markets International - GTAI

01.04.2016 - online über mehr als 5.000 Messen in ...... nierte Finanzen und Versicherungen. Fast die Hälfte .... gemacht, das damals DOS-Rechner befiel.
4MB Größe 3 Downloads 594 Ansichten
Ausgabe 2/April 2016

Magazin für Märkte und Chancen

flexibel

neugierig

VOM SUCHEN UND FINDEN Vom Anlagenbauer bis zum Werkzeugmechaniker – qualifizierte Fachkräfte im Ausland zu finden, ist nicht immer einfach.

zuverlässig

SPEZIAL DIGITALISIERUNG Industrie 4.0 verknüpft die Produktion mit der digitalen Welt. Seite 30 START-UP-SZENE IN DEN USA Das Partnerland der Hannover Messe präsentiert Ideen. Seite 40

Erfolg im Abo – jetzt kostenfrei! Die Korrespondenten von Germany Trade & Invest sind weltweit im Einsatz und beobachten die aktuelle Wirtschafts- und Marktentwicklung. Nutzen Sie das Know-how des Auslandsnetzes von Germany Trade & Invest!

Ihre Abo-Vorteile: Immer die richtigen Informationen zur Hand: konkrete Praxistipps und kompakte Serviceinformationen für den internationalen Erfolg Ihres Unternehmens. Alle zwei Monate bekommen Sie ausführliche Hintergrundberichte über die Märkte der Welt pünktlich auf den Tisch!

markets Probe lesen? Unter www.gtai.de/markets erhalten Sie Ihr kostenfreies Exemplar von „markets – Magazin für Märkte und Chancen“.

Noch schneller zum Abo! Scannen nen Sie den QR-Code mit Ihrem Smartmartphone oder Tablet, und bestellen Sie „markets – Magazin für Märkte und Chancen“ online.

Absender:

ONLINE! S-AUSGABEN ALLE MARKET S FINDEN SIE O F IN Z T A S U Z UND D UNTER ALS DOWNLOA /MARKETS WWW.GTAI.DE

Ich bestelle: „markets – Magazin für Märkte und Chancen“ im Abo.

Vorname, Name* Firma

Datum, Unterschrift*

Straße, Nr.*

Bitte senden Sie Ihre Bestellung an Germany Trade & Invest GmbH, Kundencenter, Villemombler Straße 76, 53123 Bonn, oder schicken Sie ein Fax: +49(0)228 24993 212 oder eine E-Mail: [email protected]. Sie können das Abonnement jederzeit schriftlich kündigen. Bitte senden Sie die Kündigung an die oben genannte Anschrift.

PLZ, Ort* Telefon, E-Mail*

Die mit einem * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder und müssen ausgefüllt werden. Ihre Daten werden allein zum Zwecke der Vertragsabwicklung und Kundenbetreuung verwendet. Ihre Daten werden nicht ohne Ihre ausdrückliche vorherige Einwilligung an Dritte weitergegeben. Weiterführende Informationen zum Datenschutz entnehmen Sie bitte unseren ausführlichen Datenschutzhinweisen unter www.gtai.de.

editorial

Liebe Leserinnen und Leser, Sie sehen heute eine leicht veränderte markets International vor sich. Mit der Modernisierung des Corporate Designs von Germany Trade & Invest geht auch eine Veränderung des Logos einher, die Inhalte von markets International bleiben natürlich weiterhin dieselben. Zum Beispiel widmen wir uns dem deutschen Mittelstand, der zunehmend international aufgestellt ist. Viele Firmen besitzen im Ausland Repräsentanzen, Vertriebsbüros oder Produktionswerke. Wurden in der Vergangenheit sehr viele Deutsche als Expats ins Ausland geschickt, bewirkt unter anderem der Druck zur Kostensenkung und zur Anpassung an den lokalen Markt, dass vermehrt Schlüsselpositionen lokal besetzt werden. Doch dies ist nicht immer einfach. Fachkräfte werden in fast allen Ländern gesucht. Wie geht man also bei der Suche und der Ausbildung von Fachkräften im Ausland am besten vor? Anhand von Praxisbeispielen in den Märkten Afrika, China und Spanien beantworten wir im Schwerpunkt dieser Ausgabe die wichtigsten Fragen. Hidden Champions sind schon fast ein Synonym für den deutschen Mittelstand. Fast, denn auch Tschechien verfügt über hoch spezialisierte Weltmarktführer, wie zum Beispiel den Mittelständler Tescan Orsay, der Rasterelektronenmikroskope entwickelt und produziert. Oder GZ Media: Das Unternehmen presst ein Fünftel des weltweiten Schallplattenbedarfs. Vinyl ist wieder hipp, und ohne Tschechien geht hier nichts. Unser Kollege Gerit Schulze hat beide Unternehmen besucht – und nicht nur die. Die Sanktionen sind Vergangenheit, und Unternehmen weltweit sehen den Iran als Land der Zukunft. Was ist dran an dem Hype, und wo können deutsche Mittelständler punkten? markets International findet Antworten auch auf diese Fragen.

Viel Spaß bei der Lektüre dieses Heftes wünscht Ihnen

Foto: Germany Trade & Invest

Dr. Benno Bunse Erster Geschäftsführer Germany Trade & Invest

2/2016

markets

3

inhalt

Fachkräfte gesucht!

10

Recruiting. Die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern zählt zu den schwierigsten Aufgaben deutscher Unternehmen im Ausland. In anderen Ländern auszubilden, liegt daher im Trend. Zahlreiche in- und ausländische Akteure engagieren sich weltweit im Bereich der Berufsbildungszusammenarbeit.

schwerpunkt

märkte

branchen

10 Fachkräfte gesucht! Vielerorts klagen deutsche Firmen über einen Mangel an qualifiziertem Personal. Berufsbilder werden spezialisierter, das Bildungssystem ist häufig unzureichend oder arbeitet am Bedarf der Wirtschaft vorbei. Um Schlüsselpositionen dennoch zu besetzen, nehmen deutsche Firmen im Ausland verstärkt das Zepter selbst in die Hand und bilden junge Mitarbeiter vor Ort aus. Dies wird unterstützt von Akteuren, die sich im Bereich der beruflichen Bildung engagieren. markets International zeigt an Beispielen aus Spanien, China und Afrika, wie man dem Fachkräftemangel trotzen kann.

20 News. Carsharing in Mexiko-Stadt, Wirtschaftspolitik in Myanmar und weitere Meldungen.

28 News. Lasertechnik in Indien, umweltfreundliche Autos in Südkorea und weitere Meldungen.

4

SPEZIAL 22 Weltstars in der Nische. In Tschechien sind viele Hidden Champions zu Hause.

24 Iran im Aufbruch. Viele neue Projekte sind geplant und warten auf ihre Realisierung.

25 Jetzt ist Kuba am Ball. Die Liberalisierung schreitet nur zaghaft voran.

26 „Aufbau Ost“ im russischen Fernen Osten. Die Regionen verfügen über großes Entwicklungspotenzial.

30 Digitalisierung im Kern der Industrie. Nicht mehr nur Menschen sind untereinander vernetzt, sondern auch Maschinen.

UNG DIGI TA LISIER – WIE H IC IM VERGLE ELNE NZ EI N DE EI SCHN ? AB ER ND LÄ

34 Mechanische Freunde. Roboter sind die Zukunft der japanischen Industrie.

36 Gute Geschäfte im Weltraum? Private Anbieter verschärfen den Wettbewerb in der Raumfahrt.

markets

2/2016

inhalt

Impressum MARKETS wird verlegt von Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft

34

und Standortmarketing mbH, Villemombler Straße 76, 53123 Bonn, Tel.: +49/228/249 93-0, Fax: +49/228/249 93-212, [email protected], www.gtai.de

Roboter. Nicht nur in der Industrie, auch im Dienstleistungssektor werden immer mehr Roboter eingesetzt.

CHEFREDAKTION: Andreas Bilfinger, stellv. Chefredaktion: Martin Kalhöfer, Stephanie Hennig, Josefine Hintze REDAKTION: Samira Akrach, Ulrich Binkert, Eva Forinyak, Helge Freyer, Kirsten Hungermann, Dr. Achim Kampf, Eva-Maria KorfantySchiller, Robert Matschoß, Klaus Möbius, Christina Otte, Carolin Ratzeburg, Verena Saurenbach, Axel Simer, Edda vom Dorp AUTOREN: Samira Akrach, Andreas Bilfinger, Peter Buerstedde, Robert Espey, Roland Fedorczyk, Kirsten Hungermann, Christian Janetzke, Martin Kalhöfer, Dr. Markus Knupp, Eva-Maria Korfanty-

36

Raumfahrt. Rund 1.400 Satelliten sollen in den nächsten zehn Jahren ins All gebracht werden.

Schiller, Fausi Najjar, Miriam Neubert, Christina Otte, Corinna Päffgen, Michael Sauermost, Verena Saurenbach, Dr. Stefanie Schmitt, Peter Schmitz, Gerit Schulze, Daniela Vaziri TEXT UND LAYOUT: muehlhausmoers corporate communications, [email protected] PROJEKTLEITUNG: Stephanie Backhaus MITARBEIT: Jana Brücher, Sarah Heuser, Stefan Hirsch, Michael Konrad, Lisa Krekel, Stephanie Rudolph, Gabriella Seemann, Camilla van Heumen, Jana Voigt, Conrad Wegener, Elke Weidenstraß, Felix Zirnstein TITEL: Bonninstudio/Stocksy (2), Florian Küttler/ Westend61/F1online, kkgas/Stocksy, Aila Images/ Stocksy, Marko Milanovic/Stocksy DRUCK: dfs Druck, Köln, [email protected] ANZEIGEN: Luxx Medien GmbH, Jörn Bickert,

strategie

recht & zoll

38 News. Die USA als Partnerland der Hannover Messe, neue Investitionsfonds in Frankreich und weitere Meldungen.

46 News. Neues Arbeitsgesetzbuch in Kasachstan, Steuern zahlen leichter gemacht und weitere Meldungen.

+49/228/688 314 12, [email protected] AUFLAGE: 10.000 Exemplare ERSCHEINUNGSWEISE: zweimonatlich ABOSERVICE: [email protected] REDAKTIONSSCHLUSS: 4. März 2016 HAUPTSITZ DER GESELLSCHAFT: Friedrichstraße 60, 10117 Berlin

40 Immer neue Ideen im Silicon Valley. Die San Francisco Bay Area gilt als Nabel der Start-up-Welt.

48 Neues Gesetz erschwert Einreise. Die Bestimmungen für die visumsfreie Einreise in die USA wurden verschärft.

GESCHÄFTSFÜHRER: Dr. Benno Bunse, Erster Geschäftsführer; Dr. Jürgen Friedrich, Geschäftsführer REGISTERGERICHT: Amtsgericht Charlottenburg

Fotos: Julien M. Balmer/Stocksy; Cyberdyne; SpaceX

REGISTERNUMMER: HRB 107541 B

42 „Messebeteiligungen sind für fast jedes Unternehmen interessant.“ Der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft informiert online über mehr als 5.000 Messen in 125 Ländern.

44 Nach Asien? Über Frankfurt! Die Jahrestagung der Asiatischen Entwicklungsbank findet dieses Jahr in Frankfurt am Main statt.

2/2016

markets

49 Rechtsstaat auf dem Prüfstand. Maßnahmen der polnischen Regierung lassen die Europäische Union aufhorchen.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch teilweise – nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Die kartografischen Darstellungen enthalten keine völkerrechtliche

standards 53 56 58 50 51

editorial exportschlager abfallwirtschaft magazin nachgefragt/ausblick medien

Anerkennung von Grenzen und Gebieten. Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

markets ist IVW-geprüft.

5

exportschlager abfall- und recyclingtechnik

WIRTSCHAFTEN MIT DER TONNE

Die Abfallwirtschaft umfasst den gesamten Müllkreislauf: von der Abfallvermeidung über die Sammlung und Wiederverwertung bis hin zur Ablagerung.

3,5

MILLIONEN TONNEN Müll produziert die Weltbevölkerung jeden Tag – Tendenz steigend. In den OECD-Ländern landen 46 Prozent der Abfälle auf Deponien. 40 Prozent des Aufkommens wird unkontrolliert verbrannt.

6

3.000

UNTERNEHMEN zählt die Kreislaufwirtschaft in Deutschland. Fast 200.000 Beschäftigte erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 40 Milliarden Euro. Mehr als 15.000 Anlagen leisten einen Beitrag zum Ressourcenschutz.

145

MILLIARDEN EURO beträgt schätzungsweise das weltweite Marktpotenzial für die Kreislaufwirtschaft. Die Exportquote der deutschen Anbieter von Abfall- und Recyclingtechnologien liegt bei über 70 Prozent.

markets

2/2016

exportschlager abfall- und recyclingtechnik

ABFALLWIRTSCHAFT: Individuelle Konzepte sind gefragt Dr. Armin Vogel ist Geschäftsführer Abfalltechnik des Familienunternehmens SSI Schäfer und seit 2011 Vorstandsvorsitzender des German RETech Partnership e. V., einem Netzwerk deutscher Unternehmen und Institutionen der Entsorgungsund Recyclingbranche zur Exportförderung. > www.retech-germany.net

Interview: Daniela Vaziri, Quellen: BMUB, Deutsche Umwelthilfe, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau; Fotos: AWL/plainpicture; privat

Welche Aufgabe hat RETech? Deutschland gilt in puncto Abfallwirtschaft weltweit als Vorreiter. RETech bündelt als Netzwerk die Aktivitäten der deutschen Recycling- und Entsorgungsbranche – das sind Unternehmen aus allen Bereichen der Entsorgungswirtschaft – sowie der Wissenschaft. Indem wir Drittländer mit unserem Know-how beim Aufbau einer modernen Abfallwirtschaft unterstützen, verbessern wir die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Technologien und Dienstleistungen. Wie sind die Exportaussichten für Abfall- und Recyclingtechnik? Eine moderne Abfallwirtschaft gehört genauso wie etwa die Wasser- und Energieversorgung oder das Bildungssystem zur elementaren Infrastruktur eines Landes. Immer mehr Regierungen – auch in Schwellen- und Entwicklungsländern – setzen daher das Thema auf die Agenda und fragen Wissen und Technologien aus Deutschland nach. Wir sehen hier in den kommenden Jahren gute Geschäftschancen. Was sind besondere Herausforderungen beim Export von Abfalltechnologien? Im Unterschied zu anderen Investitionsgütern haben wir es in der Branche häufig mit öffentlichen kommunalen Auftraggebern zu tun. Eine besondere Herausforderung ist es daher, langfristig die Finanzierung der Infrastrukturen sowie die Absicherung von Krediten im Ausland zu gewährleisten.

ZUKUNFTSTRENDS: Abfall als Ressource

78

PROZENT der Methanemissionen aus Deponien hat Deutschland seit 1990 reduziert. Weltweit liegen Müllhalden auf Platz 3 der Methanproduzenten – nach Rinderzucht und Reisproduktion. 2/2016

markets

 1.

Umweltbelastungen, Klimawandel und Ressourcenknappheit gehören zu den größten globalen Herausforderungen. Vielerorts steigt das Bewusstsein, dass eine nachhaltige Abfallwirtschaft nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leistet, sondern auch Arbeitsplätze schafft.

2 .

Elementare Voraussetzung, um eine geordnete Abfallwirtschaft zu etablieren, sind individuelle Konzepte auf Basis der länderspezifischen Gegebenheiten.

3 .

Rohstoffe werden knapper und teurer, daher gewinnen Sekundärstoffe weltweit an Bedeutung und Recyling wird attraktiver. 7

magazin

kurz notiert AUSZEICHNUNG

GlobalConnect-Award Im Rahmen der GlobalConnect, Deutschlands größtem Forum für Export und Internationalisierung, wird der GlobalConnect-Award ausgeschrieben. Die bundesweit und branchenübergreifend vergebene Auszeichnung würdigt herausragende unternehmerische Leistungen im Auslandsgeschäft. Eine Jury ermittelt die Gewinner in den Kategorien Newcomer, Hidden Champion und Global Player. Die Bewerbungsfrist endet am 31. Mai 2016. Weitere Informationen und den Zugang zu einem Onlinebewerber-Tool unter > www.global-connect.de/award

CHINA

German Lifestyle Festival In wohl kaum einem Land ist die Beliebtheit deutscher Marken größer als in China. In Beijing und Nanjing findet 2016 nun die erste B2C-Messe für deutsche Qualitätsprodukte statt. Ausstellen können Firmen, egal, ob sie in China schon einen Partner haben oder den ersten Verkaufstest machen wollen. In Beijing wird die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft des dortigen Bürgermeisters mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums, der deutschen Botschaft, der IHKs und AHKs und des German Centre organisiert. > [email protected] > http://germanlifestylefestival. eventdove.com JETZT SCHON VORMERKEN 11. bis 15.4.2016 | Sächsische Außenwirtschaftswoche www.hwk-dresden.de/auwi/ aussenwirtschaftswoche.html 25. bis 29.4.2016 | Hannover Messe www.hannovermesse.de 22. bis 24.4.2016 | German Brand Lifestyle Festival, Nanjing 30.4. bis 3.5.2016 | German Brand Lifestyle Festival, Beijing http://germanlifestylefestival. eventdove.com WEITERE INFORMATIONEN www.gtai.de

8

Die monatliche Nachrichtensendung ist im Internet abrufbar.

MARKETS ON AIR MEDIEN. markets on air berichtet monatlich über den

Standort Deutschland und weitere Außenwirtschaftsthemen. Text: Esad Fazlic

M

arkets on air ist die monatlich erscheinende Nachrichtensendung von Germany Trade & Invest. Sie berichtet sowohl über den Standort Deutschland als auch über deutsche Unternehmeraktivitäten im Ausland. Seit diesem Jahr wird in jeder Ausgabe mit der neuen Rubrik „Standort Deutschland“ eine Stadt, eine Region oder ein Bundesland vorgestellt. Die aktuelle Ausgabe der markets on air widmet sich in einer Sondersendung dem Thema Start-ups und wirft einen Blick auf die aufstrebende Gründerszene in Deutschland. Zusätzlich wird in der Rubrik „Standort Deutschland“ die Stadt

Leipzig vorgestellt, in der sich in den letzten Jahren überdurchschnittlich viele Start-ups angesiedelt haben. markets on air kann man unter www. gtai.de/markets-on-air oder im YouTubeKanal „Germany Trade & Invest (GTAI)“ ansehen. Die Sendung wird von der Deutschen Welle im Auftrag von Germany Trade & Invest produziert.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/markets-on-air YouTube-Kanal: Germany Trade & Invest (GTAI)

markets

2/2016

magazin

MARKETS-BAROMETER: Ihre Chancen international Land

Marktpotenzial ausgewählter Branchen2)

Wirtschaftsentwicklung BIP1) 20152)

BIP1) 20162)

KFZ

MASCHINENBAU

(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) USA

+ 2,4

+ 2,5

Japan

+ 1,0

+ 1,7

Verein. Königreich

+ 2,2

+ 2,3

Frankreich

+ 1,1

+ 1,3

Russland

– 3,7

– 1,0

VR China

+ 6,9

+ 6,2 bis 6,5

Brasilien

– 3,8

– 3,2

+ 7,4

+ 7,6

Tschechien

+ 4,6

+ 2,7

Schweiz

+ 0,8

+ 2,0

Ägypten

+ 3,5

+ 2,0

Mexiko

+ 2,8

+ 3,3

3)

Indien

3)

CHEMIE

BAU

(in den nächsten zwölf Monaten)

k k j j l k x j j k x j

k k j j l k x l j k x j

j k k k k k l j j k l j

j j k j x l l j j j l j

1) Bruttoinlandsprodukt; 2) Prognose; 3) Fiskaljahr (1.4.–31.3.) h Starkes Wachstum j Wachstum k Stagnation l Rückgang x Starker Rückgang

Die Experten bei Germany Trade & Invest informieren auch über Marktchancen in weiteren Ländern und Branchen (Tel.: 0228/249 93-316).

NEUER MARKENAUFTRITT PROFIL. Das neue Erscheinungsbild von Germany

Trade & Invest soll mit Wachstum und Perspektive assoziiert werden. Text: Esad Fazlic

MARKETS-QUIZ Wann wurde in Spanien eine duale Berufsausbildung eingeführt?

2007 2012 2015

Fotos: Germany Trade & Invest 5)

Nicht nur das Logo, auch das Coporate Design wurde modernisiert.

G

ermany Trade & Invest (GTAI) hat seit Anfang April 2016 einen neuen Markenauftritt. Um unser Profil zu schärfen und die Sichtbarkeit zu erhöhen, haben wir unseren Unternehmensauftritt erneuert. Dieser umfasst neben einem neu gestalteten Logo auch ein modernes und ansprechendes Corporate Design.

2/2016

markets

GTAI versteht sich als Wegbereiter für deutsche und ausländische Unternehmen. Mit dem neuen Erscheinungsbild sollen unsere Kunden und Partner künftig zwei Begriffe in Verbindung bringen: Wachstum und Perspektive.

