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Urlaub mehr; für mich bedeutet es schon fast, hier zu leben. ... besser, wenn ich mit Urlaubsbekanntschaften ... vom Himmel - und backen oder zaubern kann.
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Helga Sengbusch

Naxos, mein Leben und ich Autobiografie

© 2012 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2012 Umschlaggestaltung: Tatjana Meletzky Photo: Helga Sengbusch, Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0267-8 AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com e Books sind nicht übe rtragbar! Es ve rstößt ge ge n das Urhebe rrecht, dieses We rk we ite rzuve rkaufe n ode r zu versche nke n! Alle Pe rsone n und Name n inne rhalb dieses Romans sind fre i e rfunde n. Ähnlichke ite n mit le be nde n Persone n sind zufällig und nicht beabsichtigt. Die ser Roman wurde be wusst so be lassen, wie ihn die Autorin geschaffe n hat, und spie ge lt de ren originale Ausdruckskraft und Fantasie .

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Für Papi, Mami und Karin

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Inhalt

Vorwort Jochen Multiple Sklerose und meine Odyssee bis zur Rente Náxos im Herbst und im Winter Náxos im Frühling und im Sommer Náxos 1988 Nachwort

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Vorwort Was mache ich eigentlich hier? Und dann auch noch ganz allein! Ist es denn die Möglichkeit, dass ich jetzt, nach fast sieben Wochen Náxos, einen Durchhänger oder gar Heimweh habe? Ich „muss“ doch noch drei Wochen hier aushalten! Manchmal kommen einem solche Gedanken, wenn man Single ist und allein verreist, aber sie verschwinden in der Regel auch schnell wieder. Dabei sind zehn Wochen Náxos ja eigentlich kein Urlaub mehr; für mich bedeutet es schon fast, hier zu leben. Aber natürlich halten mich alle für eine Urlauberin. Was habe ich mir zuhause nicht alles ausgemalt: dass ich an meinem Griechisch arbeiten werde, dass ich Kontakte zu Griechen knüpfen kann, dass mich die Griechen akzeptieren werden. Aber leider klappt das nicht so recht und ich weiß nicht, warum. Liegt es womöglich an mir? Bin ich zu schüchtern, zu zurückhaltend, zu ungeduldig? Bin ich zu alt oder nicht blond genug? Ist es, weil ich eine Frau bin? Ist es, weil ich hier 5

Ausländerin bin? Oder haben die Griechen ein Problem damit, dass ich allein reise? Komischerweise funktioniert die Kontaktaufnahme besser, wenn ich mit Urlaubsbekanntschaften unterwegs bin. Kontakte zu anderen Ausländern zu knüpfen ist leicht, mit Pärchen ist es etwas schwieriger, aber das ist normal. Liebe Frauen: Ich bin zwar im Moment Single, aber ich laufe nicht durch diese Welt, um euch eure Männer auszuspannen - weder in Griechenland noch anderswo! Es ist nun mal, wie es ist: Ich bin also momentan Single; ich habe es mir nicht ausgesucht. Liebend gern hätte ich wieder eine schöne Beziehung, aber ein neuer Partner fällt ja nicht einfach so vom Himmel - und backen oder zaubern kann ich mir auch keinen. Also muss ich mit meiner Lebenssituation klarkommen. Da ich sehr selbstbewusst bin, funktioniert das in der Regel gut. Aber ab und an gibt es Situationen, da findet man das Singledasein einfach nur zum Kotzen. Jemanden zu haben, mit dem man Erlebnisse teilen kann oder der einfach nur da ist - Wie war 6

das mit der berühmten Schulter? -, wie schön wäre das! Männer dieser Welt: Es kann doch nicht angehen, dass ich backen oder zaubern muss, oder etwa doch? Aber ich will nicht undankbar sein: Es ist schon Anfang November und wir haben heute traumhaft schönes Sonnenwetter - blauer Himmel mit kleinen weißen Wölkchen, ruhiges Meer. Zwar ist es im Schatten noch ein wenig kühl nach den letzten unsäglichen Sturmtagen - aber nur im Schatten und nur ein wenig -, aber der Wetterbericht gibt Anlass zur Hoffnung und sagt für die nächsten Tage wieder zweiundzwanzig bis vierundzwanzig Grad voraus. Wohlgemerkt, es ist November! Noch nie in meinem Leben war ich so spät im Jahr auf Náxos oder überhaupt in Griechenland. Ich bin sehr gespannt, was der November noch so bringt. Ob es stimmt, was die Leute vom angenehmen Wetter im November erzählen? Wird es so sein wie heute? Oder eher so wie in den letzten Tagen, mit dem entsetzlichen Sturm? Er 7

