Pharma-Daten 2016
Pharma-Daten 2016
Pharma-Daten 2016
Inhalt Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld Die pharmazeutische 47 Weltpharmamarkt Industrie am Standort 51 Europäischer Deutschland Arzneimittelmarkt Branchenstruktur 54 Arzneimittelpreise im internationalen Vergleich Wirtschaftsfaktor Pharma Produktion Die Pharmaindustrie Beschäftigte im deutschen Außenhandel Gesundheitswesen 57 Gesundheitsmarkt Forschung, Entwicklung Deutschland und Innovationen Arzneimittelentwicklung – 64 Ausgabenstruktur der Gesetzlichen Herausforderungen Krankenversicherung auf dem Weg 69 Rabattverträge in der GKV zum Medikament 72 ArzneimittelmarktBiotechnologie und neuordnungsgesetz Biopharmazeutika in (AMNOG) Deutschland Innovationen auf Basis Der deutsche bewährter Wirkstoffe Arzneimittelmarkt Nutzen für die 76 Deutscher Gesellschaft Apothekenmarkt Regulatorik und Folgen 82 GKV-Arzneimittelmarkt für Innovationen 85 GKV-Strukturkomponente F&E-Programme 89 OTC-Markt Zukunftstrends Klinische Forschung zur 94 Krankenhausmarkt für Arzneimittel in Entwicklung von Deutschland Arzneimitteln 98 Zahl der Arzneimittel in Deutschland Arzneimittelsicherheit / 100 Eingriffe in den Pharmakovigilanz Arzneimittelmarkt Kontinuierliche – Ausblick Überwachung der Arzneimittelsicherheit / 104 Weiterführende Pharmakovigilanz Informationen Rote-Hand-Brief 106 Stichwortverzeichnis zur Information 108 Abkürzungsverzeichnis der Fachkreise
04 Vorwort
06 08 09 10
12
18 22 24 27 29 31 34
39
46
03
Pharma-Daten 2016
Vorwort Die Uhr tickt – das letzte Jahr der Regierungsarbeit in der 18. Legislaturperiode ist angebrochen. Es hat sich in den letzten Monaten bestätigt, dass das Festhalten an alten Handlungsmustern – wie kurz- und langfristigen Kostendämpfungsmaßnahmen – weiterhin die politische Arbeit prägt. Die Chancen zu tiefgreifenden Veränderungen und mutigen Entscheidungen sind in dieser Legislaturperiode verstrichen, denn der Kabinettsentwurf zum Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) wurde verabschiedet und viele Gesetzesvorhaben werden vor dem Wahlkampf nicht mehr in die Wege geleitet werden. Das AM-VSG erfüllt nicht die in den Pharmadialog gesetzten Hoffnungen, sondern es bestätigt viele Befürchtungen der pharmazeutischen Industrie. Kurz und knapp: Die Chance, im Anschluss an den Dialog einen gemeinsamen Schritt nach vorn zu wagen, konnte nicht genutzt werden. Insgesamt bleibt bei dem Blick zurück auf den Pharmadialog eine eher ernüchternde Bilanz: Der koordinierte ressortübergreifende Austausch mit der pharmazeutischen Industrie war richtig und wichtig – aber die derzeit zu verzeichnenden Ergebnisse sind überschaubar, in wesentlichen Teilen sogar kontraproduktiv und stärken den Standort Deutschland für die pharmazeutische Industrie nicht. Trotz der angesichts hoher Reserven entspannten Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung und des „Diskussionsraums Pharmadialog“ ist das gesundheitspolitische Umfeld nicht offen, um die zahlreichen gesetzgeberischen Eingriffe der letzten Jahre im Arzneimittelmarkt ergebnisoffen zu hinterfragen und gegebenenfalls zu revidieren bzw. anzupassen. Allerdings rechtfertigt die großpolitische Wetterlage nicht vollständig das zögerliche politische Handeln bei der Bearbeitung von wichtigen Themen wie die Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln. Es muss an dieser Stelle noch einmal festgehalten werden, dass die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland weiterhin sehr gut geeignet sind, um eine zukunftsweisende Ausgestaltung der
04
Pharma-Daten 2016
Arzneimittelpolitik in Angriff zu nehmen. Die große Koalition verfügt über eine stabile Parlamentsmehrheit und die von hohen Rücklagen und sicheren Beitragseinnahmen geprägte Finanzsituation der Gesetzlichen Krankenversicherung bietet eine gute Basis zur Realisierung von grundlegenden Reformen. Bisher ist diese Chance industriepolitisch nicht genutzt worden und es bleiben die Spar- und Vorschaltgesetze als maßgebliche Resultate der letzten drei Jahre Regierungsarbeit übrig. Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle eine besondere industriepolitische Fehlentwicklung: Die geplante nochmalige Verlängerung des Preismoratoriums (nunmehr bis zum Jahr 2022). Dieses engt im Zusammenspiel mit Zwangsabschlägen, Erstattungsbeträgen, Festbeträgen und Rabattverträgen, sowie zusätzlichen Regelungsvorhaben den unternehmerischen Gestaltungsspielraum weiter ein. Hinzu kommt, dass Probleme wie Lieferengpässe, Arzneimittelfälschungen und Marktrückzüge – initiale Gründe für den Pharmadialog – noch nicht vollständig abgearbeitet worden sind. Die gemeinsam gesteckten Ziele – Arzneimittelforschung, -entwicklung und -produktion am Wirtschaftsstandort Deutschland zu erhalten und zukunftsfähig zu machen – müssen über die laufende Legislaturperiode hinaus weiterhin auf die politische Agenda gesetzt werden. Die pharmazeutische Industrie wird oft nur als Kostenfaktor gesehen. Sie steht aber für hochqualifizierte Mitarbeiter, beträchtliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, sowie die Herstellung von unverzichtbaren Produkten. Der Einsatz von Arzneimitteln trägt maßgeblich dazu bei, Krankheiten zu heilen oder deren Verlauf zu beeinflussen, Leid zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Die vorliegende 46. Auflage der Pharma-Daten trägt eine Vielzahl von Fakten und Hintergrundinformationen zum nationalen und internationalen Pharmamarkt zusammen und schafft so eine umfangreiche Basis für eine faire und transparente Diskussion.
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Die pharmazeutische Industrie am Standort Deutschland
Branchenstruktur Die Darstellung der Unternehmensanzahl wurde im Verlauf der letzten Jahre einerseits durch wechselnde Berichtskreise beim Statistischen Bundesamt und andererseits durch methodische Abgrenzungsunterschiede – Konzerne können aus mehreren Unternehmen bestehen, diese wiederum aus Betrieben und fachlichen Betriebsteilen – erschwert. Außerdem gibt es verschiedene Datenquellen, wie das Statistische Bundesamt, das Unternehmensregister, die IFA GmbH, IMS Health GmbH & Co. KG und die INSIGHT Health GmbH und deren individuelle Definitionen. In der Bundesrepublik Deutschland sind laut der Kostenstrukturstatistik des Statistischen Bundesamtes 669 pharmazeutische Unternehmen für das Jahr 2014 gemeldet. Bei den pharmazeutischen Unternehmen handelt es sich sowohl um standortorientierte und eigentümergeführte Unternehmen als auch um deutsche Niederlassungen multinationaler Konzerne. Nach wie vor gilt, dass rund 93 % der Arzneimittel herstellenden Unternehmen in Deutschland weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen. 400 von diesen Unternehmen hatten 2014 weniger als 20 Beschäftigte.
06
Die pharmazeutische Industrie am Standort Deutschland
Unternehmen nach Größenklassen 2014 in %
6,6 % 17,3 %
unter 100 Mitarbeiter 100 bis 499 Mitarbeiter 500 und mehr Mitarbeiter
76,1 % Eigene Berechnung des BPI basierend auf Daten des VCI 2016 und des Statistischen Bundesamtes 2016.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) vertritt mit seinen rund 240 Mitgliedern als einziger Verband in Deutschland das gesamte Spektrum der pharmazeutischen Industrie – national und international. Standortorientierte Unternehmen wie auch international agierende Konzerne haben sich im BPI zusammengeschlossen. Zu den Mitgliedern zählen forschende Pharma-Unternehmen und Generikafirmen, Unternehmen aus dem Bereich der Biotechnologie, der pflanzlichen Arzneimittel, der Homöopathie / Anthroposophie, der Tierarzneimittel, Hersteller mit gemischtem Portfolio sowie Pharma-Dienstleister. Mit seiner über 65-jährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Arzneimittelforschung, -entwicklung, -zulassung, -herstellung und -vermarktung bietet der BPI damit integrierte Lösungen für den gesamten Pharmamarkt.
07
Wirtschaftsfaktor Pharma
Produktion Die pharmazeutische Industrie in Deutschland stellte 2015 pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 29,6 Mrd. Euro her. Die Produktion der Branche ist um 2,8 % gegenüber dem Wert des Jahres 2014 zurückgegangen. Die inländische Produktion hängt dabei maßgeblich von den Preisen, den Arzneimittelimporten sowie der Exportnachfrage ab.
Pharmaproduktion* von 2003 – 2015** (Produktionswert in Mrd. Euro, Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %) Mrd. Euro / %
Umstellung der Datenbasis
35 29,01 30
25 20,72 20,82 20
30,40 29,55
27,68
+4,8% +4,8% -2,8% +2,8% 23,70 +3,4% -2,4% +1,6% +0,2% 22,65 +10,6% 27,10 26,46 26,89 26,93 26,22
+4,6% +8,8%
+0,2%+0,5%
15
10
5
0
´03
´04
´05
´06
´07
´08 ´09** ´10** ´11** ´12** ´13** ´14** ´15**
*
Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken (GP 21), Herstellung von pharmazeutischen und ähnlichen Erzeugnissen.
**
Ab dem Jahr 2009 ersetzt die GP 21 (pharmazeutische und ähnlichen Erzeugnisse) die GP
244. Diese neue statistische Abgrenzung verhindert einen direkten Vergleich mit Werten aus den Vorjahren. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des VCI 2016 und des Statistischen Bundesamtes 2016.
08
Wirtschaftsfaktor Pharma
Beschäftigte Im Jahr 2015 waren 114.069 Personen in Betrieben beschäftigt, die pharmazeutische Erzeugnisse herstellen. Die Beschäftigtenzahl ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen und spiegelt die Gesamtsituation der Beschäftigung des letzten Jahres in Deutschland wider. Die weiterhin gute Konjunkturlage in Deutschland hat die Beschäftigung in diesem Jahr weiter anwachsen lassen. Rund 43,6 Mio. Menschen waren im Sommer 2016 in der Bundesrepublik Deutschland in Beschäftigung. Entwicklung der Beschäftigtenzahl* in Betrieben der pharmazeutischen Industrie 2010 – 2015 (Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %) 120.000
114.069 112.475 110.000
110.006
110.036
+4,3%
+/- 0,0%
2012
2013
+1,4%
+2,2%
105.435 103.208
+2,2%
-4,6% 100.000
2010
*
2011
2014
2015
Die Daten beziehen sich auf Betriebe (Berichtskreis 20+).
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des VCI 2016 und des Statistischen Bundesamtes 2016.
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Wirtschaftsfaktor Pharma
Außenhandel Aus der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahr 2015 Pharmazeutika im Wert von 69,7 Mrd. Euro ausgeführt. Dies entspricht einem Zuwachs um 13,6 % gegenüber dem Vorjahr. Zur gleichen Zeit wurden pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 45,3 Mrd. Euro in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Dies stellt nach Jahren der Stagnation, zum zweiten Mal in Folge, einen Zuwachs dar. In 2015 wuchsen die Importe um 12,9 % gegenüber 2014. Hauptlieferant pharmazeutischer Erzeugnisse nach Deutschland ist die Schweiz, gefolgt von den Niederlanden und den USA. Ausfuhr und Einfuhr von Pharmazeutika* (in Mio. Euro und Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)
Jahr
Import Mio. Euro
Export**
+/- %
Mio. Euro
+/- %
2003
19.327,83
+0,2
22.230,11
+18,0
2004
22.221,42
+15,0
28.681,63
+29,0
2005
25.585,17
+15,1
31.758,85
+10,7
2006
28.366,72
+10,9
36.474,52
+14,8
2007
32.706,83
+15,3
41.908,34
+14,9
2008
34.063,16
+4,1
47.549,32
+13,5
2009
35.552,65
+4,4
47.365,99
-0,4
2010
38.011,26
+6,9
51.133,24
+8,0
2011
37.618,32
-1,0
50.421,52
-1,4
2012
38.186,24
+1,5
54.220,11
+7,5
2013
36.470,92
-4,5
57.123,36
+5,4
2014
40.160,22
+10,1
61.386,85
+7,5
2015
45.347,20
+12,9
69.706,97
+13,6
*
Wirtschaftszweig 21, Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen. Im Jahr 2008 wurde
eine neue statistische Abgrenzung eingeführt. Die Herstellung pharmazeutischer Erzeugnisse wird jetzt unter WZ 21 geführt (vorher WZ 24.4).
** Aufgrund statistischer Besonderheiten und unterschiedlicher Erhebungen können die Produktionsstatistik und die Außenhandelsstatistik nicht miteinander verglichen werden. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des VCI 2016 und des Statistischen Bundesamtes 2016.
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Wirtschaftsfaktor Pharma Hauptlieferanten Pharmazeutika* nach Deutschland (in Mio. Euro) 2011
2012
2013
2014
2015
Schweiz
6.376,50
7.007,76
7.449,89
8.525,59
10.176,52
Niederlande
4.127,49
4.615,10
5.060,24
6.585,71
7.615,16
USA
5.728,23
7.110,13
5.729,16
5.791,55
7.020,76
Irrland**
4.653,31
2.880,42
1.934,73
2.055,11
3.602,64
Frankreich
1.754,11
2.013,64
2.197,79
2.264,25
2.265,97
Italien
1.792,42
1.975.65
2.122,91
2.461,80
2.200,68
Belgien**
1.822,54
1.516,20
1.983,70
2.545,11
2.042,77
Großbritannien
3.313,73
2.990,15
1.775,78
1.605,31
1.512,90
Schweden
1.035,44
1.143,18
1.319,79
1.222,00
1.273,22
Spanien
1.023,40
1.149,15
971,83
1.004,30
1.100,27
Übrige
5.993,16
5.784,86
5.925,11
6.099,50
6.536,31
37.620,32
38.186,24
36.470,92
40.160,22
45.347,20
Gesamt
*
Wirtschaftszweig 21, Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen.
** Die außergewöhnliche Höhe der Importe erklärt der VCI mit Sondereffekten. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des VCI 2016 und des Statistischen Bundesamtes 2016.
Hauptabnehmer Pharmazeutika* aus Deutschland (in Mio. Euro)
USA
2011
2012
2013
2014
2015
5.665,32
8.157,45
8.455,29
10.583,16
13.488,87
Niederlande
6.676,76
6.537,49
6.452,43
6.239,57
8.215,95
Großbritannien
2.421,35
3.176,76
5.142,60
6.006,59
7.099,58
Schweiz
3.221,24
3.340,33
3.679,37
4.097,19
4.646,63
Frankreich
2.752,75
3.596,67
3.386,32
3.598,51
3.663,20
Italien
2.484,00
2.530,89
2.211,14
2.411,21
2.621,16
Belgien**
7.531,28
4.544,95
3.571,14
3.138,53
2.371,43
China
878,09
1.216,47
1.375,14
1.569,94
2.264,23
Japan
1.326,45
1.619,03
1.828,15
2.015,61
2.214,57
Spanien
1.449,00
1.629,52
1.618,67
1.796,94
1.796,88
Übrige
16.017,13
17.870,55
19.403,10
19.626,03
21.324,47
Gesamt
50.423,36
54.220,11
57.123,36
61.083,27
69.706,97
*
Wirtschaftszweig 21, Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen.
** Die außergewöhnliche Höhe der Exporte erklärt der VCI mit Sondereffekten. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des VCI 2016 und des Statistischen Bundesamtes 2016.
11
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Arzneimittelentwicklung – Herausforderungen auf dem Weg zum Medikament Das Ziel schien schon so nahe, dass bereits Stimmen laut wurden, es von drei auf fünf Prozent anzuheben. Mit Investitionen von 2,98 % des Bruttoinlandproduktes in Forschung und Entwicklung (F&E) erreichte Deutschland 2012 fast das Lissabon-Ziel von 3 %. Seitdem dümpelt nun der Wert unterhalb dieser Grenze. So auch 2014 mit 2,87 %. Nach Angaben des jüngsten Berichtes der Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) trug die Pharmaindustrie mit rund 12 % ihres Umsatzes aus eigenen Erzeugnissen für interne F&EProjekte maßgeblich dazu bei. Sie liegt, wie in den vergangenen Jahren, vor dem Automobil- und Maschinenbau sowie der chemischen Industrie und ist somit eine der forschungsintensivsten Branchen Deutschlands. Dieser Trend ist nicht alleine auf Deutschland beschränkt. Auch das Ende 2015 publizierte „EU Industrial Investment Scoreboard“ der EU stellt die pharmazeutische Industrie mit einer F&E-Quote von mehr als 13 % an eine der ersten Stellen im Ranking der innovationsfreudigsten Industriesektoren – und zwar in der EU, in Japan und in den USA. Die hohen F&E-Ausgaben der pharmazeutischen Industrie liegen in der zum Teil sehr komplexen, langen, höchst sensiblen und stark regulierten Arzneimittelentwicklung begründet. Je nach Medikament können laut Berechnungen verschiedener Wissenschaftler – beispielsweise von Donald W. Light, Rebecca Warburton, Matthew Herper oder Joseph DiMasi – Kosten in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro entstehen.
12
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Anteil der internen F&E-Ausgaben* der Wirtschaftszweige am Umsatz aus eigenen Erzeugnissen in %
DV-Geräte, elektronische / optische Erzeugnisse
Pharmaindustrie
Luft- / Raumfahrzeugbau
Automobilbau
Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes
Chemieindustrie
Maschinenbau
elektrische Ausrüstungen 2014 2013
übriger Fahrzeugbau
2012 Gummi- / Kunststoffverarbeitung
0
2
4
6
8
10
12
14
16
* Angaben ohne Vorsteuer. 2013: Bruch in der Reihe. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) 2016.
Von rund 10.000 Molekülen, die am Anfang der Medikamentenentwicklung als Wirkstoff in Frage kommen könnten, weil sie ein krankheitsrelevantes Ziel im Organismus beeinflussen, schafft es, in der Regel nach etwa acht bis zwölf Jahren, gerade eine Substanz, den behördlichen Zulassungsprozess erfolgreich zu absolvieren.
13
Forschung, Entwicklung und Innovationen Phasen des Arzneimittelforschungs- und -entwicklungsprozesses in
Screening (10.000 Moleküle)
der EU he g isc ng l i n kl u n u k ä g ra Pr twic t f t au En tä be izi nt x e o t t T Pa gie e itä ut xiz olo Ak n To ak e m die ar ch tu s i S Ph n he ro isc Ch lin I K e as Ph II e as III Jahreg e 1 - 1,5 Ph n ng as ltu Ph assu sta z Zulassung l e l an Zu eisg ng igi tu v t Pr o sta ak m Er ar h P
A rzne im itt el Jahre 0
5
10 Jahre F&E
10
15
2 - 3 Jahre administrative Vorgänge
20 Nach 20 Jahren Ablauf des Patentschutzes
25 Für maximal 5 weitere Jahre ergänzendes Schutzzertifikat
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten der EFPIA 2015.
Auf dem Weg dahin wird das pharmazeutische Unternehmen die Entwicklung meist in verschiedenen Ländern gleichzeitig zum Patent anmelden und mehrere Jahre Laborversuche durchführen, um grundsätzliche Fragen der Toxizität, der Wirksamkeit und der Pharmakologie zu klären. Dieser Forschungsabschnitt wird als präklinische Phase bezeichnet. Vor dem Start der klinischen Phasen I – III (Wirksamkeit, Humantoxizität, Dosierung, Darreichungsform – bei gesunden Menschen und an Patienten), die je nach Indikationsgebiet und Phase bis zu mehrere tausend Personen in verschiedenen Ländern einbeziehen müssen, wird das Studiendesign festgelegt und in Deutschland mit Ethik-Kommissionen und Bundesoberbehörden abgestimmt.
14
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Sollte der Medikamentenkandidat am Ende der Phase III die Studienziele erreicht haben (beispielsweise eine höhere Wirksamkeit oder geringere Nebenwirkungen gegenüber einer bereits bestehenden Therapie), schließt sich der Zulassungsprozess an. Da die meisten pharmazeutischen Unternehmen international tätig sind und deren Produkte für Patienten in verschiedenen Ländern zur Verfügung gestellt werden sollen, werden zu diesem Zeitpunkt Zulassungsunterlagen z. B. bei der Food and Drug Administration (FDA) in den USA und bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eingereicht. Darüber hinaus sind den spezifischen nationalen Zulassungs- und Inverkehrbringungsanforderungen der einzelnen europäischen Staaten – Deutschland dient dabei vielfach als Referenz für andere nationale Märkte – und weiteren Anforderungen für die Vermarktung des neuen Wirkstoffes Folge zu leisten. Pharmazeutische Unternehmen führen auch nach der Zulassung eines Produktes weitere Studien und klinische Prüfungen durch. Diese Untersuchungen werden im Rahmen der sogenannten Pharmakovigilanz (Arzneimittelsicherheit) durchgeführt. Sie dienen der systematischen Überwachung der Sicherheit eines bereits zugelassenen Medikamentes mit dem Ziel, die während der klinischen Prüfungen der Phasen I bis III nicht beobachteten, unerwünschten Nebenwirkungen zu entdecken, zu beurteilen und zu verstehen. Darüber hinaus dienen diese Untersuchungen auch der Gewinnung von Erkenntnissen zur Langzeitwirkung und zum Wirkungsprofil des neuen Medikaments und zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Die Erkenntnisse werden beispielsweise in klinischen Prüfungen der sogenannten Phase IV gewonnen. Weitere Möglichkeiten, um Pharmakovigilanzdaten zu generieren, sind vom pharmazeutischen Unternehmen oder vom Zulassungsinhaber freiwillig durchgeführte oder von Bundesoberbehörden angeordnete klinische Prüfungen und NichtInterventionelle-Studien (NIS). 15
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Wenn Zulassungsbehörden weitere Daten zur Sicherheit des Arzneimittels anfordern, werden diese Daten in der Regel durch Post-Authorisation Safety Studies (PASS) oder PostAuthorisation Efficacy Studies (PAES) gewonnen. Eine Umfrage des US-Pharma-Verbandes PhRMA im Jahre 2014 ergab für dessen Mitglieder folgende prozentuale Verteilung der F&E-Ausgaben für neue Wirkstoffe in den unterschiedlichen Phasen: Prozentuale Verteilung der F&E-Ausgaben in den Phasen der Entwicklung eines Arzneimittels Präklinik
Klinische Prüfungen
21,2 8,9
Phase I
10,7
Phase II
28,7
Phase III
48,3
Zulassung
5,1
Pharmakovigilanz
16,6
Rest
8,8
Phase IV
Darstellung des BPI basierend auf Daten der PhRMA, Annual Membership Survey 2016.