Senden Sie die Antwort per Post oder E-Mail unter Angabe Ihrer Adresse an Germany Trade & Invest, marketsRedaktion, Villemombler Straße 76, 53123 Bonn, [email protected], Stichwort: „Außenwirtschaftsquiz“. Die markets-Redaktion verlost unter allen richtigen Einsendungen fünf USB-Tassenwärmer (ohne Tasse). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 15. Mai 2016.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de 9

schwerpunkt

FACHKRÄFTE GESUCHT! RECRUITING. Schlüsselpositionen im Ausland zu besetzen,

ist nicht immer einfach. Was können Unternehmen tun, um dem Fachkräftemangel zu begegnen? Text: Christina Otte, Bonn

„Der Fachkräftemangel in China macht sich vor allem bemerkbar, wenn Arbeiter mit einer normalen Berufsausbildung gesucht werden. Mittlerweile gibt es auf dem Arbeitsmarkt fast nur noch Akademiker oder ungelernte Arbeiter.“ Andrzej Wojcikowski, Mubea China „Wir sehen Afrika als einen Wachstumsmarkt mit einer jungen Bevölkerung und einer zunehmenden Mittelschicht. Seit der Jahrtausendwende lag das reale Wachstum der Länder südlich der Sahara bei über fünf Prozent.“ Dr. Norbert Völker, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V.

10

markets

2/2016

schwerpunkt

„Ein junger Mitarbeiter kann in zwei, drei Jahren von 20.000 Euro Jahresgehalt auf 30.000 bis 35.000 Euro kommen. Mit jedem Jahr an praktischer Erfahrung, die sich eine Fachkraft bei uns aneignet, wächst ihr Marktwert.“ Dr. Bernhard Iber, Stihl España

ERWERBSPERSONEN 2015 Gesamtzahl der Erwerbstätigen und der Erwerbslosen im Länderüberblick (in Millionen)1)

Fotos: Stocksy(21); Getty Images(4); Corbis(2)

D

2/2016

markets

ie Suche nach qualifizierten Mitarbeitern zählt zu den größten Herausforderungen deutscher Unternehmen im Ausland. Ob in Entwicklungs-, Schwellen- oder Industrieländern – häufig werden vor allem Facharbeiter wie Mechatroniker oder Industriemechaniker händeringend gesucht. Allein in China, dem derzeit größten Arbeitsmarkt der Welt, dürften bis 2020 rund 24 Millionen Techniker fehlen. In Afrika drängen immer mehr junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Aufgrund des gravierenden Fachkräftemangels, auch hier insbesondere in technischen Berufen, müssen deutsche Unternehmen oft selbst vor Ort ausbilden. Hierfür wurden die Initiative „Fachkräfte für Afrika“ des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau und das Stipendienprogramm „Afrika kommt“ der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ins Leben gerufen. Sie sollen es deutschen Unternehmen leichter machen, den Wachstumsmarkt Afrika zu erschließen. Selbst in Spanien, derzeit ein klassischer Arbeitgebermarkt, in dem so viele Menschen Arbeit suchen wie in keinem

China

804,0

Indien

502,1

Afrika

440,02)

Europäische Union

231,9

USA

156,4

Indonesien

122,4

Brasilien

109,2

Bangladesch

82,0

Russland

74,9

Japan

64,3

1) Schätzwerte für 2015. 2) Teilweise ältere Daten als 2015. Quelle: CIA World Factbook

anderen Land der Europäischen Union, ist die mittlere Qualifikationsebene gefragt. Um geeignete Facharbeiter zu rekrutieren, sind deutsche Firmen in Spanien bereit, sich in der praxisnahen Berufsausbildung zu engagieren. Im Ausland auszubilden, zum Beispiel nach dem deutschen Muster der dualen Berufsausbildung, liegt also im Trend. Zahlreiche in- und ausländische Akteure engagieren sich im Bereich der Berufsbildungszusammenarbeit. An wen Sie sich wenden können und wie deutsche Unternehmen bei der Fachkräftesuche im Ausland vorgehen, erfahren Sie auf den folgenden Seiten. 11

schwerpunkt

PERSPEKTIVEN SCHAFFEN AFRIKA. Fachkräfte sind auf diesem Erdteil Mangelware. Immer mehr deutsche

Unternehmen investieren vor Ort in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Text: Samira Akrach, Bonn

teamfähig flexibel

A

frika ist zurzeit in aller Munde. Trotz der großen Heterogenität des Kontinents stehen alle Länder vor ähnlichen Herausforderungen: Das enorme Bevölkerungswachstum führt dazu, dass bis 2030 jährlich über 30 Millionen junge Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen. Damit wächst der Druck, neue und qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, besonders unter jungen Menschen. „Die Arbeitsbedingungen im formalen Sektor sind in der Regel so schlecht, dass der informelle Sektor bevorzugt wird“, berichtet Dr. Rainer Herret, Geschäftsführer der Auslandshandelskammer Ägypten. Aufgrund des gravierenden Fachkräftemangels müssen Unternehmen oft selbst vor Ort ausbilden. Insbesondere bei Ingenieuren, Spezialisten für Informationstechnik, Wirtschaftswissenschaftlern und Facharbeitern in technischen Berufen stehen nicht ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung. Die Ursachen liegen in den unterentwickelten Bildungssystemen: Lehrer sind Mangelware, Klassen überfüllt, es fehlt an Infrastruktur und Lehrmitteln. EXPORTSCHLAGER BERUFSAUSBILDUNG

STECKBRIEF AFRIKA Anzahl Beschäftigte (in Mio.): Südafrika: 20,2; Ägypten: 27,9; Nigeria: 55,8 (2014) Anzahl Uniabsolventen: Südafrika: 184.000 (2012); Ägypten: 510.000 (2013) Analphabetenquote (in %): Südafrika: 6,0 (2012); Ägypten: 26,2 (2015); Nigeria: 40,4 (2015) Arbeitslosenquote (in %)1): Südafrika: 25,8; Ägypten: 12,9; Nigeria: 8,2 (2015) Durchschnittslohn (brutto, Monatslohn, Jahresdurchschnitt, in US$): Südafrika: 988,7 (2014) 1) Schätzungen, da Arbeitsplätze im informellen Sektor nicht erfasst werden. Quellen: CIA World Factbook, Unesco, IWF, Weltbank, Statistics South Africa

12

Bei deutschen Unternehmen wächst der Wunsch, die duale Berufsausbildung nach deutschem Vorbild auch in Afrika einzuführen. Einer der wichtigsten Partner für die Organisation konkreter Ausbildungen sind die Auslandshandelskammern. Die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria führt beispielsweise seit 2012 gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg ein vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördertes Projekt zur Einführung einer dualen Berufsausbildung durch. Im Rahmen dieses Projekts werden insgesamt 180 Auszubildende und Ausbilder in vier Berufen (drei technische, ein kaufmännischer) geschult. SCHULUNGEN IN DEUTSCHLAND

Auch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist in vielen Ländern im Bereich Aus- und Weiterbildung aktiv. Sie ist Durchführer des Stipendien-

markets

2/2016

Fotos: kkgas/Stocksy; Tristan Roesler

schwerpunkt

programms „Afrika kommt“: Seit 2008 werden jährlich etwa 20 Nachwuchskräfte aus Afrika ausgewählt und in Deutschland ein Jahr lang zu Führungskräften ausgebildet. Zum Programm gehören ein dreimonatiger Sprachkurs, Managementkurse und eine neunmonatige Praxisphase in einem der Gründerunternehmen der Initiative (darunter BASF, Bayer, Commerzbank, ThyssenKrupp, Deutsche Bahn). Laut einer Umfrage der Bildungsinitiative iMove 2013 ist Ägypten für deutsche Bildungsanbieter der wichtigste Exportmarkt in Afrika. Deutschland ist im ägyptischen Bildungssystem fest verankert. An vielen Grundschulen wird Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Es gibt acht deutsche Schulen und eine deutsche Universität in Kairo. Im Bereich der beruflichen Bildung gilt das National Technical & Vocational Education and Training Program als Leuchtturm. Das Projekt wurde vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und dem damaligen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak unter dem Namen „Mubarak-Kohl-Initiative“ ins Leben gerufen. GIZ, ägyptische Behörden und deutsche Partner entwickelten es als Äquivalent zur deutschen dualen Berufsausbildung. Es bringt mittlerweile jährlich rund 20.000 Absolventen hervor, die auf dem Arbeitsmarkt begehrt sind. Ausgebildet wird in den klassischen Wirtschaftszweigen Ägyptens: Textilindustrie, Bau- sowie Hotel- und Gaststättengewerbe. Auch Südafrika ist als wirtschaftliches Zugpferd des Kontinents für deutsche Bildungsanbieter interessant. Die berufliche Ausbildung ist in Südafrika bislang sehr theorielastig. Der Aus- und Weiterbildungsmarkt ist auch aufgrund der Vielzahl nationaler und internationaler Anbieter hart umkämpft. Deutsche Unternehmen und Verbände investieren zunehmend in Ausbildungsinitiativen, berichten aber von Problemen, da qualifizierte Mitarbeiter abgeworben werden. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika bietet über South African-German Training Services eine Ausbildung für kaufmännische Berufe nach dem deutschen dualen System an. Auch die GIZ unterstützt Programme zur praxisorientierten Berufsausbildung wie das South African Renewable Energy Training Centre.

WEITERE INFORMATIONEN Stipendienprogramm „Afrika kommt“ der GIZ: www.afrika-kommt.de VDMA-Initiative „Fachkräfte für Afrika“: www.vdma.org/africa 2/2016

markets

„Partner aktiv einbinden“ INTERVIEW. Dr. Norbert Völker spricht über die

Fachkräfteentwicklung in Afrika und stellt das Ausbildungskonzept „Fachkräfte für Afrika“ vor. Dr. Norbert Völker ist Projektleiter Bildung beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA).

Können Sie die VDMA-Initiative „Fachkräfte für Afrika“ kurz vorstellen? Die VDMA-Initiative zeigt einen konkreten Weg auf, wie eine berufl iche Aus- und Weiterbildung von Fachkräften vor Ort funktionieren kann. Die Basis dafür bilden Partnerschaften mit lokalen afrikanischen Ausbildungsorganisationen und Unternehmen. So entstehen in den drei Ländern Kenia, Nigeria und Botsuana einzigartige Trainingszentren, die sich an dem deutschen Modell der dualen Berufsausbildung orientieren. Lokale Ausbilder und Trainer werden in Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen vor Ort oder in Deutschland ausgebildet. Die Infrastruktur stellen die afrikanischen Partner mit deutscher Unterstützung bereit. Ziel ist es, in den nächsten drei Jahren 1.000 Fachkräfte auszubilden. Wo sind Sie bisher aktiv, und welches sind die wichtigsten Berufsfelder? Zu unseren Zielbranchen zählen zunächst die Bereiche Infrastruktur, Energie und Rohstoffe sowie die Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie. Hier spielen die Berufsfelder Industriemechanik, Elektronik und Mechatronik eine wichtige Rolle. 2050 werden über zwei Milliarden Menschen in Afrika leben. Ist die Initiative nicht ein Tropfen auf den heißen Stein? Häufig haben die Regierungen große Ziele, was die Anzahl der auszubildenden Personen anbelangt. Oft gibt es dafür aber weder geeignete Schulen noch sind genügend lokale Unternehmen bereit, sich an der Ausbildung zu beteili-

ONLINE!

gen. Wir brauD A S K OM chen Beispiele, PLE T TE IN TERVIEW wie eine beMIT DR. N O R B E R T V ÖL K darfsorientierER K Ö N NE N te Ausbildung SIE UNTE R W W W.GT f unktionieren AI.DE /MA RK E T S kann. Das BesonLE SEN dere an unserer Initiative ist, dass wir auf lokales Engagement setzen und unsere Industriepartner aktiv einbinden. Sie haben sich beim Thema Ausbildung bereits engagiert und gehen in ihrem Land gern voran. So können sich die VDMA-Trainingszentren zu einem Vorbild entwickeln, das zu einer besseren Aus- und Weiterbildung beiträgt. Die duale Ausbildung gilt weltweit als deutsches Erfolgsmodell. Ist das Konzept überhaupt auf Afrika übertragbar? Wie viel Loyalität kann man dort von ausgebildeten Mitarbeitern erwarten? „Dual“ bedeutet für mich zunächst vor allem die geschickte Verknüpfung von Theorie und Praxis. Sie ist bei technischen Berufen überall auf der Welt sinnvoll. Die Ausgestaltung sollte jedoch länderspezifisch sein und kann sich beispielsweise in den Längen der einzelnen Abschnitte (Theorie – Workshop – Praxis im Unternehmen) unterscheiden. Der entscheidende Punkt ist aber die Einbindung von Unternehmen – und genau hier setzen wir an. Unsere Initiative geht von den Unternehmen aus. Auf diese Weise sind wir sozusagen auf dem direkten Weg zu einer bedarfsorientierten Ausbildung. Wie können sich Unternehmen an Ihrer Initiative beteiligen? Dafür gibt es viele Möglichkeiten: Die Mitarbeit im Projektbeirat und bei der Erarbeitung der Ausbildungskonzepte sowie die Bereitstellung von technischem Equipment seien beispielhaft genannt. Interview: Martin Kalhöfer

13

schwerpunkt

VIEL THEORIE, WENIG PRAXIS CHINA. Seit Jahrzehnten klagen deutsche Arbeitgeber in China über das eklatante

Missverhältnis zwischen ihren Qualifikationsanforderungen und dem Arbeitskräfteangebot. Der Facharbeiterbereich bildet keine Ausnahme. Text: Dr. Stefanie Schmitt, Beijing u schmalspurig, zu theorielastig und zu wenig auf dem Stand der Zeit“, lautet das vernichtende Urteil vieler deutscher Firmenvertreter über das chinesische Berufsausbildungssystem. In der Tat wurden die Berufsschulen in den letzten Jahrzehnten zugunsten der Universitäten finanziell und politisch vernachlässigt. Den Lehrkräften selbst fehlt es häufig an Praxiserfahrung. Chinesische Unternehmen sind bei der Ausbildung kaum engagiert. Das deutsche duale System wird zwar bewundert, kommt im Alltag aber

Z

kaum zur Anwendung. Nicht grundlos sind die Absolventenzahlen der knapp 12.000 mittleren und unteren Berufsschulen des Landes rückläufig. Im Jahr 2014 zählten sie 6,2 Millionen Absolventen, etwa 500.000 weniger als im Vorjahr. Eine Ausbildung zum Facharbeiter gilt als wenig attraktiv. Dagegen verzeichnen die lokalen Hochschulen und Universitäten immer neue Rekorde: 2015 machten 7,5 Millionen junge Menschen hier ihren Abschluss, so viele wie nie zuvor. Für 2016 wird sogar mit 7,7 Millionen gerechnet. Rekordverdächtig ist aber

auch die offizielle Arbeitslosenquote unter Universitätsabgängern von 7,5 Prozent bei einer durchschnittlichen Arbeitslosenrate von vier Prozent. Denn so viele geeignete Arbeitsplätze gibt es nicht. Auf der anderen Seite suchen Unternehmen quasi aller Branchen händeringend kompetente Facharbeiter – angefangen von der gut ausgebildeten Servicekraft im Fünfsternehotel über den Uhrmacher, der in der Lage ist, ein exquisites mechanisches Uhrwerk aufzuarbeiten, bis hin zum Bediener an einer modernen CNC-Maschine.

„Bis 2020 fehlen 24 Millionen Techniker“ INTERVIEW. Im Gespräch mit markets erzählt Andrzej Wojcikowski, Geschäfts-

führer des Automobilzulieferers Mubea Automotive Components in Taicang, vom dramatischen Fachkräftemangel in China. Andrzej Wojcikowski ist Geschäftsführer der chinesischen Niederlassung des Automobilzulieferers Mubea in Taicang.

In welchen Bereichen macht sich der Mangel an Facharbeitern in China besonders bemerkbar? Der Fachkräftemangel macht sich vor allem bemerkbar, wenn Arbeiter mit einer normalen Berufsausbildung gesucht werden. Das betrifft beispielsweise die Fertigungs- und die Bauindustrie, aber auch den Dienstleistungssektor. Mittlerweile gibt es auf dem Arbeitsmarkt fast nur noch Akademiker oder ungelernte Arbeiter. Tätigkeiten in der produzieren-

14

den Industrie werden als immer weniger attraktiv angesehen. Hat sich die Situation in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht verändert? Laut dem nationalen Statistikbüro können 24 Prozent der Unternehmen in China nicht genügend qualifizierte Techniker einstellen. Bis 2020 soll die Zahl an fehlenden Technikern auf 24 Millionen steigen. Diese Entwicklung kann das Wachstum Chinas ernsthaft gefährden, gerade wenn es zu einer Lohn-Preis-Spirale kommt. Welche Auswirkungen hat das auf deutsche Firmen? Es beginnt ein „Krieg um Fachpersonal“ – jede Firma versucht, die wenigen geeigneten Kräfte für sich zu gewinnen und zu halten. Das führt nicht nur dazu, dass die Löhne in die Höhe getrieben werden,

sondern sorgt auch zu einer extrem hohen Fluktuationsrate. 30 Prozent sind da nicht ungewöhnlich. Was macht beispielsweise Mubea, um dem entgegenzuwirken? Mubea hat wie viele ausländische Firmen begonnen, Mitarbeiter selbst aus- und weiterzubilden. Wir versuchen das in Deutschland etablierte duale Ausbildungssystem auch hier langsam umzusetzen. Seit 2011 betreiben wir in Kooperation mit anderen deutschen Firmen das Deutsche Ausbildungszentrum für Werkzeugmechaniker Taicang, in dem wir 43 Lehrlinge ausbilden. Viele dieser Auszubildenden sind inzwischen in wichtigen, teilweise führenden Positionen bei Mubea.

Interview: Dr. Stefanie Schmitt

markets

2/2016

schwerpunkt

zielorientiert neugierig STECKBRIEF CHINA Anzahl Beschäftigte (in Mio.): 774,5 (2015) Anzahl Uniabsolventen (in Mio.): 7,5 (2015) Analphabetenquote (in %)1): 4,9 (2014) Arbeitslosenquote (in %): 4,0 (2015) Durchschnittslohn (brutto, Monatslohn städt. Angestellter, in US$): 762 (2014) 1) Bezogen auf die Bevölkerung ab 15 Jahre. Quellen: Statistical Yearbook of China 2015, National Bureau of Statistic

Die Situation wird künftig noch angespannter werden, denn die chinesische Wirtschaft durchläuft einen tief greifenden Strukturwandel weg von billiger Massenware. Die Politik will China zur „Industriesupermacht“ formen, die sich durch Hightecherzeugnisse und einen hochleistungsfähigen Dienstleistungssektor auszeichnet. Die Unternehmen stehen angesichts stark gestiegener Löhne und Gehälter unter Modernisierungsdruck, die Automatisierung nimmt zu. Unqualifizierte Kräfte werden immer weniger benötigt.

Fotos: Mubea Automotive Components (Taicang); Maa Hoo/Stocksy

FIRMEN MÜSSEN SELBST AUSBILDEN

Die chinesischen Berufsausbildungszentren und -schulen sind diesen Ansprüchen nicht gewachsen. In der Folge bleibt den Unternehmen nur, selbst auszubilden. Insbesondere viele deutsche Firmen stellen sich dieser Herausforderung mit eigenen Lehrwerkstätten, speziellen Trainingsprogrammen und gegebenenfalls sogar mit Ausbildungsaufenthalten im deutschen Mutterhaus. Einen erfolgreichen Weg beschreitet auch die Auslandshandelskammer Schanghai, die in Kooperation mit chinesischen Bildungsträgern eine dreijährige Facharbeiterausbildung zum Industriemechaniker, Werkzeugmechaniker und Mechatroniker unterstützt.

WEITERE INFORMATIONEN Jobportale: www.51job.com, www.zhaopin. com, www.chinahr.com, www.yingjiesheng. com, www.newjobs.com.cn, www.jobcn.com, www.hr.com.cn, www.directhr.net Auslandshandelskammer China, www.china.ahk.de/de 2/2016

markets

15

schwerpunkt

GEMEINSAM FÜR FACHKRÄFTE SPANIEN. In keinem anderen Land der Europäischen Union (EU) suchen so viele

Menschen Arbeit wie in Spanien. Dennoch ist die Personalsuche kein Selbstläufer. Vor allem bei der Facharbeitersuche geht sie mit der Ausbildung Hand in Hand. Text: Miriam Neubert, Madrid

A

utomobilzulieferer Saargummi Ibérica steht vor einer großen Herausforderung. Das Werk in Loeches bei Madrid, das Karosseriedichtungen herstellt, hat die Weichen auf Industrie 4.0 gestellt. Mit Folgen nicht nur für die Technologie. „Die intelligente Organisation der Prozesse durch Informationstechnik und das wachsende Gewicht der Robotik erfordern ein qualifizierteres Profil an Wartungstechnikern, als der reine Abschluss der zweijährigen Berufsausbildung bietet“, sagt José María Causín, Direktor für Human Resources. In der Theorie sei Spanien gut, aber in der Praxis mangele es, zum Beispiel an Mechatronikern. Deshalb nimmt Saargummi Ibérica an einem Verbundprojekt „2+1“ teil, das die Auslandshandelskammer (AHK) Spanien mit deutschen Firmen entwickelt hat. Es stockt auf die reguläre Berufsausbildung ein drittes betriebliches Lehrjahr auf. Weitere Ausbildungsunternehmen, die an dem Projekt mitwirken, sind Siemens und Aerzen. Die zehn Azubis dieses ersten dualen Jahrgangs erhalten im April 2016 ihren Facharbeiterbrief Mechatroniker von Tanja Nause, die in der AHK Spanien für den Bereich Duale Ausbildung verantwortlich ist. Sie rechnet damit, dass im zweiten Jahrgang doppelt so viele Unternehmen teilnehmen. VW Navarra und Seat verfügen über eigene Ausbildungszentren. In ihnen werden Mechatroniker, Werkzeugmechaniker und Elektroniker für Automatisierungstechnik nach deutschem Vorbild dual ausgebildet. Auch hier nimmt die AHK Spanien die offiziellen Prüfungen ab und stellt die Abschlusszeugnisse aus: im Jahr 2015 für 140 Azubis in 40 Ausbildungsbetrieben in Spanien.

SPITZENPOSITION IN EUROPA

Auf der akademischen Seite sieht es anders aus. Spanien liegt mit fast einem Drittel hoch qualifizierter Erwachsener mit tertiärem Abschluss über dem EUSchnitt. Daneben gibt es sehr viele Geringqualifizierte. Dünn besetzt ist nach 16

zuverlässig kreativ

STECKBRIEF SPANIEN Anzahl Beschäftigte (in Mio.): 18,1 (2015) Anzahl Uniabsolventen: 301.000 (2013/14) Analphabetenquote (in %)1): 0,4 (2014) Arbeitslosenquote (in %): 22,1 (2015) Durchschnittslohn (brutto, Jahreslohn, in Euro): 22.606 (2014) 1) Bezogen auf die Erwerbsbevölkerung von 16 bis 65 Jahre. Quellen: Spanisches Statistikamt, Ministerium für Bildung, Kultur und Sport, Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit

markets

2/2016

schwerpunkt

Angaben des Bildungsministeriums mit 24 Prozent die mittlere Qualifikationsebene, unter die die gewerblich-technischen Ausbildungsberufe fallen. In der EU ist ihr Anteil fast doppelt so hoch. Spanien hat Ende 2012 eine duale Berufsausbildung eingeführt. Sie erfasst aber erst zwei Prozent der Berufsschüler. Spanische Ingenieure, Betriebs- und Volkswirte oder IT-Spezialisten gelten als sehr gut ausgebildet. Die Business Schools IE, IESE und ESADE zählen weltweit mit zu den Besten. Digitale Talente, Vertriebsund Marketingprofis sind gefragt. Personalberater Spring Professional, der zur Adecco-Gruppe gehört, sieht 2016 Big-Data-Spezialisten, Geschäftsentwickler für Digitalfirmen, Qualitäts- und Kostencontroller in der Industrie sowie Video- und Logistikingenieure im Aufwind. Auch wünscht sich die Wirtschaft immer mehr Profis mit internationaler Erfahrung.

Fotos: Nabi Tang/Stocksy; Stihl Espana

UNTERSTÜTZUNG BEI DER PERSONALSUCHE

Die Suche nach Personal gestaltet sich ähnlich wie in Deutschland auch mithilfe von spezialisierten Beratungsfirmen. Der Logistikdienstleister Transfesa etwa, ein spanisches Familienunternehmen, das heute mehrheitlich zur Deutschen Bahn gehört, hat im IT-Bereich 120 Arbeitsplätze geschaffen, um für die DB Cargo europaweit Softwarelösungen zu entwickeln und zu implementieren. „Die Rekrutierung hat noch geklappt, ist aber inzwischen schwieriger, weil der Markt anzieht“, sagt Geschäftsführer Bernd Hullerum. Sein Unternehmen besucht auch Recruiting-Messen, auf denen sich Uniabsolventen orientieren. In Spanien, so seine Erfahrung, muss eine Firma mehr in die innerbetriebliche Ausbildung investieren. So bildet Transfesa mit der FEDA German Business School Speditionskaufleute aus. Diese Berufsschule geht auf eine Initiative deutscher Firmenniederlassungen und der AHK Spanien zurück. Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt gibt es auch Studenten, die eine Berufsausbildung wählen und sich dadurch bessere Chancen ausrechnen, weiß Hullerum. Arbeitgeber sieht er in einer vorteilhaften Situation: „Es ist ein Arbeitgebermarkt mit sehr guten Auswahlmöglichkeiten und hoch motivierten Mitarbeitern. Die Arbeitsmarktreformen haben hier einen großen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Spaniens geleistet.“

WEITERE INFORMATIONEN AHK Spanien, www.ahk.es Ansprechpartner Personalvermittlung: [email protected] 2/2016

markets

„Brücke zwischen Lehre und Praxis“ INTERVIEW. Eine arbeitsbasierte Ausbildung ist in

Spanien noch die Ausnahme. Doch es lohnt sich, sich dual zu engagieren, findet Stihl España. Welche Personalprofile sucht Stihl España? Wir suchen vor allem Leute im Vertrieb und im Marketingbereich. Im technischen Service ist die Lage recht stabil, weil wir dort für das Netz unserer 600 spanischen Fachhändler einen Hotlineservice und Schulungen anbieten. Sehr stark ausgebaut haben wir in den letzten Jahren im Bereich Schulungen. Stihl investiert 3,5 Millionen Euro in ein modernes Trainingszentrum in Torres de la Alameda, das im April eröffnet. Dort werden wir über eigenes Lehrpersonal pro Jahr etwa 4.000 Kursteilnehmer schulen können. Es geht um die Aus- und Weiterbildung der Fachhändler und ihres Personals sowie die Ausbildung von Endkunden in der Handhabung unserer Geräte. Wie gehen Sie bei der Personalsuche in Spanien vor? Wir arbeiten eng mit dem Ausbildungszentrum FEDA in Madrid zusammen, wo wir uns kaufmännische Lehrlinge nach deutschem dualen Modell heranziehen. Die Prüfung wird von der AHK Spanien abgenommen. Im Bereich Betriebswirtschaftslehre gewinnen wir Nachwuchs über ein duales Hochschulstudium in Zusammenarbeit mit der Europäischen Wirtschaftsakademie EWA, die der Universität Alcalá angeschlossen ist. Das Konzept ist angelehnt an das Modell der Dualen Hochschule Baden-Württemberg als erster praxisintegrierender Universität. Das passt sehr gut, weil sich für den Studenten nach zwei Jahren Theorie und Praxis in Madrid ein Jahr im Mutterhaus in Stuttgart anschließt. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit Hochschulabgängern der Universität Alcalá gemacht, die das sechsmonatige Pflichtpraktikum ihres letzten Ausbildungsjahres in unserem Unternehmen absolviert haben. Was ist, wenn Sie ein bestimmtes Profil nicht finden?

Dr. Bernhard Iber ist Geschäftsführer von Stihl España, der Vertriebs- und Servicegesellschaft des deutschen Anbieters motorbetriebener Geräte der Land- und Forstwirtschaft.

Im Fall von nicht hoch qualifizierten Kräften gehen wir über das Internet und spezialisierte Jobplattformen. Da wir als Marke und als deutsches Unternehmen bekannt sind, gibt es immer sehr viele Interessenten, unter denen wir wählen können. Geht es um qualifizierteres Personal, etwa einen Vertriebsleiter mit regionaler Zuständigkeit, arbeiten wir mit einem Headhunter zusammen. Wir haben keine Schwierigkeiten, das für uns notwendige Personal zu finden. Können Sie Unterschiede zu Deutschland ausmachen? Spanische Mitarbeiter sind häufig nicht sehr mobil, was sicher mit der hohen Eigentumsquote zu tun hat. Die meisten Mitarbeiter finden wir im Umkreis unseres Standortes. Auch wenn praktische Erfahrung gefragt ist, kann es schwierig werden. Sie finden Hochschulabgänger in Mengen, die aber meist rein theoretisch ausgebildet sind. Deshalb machen wir gute Erfahrung mit den jungen Leuten von der Uni Alcalá, die sechs Monate bei uns sind. Man sieht dann, wie sie sich entwickeln und in unsere Unternehmenskultur einfinden. Unter ihnen haben wir sehr wertvolle junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rekrutieren können. Diese wiederum sind in Spanien deutlich günstiger einzustellen als in Deutschland.

Interview: Miriam Neubert

17

schwerpunkt

ONLINE!

Anfragen aus aller Welt

IEW E INTERV T T E L P M DA S KO ER T EL WIECH A H IC M MIT IE UNTER FINDEN S RK E T S AI.DE /MA W W W.GT

INTERVIEW. Govet ist die zentrale Anlaufstelle für Fragen rund um die internatio-

nale Berufsbildungszusammenarbeit. Leiter Michael Wiechert über das Interesse an der deutschen Berufsbildung im Ausland. Warum hat die Berufsausbildung einen so hohen Stellenwert für die Bundesregierung? Die ganz kurze Antwort auf diese Frage lautet: um die Nachfrage zu decken. Deutsche Berufsbildung hat weltweit ein hohes Ansehen. Dieses Ansehen ist im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise noch gestiegen, da die Länder mit einem dualen Ausbildungssystem ohne einen größeren Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit die Krise gemeistert haben. Ist die Berufsausbildung made in Germany so etwas wie ein Exportschlager? Kann sie es werden? Deutsche Berufsbildung hat eine sehr hohe Qualität, dies wird auch im Ausland so gesehen. Gleichzeitig ist Deutschland bekannt für die hohe Qualität seiner Waren und Dienstleistungen. Die deutsche Berufsbildung ist jedoch ein System und kann nicht exportiert werden. Der Auftrag von Govet ist es vielmehr, andere Länder bei der Reform ihrer Berufsbildungssysteme zu unterstützen. Die Erhöhung der praktischen Anteile der Ausbildung ist dabei in der Regel von zentraler Bedeutung. Das Ziel ist es dabei nicht, das deutsche Berufsbildungssystem in einem anderen Land einzuführen, sondern einzelne, geeignete Elemente des Systems an den nationalen Kontext anzupassen. Positives Beispiel hierfür ist Mexiko, das im vergangenen Jahr mit deutscher Unterstützung sein „Modelo Mexicano de Formación Dual“ in 15 Bundesstaaten eingeführt hat. Auch die Reformbemühungen in Italien und der Slowakei, die ihren Ausdruck in neuen Berufsbildungsgesetzen mit vertieften Praxisphasen fanden, können als Beispiele für erfolgreiche deutsche Beratung angeführt werden. Was tun Sie speziell für deutsche kleine und mittlere Unternehmen, die Fachkräfte im Ausland suchen und ausbilden möchten?

18

Michael Wiechert leitet die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation (Govet).

Jedes Land hat seine Besonderheiten und muss insofern individuell betrachtet werden. Vorweg muss zudem die Frage geklärt sein: Für welchen Arbeitsmarkt sucht das Unternehmen Fachkräfte? Auch wenn Deutschland unter einem zunehmenden Fachkräftemangel leidet, ist die Arbeitsmigration aus sogenannten Drittstaaten streng geregelt. Geht es um Fachkräfte für die eigenen Niederlassungen im Ausland, ist sicherlich die Auslandshandelskammer vor Ort eine gute erste Anlaufstelle. Aus welchen Ländern ist das Interesse am deutschen Berufsbildungssystem am größten? Die meisten Anfragen erhalten wir aus China und Indien, allerdings sind dies riesige, bevölkerungsreiche Länder mit einer Vielzahl einzelner Regionen. Auch stellt sich die Frage, wie substanziell ist das Interesse? Wenn man also die konkreten Reformbemühungen oder umgesetzte Programme als Maßstab nimmt, sind Länder wie Mexiko, Italien, Portugal oder die Slowakei zu benennen. Deutschland kann jedoch nicht jedes Land, das Interesse hat, auch beraten. Die Priorisierung obliegt dabei der Politik, wir können diese letztlich nur in Hinsicht auf Potenziale und Erfolgsaussichten im Falle einer Beratung aufmerksam machen. Welche Besonderheiten sehen Sie im Bereich der Berufsbildung in Spanien, Afrika und China? In Spanien tragen die Regionen einen Großteil der Verantwortung für die Berufsbildung, sodass diese meistens als se-

parate Märkte betrachtet werden müssen. Auf Ebene der Regionen gibt es zahlreiche Initiativen und Projekte zur Berufsbildung von den unterschiedlichen deutschen Akteuren. China entwickelt sich im Bereich der Berufsbildung in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Der Bedarf an Fachkräften liegt bei rund 25 Millionen in den nächsten fünf Jahren. Das Interesse an der deutschen dualen Aus- und Weiterbildung ist sehr groß, aber die Umsetzung scheint schwierig, weil gerade chinesische Unternehmen nicht unbedingt ihre Rolle als Ausbildungsstätten sehen. In manchen Regionen, die gerade mit der Auslandshandelskammer Schanghai und der Hanns-Seidel-Stiftung zusammenarbeiten, sind duale Strukturen nachhaltig geschaffen worden. Hier kooperieren Colleges mit Unternehmen, werden Prüfungen durch unabhängige Kommissionen durchgeführt und arbeiten deutsch-chinesische Berufsbildungsausschüsse an Fragen der Berufsbildung. Der Kontinent Afrika muss differenziert gesehen werden. Die Voraussetzungen in den Maghreb-Staaten, in Südafrika, in Ostafrika, im Westen und im Zentrum des Kontinents divergieren stark. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kooperiert mit mehr als 15 afrikanischen Ländern in der Berufsbildung. In Tunesien fördert das Auswärtige Amt seit Jahren einzelne Berufsbildungsprojekte. Die Kooperation mit Südafrika, die auf einer Kooperation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beruht und durch Govet ausgestaltet wird, hat in der jüngeren Vergangenheit positiv an Dynamik gewonnen. Interview: Samira Akrach und Christina Otte

WEITERE INFORMATIONEN www.govet.international

markets

2/2016

schwerpunkt

Hier finden Sie Servicestellen! Sie wollen im Ausland ausbilden? Zahlreiche Organisationen unterstützen Sie dabei. markets stellt einige Akteure im Bereich der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit und eine Auswahl ihrer Aufgabenbereiche vor. Auswärtiges Amt/Auslandsvertretungen

Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

IHK-AHK-DIHK-Netzwerk

• Maßnahmenentwurf für Berufsbildung mit außenpolitischer Zielsetzung • Ansprechpartner zum Berufsbildungsexport, Identifizierung von Staaten für einen erfolgreichen Berufsbildungsexport • Weitervermittlung an zuständige Akteure

• Organisation der dualen Ausbildung im Ausland • Organisation/Anerkennung von Prüfungen und Zeugnissen • Aufbau eines weltweit einheitlichen Dienstleistungsportfolios www.dihk.de

www.auswaertiges-amt.de

Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (BA)

Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH • Beratung zu und Begleitung von Reformprozessen in der Berufsbildung • Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften

• Expertise im Bereich internationaler Arbeitsmarkt und Vermittlung spezieller Berufsgruppen (Künstler, Manager) • Berufliche Integration rückkehrender Fachkräfte in ihre Herkunftsländer

• Erforschung und Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung • Beratung und Anlaufstelle in der Berufsbildungszusammenarbeit (Govet) • Unterstützung deutscher Bildungsanbieter beim Auslandsgeschäft (iMove) • Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland www.bibb.de www.imove-germany.de www.govet.international www.anerkennung-in-deutschland.de

KfW Entwicklungsbank

www.zav.de

• Finanzielle Zusammenarbeit mit Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern, etwa im Bereich berufliche Bildung

Sequa gGmbH

ZDH/Handwerkskammern

www.kfw-entwicklungsbank.de

• Beratung und Vermittlung von Experten • Durchführung von Trainings für Schüler und Lehrkräfte • Entwicklung von Lehrplänen

• Entwicklung praxisorientierter Berufsbilder und Rahmenlehrpläne der beruflichen Aus- und Weiterbildung • Vermittlung von Experten für internationale Berufsbildungsprojekte über das Projekt „Initiative Berufsbildungs-Export (IBEX)“

www.giz.de www.alumniportal-deutschland.org

www.sequa.de

www.zdh.de

ONLINE!

RN 5 L Ä NDE 3 D N U R ZU R FAK TEN SIE UNTE N E D IN F IT WELT WE H N -U N DAI.DE /LO T .G W W W N E NKO S T E L OH N N E B

Goethe-Institut • Allgemeine und berufsbezogene Sprachkurse • Fachsprachliche Qualifizierung für Berufsschuldozenten www.goethe.de

Viele weitere nationale und internationale Akteure sowie Informationen zur deutschen Berufsbildung und zu anderen Ländern finden Sie unter: www.govet.international Quellen: „Akteure der internationalen Berufsbildung. Ein Wegweiser“, Auswärtiges Amt (Hrsg.); Recherchen von Germany Trade & Invest

Fotos: BIBB; Germany Trade & Invest (5)

DIE AUTOREN DES SCHWERPUNKTS

Samira Akrach ist im Bereich Afrika/ Nahost zuständig für West- und Zentralafrika, Marokko sowie für die marketsRedaktion. 2/2016

markets

Martin Kalhöfer leitet den Bereich Afrika/ Nahost bei Germany Trade & Invest und ist stellvertretender Chefredakteur von markets.

Miriam Neubert ist seit 2003 bei Germany Trade & Invest im Einsatz. Seit 2014 berichtet sie aus Spanien und Portugal.

Christina Otte arbeitet im Bereich Asien/Pazifik. Dort ist sie Ansprechpartnerin für China und zuständig für die marketsRedaktion.

Dr. Stefanie Schmitt ist langjährige Chinakennerin. Von 2000 bis 2008 leitete sie das Schanghaier GTAI-Büro, seit 2013 berichtet sie aus Peking. 19

märkte

kurz notiert

ISRAEL

Nachrüstung wird Pflicht Ab dem 1. November 2016 müssen alle Lkw, Busse sowie Krankenwagen ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen ab dem Baujahr 2012 mit Spurhalteassistenten und Abstandshaltern nachgerüstet werden. Eine entsprechende Verordnung wurde Anfang Februar 2016 von Verkehrsminister Israel Katz unterzeichnet. Neuimportierte Fahrzeuge dieser Gewichtsklasse dürfen bereits ab November 2015 nur mit den genannten Fahrerassistenzsystemen ins Land gebracht werden. > www.gtai.de/israel

GRIECHENLAND

Neue EU-Förderperiode Fast 20 Milliarden Euro sollen bis 2020 aus EU-Kassen in die griechische Wirtschaft fließen. Das sieht das aktuelle Partnerschaftsabkommen mit Hellas vor. Die ersten vier Programme werden ab März 2016 ausgeschrieben. Bewerbungsfrist: April oder Mai, je nach Ausschreibung. Zielgruppe sind Firmen aus dem Tourismus, kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups bestimmter Branchen. Diese können zum Beispiel Zuschüsse für neue Maschinen und Ausrüstung beantragen. > www.gtai.de/griechenland

JETZT SCHON VORMERKEN 14.4.2016 | IHK-Forum Mittelund Osteuropa, Neuss www.tinyurl.com/markets-2-16-20 19.4.2016 | 11. Deutscher Außenwirtschaftstag 2016, Bremen www.aussenwirtschaftstag.de 15. bis 19.6.2016 | Hecho en Alemania, Mexiko-Stadt www.tinyurl.com/markets-2-16-20-1 WEITERE INFORMATIONEN www.gtai.de

20

Die Politikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gilt als Hoffnung für das Land.

MYANMAR RELOADED WIRTSCHAFTSPOLITIK. Myanmar startet mit dem über-

wältigenden Wahlsieg der Partei von Aung San Suu Kyi in eine neue politische Ära. Text: Dr. Waldemar Duscha



ie Herausforderungen, vor denen Myanmar steht, sind nach 60 Jahren Selbstisolation gewaltig, ebenso die Erwartungen an die Partei von Aung San Suu Kyi nach den gewonnenen Parlamentswahlen vom November 2015. Der ehemalige Präsident Thein Sein hat den Grundstock für eine offene und liberale Wirtschaft gelegt und seit 2011 über 1.000 Auslandsunternehmen angezogen. Doch viele westliche Investoren sind jetzt vorsichtig und warten auf klare Signale zur zukünftigen Wirtschaftspolitik. Anders die großen asiatischen Partnerländer, die

ihre Bastionen in lukrativen Feldern unbeschwert weiter ausbauen, so bei Energie, Telekommunikation, Bauwirtschaft, Immobilien, Nahrungsmittel, Hotelgewerbe und Handel. Deutschland zieht langsam nach, viel Engagement läuft über Bangkok als dem Gateway nach Myanmar, Kambodscha und Laos.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/myanmar

markets

2/2016

märkte

NIMM MICH MIT!

kurz notiert

MEXIKO. Carpooling und Apps sollen das Verkehrspro-

KASACHSTAN

blem in Mexiko-Stadt verbessern.

Privatisierung ausweiten

Text: Florian Steinmeyer

Kasachstan leidet unter den niedrigen Ölpreisen. Wegbrechende Steuereinnahmen erhöhen den Druck, Wirtschaftsreformen durchzuführen. Ein wichtiger Schritt hierbei ist die Privatisierung. Bis 2021 soll der Anteil des Staates an der Wirtschaft von derzeit über 70 auf 15 Prozent sinken. Ende 2015 hat die Regierung beschlossen, die Privatisierungen auszuweiten. Die Staatskonzerne, darunter der Ölriese Kasmunaigas und der weltgrößte Uranförderer Kasatomprom, sollen Aktienpakete an die Börse bringen und sich von einem Großteil ihrer Töchter trennen. > www.gtai.de/kasachstan Um das Verkehrsproblem in den Griff zu kriegen, sollen Mexikaner gemeinsam Auto fahren.

M

Fotos: Alejandro Moreno de Carlos/Stocksy (2); Soe Zeya Tun/Reuters

exiko-Stadt bekommt den Verkehr trotz neuer Stadtautobahnen und Busverbindungen nicht in den Griff. Abhilfe könnte das Carpooling schaffen. Mit Bla Bla Car und Tripda vermitteln bereits zwei Firmen Fahrten in die Nachbarstädte. Für den innerstädtischen Verkehr hat Uber sein Angebot Anfang 2016 erweitert. Fahrgäste können nun angeben, dass sie ihr privat vermitteltes Taxi teilen möchten und bekommen dafür einen günstigeren Tarif. Sicherheitsbedenken versuchen die Anbieter durch Filter- und Empfehlungssysteme sowie durch die Verknüpfung mit sozialen Netzwerken zu zerstreuen. Zentrale Plattformen für innerstädtische Fahrten

SÜDKOREA

sind Apps, die in Echtzeit über die Position von Fahrern und Mitfahrern sowie den voraussichtlichen Preis informieren. Das Teilen von Autos kann Verkehrsexperten zufolge eine große Chance für Metropolen in Lateinamerika sein, in denen der öffentliche Nahverkehr oft nicht bis in die Vororte reicht und das Fahrrad als Verkehrsmittel selten genutzt wird. In Mexiko-Stadt hat die Verkehrsbehörde Semovi das Carpooling in die städtische Verkehrsstrategie aufgenommen und will den Gebrauch durch Informationsveranstaltungen fördern.

Hohe Direktinvestitionen Die ausländischen Direktinvestitionen in der Republik Korea zogen 2015 trotz des sich abschwächenden Wachstums des Bruttoinlandsprodukts deutlich an. Mit 16 Milliarden US-Dollar konnte sogar ein neues Allzeithoch erreicht werden. Die Investitionen aus China zeigten mit einer dreistelligen Steigerungsrate nach oben. Die Direktinvestitionen aus Deutschland nahmen um 2,5 Prozent zu. Nach Branchen dominierte Finanzen und Versicherungen. Fast die Hälfte der Direktinvestitionen entfiel auf die Hauptstadtregion Seoul. > www.gtai.de/korea

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/mexiko

ERFOLGREICHE GESCHÄFTE IN NIGERIA LESETIPP. Neuer Marktführer ab jetzt erhältlich. er massiv sinkende Ölpreis stellt Nigeria aktuell vor große Herausforderungen. Nichtsdestotrotz gibt es eine Reihe von Sektoren, die für deutsche Unternehmen hochinteressant sind. Hierzu zählen der Bausektor, zahlreiche Infrastrukturprojekte und der Konsumgüterbereich. Mehr als 180 Millionen Nigerianer bilden einen der weltweit größten Verbrauchermärkte. Germany Trade & Invest hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenar-

D

2/2016

markets

Text: Samira Akrach

beit und der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria einen Marktführer erstellt. „Neue Märkte – Neue Chancen – Nigeria“ informiert über die Wirtschaftsstruktur, das Investitionsklima und die wirtschaftlichen Potenziale des Landes. Zusätzlich erhält der Leser geschäftspraktische Tipps, eine Übersicht zu den Beratungs- und Fördermöglichkeiten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sowie eine Liste mit einer großen Auswahl von relevanten Ansprechpartnern.

Neue Märkte – Neue Chance Ein Wegweiser für deutsche

Unternehmer

Nigeeria ria

n

Die Publikation „Neue Märkte – Neue Chancen – Nigeria“ (Bestell-Nr. 20667) ist kostenlos erhältlich unter: www.tinyurl.com/ markets-2-16-21

21

märkte

Auch bei Gleitschirmen und Heißluftballons zählen tschechische Firmen zu den Global Playern.

WELTSTARS IN DER NISCHE TSCHECHIEN. Deutschlands Nachbarland gehört zu den innovativsten Volkswirt-

schaften in Mittelosteuropa. Ein Erfolgsgeheimnis liegt in der Spezialisierung auf Nischenprodukte, mit denen einige Unternehmen die Weltspitze erobert haben.

F

ast jeder kennt den Eishockeypuck, doch kaum jemand weiß, wer ihn produziert. Eishockeyfan Pavel Mracek kam Anfang der 1990er-Jahre auf die Idee, das wichtigste Utensil für das schnelle Spiel selbst herzustellen. So gründete der Sportenthusiast im mährischen Dorf Katerinice die Gummifabrik Gufex. Seit 2000 sind die dort produzierten Pucks im Dauereinsatz bei allen Eishockey-Weltmeisterschaften (WM). Allein bei der letzten WM wurden 5.000 dieser Spielgeräte benötigt. Jährlich verlassen nun fast eine Million Gummischeiben das Werk im Osten der Tschechischen Republik. Gufex ist einer von rund einem Dutzend tschechischer Hidden Champions – weltweit gibt es knapp 2.700 dieser heimlichen Weltmarktführer. Sie stecken viel Geld und Kraft in innovative Produkte, mit denen sie die internationale Konkurrenz ausstechen. Günstige Lohnkosten, der europäische Binnenmarkt vor der Haustür und die lange Industrietradition haben in Tschechien einige Global Player entstehen lassen. Sie gehören zu den führenden Anbietern in ihrem Segment, sind oft familiengeführt, erreichen keine Milliardenumsätze und sind der breiten Öffentlichkeit nahezu unbekannt. Knapp 15 Kilometer westlich von Prag liegt das Mekka der Vinylfans. In Lodenice presst GZ Media ein Fünftel des weltweiten Schallplattenbedarfs, der plötzlich 22

wieder nach oben schnellt. Allein im vergangenen Jahr legte der Absatz um 30 Prozent auf 18 Millionen Langrillen zu. Die wichtigsten Märkte sind dabei die USA und Westeuropa. „In den letzten drei Jahren ist die Nachfrage enorm gestiegen. Trotzdem sind wir inzwischen gut diversifiziert und haben auch in die Verpackungs- und Druckproduktion investiert“, erklärt Marketingdirektor Michael Nemec. Auf diese Weise kann GZ Media den Plattenlabeln die Cover gleich mitliefern. STÄNDIGE INNOVATIONEN

In Mittelböhmen befindet sich ein weiterer Global Player – die Firma Linet. Mit der Spezialisierung auf Krankenhausbetten ist das Unternehmen innerhalb von 25 Jahren zum führenden Anbieter in Europa geworden. Inzwischen betreibt Linet auch eine Fertigungsstätte in Deutschland. In den USA erreicht die Firma mit Betten für die Intensivpflege einen Marktanteil von fast 20 Prozent. „Ein solches Bett kostet dort so viel wie ein Kleinwagen“, sagt Linet-Gründer Zbynek Frolík. Als Geheimrezept des Erfolges nennt er „ständige Innovationen bei Produkten und Service“. Sein Unternehmen versuche, möglichst nah am Endverbraucher zu sein. „Drei Viertel unserer weltweiten Produktion verkaufen wir selbst und nicht über Distributoren“, so Frolík. In diesem Jahr soll die Produktion erstmals ein Kontingent von über 100.000 Betten erreichen.

Von solchen Stückzahlen kann Tescan Orsay in Brünn (tschechisch Brno) nur träumen. Das Unternehmen ist in einer ganz anderen Nische unterwegs. Es entwickelt und produziert Rasterelektronenmikroskope für die Nanoforschung. Die sind von Brasilien bis Japan gefragt. Rund 250 solcher Geräte verlassen das Werk in Südmähren pro Jahr, mehr als 90 Prozent davon gehen in den Export. „Die hohe Konzentration an Technologiefirmen im Raum Brno führt allmählich zu Engpässen bei der Fachkräftesuche“, sagt Marketingchef Vaclav Janistin. Dank Tescan und zwei weiterer Hersteller (Delong und FEI) ist Brünn zum globalen Produktionszentrum für Elektronenmikroskope geworden. Trotz harten Wettbewerbs ist es dem Tescan-Vorstandsvorsitzenden Jaroslav Klíma um die Zukunft nicht bange. „Unsere einzige Chance ist der Wachstumspfad. Dann werden wir nicht von anderen geschluckt.“ Für Tescan und all die anderen Hidden Champions heißt das, sich als internationales Spitzenunternehmen zu etablieren und weiterzuentwickeln – mit Basis in Tschechien und Märkten in aller Welt.

WEITERE INFORMATIONEN www.gtai.de/tschechische-republik

markets

2/2016

Fotos: iStock (9)

Text: Gerit Schulze, Prag

märkte

HIDDEN CHAMPIONS IN TSCHECHIEN SKY SK S KY PARAGL PARAGLIDERS

SEV LITOVEL

KOMA MODULAR

Produkt: Gleit- un und Rettungsschirme Jahresumsatz 2014 2014: rund 2,7 Millionen Euro Export weltweit

Produkt: Schallplattenspieler Jahresumsatz 2014: rund 11,7 Millionen Euro Export in mehr als 60 Länder Exportquote: 99 Prozent

Produkt: Wohncontainer Jahresumsatz 2015: 32 Millionen Euro Exportquote: 90 Prozent

Die Tschechen sin sind Outdoorenthusiasten und lieben Extremspor Extremsportarten. Daher verwundert es kaum, dass einer der führenden Ausrüster für Gleitschirmflieger seinen Sitz in MährischSchlesien hat. Sky Paragliders zählt nach eigenen Angaben zu den zehn wichtigsten Herstellern von G Gleit- und Rettungsschirmen in der Welt. Um d die Abhängigkeit von Zulieferern zu verringer verringern, plant das Unternehmen für vier Millionen Eur Euro nun eine eigene Webfabrik samt Forschungszentrum zur Entwicklung neuer Materialien. www.sky-cz.com

Passend zum Vinylboom gibt es in Tschechien auch den weltweit größten Hersteller von Hi-Fi-Plattenspielern. Erst 2015 hat die mährische Firma SEV Litovel mit 111.000 Geräten einen neuen Produktionsrekord aufgestellt. Nur 1.000 davon blieben auf dem tschechischen Markt, der Rest ging in den Export. Nun plant das Unternehmen ein Modell, das an die Wand gehängt werden kann. Beim globalen Vertrieb der tschechischen Audiotechnik hilft ein österreichischer Partner. www.sev-litovel.cz

Ein tschechisches Produkt ist seit der Flüchtlingskrise besonders gefragt: Wohncontainer. Seitdem Hunderttausende Menschen im Nahen Osten vor Krieg und Verfolgung fliehen, stehen die Kunden Schlange. Koma Modular ist offizieller Lieferant für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, für Unicef und die Nato. Das Unternehmen beliefert ganz Europa, Russland und sogar Mexiko, Indien und die Mongolei. Zurzeit gehören deutsche Kommunen zu den besten Kunden. www.koma-modular.cz

BALONY KUBICEK

AVAST

ELMARCO

Produkt: Heißluftballons Jahresumsatz: rund 2,5 Millionen Euro Exporte in 30 Länder

Produkt: Sicherheitssoftware Jahresumsatz 2014: 163 Millionen Euro Export in alle Welt

Produkt: Maschinen zur Herstellung von Nanofasern Jahresumsatz 2014: rund 6,4 Millionen Euro Export nach Europa, Nordamerika, Asien

Wenn der australische Abenteurer und Tierarzt Geoff Wilson demnächst einen neuen Rekordversuch startet und in die Stratosphäre emporsteigt, dann unternimmt er das Abenteuer in einem Heißluftballon aus Brünn. Das Unternehmen Balony Kubicek zählt zu den drei größten Ballonherstellern der Welt und liefert in 30 Länder. Auch Luftschiffe gehören zum Produktionsprogramm. www.kubicekballoons.cz

Schon 1988 hatten die beiden tschechischen Wissenschaftler Eduard Kucera und Pavel Baudis das Vienna-Virus unschädlich gemacht, das damals DOS-Rechner befiel. Gestützt auf ihr Wissen gründeten sie eine Softwarefirma, die sich auf Antivirenprogramme spezialisierte. Heute ist die Prager Avast auf diesem Gebiet der führende Anbieter. Auf rund 240 Millionen Geräten weltweit ist die Software installiert. Eine so große Verbreitung schafft kein anderer Antivirenspezialist. www.avast.com

Liberec war im Habsburgerreich das zweitwichtigste Zentrum der Textilindustrie. Heute sind nur noch eine Handvoll Hersteller mit weniger als 5.000 Beschäftigten übrig. Wissenschaftler der örtlichen Technischen Universität haben die Chancen der Nanotechnologie erkannt und eine Maschine zur Produktion von Nanofasern entwickelt. Aus der Idee ist das Unternehmen Elmarco entstanden, dessen Nanospider erstmals in industriellem Maßstab Nanogewebe spinnen kann. Die Maschine ist ein weltweiter Verkaufsschlager. Ein Viertel der Nanospider geht nach Asien. www.elmarco.cz

ONLINE!

F ÜR BEISPIELE D WEITERE UN S HAMPION HIDDEN C W RVIE S Z WEI IN TE T ER : NLINE UN GIBT ES O ETS R I.DE/MA K WWW.GTA

Ob Eishockeypuck oder Schallplatte – in Tschechien gibt es einige Unternehmen, die es zum Weltmarktführer gebracht haben.

2/2016

markets

23

märkte

IRAN IM AUFBRUCH AUSBLICK. Im Januar 2016 ist ein Großteil der gegen den Iran verhängten



ereits in den ersten zwei Monaten nach Aufhebung der Sanktionen konnte der Iran mit europäischen Unternehmen Vereinbarungen in dreistelliger Milliardenhöhe unterzeichnen. Die Europäische Union und die USA hatten die Sanktionen am 16. Januar 2016 aufgehoben (Implementation Day), nachdem der Iran sein Atomprogramm signifikant zurückgefahren hatte. Zumeist sind es zwar nur Absichtserklärungen zwischen dem Iran und europäischen Unternehmen, aber die meisten Projekte haben gute Chancen, realisiert zu werden. Zu den deutschen Firmen mit neuen Großengagements gehören beispielsweise Mercedes-Benz und Siemens. Der deutsche Automobilbauer will seine traditionelle Rolle als Irans führender Lkw-Hersteller ausbauen. Siemens plant unter anderem eine Beteiligung an der Entwicklung des Schienennetzes, zwei Hochgeschwindigkeitsstrecken sind vorgesehen. Irans wichtigster Wirtschaftszweig, die Öl- und Gasförderung, wartet noch auf neue Verträge mit ausländischen Partnern. Das Interesse internationaler Unternehmen ist groß, die Rahmenbedingungen allerdings noch unklar. Die Regierung will Investitionen im Öl- und Gassektor durch eine attraktivere Vertragsgestaltung fördern. Nach iranischen Kalkulationen sind im Ölsektor in den nächsten fünf Jahren Investitionen in Höhe von 185 Milliarden US-Dollar erforderlich. 24

Im verarbeitenden Gewerbe ist neben der Automobilproduktion die Petrochemie der größte Industriezweig. Dort sollen die Jahreskapazitäten bis 2025 von heute 60 Millionen Tonnen auf 180 Millionen Tonnen ansteigen. Ambitionierte Pläne gibt es auch für die Metallindustrie. Mittelfristig ist eine Verdreifachung der Stahlerzeugung auf über 50 Millionen Tonnen angestrebt. Ebenfalls soll die Aluminium- und Kupferproduktion kräftig expandieren. GESUNDHEITSSEKTOR SUCHT INVESTOREN

Beim Ausbau des Gesundheitswesens soll der Privatsektor die Führungsrolle übernehmen. Unter Leitung von Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, besuchte im Januar eine große Delegation der deutschen Gesundheitswirtschaft die Islamische Republik. „Das Interesse deutscher Unternehmen der Gesundheitswirtschaft am Iran ist groß“, so Staatssekretärin Zypries. „Wir wollen die Intensivierung der Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und Iran nach Aufhebung der Sanktionen in den kommenden Monaten im Bereich der Gesundheitswirtschaft weiter aktiv begleiten.“ Im Rahmen der Delegationsreise präsentierten Irans Regierungsvertreter ihre Pläne für eine neue Struktur des Gesundheitswesens. Die bestehende Unterversorgung mit medizinischen Einrichtungen solle vor allem durch Investitionen in- und ausländischer Privatunternehmen beseitigt

werden. Der Staat wolle sich nur noch begrenzt bei Ausbau und Modernisierung des Gesundheitswesens engagieren. Im Iran müssen dringend die Krankenhauskapazitäten aufgestockt werden. Aktuell liegt die Bettenzahl bei etwa 135.000, davon entfallen 15.000 auf private Einrichtungen. Der neue Fünfjahresentwicklungsplan kalkuliert mit zusätzlichen 115.000 Betten. Zudem seien in bestehenden Krankenhäusern 50.000 Betten modernisierungsbedürftig, so das Gesundheitsministerium. Ein erstes ausländisch finanziertes Krankenhausprojekt könnte an die Firma Pessina Costruzioni gehen. Das Mailänder Unternehmen hat eine Absichtserklärung über den Bau und Betrieb von fünf Krankenhäusern mit insgesamt 4.000 Betten unterzeichnet. Private Investoren werden auch für den weiteren Ausbau der lokalen Medizintechnikindustrie gesucht. Regierungsvertreter weisen darauf hin, dass der Iran auch in diesem Sektor den Anteil der Einfuhren stark zurückfahren möchte. Dazu sei aber eine Ausweitung der Kooperationen mit ausländischen Partnern, die zum Know-how-Transfer bereit sind, notwendig.

WEITERE INFORMATIONEN

Die Broschüre „Iran im Fokus 2016 – Branchen und Projekte“ (Bestell-Nr. 20752) steht als Download bereit unter www.gtai.de/iran

markets

2/2016

Foto: Jakkarin Chatrungrueangchai/EyeEm/gettyimages

Sanktionen aufgehoben worden. Jetzt werden neue Projekte mit europäischen Unternehmen in Serie angekündigt. Text: Robert Espey, Teheran

märkte

JETZT IST KUBA AM BALL UMSCHWUNG. Ein interner Reformstau bremst die Auswirkungen der Öffnung

zu den USA noch aus. Die Geschäftstätigkeit ist noch immer vom Staat abhängig, Rechtssicherheit gibt es nicht. Text: Peter Buerstedde, Bonn eit die USA im ter sehr restriktiv und büroDezember 2014 bekratisch. Zwar hat der kubagonnen haben, ihre nische Staat 2011 einen ReSa n k t ion spol it i k formprozess begonnen. Erzu lockern, strölaubt wurden Immobilienmen die Touristen verund Pkw-Käufe für Kubaner. mehrt nach Kuba. Manche Ein neues Investitionsrecht befürchten, dass die erfrisowie eine Sonderentwickschend werbefreien Stralungszone in der Hafenßen Havannas bald von stadt Mariel gewähren US-Leuchtreklamen ausausländischen Investoren geleuchtet werden und das kräftige Steuervergünstikubanisch-sozialistische gungen. Allerdings müsFlair für immer verschwinsen ausländische Firmen det. Geschäftsmänner und Mitarbeiter weiter über Politiker aus aller Welt staatliche Agenturen bekommen ebenfalls auf die schäftigen, und InvestitioInsel, weil sie Angst haben, nen sind genehmigungsvon US-Firmen auf dem kupflichtig. Nur in Mariel akbanischen Markt ausgestozeptiert Kuba inzwischen chen zu werden. Für deutMehrheitsbeteilig ungen sche Unternehmen hat sich ausländischer Firmen. Die bisher noch nicht viel verGeschäftstätigkeit in Kuba ändert: „Auch wenn eine ist aber immer irgendUS-Delegation nach der wie vom Staat abhängig. anderen in Havanna den Rechtssicherheit gibt es Castro-Brüdern den Hof nicht. macht, werden US-Firmen DEUTSCHES BÜRO AUF KUBA den Markt vorerst nicht Durch die schrittweise Norüberschwemmen. Aber auch malisierung mit den USA so sind die Investitionsbewird nun immer deutlidingungen für deutsche cher, dass nicht nur das USund europäische UnternehEmbargo, sondern auch die men kompliziert genug“, Bei der Umsetzung der Reformen muss Kuba mehr Einsatz zeigen. Geschäftsbedingungen in sagt Dr. Andreas Voß, Leiter Kuba für die wirtschaftlider Rechtsberatung Rödl & Partner für Mexiko und Kuba. selbst in einigen Güterkategorien die In- che Malaise auf der Insel verantwortlich Im Prozess der sogenannten Normali- sel beliefern. Sogar an Infrastrukturvor- sind. Daher verhandelt Deutschland mit sierung der Wirtschaftsbeziehungen haben des kubanischen Staates dürfen Kuba über die Gründung eines Büros auf der Insel, das deutschen Firmen beim zwischen den USA und Kuba ist die Re- sich US-Unternehmen beteiligen. Geschäft vor Ort helfen soll. Ob Kuba gegierung in Washington D. C. inzwischen willt ist, größere Liberalisierungsschritan die Grenzen dessen gegangen, was HANDEL IST STAATSMONOPOL ohne Zustimmung des US-Kongresses Aber selbst diese zaghaften Liberalisie- te zu wagen, könnte sich schon im April möglich ist. Eine vollständige Aufhe- rungsschritte laufen großenteils ins Lee- 2016 beim Kongress der Kommunistibung des Embargos kann nur er be- re, wenn sie nicht von Veränderungen in schen Partei zeigen. „Vor fünf Jahren beschließen. Vor den Präsidentschafts- Kuba begleitet werden. Weder gibt es ku- gann mit dem letzten Kongress ein wichwahlen im November 2016 wird das banische Privatunternehmen, die in der tiger Reformprozess. Dieser könnte jetzt nicht passieren. Inzwischen können US- staatlich kontrollierten Wirtschaft Au- 2016 bestätigt und intensiviert werden“, Bürger aber leichter die Insel besuchen ßenhandel treiben dürfen, noch können so Dr. Andreas Voß. und mehr Geld an kubanische Verwand- US-Firmen nach eigenem Gutdünken den te überweisen. Außerdem dürfen ameri- Markt beliefern. Außen-, Groß- und EinWEITERE INFORMATIONEN kanische Firmen von kubanischen Pri- zelhandel sind in Kuba Staatsmonopol vatunternehmen Waren beziehen und und die Geschäftsbedingungen sind wei- www.gtai.de/kuba

Foto: iStock

S

2/2016

markets

25

märkte

Beringmeer ANADYR AUTONOMER BEZIRK DER TSCHUKTSCHEN

2%

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

Pazifischer Ozean

GEBIET MAGADAN

3%

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

REGION KAMTSCHATKA

5%

MAGADAN

PETROPAWLOWSKKAMTSCHATSKI

REPUBLIK SACHA (JAKUTIEN)

20 %

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

REGION CHABAROWSK JAKUTSK

17 %

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

GEBIET SACHALIN

24 %

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

GEBIET AMUR

8%

CHABAROWSK

LEGENDE Bergbau

JUSCHNOSACHALINSK

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

BIROBIDSCHAN REGION PRIMORJE

BLAGOWESCHTSCHENSK

20 %

Fischerei Landwirtschaft

JÜDISCHES AUTONOMES GEBIET

Verarbeitende Industrie

1%

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

Anteil am Regionalprodukt des Fernen Ostens (2013)

WLADIWOSTOK

JAPAN

Tourismus Transport

26

NORDKOREA markets

2/2016

märkte

„AUFBAU OST“ IM RUSSISCHEN FERNEN OSTEN RUSSLAND. Die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Westen

sind angespannt. Russland sucht daher verstärkt Wirtschaftspartner in Asien. Die östlichen Regionen profitieren davon. Text: Verena Saurenbach, Bonn

Karte: iStock (M)

D

as russische Dorf Nischneleninskoje am Fluss Amur zählt gerade einmal etwas über 200 Seelen, von der Hauptstadt Moskau trennen es 8.000 Kilometer und sieben Zeitzonen. Trotzdem schauen russische Politiker mit Interesse auf das kleine Örtchen im Fernen Osten. Denn hier entsteht die erste Eisenbahnbrücke zwischen China und Russland. Der chinesische Teil ist fast fertig – einzig die Zugangsbereiche werden noch ausgebaut. Auf russischer Seite wird erst allmählich mit dem Bau begonnen. Für Moskau ist die Eisenbahnbrücke ein Schlüsselprojekt. In Zeiten der Wirtschaftskrise und der Verstimmungen mit dem Westen möchte Russland die Beziehungen zu den asiatischen Nachbarn ausbauen. Chinesisches Kapital soll verstärkt in fernöstliche Projekte fließen, und für Warenlieferungen in den Westen sollen am besten russische Transportwege genutzt werden. Und das, obwohl eine der Hauptrouten der Neuen Seidenstraße durch Zentralasien und nicht durch Russlands Osten laufen wird. Wenn Moskau ein Stück vom Kuchen abhaben möchte, muss es schleunigst die Transportinfrastruktur ausbauen und modernisieren – vor allem in den fernöstlichen Grenzregionen, die jahrzehntelang vernachlässigt wurden. So fließt trotz Wirtschaftskrise Geld in den Ausbau von Häfen, Flughäfen, Straßenverbindungen sowie in den Aufbau von Containerterminals und Lagerhallen. Instrumente für die Entwicklung des Fernen Ostens gibt es haufenweise: 2012 hat die russische Regierung ein eigenes Ministerium für die Entwicklung der Regionen eingerichtet, im November 2015 ein entsprechendes Programm verabschiedet. Daneben gibt es einen Fonds, eine Gesellschaft und zwei Agenturen eigens für den Landesteil. Bei alldem nicht zu vergessen sind die scheinbaren Wunderwaffen – die „Territorien der beschleunigten sozialen und 2/2016

markets

wirtschaftlichen Entwicklung“ (TOR). Diese Überholspurterritorien sollen in jeder der neun Regionen des Fernen Ostens gegründet werden. Investoren winken umfangreiche Steuervergünstigungen, Zollfreiheit und vereinfachte Behördenprozeduren. Das dazugehörige Gesetz ist seit Frühjahr 2015 in Kraft. In den TOR sind Projekte in allen Wirtschaftsbereichen geplant. Bis Ende 2015 lagen 87 Investitionsanträge vor, die ersten Vereinbarungen wurden bereits unterzeichnet. Der Ferne Osten erhofft sich für 2015 und 2016 Investitionen von umgerechnet ungefähr fünf Milliarden Euro. Den Löwenanteil sollen dabei private Investoren stemmen, der Staat stellt etwa 300 Millionen Euro zur Verfügung. NEUE BEWOHNER FÜR DIE REGIONEN

Dennoch hat der Ferne Osten häufig noch das Nachsehen. In manchen Staatsprogrammen wurde in der Vergangenheit kein Rubel für diesen weiten Landesteil ausgegeben; bei den Investitionen im Gesundheitswesen erhält ein Bewohner fünfmal weniger als ein Bewohner aus dem Rest Russlands. Viele Fernöstler haben ihrer Heimat den Rücken gekehrt: Seit den 1990erJahren haben die Regionen etwa ein Viertel ihrer Bevölkerung verloren. Diesen Trend möchte die Regierung umkehren: Über 500.000 neue Bewohner sollen durch den „Aufbau Ost“ in die Regionen gelockt werden. Nicht nur neue Arbeitsplätze sollen den Fernen Osten attraktiv machen, sondern auch ein größeres Freizeitangebot. In dem TOR auf Kamtschatka ist ein Skigebiet geplant. In den Sommermonaten sollen dort Sportbegeisterte wandern und Mountainbike fahren können. Zwölfmal mehr Touristen möchte man dadurch bis 2025 nach Kamtschatka locken. Manche Jubelmeldungen sind mit Vorsicht zu genießen. Pünktlich zu Großveranstaltungen wie dem Östlichen Wirt-

ONLINE!

WEITERE INFORMA TIONEN ZU F E R NE N O M S T E N, P R O J E K T TABELL UND EIN E EN X PE R T E N IN TERVIE FINDEN S W IE ONLINE UN T E R W W W.GTA I.DE /MAR KE TS

schaftsforum werden alte Megaprojekte erneut medienwirksam angepriesen. So zum Beispiel die Werft Swesda in der Region Primorje. Hier sollen für die Öl- und Gasindustrie Groß- und Flüssiggastanker, Eisbrecher und Bohrinseln produziert werden. Für den Fernen Osten ist das Industrieprojekt von enormer Wichtigkeit, denn hier schlummern riesige Öl- und Gasreserven. Kein Wunder, dass der Ölriese Rosneft und die Gazprombank die Hauptinvestoren sind. Allerdings leidet die Projektfinanzierung derzeit unter dem gesunkenen Ölpreis und den westlichen Sanktionen. Seit 2012 laufen die Arbeiten, im Jahr 2016 soll endlich die erste Bauphase abgeschlossen sein. Die ersten Öl- und Gastanker sollen 2019 vom Stapel laufen. Die unsichere Wirtschaftsentwicklung könnte den „Aufbau Ost“ bremsen. Chinesische Investoren prüfen immer genauer, in welche Projekte sie noch Geld lenken. Auch auf russischer Seite drückt die Krise auf den Geldbeutel. Derzeit liegt angeblich ein Antrag des Fernostministeriums zu einer massiven Kürzung des Entwicklungsprogramms im Jahr 2016 vor. Vizepremier und Bevollmächtigter für den Fernen Osten, Juri Trutnew, beruhigt aber die Gemüter. Der russische Präsident stehe weiterhin hinter den Plänen: „Beim Fernen Osten muss nicht gekürzt werden.“

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/russland 27

branchen

kurz notiert

KASACHSTAN

Deutsche Elektroindustrie exportiert auf Rekordniveau Die Exporte der deutschen Elektroindustrie haben 2015 den Vorjahresrekord übertroffen. Die Ausfuhren seien mit 174,1 Milliarden Euro um 6,7 Prozent im Jahresvergleich gestiegen, so Andreas Gontermann, Chefvolkswirt des Zentralverbands Elektrotechnikund Elektroindustrie. „Wir haben sicherlich an der Erholung der Eurozone

partizipiert“, sagt Gontermann. Auch habe der schwache Euro die Entwicklung begünstigt. Größter Abnehmer waren die USA, den stärksten absoluten Rückgang verzeichneten Exporte nach Russland. WEITERE INFORMATIONEN

www.zvei.org

Fleisch für die Welt Weite Steppen, ungenutztes Land und weltweit steigender Bedarf – ausländische Investoren entdecken die kasachische Viehwirtschaft. Bislang litt die Entwicklung des Sektors unter der Kleinteiligkeit der Betriebe und fehlenden Qualitätsstandards. Firmen aus der Volksrepublik China und aus Italien planen nun Investitionen. Inalca Eurasia will Fleisch aus Kasachstan zu einer weltweit bekannten Marke machen. Hierfür investieren die Italiener 100 Millionen Euro in den Bau von Viehfarmen und die Modernisierung eines Schlachthofs. > www.gtai.de/kasachstan

TOURISMUSBOOM IN KUBA KUBA. Mit der politischen Öffnung nimmt der Strom

von Besuchern zu. Die Tourismusbranche muss investieren. Text: Florian Steinmeyer

RUMÄNIEN

Penny expandiert Der deutsche Discounter Penny (Rewe Group) investiert knapp zehn Millionen Euro in den Bau eines dritten Logistikzentrums im Kreis Bacau im Nordosten Rumäniens. Penny plant, in den nächsten zehn Jahren rund 400 Märkte in Rumänien zu betreiben, und wird dafür jährlich bis zu 25 Filialen eröffnen. Zum Jahresende 2015 hatte der Discounter 181 Filialen, sieben davon unter dem Format XXL Mega Discount. Die bisherigen Investitionen liegen bei schätzungsweise 360 Millionen Euro. Die Gruppe liegt hinter Kaufl and, Carr efour, Auchan und Mega Image an fünfter Position im rumänischen Lebensmitteleinzelhandel. > www.gtai.de/rumaenien

JETZT SCHON VORMERKEN 30.5. bis 3.6.2016 | IFAT, Weltleitmesse für Umwelttechnologien, München, www.ifat.de

28

Eine der wichtigsten Einnahmequellen Kubas ist der Tourismus.

D

er Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kubaner, doch immer häufiger sind Hotels überbucht oder Mietwagen nicht verfügbar. Was ärgerlich für die Reisenden ist, hat handfeste Gründe: Die Zahl der Besucher nahm 2015 um 17,4 Prozent auf rund 3,5 Millionen zu. Vor allem USAmerikaner kommen häufiger auf die Insel, ihre Aufenthalte stiegen um 77 Prozent. Dabei sind Reisen für USBürger offiziell nur zu speziellen Zwecken erlaubt, etwa zum Bildungsaus-

tausch oder aus religiösen Gründen. Das Tourismusministerium möchte in den kommenden Jahren rund 10.000 zusätzliche Hotelbetten schaffen, denn der Staat ist nach wie vor größter Hotelbetreiber. Ein besonderes Geschäftsfeld bieten in dem sozialistischen Land ausgerechnet Golfplätze. 13 neue Anlagen sind zurzeit in Planung.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/kuba

markets

2/2016

branchen

kurz notiert CÔTE D’IVOIRE

Ausbau von 3G und 4G Binnen zwei Monaten haben die drei großen Mobilfunknetzbetreiber in Côte d’Ivoire ihre Lizenzen für 3G und 4G erworben. Im Anschluss an die Lizenzvergabe für die drei Netzbetreiber dürfte es zu Investitionen in den Ausbau der neuen Technologien kommen. Auch das Verlegen von Glasfaserkabeln im ganzen Land ist geplant. Damit wird das westafrikanische Land erstmals auf breiter Ebene Zugang zum Hochgeschwindigkeitsinternet erhalten. > www.gtai.de/cote-d-ivoire

SÜDKOREA

Umweltfreundliche Autos

Die Untersuchung mit Lasern ist nur ein Schwerpunkt der Fotonik.

LASERTECHNIK IM FOKUS FOTONIK. Vom 20. bis 23. September 2016 können

SCHWEDEN

Unternehmen den indischen Markt erkunden.

Markt für Industrie 4.0

Text: Thomas Hundt

D

Fotos: istock (2); Roger Ressmeyer/Corbis

Die koreanischen Kfz-Hersteller wollen sich verstärkt im Segment umweltfreundlicher Fahrzeuge positionieren. Vor allem Hyundai strebt in den kommenden Jahren an, auch international eine wichtige Rolle bei Elektro- und Hybridfahreugen einzunehmen. Die koreanische Regierung sieht den Sektor als neuen Wachstumsmotor und unterstützt die Entwicklung über ein neu aufgelegtes Förderprogramm. Dieses sieht neben Subventionen beim Kauf von Fahrzeugen auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur vor. > www.gtai.de/korea

er indische Markt für Fotonik entwickelt sich prächtig. Wichtige Abnehmerbranchen wie Telekommunikation, Kfz oder Maschinenbau steigern derzeit ihre Bestellungen. Besonders exportorientierte Unternehmen und Zulieferer multinationaler Unternehmen investieren zunehmend in technologisch anspruchsvolle Ausrüstungen. Der Preis ist aber nach wie vor entscheidend. Deutsche Fotonikunternehmen können sich vom 20. bis 23. September 2016 einer Markterkundungsreise anschließen. Sie soll deutschen Unternehmen die Potenziale des Marktes zeigen sowie Kontakte zu Vertriebspartnern und Anwendern vermitteln. Organisatoren sind die Deutsch-Indische Handelskammer zu2/2016

markets

sammen mit dem Fotonikbranchenverband Spectaris im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Die Reise wird die Teilnehmer in die Städte Neu-Delhi und Bangalore führen. Kernelemente sind Workshops mit wichtigen Informationen aus Sicht der Anwender und Experten sowie Besuche deutscher und indischer Unternehmen der Branche. Zudem ist ein Besuch der Fachmesse Laser World of Photonics India in Bangalore vorgesehen.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/indien AHK Indien in Düsseldorf, Julia Seibert, [email protected]

Flexibilität, internationales Denken und Pioniergeist – das sind weiche Faktoren, die Schweden auszeichnen. Ein idealer Nährboden für Industrie 4.0, da mitentscheidend dafür ist, dass technische Innovationen sich schnell und in der Breite durchsetzen. Darin waren sich die Vertreter während des Forums Tyskland i Dialog der Deutsch-Schwedischen Handelskammer Anfang Februar einig. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie präsentierte zu dem Anlass eine neue Benchmarking-Studie, in der Industrie-4.0-Ansätze aus verschiedenen Ländern miteinander verglichen und Best Practices identifiziert werden. Schweden war Teil des Benchmarks. > www.gtai.de/schweden > http://industrie4.0.gtai.de > www.handelskammer.se 29

spezial digitalisierung

DIGITALISIERUNG IM KERN DER INDUSTRIE MEGATREND. Lauter Nullen und Einsen – warum soll die Digitalisierung damit

die Welt verändern? Immerhin: Wer Google danach fragt, erhält über vier Millionen Treffer. Text: Eva-Maria Korfanty-Schiller und Peter Schmitz, Bonn

eute sind nicht mehr nur Menschen über digitale Kanäle vernetzt, sondern auch Maschinen untereinander. Die Digitalisierung trifft Gesellschaft und Wirtschaft. In der Industrie können sich Anlagen durch diese intelligente Rückkopplung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg selbst analysieren. „Die Maschine entscheidet anhand von Daten, was in der Produktion gerade die optimale Tätigkeit ist“, sagt Dr. Friso Schlitte vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut. In Deutschland steht dieser Bereich der Digitalisierung im Vordergrund – die intelligente Produktion. Schlitte sieht Deutschland und andere Länder noch am Anfang der Industrie 4.0. Schlüsseltechnologien der Digitalisierung wie Sensorik gelten dagegen als eine Stärke deutscher Unternehmen. „Die Industrie 4.0 lässt klassische Branchengrenzen verschwinden und verändert Wertschöpfungsprozesse. Das bedeutet für die Sensorik und Messtechnik eine Vielzahl neuer Anforderungen – der Bedarf an intelligenten Sensoren wird weiter ansteigen“, sagt Dr. C. Thomas Simmons, Geschäftsführer des Verbands für Sensorik und Messtechnik. HÖHERE ANFORDERUNGEN AN AUSRÜSTUNG

Unternehmen erhoffen sich von der intelligenten Fertigung einige Vorteile: Die Produktion soll flexibler werden, kleine Losgrößen und individualisierbare Produkte ermöglichen. Schon heute kann sich beispielsweise ein Kunde sein Auto 30

nach eigenen Wünschen zusammenstellen. Durch die Individualisierung erhöhen sich die Anforderungen an die Ausrüstung der produzierenden Betriebe. Die Maschinen müssen für die smarte Produktion in der Lage sein, einzelne Werkstücke zu erkennen und den bestellten Arbeitsschritt einzuleiten. Daraus lassen sich nicht nur Verkaufsargumente ableiten, sondern auch langfristige Geschäftsmodelle: Die Maschine wird nicht verkauft, sondern vermietet oder verleast, und der Kunde erwirbt Stückzahlen oder Laufzeiten. Wartung und Service betreffen den Hersteller der Maschine dadurch noch unmittelbarer als bisher. Für deutsche Maschinenbauer nimmt der Wettbewerb auch auf dem Heimatmarkt zu. Vernetzten Datenströmen wird man sich weder im Inland noch im internationalen Geschäft verschließen können. Laut einer Umfrage von TNS Emnid glauben nur 24 Prozent der deutschen mittelständischen Maschinenbauunternehmen, dass Deutschland im Bereich der vernetzten Produktion 2025 führend sein wird. In Indien oder auch in China gelten nach Einschätzung von IT-Dienstleistern Maschinenbauunternehmen als besonders offen für die Integration von IT-Anwendungen. Neue Wettbewerber für deutsche Traditionsbranchen können sich auch aus bisher fachfremden Bereichen entwickeln. Unternehmen, die ursprünglich aus der Informationstechnologie (IT) kommen, träten in andere Branchen ein,

GUT ZU WISSEN Digitale Trends: Wie sind die Voraussetzungen weltweit für die digitale Wirtschaft? Vergleichen Sie die Entwicklung in zehn Ländern und auf dem Kontinent Afrika. GTAI-Trends Digitalisierung untersucht in einer Onlineübersicht den Stand der Digitalisierung. www.gtai.de/digitalisierung Digitale Agenda: Die Bundesregierung hat 2014 die Digitale Agenda aufgelegt. Sie fasst die Leitlinien der Digitalpolitik vom Breitbandausbau bis zur Industrie 4.0 zusammen. www.tinyurl.com/markets2-16-30 Digitaler Markt: Rund 63 Millionen Deutsche sind regelmäßig online. Das macht die Bundesrepublik zu einem entscheidenden Markt für Internet-, Spiele- und E-Commerce-Unternehmen. www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Invest/ Industries/digital-economy.html

Fotos: Rafe Swan/Getty

H

markets

2/2016

„Vernetzte Prozesse sind in der Produktion bereits vielfach etabliert. Dennoch lassen sich bestimmte Auswirkungen der Digitalisierung bislang kaum bewerten. Das gilt auch für mögliche Einflüsse auf die Exportwirtschaft. Dafür ist die Zeitspanne zu kurz, der Erfahrungsschatz zu gering. Das Potenzial des 3-D-Drucks wird beispielsweise derzeit stark diskutiert. Ersatzteile könnten direkt dort hergestellt werden, wo sie benötigt werden. Ein Versand aus dem Zentrallager ins In- oder Ausland entfällt. Bei einfachen Teilen wäre das schnell umzusetzen, doch bei allem, was montiert und geprüft wird, muss nach wie vor der sachkundige Monteur vor Ort sein. Daher ist noch nicht absehbar, welche Geschäftsmodelle sich durchsetzen werden.“ ZF Friedrichshafen, Automobilzulieferer

spezial digitalisierung beispielsweise in den Automobilsektor, sagt Schlitte. Google hat es mit seinem selbstfahrenden Auto vorgemacht.

DIGITALISIERUNG IM VERGLEICH Voraussetzung für das Zusammenspiel von Maschine und digitaler Technologie ist eine leistungsfähige IT-Infrastruktur. Wie einzelne Länder dabei abschneiden, zeigt der direkte Vergleich.

ERLEICHTERTER SERVICE

Der Export kann von der Digitalisierung profitieren. Frank Welge, Partner beim Berater Inverto, sieht beispielsweise im Ersatzteilegeschäft oder im Servicebereich Ansatzpunkte. „In den kommenden Jahren sind Servicearbeiten, die bei Maschinen im Ausland durchgeführt werden, schneller und einfacher handhabbar.“ Ein Fremdmitarbeiter könne Servicedienstleistungen vor Ort durchführen, angeleitet mittels Tablet oder Datenbrille von einem Experten, der sich weit entfernt befindet. Allerdings sei dieses Szenario heute noch mehr Wunsch als Realität. Durch 3-D-Druck könnten auch bestimmte Ersatzteile vor Ort gefertigt werden, Transportwege würden entfallen. Den Weg in die digitale Zukunft erschweren noch einige Hürden. Der konkrete Nutzen für die Unternehmen ist schwer zu prognostizieren. „Wenn ich nicht weiß, welche Standards sich durchsetzen, dann können die Anreize für Investitionen fehlen“, sagt Schlitte. Auch Datenschutz und Datenhoheit sowie die passende Qualifikation der Mitarbeiter sind kritische Themen. Dazu kommen rechtliche Fragen: Wer haftet, wenn die Maschine eine falsche Entscheidung umsetzt? Wie fit deutsche Unternehmen für die Digitalisierung sind, ist sehr unterschiedlich. Bezogen auf Branchen ist die Automobilindustrie nach Welges Einschätzung Vorreiter. Tendenziell stuft er kleinere Unternehmen als weniger weit fortgeschritten ein als große. Dabei ist die Digitalisierung auch für kleine Firmen wichtig. „Mittlerweile suchen große Hersteller ihre Sublieferanten auch nach deren Digitalisierungsfähigkeit aus“, so Welge. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen sind die Investitionskosten aber ein sehr kritischer Punkt. Ob die Industrie 4.0 wirklich eine vierte digitale Revolution ist oder doch eher eine Evolution, werde sich rückwirkend zeigen, sagt Schlitte. Unausweichlich sei aber der zunehmende Einfluss digitaler Technologien auf Wirtschaft und Gesellschaft.

SÜDAFRIKA • Den IT-Sektor sehen Experten als wichtigen Baustein für die Entwicklung Afrikas. Der Staat erprobt in ländlichen Gesundheitszentren die Telemedizin. Auch die ärmere Bevölkerung hat bereits zu weiten Teilen Zugang zum Mobilfunk. • Johannesburg will die erste Smart City des Kontinents werden. Fertiggestellt ist dafür das Johannesburg Broadband Network. Der städtische Versorger City Power nutzt es für Smart Metering.

USA • Das Land profitiert in der Digitalisierung von der führenden Wagniskapitalbranche des Landes. 2014 flossen mehr als 40 Prozent der Venture Capital Investments von insgesamt 50,3 Milliarden US-Dollar in die Softwarebranche, so Daten von PricewaterhouseCoopers und der National Venture Capital Association. • Das Know-how bei technischer Software hilft auf dem Weg zur Smart Factory. Produzenten statten Maschinen zunehmend mit Software aus, um Prozess- und Produktionsdaten in Echtzeit zu analysieren. • Das Unternehmensnetzwerk Industrial Internet Consortium fördert diese digitalen Lösungen in der Industrie. Auch Bosch und Siemens sind beigetreten.

WEITERE INFORMATIONEN [email protected] www.tinyurl.com/markets2-16-33 32

markets

2/2016

spezial digitalisierung

INFOGRAFIK: Entwicklung der IT-Infrastruktur Internationale Internetbandbreite in bit/s pro Internetuser 2010

Südafrika

2014 China USA Japan Deutschland 0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

Haushalte mit Computer in %

Haushalte mit Internetzugang in %

2010 Südafrika China USA Japan Deutschland

2010

2014

(10% > 37%) (24% > 47%) (71% > 80%) (81% > 98%) (83% > 90%)

Südafrika China USA Japan Deutschland

2014

(18% > 28%) (35% > 47%) (76% > 81%) (83% > 83%) (86% > 90%)

Quelle: International Telecommunication Union

JAPAN CHINA • China hat im Hardwarebereich inzwischen eigene Marken wie Huawei und ZTE oder Internetgrößen wie Alibaba und Baidu. Der Binnenmarkt ist für die IKTBranche mittlerweile wichtiger als der Export. • Im chinesischen E-Commerce ist der Anteil an Geschäften zwischen Endkunden hoch. Viele Firmen brauchen keine eigene E-Commerce-Website, sie nutzen stattdessen einen Onlineshop auf Plattformen wie TMall von Alibaba. • Der Markt für Fabrikautomation wächst, wenn auch bisher eher von Halb- statt Vollautomatisierung die Rede ist. Bereits jetzt ist China dem Absatz nach der weltweit größte Robotikmarkt.

• Japan schafft neue Kapazitäten im Bereich Datensysteme. Fünf führende IT-Unternehmen wollen innerhalb der drei Fiskaljahre 2014 bis 2017 umgerechnet rund 2,9 Milliarden Euro in den Ausbau investieren – die Hälfte davon innerhalb Japans. • Große Ambitionen hat das Land in der Industrierobotik. Der Markt für japanische Industrieroboter soll sich in den kommenden fünf Jahren auf 8,9 Milliarden Euro verdoppeln (siehe auch Artikel auf Seite 34).

33

branchen

MECHANISCHE

FREUNDE

ROBOTER. Sie sind die zukunftsträchtigen

Steckenpferde der japanischen Industrie. In Hightechmanier sollen sie auf die Weltmärkte galoppieren. Text: Michael Sauermost, Tokio 34

markets

2/2016

Fotos: TIMOTHY A. CLARY/Staff/Getty; Cyberdyne

branchen

simo hüpft vor mir auf einem Bein herum, dann spurtet er auf zweien los. „Wie viel kostet der Teenager mit dem Rucksack?“, frage ich die Honda-Mitarbeiterin, die uns im Besucherzentrum in Tokio durch die Präsentation führt, doch sie winkt lachend ab. „Asimo dient nur Forschungszwecken.“ Der 14-jährige, von der japanischen Firma Honda entwickelte humanoide Roboter ist der Topstar unter den menschenähnlichen Gefährten mit Armen und Beinen. Er bringt es auf sieben Kilometer pro Stunde. Pepper hingegen, ein überraschend preisgünstiger Servicegehilfe des Telekommunikationsanbieters Softbank, ist bereits auf dem Markt. Er ist originell und erkennt laut Gebrauchsanweisung Gefühle, wirkt Kritikern zufolge jedoch eher wie ein Staubsauger mit Tablet auf der Brust. Im Sommer 2015 rollten nach Verkaufsstart immerhin 1.000 Peppers innerhalb von 60 Sekunden über die Ladentheke. Vielleicht, weil er ein bisschen an die beliebte Mangafigur des Astro Boy erinnert. Aber auch, weil die Bevölkerung auf die Roboterrevolution wartet. Diese hat die Regierung im vergangenen Jahr ausgerufen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 Industrie- und Dienstleistungsroboter im Wert von jeweils umgerechnet 8,9 Milliarden Euro auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Derzeit belaufen sich die Jahresumsätze der lokalen Industrie für beide Sparten zusammen auf rund 4,5 Milliarden Euro.

A

termesse iREX bewertete der Hersteller positiv, dass die japanischen Konkurrenten tendenziell mehr Kooperationsbereitschaft zeigten, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Gefragt sind zunehmend menschenähnliche Roboter mit programmierten Interaktionsfähigkeiten. An einer Produktionsstraße sollen sie auf die Arbeiter hören und mit ihnen interagieren. Das heißt, dass sie von Menschen mit Hilfsmitteln wie beispielsweise Datenbrillen gesteuert werden. In der Industrie geht der Trend zu Bottom-up-Robotern, also zu Maschinen, die noch etwas lernen können. In westlichen Industriestaaten werden Roboter wegen des möglichen Stellenabbaus als Bedrohung angesehen. Ganz an-

JAPAN AUF DER SPITZENPOSITION

Nicht nur in der Industrie, auch im Dienstleistungs- und Gesundheitssektor sind vermehrt Roboter im Einsatz.

Im Bereich Robotik nimmt Japan weltweit eine Spitzenposition ein. Das Robot Revolution Initiative Council, dem 200 Unternehmen und Universitäten angehören, soll die Pläne vorantreiben. Gleichzeitig kritisiert das Tokyo Institute of Technology die geringe wirtschaftliche Vermarktung. Aktivismus wird anstelle von Problemlösungsmentalität gefordert. Die Umsetzung müsse von der Privatwirtschaft kommen, betonen Kritiker. Der Regierung komme allenfalls die Rolle des Cheerleaders zu. Nichtsdestotrotz kämpft der Inselstaat tapfer auf dem Weltmarkt – unter anderem gegen eine wachsende Roboterarmee aus China. Mehr als jeder dritte Industrieroboter findet einen Job in der Kfz-Industrie, einem der wichtigsten Wirtschaftszweige Japans. Marktführend bei Industrierobotern sind die Unternehmen Fanuc, Kawasaki Heavy Industries und Yaskawa Electric. Der deutsche Produzent Kuka stellt sich auch vor Ort dem japanischen Wettbewerb. Bei der Robo2/2016

markets

ders in Japan: Da die Arbeitsbevölkerung schrumpft, werden Roboter hier als willkommene Helfer in der Industrie akzeptiert. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Die Boston Consulting Group Japan rechnet damit, dass die Produktivität der Industrie bis 2025 durch Robotertechnik um ein Viertel gesteigert werden kann. ROBOTER ALS DIENSTLEISTER

Das Nomura Research Institute kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Roboter bis zum Jahr 2035 bis zu 49 Prozent aller Arbeitsstellen in Japan ausfüllen könnten. Vor allem der Dienstleistungssektor steht dabei im Vordergrund. Nach und nach beginnen Hotels, das Einchecken mit Roboterdamen am Empfang zu testen. Im Edelkaufhaus Mitsukoshi Department Store in Tokio steht bereits Aiko Chihira, ein von Toshi-

ba erfundener Humanoidroboter, Rede und Antwort – und das bei Bedarf sogar mit Gebärdensprache. Die Bandbreite des Jobangebots für Roboter wächst. Der Alterungsprozess der Bevölkerung garantiert den mechanischen Kollegen künftig auch eine Perspektive im Gesundheitssektor. Populär ist beispielsweise das von Panasonic entworfene Robotic Bed: ein Krankenbett, das sich automatisch in einen Rollstuhl verwandeln kann. Das Gesundheitsministerium hat begonnen, den Genehmigungsprozess für derartige Produkte zu beschleunigen. Im November 2015 erteilte es einer Robotergehhilfe des Start-ups Cyberdyne, die an der Universität Tsukuba entstand, grünes Licht. Cyberdyne hat begonnen, seine Roboteranzüge Hybrid Assistive Limb in Europa zu vermarkten. Diese sollen Unterstützung bei Bewegungen bieten. In Kürze dürften zahlreiche weitere Robot Suits auf den Markt kommen. Das Potenzial dafür ist groß. Pflegeroboter sollen sich auch um die Psyche ihrer Besitzer kümmern. Am bekanntesten ist wohl der Therapieroboter Paro, der einer Babyrobbe nachempfunden ist. Seit 2004 ist das Hightechplüschtier bereits auf dem Markt. Auch die Kfz-Industrie setzt mittlerweile auf technische Hilfsanwendungen für die ältere Generation. Mit dem Slogan „Partner Robots“ plant Toyota den Einstieg in dieses Wachstumssegment. Mit künstlicher Intelligenz soll fahruntüchtigen Senioren die Fortbewegung mit dem Auto ermöglicht werden. Das Unternehmen kann dabei auf das Know-how seiner rund 150 Roboteringenieure zurückgreifen. Insgesamt schielt Japan auf eine Poleposition, was den Markt für fahrerlose Automobile angeht. Nissan will 2020 die ersten Modelle vertreiben. Dann, pünktlich zur Olympiade, will die Tokioter Firma Robot Taxi auch die ersten Taxis ohne Steuermann auf die Straße schicken. Hibiscus, Rosemary oder Sakura2 heißen Roboter, die vom Chiba Institute of Technology zusammen mit Partnern für gefährliche Missionen entwickelt wurden. Die Trauer war groß, als im April 2015 erstmals ein Roboter in die Atomruine Fukushimas geschickt wurde und nach drei Stunden unter der Strahlenbelastung kapitulierte. Insgesamt wurde der Einsatz als Erfolg gewertet. Ein derartiges Risiko wird Asimo nicht eingehen. „Let’s combine our strength“, singt er, bevor er sich verabschiedet. Seine Batterie hält drei Stunden lang.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/japan 35

branchen

GUTE GESCHÄFTE IM WELTRAUM? RAUMFAHRT. Rund 1.400 Satelliten sollen in den nächsten zehn

Jahren ins All gebracht werden. Private Anbieter wollen ein Stück vom Kuchen abhaben und verschärfen den Wettbewerb für traditionelle Trägersysteme wie Ariane. Text: Dr. Marcus Knupp, Paris

A

usflüge in die Umlaufbahn für gut betuchte Fluggäste, weltweit lückenloses Internet durch Heerscharen von Minisatelliten, ein Nebeneinander von staatlichen Space Agencies und privaten Weltalldienstleistern – die Raumfahrt tritt in eine neue Phase. Die überschaubare Welt der Raumfahrtbehörde NASA, der europäischen Raumfahrtagentur ESA und der sowjetischen Kosmonauten ist einem Konzert unterschiedlicher Akteure gewichen. China, Japan und Indien betreiben eigene Raumfahrtprogramme, weitere Länder haben ehrgeizige Pläne für eigene Raketen. Viel mehr Aufsehen erregen derzeit aber ganz neue Akteure, die unter den Namen SpaceX, Blue Origin oder Virgin Galactic die private Raumfahrt aus der Taufe heben. Und die folgt nicht nur den Ideen faszinierter Milliardäre, sondern auch kommerziellen Interessen. Mit einem Anteil von 56 Prozent ist das Unternehmen Arianespace, hervorgegangen aus den Aktivitäten der europäischen Raumfahrtagentur ESA, weltweiter Marktführer in der kommerziellen Raumfahrt, vor allem beim Transport von Satelliten für die Telekommunikation, für Wetterdienste oder Fernsehsender. DAS UMFELD VERÄNDERT SICH

Damit das so bleibt und um „Europa einen unabhängigen Zugang zum Weltraum zu garantieren“, so der Chef von Arianespace, Stéphane Israël, „bereiten wir den ersten Start der Trägerrakete Vega C für 2018 vor, ab 2020 soll die Trä36

gerrakete Ariane 6 ins All geschossen werden“. Mit den neuen Trägersystemen reagieren die Europäer auf das sich schnell wandelnde Umfeld. Die wesentlichen Innovationen liegen zum einen in der Modularität der Raketen und zum anderen in der Organisation des Produktionsprozesses. Verantwortlich für den Bau der Ariane 6 ist das 2014 gegründete Joint Venture Airbus Safran Launchers (ASL), an dem die beiden Luftfahrttechnikunternehmen Airbus und der Motorenbauer Safran jeweils 50 Prozent Anteil haben. Durch Synergien sollen etwa 15 Prozent der Produktionskosten eingespart werden. Der Entwicklungsauftrag der ESA an ASL hat einen Umfang von 2,4 Milliarden Euro. Weitere 600 Millionen Euro bekommt die französische Raumfahrtagentur CNES für den Bau des neuen Startplatzes für die Ariane 6. Stichwort flächendeckendes Internet: Das 2012 von Greg Wyler initiierte Projekt OneWeb will hierzu bis zu 900 Minisatelliten in niedrigen Umlaufbahnen installieren und hat sich im Juni 2015 für Arianespace als Partner entschieden. Wettbewerber Google setzt auf SpaceX und kündigte an, bis zu 4.000 Minisatelliten in den Orbit zu schicken. Damit ändern sich die Spielregeln, denn zukünftig muss auch in der Serienfertigung höchste Zuverlässigkeit zu kalkulierbaren Kosten erreicht werden.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/frankreich

markets

2/2016

branchen

Neue Chancen für deutsche Zulieferer INTERVIEW. Das träge gewordene System der Raumfahrt-

agenturen wird durch private Anbieter erneuert. Denis Regenbrecht ist Leiter der Fachgruppe Ariane in der Abteilung Trägersysteme beim Deutschen Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR).

Spannende Aussicht: Die staatlichen Space Agencies bekommen Konkurrenz von privaten Weltalldienstleistern.

Welche Rolle spielen deutsche Zulieferer für die europäische und internationale Raumfahrt? Deutsche Unternehmen sind für die europäische Raumfahrt ein unverzichtbarer Partner. Nach Frankreich ist Deutschland die Nummer zwei, und das sieht man auch: Die Oberstufen der europäischen Trägerraketen kommen von Airbus aus Bremen; die Brennkammer – quasi das Herz der Flüssigtriebwerke – kommt aus Ottobrunn, ebenfalls Airbus. Die Firma MT-Aerospace ist das Kompetenzzentrum für Strukturen und innovative Materialien im Raumtransport und das Testzentrum des DLR in Lampoldshausen ist eines von nur zwei Testzentren für Großtriebwerke in Europa. Darüber hinaus sind bei der Entwicklung und dem Bau von Trägersystemen auch zahlreiche kleinere Unternehmen beteiligt. Ungefähr 150 von ihnen sind unentbehrliche Zulieferer. In allen Teilen der Rakete, von den Brennkammern über die Kabel der elektrischen Systeme bis hin zu der Avionik, steckt das Know-how und die Expertise des deutschen Mittelstandes.

Fotos: SpaceX; DLR

Mit den europäischen Trägerraketen Ariane 6 und Vega C stehen neue Projekte vor der Tür. Folgt daraus vermehrter oder andersartiger Bedarf an Zulieferungen? Beides ist richtig. Denn zum einen soll Ariane 6 doppelt so oft starten wie die bisherige Ariane 5. Mit dieser höheren

2/2016

markets

Kadenz gehen natürlich auch eine erhöhte Produktion von Trägerraketen und ein erhöhter Bedarf an Zulieferungen dafür einher. Allerdings soll eine Ariane 6 in ihrer „großen“ Ausführung Ariane 64 auch nur noch rund 60 Prozent der bisherigen Ariane 5 kosten. Es entsteht hierdurch natürlich ein signifikanter Kostendruck bei den Zulieferern, der wiederum zu einem neuartigen Bedarf führt. Um die Kostenziele zu erreichen, werden – viel mehr als bisher – neue Technologien eingesetzt werden, die originär nicht aus der Raumfahrt stammen, sich aber anderswo schon bewährt haben, zum Beispiel das Additive Layer Manufacturing. Private Anbieter machen den traditionellen Raumfahrtagenturen Konkurrenz. Ist das eher eine Chance oder eine Belastung, etwa durch vermehrten Preisdruck? Die neue Konkurrenz ist natürlich eine Herausforderung, aber dieser Druck ist auch eine Chance, ein altes und träge gewordenes System zu erneuern. Diesen Schritt haben wir mit der Ariane 6 gemacht. Mit dem Programm wird es eine neue Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen öffentlichem Auftraggeber und privatwirtschaftlichem Auftragnehmer geben. Dabei übernimmt die Industrie mehr Risiken: In Zukunft wird sie alleine für die Kommerzialisierung der Ariane 6 verantwortlich sein. Im Gegenzug zieht sich die ESA als Auftraggeber auf eine rein überwachende Rolle zurück und ist nicht mehr an jeder technischen Entscheidung beteiligt. Interview: Dr. Marcus Knupp

37

strategie

kurz notiert

INNOVATIONEN FÜR METROPOLEN STADTENTWICKLUNG. In Berlin etabliert sich die

Metropolitan Solutions als Leitmesse für urbane Themen. Text: Kirsten Hungermann

V

BELGIEN

Lkw-Maut per Satellit Alle Fahrzeuge mit mindestens 3,5 Tonnen Gewicht müssen in Belgien ab dem 1. April 2016 auf allen Autobahnen und auch auf Brüssels Innenstadtstraßen eine Maut entrichten, die kilometergenau per Satellit erfasst wird. Im Gegenzug entfällt die bisherige Eurovignette. Belgien ist mit Europas zweitgrößtem Hafen Antwerpen auch für deutsche Waren ein wichtiger Ziel- und Durchgangsmarkt. Wegen des hohen Frachtaufkommens wollen Belgien und die Niederlande Lkw mit bis zu 60 Tonnen erlauben. > www.gtai.de/belgien

om 31. Mai bis 2. Juni 2016 bringt die Konferenzmesse im Berlin City Cube Fachleute für innovative Stadtentwicklung aus aller Welt zusammen. In Ausstellungen und Konferenzen präsentieren Unternehmen Technologien und Lösungen für urbane Herausforderungen, etwa das Management von Städten, urbane Energie- und Transportsysteme sowie Stadtgestaltung. Gegenüber der etablierten Smart City Expo in Barcelona punktet die noch junge Metropolitan Solutions seit 2015 mit dem Standort Berlin. International gilt Deutschlands einzige Megacity als

MESSE. Die USA sind dies-

Aktivitäten im Ausland

jähriges Partnerland der Hannover Messe. Die Länderexperten von Germany Trade & Invest sind als Ansprechpartner vor Ort.

JETZT SCHON VORMERKEN 28.4.2016 | Coface-Kongress Länderrisiken 2016, Mainz www.tinyurl.com/markets2-16-38

38

WEITERE INFORMATIONEN

www.metropolitansolutions.de

HANNOVER MESSE 2016

JAPAN

Auch im Jahr 2016 werden sich japanische Produzenten nach Geschäftsmöglichkeiten im Ausland umschauen. Dies geht aus der jüngsten Studie der Japan Bank for International Cooperation hervor. Im Gegensatz zu den Vorjahren sei jedoch keine drastische Steigerung zu erwarten, sondern eher der Verbleib auf dem bereits hohen Niveau. Nur ansatzweise sei zu beobachten, dass Produktionseinheiten ins Land zurückgeholt werden. Zielgruppe der Studie waren japanische Firmen, die mindestens drei Niederlassungen im Ausland führen – darunter mindestens eine Produktionsanlage. Insgesamt nahmen 607 Firmen an der Studie teil. > www.gtai.de/japan

Hauptstadt der Energiewende mit breiter Forschungslandschaft und größter Start-up-Szene. Vor Ort können die Besucher Konzepte mit Unternehmen diskutieren und Ideen mit Tagungsteilnehmern austauschen. Konferenzhighlight: das zweitägige German Habitat Forum 2016 als deutscher Beitrag zum UN-Habitat-Prozess für eine nachhaltige Stadtentwicklung.

Text: Robert Matschoß

M

it den USA präsentiert sich auf der Hannover Messe ein Land, das aufgrund seiner enormen Wirtschaftskraft und der Ausmaße seines Binnenmarktes vielfältige Chancen für deutsche Unternehmen bietet. Zahlreiche deutsche Firmen liefern schon heute in die weltgrößte Volkswirtschaft. Die Folge: Im Jahr 2015 lösten die USA Frankreich als wichtigstes Empfängerland deutscher Exporte ab. Am USA-Geschäft interessierten Unternehmen bietet Germany Trade & Invest (GTAI) in Hannover ein vielfältiges Angebot. Unsere Länderexperten sind in Halle 3, Stand H33/2, für Sie da. Dort erhalten Sie die USA-Publikation aus der Reihe „GTAI Special“. Am Nachmit-

Bei der Messe-Preview am 27. Januar stand unter anderem John B. Emerson, US-Botschafter in Deutschland, auf dem Podium.

tag des 26. April findet zudem in Halle 3 ein GTAI-Forum statt, das sich den Chancen und Risiken für deutsche Unternehmen am US-Markt widmet. Unternehmer und Verbandsvertreter diskutieren hier über aktuelle Entwicklungen in der US-Industrie sowie über praktische Themen.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/hannover-messe

markets

2/2016

strategie

kurz notiert CHINA

Neue Visazentren Deutschland wird zehn neue Antragsannahmezentren für Visa in China eröffnen. Chinesische Reisende können dort ihren Schengen-Visumantrag schneller, komfortabler und auf kurzem Weg abgeben. Im letzten Jahr hat Deutschland rund 400.000 Visa an chinesische Reisende erteilt, ein Anstieg von 16 Prozent. In der Regel werden die Anträge Geschäftsreisender innerhalb von 48 Stunden bearbeitet. > www.china.diplo.de

ISRAEL

Bahn will investieren

Fotos: istock (3); Hannover Messe; SinoJobs Career Days/Silja Eisenweger/Paul Klimek (3)

Trotz Unsicherheiten im Chinageschäft rekrutieren europäische und chinesische Unternehmen Nachwuchstalente auf den SinoJobs Career Days. Die mehr als 60 Aussteller präsentieren dabei einen breiten Branchenmix von der Automobilindustrie bis zum Maschinenbau.

TALENTE FÜR CHINESISCHEN MARKT GEWINNEN PERSONAL. Der Mittelstand rekrutiert in Deutschland

ausgebildete chinesische Absolventen und Young Professionals. Text: Christina Otte

D

eutschland ist bei chinesischen Studierenden beliebt: Mehr als 30.000 der angehenden Fachkräfte studieren an Hochschulen in Deutschland. Und für deutsche Unternehmen mit Niederlassungen in China sind sie gesuchte Talente für zukünftige Managementpositionen. Die spezialisierte Jobmesse SinoJobs Career Days bietet seit 2011 den Unternehmen eine Plattform, um mit genau diesen Talenten effizient in Kontakt zu treten. Die Recruitingmesse findet jeweils im November in Düsseldorf und

2/2016

markets

München statt. Die mehr als 2.000 chinesischen Besucher treffen dabei auf über 60 Unternehmen. Konzerne sind ebenso präsent wie mittelständische Unternehmen.

Im Februar 2016 hat der israelische Verkehrsminister Israel Katz den Entwicklungsetat der staatseigenen Bahngesellschaft für die Jahre 2016 bis 2020 gebilligt. Der Gesamtumfang des Etats liegt bei umgerechnet 7,2 Milliarden USDollar. Nach Angaben des Verkehrsministeriums ist das der höchste jemals beschlossene Entwicklungshaushalt der Bahn. Schwerpunkte des Investitionsprogramms sind Elektrifizierung, Signaltechnik und Wartungskapazitäten. > www.gtai.de/israel

FRANKREICH

Neue Investitionsfonds Das französische Generalkommissariat für Investitionen und die öffentliche Förderbank Bpifrance haben drei neue Investitionsfonds präsentiert. Die Fonds zur Förderung der Biotechnologie, der Entwicklung von Smart Citys und zur Finanzierung von Start-ups sind zusammen mit 440 Millionen Euro ausgestattet und Teil des 2010 aufgestellten Finanzierungsprogramms Investitionen für die Zukunft (Programme d’Investissements d’Avenir). > www.gtai.de/frankreich

WEITERE INFORMATIONEN

www.sinojobs-careerdays.com [email protected] Termine: Düsseldorf: 9. November 2016 München: 11. November 2016 39

strategie

IMMER NEUE IDEEN IM SILICON VALLEY

USA. Die San Francisco Bay Area mit dem dort ansässigen Silicon Valley gilt als

Nabel der Start-up-Welt. Hier begannen die Erfolgsgeschichten von Apple, Google und Facebook. Innovative Gründer aus aller Welt zieht es in die Region, um einen ähnlich erfolgreichen Weg einzuschlagen. Text: Christian Janetzke, San Francisco

E

ine gescheiterte Gründung wird nicht als Stigma angesehen, wenn Unternehmer zeigen, dass sie aus den Fehlern gelernt haben“, sagt Ajay Bam, Dozent an der Haas School of Business der University of California in Berkeley. Die Silicon-Valley-Kultur sei einzigartig, erklärt der Mitgründer und CEO des Onlineshops Vyrill, der Produktinformationsvideos für Konsumenten bündelt und unter anderem mit Händlerinformationen verknüpft. „Das weitgespannte Netzwerk von Personen und Institutionen sowie das hohe Niveau, auf dem Ideen ausgetaucht werden, ist außergewöhnlich.“ Dies schlage sich nicht zuletzt in einer hohen Risikofreude der Unternehmensgründer nieder. Das Silicon Valley ist zudem international geprägt und leicht zugänglich für Personen mit unterschiedlichsten Hintergründen. 40

Die Bucht von San Francisco ist ein Mekka für innovative Jungunternehmen. In der Metropolregion mit den vielen Städten zwischen San Francisco im Norden und San José im Süden haben zahlreiche Erfolgsgeschichten ihren Ursprung. Die meisten Start-ups sitzen im traditionell eher hardwareorientierten südlichen Teil der Bay Area, wo sich auch das regionale Zentrum der Risikokapitalbranche befindet. Seit dem Aufkommen der Social-Media-Firmen gewinnt San Francisco kontinuierlich an Bedeutung. Unter anderem hat der Kurznachrichtendienst Twitter hier seine Firmenzentrale. Der Erfolg der Region beruht neben der hohen Risikobereitschaft der Jungunternehmer auf dem Zusammenspiel zahlreicher Faktoren. Im „Global Startup Ecosystem Ranking 2015“ der Benchmarking-Firma Compass rangierte das Silicon

Valley auf Position eins bei den Rahmenbedingungen für Start-ups. 14.000 bis 19.000 Start-ups aus dem Softwarebereich sind hier aktiv, wobei Unternehmen in einer sehr frühen Entwicklungsphase nicht in die Betrachtung miteinbezogen wurden. UNIVERSITÄTEN ALS TALENTSCHMIEDEN

Eine zentrale Erfolgsrolle nimmt der Innovationskern der Bay Area ein – dazu gehören die Stanford University, die University of California, Berkeley, und die regionalen Campus der California State University. „Diese Universitäten sind für das Start-up-Ökosystem im Silicon Valley von zentraler Bedeutung, da sie Ursprung vieler Innovationen, kreativer Geschäftsideen und Patente sind“, so Ajay Bam. Wie auch er hätten viele andere Dozenten bereits Erfahrungen als Unternehmer

markets

2/2016

strategie

ONLINE! M

MIT DE INTERVIEW RER DES TSFÜH GESCHÄF R AUF CELER ATO C A N A M E TS GER I.DE/MARK A T .G W W W

MESSEPARTNER Die USA sind das Partnerland der HANNOVER MESSE 2016.

Foto: Simone Becchetti/Stocksy

In Halle 3 treffen im Ausstellungsbereich „Young Tech Enterprises“ TechnologieStart-ups auf Förderinstitutionen, Kooperationspartner, Investoren und etablierte Groß-unternehmen. Der Bereich bietet Präsentationsmöglichkeiten für junge Gründer sowie für Start-upNetzwerke, Accelerator und Wirtschaftsförderer. Ein eigenes Forum informiert an allen Messetagen über Start-ups und Gründungen. GTAI auf der Hannover Messe: 25. bis 29. April | Halle 3, Stand H33/2, www.gtai.de/hannover-messe GTAI-Veranstaltung: 26. April, 14.30 bis 17.00 Uhr | „Wirtschaftspartner USA – Chancen und Risiken für deutsche Unternehmen“ | Halle 3, Business Forum 2

2/2016

markets

sammeln können. Diese Kenntnisse kämen den Studierenden zugute. Darüber hinaus verfügen die Eliteuniversitäten über aktive Alumninetzwerke, deren Mitglieder in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere der Wirtschaft und der Politik, aktiv sind. Diese Netzwerke seien eine wichtige Ressource für Startups, sei es bei Mentoring oder Finanzierung, ergänzt Bam. „Die Topuniversitäten in der Region bilden Absolventen aus, die erwiesenermaßen stark darin sind, Ideen in Form von Produkten und Dienstleistungen zu kommerzialisieren“, berichtet Petra Vorsteher, Mitgründerin des 2005 in San Francisco gegründeten Start-ups Smaato, einer weltweit führenden Auktionsplattform in Echtzeit für mobile Werbung. „Die Kommerzialisierung von Ideen wird den Start-ups durch eine hochdifferenzierte Struktur erleichtert“, sagt die Unternehmerin, die bereits seit den 1980erJahren im Silicon Valley aktiv ist. So finden sich in der Region eine Vielzahl von renommierten Inkubatoren und Accelerator verschiedenster Betreiber. Hinzu kommen zahlreiche Personen

mit hohem Nettovermögen, die in potenzialträchtige junge Unternehmen investieren und im Gegenzug Firmenanteile erhalten – sogenannte Angel Investors – und eine breit aufgestellte Wagniskapitalbranche. Im Jahr 2015 flossen etwa 27,4 Milliarden US-Dollar und damit fast die Hälfte der landesweiten Venture-Capital-Investitionen in das Silicon Valley, so die National Venture Capital Association. „Nicht nur die finanziellen Ressourcen der Risikokapitalgeber sind von Relevanz. Sie bringen oftmals auch ein bedeutendes Netz an Kontakten mit“, erklärt Petra Vorsteher. ERSTE SORGENFALTEN ZEICHNEN SICH AB

Der Wert zahlreicher junger Firmen im Silicon Valley und damit auch die Zahl der sogenannten Einhörner ist in den letzten Jahren in die Höhe geschossen. Als Unicorns werden im Finanzjargon Unternehmen bezeichnet, die nicht an der Börse notiert sind und am Markt mit mehr als einer Milliarde US-Dollar bewertet werden. Nach Angaben des Wall Street Journal und des Branchendienstes Dow Jones VentureSource stieg die Zahl der Unicorns in der San Francisco Bay Area zwischen Januar 2015 und Januar 2016 von 37 auf 52. Trotz der exzellenten Rahmenbedingungen in der Region zeichnen sich bei Start-ups und Investoren erste Sorgenfalten ab. Einige Marktbeobachter gehen davon aus, dass Investoren jüngst mehr Geld in hoch gehandelte TechnologieStart-ups gepumpt haben, als sie an Gewinnen realisieren können, da die Unternehmen künftig weniger Wert sein werden als vermutet. Mit Blick auf die teils schwindelerregenden Firmenbewertungen sei damit zu rechnen, dass einige vermeintliche Hoffnungsträger unter den Jungunternehmen auf ihr realitätskonformes Maß zurechtgestutzt werden. Die Diskussionen um eine mögliche Spekulationsblase tun der Anziehungskraft und der zentralen Bedeutung des Silicon Valley für die weltweite Start-up-Szene jedoch keinen Abbruch.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/usa 41

strategie

„Messebeteiligungen sind für fast jedes Unternehmen interessant“ INTERVIEW. Der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (Auma)

informiert in seiner Onlinedatenbank über mehr als 5.000 Messen in 125 Ländern. In den nächsten Jahren soll die Beschaffung von relevanten Daten aus dem In- und Ausland noch weiter optimiert werden. Dr. Peter Neven ist Geschäftsführer des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft e. V. mit Sitz in Berlin.

A

ls der Verband der deutschen Messewirtschaft vertritt der Auma die Interessen der gesamten Branche gegenüber Regierung und Parlament sowie anderen nationalen und internationalen Institutionen. Er informiert und berät auch Messeinteressenten aus dem In- und Ausland und unterstützt deutsche Aussteller bei ihren Auslandsmessebeteiligungen. Darüber hinaus kooperiert der Ausschuss mit den entsprechenden Bundesministerien bei der Umsetzung von Förderprogrammen für Aussteller. Außerdem betreibt der Auma Marketing für Messen made in Germany und das Medium Messe generell, vergibt Forschungsaufträge und unterstützt Aus- und Weiterbildung in der Branche. Mitglieder sind 37 Messeveranstalter und Durchführungsgesellschaften für Auslandsbeteiligungen sowie 37 Dachund Fachverbände, die Aussteller und Besucher von Messen vertreten. Welchen Nutzen hat die deutsche Wirtschaft vom Auma? Die Wirtschaft profitiert vor allem vom umfangreichen Informationsangebot des Auma, denn die Bereitstellung von Entscheidungshilfen und Planungstools für Aussteller ist eine unserer zentralen

42

Aufgaben. Bei der Verbreitung unserer Informationen arbeiten wir eng mit unseren Mitgliedsverbänden zusammen, aber auch mit anderen Institutionen wie Germany Trade & Invest. Ganz wesentlich ist unsere Koordinierungsfunktion bei der Zusammenstellung des Auslandsmesseprogramms vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Von den Unternehmen wird sehr geschätzt, dass sich die Bundesregierung bei der Vorauswahl der Messebeteiligungen auf den Bedarf der Wirtschaft stützt. Über wie viele Messen informiert der Auma? Bei uns findet man Daten zu insgesamt fast 5.000 Messen in 125 Ländern, davon rund 4.500 im Ausland. Gesondert suchen kann man nach den Auslandsmessen deutscher Veranstalter und nach den Messen, die im Auslandsmesseprogramm der Bundesregierung verzeichnet sind. Außerdem sind in der viersprachigen Onlinedatenbank des Auma rund 450 Messen in Deutschland mit internationaler, nationaler und regionaler Bedeutung auf der Besucherseite verzeichnet. Sie umfasst für die einzelnen Messen ein äußerst umfangreiches Datenangebot und ist deshalb eine stark genutzte Informationsquelle. Welche sind die wichtigsten Messen in Deutschland? Das kann man nur aus Sicht der jeweiligen Branchen beantworten. Und die Größe der Messe ist dabei gar nicht entscheidend. Interessant ist aber vielleicht, dass je nach Kennzahl höchst unterschiedli-

Die Ernährungsmesse Anuga verzeichnete 2013 rund 6.800 Aussteller.

che Messen an der Spitze stehen, wenn man die Statistik zurate zieht. So ist die Baumaschinenmesse Bauma in München die größte Messe nach Fläche, die Tourismusmesse ITB in Berlin hat die meisten Aussteller, die Internationale AutomobilAusstellung – Pkw in Frankfurt die meisten Besucher. Die größte Zahl ausländischer Aussteller gibt es bei der Nahrungsmittelmesse Anuga in Köln, die meisten ausländischen Besucher wiederum bei der Bauma. Wann spricht man von einem gelungenen Messeauftritt? Vereinfacht gesagt: Wenn der Nutzen der Messebeteiligung größer ist als die Kosten. Wichtig ist vor allem, dass sich der Aussteller vor der Messe konkrete, messbare Ziele setzt, damit er nach der Messe den Erfolg seiner Beteiligung zuverlässig ermitteln kann. Wann und warum sollte sich ein Mittelständler an einer Messe beteiligen? Im Prinzip sind Messebeteiligungen für fast jedes Unternehmen interessant, wenn es einen relativ breiten Kreis von Kunden hat oder anstrebt und wenn es

markets

2/2016

strategie

TIPPS FÜR AUSSTELLER 1. Eine professionelle Messevorbereitung braucht Zeit. Hier muss man in Monaten rechnen, nicht in Wochen. 2. Die Zahl der Besucher am eigenen Stand sollte man nicht dem Zufall überlassen, sondern durch Einladungen an aktuelle und potenzielle Kunden selbst steuern. 3. Auf Messen muss man nicht beweisen, dass man 30 Schraubengrößen herstellen kann. Es geht darum, Kompetenz beispielhaft zu demonstrieren und auf dem Stand Platz für Kommunikation zu schaffen. 4. Eine praktische Hilfe ist die Auma-Toolbox mit dem MesseNutzenCheck unter www.toolbox.auma.de

ONLINE!

INFORM AUSL AND ATIONEN ZUM SM DES BUND ESSEPROGR AMM ESWIRT MINISTER SCHAF TSIUMS GIBT ES O NLINE UN WWW.AUM TER: A.DE

Auf der Fachmesse für Baumaschinen (Bauma) finden sich Aussteller aus 57 Ländern ein.

seine Produkte oder Leistungen auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene anbieten kann. Für einen lokal operierenden Händler oder Handwerker sind allenfalls Messebeteiligungen an seinem Firmensitz sinnvoll. Und wer nur drei oder vier Abnehmer hat, braucht auch keine Messe. Ansonsten sind Messen ein ideales Instrument, um Beziehungen zu neuen Kunden aufzubauen und Beziehungen zu bestehenden Kunden zu pflegen, um das Unternehmen in der Fachöffentlichkeit zu positionieren und um Innovationen zu präsentieren. Was plant der Auma für Neuerungen in den nächsten Jahren? Gerade haben wir einen neuen Film fertiggestellt mit dem Titel „Messen Made in Germany – Made for you“. Er soll Interessenten weltweit über die Qualitäten deutscher Messen informieren und ist in zehn Sprachfassungen erhältlich. Außerdem wollen wir die Beschaffung von Messedaten aus dem In- und Ausland optimieren und bei der Bereitstellung der Daten schneller und vollständiger werden. Schließlich möchten wir dazu beitragen, die Unterstützung deutscher Aussteller im Ausland weiter zu verbessern und so marktgerecht wie möglich zu gestalten.

Die Internationale Automobil-Ausstellung findet in Hannover und Frankfurt am Main statt.

Fotos: AUMA; Anuga; BAUMA; IAA; ITB

Interview: Andreas Bilfinger

WEITERE INFORMATIONEN

Unbedingt ansehen! Im Video „Messen Made in Germany – Made for you“ zeigt der Auma, was der Messestandort Deutschland zu bieten hat.

2 /2016

markets

Die Tourismusmesse ITB lockt jährlich mehr als 115.000 Besucher nach Berlin.

43

strategie

NACH ASIEN? ÜBER FRANKFURT! FINANZIERUNG. Die Asiatische Entwicklungsbank ist der größte Geldgeber

für Entwicklungsprojekte in Asien. Ihre Jahrestagung findet 2016 erstmals in Deutschland statt. Eine Chance für Unternehmen, Geschäftsmöglichkeiten gerade im Bereich Umwelt und Klima auszuloten. Text: Kirsten Hungermann, Bonn

s wird viel Betrieb sein auf der Jahrestagung der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) in Frankfurt am Main: Vom 2. bis 5. Mai 2016 erwarten die Organisatoren etwa 3.000 Teilnehmer auf dem Messegelände. Üblicherweise treffen sich Finanzminister, hohe Beamte und Zentralbankchefs aus den 67 Mitgliedstaaten sowie Führungskräfte der Bank auf dieser Konferenz. Darüber hinaus werden auch Vertreter internationaler Organisationen, Entscheider aus Wirtschaft, Bürgergesellschaft und Wissenschaft anwesend sein. Diesmal setzt Deutschland besondere Akzente. Als größter europäischer Anteilseigner der Asiatischen Entwicklungsbank ist es erstmals

E 44

auch Gastgeber. Ganz im Einklang mit dem Wunsch der Bank nach mehr Engagement der Privatwirtschaft legen die deutschen Organisatoren einen besonderen Schwerpunkt auf Unternehmen – und die starke Präsenz deutscher Firmen. Neben den 48 Ländern aus ihrer Region, etwa Japan, China, Indien und Indonesien, zählt die ADB auch westliche Industriestaaten wie die USA, Kanada und Deutschland zu ihren Mitgliedern. Als regionaler Financier, der mit knapp 3.000 Mitarbeitern im philippinischen Manila ansässig ist, unterstützt sie Investitionen in der Region Asien/ Pazifik, um Armut zu reduzieren, inklusives, ökologisch nachhaltiges Wachstum zu fördern und regionale Integration voran-

zubringen. Im Jahr 2014 machte sie Neuzusagen in Höhe von 13,7 Milliarden US-Dollar (US$) für unterschiedlichste Projekte. Hinzu kamen weitere 9,2 Milliarden US$, die andere Geldgeber – wie etwa die KfW Bankengruppe – mitfinanzierten. ERFOLG DURCH PRIVATE INVESTOREN

Bis 2017 will die ADB ihre jährlichen Kreditzusagen auf 20 Milliarden US$ steigern. Gleichzeitig steht fest, dass Kofinanzierungen und privatwirtschaftliche Investitionen immer wichtiger werden, um globale Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. So benötigt Asien allein bis 2020 rund 240 Milliarden US$ für die Bewältigung

markets

2/2016

strategie

TOP FÜNF DER NEHMERLÄNDER (2014) AUSLEIHUNGEN (IN US$)

Indien

Energie

2,8 Mrd.

6,65 Mrd. (27 %)

China

Transport

1,8 Mrd.

4,36 Mrd. (18 %)

Philippinen

Finanzwesen

975 Mio.

3,50 Mrd. (14 %)

Pakistan

Verwaltung des öffentlichen Sektors

820 Mio.

2,41 Mrd. (10 %)

Vietnam

Wasser, Abwasser, Abfall

740 Mio.

2,29 Mrd. (9 %)

ELDEN! JE TZ T ANM R

Foto: Asian Development Bank/flickr

6 DE GUN G 2 01 E JAHRES TA IN TERESS FURT. BEI K N A R F A A GE N ADB IN INE ANFR E E T IT B IE E. S E N DE N S URT2016.D BFR ANKF D A @ N IO OS INVITAT KO S T E NL AHME IS T DIE TEILN

der Folgen des Klimawandels und pro Jahr geschätzte 800 Milliarden US$ für Investitionen in die Infrastruktur. Interessant für die Wirtschaft: 2014 wurden ADB-finanzierte Aufträge mit einem Gesamtwert von rund zehn Milliarden US$ vergeben. Liegen die Auftragswerte über gewissen Schwellenwerten, müssen sie international ausgeschrieben werden. Deutsche Unternehmen punkten besonders bei Ingenieurs- und Consultingleistungen wie Bauplanung und Bauüberwachung, Machbarkeits- und Umweltverträglichkeitsstudien, sind aber auch mit der Lieferung von Komponenten dort erfolgreich, wo sie Speziallösungen anbieten können. Insbesondere bei Umweltschutz und Klimawandel, ihren neuen Topprioritäten, würde die Bank eine noch stärkere Beteiligung deutscher Firmen an Vergabeverfahren begrüßen. „Um sich erfolgreich auf Ausschreibungen bewerben zu können, sind Kenntnisse über das Land, in dem das Projekt umgesetzt werden soll, einschlägige Erfahrungen in ähnlichen Projekten und fachlich kompetentes Personal wichtig. 2/2016

markets

KERNSEKTOREN NACH HÖHE DER NEUZUSAGEN (2014, IN US$)

Außerdem sind Partner vor Ort, Joint Ventures oder lokale Tochtergesellschaften in jedem Fall von Vorteil“, sagt Mario Sander, der als Exekutivdirektor die Interessen Deutschlands und vier weiterer europäischer Staaten bei der ADB vertritt. Frühinformationen zu Projektvorhaben und Hinweise auf konkrete Ausschreibungen veröffentlicht Germany Trade & Invest in ihren Datenbanken; zur ADB sind dies jährlich mehr als 1.000 Meldungen. Im Vordergrund stehen Beratungsdienstleistungen, gefolgt von Lieferungen für Stromerzeugung und -verteilung, Wasser und Abwasser sowie Verkehrsinfrastruktur. Kürzlich ausgeschrieben wurden etwa Consultingleistungen und Bauüberwachung für ein Wasserversorgungsnetz in Vietnam, Beratung für Planung, Durchführung und Überwachung zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur in Projektstädten des Wirtschaftskorridors Bangladesch-China-Indien-Myanmar und die Lieferung und Inbetriebnahme von Strommasten in Indien. EINLADUNG AN DEUTSCHE FIRMEN

Für Führungskräfte und Fachleute deutscher Unternehmen liegt die Teilnahme an der Konferenz diesmal so nah wie selten. Ob aus Wirtschaft, Finanzwelt oder Zivilgesellschaft: Den geladenen Teilnehmern steht eine Vielzahl von Tagungsevents offen. Am Eröffnungstag bietet der Private Sector Day Workshops zu Themen wie nachhaltige Lösungen für Mikro-, Kleinund mittelständische Unternehmen, För-

derung erneuerbarer Energien in Asien und Finanzierung von Informationstechnologien. Die ADB informiert über ihre Funktionsweise und Ausschreibungspraxis. Im Rahmen des Host Country Day geht es um die Erfahrungen Deutschlands mit der Energiewende und welche Schlüsse daraus für Asien zu ziehen sind. Beim anschließenden Abendempfang wird Bundeskanzlerin Angela Merkel die Gäste aus aller Welt begrüßen. Neben der europäisch-asiatischen Wirtschafts- und Finanzkooperation stellt Deutschland vier Themen in den Mittelpunkt: erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimawandel, nachhaltige Liefer- und Produktionsketten, berufliche Bildung sowie kommunale Partnerschaften und Stadtentwicklung. Als einer der deutschen Beiträge wird die „Stadt der Nachhaltigkeit“ als Ausstellungs- und Dialogplattform errichtet. Das dortige Bühnenprogramm bietet über alle vier Konferenztage auch kleinere Dialogformate und präsentiert innovative Lösungen. Akteure wie Ministerien, Verbände und Banken präsentieren sich an den zahlreichen Ständen. Wer also Infos zu Sektorentwicklungen und neuen Finanzierungsansätzen oder Erstkontakte zu ADB-Fachleuten sucht: Der Weg nach Frankfurt kann sich lohnen. Netzwerken eingeschlossen.

WEITERE INFORMATIONEN

www.gtai.de/geber www.adb.org/annual-meeting/2016 45

recht & zoll

kurz notiert CHINA

Zoll- und Lizenzänderungen Zum Jahresanfang 2016 hat das chinesische Wirtschaftsministerium bekannt gegeben, welche Waren bei der Ein- oder Ausfuhr lizenzpfl ichtig sind oder als Dual-Use-Güter eine besondere Genehmigung benötigen. Außerdem gab es Änderungen bei den Einfuhr- und Ausfuhrzöllen. > [email protected]

NEUES ARBEITSGESETZBUCH IN KASACHSTAN ARBEITSRECHT. Interessen der Arbeitgeber und Arbeit-

nehmer werden verbunden.

Text: Dmitry Marenkov

m 1. Januar 2016 ist in Kasachstan das neue Arbeitsgesetzbuch in Kraft getreten. Es liberalisiert die Arbeitsverhältnisse und reduziert die Rolle des Staates. Die Bedeutung von Gewerkschaften und Kollektivverträgen wird künftig wachsen. Während das alte Arbeitsgesetzbuch primär dem Schutz der Arbeitnehmer diente, bezweckt das neue Regelwerk ein Gleichgewicht der Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Die neuen flexiblen Vorschriften ermöglichen es dem Arbeitgeber, in Krisenzeiten anstatt der Aussprache von betriebsbedingten Kündigungen ein Teilzeitregime einzuführen beziehungsweise die Arbeitnehmer vorübergehend zu versetzen.

Ferner können Arbeitgeber jetzt Kündigungen aufgrund der „Verringerung des Produktions- beziehungsweise Dienstleistungsvolumens, die zur Verschlechterung der Wirtschaftslage des Arbeitgebers geführt hat“ aussprechen. Die Arbeitgeber bekommen größere Freiheiten bei der Wahl der Form, des Systems und der Höhe der Lohnzahlung. Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes ist jetzt ausdrücklich zulässig. Neu eingeführt wurde das Institut des technischen Inspektors für Arbeitsschutz.

A

WEITERE INFORMATIONEN

[email protected]

INDIEN

Einfuhrabgaben erhöht Die indische Regierung hat zum 19. Januar 2016 die Einfuhrabgaben für eine Vielzahl von medizinischen Instrumenten, Geräten und Ausrüstungen aus den HS-Codes 9018 bis 9022 erhöht. Im Gegenzug senkte sie die Einfuhrzölle für Waren, die zur Herstellung von medizinischen Geräten benötigt werden. > [email protected]

ARGENTINIEN

Außenhandel liberalisiert Argentiniens neue Regierung hat den Außen- und Devisenhandel weitgehend liberalisiert. Die 2012 eingeführten Einfuhrkontrollen durch das wenig transparente Verfahren der eidesstattlichen Importerklärungen (DJAI) werden durch ein neues System von Einfuhrlizenzen (SIMI) ersetzt. Für 87 Prozent der Zolltarifpositionen wird die Importlizenz künftig automatisch erteilt. Beobachter rechnen mit Friktionen bei der Umstellung. Der Erwerb von Devisen unterliegt nur noch wenigen Beschränkungen. > [email protected] 46

STEUERN ZAHLEN LEICHTER GEMACHT GROSSBRITANNIEN. Änderungen beim Deutsch-Britischen

Doppelbesteuerungsabkommen.

A

m 1. Januar 2016 ist das Protokoll vom 17. März 2014 zur Änderung des Deutsch-Britischen Doppelbesteuerungsabkommens in Kraft getreten. Es ändert die Betriebsstätten-Gewinnaufteilung sowie die Besteuerung für Vergütungen von Ortskräften. Der Betriebsstätte eines Vertragsstaates sind die Gewinne zuzurechnen, die sie voraussichtlich erzielen würde, wenn sie ein selbstständiges Unternehmen wäre, das gleiche oder ähnliche Tätigkeiten unter gleichen oder ähnlichen Be-

Text: Dr. Achim Kampf

dingungen ausübt. Würden deshalb die Gewinne doppelt besteuert, werden sich die Vertragsstaaten bemühen, eine Verständigungsvereinbarung zu erzielen. Vergütungen für Ortskräfte, die im Vereinigten Königreich tätig und deutsche Staatsbürger sind (auch wenn es sich um Deutsch-Britische Doppelstaatler handelt), sind künftig ausschließlich in Deutschland zu versteuern. WEITERE INFORMATIONEN

www.bundesfinanzministerium.de

markets

2/2016

recht & zoll

kurz notiert

GHANA

ECOWAS-Zolltarif

In dem kleinen Golfemirat Katar leben und arbeiten rund zwei Millionen Gastarbeiter – viele von ihnen unter unzumutbaren Bedingungen.

NEUES AUFENTHALTSGESETZ BRINGT WENIG VERÄNDERUNG KATAR. Die Arbeitsbedingungen im WM-Ausrichter-

land bleiben schwierig.

an hat es schon immer geahnt: Fußball ist mehr als nur Sport. Erst der Zuschlag zur Ausrichtung der Fifa-Weltmeisterschaft lenkte Aufmerksamkeit und Kritik der Weltöffentlichkeit auf die Arbeitsbedingungen in Katar. Darauf reagierte die katarische Führung mit einem neuen Aufenthaltsgesetz (AufenthG), das Ende 2016 in Kraft treten wird. Nach dem noch geltenden katarischen AufenthG fungiert ein Arbeitgeber zusätzlich als Sponsor seines ausländischen Beschäftigten. Der Sponsorenstatus gibt Arbeitgebern das Recht, Ausreise und Arbeitsplatzwechsel ausländischer Arbeitnehmer zu blockieren. Hierin steckt viel Missbrauchspotenzial, das häufig ausgeschöpft wird. Das neue AufenthG verzichtet auf das Reizwort Sponsor und verwendet stattdessen den Begriff Recruiter, verbessert die Position ausländischer Arbeitnehmer aber nur wenig. Immerhin sieht das

M

Fotos: istock (3); Andreas Gebert/dpa

Text: Sherif Rohayem

2/2016

markets

neue AufenthG eine neue Beschwerdestelle vor, an die sich ausländische Arbeitnehmer wenden können, wenn ihr Arbeitgeber die Ausreise blockiert. Letzterer kann auch nicht mehr die Wiedereinreise eines ehemaligen Beschäftigten blockieren.

WEITERE INFORMATIONEN

[email protected]

ONLINE! RMATIONEN ZU WEITERE INFO DEN LLTHEMEN FIN RECHT- UND ZO TER SIE ONLINE UN RECHT W W W.GTAI.DE/ ZOLL W W W.GTAI.DE/

Ghana wendet seit dem 1. Februar 2016 den gemeinsamen Außenzolltarif der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) an. Der Zolltarif kann von der Website der ghanaischen Zollbehörde unter www. ghanastradinghub.gov.gh heruntergeladen werden. Bei zollfreien Importwaren ist weiterhin eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von einem Prozent des CIF-Werts zu entrichten. > [email protected]

ÄGYPTEN

Neue Registrierungspflicht Ausländische Hersteller von bestimmten Konsumgütern, die gewerblich nach Ägypten eingeführt werden, müssen sich seit dem 1. März 2016 in ein neues Register eintragen. Der betroffene Warenkreis reicht von Nahrungsmitteln für den Einzelverkauf wie Milchprodukte, Süßwaren, Backwaren, Öle und Fette, Fruchtsäfte und Mineralwasser über Körperpfl egemittel, Hygienepapiere, Kochgeschirr, Glaswaren, Haushaltsgeräte, Sanitärwaren, Fahrräder, Motorräder, Armbanduhren, Wohn- und Büromöbel, Textilien, Schuhen und Spielzeug bis zu Bodenbelägen, Bausteinen, Fliesen und Armierungseisen. Die Hersteller müssen dabei ein Qualitätssicherungssystem für die Produktionsstätten nachweisen und Standards in den Bereichen Arbeitssicherheit und Umweltschutz garantieren. Sie müssen sich ferner bereit erklären, diese Standards von einem sogenannten technischen Team überprüfen zu lassen. Das Register wird von der ägyptischen Organisation für Export- und Importkontrolle geführt. > [email protected] 47

NEUES GESETZ ERSCHWERT EINREISE USA. Die Bestimmungen für die visumsfreie Einreise wurden verschärft. Reisende

mit einem Visumsstempel aus kritischen Staaten müssen wieder umständlich Visa beantragen. Text: Corinna Päffgen, Bonn



eit Januar 2016 gelten in den USA strengere Regeln für das Visa Waiver Program (VWP), das die Einreise von Terroristen verhindern soll. Damit wird ein entsprechendes Gesetz realisiert, das im Dezember vergangenen Jahres vom US-amerikanischen Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, der sogenannte „Visa Waiver Program Improvement and Terrorist Travel Prevention Act of 2015“. Am VWP nehmen derzeit 38 Staaten teil, unter anderem Deutschland und die meisten anderen europäischen Länder. Das VWP erlaubt Staatsbürgern der teilnehmenden Länder eine visumsfreie Einreise in die USA. Die Reisenden müssen lediglich vorab über das Electronic System for Travel Authorization (ESTA) eine Einreisegenehmigung einholen – ein weiteres Visum ist dann nicht erforderlich. Das VWP erlaubt einen Aufenthalt von 90 Tagen und kann von Touristen und Geschäftsreisenden genutzt werden.

AUSNAHMEREGELUNG FÜR DIPLOMATEN

Ab sofort werden über das ESTA-System Angaben über frühere Aufenthalte in Ländern abgefragt, die als Zufluchtsorte für Terroristen gelten wie Syrien, Irak, Iran und Sudan. Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft der betroffenen Länder sind künftig von der Teilnahme am VWP ausgeschlossen. Auch Reisende, die sich nach März 2011 in einem dieser Länder aufgehalten haben, 48

können nicht mehr am VWP teilnehmen. Bereits erteilte ESTA-Genehmigungen sind mit sofortiger Wirkung ungültig. Betroffene Reisende müssen nunmehr ein Visum beantragen. Ausnahmen gelten für Diplomaten und Angehörige der Streitkräfte. In Einzelfällen können die Einschränkungen vom zuständigen Heimatschutzministerium (Department of Homeland Security) geprüft und aufgehoben werden. Das betrifft vor allem Personen, die sich aus beruflichen Gründen in den betroffenen Ländern aufgehalten haben. Dazu zäh-len Journalisten, Geschäftsreisende nach Irak und Iran sowie Mitarbeiter von humanitären, internationalen und regionalen Organisationen. BIOMETRISCHER PASS WIRD PFLICHT

Sind zum jetzigen Zeitpunkt für das VWP die Länder Syrien, Irak, Iran und Sudan als Zufluchtsorte für Terroristen eingestuft, so kann sich die Liste zukünftig erweitern. Denn vom US-amerikanischen Außenministerium wird eine Reihe weiterer Länder als möglicher Zufluchtsort klassifiziert – dazu gehören zum Beispiel Afghanistan, Ägypten, Jemen, Somalia oder Nigeria. Auch die vermehrte Sammlung und bessere Nutzung biometrischer Daten (Fingerabdrücke und Fotos) ist vorgesehen. In Zukunft sollen nur noch Personen am ESTA-Verfahren teilnehmen können, die im Besitz eines biometrischen Reisepasses sind. In Deutschland

wurden diese Pässe bereits 2005 eingeführt. Länder, die im VWP verbleiben möchten, müssen nicht nur entsprechende Dokumente ausstellen, sondern sollen verstärkt mit den USA, insbesondere den US-amerikanischen Geheimdiensten, zusammenarbeiten. WEITERE ÄNDERUNGEN

Auch Fluggesellschaften müssen sich auf Veränderungen einrichten. Sie sind nicht nur zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit den US-amerikanischen Behörden aufgefordert, ihnen drohen sogar Strafen bis zu 50.000 US-Dollar, wenn sie die Passagierdaten ihrer Fluggäste nur unzureichend prüfen. Die Zusammenarbeit soll nicht nur beim Austausch biometrischer Daten intensiviert werden. So ist die Einrichtung von Einreisekontrollen in den Ländern geplant, in denen der Abflug in die USA angetreten wird. In dem Fall würden Einreisekontrollen – durchgeführt durch USBehörden – nicht erst in den USA erfolgen, sondern bereits vorgelagert bei der Ausreise vor Antritt des Abfluges. Derzeit stehen die USA dazu mit Belgien, Japan, Norwegen, Niederlande, Spanien, Schweden und Großbritannien in Verhandlung. Zur Lage in Deutschland ist bisher nichts bekannt.

WEITERE INFORMATIONEN

[email protected]

markets

2/2016

recht & zoll

RECHTSSTAAT AUF DEM PRÜFSTAND

Gefahr für den Rechtsstaat? Die EU-Kommission prüft die umstrittenen Reformen.

POLEN. Vom Musterknaben zum Sorgenkind: Die Gesetzesmaßnahmen der neu-

en polnischen Regierung haben die Europäische Union aufhorchen lassen. Die Kommission möchte nun im Rahmen eines Verfahrens klären, ob der polnische Rechtsstaat tatsächlich gefährdet ist. Text: Roland Fedorczyk, Bonn er 13. Januar 2016 wird mit Sicherheit seine eigene Fußnote in der Geschichte der Europäischen Union (EU) finden. Denn an diesem Tag hat die EU-Kommission beschlossen, den EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips gegenüber Polen anzuwenden. Ein Präzedenzfall für diese junge Maßnahme, die erst seit 2014 angewandt werden kann. Anhand dieses Verfahrens soll geprüft werden, ob es in einem Mitgliedstaat zu einer sogenannten „systembedingten Gefährdung“ der Rechtsstaatlichkeit gekommen ist. Gleichzeitig wird die Gelegenheit gegeben, im Schulterschluss zwischen Kommission und Mitgliedstaat diese Gefahren zu beheben. Die neue polnische Regierung hat hierzu durch ihre höchst umstrittene Medienund Verfassungsgerichtsreform Anlass gegeben. Das Verfahren unterteilt sich in drei Stufen. Zunächst ermittelt die Europäische Kommission, ob es Anzeichen für die „systembedingte Gefährdung“ der Rechtsstaatlichkeit gibt. Von einer solchen Gefährdung kann etwa dann ausgegangen werden, wenn es keine staatlichen Institutionen mehr gibt, die dazu geeignet wären, der Gefährdung der

Fotos: istock (3 ); Pacific Press/Getty



2/2016

markets

Rechtsstaatlichkeit entgegenzutreten. