Sauerstoffapplikation, um einer Wiederverschlechterung durch Weaning-Probleme vorzubeugen

(D)

Transfusion von Granulozytenkonzentraten

(E)

Verzicht auf enterale Ernährung während des gesamten Aufenthaltes auf der Intensivstation, um den Organismus nicht zusätzlich mit Verdauungsarbeit zu belasten

61

Sollte eine Beatmung nötig werden, würde eine lungenprotektive Beatmungsform gewählt werden. Was zeichnet diese Beatmungsform am ehesten aus?

(A)

hohe inspiratorische O2-Konzentration

(B)

möglichst niedrige Atemfrequenzen

(C)

niedriges Tidalvolumen

(D)

Verlängerung der Exspirationsphase mit Verkleinerung der I:E-Ratio < 1:4

(E)

Verzicht auf einen PEEP

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62

Diskutiert wird bei Herrn T. im Laufe seines Aufenthaltes auf der Intensivstation auch der Einsatz von Drotrecogin-α. Welcher Effekt ist von diesem Medikament am ehesten zu erwarten?

(A)

Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstandes

(B)

Hemmung prokoagulatorischer Prozesse

(C)

Prophylaxe einer Hirndruckerhöhung

(D)

Verbesserung der Durchblutung im Splanchnikusgebiet

(E)

Verbesserung der zerebralen Perfusion

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Fallstudie Nr. II Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 63 bis 77. Die 27-jährige Frau Jana T. wird unter der Annahme eines Suizidversuches notärztlich eingewiesen. Der Notarzt berichtet, die Patientin in ihrer Wohnung nach Öffnen durch die Polizei bewusstlos mit erhaltener Spontanatmung vorgefunden zu haben, neben ihr habe er mehrere, zum Teil leere Blister verschiedenster Psychopharmaka und Tranquilizer gefunden. Während des Transportes in die Klinik habe sie dann spontan erbrochen, sei jedoch weiterhin somnolent gewesen, der Blutdruck betrage 170/90 mmHg, die Herzfrequenz 130/min. Untersuchungsbefund Bei der ersten Inspektion ist die Patientin somnolent, reagiert jedoch ungerichtet auf Ansprache. Die Vitalparameter sind unverändert. Die Körpertemperatur wird mit 38,7 °C gemessen. Es fallen ein deutlicher Foetor alcoholicus auf sowie ein hochfrequenter Ruhetremor der Extremitäten. Herz und Lunge sind auskultatorisch unauffällig. Über dem linken Oberbauch ist eine leichte Abwehrspannung zu bemerken. Beide Arme und Oberschenkel weisen nebeneinanderliegende, teils frische, teils alte abgeheilte Schnittverletzungen auf. Der übrige Hautbefund ist neben einigen Tätowierungen und Piercings unauffällig. Die Patientin ist auffallend schlank (Body-MassIndex von 17 kg/m2). Neurologischer Untersuchungsbefund Soweit bei somnolenter Patientin erhebbar: Kein Meningismus, Hirnnerven intakt, grobe Kraft nicht abprüfbar, die Patientin bewegt jedoch auf Schmerzreiz alle Extremitäten. Muskeleigenreflexe lebhaft und seitengleich an den oberen und unteren Extremitäten auslösbar, keine Pyramidenbahnzeichen. Seitensymmetrischer feinschlägiger Tremor der oberen Extremitäten. Labor (auszugsweise) Leukozyten 12 000/µL Hb 100 g/L Kalium 3,2 mmol/L CK 190 U/L AST 52 U/L

ALT 49 U/L γ-GT 45 U/L CRP 10 mg/L Serum-Ethanol 3,0 g/L Drogenscreening: negativ Schilddrüsenwerte, Gerinnungsstatus, Gesamtprotein, MCV, MCHC und Retentionswerte sind im Normbereich. EKG: Sinusrhythmus, Indifferenztyp, Sinustachykardie von 130/min, keine Erregungsausbreitungs- und Rückbildungsstörungen. cMRT nativ: altersentsprechender Normalbefund, kein Hinweis auf Blutung, Entzündung, Ischämie oder Raumforderung, keine Atrophie. Nach einigen Stunden, in welchen Frau T. intensivmedizinisch überwacht wurde, wird sie wacher und ist vollständig orientiert, insgesamt wirkt sie teilnahmslos und apathisch. Sie berichtet, sie habe sich nicht umbringen wollen, sie habe zum wiederholten Male Streit mit ihrem Freund gehabt und lediglich etwas Ruhe gebraucht. Nachdem sich ihr Zustand gebessert hat, berichtet Frau T., seit ihrem 17. Lebensjahr bereits mehrfach wegen Suizidversuchen, aber auch wegen schwerer Schnittverletzungen und Intoxikationen in stationärer Behandlung gewesen zu sein. Eine längerfristige ambulante Psychotherapie habe sie vor einem halben Jahr abgebrochen, da sie das Gefühl gehabt habe, nicht mehr profitieren zu können, die ganze Sache sei ohnehin sinnlos gewesen. Derzeit nehme sie, da sie erneut unter starker Anspannung und einem Gefühl der inneren Leere sowie häufigen Gefühlen, neben sich zu stehen, leide, Venlafaxin und unregelmäßig Chlorprothixen sowie Lorazepam ein. Alkohol trinke sie im Gegensatz zu früher nur noch, wenn die Medikation nicht helfe, das Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit abzubauen. Auf Nachfrage räumt sie ein, seit ihrem 15. Lebensjahr mit Drogen in Kontakt gewesen zu sein. Bis vor einem Jahr habe sie hauptsächlich synthetische Drogen und Amphetamine regelmäßig konsumiert.