In der aktuellen Diskussion um die Ausgaben im Gesundheitswesen wird in diesem Zusammenhang immer wieder auf die Kosten der Entwicklung eines neuen Wirkstoffs verwiesen, die 2003 von der Arbeitsgruppe um Joseph DiMasi auf knapp 900 Mio. US-Dollar und mittlerweile auf rund 2 Mrd. US-Dollar geschätzt werden. Diese Bewertungen basieren auf einer Erfassung der gesamten Entwicklungskosten für neue chemische oder biologische Verbindungen bezogen auf die tatsächlich neu zugelassenen Arzneimittel. Damit beinhaltet dieser Mittelwert auch die Kosten für die sehr hohe Zahl fehlgeschlagener 16
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Entwicklungen sowie entsprechend den betriebswirtschaftlichen Standards auch die sogenannten Opportunitätskosten, d. h. Erträge, die man mit dem eingesetzten Kapital in der Entwicklungszeit hätte erreichen können, wenn es nicht in die Entwicklung eines neuen Arzneimittels investiert worden wäre. Die genannten Zahlen werden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Legt man die reinen Ausgaben („out of pocket expenses“) zugrunde, resultieren jedoch immer noch Aufwendungen in der Größenordnung von 540 Mio. US-Dollar. Selbst Kritiker wie Donald W. Light und Rebecca Warburton kommen zu Schätzungen, die für die Entwicklung neuer Wirkstoffe im Bereich von mehreren 100 Mio. Euro liegen. Damit ändert sich abseits der Diskussion um die Methodik der Berechnung an der Kernaussage nichts: Die Entwicklung innovativer Arzneimittel ist ein sehr kostenintensiver, aufwändiger, risikoreicher und langwieriger Prozess. Trotz der (stetig wachsenden) Komplexität dieses hier nur in groben Zügen beschriebenen F&E-Prozesses, liefern pharmazeutische Unternehmen Jahr für Jahr neue Medikamente für die Gesundheitsversorgung. Allein im vergangenen Jahr wurden nach § 48(2)1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) 111 Zulassungen mit neuen Stoffen registriert*.
* Neue Stoffe im Sinne des § 48(2)1 AMG, Bearbeitungsstatistik 2015 des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM. Nach Statistiken der Ärztezeitung sind im vergangenen Jahr 36 neue Arzneimittel basierend auf neuen Wirkstoffen zugelassen worden. Die Differenz zwischen „neuen Wirkstoffen“ und nach § 48(2)1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) zugelassenen „neuen Stoffen“ ergibt sich daraus, dass beispielsweise jede Wirkstärke oder Darreichungsform eines Wirkstoffes vom BfArM eine (neue) Zulassungsnummer erhält und somit einzeln in dessen Statistik betrachtet wird. Darüber hinaus gehen für das Jahr 2015 14 sogenannte Parallelimporte als (Neu)Zulassungen in diese Statistik ein.
17
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Der hohe F&E-Aufwand wird gelegentlich als Grund dafür angeführt, dass kleinere Unternehmen im Innovationsprozess keine Chance hätten, da unterhalb von Milliardenumsätzen die notwendigen Aufwendungen für die Entwicklung eines neuen Wirkstoffs bis zur Marktreife nicht finanzierbar seien. Dabei wird übersehen, dass kleinere Unternehmen, zum Beispiel im Biotechnologie-Bereich, oft den Ausgangspunkt innovativer Entwicklungen darstellen und diese im Verlauf der Entwicklung Teile ihrer Pipelines an größere Unternehmen veräußern.
Biotechnologie und Biopharmazeutika in Deutschland Deutschland ist einer der wichtigsten Biotech-Standorte weltweit: Anfang des zweiten Quartals 2016 wurde mehrere Studien zum Status quo der deutschen Biotechnologie-Branche veröffentlicht. Die deutsche Biotechnologie-Branche befand sich 2015 laut den Ergebnissen einer Umfrage des Brancheninformationsdienstes Biocom weiter auf Wachstumskurs. Der Umsatz dedizierter Biotechnologie-Unternehmen* erreichte abermals Werte über der Drei-Milliarden-Grenze: von 2,86 Mrd. Euro in 2013 stieg dieser Wert 2014 auf 3,03 Milliarden Euro; im vergangenen Jahr wuchs dieser Wert um mehr als acht Prozent auf 3,28 Mrd. Euro. Auch die Zahl der Mitarbeiter stieg abermals um sechs Prozent auf nunmehr rund 19.000. Zudem stieg die Zahl der hauptsächlich mit Biotechnologie** beschäftigten Firmen, von 579 auf 593. * Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) definiert ein dediziertes Biotechnologie-Unternehmen als ein biotechnologisch aktives Unternehmen, dessen wesentliche(s) Unternehmensziel(e) die Anwendung biotechnologischer Verfahren zur Herstellung von Produkten oder der Bereitstellung von Dienstleistungen oder der Durchführung biotechnologischer Forschung und Entwicklung ist/sind. ** Die OECD sieht die Biotechnologie als Sammlung verschiedener Verfahren und Anwendungen in einer Vielzahl von Industriezweigen an. Sie definiert Biotechnologie als “the application of science and technology to living organisms, as well as parts, products and models thereof, to alter living or non-living materials for the production of knowledge, goods and services”.
18
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Die Ausgaben für F&E sind nach fünf Jahren 2015 erstmals wieder über die Eine-Milliarde-Euro-Grenze gestiegen.
D i e de ut s c h e B i o t e c h no l o g i e - B r a nc h e 2 0 1 0 – 2 0 1 5 Eckdaten der Unternehmenslandschaft
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Biotech-Unternehmen
538
552
565
570
579
593
Anzahl sonstiger biotechnologisch aktiver Unternehmen
125
126
128
130
131
133
Mitarbeiter (dedizierte Biotech-Unternehmen)
15.480
16.300
17.430
16.950
17.930
19.010
Mitarbeiter (sonstige biotechnologisch aktive Unternehmen)
17.000
15.570
17.760
18.450
19.200
20.250
Umsatz* (dedizierte Biotech-Unternehmen)
2,37
2,62
2,90
2,86
3,03
3,28
F&E-Aufwendungen* (dedizierte BiotechUnternehmen)
1,02
0,98
0,93
0,90
0,95
1,04
* Angaben in Mrd. Euro. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten der Biocom AG 2016.
Die meisten Unternehmen in der Biotechnologie sind den Umfrageergebnissen der Biocom zufolge nach wie vor im Bereich Gesundheit aktiv (49,7 %). Dazu zählten 53 Firmen, die sich der Medikamentenentwicklung verschrieben haben. Derzeit sind 92 Wirkstoffkandidaten in einer der früheren Phasen I und II getestet worden, neun Präparate haben die für die Zulassung relevante Phase III erreicht. Bei diesen Medikamenten handelt es sich um Substanzen, die mit moderner Biotechnologie unter hohem technologischen Aufwand und aufwändigen Entwicklungs- und Fertigungsmethoden hergestellt werden. Sie werden so entwickelt, dass sie unter anderem gezielt in die zellulären Stoffwechselabläufe des Körpers eingreifen. Es handelt sich dabei vor allem 19
Forschung, Entwicklung und Innovationen
um Proteine (inklusive monoklonaler Antikörper), zum Teil auch um Nukleinsäuren. Nicht nur Biotech-Firmen, die meist zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – rund 85 % beschäftigen weniger als 50 Mitarbeiter – zählen, sondern auch größere Unternehmen und internationale Konzerne sind an der Entwicklung von Biopharmazeutika beteiligt. Häufig führt der bereits erwähnte aufwändige F&E-Prozess bei diesen Medikamenten zu Entwicklungskooperationen. Dabei fungiert oft das Biotech-Unternehmen als Ideen- beziehungsweise Technologielieferant und die Pharma-Firmen steuern ihre langjährige Erfahrung bei der Durchführung komplexer klinischer Prüfungen und Zulassungsprozesse bei. Darüber hinaus verfügen sie über ein etabliertes Vertriebsnetz. Allein in Deutschland wurden für 2015 von der Wirtschaftsprüfungsund Steuerberatungsgesellschaft Ernst & Young (EY) mehr als 100 Allianzen registriert. Es handelte sich dabei um Kooperationen, Lizenzierungen, Servicevereinbarungen oder AssetDeals. Die 2014 in der Fachzeitschrift „nature“ veröffentlichten Zahlen zum Ursprung von neuen Wirkstoffen zwischen 2010 und 2012 in der EU verdeutlichen diese Arbeitsteilung. KMU und Mittelständler sind demnach für den Großteil neuer Wirkstoffe verantwortlich: Arzneimittel für seltene Leiden, sogenannte Orphan Drugs, kommen zu mehr als 70 % aus deren Laboren, bei Nicht-Orphans sind es immerhin noch 40 %. Große Pharma-Unternehmen sind hingegen für 11 % der Orphan Drugs beziehungsweise für 33 % der NichtOrphans Quelle neuer Wirkstoffe. Interessanterweise fungieren die großen pharmazeutischen Unternehmen als größte Zulassungsinhaber: bei 50 % der Orphans, für Nicht-Orphans sogar bei mehr als 60 %.
20
Forschung, Entwicklung und Innovationen Herku nft neu er Arz neimittel in der EU (Orp han u nd Non-Orp han): 2010 - 2012 Entwickler
Zulassungsinhaber
Organisationsform Orphans
Non-Orphans
Orphans
Non-Orphans
n
%
n
%
n
%
n
%
Großunternehmen
2
11
24
33
9
50
47
62
Mittelständler
2
11
18
22
5
28
21
27
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
11
61
14
18,5
4
22
8
11
Akademische Einrichtungen, öffentliche Einrichtungen, PPPs (Partnerschaften öffentlich-privat)
2
11
14
18,5
0
0
0
0
Private Kooperationen
1
6
6
8
0
0
0
0
Gesamtzahl
18
100
76
100
18
100
76
100
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Nature Reviews Drug Discovery 2014.
Diese Daten dürfen jedoch nicht davon ablenken, wie produktiv große pharmazeutische Unternehmen sind. Nach einer anderen Erhebung von EY vom Juni 2015 haben die 20 umsatzstärksten börsennotierten Pharma-Firmen weltweit zahlreiche neue Wirkstoffe in der Pipeline: Insgesamt waren 2014 3.592 Wirkstoffe in der Entwicklung beziehungsweise in der Zulassungsphase. Biotech-Sektor und Pharma-Firmen bringen – ob gemeinsam oder im Alleingang – vielversprechende Innovationen zustande: Die Zahl laufender Entwicklungsprojekte der Firmen für neue Biopharmazeutika liegt 2015 nach Angaben der jüngsten Studie der Boston Consulting Group bei 627. Schwerpunkte in der klinischen Entwicklung sind Krebs- und Autoimmunpräparate. Für die auf diesem Gebiet tätigen Unternehmen lohnen sich die F&E-Investitionen: Um insgesamt etwa 10 % auf 8,2 Milliarden Euro sind die Umsätze mit Biopharmazeutika 2015 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Gentechnisch hergestellte Medikamente erreichten damit das vierte Jahr infolge mehr als ein Fünftel Marktanteil. Die 21
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Beschäftigtenzahl in der medizinischen Biotechnologie stieg dabei um etwa sieben Prozent auf mehr als 40.200 Mitarbeiter. Die Innovationstätigkeit der pharmazeutischen Industrie beschränkt sich jedoch keineswegs auf die Entwicklung von Biopharmazeutika. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat alleine im vergangenen Jahr mehr als 1.500 Weiterentwicklungen bewährter Wirkstoffe – beispielsweise für neue Indikationsgebiete oder in verbesserten Darreichungsformen – zugelassen
Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe Innovationen werden in der pharmazeutischen Industrie in einer Vielzahl von Bereichen erarbeitet: -> N e u e Wi rk s t of f e C h e m i s c h d e f i n i e r t e W i r k st o f f e , d e f i n i e r t e Na t u r s t of f e , P h y t o p h a r m a k a , B i o p h a r m a z e u t i k a u n d A n a l o gw i r k s t of f e ( M o l e k ü l v a r i a n t e n b e k a n n t e r W i r k s t of f e m i t ä h n l i c h e r c h e m is c h e r S t ru k t u r) -> N e u e Da rr e ic h u n g s f o rm e n u n d n e u e s pe zi f is c h w i r k s a m e A r z n e i m i tt e l k om b i n a t i o n e n -> E rw e i te r u n g e n d e r An w e n d u n g sg e b ie t e v o r h a n d e n e r W i r k s t of f e -> S pe z if i sc h e Ve rbe s s e ru n ge n be k a n n t e r Wir k s to f f e , n e u e A pp li k at io n s f o rm e n -> A n d e re n e u e B e h an dl u n g s m ög li c h k e i te n -> V e rb e s se r te o de r n e u e He r st e l lu n g s ve r f ah r e n v o n Wi rk s t o f f e n Häufig können mit minimalen Änderungen der Molekülstruktur eines Stoffes unerwünschte Nebenwirkungen reduziert, die Wirkung bei kleinerer Dosis erhöht, seine Verfügbarkeit im Orga22
Forschung, Entwicklung und Innovationen
nismus verbessert oder neue therapeutische Effekte erreicht werden. Verbesserungen in der Darreichung können den Nutzen erhöhen, die Anwendung erleichtern oder die Dosierung verbessern. Schrittweise Verbesserungen auf Grundlage bewährter Wirkstoffe sind damit wie in allen anderen Wirtschaftszweigen auch – man denke nur an den Automobilbau oder die Computerbranche – ein essentieller Bestandteil des Fortschritts in der Pharmaindustrie. Nahezu alle heutigen Therapiestandards haben sich durch schrittweise Verbesserungen bewährter Arzneimittel entwickelt. So ist es durch innovative Dosiersysteme möglich, Augentropfen auf Basis bewährter Wirkstoffe nun auch ohne Konservierungsstoffe anzubieten, was das Auftreten allergischer Reaktionen deutlich vermindern kann. Spezielle Darreichungsformen eines bewährten Wirkstoffs zur Therapie von ADHS (AufmerksamkeitsdefizitHyperaktivitäts-Störung) bei Kindern führen im Gegensatz zu normal freisetzenden Medikamenten zu deutlich erhöhter Sicherheit und Therapietreue. Die Möglichkeit, starke Schmerzmittel über transdermale Pflaster optimiert freizusetzen, bedeutet einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität für Patientinnen und Patienten wie auch für Angehörige. Ebenfalls seien die modernen Kombinationspräparate zur Bekämpfung des HI-Virus genannt, die AIDS-Patienten die über den Tag verteilte Einnahme mehrerer Wirkstoffe erspart und eine sehr hohe Adhärenzrate zur Folge hat. Anschaulich wird dies auch am Wirkstoff Propranolol, der in der Erwachsenenmedikation als Betablocker gegen arterielle Hypertonie eingesetzt wird. 2014 erhielt der Wirkstoff eine Genehmigung von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) für die pädiatrische Verwendung zur Behandlung des infantilen Hämangioms, auch Blutschwämmchen genannt. Dem Wirkstoff wurde Anfang 2015 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in einer Subpopulation als einem von bislang zwei Präparaten seit der Einführung der Frühen Nutzenbewertung (§ 35a SGB V) im Januar 2011, ein „erheblicher Zusatznutzen“ (die Höchstnote) gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie attestiert. 23
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Nutzen für die Gesellschaft Unabhängig davon, ob komplett neue Medikamente (sogenannte „first in class“ oder „new chemical entity“ – NCE oder „new biological entity“ – NBE) oder Weiterentwicklungen auf Basis bewährter Wirkstoffe – Innovationen sind die treibende Kraft für die Verbesserung der Behandlung von Patienten und den Erfolg von Pharmaunternehmen. Neue Wirkstoffe, Darreichungsformen und Produktionsverfahren sichern somit nicht nur bessere Behandlungsoptionen, sondern auch Beschäftigung und Steueraufkommen am Standort Deutschland. Ein beeindruckendes Beispiel der Vorteile moderner Medizin für die Gesellschaft sind Statistiken zum Überleben von Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML). Nach Angaben des Ärzteblattes vom Januar 2015 überlebten 1983 lediglich 11 % der CML-Patienten die ersten zehn Jahre nach der Diagnose der Krankheit. 2002 waren es hingegen – u. a. dank des Einsatzes von Tyrosinkinase-Inhibitoren – mehr als 80 %. Ein Kapitel für sich stellen die Arzneimittel für seltene Erkrankungen dar. Diese Leiden – von denen es rund 7.000 verschiedene gibt – betreffen nach einer Definition der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) höchstens fünf von 10.000 Menschen (das sind alleine in Deutschland immerhin etwa vier Millionen Patienten). Sie werden im Englischen als „orphan diseases" bezeichnet, die Waisenkinder unter den Krankheiten, da sie als Randphänomen angesehen werden. Damit jedoch die Patienten mit seltenen Erkrankungen gleichermaßen mit wirksamen und sicheren Arzneimitteln versorgt werden, erließen vor nunmehr 16 Jahren das Europaparlament und der EU-Rat eine Verordnung ((EG) 141/ 2000), die die wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Entwicklung geeigneter Medikamente gegen diese Krankheiten schuf. Die Industrie hat in Europa seitdem etwa 120 Wirkstoffe gegen seltene Krankheiten (Orphan Drugs) auf dem Markt gebracht: Aktuell haben in der EU 89 Wirkstoffe den Orphan-Drug-Status. 24
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Zudem gibt es rund 30 Medikamente gegen seltene Krankheiten, die den Orphan-Drug-Status nicht mehr führen, weil dieser nach zehn Jahren abgelaufen ist oder von der Firma zurückgegeben wurde. Fast alle diese Medikamente sind jedoch noch verfügbar. Die Orphan Drugs sind meist die einzige Behandlungsoption für die häufig jungen und sehr jungen Patienten. Bis Mitte 2016 führt die EMA mehr als 1.500 sich in der Entwicklung befindliche Arzneimitteltherapien mit Orphan Drug-Status auf.* Auch der Einsatz monoklonaler Antikörper in Therapie und Diagnostik bewährt sich. In der Onkologie sind sie je nach Krebsart die einzige Hoffnung auf eine Verbesserung des Krankheitsverlaufes bzw. auf eine Verlängerung der Lebenserwartung. Jüngstes Beispiel ist die Anwendung des Antikörpers Nivolumab. Der Wirkstoff soll das Immunsystem dabei unterstützen, Krebszellen zu erkennen und abzutöten. Erst Ende 2014 hatte die US-amerikanische Zulassungsbehörde (FDA) das Medikament in einem beschleunigten Zulassungsverfahren zur Behandlung von Patienten mit inoperablem oder metastasierendem Melanom (Hautkrebs) zugelassen. Im April 2015 hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) dem Antikörper eine Zulassungsempfehlung ausgesprochen. Im März 2015 hat die FDA den Wirkstoff auch gegen nicht kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC) zugelassen, nachdem er die Überlebenszeit von Lungenkrebspatienten verdoppelte**. Inzwischen wurde Nivolumab auch für die Behandlung gegen Nierenzellkarzinom zugelassen. * Dabei handelt es sich um Entwicklungskandidaten, die aufgrund der bei der EMA eingereichten und von ihr geprüften Unterlagen einen Orphan-Drug-Status zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Entwicklungsprozess erhalten. Es sei hier angemerkt, dass viele dieser sich noch in der Erprobungsphase befindlichen Therapieprojekte vor dem Erreichen der klinischen Prüfung aufgrund von Forschungsergebnissen, die auf eine Unwirksamkeit oder ein negatives Nutzen-RisikoVerhältnis der Wirkstoffe hinweisen, aufgegeben werden können. ** 2015; doi: 10.1056/NEJMoa1504627.
25
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Eine sehr erfreuliche Nachricht für alle Hepatitis C-Kranken waren die im vergangenen Jahr in Europa eingeführten Wirkstoffe einer neuen Klasse (direkte antivirale Substanzen [DAA = direct acting agents] genannt), die diese Krankheit sogar „heilen“ können*. Der Einsatz dieser neuen Wirkstoffe hilft nicht nur mehr als 90 % der Hepatitis C-Patienten, sie ist im Vergleich zu zuvor eingesetzten Therapien auch in der Lage, eine chronische, nebenwirkungsreiche und zum Teil nach mehreren Jahren in eine Lebertransplantation mündende Behandlung in eine zeitlich begrenzte, nebenwirkungsärmere und im Sinne medizinisch-pharmakologischer Definitionen heilende Therapie umzuwandeln. Hepatitis C (HCV): Ansteigende Heilungsraten HCV Genotyp 1 Prävalenz
1. Generation
2. Generation
3. Generation
4. Generation
2001 - 2010
2011 - 2013
2013 - 2014
2014 - 2015
2,4
41%
63 - 80%
90%
95 - 96%
Heilungsrate
Heilungsrate
Heilungsrate
Heilungsrate
Interferon und Ribavarin (IFN-R)
Protease Inhibitoren mit IFN
Polymerase Inhibitoren mit IFN
Kombinierte antivirale Therapie
48-Wochen Behandlungsdauer
24- bis 48-Wochen Behandlungsdauer
12-Wochen Behandlungsdauer
8- bis 12-Wochen Behandlungsdauer
Millionen
Ausblick
bis zu
100% Heilungsrate
Patienten
ohne Interferone
75 Arzneimittel in späten Phasen der Entwicklung mit großem Potential für Heilung, kürzere Behandlungsdauer und weniger Nebenwirkungen ohne Interferone
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Profile Biopharmaceutical Research Industry, 2016.
Die Diskussion über Kosten innovativer Medikamente darf nicht den Nutzen für Patienten sowie für die Gesellschaft außer Acht lassen. Die Bedeutung des Medikamenteneinsatzes wird vor * Von „Heilung“ wird in diesem Zusammenhang gesprochen, wenn sechs Monate nach dem Ende der Behandlung keine Viren mehr im Blut nachweisbar sind. Dies wird in medizinisch-pharmazeutischen Kreisen als anhaltendes virologisches Ansprechen (= sustained virologic response, SVR) bezeichnet.
26
Forschung, Entwicklung und Innovationen
dem Hintergrund einer immer älter werdenden und selbst im hohen Alter aktiv und produktiv am Leben teilnehmenden Gesellschaft stetig wachsen.
Regulatorik und Folgen I für Innovationen Damit die Entwicklung von Arzneimitteln für pharmazeutische Unternehmen kalkulierbar ist, muss auf die regulatorischen, besonders aber auch auf die erstattungspolitischen Rahmenbedingungen Verlass sein. Während erstere in Europa weitgehend zentral geregelt werden, ist die Erstattungspolitik Sache der Nationalstaaten. Planbarkeit ist eine der wesentlichen Grundlagen für Investitionsentscheidungen – auch in F&E. Leider hat sich die Situation diesbezüglich in den vergangenen Jahren in Deutschland nicht verbessert, wie mehr als 20 Reformgesetze im Gesundheitssektor seit 1989 belegen. Bei Fortschreibung dieser Entwicklung ist heute kaum vorhersehbar, wie sich die Erstattungssituation und das Marktumfeld für eine heute begonnene Entwicklung darstellen, wenn diese in acht bis zwölf Jahren den Markt erreicht. Damit fehlt aber für Unternehmen, die ihren Umsatz hauptsächlich in Deutschland erzielen, die betriebswirtschaftlich notwendige Grundlage für Innovationen: Planungssicherheit. Das 2010 in Kraft getretene GKV-Änderungsgesetz (GKV-ÄndG) sowie das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) aus dem Jahr 2011 sind dafür aktuelle Beispiele. Das GKV-Änderungsgesetz ist ein Spargesetz, das neben einem außerordentlich langen Preismoratorium, zunächst bis Ende 2013 vorgesehen, als erste Gesetzeshandlung der derzeitigen Regierung bis Ende 2017 verlängert und nun als „Umsetzung“ des zwei Jahre währenden Pharmadialogs bis Ende 2022 geplant ist, eine Anhebung der Zwangsabschläge besonders auch auf innovative Arzneimittel beinhaltet. Mit dem AMNOG verbinden sich tiefgreifende systematische Umwälzungen für die pharmazeutischen Unternehmen. 27
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Beide Maßnahmen wurden von der Bundesregierung entgegen der wirtschaftlichen Lage nicht korrigiert. Darüber hinaus wurde mit dem AMNOG für innovative Arzneimittel eine Frühe Nutzenbewertung als lernendes System eingeführt. Dieser Ansatz führt aber zu stetigen Änderungen der Rahmenbedingungen. Im Ergebnis wird die Planbarkeit von innovativen F&E-Programmen in der Industrie weiter erschwert und für Deutschland wurden die Weichen für die Erstattung neuer Arzneimittel neu gestellt. Durch das internationale Referenzpreissystem, über das mehr als 80 Länder auf die deutschen Arzneimittelpreise referenzieren, hat diese Entwicklung über Deutschland hinaus globale Auswirkungen. Im Juni 2015 lagen nach Angaben der Deutschen Apothekerzeitung drei Viertel der deutschen Preise unter dem europäischen Mittel, mehr als ein Drittel sogar unter dem Minimum anderer europäischer Preise. Auch das Festbetragssystem* wirkt sich als Innovationshemmnis aus. Es lässt keinen Spielraum für eine Honorierung von Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe (die meisten dieser Wirkstoffe sind dem Generika-Sektor zuzurechnen). Das System sieht zwar die Möglichkeit einer Freistellung vor, die Beweislast für einen therapierelevanten höheren Nutzen ist aber für den Hersteller im Gesetz (§ 35 (1b) SGB V) so hoch angelegt, dass seit der Einführung des Festbetragssystems im Jahre 1988 bislang faktisch kein Arzneimittel diesen Nachweis erbringen konnte. Folglich verschenkt das System kontinuierliche Verbesserungen in der Patientenversorgung, die diese Innovationen auf Basis bewährter Wirkstoffe ermöglichen würden.
* Festbeträge sind in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Höchstpreise für bestimmte Arzneimittel: Übersteigt der Preis des Arzneimittels den Festbetrag, muss der Versicherte die Mehrkosten selber tragen.
28
Forschung, Entwicklung und Innovationen
F&E-Programme Der pharmazeutische Mittelstand kann häufig nicht von nationalen beziehungsweise europäischen F&E-Förderprogrammen profitieren. Dies hängt mit der speziellen Struktur der PharmaBranche zusammen. Obwohl eindeutig mittelständisch, was die Anzahl der Mitarbeiter angeht (mehr als 90 % der Arzneimittel herstellenden Unternehmen in Deutschland haben weniger als 500 Mitarbeiter), machen die Firmen aufgrund ihrer (erfolgreichen) Historie Jahresumsätze in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe. Das Durchschnittsunternehmen im BPI beschäftigt etwa 330 Mitarbeiter. Der Zugang zum Kapitalmarkt ist innovativen Mittelständlern in der pharmazeutischen Industrie jedoch versperrt. Die Überwindung der Finanzierungsschwierigkeiten vom Entwicklungsvorhaben zum Markteintritt („valley of death“) stellt sie vor besonders große Probleme. Vor diesem Hintergrund ist es angebracht, die F&E-Förderung beim innovativen Mittelstand in besonderer Weise zu adressieren. Denn nicht nur durch die Förderung von Start-ups werden Anreizeffekte ausgelöst. Dies trifft ebenso auf etablierte, innovativ arbeitende Unternehmen zu, die oft den Takt und die Richtung für ihre (kleineren) Zulieferer vorgeben müssen und damit den größten Anteil des technologischen und ökonomischen Risikos der Investition in eine neue Technologie tragen. Fehlinvestitionen können hier die Existenz eines ganzen Unternehmens mitsamt seiner Zulieferkette gefährden. Die 2003 ausgesprochene Empfehlung der Europäischen Kommission (2003/361/EC) zur Beschreibung eines KMU (bis 250 Mitarbeiter und 50 Mio. Euro Jahresumsatz) verfehlt das Ziel, den Innovationfluss aus dem Mittelstand zu erleichtern. Weder Mitarbeiterzahlen noch Jahresumsätze wurden in den vergangenen zehn Jahren an Inflationsraten beziehungsweise 29
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Branchenspezifika angepasst. Im Falle der pharmazeutischen Industrie werden damit den Bürgerinnen und Bürgern der Union indirekt Entwicklungen vorenthalten, die mit einer Verbesserung der Patientenversorgung einher gehen. Ein breiter Mittelstand ist für eine funktionierende Marktwirtschaft unerlässlich. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass sich Mittelständler aufgrund der ihnen eigenen Flexibilität auch gegen Großunternehmen im Wettbewerb behaupten können. Allerdings sind sie gegenüber Konzernen insoweit im Nachteil, als mit steigender Unternehmensgröße regelmäßig Vorteile bei der Beschaffung, der Produktion und / oder dem Vertrieb verbunden sind. Um Wettbewerbsverzerrungen im gesamten Pharmamarkt aufgrund unzutreffender Begrifflichkeiten zu verhindern, empfiehlt das Bundeskartellamt, dass sich der KMU-Begriff an der jeweiligen Marktstruktur orientieren sollte. Danach dürfe die Frage, ob es sich bei einem Unternehmen um ein KMU handelt, nicht anhand absoluter Größenzahlen (zum Beispiel Jahresumsatz, Beschäftigtenzahl) beantwortet werden. Dies hänge vielmehr von den Unternehmensgrößen im jeweiligen Wirtschaftszweig ab. Für den KMUBegriff sei vor allem das Verhältnis zu den großen Unternehmen der jeweiligen Branche entscheidend, denen gegenüber die Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden soll. Ein Unternehmen mit 100 Mio. Euro Jahresumsatz könne zum Beispiel in einem Markt, auf dem auch Umsatzmilliardäre tätig sind, unter Umständen als mittleres Unternehmen angesehen werden. Hilfreich hierbei ist die sich in internationalen Fachkreisen immer mehr durchsetzende Definition des National Institutes of Statistics and Economic Studies in Frankreich, der sogenannten „Mid-Caps“ oder „intermediate-sized enterprises“ (ISE). Darin werden Unternehmen eingeordnet, die zwischen 250 und 5.000 Mitarbeiter haben und einen maximalen Umsatz von 1,5 Mrd. Euro im Jahr aufweisen. Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitern aber Jahresumsätzen von mehr als 50 Mio. Euro werden auch dazu gezählt. 30
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Zukunftstrends Bei den Biopharmazeutika existiert ein enormes Entwicklungspotential. Mit der Entschlüsselung des humanen Genoms, dem durch die Systembiologie steigenden Verständnis der Funktion der Proteine und Peptide und ihrer extrem komplexen Wechselwirkungen schreitet der Wissenszuwachs immer schneller voran. Mit Hilfe der Bioinformatik werden Methoden erarbeitet, um aus den enormen Datenmengen die benötigten relevanten Informationen herauszufiltern. Durch die Integration der unterschiedlichsten Wissensgebiete werden neue Wirkstoffe, völlig neue Wirkmechanismen und Therapieansätze entstehen. Personalisierte Therapien sind heute bereits ebenso erkennbar, wie die Prüfung individueller Arzneimittelwirkungen oder -nebenwirkungen durch die Anwendung pharmakogenomischer oder metabolomischer Untersuchungen im Kontext der „stratifizierten Medizin“, die die Unterschiede zwischen Patientengruppen analysierbar und zur Grundlage spezifischer Behandlungsansätze macht. Bereits heute sind fast 50 Wirkstoffe auf dem Markt, die zur Stratifizierung von Patientenpopulationen dienen. Für 39 dieser Arzneimittel ist ein diagnostischer Vortest vorgeschrieben, der Auskunft beispielsweise über die Wirksamkeit oder das mögliche Auftreten eines bestimmten Nebenwirkungsspektrums liefert. Für weitere acht Wirkstoffe wird ein solcher Test empfohlen. Darüber hinaus eröffnet das Gebiet der regenerativen Medizin sowie der Gen- und Zelltherapien weitere Möglichkeiten, komplexe Krankheiten nicht nur zu bekämpfen, sondern sogar zu heilen. Die EU-Kommission erteilte Ende 2012 dem ersten Gentherapiemedikament der westlichen Welt die Zulassung. Dieses Medikament soll gegen die seltene Fettstoffwechselkrankheit LipoproteinLipase-Defizienz (LPLD) helfen, die zwei Menschen unter einer 31
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Million betrifft. Die Patienten leiden unter anderem an Bauchschmerzen und an einem erhöhten Pankreatitis-Risiko. Das Medikament soll das defekte Gen im Körper ersetzen und so die natürliche Körperfunktion wiederherstellen. Im Mai dieses Jahres wurde eine zweite Gentherapie zugelassen. Sie wird für die Behandlung einer seltenen Immunschwäche eingesetzt, mit der jährlich etwa 15 Kinder in Europa geboren werden. Betroffene können aufgrund eines Gendefekts keine Adenosin-Desaminase (ADA) bilden. Daraus resultiert eine schwere kombinierte Immundefizienz (SCID), die unbehandelt zu häufigen Infektionen und in der Folge zum Tod innerhalb des ersten Lebensjahres führt. Zudem eröffnen sich neue Perspektiven im Bereich der „Biosimilars“. Mit diesem Begriff bezeichnet man biologische Wirkstoffe, die als Nachahmerpräparat auf den Markt kommen, nachdem der Patentschutz des Originalpräparates abgelaufen ist. Man spricht von Biosimilars, weil biologische Moleküle geringfügige Varianzen aufweisen, also nicht vollständig identisch sind.* Aus diesem Grund ist der Aufwand für die Prüfung und Zulassung von Biosimilars deutlich höher als bei typischen Generika und der zu erwartende Preisverfall schwächer ausgeprägt als bei klassischen Pharmazeutika. Derzeit gibt es in Deutschland Biosimilars in sieben verschiedenen Wirkstoffgruppen mit einem GKV-Umsatz von 1 Mrd. Euro (Apothekenverkaufspreise – AVP) im ersten Halbjahr 2016. Es handelt sich um Epoetin, den Granulozyten-koloniestimulierenden Faktor (engl. Granulocyte-Colony Stimulating Factor, G-CSF) Filgrastim, Somatropin, Insulin glargin, Follitropin alfa, den monoklonalen Antikörper Infliximab und das Fusionsprotein Etanercept. * Ein „Biosimilar“ ist ein Biopharmazeutikum, das ähnlich zu einem anderen Biopharmazeutikum ist, das bereits zugelassen wurde und für das „Biosimilar“ als Referenzprodukt dient (EUConsensus Information Paper (2013)).
32
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Das Potential auf diesem Sektor wird häufig als sehr groß eingeschätzt. In den kommenden Jahren werden zwölf Biopharmazeutika ihren Patentschutz verlieren: Analysen des Marktforschungsunternehmens INSIGHT Health zeigen, dass im Jahr 2015 mit einem Umsatzvolumen von 1,34 Mrd. Euro erstmalig mehr Biopharmazeutika aus dem Patentschutz liefen als reguläre chemisch-synthetische Arzneimittel. Entsprechende Umsätze mit deren „Beinahe-Kopien“ werden für die Zukunft vorausgesagt.
A n s t e h e nd e P a t e n t a us l ä u f e um s a t z s t a r k e r B io p h a r m a z e ut i ka Wirktstoff (Produktname)
Patentablauf EU
Patentablauf USA
Enoxaparin Sodium (Lovenox®)
ausgelaufen
ausgelaufen
Rituximab (Mabthera®)
ausgelaufen
2018
Insulin Glargine (Lantus®)
ausgelaufen
ausgelaufen
Trastzumab (Herceptin®)
ausgelaufen
2019
Etanercept (Enbrel®)
ausgelaufen
2028 (verlängert)
Infliximab (Remicade®)
ausgelaufen
2018
Glatiramer Acetate (Copaxone®)
2017
ausgelaufen
Adalimumab (Humira®)
2018
2016
Ranibizumab (Lucentis®)
2018
2018
Bevacizumab (Avastin®)
2019
2019
Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS MIDAS.
33
Forschung, Entwicklung und Innovationen
Klinische Forschung zur Entwicklung von Arzneimitteln Die klinische Forschung in den pharmazeutischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen – wie Universitätskliniken – ist ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung neuer Arzneimittel sowie der Weiterentwicklung bewährter Arzneimittel bzw. Wirkstoffe. Zur klinischen Forschung gehören die Planung, Durchführung, Auswertung und Publikation der klinischen Prüfungen, die dazu erforderlichen gesetzlichen Grundlagen auf nationaler und internationaler Ebene sowie alle weiteren damit im Zusammenhang stehenden Aspekte – wie die Zusammenarbeit mit Auftragsinstituten, Kompetenzzentren und Behörden, Aspekte der Sicherheit von Probanden in klinischen Studien, Patienteninformationen, Versicherungen und rechtliche Fragen. Durch klinische Forschung werden Wirkstoffe bzw. chemische Verbindungen, Wirkstoffkombinationen, neue galenische Formen oder Anwendungsgebiete, nachdem sie identifiziert und als potentiell wirksam eingestuft wurden und die präklinische Forschungsphase (Forschung mit Zell-, Gewebe- oder Bakterienkulturen und/oder im Tierversuch/Tiermodell) erfolgreich durchlaufen haben, auf bestimmte Parameter untersucht. Diese Parameter sind vor allem Pharmakodynamik, Pharmakokinetik, Unbedenklichkeit bzw. Sicherheit, Wirksamkeit, Qualität und das Nebenwirkungspotential eines zukünftigen Arzneimittels. Untersucht werden diese in klinischen Prüfungen. Die Ergebnisse dieser Forschung müssen vom pharmazeutischen Unternehmer zur Zulassung seines Produktes den Bundesoberbehörden (BfArM und PEI) oder der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vorgelegt werden. Sie entscheiden auf Grundlage der Prüfungsergebnisse, ob das Arzneimittel zugelassen wird und vertrieben werden darf. Hauptkriterien für 34
Forschung, Entwicklung und Innovationen
diese Entscheidung sind Verträglichkeit, Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffes. Konnten diese in den klinischen Prüfungen nachgewiesen werden, kann das Arzneimittel zugelassen werden. Die klinischen Prüfungen werden in die Phasen 0, I, II, III und IV unterteilt. Bis zur Phase III finden die Prüfungen vor der Zulassung als Arzneimittel statt, die Phase IV-Prüfung danach. Anzahl* der Anträge auf Durchführung einer klinischen Prüfung 2015 unterteilt nach Phasen bei BfArM und PEI BfArM
297
PEI
300
226
224 200
143 125 100 100
51 8 Phase I
Phase II
Phase III
Phase IV
* Überlappungen sind möglich. Eigene Darstellung des BPI basierend auf BfArM und PEI 2016.
Im Mai 2014 ist die Durchführung klinischer Prüfungen EU-weit tiefgreifend neu geregelt worden: Die neue Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG ist verabschiedet worden, die die klinische Forschung in der Europäischen Union harmonisieren und den Standort Europa für die klinische Forschung stärken soll. Beispielsweise werden hierzu die Antragsverfahren für alle Mitgliedstaaten vereinheitlicht. Diese Verordnung wird frühestens ab Ende 2018 gültig sein. Ein weiterer einschneidender regulatorischer Schritt stellt die Finalisierung der Policy 0070 der Europäischen Arzneimittel35
Forschung, Entwicklung und Innovationen
agentur dar, die seit dem 01. Januar 2015 gültig ist. Darin ist der Zugang und die Veröffentlichung von Daten aus klinischen Prüfungen geregelt. Dies betrifft alle bei der EMA eingereichten Zulassungsanträge bzw. -dossiers. In ihnen sind eine Vielzahl von Ergebnissen und Informationen zu klinischen Prüfungen enthalten. Unter anderem umfassen diese Dossiers meistens eine Reihe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, die die Entwicklung neuer Arzneimittel betreffen. Bisher wurden diese von den Behörden in der EU nicht veröffentlicht. Mit der Policy ändert die EMA jedoch ihre bisherige Veröffentlichungspraxis und erklärt, dass Daten aus klinischen Prüfungen, die mit dem Antragsdossier für zentrale Zulassungen bei ihr eingehen, ab dem Moment der Zulassung bzw. auch der Verweigerung oder auch des Zurückziehens des Antrags auf Zulassung aus ihrer Sicht frei von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen seien. Dritte können nun einen Antrag bei der Agentur auf Einsicht in diese Daten stellen und werden diese auch erhalten. Klinische Prüfungen der Phase I dienen in erster Linie dazu, die Verträglichkeit, die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik, also die Verstoffwechslung bzw. das Verhalten
im
Organismus
und
Interaktionen
des
Wirkstoffes zu untersuchen, der in sämtlichen Phasen der klinischen Forschung als Prüfpräparat oder auch -substanz bezeichnet wird. Aber auch das Finden der richtigen Dosis spielt in diesem Stadium eine wichtige Rolle. Dabei gibt es seit einigen Jahren auch die „Pre-Phase I“ bzw. Phase 0, in der in Erstanwendung am Menschen einmalige Gaben von Mikrodosen verabreicht werden. Das sind Dosen von höchstens 100 Mikrogramm eines Wirkstoffes. Ziel ist es dabei, schon sehr frühzeitig Erkenntnisse über bestimmte Verhaltensmuster des Wirkstoffes zu gewinnen – ähnlich der Phase I. In Prüfungen der Phase I erfolgt üblicherweise die Erforschung der Prüfsubstanz an einer 36
Forschung, Entwicklung und Innovationen
kleinen Gruppe von 20 bis 30 gesunden, freiwilligen Probanden – meistens Männern – in speziellen Untersuchungseinrichtungen. In der Phase II wird die Prüfsubstanz an freiwilligen Patienten untersucht, die an den Symptomen bzw. Krankheitsbildern leiden, gegen die die Substanz vorgesehen ist. Dabei nehmen in den meisten Fällen mehrere hundert Patienten teil, die in Krankenhäusern, Universitätskliniken oder Arztpraxen medizinisch überwacht und betreut werden. Ziel der Prüfungen sind Erkenntnisse über die Wirksamkeit, mögliche Wirkungen, Dosisfindung und verschiedene, miteinander verglichene Applikationsarten. Klinische Prüfungen der Phase III dienen der Bestätigung der Wirksamkeit (konfirmatorische Prüfungen) der Prüfsubstanz, aber auch dem Nachweis der Verträglichkeit, den Untersuchungen zur Dosierung und zur Abschätzung des NutzenRisiko-Verhältnisses. An ihnen nehmen bis zu einige tausend Patienten teil und sie dauern z. T. mehrere Jahre. Die Ergebnisse dienen – bis auf einige Ausnahmen – den Bundesoberbehörden bzw. der Europäischen Arzneimittelagentur als Grundlage für die Entscheidung über die Zulassung der Prüfsubstanz als marktfähiges Arzneimittel. Phase IV-Prüfungen, die nach der Zulassung und dem Inverkehrbringen des Arzneimittels durchgeführt werden, dienen der Erfassung von Daten zur Sicherheit für den Patienten, zum Nebenwirkungsprofil, der Wirkung und Wirksamkeit, Wechselwirkungen, Therapieoptimierung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Langzeitanwendung bzw. -beobachtung. Für die Erstattung von Arzneimitteln müssen neben Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität inzwischen auch Daten zum Zusatznutzen von Arzneimitteln vorgelegt wer37
Forschung, Entwicklung und Innovationen
den, die ebenfalls bereits während der Phasen der klinischen Entwicklung erhoben werden können. Dies schließt im Allgemeinen auch pharmakoökonomische Daten ein. Relevante Aspekte des Nutzens für Patienten, wie adäquate Surrogatparameter, Lebensqualität, aber auch die Wahl des richtigen Studien- bzw. Prüfungsdesigns und der erforderlichen Erfassungsinstrumente wie auch die Bewertung des Nutzens bekommen für die klinische Forschung eine stetig wachsende Bedeutung. Nach wie vor verzeichnen die USA dank eines sehr großen Patientenpools und eines forschungsfreundlichen regulatorischen Umfelds weltweit die höchste Studienrate. Daher dominieren die USA den Bereich der klinischen Forschung noch immer. Belegt wird diese Aussage durch den Fakt, dass sich rund 50 % aller in dem Studienregister „clinicaltrials.gov“ gelisteten Prüfzentren in Nordamerika (USA und Kanada) befinden. In Europa sind etwa 20 % und in dem asiatisch-pazifischen Raum circa 7 % der Prüfzentren gelistet. Die Unternehmensberatung A. T. Kearney hat in einer Studie untersucht, wie sich unter den Bedingungen von Personal, regulatorischem Umfeld und Patientenverfügbarkeit – global betrachtet – einzelne Regionen und Länder im Bereich der klinischen Forschung positioniert haben. In der Gesamtbewertung der Studienergebnisse befindet sich Deutschland im Mittelfeld. Dies spiegelt sich auch in verschiedenen Aussagen und Zahlen zur internationalen Studienlage wider. Beispielsweise werden rund 50 % aller neuen Arzneimittel zuerst auf dem US-Markt eingeführt und auch der größte Teil der Studien, die im Rahmen der Frühen Nutzenbewertung in Deutschland dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zugehen, kommt aus den USA.
38
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz Anzahl der Anträge auf Durchführung einer klinischen Prüfung 2011 – 2015 bei BfArM und PEI BfArM
PEI
1.500
934
500
864
837
1.000
280
2011
847
749
261
2012
245
2013
327
267
2014
2015
Eigene Darstellung des BPI basierend auf BfArM und PEI 2016.
Kontinuierliche Überwachung der Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die Pharmakovigilanz als Wissenschaft und Aktivitäten, die darauf abzielen, unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) oder andere Arzneimittelrisiken zu identifizieren, zu bewerten, zu verstehen und zu verhindern. Die rechtliche Verpflichtung für das Betreiben eines adäquaten Pharmakovigilanz-Systems durch den pharmazeutischen Unternehmer ergibt sich aus dem deutschen Arzneimittelgesetz (AMG), welches sich direkt aus der Umsetzung der Richtlinie 2001/83/EG und der jüngsten Änderung durch die Richtlinie 2010/84/EU im Rahmen des sogenannten „Pharmapakets“ ableitet. Demnach hat beispielsweise der Inhaber einer Zulassung jeden ihm bekannt gewordenen
39
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz
Verdachtsfall einer schwerwiegenden Nebenwirkung, die im Inland aufgetreten ist, zu erfassen und der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 15 Tagen nach Bekanntwerden mitzuteilen (vgl. § 63c AMG; Besondere Dokumentations- und Meldepflichten bei Blut- und Gewebezubereitungen). Die zuständigen Bundesoberbehörden in Deutschland sind das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Während das PEI für Verdachtsmeldungen von Impfstoffen, Blutzubereitungen und Seren zuständig ist, werden Verdachtsmeldungen aller anderen Arzneimittel vom BfArM bearbeitet. Zur Erfüllung dieser Anzeigepflicht sind die pharmazeutischen Unternehmen verpflichtet, einen Verantwortlichen für die Pharmakovigilanz – bzw. nach deutschem Recht, den sogenannten „Stufenplanbeauftragten“ – einzusetzen. Dieser hat die Aufgabe, bekanntgewordene Meldungen über Arzneimittelrisiken zu sammeln, zu bewerten und die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren. Für seine Arbeit ist er persönlich haftend. Auf nationaler Ebene dient der Stufenplan nach § 63 Arzneimittelgesetz (AMG) der Beobachtung, Sammlung und Auswertung von Arzneimittelrisiken. Zeigt sich, dass zusätzliche Maßnahmen zur Sicherheit der Patienten sinnvoll oder notwendig sind, so werden diese unverzüglich ergriffen. Meist geschieht dies eigenverantwortlich durch den pharmazeutischen Unternehmer, teilweise aber auch durch Auflagen der Bundesoberbehörden oder der europäischen Behörden.
40
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz
Ein Referral ist ein Verfahren zur Klärung auftretender sicherheitsrelevanter Fragen – z. B. Bedenken hinsichtlich der Arzneimittelsicherheit oder des Nutzen-Risiko-Verhältnisses eines Arzneimittels oder einer Klasse von Arzneimitteln. In einem Referral wird die EMA ersucht, für die Europäische Union (EU) eine wissenschaftliche Bewertung eines bestimmten Arzneimittels oder einer Klasse von Arzneimitteln vorzunehmen. Im Falle von sicherheitsrelevanten Fragen ist bei der EMA der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) für das Verfahren zuständig. -> 2015 wurden 21 Referral-Verfahren gestartet, -> fünf dieser Verfahren wurden aufgrund von Pharmakovigilanzbedenken initiiert (Artikel 20, 31, oder 107i Verfahren), -> 16 dieser Verfahren wurden beispielsweise aufgrund von Fragestellungen zur Qualität oder Wirksamkeit oder der Notwendigkeit
einer
EU-weiten
Harmonisierung
Produktinformationen initiiert. Anzahl der Referrals für Humanarzneimittel in der EU
40
7 6
30
5 Artikel 31
25 20
5 11
Artikel 20 Artikel 107i
25
11
10
0
2 3
2013
2014
und andere
2015
Eigene Darstellung des BPI basierend auf EMA 2016.
41
der
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz
Die Europäische Arzneimittelagentur ist verantwortlich für die Entwicklung, Pflege und Koordinierung von EudraVigilance, einem System zur Meldung von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen. Die in EudraVigilance eingegebenen Meldungen betreffen Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen, die vor und nach der Zulassung eines Arzneimittels übermittelt werden. Das System ermöglicht die Erkennung von Signalen von Nebenwirkungen, die zuvor nicht bekannt waren, sowie von neuen Informationen über bekannte Nebenwirkungen. -> Im Jahr 2015 wurden mehr als 1,2 Millionen Nebenwirkungsberichte in die EudraVigilance-Datenbank gemeldet; das entspricht einer Zunahme von 8,5 % verglichen mit dem Vorjahr. -> Zudem wurden im europäischen Wirtschaftraum über 48.000 Berichte von Patienten registriert; das entspricht einer Zunahme von 30 % verglichen mit dem Vorjahr. Nach Mitteilung des BfArM gingen bei der Behörde im Jahr 2015 57.111 Meldungen zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) aus Deutschland ein, darunter sowohl Initialmeldungen als auch weitere, ergänzende Meldungen zum selben Fall (Follow-up-Berichte). Der Großteil der Berichte aus Deutschland ging – wie auch schon die Vorjahre – von den pharmazeutischen Unternehmern ein (84 %). Nach Mitteilung des PEI wurden bei der Behörde im Jahr 2015 25.044 Meldungen verzeichnet.
42
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz Anzahl der Eingänge beim BfArM zu Verdachtsfällen in Deutschland verteilt nach Meldequelle
47.936 3.500
3.000
3.022
2.500
2.172 2.000
1.694 1.500
1.415
1.000
825 500
47 0
pharmazeutische Hersteller Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) Arzneimittelkommission der Zahnärzte (AkZ) Intensiv-Monitoring Heilberufe Andere
Eigene Darstellung des BPI basierend auf BfArM 2016.
Ein „Sicherheitssignal“ ist eine Information über ein neues oder
unvollständig
dokumentiertes
unerwünschtes
Ereignis (adverse event), das möglicherweise von einem Arzneimittel verursacht wird und der weiteren Prüfung bedarf. Entsprechende Hinweise kommen aus verschiedenen Quellen, beispielsweise Berichte über unerwünschte Ereignisse von medizinischen Fachkreisen oder Patienten (sog. Spontanberichte), klinische Prüfungen und wissenschaftliche Fachliteratur. 43
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz
-> In 2015 wurden durch die EMA 2.372 potentielle Signale evaluiert (88 % dieser Signale stammten aus der EudraVigilance-Datenbank). -> 102 bestätigte Signale wurden durch das PRAC priorisiert und analysiert. -> Bei jedem dritten Signal war eine Aktualisierung der Produktinformationen notwendig. -> Fünf Signale führten zu einer Aktualisierung des Risikomanagement-Plans oder hatten die Beauflagung einer Studie zur Folge. -> Bei vier Signalen wurde zudem eine direct healthcare professional communication (DHPC) verschickt. -> Durch ein Signal wurde zudem ein Referral-Verfahren initiiert. Ein Periodic Safety Update Report (PSUR) enthält die Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses eines Arzneimittels. Diese Berichte werden von den Inhabern der Genehmigung
für
das
Inverkehrbringen
(Marketing
Authorisation Holder) im Anschluss an die Zulassung eines Arzneimittels zu vorgegebenen Zeitpunkten vorgelegt. In den Berichten werden Daten über den Nutzen und die Risiken eines Arzneimittels zusammengefasst, einschließlich der Ergebnisse aller Studien, die mit dem betreffenden Arzneimittel durchgeführt wurden (für zugelassene und nicht zugelassene Indikationen).
44
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz
-> 2015 wurden durch das PRAC 633 PSURs bewertet. Das entspricht einer Zunahme von 35 % verglichen mit dem Vorjahr. -> Etwas mehr als ein Fünftel der Bewertungen hatten eine Aktualisierung der Produktinformation zur Folge. Post-authorisation Safety Studies (PASS) sind Studien, die mit einem zugelassenen Arzneimittel durchgeführt werden, um weitere Erkenntnisse über dessen Sicherheit zu sammeln, oder die Wirksamkeit bereits ergriffener Maßnahmen zur Risikominimierung zu ermitteln. Die Ergebnisse einer PASS helfen den zuständigen Behörden bei der weiteren Bewertung der Sicherheit und des Nutzen-Risiko-Profils eines bereits angewandten Arzneimittels. In 2015 bewertete das PRAC 20 Protokolle auferlegter Studien. Post-authorisation efficacy studies (PAES) sind Studien, die mit einem Arzneimittel durchgeführt werden, um weitere Erkenntnisse über dessen Wirksamkeit innerhalb der zugelassenen Anwendungsgebiete zu sammeln. Zulassungsinhaber können dazu verpflichtet werden, solche Studien als Auflage für die Zulassung durchzuführen. Darüber hinaus können die zuständigen Behörden die Durchführung solcher Studien nach der Zulassung beauflagen. In 2015 wurden 23 PAES durch das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) auferlegt.
45
Arzneimittelsicherheit / Pharmakovigilanz
Rote-Hand-Brief zur Information der Fachkreise Der Rote-Hand-Brief ist ein Informationsinstrument, mit dem die medizinischen Fachkreise über wichtige Informationen zu neu erkannten, bedeutenden Arzneimittelrisiken und Maßnahmen zu deren Minderung informiert werden. Durch die Kodizes des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) und des Verbandes der Forschenden Arzneimittelhersteller e. V. (vfa) haben sich die jeweiligen Mitgliedsunternehmen dazu verpflichtet, wichtige Informationen zur Arzneimittelsicherheit – nach Absprache mit den Bundesoberbehörden – auf diese Art zu verbreiten. Dazu gehören beispielsweise Mitteilungen von neu erkannten schwerwiegenden Nebenwirkungen, Rückrufe fehlerhafter Chargen oder andere Informationen, die den Arzt und / oder Apotheker unmittelbar erreichen sollen, um eine Gefährdung des Patienten nach Möglichkeit auszuschließen. Um die Fachkreise für diese Warnhinweise entsprechend zu sensibilisieren, ist sowohl auf den Briefumschlägen als auch auf den Briefen das Symbol einer roten Hand mit der Aufschrift „Wichtige Mitteilung über ein Arzneimittel“ zu verwenden. In besonders eilbedürftigen Fällen kann es erforderlich sein, diese Mitteilungen auch mündlich, per Telefax oder durch öffentliche Aufrufe, z. B. über Presse, Rundfunk und Fernsehen, zu verbreiten. Im Jahr 2015 wurden 18 Rote-Hand-Briefe verschickt.
46
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld
Weltpharmamarkt Der Umsatz mit Arzneimitteln lag 2015 weltweit mit insgesamt etwa 979 Mrd. Euro (1.072 Mrd. US-Dollar) rund 1,0 % über dem Vorjahresniveau. Entwicklung des Weltpharmamarktes 2011
2012
2013
2014
2015
Gesamtmarkt (Mrd. Euro)*
879,5
880,4
907,1
968,9
978,6
Gesamtmarkt (Mrd. US-Dollar)
963,4
964,4
993,6 1.061,3 1.072,0
Veränderung zum Vorjahr in %
8,6
0,1
3,0
6,8
1,0
* Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1). Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS World Review 2016.
Etwas mehr als 72 % des Gesamtumsatzes auf dem Weltpharmamarkt wird von Nordamerika, Europa und Japan erzielt. Der Umsatz von Nordamerika ist um 11 % auf 416,6 Mrd. Euro gestiegen. Dieser Teilmarkt stellt in 2015 allein rund 43 % des weltweiten Pharmamarktumsatzes dar. Der Pharmamarkt in Europa ist um 7 % auf 217,2 Mrd. Euro gewachsen. In Japan ist der Umsatz im Jahr 2015 um 6 % auf rund 74 Mrd. Euro gewachsen. TOP 10 Pharmamärkte weltweit und Wachstum zu LCD* (in %) Land USA China Japan Deutschland Frankreich Großbritannien Italien Brasilien Spanien Kanada
Umsatz 2015 (Mio. US-Dollar) 433.482 115.215 81.359 42.621 32.047 28.399 27.212 25.630 20.484 19.170
Wachstum zu LCD 2015 (%)* 12 7 6 6 0 10 13 14 16 6
Umsatz 2015 (Mio. Euro)** 395.721 105.179 74.272 38.908 29.255 25.925 24.841 23.397 18.699 17.500
* LCD: Local Currency Dollar – Währungsschwankungen im Land sind nicht berücksichtigt, das Wachstum in den Ländern ist so vergleichbar. ** Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1). Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS World Review 2016.
47
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld Weltpharmamarkt nach Regionen 2015 Mrd. Euro 400
416,6 Umsatz 2015 in Mrd. Euro*
300
Wachstum gegenüber dem Vorjahr in % basierend auf LCD
278,8 217,2
200
100
74,3 +11
+7
66,0 +7
+6
+19
0
Nordamerika
EU
Japan
Asien, LateinAfrika, amerika Australasien**
* Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1). ** Die Region „Asien, Afrika, Australasien“ enthält die Werte für den Teilmarkt „Japan“. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS World Review 2016.
Das wirtschaftliche Wachstum der fünf Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, zusammengefasst unter dem Begriff „BRICS-Staaten“, hat sich in den letzten Jahren etwas abgeschwächt. Besser stellt sich die Entwicklung für den Bereich der pharmazeutischen Industrie dar. Im Jahr 2015 lag der Umsatz mit Arzneimitteln bei insgesamt rund 110 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahresumsatz, der bei circa 102 Mrd. Euro lag, entspricht das einem Zuwachs von fast 8 %. In den letzten drei Jahren hat sich der Jahresumsatz in allen fünf Ländern kontinuierlich erhöht. Entgegen den eher zurückhaltenden oder negativen Prognosen für verschiedene Teilmärkte des internationalen Weltpharmamarktes werden für die „BRICS-Staaten“ in den kommenden Jahren noch wachsende Umsätze prognostiziert. Die Bedeutung der Arzneimittelmärkte in den „BRICS-Staaten“ wird für die pharmazeutische Industrie weiter zunehmen. 48
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld Umsatzentwicklung* der „BRICS-Staaten“ 2013 – 2015 (Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %) Mrd. Euro 70
69,1 65,7
5,1%
12,2% 60
58,6
50
China Brasilien** Indien Russland Südafrika
40
30
20
10
16,7
14,6
12,8 9,8
13,5%
11,0
7,9 11,8%
2,0 0
2013
14,3%
12,7 9,8
8,9 15,3%
9,7%
12,6%
2,0
2,3
3,4%
13,4%
2014
2015
LCD: Local Currency Dollar – Währungsschwankungen im Land sind nicht berücksichtigt, das Wachstum in den Ländern ist so vergleichbar. * Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1). ** Umsätze nur in Apotheken. Eigene Darstellung BPI basierend auf IMS Health MIDAS 2016.
Unter den „Next-Eleven“ werden elf Staaten zusammengefasst, die über eine hohe Einwohnerzahl verfügen und die in den nächsten Jahren einen ähnlichen wirtschaftlichen Aufschwung wie die „BRICS-Staaten“ vollziehen könnten. Vier aussichtsreiche Märkte aus der Gruppe der „NextEleven-Staaten“ werden zu „SMIT-Staaten“ (Südkorea, Mexiko, Indonesien und Türkei) zusammengefasst. Diese werden auch als Schwellenländer aus der zweiten Reihe bezeichnet. Die Abbildung „Umsatzentwicklung der SMITStaaten 2013 – 2015“ verdeutlicht die Entwicklung in diesen vier Arzneimittelmärkten. 49
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld Umsatzentwicklung* der „SMIT-Staaten“ 2013 – 2015 (Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %) Mrd. Euro
10,9
10,4 10
9,8 5,1%
5,6%
Südkorea Türkei Mexiko Indonesien 6,0
5
4,7
5,1
5,0
10,1%
5,4
5,0
16,7% 7,7%
0,5%
3,4
3,8
3,6
4,8%
6,6%
0
2013
2014
2015
LCD: Local Currency Dollar – Währungsschwankungen im Land sind nicht berücksichtigt, das Wachstum in den Ländern ist so vergleichbar. * Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1). Eigene Darstellung BPI basierend auf IMS Health MIDAS 2016.
Insgesamt handelt es sich beim weltweiten Gesundheitsmarkt um einen Wachstumsmarkt mit erheblichem Beschäftigungspotential. Viele Krankheiten sind bis heute nicht therapierbar, die Lebenserwartung der Menschen steigt und das veränderte Konsuminteresse sowie die Suche nach mehr Lebensqualität erhöhen die Nachfrage nach gesundheitsbezogenen Leistungen und Produkten. Hinzu kommt, dass der Fortschritt in der Medizin und der Pharmazie, ganz besonders in der Molekular- und Zellbiologie, grundsätzlich neue Innovationsanreize schafft. Ferner ist ein Individualisierungstrend in der Diagnostik und Therapie von Krankheiten erkennbar.
50
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld
Europäischer Arzneimittelmarkt Die detaillierte Darstellung der europäischen Pharmamärkte zeigt ein heterogenes Bild in Bezug auf die Marktgröße und die Entwicklung der einzelnen Märkte. Pharmamarkt der EU-15 EU-Land
Deutschland** Frankreich** Großbritanien** Italien** Spanien** Belgien** Niederlande Schweden** Östereich** Griechenland Portugal Dänemark** Finnland** Irland** Luxemburg Gesamt
Umsatz* für 2015 (Mio. US-Dollar)
Wachstum*** zu Umsatz* für 2015 LCD 2015 (%) (Mio. Euro)****
6 0 10 13 16 5 6 7 5 5 14 6 3 4 2 7,77*****
42.621 32.047 28.399 27.212 20.484 5.378 5.274 3.978 3.942 3.702 3.665 2.450 2.408 2.080 197 183.835
38.908 29.255 25.925 24.841 18.700 4.909 4.815 3.631 3.598 3.380 3.346 2.236 2.198 1.899 179 167.821
* Umsätze aus beobachteten Märkten plus Schätzung der nicht beobachteten Teilmärkte ergeben den Gesamtumsatz eines Landes zum Abgabepreis pharmazeutischer Unternehmen (ApU). ** Für diese Märkte lagen Apothekenmarkt- und Krankenhausmarktdaten vor. *** LCD: Local Currency Dollar – Währungsschwankungen im Land sind nicht berücksichtigt, das Wachstum in den Ländern ist so vergleichbar. **** Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1). ***** Das Gesamtwachstum zu LCD 2015 von 7,77 % ist ein gewichteter Wert (ungewichtet: 6,8%). Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Health World Review 2016.
51
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld
In den EU-Staaten werden die Preisbildung und die Erstattung der Arzneimittel unterschiedlich reguliert. Eine Gemeinsamkeit besteht jedoch darin, dass viele Märkte durch einen verstärkten generischen Wettbewerb gekennzeichnet sind. Die Analyse der Umsätze der EU-15 im Jahr 2015 zeigt, dass absolut betrachtet Deutschland, Frankreich und Großbritannien gefolgt von Italien die größten Märkte darstellen. Ein Vergleich der Wachstumsraten zu den Vorjahren zeigt ein heterogenes Bild in den verschiedenen europäischen Arzneimittelmärkten. Aufgrund der besonderen Wirtschaftsbeziehungen sollen im Folgenden ausgewählte mittel- und osteuropäische Länder vertiefend betrachtet werden. Die Abbildung „Gesamtmarkt Mittel- und Osteuropa 2015“ gibt Aufschluss über die Gesamtumsätze und das Wachstum in den Arzneimittelmärkten dieser Länder. Der mit Abstand größte Markt ist Polen mit 5,9 Mrd. Euro Umsatz in 2015. Zu den Top fünf Märkten in dieser Ländergruppe zählen außerdem Rumänien, Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakei. Das stärkste Wachstum ist 2015 mit elf Prozent im lettischen Arzneimittelmarkt zu verzeichnen gewesen. Im gleichen Zeitraum ist in Serbien der Arzneimittelumsatz um 26 % massiv zurückgegangen.
52
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld 4.500
Gesamtmarkt* Mittelund Osteuropa 2015 Umsatz in Mio. Euro** Umsätze aus beobachteten
4.000
Märkten plus Schätzung der nicht beobachteten Teilmärkte ergeben den Gesamtumsatz eines Landes zum
3.500
Abgabepreis pharmazeutischer Unternehmen (ApU).
Veränderung zum Vorjahr in %
3.000
Bezogen auf LCD: Local Currency Dollar – Währungsschwankungen im Land sind nicht berücksichtigt,
2.500
das Wachstum in den Ländern ist so vergleichbar.
* Für Malta und Zypern sind keine
2.000
Daten verfügbar.
** Die Angaben in Euro resultieren aus einer Umrechnung der Marktdaten mit Basiswerten in US-Dollar (Umrechnungskurs: 1.500
US-Dollar in Euro = 1,0954238 : 1).
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS World Review 2016.
53
Polen 5.945 (+ 6 %)
Rumänien 2.678 (- 4 %)
Ungarn 2.166 (+ 7 %)
Tschech. Republik 1.952 (+ 5 %)
Slowakei 1.470 (+ 7 %)
Bulgarien 1.163 (+ 7 %)
Kroatien 618 (+ 4 %)
Slowenien 563 (+ 1 %)
Serbien 563 (- 26 %)
Litauen 503 (+ 4 %)
(+ 11 %)
(+ 5 %) Bosnien 270
Lettland 315
(+ 7 %) Estland 237
1.000
500
0
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld
IMS Health erwartet für einen Fünfjahreszeitraum ein durchschnittliches jährliches Wachstum der europäischen Mitgliedstaaten von 3,4 %. Im Vergleich wird für die NichtEU-Mitglieder ein Zuwachs von 8,2 % und für den globalen Markt ein Zuwachs von 5,8 % prognostiziert. Die wichtigsten fünf EU-Märkte sollen um 2,6 % wachsen. Marktvorhersage unter Verwendung konstanter Wechselkurse, Wachstum in %, Abgabepreis pharmazeutischer Unternehmen (ApU) 2016 – 2020
Europa EU-Top fünf Länder
2,6 %
EU-Mitglieder
3,4 %
Nicht-EU-Mitglieder
8,2 %
Globaler Markt
5,8 %
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Market Prognosis Global 2016.
Arzneimittelpreise im internationalen Vergleich Ein Medikament ist schon aufgrund verschiedener Mehrwertsteuersätze von Land zu Land unterschiedlich teuer. Daneben wirken sich auf die Preise von Arzneimitteln die direkte staatliche Einflussnahme sowie die unterschiedlich gesetzlich festgelegten Margen für die Handelsstufen (Apotheker und Großhändler) aus. Somit ergeben sich Preisdifferenzen innerhalb Europas. Bei der praktischen Umsetzung von allgemeinen internationalen Arzneimittelpreisvergleichen ist zu beachten, dass diese nur auf der Ebene der Handelsformen vorgenommen werden können. Bei einer Auswahl der führenden Handelsformen in Deutschland ist zu prüfen, ob diese auch in den anderen Ländern führend sind bzw. ausreichende Marktrelevanz haben. Ferner sind nicht in allen Ländern die Daten auf 54
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld
Basis des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmens (ApU) verfügbar, so dass die Preise eventuell umgerechnet werden müssen. Ungeachtet dessen haben teilweise die politischen Rahmenbedingungen (Erstattungs- und Preisbildungssysteme) sowie Therapiegewohnheiten Auswirkungen auf die jeweiligen Arzneimittelpreise. Bei einem Gesamtmarktvergleich muss in jedem Fall eine Mengengewichtung vorgenommen werden. Struktur der Arzneimittelpreise in Europa (Stand: 2014) – auf Basis des Apothekenverkaufspreises (AVP)
4,80 % Hersteller
19,80 %
Großhandel Apotheke
65,90 % Steuern
9,50 %
Die Werte stellen einen ungewichteten Mittelwert für Europa dar. Eigene Darstellung des BPI basierend auf EFPIA-Daten 2016.
Die Abbildung der Struktur der Arzneimittelpreise zeigt den unterschiedlichen Anteil der Handelsstufen an den Arzneimittelpreisen im europäischen Vergleich. Damit wird deutlich, dass nicht allein die Arzneimittelhersteller Einfluss auf die Höhe der Arzneimittelpreise haben, da der Apothekenverkaufspreis (AVP) auch andere Teilkomponenten (Vertrieb und Mehrwertsteuer) enthält.
55
Die pharmazeutische Industrie im internationalen Umfeld Mehrwertsteuersätze in Europa (Stand: 01.01.2016) Land MehrwertsteuerMehrwertsteuersatz auf Arzneimittel normalsatz verschreibungspflichtig OTC Belgien Bulgarien Dänemark Deutschland Estland Finnland Frankreich1 Griechenland Irland2 Island Italien Kroatien3 Lettland Litauen4 Luxemburg Malta Niederlande Norwegen Österreich Polen Portugal Rumänien5 Schweden6 Schweiz Slowak. Rep. Slowenien Spanien Tschech. Republik Ungarn Ver. Königreich (UK)7 Zypern 1 2 3
21,0 20,0 25,0 19,0 20,0 24,0 20,0 23,0 23,0 24,0 22,0 25,0 21,0 21,0 17,0 18,0 21,0 25,0 20,0 23,0 23,0 20,0 25,0 8,0 20,0 22,0 21,0 21,0 27,0 20,0 19,0
6,0 20,0 25,0 19,0 9,0 10,0 2,1 6,0 0,0 - 23,0 24,0 10,0 5,0 12,0 5,0 3,0 0,0 6,0 25,0 10,0 8,0 6,0 9,0 0,0 2,5 10,0 9,5 4,0 10,0 5,0 0,0 5,0
6,0 20,0 25,0 19,0 9,0 10,0 10,0 6,0 0,0 - 23,0 24,0 10,0 25,0 12,0 21,0 3,0 0,0 6,0 25,0 10,0 8,0 6,0 20,0 25,0 2,5 10,0 9,5 4,0 10,0 5,0 20,0 5,0
Erstattungsfähige Arzneimittel 2,1 %, nicht erstattungsfähige Arzneimittel 10,0 %. Arzneimittel zur oralen Anwendung 0 %, zur nicht-oralen Anwendung 23,0 %. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel 25,0 %, Arzneimittel im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes 5 %.
4
Erstattungsfähige Arzneimittel 5,0 %, nicht erstattungsfähige Arzneimittel 21,0 %. Verschreibungspflichtige Arzneimittel 9,0 %, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel 24,0 %. 6 Verschreibungspflichtige Arzneimittel 0 %, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel 25,0 %. 5
7
Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel 20,0 %, Arzneimittel im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes 0 %.
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten der Europäischen Kommission und ABDA 2016.
Bei einem Vergleich der angewendeten Mehrwertsteuersätze auf Arzneimittel lässt sich feststellen, dass nur Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island und Norwegen für alle Arzneimittel den vollen Mehrwertsteuersatz erheben. 56
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Gesundheitsmarkt in Deutschland Bei einer Analyse der Ausgabenquote sollte beachtet werden, dass die alleinige Betrachtung dieser, vor allem bei einem internationalen Gesundheitssystemvergleich, keine abschließende Aussage zu den Gesundheitsausgaben ermöglicht. Dazu bedarf es einer weiterführenden Betrachtung, z. B. von Organisationsstrukturen oder den gesellschaftlichen Umständen bzw. Rahmenbedingungen. Im Endeffekt spiegelt der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Stellenwert, den die Gesellschaft dem Gesundheitswesen einräumt, wider. Somit darf ein hoher Anteil am BIP nicht gleichbedeutend mit Verschwendung bewertet werden. Entwicklung der Gesundheitsausgaben – Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in % % 13
11,4
12 11
10,4
10,5
10,3
10,2
11,2
11,0
10,4
11,2
11,2
10,9
10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes 2016.
57
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP ist über die Jahre relativ stabil geblieben. 2004 bis 2008 lag dieser Anteil zwischen 10,2 % und 10,5 % und im Zeitraum von 2009 bis 2014 zwischen 10,9 % und 11,4 %. Der relative Anstieg in 2009 und 2010 ist teilweise auf einen statistischen Effekt zurückzuführen, bedingt durch den Rückgang des BIP in diesen beiden Krisenjahren. Die nominalen Gesundheitsausgaben haben im Jahr 2012 erstmals die 300 Mrd. Euro-Grenze überschritten. Für das Jahr 2014 liegen die Gesundheitsausgaben bei rund 328 Mrd. Euro. Das bedeutet eine Steigerung um rund 4 % gegenüber 2013. Die Gesundheitsausgaben je Einwohner sind im Zeitraum 2013 bis 2014 um 3,8 % von 3.902 Euro auf 4.050 Euro gestiegen. Entwicklung der nominalen Gesundheitsausgaben (in Mrd. Euro) Euro 330
328,0
320
314,7 310 300
302,9 295,5
290
290,3 280
280,6
270
266,2
260 250
247,4
255,8
241,9
240 230
235,4
220 210
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes 2016.
58
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen Entwicklung der Gesundheitsausgaben je Einwohner (in Euro) Euro
4.050
4.000 3.900
3.902 3.766
3.800 3.700
3.681 3.600
3.550
3.500
3.427
3.400 3.300
3.241
3.200 3.100
3.004
3.109
3.000 2.900 2.800
2.934 2.854
2.700 2.600
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
2014
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes 2016.
Der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Arzneimittel, als Anteil am BIP, ist im Jahr 2015 leicht gestiegen und beträgt nunmehr 1,15 %. Ausgabenentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung für Arzneimittel* – Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in % % 1,30 1,25 1,20 1,15 1,10
1,07
1,05
1,14
1,15
2014
2015
1,09 1,06
1,00
2011
2012
2013
* Aufgrund der VGR-Revision sind Vergleiche mit Werten in Publikationen aus den Vorjahren nicht möglich. Eigene Darstellung des BPI basierend auf KJ1 2016 und Daten des Statistischen Bundesamtes 2016.
59
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Im Jahr 2014 waren nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes insgesamt über 5,2 Mio. Menschen – damit etwa jeder achte Beschäftigte – im deutschen Gesundheitswesen tätig. Dabei ist die Zahl der Arbeitsplätze im Gesundheitswesen um rund eine Million gegenüber dem ersten Berechnungsjahr 2000 gewachsen. Das entspricht einem Zuwachs von rund 22,6 %. Gegenüber dem Vorjahr ist die Anzahl um 1,9 % gewachsen. Ursache hierfür ist vor allem die Zunahme in den Gesundheitsdienstberufen (z. B. Ärztinnen / Ärzte und Medizinische Fachangestellte) und sozialen Berufen – wie der Altenpflege. Die überwiegende Anzahl der Beschäftigten arbeitete 2014 in Einrichtungen der ambulanten, stationären sowie teilstationären Gesundheitsversorgung. Die alternde Gesellschaft in Deutschland, die sich durch eine strukturelle Verschiebung hin zu mehr älteren und multimorbiden Menschen auszeichnet, und die zunehmende Chronifizierung lebensstil- und ernährungsbedingter Erkrankungen zwingen die Gesundheitspolitik nachhaltige Lösungen zu suchen. Dabei sollten die Potentiale des leistungsstarken, innovativen und arbeitsplatzintensiven Gesundheitsmarktes nicht geschwächt, sondern gestärkt werden. Die gesundheitspolitischen Interventionen der letzten Jahre zeigen einen Trend zur Förderung des Wettbewerbs zwischen allen Beteiligten sowie zur Integrationsversorgung. Jedoch scheint eine nachhaltige und zukunftsfähige finanzielle Absicherung des Gesundheitssystems in Deutschland noch in weiter Ferne. Die GKV-Arzneimittelausgabenentwicklung ist regelmäßig Gegenstand der gesundheitspolitischen Diskussion. Seit vielen Jahren liegen die Leistungsausgaben der GKV als Anteil am BIP bei rund 7,0 % (2014: 7,0 %). Die GKV-Arzneimittel-
60
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
ausgaben als Anteil am BIP sind unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Wirtschaftskrise nicht schneller gestiegen als die gesamtwirtschaftliche Leistung. Angesichts dieser Entwicklung gibt es keinen Hinweis auf eine „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen. Die Finanzsituation der GKV wird vor allem durch strukturelle Probleme auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite beeinflusst. Auf der Einnahmenseite können sich u. a. die nachstehenden Faktoren negativ auswirken: - > Wegfall sozialversicherungspflichtiger Arbeitseinkommen -> Stagnierende Arbeitseinkommen -> Zunahme von Mini-Jobs -> Reiner Lohnbezug bei Zunahme anderer Einkunftsarten - > Sinkende Renten bei steigender Anzahl an Rentnern - > Wechselbewegungen zur Privaten Krankenversicherung (PKV) Auf der Ausgabenseite entsteht Handlungsbedarf durch: - > Medizinisch-technischen Fortschritt in Verbindung mit der Verschiebung in der Altersstruktur - > Zunahme chronischer Erkrankungen - > Honorarsteigerungen für ambulant tätige Ärzte - > Krankenhaustarifabschlüsse - > Erweiterung des GKV-Leistungskatalogs, z. B. Palliativmedizin und Abschaffung der Praxisgebühr - > Belastungen durch die Erhebung des vollen Mehrwertsteuersatzes von 19 % - > Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie
61
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Die Reformen der letzten Jahre haben nicht zu einer nachhaltigen Stabilisierung und grundlegenden Reform der GKVFinanzsituation geführt. Derzeit verzeichnen der Gesundheitsfonds und die Einzelkassen der GKV aufgrund der stabilen wirtschaftlichen Lage und dem Beschäftigungszuwachs in der deutschen Wirtschaft Überschüsse, die allerdings von Kasse zu Kasse unterschiedlich hoch ausfallen. Zielte das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) in 2006 hauptsächlich auf eine Kostendämpfung im Arzneimittelbereich ab, förderte das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) 2007 den Wettbewerb im Gesundheitswesen. Das GKV-Änderungsgesetz (GKV-ÄndG) sowie das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) führten zu weiteren Regulierungsmaßnahmen in Teilbereichen, vornehmlich in der Arzneimittelversorgung. Das GKV-Änderungsgesetz war eine reine Kostendämpfungsmaßnahme. Mit Blick auf die pharmazeutische Industrie war die mehrjährige Erhöhung der Zwangsabschläge auf bis zu 16 % und die immer noch andauernde Aufrechterhaltung des bisher längsten Preismoratoriums von besonderer Brisanz. Die Belastung der Industrie durch Zwangsabschläge (GKV & PKV im Apotheken- und Krankenhausmarkt insgesamt) summierten sich allein zwischen 2010 und 2015 auf rund 14 Milliarden Euro. Gleichzeitig stellte das AMNOG für den Arzneimittelbereich einen erheblichen Paradigmenwechsel im Hinblick auf die Arzneimittelbewertung und Preisbildung in Deutschland dar. So wird der durch den pharmazeutischen Unternehmer gesetzte Preis für ein innovatives Arzneimittel nur noch im ersten Jahr nach Markteinführung uneingeschränkt erstattet. Die anschließend verhandelte Erstattung wird maßgeblich durch die Ergebnisse der Frühen Nutzenbewertung beeinflusst.
62
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Bei den derzeit anstehenden und den zukünftigen Reformen muss verstärkt darauf geachtet werden, dass der ständig zunehmende Trend zur Standardisierung von Therapien gestoppt wird. In einer Zeit, in der die pharmazeutische Industrie immer stärker in der Lage ist, patientenindividuelle medikamentöse Therapiemöglichkeiten zu entwickeln und in der ärztlichen Praxis einzusetzen, darf die Therapievielfalt nicht aus reinen Kostendämpfungsinteressen – z. B. durch Therapiehinweise oder -ausschlüsse durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) – eingeschränkt werden. Innovationen müssen in der Versorgungsrealität beim Patienten ankommen. Ein erster Schritt für eine Finanzreform der GKV wurde mit dem Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags und der Öffnung der Obergrenze der Zusatzbeiträge vollzogen. Auf diese Weise wurden die Gesundheitskosten von den Arbeitskosten teilweise entkoppelt. Außerdem kann der Zusatzbeitrag stärker als Steuerungsinstrument im GKV-Markt wirken. Der Versicherte wird besser in die Lage versetzt, Entscheidungen bei der Auswahl zwischen Krankenkassen zu treffen. Grundsätzlich sollten Gesundheitsreformen einen spürbaren Beitrag zur Deregulierung und Entbürokratisierung zu Gunsten von mehr Eigenverantwortung und unternehmerischer Freiheit der Beteiligten leisten. Ziel muss es sein, die Leistungserbringer im Gesundheitswesen wieder in die Lage zu versetzen, den größtmöglichen Anteil ihrer Arbeitsleistung den Patienten zukommen zu lassen.
63
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Ausgabenstruktur der Gesetzlichen Krankenversicherung Die vor über zehn Jahren getroffene Aussage des Sachverständigenrates zum Thema Ausgabenbegrenzung stimmt nach wie vor. Demnach stellt das Ziel der Ausgabenbegrenzung immer eine „Gratwanderung zwischen den Entzugseffekten, die steigende Beitragssätze vornehmlich außerhalb des Gesundheitssektors bei Konsumenten und Investoren verursachen und den positiven Wirkungen, die Gesundheitsausgaben und die mit ihnen finanzierten Leistungen erzeugen” dar (SVR-Gutachten 2003). Leistungen und Ausgaben der GKV 2015 (in Mrd. Euro und in % aller GKV-Ausgaben) Umsatzanteile an den Arzneimittelausgaben*** 60,1 %
Pharmazeutische Hersteller
16,0 % 13,9 % 7,2 % 2,8 %
Steuer Apotheke Gesetzliche Abschläge Großhandel
Ärztliche Behandlung
34,89 Mrd. = 16,33 % Arzneimittel**
Zahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz
34,84 Mrd. = 16,31 %
10,15 Mrd. = 4,75 % Sonstige Ausgaben
29,89 Mrd. = 13,99 %
Insgesamt
213,67 Mrd.
Zahnersatz
3,28 Mrd. = 1,54 %
Hilfsmittel
7,44 Mrd. = 3,48% Krankenhausbehandlung
NettoVerwaltungskosten
70,25 Mrd. = 32,88 %
10,43 Mrd. = 4,88 % Schwanger- / Mutterschaft*
1,27 Mrd. = 0,59 %
Krankengeld
11,23 Mrd. = 5,26 %
* **
Ohne stationäre Entbindung. Inklusive MWSt., gesetzliche Zwangsabschläge für pharmazeutische Unternehmen und für Apotheken sowie Einsparungen durch freiwillige Rabattverträge der pharmazeutischen Unternehmen sind berücksichtigt. *** Inklusive MWSt., gesetzliche Zwangsabschläge für pharmazeutische Unternehmen und für Apotheken sowie Einsparungen durch freiwillige Rabattverträge der pharmazeutischen Unternehmen sind nicht berücksichtigt. Eigene Darstellung BPI basierend auf KJ1 2016 für das Jahr 2015; Arzneiverordnungsreport 2016.
64
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Die Krankenhausbehandlung ist mit 70,25 Mrd. Euro im Jahr 2015 der ausgabenintensivste Bereich der GKV. Die Ausgaben für ärztliche Behandlung (34,89 Mrd. Euro) und für Arzneimittel (34,84 Mrd. Euro) liegen zusammen bei 69,73 Mrd. Euro und somit unter dem Ausgabenumfang des stationären Bereichs. Der Ausgabenanteil für Arzneimittel allein, der die Handelsstufen und die Mehrwertsteuer umfasst, lag bei rund 16,31 % der Gesamtausgaben der GKV. Bei der Analyse der GKV-Arzneimittelausgaben wird häufig der Anteil der Handelsstufen vernachlässigt, d. h. der Anteil der Großhandels- sowie der Apothekenzuschläge und die Mehrwertsteuer. Kostet ein Arzneimittel zum Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers einen Euro, muss man darauf die Großhandelsmarge, die Apothekenmarge sowie 19 % Mehrwertsteuer addieren. Als Apothekenverkaufspreis ergeben sich so fast 12 Euro. Dieser Preis gilt aber nur als Rechengröße, da Zwangsabschläge, Apothekenabschläge und Patientenzuzahlungen von diesem Betrag abgezogen werden und somit die reale Belastung der GKV deutlich niedriger ausfällt. Ungeachtet dessen sind steigende Arzneimittelausgaben der vorangegangenen Jahre teilweise in der Zunahme ambulanter Therapiemöglichkeiten sowie in der Verlagerung der Behandlung aus dem stationären in den ambulanten Sektor begründet. Die Diagnosis Related Groups (DRGs) und die damit verbundene kürzere Verweildauer im Krankenhaus werden diesen Trend in den nächsten Jahren noch weiter verstärken. Bislang folgt aber – wie in der Vergangenheit – der Leistungsverlagerung nicht das erforderliche Finanzvolumen. In der Öffentlichkeit wird zu selten wahrgenommen, dass sowohl Hersteller als auch Apotheker und Großhändler einen wie nachstehend gezeigten Zwangsabschlag zur Stabilisierung der GKVAusgaben leisten müssen. Außerdem hat im Jahr 2011 der Großhandel einen Zwangsabschlag in Höhe von 0,85 % auf Basis des 65
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Abgabepreises der pharmazeutischen Unternehmer erbringen müssen. Anfang des Jahres 2012 wurde die Großhandelsspanne neu festgelegt. Der Großhandelsabschlag ist seit diesem Zeitpunkt entfallen, da die angestrebten Einsparungen der GKV nun durch die neue Ausgestaltung der Großhandelsspanne erreicht werden sollen. Neben den bereits beschriebenen Zwangsabschlägen leisten die Patienten durch ihre Zuzahlungen einen weiteren Beitrag zur Stabilisierung der GKV. Die Zwangsabschläge unterliegen verschiedenen Grundsätzen und einigen Ausnahmeregelungen, die in zwei Übersichten zusammengefasst dargestellt werden.
Grundsätze der Zwangsabschläge im deutschen Arzneimittelmarkt Hersteller zahlen an GKV für verschreibungspflichtige Arzneimittel (auf Basis ApU, ex-post) • • • 6 % - 7 % außerhalb Festbetrag (SGB V, § 130a Abs.1) i. V. m. § 130a Abs. 3 • • • 10 % sog. Generikaabschlag, ablösbar im Festbetrag (SGB V, § 130a Abs. 3b) • • • 7 % für OTx (SGB V, § 130a Abs. 1) • • • Preis(-erhöhungs-)moratorium (SGB V, § 130a Abs. 3a) • • • Impfstoffabschlag (SGB V, § 130a Abs. 2) • • • 6% bzw. 7% im Krankenhaus/anteilig an Zubereitungen (SGB V, § 130a Abs.1)
Hersteller zahlen an PKV für verschreibungspflichtige Arzneimittel (auf Basis ApU, ex-post) • • • lt. dem AM-Rabattgesetz Abschläge nach dem § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a, 3b im SGB V
Großhandel leistet Beitrag durch neu geregelte Vergütung seit 2012, in 2011 wurde ein Großhandelsabschlag erhoben
Apotheker zahlen • • • Schiedsspruch: 1,75 Euro pro Packung im 1. Halbjahr 2013; 1,85 Euro im 2. Halbjahr 2013; 1,80 Euro für 2014 und 1,77 Euro für 2015 für verschreibungspflichtige Arzneimittel (SGB V, § 130 Abs. 1) • • • 5 % vom AVP für verordnete rezeptfreie Arzneimittel (SGB V, § 130 Abs. 1)
Patienten zahlen Patientenzuzahlung • • • 10 %, mindestens jedoch 5,- Euro und höchstens 10,- Euro (SGB V, § 61), aber nicht mehr als die Kosten des Arzneimittels Eigene Darstellung des BPI 2016.
66
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Ausnahmeregelungen für Zwangsabschläge im deutschen Arzneimittelmarkt Hersteller • • • § 130a Abs.1, 1a und 2 gelten nicht für festbetragsgeregelte Arzneimittel (§ 130a Abs. 3) • • • 7 % Abschlag für OTx-Produkte entfällt, wenn das Arzneimittel unter Festbetragsregelung fällt • • • Befreiung vom Generikaabschlag möglich, wenn eine Preisabsenkung auf 30 % unter Festbetrag vorliegt (§ 130a Abs. 3b) • • • In Verträgen nach § 130a Abs. 8 Satz 3 kann die Ablösung des Zwangsabschlags vereinbart werden (gilt für Zwangsabschläge nach § 130a Absatz 1, 1a, 2; gilt nicht für Zwangsabschläge nach § 130a Absatz 3a, 3b)
Patienten • • • Patienten zahlen Zuzahlungen nur bis zur individuellen Belastungsgrenze (SGB V, § 62). Die Belastungsgrenze liegt im Regelfall bei zwei Prozent des Jahresbruttoeinkommens. Für Chroniker liegt die Belastungsgrenze bei einem Prozent des Jahresbruttoeinkommens. Eigene Darstellung des BPI 2016.
Die Zwangsabschläge sind bereits seit dem Solidarbeitrag 2002 (200 Mio. Euro) in unterschiedlicher Höhe zu entrichten. Sie spielen neben den freiwillig vereinbarten Rabatten eine zunehmend wichtige Rolle. Es ist der Trend zu beobachten, dass die Zwangsabschläge in Abhängigkeit zu Finanzierungsdefiziten und politischen Zielstellungen mehrfach angepasst wurden. Zudem gilt ein Preiserhöhungsmoratorium (Preisstand: 01.08.2009) für den Zeitraum vom 01.08.2010 bis voraussichtlich mindestens 2022.
67
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen Zwangsabschläge, verhandelte Rabatte und Zuzahlungen durch Hersteller, Handelsstufen und Patienten (in Mio. Euro) Hersteller zahlen: Zwangsabschläge in allen Marktsegmenten (2,1 Mrd. Euro in 2015) nach § 130a und 129a SGB V GKV-Apothekenmarkt* 2 014
157
1.611
1.454
2 015
1.677
1.527
150
PKV-Apothekenmarkt* 2 014
6 % / 16 % Zwangsabschlag inkl. Preismoratorium
56 247 303 2 015
Generikaabschlag
54 252 306
GKV- und PKV-Krankenhausmarkt* 2 014
117 2 015
129 Hersteller verhandeln: Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V GKV – Verhandelte Rabatte 2 014
3.150 +14,5 %
2 015
3.607 Apotheken und Patienten leisten: Weitere GKV-Entlastungen nach § 130 und § 31 Abs. 3 SGB V GKV-Apothekenabschlag 2 014
1.121 -0,5 %
2 015
1.115 GKV-Patientenzuzahlung 2 014
2.027 2 015
+2,8 %
2.084
* Änderung des Zwangabschlags im Jahr 2014, kein Vergleich mit dem Vorjahr möglich. Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS HEALTH 2016.
68
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Im Jahr 2015 ergab sich eine Belastung durch Zwangsabschläge (GKV & PKV im Apotheken- und Krankenhausmarkt insgesamt) für die Pharmaindustrie in Höhe von rund 2,11 Mrd. Euro. Gerade die mittelständisch geprägten Pharmaunternehmen werden durch diese Zahlungen besonders hart getroffen, denn in der Regel können sie die Verluste nicht durch Quersubventionierung mit anderen Sortimentsteilen abfedern. Die politischen Eingriffe konterkarieren die von der Politik vielfach proklamierte Mittelstandsförderung. Staatliche Eingriffe beschleunigen die Marktkonsolidierung zu Gunsten von größeren Unternehmen bzw. von Vollsortimentern.
Rabattverträge in der GKV Das europäische und deutsche Vergaberecht bieten derzeit – abgesehen von allgemeinen bürokratischen Erleichterungen, wie der Einführung der Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung – aufgrund der ursprünglichen Orientierung an den Problemen der italienischen Bauwirtschaft keine spezifisch für den Gesundheitsmarkt passenden Rahmenbedingungen zur Gewährleistung eines geordneten Wettbewerbs. Vielmehr sind für diesen Bereich besondere SGB V-Regelungen aus folgenden Gründen erforderlich: Wenn ein pharmazeutisches Unternehmen eine Ausschreibung nicht gewinnt, wirkt sich dies wie ein partieller Marktausschluss aus, da die rabattgeregelten Arzneimittel über die Laufzeit der Rabattverträge (meist zwei Jahre) Vorrang bei der Abgabe in der Apotheke haben, so dass die Arzneimittel des „Verlierers“ fast nicht mehr abgegeben werden. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen sind die Unternehmen in diesem Fall häufig gezwungen, ihr Portfolio zu bereinigen und die Produktion unrentabel gewordener Arzneimittel einzustellen. Mit der Reform, die am 18. April 2016 in Kraft getreten ist, wurde der Rechtsrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge überarbeitet. Inwieweit diese Reform Auswirkungen auf die Rabattvertragsgestaltungen haben wird, bleibt abzuwarten. Dies 69
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
auch, weil das Gesetzgebungsverfahren zum Arzneimittelstärkungsgesetz noch nicht erkennen lässt, ob der Gesetzgeber sich ernsthaft mit den Problemen und Schwierigkeiten, die die derzeitige Vergabepraxis für die Versorgung der Versicherten hat, auseinandersetzt und effektive Lösungen vorsieht. Anteile Rabattarzneimittel bei den Krankenkassen nach Menge in Packungseinheiten (Marktanteil in %) Mit Rabattvertrag Juni 2015 Juni 2016
% 54,2 56,1
56,4
58,2
55,6
58,1
53,8 56,3
58,4 61,2
53,6 54,9
50
GKV gesamt
AOK
Barmer GEK
BKK
DAK
TK
Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS Contract Monitor 2016.
Über die Hälfte aller im GKV-Markt in 2015 und in der ersten Hälfte 2016 abgegebenen Arzneimittel ist laut IMS Health rabattgeregelt. Im Juni 2016 hatten 124 Krankenkassen mit 166 pharmazeutischen Unternehmen 13.076 Verträge über 15.789 Handelsformen abgeschlossen. Ein Jahr vorher, im Juni 2015, waren es 129 Krankenkassen mit 149 Herstellern. Die Zahl der Verträge belief sich auf 12.286 über 15.984 Handelsformen. Nach wie vor bedarf es gleich langer Spieße für alle Beteiligten im Wettbewerb, d. h. bei allen einzelvertraglichen Vereinbarungen der Krankenkassen mit Leistungserbringern muss Wettbewerbsrecht (GWB und UWG) zur Anwendung gelangen. Angesichts der sich häufenden auch kassenartenübergreifenden Fusionen wächst die Marktmacht auf Seiten der Krankenkassen stetig.
70
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen GKV-Markt und rabattgeregelte Arzneimittel
Menge
Umsatz
(Mio. Packungen)
(Mio. Euro)
706
353
353
359
25.539
12.515
13.024
13.039
54 %
53 %
55 %
56 %
28 %
27 %
29 %
31 %
2015
1. Hbj. 2015
2. Hbj. 2015
1. Hbj. 2016
2015
1. Hbj. 2015
2. Hbj. 2015
1. Hbj. 2016
mit Rabattvertrag Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS Contract Monitor 2016.
Grundsätzlich erfolgt der selektive Vertragswettbewerb zwischen Herstellern und Kassen innerhalb eines hoch regulierten Gesamtsystems, das durch massive Markteingriffe, erheblichen Rabattdruck auf Seiten der Anbieter und eine Monopolstellung der Krankenkassen gekennzeichnet ist. Das nebeneinander bestehende Regulierungsdickicht – u. a. Festbeträge und Zuzahlungsfreistellungsmöglichkeiten – gehört daher weiterhin auf den Prüfstand, um langfristig einen funktionierenden Wettbewerb und eine nachhaltige Arzneimittelversorgung der Versicherten zu gewährleisten. Dementsprechend gilt es, den aktuellen Tendenzen im Generikarabattmarkt entgegenzuwirken.
71
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, das zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, wurde mit dem Verfahren der Frühen Nutzenbewertung ein Werkzeug etabliert, das die Bewertung des Zusatznutzens bezogen auf die zweckmäßige Vergleichstherapie und die Vereinbarung von Erstattungsbeträgen für innovative Arzneimittel zum Ziel hat. Für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die über Unterlagenschutz verfügen, ist durch den pharmazeutischen Unternehmer spätestens zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens in Deutschland ein Dossier vorzulegen, das durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bewertet wird. Das Ergebnis der Bewertung dient als Grundlage für Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband über die zukünftige Vergütung. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet eine Schiedsstelle über den Erstattungsbetrag. Der BPI hat mit seinem Papier „Dezentral vor zentral“ als erster Pharmaverband in Deutschland seine Vorstellungen für ein System zur Verhandlung von Vergütungen für Arzneimittel in die Diskussion eingebracht. Der Gesetzgeber hat viele Ideen aufgegriffen, sich am Ende aber für zentrale Verhandlungen entschieden, die erst in zweiter Linie durch dezentrale Verhandlungen ergänzt werden können.
72
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen Zwischenstand G-BA-Bewertungsverfahren 53
Status
Anzahl
Verfahren begonnen
16
Stellungnahmeverfahren eröffnet
10
Beschlussfassung wird vorbereitet
6
Verfahren abgeschlossen
205
Freigestellt
6
Verfahren eingestellt
8
Kein Status
1
Gesamt
252
49 39 35
27
2 2011 2012 2013 2014 2015 2016 (01.01-15.09.) Eigene Darstellung des BPI, BPI-MARIS 2016.
Bis September 2016 sind vom G-BA 205 Bewertungsverfahren abgeschlossen worden. Auf Ebene der Verfahren stehen 117 Verfahren (57,1 %) mit Zusatznutzen in mindestens einer Teilpopulation, 88 Verfahren (42,9 %) ohne einen belegten Zusatznutzen gegenüber. Bei den bisherigen 205 Beschlüssen des G-BA wurden Entscheidungen für 438 Teilpopulationen getroffen, die insgesamt rund 62 Mio. Patienten repräsentieren. Bisher haben lediglich zwei Produkte die höchste Zusatznutzenkategorie „Erheblich“ erreicht. Ein beträchtlicher Zusatznutzen wurde unter Betrachtung aller bewerteten Teilpopulationen zu diesem Zeitpunkt 56 Mal erreicht. Für 74 Teilpopulationen wurde ein geringer Zusatznutzen beschlossen. Für 43 Teilpopulationen konnte der Zusatznutzen nicht näher quantifiziert werden und in 261 Fällen wurde für die bewerteten Teilpopulationen kein Zusatznutzen festgestellt. In zwei Bewertungsverfahren hatte je eine Teilpopulation einen geringeren Zusatznutzen als die zweckmäßige Vergleichstherapie attestiert bekommen.
73
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Als Hindernis erweist sich nach wie vor insbesondere die vom G-BA ausgewählte zweckmäßige Vergleichstherapie (ZVT), die der pharmazeutische Unternehmer oftmals mit seinen Zulassungsstudien nicht oder nicht ausreichend bedienen kann. Stand G-BA-Bewertungen zum September 2016 Verfahren
Patientenzahlen
Teilpopulationen
2
15, 6 M i o .
175
0,2
Mio.
117
438
205
62,2 Mio.
88 261 ZN: Zusatznutzen
ZN nachgewiesen
46, 4 kein ZN
Mio. geringerer ZN
Eigene Darstellung des BPI, BPI-MARIS 2016.
Insgesamt zeigt sich, dass die mangelnde Orientierung an der Zulassung entgegen rechtlicher Vorgaben die Anerkennung von Zusatznutzen in der Frühbewertung erschwert. Dies betrifft insbesondere die Anerkennung von Endpunkten, die Aufteilung in viele Subgruppen oder auch die Saldierung von Nutzen und Schaden. Die Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie durch den G-BA als GKV-Versorgungsmindeststandard birgt nicht nur für die Frühbewertung Herausforderungen. Wenn der pharmazeutische Unternehmer zur ZVT keinen Zusatznutzen belegen kann, fungiert sie mit ihren regelmäßig sehr niedrigen Jahrestherapiekosten gleichzeitig als Kostenobergrenze für die Vergütungsverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass bislang 15 bewertete und mit einem Erstattungsbetrag versehene Arzneimittel aus dem deutschen Markt zurückgezogen wurden und sie damit in Deutschland den betroffenen Patienten nicht mehr zur Verfügung stehen.
74
Die Pharmaindustrie im deutschen Gesundheitswesen
Im AMNOG wurde festgelegt, dass für Orphan Drugs der medizinische Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt gilt. Dies ist konsequent, da für diese Arzneimittel bereits mit der Zulassung durch die Europäische Kommission bestätigt wird, dass mit diesem Arzneimittel entweder erstmalig überhaupt eine zufriedenstellende Therapieoption zur Verfügung gestellt wird, oder in den Fällen, in denen eine Therapieoption besteht, das neue Arzneimittel von erheblichem Nutzen sein wird. An den bislang vorliegenden Verhandlungsergebnissen zeigt sich jedoch, dass es bei der Frühbewertung letztlich nur darauf ankommt, überhaupt einen Zusatznutzen zu belegen, was ein Überdenken des damit einhergehenden bürokratischen Aufwands erforderlich macht. Eine Korrelation zwischen dem festgestellten Zusatznutzenausmaß und der Höhe des eingeräumten Rabattes gibt es nicht. Dies ist auch nicht verwunderlich – erklärtes Ziel des AMNOG ist die Herstellung „fairer“ Preise für neue Arzneimittel. Daher werden für die Festlegung der Vergütung eines Arzneimittels mit Zusatznutzen die Abgabepreise anderer europäischer Länder, gewichtet nach Umsatz und Kaufkraftparität, sowie die Jahrestherapiekosten vergleichbarer Arzneimittel berücksichtigt. Nicht zuletzt ist natürlich der Markteintrittspreis entscheidend. Hier zeigt sich bei einem durchschnittlichen kumulierten Rabatt in Höhe von rund 23 % (inklusive Zwangsabschlag nach § 130a SGB V) für Arzneimittel mit Zusatznutzen, dass der Vorwurf, die pharmazeutischen Unternehmer würden ihre Arzneimittel in Deutschland zu „Mondpreisen“ anbieten, nicht haltbar ist. Die im AMNOG zunächst vorgesehene Möglichkeit zur Bewertung des Bestandsmarktes, also der Arzneimittel, die bereits vor dem 1. Januar 2011 in Deutschland im Verkehr waren, aber noch über Unterlagenschutz und damit über „neue Wirkstoffe“ verfügen, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2014
75
Der deutsche Arzneimittelmarkt
aus dem SGB V gestrichen. Weitere Einsparungen im Arzneimittelmarkt werden stattdessen durch das bis 2022 fortgesetzte Preismoratorium sowie einen sieben prozentigen Zwangsabschlag generiert.
Deutscher Apothekenmarkt Die Entwicklung im deutschen Apothekenmarkt stellt sich sehr differenziert dar. Der zum Abgabepreis der pharmazeutischen Unternehmen (ApU) bewertete Gesamtumsatz im Apothekenmarkt* stieg 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 3,47 % auf insgesamt 30,5 Mrd. Euro. Bei den rezeptpflichtigen Arzneimitteln kam es zu einem Umsatzplus von 3,93 %. Der Bereich der Drogen und Chemikalien ist dagegen um 5,36 % zurückgegangen. Umsatzentwicklung des Apothekenmarktes 2012 – 2015 (in Mio. Euro) 2012
2013
2014
2015
Veränderung Vorjahr in %
Gesamt 26.763,7 rezeptpflichtig 21.245,6 apothekenpflichtig 2.905,6 Nichtarzneimittel 1.524,6 Betäubungsmittel 880,0 nicht apothekenpflichtig 202,5 Drogen + Chemikalien 5,4
28.243,0 22.487,4 3.064,9 1.554,5 914,3 216,6 5,4
29.447,9 23.741,8 3.013,6 1.547,1 926,9 213,0 5,6
30.471,0 24.674,5 3.124,2 1.527,7 918,9 220,3 5,3
3,47 3,93 3,68 - 1,25 - 0,86 3,43 - 5,36
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Absatzentwicklung des Apothekenmarktes 2012 – 2015 (Packungen in Mio.) Gesamt rezeptpflichtig apothekenpflichtig Nichtarzneimittel nicht apothekenpflichtig Betäubungsmittel Drogen + Chemikalien
2012
2013
2014
2015
Veränderung Vorjahr in %
1.557,8 685,6 661,4 150,9 48,4 11,0 0,5
1.637,5 716,8 700,9 156,5 50,8 12,0 0,5
1.597,0 711,6 671,0 153,2 48,2 12,5 0,5
1.614,3 711,0 687,1 153,8 49,3 12,6 0,5
1,08 - 0,08 2,40 0,39 2,28 1,61 0
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
* In dieser Erhebung werden zunächst die Großhandelsumsätze sowie das Direktgeschäft der Hersteller mit den Apotheken erfasst und anschließend mit ApU bewertet. Nicht enthalten sind die Umsätze der Hersteller mit Krankenhäusern.
76
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Die Betrachtung der Mengenentwicklung im Gesamtmarkt zeigt für 2015 einen leicht steigenden Wert (1,1 %). Die größten Veränderungen verzeichnen die apothekenpflichtigen Arzneimittel (2,4 %) und die nicht apothekenpflichtigen Arzneimittel mit einem Anstieg um 2,28 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Entwicklung der Arzneimittelsegmente nach Zusatzklassen zeigt bei der Umsatzbetrachtung in 2015 abermals in dem Segment „Biopharmazeutika“ einen relativ großen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr. Ähnliche Steigerungen sind für die Phytopharmaka und die anthroposophischen Produkte zu verzeichnen. Die übrigen Teilsegmente zeichnen sich durch geringere Zuwächse oder leichte Verluste aus. Umsatzentwicklung der Arzneimittelsegmente nach Zusatzklassen 2012 – 2015 (in Mio. Euro) im Apothekenmarkt
Gesamt Arzneimittel human Biopharmazeutika Übrige* Phytopharmaka Diagnostika Homöopathika Anthroposophika
2012
2013
2014
26.763,7 19.501,4 4.605,5 934,7 735,6 675,3 256,4 54,7
28.243,0 20.437,4 5.086,3 949,5 775,9 664,0 271,5 58,4
29.447,9 21.289,7 5.455,2 949,5 748,4 659,5 286,0 59,7
Veränderung 2015 Vorjahr in % 30.437,0 21.906,5 5.833,2 953,8 781,0 639,0 297,3 62,2
3,36 2,90 6,93 0,45 4,36 - 3,11 3,95 4,19
* Körper- und Zahnpflegemittel, Injektionszubehör, Desinfektionsmittel, Randsortiment, Drogen, Medizinprodukte, Chemikalien, Tierarzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Diätetika.
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Der Absatz (Packungen) an "Phytopharmaka" und "Anthroposophika" ist 2015 mit über 6,0 % am stärksten gewachsen.
77
Der deutsche Arzneimittelmarkt Absatzentwicklung der Arzneimittelsegmente nach Zusatzklassen 2012 – 2015 (in Mio. Packungen) im Apothekenmarkt
Gesamt Arzneimittel human Übrige* Phytopharmaka Homöopathika Diagnostika Biopharmazeutika Anthroposophika
2012
2013
2014
1.557,8 1.199,1 131,1 122,3 48,5 31,1 18,6 9,0
1.637,5 1.263,8 133,5 131,1 49,5 32,6 15,6 9,5
1.597,0 1.235,1 131,8 120,1 49,7 32,8 19,9 9,6
Veränderung 2015 Vorjahr in % 1.614,4 1.242,3 132,0 128,0 48,9 32,3 20,1 10,2
1,09 0,58 0,15 6,58 - 1,61 - 1,52 1,0 6,25
* Körper- und Zahnpflegemittel, Injektionszubehör, Desinfektionsmittel, Randsortiment, Drogen, Medizinprodukte, Chemikalien, Tierarzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Diätetika.
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
In Deutschland produzieren mehr als 100 pharmazeutische Unternehmen mit hoch qualifizierten Mitarbeitern anthroposophische und homöopathische Arzneimittel. Deutschland ist sowohl im Bereich der Phytopharmaka als auch bei den Arzneimitteln der homöopathischen und anthroposophischen Medizin Marktführer. Diese Arzneimittel werden EU-weit eingesetzt. Allein in Deutschland gibt es etwa 60.000 Ärzte, die homöopathische und auch anthroposophische Arzneimittel regelmäßig verordnen. Außerhalb Europas ist die Homöopathie weltweit vertreten, insbesondere in den USA, Mittel- und Südamerika, Asien, Indien sowie in Südafrika. Die anthroposophische Medizin ist, außer in Europa, vor allem in Nord- und Südamerika sowie in Australien und Neuseeland weit verbreitet. Die Analyse der TOP 10 Indikationsgebiete nach AnatomischTherapeutisch-Chemischer Klassifikation (ATC-3) zeigt insgesamt in der Mengenbetrachtung eine uneinheitliche Entwicklung über alle Indikationsgebiete hinweg. Der mit Abstand größte Anstieg ist auf die Expectorantien ohne Antiinfektiva (+14,6 %) entfallen. 78
Der deutsche Arzneimittelmarkt TOP 10 führende Indikationsgebiete (ATC-3) am Apothekenmarkt 2015 nach Absatz Indikationsgebiete (ATC-3)
Packungen in Tsd.
1.614.402,1 148.682,0 R01A Rhinologika, topisch 93.727,0 R05C Expectorantien ohne Antiinfektiva 69.140,5 42.433,4 A02B Ulcustherapeutika 41.519,7 C07A Betarezeptoren-Blocker, rein V03X Andere therapeutische Präp. 41.170,8 M01A Antiphlog. / Antirheumatika, nichtster. 38.698,0 36.758,8 M02A Antirheumatika und Analgetika, top. 29.099,0 R02A Halsschmerzpräparate 28.527,6 T02D Diabetes Tests Gesamt
N02B Andere Analgetika
Anteil am Anteil am GesamtGesamt% zum Vorjahr absatz in % umsatz in % 1,08 0,43 7,67 14,64 - 1,02 0,56 - 1,63 - 1,56 - 0,13 8,90 - 1,32
100,00 9,21 5,81 4,28 2,63 2,57 2,55 2,40 2,28 1,80 1,77
100,00 1,66 0,71 1,02 1,35 0,53 0,66 0,65 0,72 0,37 1,90
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Die Umsatzentwicklung der TOP 10 Indikationsgebiete nach ATC-3 zeigt, dass die „Virustatika, außer gegen HIV“ und die „Direkte Faktor-Xa Hemmer“ die höchsten Steigerungen zum Vorjahr aufweisen. Der Anteil dieser zwei Gruppen am Gesamtumsatz im Apothekenmarkt lag 2015 aber bei rund 7 %. TOP 10 führende Indikationsgebiete (ATC-3) am Apothekenmarkt 2015 nach Umsatz Indikationsgebiete (ATC-3) Gesamt L04B Anti-TNF Präparate J05B Virustatika, außer gegen HIV L01H Antineoplast. Protein Kinase Inhibit. A10C Humaninsulin und Analoga N02A Analgetika, Betäubungsmittel J05C Virustatika gegen HIV L04X Andere Immunsuppressiva B01F Direkte Faktor-Xa Hemmer L03B Interferone N07X Andere ZNS-wirksame Präparate
in Tsd. Euro 30.473,0 1.632,6 1.287,8 1.106,2 1.027,3 807,5 744,1 729,2 711,5 642,8 636,8
Anteil am Anteil am % zum GesamtGesamtVorjahr umsatz in % absatz in % 3,47 6,74 82,52 17,99 2,19 - 1,07 2,56 5,40 42,99 - 5,59 4,66
100,00 5,36 4,23 3,63 3,37 2,65 2,44 2,39 2,33 2,11 2,09
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
79
100,00 0,03 0,09 0,02 0,82 0,55 0,05 0,12 0,27 0,02 0,11
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Die nachstehenden Darstellungen verdeutlichen verschiedene Segmente des Arzneimittelmarktes in den Apotheken. Der Umsatz am Apothekenmarkt inklusive Versandhandel betrug insgesamt 53,5 Mrd. Euro in 2015. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel, bewertet zum AVP, ermittelte IMS Health für das Jahr 2015 einen Gesamtumsatz von 43,8 Mrd. Euro. Der Umsatz mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der GKV betrug in 2015 circa 37,6 Mrd. Euro. Der Umsatz mit verordneten rezeptfreien Arzneimitteln betrug zu Lasten der GKV 1,9 Mrd. Euro und zu Lasten der PKV 1,0 Mrd. Euro. Das Volumen der Selbstmedikation (SM) mit rezeptfreien Arzneimitteln beläuft sich auf rund 6,8 Mrd. Euro. Umsatz Arzneimittelmarkt in Apotheken und Versandhandel 2015 zu AVP (in Mrd. Euro) Mrd. Euro
53,5 37,6
10
8
6,8 6,2 6
4
1,9
2
1,0 0
Apo. gesamt
GKV-Rx
PKV-Rx
GKV-NRx
PKV-NRx
SM-NRx
Verschreibungspflichtige Arzneimittel Verordnete rezeptfreie Arzneimittel Selbstmedikation mit rezeptfreien Arzneimitteln Rx: verschreibungspflichtig NRx: nicht verschreibungspflichtig Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS PharmaScope® National 2016.
80
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Rund 169 Mio. Packungseinheiten rezeptfreier Arzneimittel wurden 2015 von der GKV und der PKV erstattet, während rund 673 Mio. rezeptfreie Einheiten für die Selbstmedikation in Apotheken und über den Versandhandel erworben wurden. Der Absatz in Packungseinheiten belief sich in 2015 insgesamt auf rund 1.576 Millionen. Absatz Arzneimittelmarkt in Apotheken und Versandhandel 2015 (in Mio. Packungseinheiten – PE) M i o . P a c k u ng s e i nh e i t e n 800
673,1 616,2 600
400
200
117,8
91,2
77,3
GKV-NRx
PKV-NRx
0
GKV-Rx
PKV-Rx
SM-NRx
Verschreibungspflichtige Arzneimittel Verordnete rezeptfreie Arzneimittel und Nichtarzneimittel Selbstmedikation mit rezeptfreien Arzneimitteln Rx: verschreibungspflichtig NRx: nicht verschreibungspflichtig Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS PharmaScope® National 2016.
Die Unterschiede zwischen Umsatz und Absatz sind vor allem auf das Preisniveau der betrachteten Arzneimittel zurückzuführen. Die Preisunterschiede zwischen verschreibungspflichtigen und verschreibungsfreien Arzneimitteln sind u. a. auch Ausdruck einer unterschiedlichen Wettbewerbssituation dieser Produkte. Verschreibungsfreie Arzneimittel sind bewährte Präparate, die bereits seit längerer Zeit am Markt sind und sich häufig generischer Konkurrenz ausgesetzt sehen. In diesem Segment hochwirksamer Produkte finden sich auch viele pflanzliche 81
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Arzneimittel. In die Gruppe der rezeptpflichtigen Arzneimittel fallen viele Neuentwicklungen, die zum Teil noch unter Patentschutz stehen und deren höherer Preis einen Beitrag zur Deckung der hohen F&E-Kosten liefert.
GKV-Arzneimittelmarkt Der GKV-Arzneimittelmarkt gibt sowohl einen Überblick über die Verordnungen als auch über die Umsätze zu Lasten der GKV. Die Umsätze sind zu AVP ausgewiesen, enthalten somit die jeweiligen Großhandels- und Apothekenzuschläge sowie die Mehrwertsteuer. Anzahl der Verordnungen zu Lasten der GKV 2013 – 2015 Zusatzklasse
2013
2014
2015
Gesamt
688.451.862
696.180.623
701.120.981
Arzneimittel*
652.036.740
658.762.376
663.367.983
Diagnostika
26.458.585
25.143.396
26.224.667
Phytopharmaka
4.152.510
4.355.144
4.926.102
Übrige**
4.881.483
4.731.674
4.319.730
Homöopathika
1.488.272
1.361.862
1.287.724
749.461
744.900
760.857
Anthroposophika
* Inklusive Biopharmazeutika ** Körper- und Zahnpflegemittel, Injektionszubehör, Desinfektionsmittel, Randsortiment, Drogen, Medizinprodukte, Chemikalien, Tierarzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Diätetika
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Insgesamt wurden im Jahr 2015 rund 701 Mio. Verordnungen zu Lasten der GKV getätigt. Der Anteil der Arzneimittel an allen Verordnungen beträgt rund 94,6 %. Betrachtet man die Entwicklung der Verordnungen, so wird deutlich, dass die Anzahl der Diagnostika und Phytopharmaka oder auch der Anthroposophika leicht angestiegen sind.
82
Der deutsche Arzneimittelmarkt Umsatz zu Lasten der GKV 2013 – 2015, AVP in Euro 2013
2014
2015
Gesamt
33.654.856.271
35.736.214.106
37.501.787.382
Arzneimittel*
32.552.604.152
34.606.957.744
36.379.008.239
Diagnostika
895.284.550
915.328.242
907.190.746
Übrige**
103.643.994
110.067.404
109.959.576
Phytopharmaka
72.495.040
73.908.023
76.429.242
Anthroposophika
15.528.752
15.539.427
15.266.914
Homöopathika
15.299.782
14.413.266
13.932.666
* Inklusive Biopharmazeutika ** Körper- und Zahnpflegemittel, Injektionszubehör, Desinfektionsmittel, Randsortiment, Drogen, Medizinprodukte, Chemikalien, Tierarzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Diätetika
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Entwicklung der Marktanteile zu Lasten der GKV 2013 – 2015 in % Verordnungen
Gesamt
Umsatz
2013
2014
2015
2013
2014
2015
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Arzneimittel*
94,71
94,61
94,62
96,73
96,84
97,01
Diagnostika
3,65
3,77
3,77
2,64
2,56
3,77
Übrige**
0,60
0,63
0,61
0,31
0,31
0,30
Phytopharmaka
0,71
0,68
0,70
0,22
0,21
0,20
Anthroposophika
0,11
0,11
0,11
0,05
0,04
0,04
Homöopathika
0,22
0,20
0,18
0,05
0,04
0,04
* Inklusive Biopharmazeutika ** Körper- und Zahnpflegemittel, Injektionszubehör, Desinfektionsmittel, Randsortiment, Drogen, Medizinprodukte, Chemikalien, Tierarzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel, Diätetika
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Betrachtet man die Umsätze, zeigt sich, dass der Umsatz mit Arzneimitteln im Jahr 2015 mit 37,5 Mrd. Euro gut 5 % über dem Vorjahreswert liegt. Der Umsatzanteil der Arzneimittel umfasst fast 97 %. Der vergleichsweise geringe Umsatzanteil von Phytopharmaka mit 0,2 % der GKV-Ausgaben ist vor allem auf das niedrigere durchschnittliche Preisniveau dieser Produkte zurückzuführen. Ähnliches gilt für homöopathische Arzneimittel, die GKV-Ausgaben in Höhe von 13,9 Mio. Euro verursachten. Dies entspricht lediglich 0,04 % der GKV-Arzneimittelausgaben. 83
Der deutsche Arzneimittelmarkt TOP 10 führende Indikationsgebiete (ATC-3) am GKV-Markt 2015 nach Absatz Verordnungen
% zum Vorjahr
701.120.981 41.360.088 38.245.668 C07A Betarezeptoren-Blocker, rein 34.827.600 M01A Antiphlog. / Antirheum, nichtster. 33.159.509 A02B Ulcustherapeutika 25.905.228 C09A ACE-Inhibitoren, rein 25.647.548 T02D Diabetes Tests 25.610.885 H03A Schilddrüsenpräparate 22.112.506 C03A Diuretika N06A Antidepress. / Stimmungs Stabilisat. 21.568.507 C10A Cholesterol- u.Trigylcerid-regul. Präp. 20.001.237
0,71 5,31 0,86 - 1,52 1,91 0,90 - 0,58 3,54 0,17 0,77 2,90
Indikationsgebiete (ATC-3) Gesamt
N02B Andere Analgetika
%-Anteil %-Anteil an GesamtGesamtumsatz menge 100,00 5,90 5,45 4,97 4,73 3,69 3,66 3,65 3,15 3,08 2,85
100,00 1,80 1,58 1,61 2,14 2,27 0,96 1,08 1,19 2,18 1,21
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
In der Mengenbetrachtung wiesen 2015 die Gruppen der "Andere Analgetika" und die "Schilddrüsenpräparate" die höchsten Zuwächse auf. Insgesamt sind die Zuwächse in den TOP 10 Indikationsgebieten eher gering bzw. zum Teil sogar stagnierend. TOP 10 führende Indikationsgebiete (ATC-3) am GKV-Markt 2015 nach Umsatz Indikationsgebiete (ATC-3) Gesamt L04B Anti-TNF Präparate J05B Virustatika, außer gegen HIV A10C Humaninsulin und Analoga L01H Antineoplast. Protein Kinase Inhibit. N02A Analgetika, Betäubungsmittel L04X Andere Immunsuppressiva J05C Virustatika gegen HIV T02D Diabetes Tests N06A Antidepressiva u. Stimmungs Stabilisat. B01F Direkte Faktor-Xa Hemmer
Euro in Mio.
% zum Vorjahr
37.501,8 1.967,1 1.495,9 1.378,8 1.198,2 1.029,0 984,9 927,4 850,2 818,6 810,8
4,94 8,20 82,65 2,72 15,90 - 0,39 11,75 1,50 - 1,16 - 3,26 44,69
%-Anteil %-Anteil an GesamtGesamtumsatz menge 100,00 5,25 3,99 3,68 3,20 2,74 2,63 2,47 2,27 2,18 2,16
100,00 0,07 0,17 1,79 0,04 1,15 0,25 0,10 3,69 3,08 0,51
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von Insight Health 2016.
Bei der Umsatzbetrachtung verzeichneten 2015 die „Virustatika, außer gegen HIV“ und die „Direkte Faktor-Xa Hemmer“ die höchsten Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr. In Bezug auf die Rückgänge wiesen die „Antidepressiva u. Stimmungs Stabilisatoren“ eine Veränderung gegenüber dem Vorjahr um -3,3 % auf. 84
Der deutsche Arzneimittelmarkt
GKV-Strukturkomponente Die Strukturkomponente ermöglicht eine detaillierte Betrachtung der Faktoren für die Arzneimittelausgabenentwicklung. Es kann untersucht werden, inwiefern es einen Trend zur Verschreibung innovativer und patentgeschützter Präparate gegeben hat. Der Struktureffekt setzt sich aus Effekten innerhalb von Präparaten (Packungsgröße, Dosis / Stärke und Darreichungsform) und Effekten zwischen Präparaten (innerhalb und / oder unter Segmenten sowie Indikationsgruppen untereinander) zusammen. Die GKV-Strukturkomponentenstudie von IMS Health zeigt als ein quantitatives Instrument der Marktforschung und Gesundheitspolitik die einzelnen Komponenten (Preis, Menge und Struktur) von Umsatzveränderungen. Wachstumskomponenten im GKV-Arzneimittelmarkt 1. Halbjahr 2016 (Veränderungen zum Vorjahr in %) 10
Umsatzwachstum + 3,7
Wachstumskomponenten Menge (Packungen) + 1,7
Struktur + 3,7
Preis - 1,7
0
Preisbasis: AVP inkl. MWSt., ohne Rabattabzug Eigene Darstellung BPI basierend auf Daten der IMS® GKV-Strukturkomponentenstudie 2016.
Die Wachstumskomponenten im 1. Halbjahr 2016 als Ursache der Umsatzentwicklung am GKV-Markt, unterteilt in Untergruppen (in %), AVP + 3,7
Umsatz + 1,7
Menge Preis
- 1,7 + 3,7
Strukturkomponente Inter-Effekt
+ 2,3
Intra-Effekt
davon
{
+ 1,4 + 0,6
Dosis / Stärke
Darreichungsform
- 0,03 + 1,4
Packungsgröße
Preisbasis: AVP inkl. MWSt., ohne Rabattabzug Eigene Darstellung BPI basierend auf Daten der IMS® GKV-Strukturkomponentenstudie 2016.
85
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Im Jahr 2015 lag die IMS-Strukturkomponente bei 6,1 %. Aktuell liegt die Strukturkomponente für das erste Halbjahr 2016 bei 3,7 %. Die Preiskomponente im GKV-Arzneimittelmarkt ist in 2015 um 2,0 % und im ersten Halbjahr 2016 um 1,7 % gesunken. Die Umsatzkomponente legte in 2015 um 5,2 % und im ersten Halbjahr 2016 um 3,7 % zu. Der Arzneimittel-Atlas des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) nutzt wie die IMS-Health-Strukturkomponentenstudie die ATC-Klassifikation. Die IMS-Strukturkomponentenanalyse untersucht sämtliche ATC-Gruppen (ATC 1 bis ATC 4) und ermöglicht so eine indikationsorientierte Betrachtung der einzelnen Wachstumsfaktoren für alle Ebenen. Der Arzneimittel-Atlas vom IGES verfolgt einen anderen Ansatz. Der wesentliche Unterschied zur Studie von IMS Health besteht in der unterschiedlichen Definition der Komponenten. IGES untersucht bei der Struktur der Umsatzkomponenten u. a. eine Verbrauchs-, Therapieansatz-, Generika-, Wirkstärken- / Packungsgrößen-, Hersteller- und Preiskomponente. Für die 31 verordnungsstärksten Indikationen gibt es detaillierte Analysen. Die verwendete Mengeneinheit bezieht sich im Arzneimittel-Atlas auf Tagesdosen (Defined Daily Dose – DDD). Die IMS-Strukturkomponentenanalyse legt Mengeneinheiten (Packungseinheit – PE) bzw. Zähleinheiten zugrunde. Es zeigt sich, dass bei der Ausgabenentwicklung Preis-, Mengen- und Qualitätsveränderungen eine Rolle spielen. Innovative Arzneimittel, die aufgrund ihrer hohen Entwicklungskosten zwangsläufig ein höheres Preisniveau haben, leisten häufig einen wichtigen Beitrag zur Therapie bisher nicht oder nur unzureichend behandelbarer Krankheiten und bieten den betroffenen Patienten einen erheblichen Nutzen. Gleichzeitig stehen für die Versorgung bei weniger schwerwiegenden Erkrankungen viele bewährte Arzneimittel, vielfach Generika,
86
Der deutsche Arzneimittelmarkt
zur Verfügung, deren Preisniveau seit 2006 stark rückläufig und aufgrund der Rabattverträge nicht tatsächlich abbildbar ist. Der GKV-Arzneimittelindex, basierend auf einer etwas anderen Berechnungsmethode als die Zahlen der IMS-Strukturanalyse, bestätigt ebenso die rückläufige Preisentwicklung im GKVArzneimittelmarkt in den letzten Jahren im Vergleich zum Basisjahr 2010, vor allem verglichen mit den Verbraucherpreisen. Allein im Jahr 2015 wurden durch freiwillig geschlossene Rabattverträge rund 3,6 Mrd. Euro Einsparungen für die GKV erzielt. Aktuell ist ein weiteres Anwachsen der Rabattvolumina zu verzeichnen. Preisentwicklung bei Arzneimitteln Preis-Indizes im Vergleich (2010 = 100) Verbraucherpreise
110
105
100
100
95
GKV-Arzneimittel 90
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (WidO) sowie des Statistischen Bundesamtes 2016.
Die Folgen der tiefen Einschnitte des GKV-Änderungsgesetzes (GKV-ÄndG) und des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) in den deutschen Arzneimittelmarkt lassen sich direkt in der nachfolgenden Abbildung ablesen. Neben den kontinuierlich sinkenden Preisen im Festbetragsmarkt, fallen die Preise im Nicht-Festbetragsmarkt ebenfalls. Ein Blick auf die TOP 20 Arzneimittelgruppen verdeutlicht diese Entwicklung.
87
Der deutsche Arzneimittelmarkt Preisentwicklung nach Marktsegmenten von Januar 2014 – Juli 2016 (Januar 2014 = 100) 102 101 100 99 98 97 N ich t-F estbetragsmark t 96 95 Gesamt- 94 m a rk t F estb etragsmarkt 93 92
2014
2015
2016
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) 2016.
Preisänderung Juli 2016 im Vergleich zum Vorjahresmonat in Prozent für die TOP 20 Arzneimittelgruppen Veränderung zum Vorjahresmonat in %
Indikationsgebiete Mittel, die den Lipidstoffwechsel beeinflussen
0,7
Beta-Adrenozeptorantagonisten
0,1
Immunsuppressiva
0.0
Immunstimulanzien
-0,1
Antiphlogistika und Antirheumatika
-0,4
Antidiabetika
-0,5
Antibiotika zur systemischen Anwendung
-0,6
Ophthalmika
-0,8
Antithrombotische Mittel
-1,2
Antiepileptika
-1,2
Antineoplastische Mittel
-1,3
Analgetika
-1,3
Endokrine Therapie
-1,3
Antiparkinsonmittel
-1,6
Mittel mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System
-2,2
Psychoanaleptika
-2,2
Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung
-3,5
Psycholeptika
-3,8
Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen
-4,0
Mittel bei Säure bedingten Erkrankungen
-8,0
G e s a mt m a r k t
- 1 ,3
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) 2016.
88
Der deutsche Arzneimittelmarkt
OTC-Markt Der Umsatz im deutschen OTC-Markt (Offizin und Apothekenversandhandel) entwickelte sich wie in den vergangenen Jahren weiter positiv. Er lag im Jahr 2015 bei 8,1 Mrd. Euro zu Apothekenverkaufspreisen (AVP). Sowohl in der Offizin (+ 7,1 %) als auch im Apothekenversandhandel (+ 8,2 %) stiegen die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr an. Während positive Entwicklungen im Apothekenversandhandel jedes Jahr auch nach Absatz stattfanden (2013 zu 2014: + 8,4 % und 2014 zu 2015: + 8,1 %), schwankten die Werte für die stationären Apotheken. Die Absatzentwicklung der Offizin fiel 2014 zu 2015 mit 5,2 % ebenfalls positiv aus. Der dargestellte OTC-Markt unterteilt sich in drei Kategorien: apothekenpflichtige, rezeptfreie Arzneimittel; freiverkäufliche Arzneimittel; Gruppe der Gesundheitsmittel, worunter Nahrungsergänzungsmittel und ergänzend bilanzierte Diäten fallen. Die stärkste Produktkategorie im OTCMarkt ist nach wie vor die der apothekenpflichtigen Arzneimittel mit einem Umsatzanteil von 75,8 % (Absatz: 77,0 %). Sie liegen damit klar vor den freiverkäuflichen Arzneimitteln (Umsatzanteil: 4,6 %) und den Gesundheitsmitteln (GMS*), die im vergangenen Jahr einen Anteil von 19,6 % nach Umsatz im OTC-Markt erreichen konnten. Allerdings steigt seit Jahren der Marktanteil der Gesundheitsprodukte in der Apotheke an (Umsatzanteil 2009: 16,5 %; 2015: 19,6 %). Bei der Betrachtung der Absatzzahlen wird aber schnell klar, dass in diesem Segment deutliche Preisanstiege zum Umsatzwachstum beitrugen und der tatsächliche Anstieg nach Absatz moderater war (Absatzanteil 2009: 16,3 %; 2015: 17,7 %).
* GMS: in Konkurrenz zu Arzneimitteln stehende Produkte.
89
Der deutsche Arzneimittelmarkt Umsatzentwicklung im deutschen OTC-Markt (Offizin & Versandhandel) Umsatz in Tausend Eur o z u Apothekenv er kaufsp reisen (AVP) 2011
2012
2013
2014
2015
Arzneimittel Offizin - apothekenpflichtig - freiverkäuflich
4.676.977,5 4.693.387,6 4.981.903,8 5.015.065,8 5.343.216,0 294.004,5 303.935,0 318.258,7 310.856,7 326.037,1
GMS Apotheke
1.096.569,8 1.122.909,3 1.196.265,0 1.256.318,3 1.380.112,2
Offizin gesamt
6.067.551,8 6.120.231,9 6.496.427,5 6.582.240,8 7.049.365,2
Arzneimittel Versandhandel (VH) - apothekenpflichtig 538.030,4 - freiverkäuflich 33.252,3
567.749,2 36.869,3
602.579,0 37.719,4
656.111,5 40.519,8
699.086,8 44.621,4
GMS Apotheke VH
171.312,2
201.516,6
219.284,9
263.287,4
295.115,6
742.594,9
806.135,2
859.583,3
959.918,8 1.038.823,7
VH gesamt Offizin & VH gesamt Mark tanteil in %
6.810.146,7 6.926.367,1 7.356.010,9 7.542.159,6 8.088.188,9
2011
2012
2013
2014
2015
Arzneimittel Offizin - apothekenpflichtig - freiverkäuflich
68,68 4,32
67,76 4,39
67,73 4,33
66,49 4,12
66,06 4,03
GMS Apotheke
16,10
16,21
16,26
16,66
17,06
Offizin gesamt
89,10
88,36
88,31
87,27
87,16
Arzneimittel Versandhandel (VH) 7,90 - apothekenpflichtig 0,49 - freiverkäuflich
8,20 0,53
8,19 0,51
8,70 0,54
8,64 0,55
GMS Apotheke VH VH gesamt Offizin & VH gesamt
2,52
2,91
2,98
3,49
3,65
10,90
11,64
11,69
12,73
12,84
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Health 2016.
90
Der deutsche Arzneimittelmarkt Absatzentwicklung im deutschen OTC-Markt (Offizin & Versandhandel) Absatz in Tausend Packu ngseinh eiten 2011
2012
2013
2014
2015
568.840,4 41.519,0
558.753,9 41.711,0
591.074,5 43.091,5
578.774,0 40.926,0
607.571,7 42.030,0
GMS Apotheke
126.880,2
128.092,5
133.215,1
130.715,1
139.785,7
Offizin gesamt
737.239,6
728.557,5
767.381,1
750.415,1
789.387,4
Arzneimittel Versandhandel (VH) - apothekenpflichtig 63.066,1 - freiverkäuflich 3.283,4
66.942,8 3.650,3
70.511,5 3.750,2
75.701,3 4.022,9
80.784,3 4.411,4
GMS Apotheke VH
14.244,1
15.311,7
17.408,8
19.819,2
Arzneimittel Offizin - apothekenpflichtig - freiverkäuflich
VH gesamt Offizin & VH gesamt Mark tanteil in %
12.164,0 78.513,5
84.837,3
89.573,5
97.133,0
105.015,0
815.753,1
813.394,7
856.954,6
847.548,1
894.402,3
2011
2012
2013
2014
2015
Arzneimittel Offizin - apothekenpflichtig - freiverkäuflich
69,73 5,09
68,69 5,13
68,97 5,03
68,29 4,83
67,93 4,70
GMS Apotheke
15,55
15,75
15,55
15,42
15,63
Offizin gesamt
90,38
89,57
89,55
88,54
88,26
Arzneimittel Versandhandel (VH) 7,73 - apothekenpflichtig 0,40 - freiverkäuflich
8,23 0,45
8,23 0,44
8,93 0,47
9,03 0,49
GMS Apotheke VH
1,49
1,75
1,79
2,05
2,22
VH gesamt
9,62
10,43
10,45
11,46
11,74
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Offizin & VH gesamt
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Health 2016.
Im Gegensatz zum Verschreibungsmarkt gewinnt der Apothekenversandhandel im OTC-Segment seit Jahren an Bedeutung. Allerdings ist mittlerweile eine Abschwächung der einst zweistelligen Zuwachsraten zu beobachten. Im Jahr 2015 betrug der Marktanteil des Versandhandels 12,8 % am gesamten OTC-Markt. Die in der Tabelle oben angegebenen Marktanteile stellen Durchschnittswerte dar, die je nach Produkt teilweise stark abweichen. Insbesondere teure und starke OTC-Marken können einen Versandhandelsanteil weit über dem Marktdurchschnittswert aufweisen und liegen mit einzelnen Großpackungen bei Werten über 30 %. Wie auch in der Offizin sind die apothekenpflichtigen Arzneimittel mit 67,3 % 91
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Umsatzanteil (Absatz: 76,9 %) die stärkste Produktkategorie im Versandhandel, gefolgt von den Gesundheitsmitteln mit 28,4 % Umsatzanteil (Absatz: 18,9 %). Der Apothekenversandhandel hat sich über die Jahre hinweg als Vertriebskanal etabliert. Für jedes vierte in der Apotheke und im Versandhandel verkaufte nicht verschreibungspflichtige Produkt besteht keine Apothekenpflicht (Umsatzanteil: 25,3 %; Absatzanteil: 23,0 %) und 82 % dieser Produkte sind nicht einmal ein Arzneimittel. In den letzten Jahren sind die Gesundheitsmittel, insbesondere im Apothekenversandhandel, stark angestiegen. Die nachstehenden Abbildungen zeigen die Entwicklungen für die verschiedenen Kategorien. Indexierte Darstellungen der Umsatz- und Absatzentwicklung der nicht verschreibungspflichtigen Produkte im deutschen Apothekenmarkt (Indexvergleich, Basis Umsatz: Umsatz (AVP) 2011 = 100; Basis Absatz: Einheiten 2011 = 100) Umsatzentwicklung (Index) 210 200 190 180
172
170 160
154
150 140
107 115
114 111
122
118
120 110 100
122
134 130 126
128
130
100 100
111 106 103 102
113 112 109 107108
106
90 80
2011
2012
2013
2014
2015
GMS Apotheke
freiverkäuflich
apothekenpflichtig
GMS Apotheke Versandhandel
freiverkäuflich Versandhandel
apothekenpflichtig Versandhandel
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Health 2016.
92
Der deutsche Arzneimittelmarkt Absatzentwicklung (Index) 220 210 200 190 180 170
163
160 150
143
140
134
130
126
120
117
110 100
100
101
111 106 100
114
112 105
104 104
128
120 103 102
110 107 101
99
98
90
123
80
2011
2012
2013
2014
2015
GMS Apotheke
freiverkäuflich
apothekenpflichtig
GMS Apotheke Versandhandel
freiverkäuflich Versandhandel
apothekenpflichtig Versandhandel
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Health 2016.
In der Kategorie der Nichtarzneimittel werden verstärkt höherwertige Produkte angeboten. So stieg der durchschnittliche Preis eines Gesundheitsmittels in der Apotheke von 9,11 Euro im Jahr 2011 auf 10,50 Euro im Jahr 2015. Der durchschnittliche Apothekenverkaufspreis eines Produktes im deutschen rezeptfreien Apothekenmarkt betrug im Jahr 2015 9,04 Euro. Die Preise in der absatzstärksten Kategorie, den apothekenpflichtigen, rezeptfreien Arzneimitteln, befinden sich mit einem Wert von 8,78 Euro im Jahr 2015 leicht über Vorjahresniveau und 6 % über dem durchschnittlichen Apothekenverkaufspreis des Jahres 2011. Damit sind hochwertige, rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel seit Jahren preisstabil und sichern die Versorgung von Patienten in der Selbstmedikation.
93
Der deutsche Arzneimittelmarkt Durchschnittlicher Apothekenverkaufspreis im OTC/GMS* Apothekenmarkt inkl. Versandhandel Preise in Euro
2011
2012
2013
2014
2015
Arzneimittel - apothekenpflichtig - freiverkäuflich
8,25 7,30
8,41 7,51
8,44 7,60
8,67 7,82
8,78 7,98
GMS Apotheke
9,12
9,31
9,53
10,26
10,50
Mittelwert **
8,35
8,52
8,58
8,90
9,04
* GMS: in Konkurrenz zu Arzneimitteln stehende Produkte. ** Die Mittelwertberechnung erfolgte gewichtet nach Absatzmenge der jeweiligen Kategorie. Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Health 2016.
Krankenhausmarkt für Arzneimittel in Deutschland Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde ein neuer Absatzkanal in der Arzneimittelversorgung eingeführt. Zukünftig können Krankenhausärzte für die ersten Tage nach der Entlassung eine „Verordnung“ ausstellen. Der Patient bekommt dann mit dem Rezept aus dem Krankenhaus ein Arzneimittel in der Offizin-Apotheke. Das ist neu – bislang gab es lediglich die Möglichkeit, dem Patienten Arzneimittel aus der Krankenhausapotheke mitzugeben. Die notwendigen Verfahren müssen erst noch zwischen den Verbänden ausgehandelt werden. Unklar ist bislang, inwieweit die (Kosten-)Steuerungsmethoden aus dem ambulanten Bereich auf Krankenhausärzte angewandt werden sollen bzw. können. Auch dies muss im Rahmen der weiteren Verhandlungen geregelt werden. Ansonsten ist die Versorgung mit Arzneimitteln im Krankenhaus in den letzten zwölf Monaten weitgehend unverändert geblieben. Die stationäre Versorgung im deutschen Krankhausmarkt erfolgt entweder über die Krankenhausapotheke nach § 14 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG) oder die krankenhausversorgende Apotheke, die nach § 14 Abs. 4, 5 ApoG einen Versorgungsvertrag mit 94
Der deutsche Arzneimittelmarkt
dem Krankenhausträger abgeschlossen hat. Der Krankenhausmarkt unterscheidet sich erheblich von der ambulanten Versorgung mit Arzneimitteln. Im Gegensatz zur ambulanten Versorgung, sind stationäre Einrichtungen beim Einsatz von Arzneimitteln weitgehend frei. Die Verordnungsausschlüsse aus dem ambulanten Bereich gelten nicht. Es gilt die Methodenfreiheit und der sogenannte Verbotsvorbehalt (§ 137c SGB V). Das bedeutet, dass im Krankenhaus, in den Grenzen der ärztlichen Heilkunst, alles erlaubt und Gegenstand der GKV-Leistung ist, was nicht explizit nach einer Überprüfung gemäß § 137c SGB V durch eine Entscheidung des G-BA von der GKV-Versorgung ausgeschlossen ist. Der Arzneimitteleinkauf erfolgt im Krankenhaus nach individuellen Arzneimittellisten mit etwa 1.500 bis 3.000 Arzneimitteln, die von den Krankenhausärzten gemeinsam mit dem Apothekenleiter in der krankenhausinternen Arzneimittelkommission zusammengestellt werden. Arzneimittel, die an Krankenhäuser bzw. Krankenhausapotheken geliefert werden, werden außerhalb des Anwendungsbereichs der Arzneimittelpreisverordnung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AMPreisV) vergütet, d. h. die Preise werden in einzelvertraglichen Vereinbarungen mit dem Krankenhausträger festgelegt. Aber auch hier gilt für apothekenpflichtige Arzneimittel das Verbot von Naturalrabatten (§ 7 Abs. 1 Nr. 2b HWG). Arzneimittel dürfen im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V von der Krankenhausapotheke nur dann zu Lasten der GKV abgegeben werden, wenn zwischen dem Krankenhausträger und der jeweiligen Krankenkasse bzw. einem Krankenkassenverband ein Vertrag nach § 129a SGB V abgeschlossen wurde. In diesen Verträgen werden insbesondere die für die Versicherten jeweils maßgeblichen Abgabepreise festgelegt. Die Abrechnung erfolgt hier also im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse.