zerrt an jeder Faser des Körpers und es gibt nichts, wo er nicht hindurchgeht. Fähren fallen aus und an Highspeed-Fähren - sofern überhaupt noch welche fahren, im Oktober ist sowieso meistens Schluss - ist überhaupt nicht zu denken. Nach drei Tagen nervt das einfach nur noch. Aber ganz plötzlich, wenn du es fast nicht mehr aushältst, dann gibt es zur Versöhnung einen solch wunderschönen Tag wie heute. Doch jetzt sitze ich tatsächlich hier und zweifle, ob ich die verbleibenden drei Wochen noch „schaffe“. Soll ich umbuchen und nach Hause reisen? Dabei habe ich mir doch einen meiner größten Träume erfüllt: gaaanz lange auf Náxos zu sein. Eigentum hier oder sonst wo in Griechenland zu besitzen, kann ich mir leider nicht leisten. Aber wie viele Leute haben mich um diesen Aufenthalt beneidet! Als ich zuhause alle meine Reisevorbereitungen abgeschlossen hatte, sehnte ich nichts so sehr herbei wie den Abflug. Ich nahm es sogar in Kauf, einige Kilo Übergepäck zu bezahlen, denn 8

in fast zehn Wochen komme ich mit allem aus, nur nicht mit zwanzig Kilogramm Freigepäck! Und was jetzt?! Aber ich fange lieber mit dem Anfang an …

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Jochen Zum allerersten Mal in meinem Leben war ich 1988 auf Náxos. „Was für eine zauberhafte Insel“, dachte ich schon damals. Aber warum auch immer: Mit den Jahren vergaß ich Náxos. Bis zum Jahr 2001, da verbrachte ich meinen Urlaub mit einer Freundin auf Páros. Und als wir bei einem Ausflug in einem kleinen Dorf am Meer saßen und nach Náxos hinüberblickten machte es bei mir „klick“. Ich musste unbedingt und ganz schnell wieder dorthin! Ich konnte mich gerade noch zurückhalten, um nicht einfach hinüberzuschwimmen. Náxos. All die wunderschönen Erinnerungen und Erlebnisse von damals … Und die Fotos, die ich mir zu Hause immer und immer wieder anschaute. Für mich gab es kein Halten mehr: 2002 war ich endlich wieder da. Und fortan jedes Jahr - außer 2003 -, mal kürzer und mal länger. Die Insel hatte sich seit 1988 sehr verändert. Viele Dinge erkannte ich wieder, anderes war mir 10

neu. Der Tourismus hat der Insel nicht nur Segen gebracht: Einiges gefällt mir überhaupt nicht mehr. Aber alles in allem ist es nach wie vor „meine zauberhafte Insel“ von damals. ***** Im selben Jahr, in dem ich Náxos wiederentdeckte, traf ich auch Jochen. Es war Ende des Jahres auf einer Halloweenparty in einem Irish Pub. Ich dachte einfach nur: „Wow!“ Dieser Typ hatte mich genauso umgehauen wie meine wiederentdeckte Insel. Dabei waren sowohl er als auch ich bis zur Unkenntlichkeit verkleidet und geschminkt. Es war ja Halloween. Wir flirteten, tanzten, tranken Bier, hatten Spaß, knutschten ein bisschen und ich gab ihm schließlich meine Telefonnummer. Trotz der vielen Biere rief er mich dann ein paar Tage später an und - wollte mich wiedertreffen! Ich war völlig aus dem Häuschen. Irgendjemand hatte mir ein Foto von der Halloweenparty gegeben, aber wie er im richtigen Leben aussah, wusste ich nicht. Vielleicht gefiel er mir ohne Schminke gar nicht 11

mehr. Das war alles ungeheuer spannend: Da war ich mit einem Typen verabredet und wusste noch nicht einmal, wie er wirklich aussah. Und als er mich dann in seinem Wagen abholte, ich die Autotür aufmachte und einstieg - da war es um mich geschehen. Sämtliche kitschigen Klischees aus Romanen und Filmen trafen und schlugen zu: Das war mein Traummann, mein Mr. Right! Natürlich hatten wir einen wunderschönen Abend, natürlich kam er mit zu mir nach Hause und natürlich verbrachten wir die Nacht miteinander. Am nächsten Morgen rief sein Onkel auf seinem Handy an. Ich dachte mir nichts dabei, als er bald darauf nach Hause fuhr - hatte er mir doch glaubhaft versichert, dass er nicht verheiratet, liiert oder sonst wie gebunden sei und dass er einfach nur diesen wundervollen Beginn weiterführen wolle. Ich war im siebten Himmel und schwebte wie auf Wolken.

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Irgendwann stand Weihnachten vor der Tür. Für mich gab es nichts Selbstverständlicheres, als mit der Person, die ich am meisten liebe, zusammen zu sein und Pläne zu schmieden: Wann sind wir in welcher Familie, welche Geschenke machen wir wem, was machen wir zu essen, gibt es einen Tannenbaum, gehen wir in die Kirche … und, und, und. Doch nichts von alledem: Jochen plante das gesamte Weihnachten mit seinem Onkel und seinem Bruder. Eventuell würde es einen Trip zum Haus der Familie auf Juist geben. Und ich? Fehlanzeige! Abgesehen von der Tatsache, dass ich in der kurzen Zeit nie bei ihm zuhause war - auch dabei dachte ich mir anfangs nichts -, war mir das einfach zu blöd! Das hatte nicht im Entferntesten mit dem zu tun, was ich mir unter einer Beziehung vorstellte. Als er dann noch erzählte, er würde wahrscheinlich am Heiligabend - wenn der Onkel zu Bett gegangen war - Freunde besuchen, wars das für mich! Ich beendete nach nur sechs Wochen dieses „Ding“. Und ich tat das nicht wegen seiner Unpünktlichkeit, wie er damals dachte. Unpünktlichkeit kann ich zwar nicht ausstehen, 13

aber deshalb schickt man nicht die Person, die man über alles liebt, in die Wüste! Er hatte einfach nicht verstanden, warum das so keine richtige Beziehung für mich war: Wie weit kann es denn mit der Liebe her sein, wenn einem der Onkel und der Bruder wichtiger sind? Nun ja, natürlich tat es weh. Er war ja nicht irgendeine Bettgeschichte, sondern mein Mr. Right! Gottlob hatte ich dieses „Ding“ schon nach sechs Wochen beendet und musste jetzt nicht jahrelang darum trauern. ***** So kam ein neues Jahr und es wurde ein aufregendes und spannendes Jahr für mich - obwohl diesmal ohne Náxos. Im Winter nahm ich mir vor, einen Sprachkurs in Griechenland zu machen. Nach langem Suchen im Internet fand ich etwas sehr Schönes und verbrachte dreieinhalb Wochen im Frühling auf der hübschen kleinen Insel Sífnos bei mei14

nem Sprachkurs und einem anschließenden Urlaub. Vorher allerdings investierte ich in meiner Wohnung noch in einen Parkettboden und in Malerarbeiten. Zu meinem Geburtstag im Januar hatte ich mir von meiner Familie einen Gutschein für Teppiche gewünscht. Den hatte ich dann im Mai eingelöst und war einfach nur glücklich mit meiner rundum erneuerten, aufgewerteten Wohnung. Natürlich „musste“ ich im September nochmal nach Griechenland. Dieses Mal verschlug es mich aufs Festland, in die Nähe von Kavalla. Doch ich hatte in dem Jahr auch einen tollen Urlaub auf Baltrum mit meiner Mutter und ihrer Freundin - selbst in Deutschland hatten wir einen traumhaften Sommer - und einige aufregende Fotoexkursionen. Eine davon ging mit einem Bus kreuz und quer über den Kölner Flughafen. Ein echtes Erlebnis für mich als Fotofreak!

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