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- 39 Psychopathologischer Befund (am Folgetag) Frau T. ist wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert. Im Kontakt ist sie zurückhaltend und abwartend. Die kognitiven Fähigkeiten sind alkoholbedingt leicht eingeschränkt. Zeitgitterstörungen bestehen für die Stunden vor Krankenhausaufnahme. Die Psychomotorik wirkt fahrig, es besteht ein feinschlägiger Tremor. Der Antrieb erscheint reduziert. Die Stimmung ist depressiv, die Schwingungsfähigkeit nur wenig moduliert. Formalgedanklich rapportiert Frau T. geordnet, inhaltlich besteht kein Hinweis auf paranoides Erleben. Wahrnehmungsstörungen liegen nicht vor. Es bestehen Suizidgedanken, augenblicklich ist Frau T. jedoch von einer Suizidabsicht distanziert. Zur sozialen Situation berichtet Frau T., dass sie arbeitssuchend sei und seit Kurzem wieder in einer Partnerschaft lebe. Nach dem Abitur, das sie nur knapp bestanden habe, habe sie zunächst ein Studium begonnen, dieses zugunsten einer Lehre jedoch abgebrochen. Die Lehrstelle sei ihr wegen häufigen Fehlens gekündigt worden, sodass sie nun verschiedene Gelegenheitsjobs ausübe. Ohnehin habe ihr die Lehre keinen Spaß gemacht und sie habe es relativ unsinnig gefunden, jeden Morgen so früh aufzustehen. Zu ihrer Primärfamilie habe sie seit 4 Jahren nur noch sporadisch Kontakt, das Verhältnis zu ihrer Mutter sei

nicht das beste, sie habe seit jeher das Gefühl, von ihr abgelehnt zu werden, ihre jüngeren Geschwister bekämen mehr Aufmerksamkeit als sie. Von ihrem Vater sei sie in früher Kindheit misshandelt worden, mehr wolle sie darüber jedoch nicht sagen. Zurzeit lebe sie bei ihrem neuen Freund. Verlauf Frau T. wird nach komplikationsloser Ausnüchterung zur Krisenintervention auf die Psychotherapiestation verlegt, in welcher sie mit einem multimodalen Therapiekonzept bis zu einer hinreichenden Stabilisierung der aktuellen Problematik behandelt wird. Im stationären Verlauf kommt es zunächst zu häufigen Spannungszuständen, denen Frau T. initial mit selbstverletzendem Verhalten begegnet. Seitens der Pflegekräfte werden Zustände beschrieben, in denen die Patientin angibt, nichts mehr sehen und hören zu können, einhergehend mit einem diffusen Schwindel. Diese Zustände halten über wenige Minuten bis zu maximal einer Stunde an. Im Verlauf gelingt es ihr jedoch besser, ihr Befinden wahrzunehmen und Handlungsalternativen zu entwickeln. Es erfolgt die Entlassung in das häusliche Umfeld, da Frau T. mit ambulanter psychotherapeutischer Unterstützung plant, sich erneut um einen Ausbildungsplatz zu bemühen. Diagnose: emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ.

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63

Bei Frau T. wurde eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Zu den allgemeinen Kriterien für Persönlichkeitsstörungen (nach ICD-10) gehört am wenigsten:

(A)

Beginn in der Kindheit oder Jugend

(B)

Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit

(C)

stabile Verhaltensmuster

(D)

Ich-dystones Verhalten

(E)

subjektiver Leidensdruck

64

Neben den allgemeinen Kriterien für Persönlichkeitsstörungen gibt es für die emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ spezielle Diagnosekriterien (nach ICD-10). Welches der folgenden Symptome gehört in erster Linie zu diesen speziellen Kriterien?

(A)

Affektverflachung − „Das ist mir eigentlich alles egal.“

(B)

Anhedonie − „Mir fällt es schwer, mich über etwas richtig zu freuen.“

(C)

übermäßiges Zweifeln − „Ich weiß nicht ... Soll ich oder soll ich nicht?“

(D)

Instabilität des Selbstbildes − „Oft weiß ich nicht, wer ich bin.“

(E)

Minderwertigkeitsgefühle − „Das werde ich nie schaffen.“

65

Die von den Pflegekräften bei Frau T. beschriebene Symptomatik lässt sich am treffendsten beschreiben als

(A)

Aggravation

(B)

Asthenie

(C)

Dissimulation

(D)

Dissoziation

(E)

Kataplexie

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66

Was könnte am ehesten der Grund für den bei Frau T. gemessenen Kaliumwert sein?

(A)

bakterieller Infekt

(B)

bei der Blutentnahme aufgetretene Hämolyse

(C)

metabolische Azidose

(D)

Rhabdomyolyse

(E)

selbstinduziertes Erbrechen

67

Im Gespräch mit Frau T. wurden ihre Selbsttötungsabsichten thematisiert. Wie sollte generell mit dem Thema Suizidalität im Patientengespräch umgegangen werden?

(A)

Nach Suizidalität sollte unbedingt bereits im ersten Gespräch offen gefragt werden, da es für den Patienten/die Patientin oft eine Entlastung darstellt, über das Thema zu sprechen.

(B)

Zuerst sollte ein vertrauensvoller Arzt-Patient-Kontakt hergestellt werden, und nach Suizidalität erst im zweiten oder dritten Gespräch gefragt werden.

(C)

Es gibt für das Thematisieren von Suizidalität keine grundsätzlichen Regeln. Wenn es sich aus dem Gespräch ergibt, kann das Thema angesprochen werden, ansonsten kann es auch vermieden werden.

(D)

Die direkte Frage nach Selbsttötungsabsichten ist zu vermeiden. Stattdessen sollte versucht werden, den Patienten/die Patientin auf indirektem Wege dazu zu bringen, von sich aus dieses Thema anzusprechen.

(E)

Wegen des Risikos, dass der Patient/die Patientin durch das Nachfragen überhaupt erst auf Suizidgedanken kommt, sollte das Thema Suizidalität nur besprochen werden, wenn der Patient/die Patientin aktiv von sich aus dieses Thema anspricht.

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68

69

Diese Frage wurde aus der Wertung genommen

Bei Frau T. war auch an das Vorliegen eines Serotonin-Syndroms zu denken. Welcher der bei Frau T. veränderten Laborwerte bzw. Befunde könnte am ehesten auf ein Serotonin-Syndrom hinweisen?

(A)

ALT

(B)

Hb

(C)

Körpertemperatur

(D)

Leukozyten

(E)

γ-GT

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70

Bei der Entstehung der Borderline-Persönlichkeitsstörung spielen generell verschiedene Faktoren eine Rolle. Welcher der folgenden Faktoren hat die größte Bedeutung, da er sich häufig in der Vorgeschichte finden lässt?

(A)

auffällig ruhiges und schüchternes Verhalten in der Kindheit

(B)

Vernachlässigung oder sexuelle Gewalt in der Kindheit

(C)

stereotypes Verhalten in der Kindheit mit eingeschränkten Interessen

(D)

Überbehütung seitens der Eltern

(E)

übermäßiges Verwöhnen seitens der Eltern

71

Schnittverletzungen sind bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen sehr häufig. Die Motivation, sich im Rahmen dieser Erkrankung Schnittverletzungen zuzufügen, lässt sich (neben der beabsichtigten Reduktion von innerer Anspannung) in erster Linie erklären als

(A)

Dramatisierung im Rahmen eines Verlangens nach Aufmerksamkeit

(B)

Konversionsreaktion als Ausdruck eines verdrängten Konfliktes

(C)

Suizidalität im Sinne eines erweiterten Suizides

(D)

suchtartiges Verhalten

(E)

Wunsch, organisch krank zu sein und entsprechend behandelt zu werden

72

Frau T. berichtete von einem früheren Amphetaminkonsum. Eine aktuelle Amphetaminintoxikation lag jedoch nicht vor. Zu den Symptomen einer Intoxikation mit Amphetamin gehört am wenigsten:

(A)

Gewichtsverlust

(B)

Herzrhythmusstörungen

(C)

Krampfanfälle

(D)

Miosis

(E)

vermehrtes Schwitzen

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73

Das von Frau T. eingenommene Venlafaxin ist am treffendsten zu klassifizieren als

(A)

MAO-Hemmer

(B)

selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

(C)

selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

(D)

Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

(E)

trizyklisches Antidepressivum

74

Frau T. hatte Chlorprothixen eingenommen. Welche der folgenden Nebenwirkungen ist generell unter Chlorprothixen am wenigsten zu erwarten?

(A)

Akkomodationsstörungen

(B)

Gewichtsabnahme durch Minderung des Appetits

(C)

Obstipation

(D)

orthostatische Hypotonie

(E)

Verlängerung des QTc-Intervalls

75

Zu den häufigen komorbiden psychischen Störungen bei der BorderlinePersönlichkeitsstörung zählen am wenigsten:

(A)

Alkohol- und Drogenmissbrauch

(B)

Angststörungen

(C)

anhaltende wahnhafte Störungen

(D)

depressive Syndrome

(E)

Essstörungen

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76

Ein störungsspezifisches Behandlungsverfahren bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist in erster Linie

(A)

dialektisch-behaviorale Therapie

(B)

Expositionstraining

(C)

paradoxe Intervention

(D)

Stimuluskontrolle

(E)

systematische Desensibilisierung

77

Zu den Kriterien einer Borderline-Persönlichkeitsstörung gehört impulsives Verhalten. Bei welcher weiteren Persönlichlichkeitsstörung tritt impulsives Verhalten auch auf? In erster Linie bei der

(A)

ängstlichen bzw. vermeidend selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung

(B)

anankastischen Persönlichkeitsstörung

(C)

antisozialen bzw. dissozialen Persönlichkeitsstörung

(D)

paranoiden Persönlichkeitsstörung

(E)

schizoiden Persönlichkeitsstörung

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Fallstudie Nr. III Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 78 bis 92. Die 61-jährige Magda E. wird durch ihren Hausarzt mit den Diagnosen „entgleister Diabetes mellitus Typ 2“ und „diabetisches Fußsyndrom“ zur weiteren Behandlung stationär eingewiesen. Anamnese Bei der Patientin wurde 1996 erstmals ein Diabetes mellitus Typ 2 diagnostiziert, der bis 2002 mit „Tabletten“, danach zusätzlich mit Insulin behandelt wurde. Vor einem Jahr sei der Blutzucker während einer Kur neu eingestellt worden; dort habe sie zudem eine Ernährungsberatung erhalten. Seit ungefähr 2 Monaten seien die Blutzuckerwerte, die sie selbst misst, „zu hoch“. Die Patientin berichtet zudem, dass ihre rechte Großzehe seit 2 Jahren „offen“ sei und vom Hausarzt behandelt werde. Weitere Vorerkrankungen: abdominelle Hysterektomie 1997 bei Uterus myomatosus, bekannte primäre arterielle Hypertonie seit 1990, Adnexektomie links bei Ovarialzyste 1997, Cholezystektomie 1975, Appendektomie 1956. Es bestehen keine Dyspnoe, Orthopnoe, Nykturie oder Ödemneigung. Bisherige Medikation Die jetzige antihyperglykämische Therapie besteht aus: Metformin 2 × 1 000 mg tgl. Insulin glargin 48 Einheiten abends Normalinsulin 3 × tgl. jeweils vor den Hauptmahlzeiten nach vorhergehender Blutzuckermessung, durchschnittlich 32 Einheiten pro Tag.

Körperliche Untersuchung Es zeigt sich eine 61-jährige, vorgealterte Patientin in herabgesetztem Allgemein- und adipösem Ernährungszustand (Körpergröße 168 cm, Gewicht 101 kg), Bewusstsein klar und orientiert, sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, keine pathologisch vergrößerten Lymphknoten palpabel. Angedeuteter Büffelnacken. Sichtbare Struma mit multiplen palpablen Knoten. Lunge und Herz bei Perkussion und Auskultation unauffällig, Blutdruck 140/90 mmHg. Nekrose an der Großzehe rechts, erhebliche Hyperkeratosen mit Schuppung. Vibrationsempfinden an der Tuberositas tibiae und an den Malleolen beidseits 2/8. Periphere Pulse beidseits palpabel. Keine Ödeme. Laborwerte bei Aufnahme (in Auszügen) HbA1C: 10,6 % Glukose venös (nicht nüchtern) (VB): 307 mg/dL Cholesterin, gesamt (S): 264 mg/dL HDL-Cholesterin (S): 40 mg/dL LDL-Cholesterin (S): 188 mg/dL Triglyzeride (S): 404 mg/dL Kreatinin (S): 1,6 mg/dL TSH (S): 1,87 mU/L fT3 (S): 8,1 pmol/L fT4 (S): 16 pmol/L Die berechnete glomeruläre Filtrationsrate beträgt 47 mL/min/1,73 m². Die Albuminkonzentration im Spontanurin ist deutlich erhöht. Verlauf Das am ersten Tag nach der stationären Aufnahme durchgeführte Blutzucker-Tagesprofil zeigt die folgenden Werte:

Ferner nimmt die Patientin täglich: ASS 1 × 100 mg Simvastatin 1 × 20 mg Losartan 1 × 50 mg Nebivolol 2 × 5 mg

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Bei der Röntgen-Untersuchung des Vorfußes (siehe Abbildung Nr. 7 der Bildbeilage) finden sich eine verstärkte Sklerosierung und eine Gelenkspaltverschmälerung im Bereich des Großzehengrundgelenks im Sinne degenerativer Veränderungen, jedoch kein Nachweis von Luxationen oder Frakturen. Auffällig sind Periostverdickungen der Metatarsalia 2 bis 4. Der Kalksalzgehalt und die trabekuläre Knochenstruktur des Vorfußskeletts sind unauffällig. Als weitere Untersuchung wird eine Doppler-Sonographie der Beinarterien durchgeführt, die keine pathologischen Befunde ergibt. Der Knöchel-Arm-Index beträgt beidseits 1,1. Die bidirektionale DopplerSonographie zeigt ein regelrechtes triphasisches Signal als Ausdruck einer ungestörten Durchblutungssituation. Es werden folgende Diagnosen bei Frau Magda E. gestellt: - Diabetes mellitus Typ 2 - diabetische Polyneuropathie - diabetische Nephropathie mit Mikroalbuminurie - diabetisches Fußsyndrom - Adipositas - Niereninsuffizienz Stadium 3 (National Kidney Foundation, NKF, Kidney Disease Outcomes Quality Initiative, KDOQI) - kombinierte Hyperlipidämie - Struma nodosa - primäre arterielle Hypertonie

Der Fuß wird wie folgt behandelt: Die Hyperkeratosen werden abgetragen und es erfolgt eine feuchte Behandlung der Nekrosen und Ulzera mit NaCl-Lösung und Schutzverband. Eine antibiotische Therapie wird durchgeführt. Ein Vorfußentlastungsschuh wird verordnet und angefertigt. Zur Behandlung des Diabetes mellitus erfolgt eine (erneute) Diabetes-Schulung der Patientin durch eine Diabetesberaterin und eine kalorienreduzierte (fettarme) Kost mit ca. 14−16 Broteinheiten pro Tag. Eine Weiterführung der vor der stationären Aufnahme bestehenden Therapie mit Metformin wird von den behandelnden Krankenhausärzten bei der Patientin als kontraindiziert erachtet und demzufolge abgesetzt. Die Insulintherapie wird wie folgt umgestellt: Basalinsulin-Einheiten (Insulin glargin) 0−0−70 Bolusinsulin-Einheiten (Normalinsulin) 34−18−32 Im Entlassungsbrief werden dem weiterbehandelnden Hausarzt die Vorschläge unterbreitet, die Medikation von Simvastatin auf 40 mg/d zu steigern und die Patientin einer augenärztlichen Untersuchung zur Früherkennung diabetesbedingter Folgeerkrankungen zuzuführen, da eine derartige Untersuchung nach Angaben der Patientin schon einige Jahre zurückliegt.

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78

Der Diabetes mellitus Typ 1 unterscheidet sich vom Diabetes mellitus Typ 2 vorrangig durch

(A)

das Entstehen des glykosylierten Blutproteines HbA1c

(B)

eine erhöhte Nierenschwelle für Glukose

(C)

eine postprandiale C-Peptid-Konzentration im Blut, die trotz erhöhten Blutzuckerspiegels extrem erniedrigt ist

(D)

eine Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit

(E)

pathologische Blutzuckerwerte im oralen Glukosetoleranztest

79

Frau Magda E. hat einen Diabetes mellitus. An der Pathogenese ihrer Erkrankung ist am wenigsten beteiligt

(A)

eine Insulinresistenz der Leberzellen

(B)

eine Insulinresistenz der Muskelzellen

(C)

eine Störung der postprandialen Insulinsekretion

(D)

eine vermehrte Glukoseproduktion der Leber

(E)

eine vermehrte Glukoseproduktion der Muskelzellen

80

Frau Magda E. weist eine Adipositas auf. Diese muss als mitursächlich für die Entwicklung ihres Diabetes mellitus angesehen werden und beeinflusst auch die Therapie. Als Maßstab für die Beurteilung eines Patienten als unter-, normaloder übergewichtig dient der Body-Mass-Index (BMI). Wie berechnet sich der BMI charakteristischerweise?

(A)

(Körpergewicht in kg) : (Körperlänge in m)

(B)

(Körpergewicht in kg) : (Körperlänge in m)2

(C)

(Körperlänge in m) : (Körpergewicht in kg)2

(D)

(Körperlänge in m)2 : (Körpergewicht in kg)

(E)

[(Körpergewicht in kg) : (Körperlänge in m)]2

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81

Welches der genannten Syndrome ist vorrangig bei Frau Magda E. als gegeben anzunehmen?

(A)

hepatoovarielles Syndrom

(B)

mammorenales Syndrom

(C)

metabolisches Syndrom

(D)

nephrotisches Syndrom

(E)

vegetatives Syndrom

82

Bei Frau E. wurde bei der Aufnahmeuntersuchung eine Struma nodosa festgestellt und im Aufnahmelabor wurden die entsprechenden Hormone bestimmt. Wie ist bei Frau Magda E. der Hormonstatus am ehesten zu bewerten?

(A)

Euthyreose

(B)

latente Hyperthyreose

(C)

latente Hypothyreose

(D)

manifeste Hyperthyreose

(E)

manifeste Hypothyreose

83

Glukose wird normalerweise nahezu vollständig aus dem Primärharn durch einen aktiven Prozess rückresorbiert. Übersteigt die Glukosekonzentration im Blut die sog. Nierenschwelle, so wird die Rückresorptionskapazität überschritten und es kommt zur pathologischen Glukosurie, die z.B. mittels entsprechenden Urinteststreifens nachgewiesen werden kann. In welchem Bereich liegt bei gesunden (und nicht schwangeren) Erwachsenen der durchschnittliche Wert der Nierenschwelle für Serumglukose am ehesten?

(A)

80 bis 110 mg/dL

(B)

115 bis 145 mg/dL

(C)

150 bis 180 mg/dL

(D)

190 bis 215 mg/dL

(E)

220 bis 250 mg/dL

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84

Wird bei einem Patienten erstmals die Diagnose „Diabetes mellitus“ gestellt und soll dieser nun mit Normalinsulin („Altinsulin“) therapiert werden, so ist die Wirkstärke des applizierten Insulins im Einzelfall schwierig zu prognostizieren. Man greift daher in der Anfangsphase der individuellen Patienteneinstellung auf die allgemeine Erfahrung zurück, dass bei fehlender Insulinresistenz pro subkutan applizierte Einheit Normalinsulin die Glukosekonzentration im Blut in der Regel um einen bestimmten Betrag gesenkt wird. Bei normalgewichtigen Erwachsenen liegt dieser Betrag am ehesten zwischen

(A)

5 und 10 mg/dL

(B)

30 und 50 mg/dL

(C)

70 und 80 mg/dL

(D)

100 und 110 mg/dL

(E)

120 und 130 mg/dL

85

Frau Magda E. hat eine diabetische Nephropathie mit Mikroalbuminurie. Welche der aufgeführten Nierenerkrankungen tritt in der Regel nur bei Diabetikern auf und gilt deswegen vorrangig als typische diabetische Nephropathie?

(A)

membranöse Glomerulonephritis

(B)

mesangioproliferative Glomerulonephritis

(C)

nephrogener Diabetes insipidus

(D)

noduläre Glomerulosklerose

(E)

rapid-progessive Glomerulonephritis

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86

Man unterscheidet beim diabetischen Fußsyndrom ein ischämisches Fußsyndrom, ein neuropathisches Fußsyndrom und Mischformen. Welcher Befund ist am wenigsten bei einem rein neuropathischen diabetischen Fußsyndrom zu erwarten?

(A)

Hautblässe

(B)

normale (warme) Hauttemperatur

(C)

Osteoarthropathie des Fußskelettes

(D)

tastbare Fußpulse

(E)

vermindertes Vibrationsempfinden

87

Frau Magda E. hat ein diabetisches Fußsyndrom, das auf einer diabetischen Neuropathie beruht. Was ist als zukünftige mögliche Manifestation der diabetischen autonomen Neuropathie am wenigsten zu erwarten?

(A)

ausgeprägte respiratorische Arrhythmie

(B)

Diarrhö

(C)

Obstipation

(D)

orthostatische Hypotonie

(E)

Ruhetachykardie

88

Bei Frau Magda E. erfolgte eine Röntgen-Untersuchung des rechten Vorfußes, bei der eine Periostverdickung zur Darstellung kam. Wie ist am ehesten die in Abbildung Nr. 7 der Bildbeilage mit einem weißen Pfeil gekennzeichnete Struktur zu bezeichnen?

(A)

Fragment eines knöchernen Bandausrisses

(B)

Knochenmetastase

(C)

Knochensequester

(D)

Os sesamoideum laterale

(E)

Os cuneiforme intermedium

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89

Frau Magda E. entwickelte ein diabetisches Fußsyndrom am rechten Bein. Es besteht die Gefahr, dass auch am linken, bislang klinisch unauffälligen Fuß sich ein diabetisches Fußsyndrom einstellt. Um dies nach Möglichkeit zu verhindern, sollten entsprechende Vorsorgemaßnahmen ergriffen werden. Welche der Maßnahmen ist zur Prävention des diabetischen Fußsyndroms am wenigsten geeignet?

(A)

Diabetes-Schulung der Patienten

(B)

langfristig gute Blutglukoseeinstellung

(C)

regelmäßige Inspektion und Untersuchung der Füße durch den Hausarzt

(D)

Tragen speziell angepassten Schuhwerkes

(E)

Tragen von Kompressionsstrümpfen

90

Die behandelnden Krankenhausärzte sahen bei Frau Magda E. eine Weiterführung der Therapie mit Metformin als kontraindiziert an. Welche der Erkrankungen von Frau Magda E. steht einer weiteren Gabe von Metformin vorrangig entgegen?

(A)

Adipositas

(B)

kombinierte Hyperlipidämie

(C)

Niereninsuffizienz

(D)

Polyneuropathie

(E)

Struma nodosa

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91

Die Einnahme verordneter simvastatinhaltiger Medikamente erfolgt im Allgemeinen einmal pro Tag. Was gilt in der Regel als der günstigste Zeitpunkt zur Einnahme eines simvastatinhaltigen Medikamentes, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen?

(A)

morgens

(B)

mittags

(C)

abends

(D)

unabhängig von der Tageszeit unmittelbar vor der Hauptmahlzeit

(E)

unabhängig von der Tageszeit unmittelbar nach der Hauptmahlzeit

92

Im Entlassungsbrief wurde dem weiterbehandelnden Hausarzt der Vorschlag unterbreitet, Frau Magda E. einer augenärztlichen Untersuchung zur Früherkennung diabetesbedingter Folgeerkrankungen zuzuführen. An welche augenärztliche Diagnostik ist in diesem Zusammenhang vorrangig zu denken?

(A)

Bestimmung der Vorderkammertiefe

(B)

Prüfung des Farbensinns

(C)

Refraktionsbestimmung

(D)

Untersuchung der Tränenwege

(E)

Untersuchung des Augenhintergrundes

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Fallstudie Nr. IV Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 93 bis 107. Die 15-jährige Gymnasiastin Christiane P. stellt sich in Begleitung ihrer Mutter in der Ambulanz einer orthopädischen Schwerpunktklinik vor und eröffnet das Gespräch mit der Feststellung, dass sie wegen ihrer Skoliose nun operiert werden solle. Den Unterlagen des überweisenden Orthopäden ist zu entnehmen, dass durch ihn bei Christiane vor zwei Jahren erstmals eine rechtskonvexe Thorakalskoliose diagnostiziert wurde. Zu diesem Zeitpunkt, kurz nach der Menarche des Mädchens, habe die Symptomatik schon ein knappes Jahr bestanden. Der Skoliosewinkel wurde bei der 13-Jährigen mit 30° nach Cobb gemessen. Andere − z.B. tumoröse oder entzündliche − Skeletterkrankungen fanden sich nicht. Die Skelettreife entsprach dem Stadium I nach Risser. Der niedergelassene Orthopäde entschied sich − dem Wunsch der Familie P. entsprechend − zunächst für eine konservative Behandlung der Skoliose, die Krankengymnastik und die Versorgung mit einem Cheneau-Korsett umfasste. Darunter kam es leider zu einer erheblichen Progredienz der Deformität. Auf Befragen gibt Christiane in der Klinikambulanz an, das Korsett hauptsächlich nachts getragen zu haben, da sie es tagsüber als zu unbequem und Gleichaltrigen gegenüber als peinlich empfunden habe. Sie sei deshalb auch „nicht so oft“ zu den Kontrolluntersuchungen gegangen. Bei der körperlichen Untersuchung findet sich ein 167 cm großes, 59 kg schweres, altersgerecht entwickeltes Mädchen in gutem Allgemeinzustand. Nach dem Entkleiden zeigen sich die auf den Abbildungen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 der Bildbeilage dargestellten orthopädischen Befunde. Motorik, Sensibilität und periphere Durchblutung stellen sich regelrecht dar. Der FingerBoden-Abstand beträgt 0 cm. Christianes Haut ist frei von Café-au-laitFlecken und auch im Übrigen ohne richtungsweisende Auffälligkeiten. Der arterielle Blutdruck des Mädchens wird mit 110/70 mmHg gemessen. Bei der orientierenden internistischen Untersuchung von Kopf, Thorax- und Bauchorganen werden keine pathologischen Befunde erhoben.

Es werden Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule angefertigt, die auf den Abbildungen Nr. 4 und Nr. 5 der Bildbeilage wiedergegeben sind. Die radiologischen Befunde bestätigen die Indikation zur Durchführung einer Aufrichtungsoperation; weitere Skeletterkrankungen zeigen sich nicht. Es gelingt, u.a. mithilfe der Röntgenbilder, Christiane und ihre Mutter relativ rasch von der Notwendigkeit eines operativen Eingriffs zu überzeugen; eine schnelle Auffassungsgabe des Mädchens erweist sich dabei als hilfreich. Lungenfunktionsprüfungen ergeben u.a. die folgenden Befunde: Ist Soll FVC [L] 3,63 2,88 FEV1 [L] 3,07 2,49 FEV1/FVC [%] 83,69 86,46 MEF 75 [L/s] 5,91 3,87 MEF 50 [L/s] 4,19 2,73 MEF 25 [L/s] 2,16 1,55 R [kPa × s/L] 0,21 0,18 TLC [L] 4,86 4,13 RV [L] 1,19 1,09 [Abkürzungen: FVC = forcierte Vitalkapazität; FEV1 = forciertes exspiratorisches Erstsekundenvolumen; MEF 75, 50, 25: maximaler exspiratorischer Fluss bei (in der Lunge befindlichen) 75 %, 50 % bzw. 25 % der Vitalkapazität; R = Resistance; TLC = totale Lungenkapazität; RV = Residualvolumen]

Eine präoperative orthopädische Vorbehandlung der Patientin mittels einer Haloextension wird als nicht notwendig erachtet. Im weiteren Verlauf wird Christiane stationär zur Operation in die orthopädische Klinik aufgenommen. Die präoperativen Blutuntersuchungen zeigen regelrechte Werte für alle hämatologischen, hämostaseologischen und klinischchemischen Standardparameter sowie eine basale Serum-TSH-Aktivität von 4,97 mU/L bei normalen Konzentrationen von fT3 und fT4. Am darauffolgenden Tag wird bei der Patientin die vorgesehene Aufrichtungsoperation mit Anlagerung autologer Spongiosa vorgenommen. Der Eingriff kann plangemäß

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- 55 durchgeführt werden. Bei der postoperativen Aufnahme der noch beatmeten Patientin auf die Intensivstation beträgt der arterielle Blutdruck 100/50 mmHg, die Herzfrequenz 108/min. Die Beatmungsdauer beläuft sich auf insgesamt 6 Stunden. Es erfolgen eine adäquate Volumenzufuhr und eine Thromboseprophylaxe mit Heparin. Bei unveränderter Kreislaufsituation ergibt eine erneute Blutuntersuchung am Nachmittag nach der Operation die folgenden Befunde [Ref. = Referenzbereich]: Hämatologie: Leukozyten 5 010/µL Erythrozyten 2,4/pL Hb 68 g/L, Hkt 0,20 MCV 82 fL, MCH 29 pg Thrombozyten 103/nL Hämostaseologie: TPZ (Quick) 56 % INR 1,3 [hier Ref. 0,80−1,25] aPTT 41 s [Ref. < 36 s] Fibrinogen 1,3 g/L Antithrombin III 0,1 g/L D-Dimere 0,55 mg/L Klinische Chemie: Natrium 138 mmol/L Kalium 3,8 mmol/L Chlorid 103 mmol/L Kalzium (gesamt) 1,89 mmol/L Kalzium (korrigiert) 2,37 mmol/L Phosphat 1,31 mmol/L Protein (gesamt) 32 g/L Albumin 21 g/L Kreatinin 0,67 mg/dL Harnstoff 26 mg/dL Harnsäure 2,6 mg/dL AST 20 U/L, ALT 7 U/L γ-GT 4 U/L AP 30 U/L ChE 2,8 kU/L Bilirubin (gesamt) 1 mg/dL

CK 388 U/L, CK-MB 16 U/L LDH 134 U/L Pankreas-Amylase 18 U/L [Ref. 13−53 U/L] Lipase 27 U/L CRP < 3 mg/L Christiane erhält eine sachgerechte intensivmedizinische Behandlung, zu der eine Schmerztherapie mit Morphinsulfat und Metamizol gehört. Am ersten postoperativen Tag kann die Patientin von der Intensivstation auf eine orthopädische Normalstation verlegt werden. Zu Beginn der dortigen Behandlung normalisieren sich Thrombozytenzahl und Gerinnung bei noch erniedrigter Antithrombin-IIIKonzentration. Die Schmerztherapie wird auf die orale Gabe von Morphin und Ibuprofen umgestellt. Das Mädchen wird unter krankengymnastischer Anleitung schmerzadaptiert mobilisiert; anfangs macht sie dabei aufgrund deutlicher Sedation nur zögerliche, in der zweiten Woche jedoch zunehmende Fortschritte. Im Übrigen gestaltet sich der Heilungsverlauf regelrecht. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule zeigen am 9. postoperativen Tag eine regelrechte Position der Metallimplantate (siehe Abbildung Nr. 6 der Bildbeilage). Am 14. postoperativen Tag wird eine reizlose Wundheilung festgestellt; das resorbierbare Nahtmaterial wird auf Hautniveau gekürzt. Christiane bewegt sich zu diesem Zeitpunkt auf Stationsebene selbständig. Sie kann deshalb noch am selben Tag in ambulante Weiterbehandlung entlassen werden. Für die nächsten 12 Monate werden ihr eine Sportkarenz und der Verzicht auf das Heben oder Tragen von mehr als 5 kg schweren Lasten angeraten. Es wird ein Wiedervorstellungstermin zur Durchführung radiologischer und klinischer Kontrolluntersuchungen drei Monate nach der Operation vereinbart.

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93

Nach den Angaben im Fallbericht liegt bei Christiane P. am ehesten welche der folgenden Skolioseformen vor?

(A)

degenerative „De-novo“-Skoliose

(B)

idiopathische Adoleszentenskoliose

(C)

idiopathische infantile Skoliose

(D)

kongenitale Skoliose

(E)

neuromuskuläre (neuropathische) Skoliose

94

Das vom niedergelassenen Orthopäden in der Vorgeschichte bei der damals 13jährigen Patientin festgestellte Stadium der Skelettreife ist am ehesten durch welches der folgenden Merkmale gekennzeichnet?

(A)

beginnende Ossifikation des Os pisiforme

(B)

beginnende Ossifikation des Os scaphoideum

(C)

beginnende Verknöcherung der distalen Ulna-Epiphysenfuge

(D)

lateral beginnende Ossifikation der Darmbein(kamm)apophyse

(E)

medial beginnende Verschmelzung der Darmbein(kamm)apophyse mit dem Os sacrum

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95

Welche der folgenden Einschätzungen der durchgeführten Korsettbehandlung trifft für Christianes Erkrankung am ehesten zu?

(A)

Die Skoliose dieser Patientin war zu Behandlungsbeginn schon so fortgeschritten, dass eine Korsettversorgung nicht mehr indiziert und dementsprechend auch nicht erfolgversprechend war.

(B)

Durch eine Korsettbehandlung von Skoliosen kann in jedem Fall nur eine leichte Progressionsverzögerung bewirkt werden, die eine Verschiebung des Operationszeitpunkts ermöglicht.

(C)

Das Korsett hätte über ca. 12 Stunden während der Tagesaktivitäten getragen werden müssen, wohingegen das nächtliche Tragen nicht indiziert und sinnlos war.

(D)

Mithilfe des Korsetts hätte sich bei einer täglichen Tragedauer von ca. 23 Stunden auf lange Sicht mit einiger Wahrscheinlichkeit die beschriebene Progredienz der Skoliose verhindern lassen.

(E)

Die Patientin hätte höchstwahrscheinlich eine nachhaltige Wiederaufrichtung der Wirbelsäule erreichen können, wenn sie sich an das ständige Tragen des Korsetts gewöhnt und die Krankengymnastik anschließend indikationsgemäß abgesetzt hätte.

96

Würde die Patientin präoperativ nach Schmerzen im Zusammenhang mit ihrer Skelettdeformität befragt und darauf untersucht, ergäbe sich am wahrscheinlichsten welches der folgenden Resultate?

(A)

Bericht über häufige nächtliche spontane Rückenschmerzen, die sehr gut auf Acetylsalicylsäure ansprechen

(B)

Bericht über „Kreuzschmerzen“ und Sensibilitätsstörungen bei längerem Gehen und Besserung der Beschwerden durch Vorbeugen

(C)

einschießende Schmerzen in LWS, Gesäß und dorsalen Oberschenkeln des liegenden Mädchens bei passivem Anheben der gestreckten Beine

(D)

Klopf- und Stauchungsschmerz der Brustwirbelsäule

(E)

weitgehende Schmerzfreiheit

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97

Die Abbildungen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 der Bildbeilage zeigen die entkleidete Patientin bei der Erstuntersuchung in der orthopädischen Klinikambulanz. Das Mädchen steht mit beiden Füßen auf einem ebenen Boden. Für die Abbildungen Nr. 1 und Nr. 3 hat Christiane darauf bestanden, sich so gerade wie möglich aufzurichten. Welche der folgenden Veränderungen liegt am wenigsten wahrscheinlich in erheblicher Ausprägung vor?

(A)

Asymmetrie der Taillendreiecke

(B)

asymmetrische Stellung des Schultergürtels

(C)

linksseitiger Beckentiefstand

(D)

lumbale (kompensatorische) Gegenkrümmung der Wirbelsäule

(E)

rechtsseitiger Rippenbuckel

98

Bei der körperlichen Untersuchung des Mädchens wird laut Fallbericht das Fehlen bestimmter Hautveränderungen explizit festgestellt. Das Vorhandensein von mehr als einem halben Dutzend dieser Hauterscheinungen (mit einem Durchmesser von jeweils über 1,5 cm) wäre prinzipiell als Hinweis auf eine genetisch bedingte Erkrankung zu werten, die in einem Teil der Fälle mit (Kypho-)Skoliosen einhergeht. An welche der folgenden Krankheiten wäre dabei am ehesten zu denken?

(A)

Ehlers-Danlos-Syndrom

(B)

Neurofibromatose (von Recklinghausen)

(C)

Sturge-Weber-(Krabbe-)Syndrom

(D)

tuberöse Sklerose (Bourneville-Pringle-Syndrom)

(E)

Von-Hippel-Lindau-Syndrom

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99

Zu den möglichen Ursachen einer Skoliose gehört prinzipiell auch das MarfanSyndrom. Patienten mit der klassischen Form dieser Erkrankung fallen dabei durch typische klinische Merkmale auf. Welche(s) der folgenden Patientenmerkmale sprechen/spricht im vorliegenden Fall am ehesten gegen diese letztgenannte Diagnose?

(A)

weibliches Geschlecht

(B)

geistiger Entwicklungsstand

(C)

Haar- und Hautfarbe

(D)

Körpergröße und -proportionen

(E)

rasche Progredienz der Skoliose

100

Abbildung Nr. 4 der Bildbeilage zeigt präoperative Röntgenaufnahmen von Christianes Wirbelsäule im posterior-anterioren sowie im seitlichen Strahlengang. Die Krümmungswinkel ihrer Skoliose sind auf der p.-a. Aufnahme nach der Messmethode von Cobb bestimmt worden. Welchem der folgenden Werte kommt der Hauptkrümmungswinkel am nächsten?

(A)

50°

(B)

80°

(C)

100°

(D)

120°

(E)

150°

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101

Zusammen mit der Seitausbiegung der Brustwirbelsäule ist es bei Christiane zu weiteren krankheitstypischen Veränderungen von Achsen- und Thoraxskelett gekommen. Hierzu gehört am wahrscheinlichsten:

(A)

Abflachung der LWS-Lordose

(B)

Ausbildung zahlreicher Schmorl-Knötchen

(C)

Blockwirbelbildung

(D)

rechtsseitige Kielbrust (Pectus carinatum)

(E)

Wirbel(säulen)rotation

102

Bei den auf Abbildung Nr. 5 der Bildbeilage dargestellten, vor Christianes Operation (zusätzlich zu den Standardaufnahmen) angefertigten Röntgenbildern handelt es sich am wahrscheinlichsten um

(A)

Aufnahmen zur Bestimmung des aktuellen Skelettalters nach Greulich und Pyle

(B)

Aufnahmen zur Darstellung der Rumpfdeformität mithilfe der Moiré-Topographie

(C)

Aufnahmen zur Prüfung des sog. Drehmann-Zeichens

(D)

Schrägaufnahmen zur Suche nach dem Phänomen des sog. Hundehalsbands

(E)

sog. Bending-Aufnahmen der Wirbelsäule zur Beurteilung der Flexibilität der Krümmungen

103

Die im Fallbericht aufgeführten Ergebnisse der Lungenfunktionsprüfungen sprechen am ehesten für eine zum Untersuchungszeitpunkt bestehende

(A)

erhöhte statische Compliance des respiratorischen Systems

(B)

generalisierte Atemwegsobstruktion mit Lungenüberblähung

(C)

Instabilität (Kollapsneigung) speziell der kleinen Bronchien

(D)

pulmonale Diffusionsstörung

(E)

restriktive Ventilationsstörung

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104

Bei Skoliosepatienten wie Christiane P. wird − wie beschrieben − die Indikation zur Operation gestellt. Wie für Operationen typisch, ist auch dieser Eingriff mit Chancen und Risiken verbunden. Die Skolioseoperation erhöht am stärksten das Risiko für die Entstehung

(A)

einer fortschreitenden kosmetischen Verunstaltung

(B)

einer Querschnittslähmung

(C)

einer Rechtsherzinsuffizienz im Erwachsenenalter

(D)

von Schmerzen im Erwachsenenalter, z.B. durch Kontakt von Rippen mit dem Beckenkamm

(E)

zunehmender Lungenveränderungen

105

Welche der folgenden Angaben gilt am ehesten für die hier durchgeführte Operation und ihr Ergebnis (siehe Abbildung Nr. 6 der Bildbeilage)?

(A)

Der Eingriff wird − wie alle Skolioseoperationen − von ventral vorgenommen.

(B)

Der Eingriff geht − wie alle Skolioseoperationen − mit einer leichten Rumpfverkürzung einher.

(C)

Der Eingriff geht mit einer Spondylodese einher.

(D)

Durch den Eingriff wird die Wirbelsäulendeformität hier − wie üblich − in der Frontalebene vollständig korrigiert.

(E)

Das Wirbelsäulenprofil in der Sagittalebene wird hier − wie üblich − durch den Eingriff unverändert gelassen.

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106

Die bei Christiane laut Fallbericht zur postoperativen Schmerztherapie auf der Intensivstation eingesetzten Analgetika zeichnen sich durch verschiedene Begleitwirkungen aus. Mit welchem der folgenden Effekte ist bei der gewählten Kombinationstherapie prinzipiell am ehesten zu rechnen?

(A)

Blutdruckabfall nach intravenöser Medikamentengabe

(B)

deutliche Steigerung des Atemantriebs vornehmlich zu Behandlungsbeginn

(C)

Potenzierung der spasmogen obstipierenden Opiatwirkung

(D)

starke (potenzierte) antiphlogistische Wirkung im gesamten Behandlungsverlauf

(E)

Stimulation der medullären Blutbildung

107

Zur adäquaten postoperativen Behandlung der Patientin auf der orthopädischen Normalstation gehört − zusätzlich zur beschriebenen Schmerztherapie − die Gabe verschiedener weiterer Medikamente. Am wenigsten in Betracht kommt dabei die Verabreichung von

(A)

Clomethiazol

(B)

Eisenglycinsulfat

(C)

Enoxaparin

(D)

Lactulose

(E)

Pantoprazol

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