95
Der deutsche Arzneimittelmarkt Umsatzentwicklung in Krankenhausmarkt 2011 – 2015 (Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %) Absatz
Umsatz
Mrd. Euro 10
8,72 8
8,71
8,66
8,46
8,42
-0,11
-0,57
-2,31
-0,47
6
4,05
4,71
4,64
4,83
+9,79
-1,49
+4,10
4,29
4 +5,93
2011
2012
2013
2014
2015
Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS Dataview hospital 2016.
Der Arzneimitteleinsatz wird erheblich durch die Vergütung der Krankenhäuser beeinflusst. Krankenhäuser werden pauschal für die stationäre Arzneimitteltherapie vergütet. Die pauschale Vergütung der Krankenhäuser erfolgt über das G-DRG-System (German Diagnosis Related Groups System). Die zugewiesene Pauschale richtet sich nach den deutschlandweit durchschnittlichen Kosten einer bestimmten Behandlung. Zur Berechnung der durchschnittlichen Kosten werden bei Arzneimitteln die tatsächlich gezahlten (Einkaufs-)Preise einer Auswahl von Krankenhäusern zugrunde gelegt. Besonderheiten einzelner Krankenhäuser werden grundsätzlich nicht berücksichtigt. Krankenhäuser haben daher einen starken Anreiz, in ihren individuellen Lieferverträgen hohe Rabatte zu vereinbaren. Für Lieferverträge gibt es keine gesetzlichen Vorgaben – es herrscht Vertragsfreiheit. Das G-DRGSystem sieht wenige Ausnahmen von der Pauschalvergütung vor, wenn die Kosten eines Arzneimittels aus rechnerischen Gründen nicht in einem Durchschnitt „abgebildet“ werden können. Dies kann der Fall sein, wenn ein Arzneimittel sehr teuer ist und nicht eindeutig einer typischen Behandlung zugeordnet werden kann (z. B. Produkte für Bluter). In diesen Fällen werden Zusatzentgelte (außerhalb der Pauschalen) gebildet. 96
Der deutsche Arzneimittelmarkt TOP 10 führende Indikationsgebiete (ATC-3) im Krankenhausmarkt 2015 nach Umsatz Indikationsgebiete (ATC-3)
Umsatz in Mio. Euro 2014 2015
Gesamt
Veränderung zum Vorjahr in %
4.639.6
4.828,5
L01G MAB Antineoplastika
841.1
910,2
8,2
B02D Blutgerinnung
338.1
372,2
10,1
4,1
J02A Antimykotika, systemisch
200.0
196,6
-1,7
J06C Polyval. Immunglobul., i.v
148.8
163,6
9,9
L04X Sonstige Immunsuppressiva
146.2
159,8
9,3
L01B Antimetaboliten
131.3
142,8
8,8
L04B Anti-TNF Produkte
133.0
136,2
2,4
L01X Sonstige Antineoplastika
108.9
123,3
13,2
J01X Sonstige antibakter. Prod.
113.2
116,1
2,5
99.3
98,3
-1,1
2.379,4
2.409,5
1,3
N01A Allgem. Anaesthetika alle übrigen (307)
Eigene Darstellung des BPI basierend auf Daten von IMS Dataview hospital 2016.
Eine weitere Ausnahme besteht für völlig neue Behandlungen, für die es bisher keine vergleichbare Alternative im Markt gibt (Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB)). In diesem Fall können die Krankenhäuser versuchen, in Einzelverträgen mit den Krankenkassen zusätzliche Vergütungen für diese Arzneimittel zu erreichen. Beide Möglichkeiten setzen voraus, dass die Arzneimitteltherapie bisher nicht in der pauschalen Vergütung „abgebildet“ ist. Ob dies der Fall ist, prüft und entscheidet das zuständige Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Erfahrungsgemäß werden diese Ausnahmen sehr restriktiv gehandhabt.
97
Der deutsche Arzneimittelmarkt Verteilung der Arzneimittelumsätze im Krankenhausmarkt 2015 nach Funktionsbereichen Umsatz pro Stationsbereich in Mio. Euro Veränderungsrate zum Vorjahr in %
1.749 1.414
14 % 4%
Normalstation
5%
726
640
Ambulanz außerhalb Budget
1%
318
Intensiv
Ambulanz innerhalb Budget / Tagesklinik
4%
Rest
Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS Dataview hospital 2016.
Zahl der Arzneimittel in Deutschland Im Blickpunkt der Kritik steht häufig die im internationalen Vergleich hohe Zahl der Arzneimittel auf dem deutschen Markt. Hier ist eine differenzierte Betrachtungsweise nötig, da die Zählweise international sehr unterschiedlich ist. Mit Stichtag 19. September 2016 bestehen laut Statistik des BfArM Zulassungen oder Registrierungen für 102.054 Arzneimittel aller Therapierichtungen, davon 47.034 rezeptpflichtige Arzneimittel (inkl. Betäubungsmittel und T-Rezeptpflichtige Arzneimittel). Zunächst ist in Deutschland für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln für jede einzelne Wirkstärke und jede Arzneiform eines Wirkstoffes jeweils eine Zulassung durch das BfArM notwendig. Das heißt, dass hinter jeder Creme, Salbe oder Einreibung mit denselben Wirkstoffen jeweils eine einzelne, unabhängige Zulassung steht. Dies ist ein deutsches Phänomen. In anderen Ländern und auch bei der Europäischen 98
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Arzneimittelagentur (EMA) werden Präparate mit gleicher Wirkstärke, aber verschiedenen Darreichungsformen als eine Zulassung gewertet und entsprechend gezählt. Außerdem beschreibt die Zahl des BfArM lediglich das Maximum der in Deutschland verkehrsfähigen Präparate. Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass diese Produkte ständig auf dem Markt verfügbar sind. Die Zulassung eines Arzneimittels ist nicht mit der Verpflichtung des Zulassungsinhabers verbunden, das jeweilige Produkt auch auf dem Markt anzubieten. In der Regel macht kein Arzneimittelanbieter zu jedem Zeitpunkt vollständig Gebrauch von allen ihm zur Verfügung stehenden Zulassungen. Eine nicht genutzte Zulassung erlischt allerdings nach drei Jahren (Sunset-Clause). Teilweise werden Arzneimittel durch die Konsequenzen des AMNOG wieder aus dem Handel genommen, die Zulassung und die Packungen bleiben aber in der Statistik des BfArM erhalten. Ein umfangreiches Spektrum der in Deutschland tatsächlich im Handel befindlichen Arzneimittel bieten die Produkte der Rote Liste Service GmbH („Rote Liste ® ”, Fachinfo-Service, Patienteninfo-Service). In der „Rote Liste®” sind rund 94 % der seit Januar 2011 neu zugelassenen Arzneimittel verzeichnet. Sie steht allen Anbietern von Fertigarzneimitteln offen. Gleichzeitig ist diese Publikation bei der Mehrzahl der Ärzte sehr beliebt, so dass jeder Anbieter von Arzneimitteln, der seine Produkte durch den Arzt verschrieben sehen möchte, an einem Eintrag in der „Rote Liste®” interessiert ist. Arzneimittel, die ausschließlich der Selbstmedikation dienen, sind hingegen weniger umfänglich präsent. Ein Listeneintrag ist auch für diese Arzneimittel sinnvoll, da nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel z. T. auch durch die GKV erstattungsfähig sind (im Rahmen der Arzneimittel-Richtlinien: OTC-Ausnahmeliste) und weil die „Rote Liste®” auch der Information anderer Fachkreise, z. B. der Apotheker dient. 99
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Die Menge der im deutschen Markt verfügbaren Arzneimittel lässt sich also nicht mit absoluter Genauigkeit beziffern. Grundsätzlich ist die Zahl der zur Verfügung stehenden Arzneimittel in einem Markt ohnehin eher ein Maß für die Versorgungsbreite und Versorgungstiefe und liefert keine Informationen über die Versorgungsqualität.
Eingriffe in den Arzneimittelmarkt – Ausblick Die aktuelle Ausgabe der BPI-Pharma-Daten zeigt deutlich, dass die Belastungen und Herausforderungen für die pharmazeutische Industrie in Deutschland auch im letzten Jahr nicht verringert wurden. Die Hersteller befinden sich weiterhin in einer angespannten Situation. Ein Blick auf die weiter wachsende Regulierungsdichte und auf die dauerhaften Belastungen lässt vermuten, dass sich die Situation auch in naher Zukunft nicht verbessern wird. Die Eingriffe in den Arzneimittelmarkt sollen einer angeblichen „Ausgabenexplosion“ vorbeugen. Doch die vielfach geäußerte Behauptung, dass die Arzneimittelausgaben in der GKV im Laufe der letzten Jahre ausufern, ist falsch. Heute wie vor 30 Jahren liegen die GKV-Arzneimittelausgaben auf einem vergleichbaren Niveau. Sie betrugen 1985 rund 15 % und liegen aktuell bei etwa 16 % (10 % Arzneimittelhersteller und 6 % Großhandel, Apotheke, Mehrwertsteuer). Ähnliches gilt auch für das Verhältnis der Gesundheitsausgaben in Deutschland zum Bruttoinlandsprodukt. Auch diese Relation ist seit Jahren ziemlich konstant und gibt nur den Stellenwert wieder, den die Gesellschaft dem Gesundheitswesen einräumt. Viele Kostendämpfungsmaßnahmen beziehen sich konkret und einseitig auf die pharmazeutische Industrie. Ob dieser eingeschränkte Fokus gerechtfertigt ist, muss hinterfragt wer100
Der deutsche Arzneimittelmarkt
den. Es gehen schließlich nur rund 10 % der GKVGesamtausgaben an die Arzneimittelhersteller. Den pharmazeutischen Unternehmen, die mit wachsenden Anforderungen und Auflagen konfrontiert werden und somit steigende Ausgaben tragen müssen, wird der unternehmerische Spielraum zur Refinanzierung genommen. Dies wird die Vielfalt der pharmazeutischen Unternehmen und der Arzneimittel im deutschen Markt weiter reduzieren. Ein
Indiz
für
diese
Entwicklung
ist
die
sinkende
Verfügbarkeitsquote von innovativen Arzneimitteln. Durch die Einführung des AMNOG ist deren Verfügbarkeit um rund 16 Prozentpunkte gesunken; es wurden nicht alle zugelassenen innovativen Arzneimittel auch in den deutschen Markt eingeführt. Ein weiteres Indiz ist die Tatsache, dass innovative Produkte vom Markt genommen worden sind – allein in den letzten sechs Jahren mehr als 20 der fast 160 AMNOG-bewerteten Produkte. Sie stehen somit der Versorgung von Patienten nicht mehr als Therapieoption zur Verfügung. Die sinkende Verfügbarkeit von Innovationen sowie das Verschwinden von neuen und von etablierten Produkten sind Beispiele für Folgen der Überregulierung im deutschen Arzneimittelmarkt. Da das Preismoratorium wahrscheinlich bis zum Jahr 2022 fortgesetzt werden wird und die Zwangsabschläge nicht abgeschafft wurden, werden die pharmazeutischen Unternehmen 2016 und auch 2017 erhebliche Belastungen aushalten müssen. Zwischen 2010 und 2016 wurden allein rund 14,3 Milliarden Euro an Zwangsabschlägen durch die Pharmaindustrie geleistet. Hinzu kommen Entlastungen der GKV aus Rabattverträgen (ca. 3 Milliarden Euro p. a.) und aus Preisverhandlungen für AMNOG-Produkte (ca. 800 Mio. Euro in 2015).
101
Der deutsche Arzneimittelmarkt Belastungen der Pharmaindustrie durch Zwangsabschläge 2010 – 2016** (in Mio. Euro), ApU im GKV-Markt
Mio. Euro 2.500
2.526
2.502
207*
185*
2.648 166*
2.000
1.712 199* 2.482
1.500
2.319
1.610 156*
1.677 150*
1.659 139*
1.527
1.520
2015****
2016****
2.317 1.454
1.000
1.513
500
0 *
2010***
2011***
2012***
2013***
2014****
Sogenannter „Generikarabatt”.
**
Schätzungen für das Jahr 2016 – basierend auf Halbjahreswerten für 2016.
***
Preismoratoriumsabschlag ist enthalten. Die ab 2011 anfallenden PKV-Zwangsabschläge sind nicht enthalten.
**** Preismoratoriumsabschlag ist enthalten. Ab April 2014 gilt ein Zwangsabschlag von 7 %. Die ab 2011 anfallenden PKV-Zwangsabschläge sind nicht enthalten. Eigene Darstellung des BPI basierend auf IMS Health PharmaScope® National 2016.
Zusätzliche teure und aufwändige Regelungsvorhaben können vor dem Hintergrund der zahlreichen Preisregulierungsinstrumente und mit Blick auf das bestehende Preismoratorium nicht auf die Produkte umgelegt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Umsetzung der sogenannten
102
Der deutsche Arzneimittelmarkt
Fälschungsschutzrichtlinie. Neben den Regulierungsvorhaben stellen auch schwer beeinflussbare gesellschaftliche Entwicklungen eine Herausforderung für die Unternehmen dar. Da die Politik sich bisher sehr einseitig dem Thema der steigenden Gesundheitsausgaben genähert hat und diese aufgrund der zunehmenden Morbidität der Versicherten weiter wachsen werden, bleibt abzuwarten wie auf das Ausgabenwachstum der GKV mit konkreten Gesetzesvorhaben reagiert wird. Die nahe Zukunft lässt kaum auf Entspannung für die pharmazeutische Industrie hoffen. Lieferengpässe, Arzneimittelfälschungen und Marktrückzüge waren Themen, die die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen in Politik und Verwaltung geweckt hatten. Als Reaktion wurde der Pharmadialog, ein koordinierter und ressortübergreifender Austausch mit der pharmazeutischen Industrie, im Jahr 2014 ins Leben gerufen. Mittlerweile ist dieser abgeschlossen. Nur wenige Forderungen und Ergebnisse werden, im Rahmen des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens
zum
AM-VSG,
umgesetzt.
Erklärtes Ziel des Dialogs war es, die Arzneimittelforschung, -entwicklung und -produktion am Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfähig zu machen. Dieses Ziel wurde zwar in Angriff genommen, aber greifbare Resultate stehen noch aus. Es ist wichtig den Dialog fortzusetzen, um über den Weg eines kontinuierlichen Austauschs und der schrittweisen Verbesserung der Rahmenbedingungen die pharmazeutische Industrie in Deutschland zu stärken. Es bleibt abzuwarten, ob in der aktuellen Situation, geprägt von hohen Finanzreserven der GKV und des Gesundheitsfonds und einer positiven gesamtwirtschaftliche Prognose, die Chance zur Fortentwicklung des Gesundheitssystems und zur Entlastung der pharmazeutischen Industrie doch noch ergriffen wird.
103
Pharma-Daten 2016
Weiterführende Informationen ABDA: Zahlen Daten Fakten 2016, URL: http://www.abda.de/service/publikationen/zdf/ (Stand: 11.10.2016). Boston Consulting Group: Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2005 · 2015 · 2025: Bedeutung für Patienten, Gesellschaft und Standort, URL: http://www.bcg.de/documents/file192096.pdf (Stand: 18.10.2016). Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Innovationsimpulse der Gesundheitswirtschaft – Auswirkungen auf Krankheitskosten, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung, URL: http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=461672.html (Stand: 17.10.2016). Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. URL: http://www.bpi.de/ (Stand: 17.10.2016). Deutsches Bundesamt für Statistik, URL:https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/ Gesundheit.html (Stand: 08.10.2016). DiMasi, Grabowski: “The Cost of Biopharmaceutical R&D: Is Biotech Different?”, Managerial and Decision Economics 28, 2007, S. 469-479. DiMasi, Hansen, Grabowski: “The price of innovation: new estimates of drug development costs“, Health Economics 22(3), 2003, S. 151-185. Donald W. Light/Rebecca Warburton: Demythologizing the high costs of pharmaceutical research. In: BioSocieties, 2011, S. 1-7. URL: http://www.palgrave-journals.com/biosoc/journal/v6/n1/abs/ biosoc201040a.html (Stand: 11.10.2016). EFPIA: The Pharmaceutical Industry in Figures – Edition 2016, URL: http://www.efpia.eu/uploads/Figures_2015_Key_data.pdf (Stand: 15.10.2016). Ernst & Young: Deutscher Biotechnologie-Report 2016, URL: http://www.ey.com/de/de/industries/life-sciences/life-sciences_ publikationen (Stand: 24.10.2016).
104
Pharma-Daten 2016
European Medicines Agency: Clinical trials submitted in marketing-authorisation applications to the European Medicines Agency, URL: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Other/2009/ 12/WC500016819.pdf (Stand: 18.10.2016). Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI): Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2016., URL: http://www.e-fi.de/gutachten.html (Stand: 16.10.2016). Genercis and Biosimilars Initiative (GaBi): Reports. URL: http://www.gabionline.net/Reports (Stand: 05.10.2016). IMS Health: Datenbanken: IMS Contract Monitor; IMS World Review; IMS Pharmascope, URL: http://www.imshealth.com (Stand: 16.10.2016). INSIGHT Health GmbH & Co. KG: Datenbanken: NVI, NPI, URL: http://www.insight-health.de (Stand: 16.10.2016). Kearney AT. Make Your Move: Taking Clinical Trials to the Best Location. URL: https://www.atkearney.com/health/ideas-insights/article/-/asset_ publisher/LCcgOeS4t85g/content/make-your-move/10192 (Stand: 24.10.2016). Nature Reviews Drug Discovery 13, 92-93 (2014) doi:10.1038/nrd4232): (Stand: 18.10.2016). PhRMA: Profiles and Reports URL: http://www.phrma.org/profiles-reports (Stand: 18.10.2016). Schwabe, Paffrath: Arzneiverordnungsreport 2016, GKV-Arzneimittelmarkt 2015: Trends und Marktsegmente, S. 135-158. Stapff, Manfred: Klinische Prüfungen unter IND-Bedingungen; in: die pharmazeutische Industrie, Band 75, Heft 5 2013, Seite 756-763. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft: Statistik und Analysen: FuE-facts URL: https://www.stifterverband.org/arendi-analysen_2015 (Stand: 18.10.2016). Wissenschaftliches Institut der AOK (WidO): GKV-Index, Preisentwicklung auf dem Arzneimittelmarkt, URL: http://www.wido.de/arz_preisinformation.html (Stand: 16.10.2016).
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Pharma-Daten 2016
Stichwortverzeichnis Abschlag _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 64, 66-68, 102 Apothekenmarkt _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 51, 68, 76-80, 92-94 Arzneimittelentwicklung _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 12 Arzneimittelmarkt _ 4, 27, 48-52, 66, 67, 76, 80-87, 100, 101 Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz / AMNOG _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 27, 28, 62, 72-75, 87, 99, 101 Arzneimittelpreise _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 28, 54, 55 Arzneimittelsicherheit _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 15, 39-46 Außenhandel _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 10 Beschäftigte _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 6, 9, 22, 30, 60 Biopharmazeutika _ _ _ _ _ _ _ 18-22, 31, 33, 77, 78, 82, 83 Biosimilars _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 32 Biotechnologie _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 7, 18-22 Europäischer Arzneimittelmarkt _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 51-53 Export _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 8, 10, 11 Festbetrag _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 5, 28, 66, 67, 71, 87, 88 Forschung _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 5, 7, 12-38, 103 Generika _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 7, 28, 32, 66-68, 71, 86, 102 Gesetzliche Krankenversicherung / GKV _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 4, 27, 28, 32, 59-74, 80-87, 94-103 Gesundheitsausgaben _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 57-59, 64, 100, 103 Gesundheitsmarkt_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 50, 57, 60, 63 GKV-Ausgaben / GKV-Markt _ _ _ 63, 64, 70, 71, 82-89, 102 GKV-Strukturkomponente _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 85-88 Import _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 8, 10, 11, 17 Innovation _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 12-38, 50, 63, 101
106
Pharma-Daten 2016
Klinische Studien / Klinische Prüfungen _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 14-16, 21, 25, 34-38, 43 Mehrwertsteuer _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 54-56, 61, 65, 82, 100 Mitarbeiter _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 5-7, 18-20, 22, 29, 30, 78 Nebenwirkungen _ _ _ _ 15, 22, 26, 31, 34, 37, 40, 42, 43, 46 Nutzenbewertung _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 23, 28, 38, 62, 72 OTC _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 56, 89-91, 94, 99 Packungsgröße _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 85, 86 Pharmakovigilanz _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 14-16, 39-46 Pharmaproduktion _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 8 Rabattvertrag _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 5, 64, 68-71, 87, 101 Rote-Hand-Brief _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 46 Rote Liste® _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 99 Selbstmedikation _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 80, 81, 93, 99 Strukturkomponente _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 85, 86 Weltpharmamarkt _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 47-50 Zahl der Arzneimittel _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 98, 99 Zulassung _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 7, 13-17, 19-21, 25, 31-37, 39, 42-45, 74, 75, 98, 99 Zusatzklassen _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 77, 78 Zwangsabschlag _ _ _ _ _ 5, 27, 62, 64-69, 75, 76, 101, 102
107
Pharma-Daten 2016
Abkürzungsverzeichnis AMG
Arzneimittelgesetz
AMNOG
Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz
AOK
Allgemeine Ortskrankenkasse
ApU
Abgabepreis pharmazeutischer Unternehmen
ATC Code
Anatomisch-Therapeutisch-Chemische (ATC) Klassifikation
AVP
Apothekenverkaufspreis
AVWG
ArzneimittelversorgungsWirtschaftlichkeitsgesetz
Barmer GEK
Barmer Gmünder Ersatzkasse
BfArM
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BKK
Betriebskrankenkassen
BPI
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V.
DAK
Deutsche Angestellten Krankenkasse
DDD
Defined Daily Dosis (definierte Tagesdosis)
DRGs
Diagnosis Related Groups
EFPIA
European Federation of Pharmaceutical Industry and Associations
EMA
European Medicines Agency
EU
Europäische Union
F&E
Forschung & Entwicklung
G-BA
Gemeinsamer Bundesausschuss
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
GKV-SV
Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen
108
Pharma-Daten 2016
GKV-WSG
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
IGES
Institut für Gesundheits- und Sozialforschung
IMS
IMS HEALTH GmbH & Co. OHG
Insight Health
INSIGHT Health Management GmbH
IQWiG
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
LCD
Local Currency Dollar
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
MwSt.
Mehrwertsteuer
NCE / NBE
New Chemical or New Biological Entities
OECD
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
OTC
Over-the-counter / Selbstmedikation
PAES
Post-Authorisation Efficacy Studies
PASS
Post-Authorisation Safety Studies
PE
Packungseinheit
PEI
Paul-Ehrlich-Institut
PKV
Private Krankenversicherung
PRAC
Pharmacovigilance Risk Assessment Committee
PSURs
Periodic Safety Update Reports
SGB V
Sozialgesetzbuch V
TK
Techniker Krankenkasse
UAW
Unerwünschte Arzneimittelwirkung
WHO
World Health Organisation
WidO
Wissenschaftliches Institut der Ortskrankenkassen
109
Herausgeber: Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) Friedrichstraße 148 10117 Berlin Tel.: +49 30 2 79 09 - 0 Fax: +49 30 2 79 09 - 3 61 E-Mail:
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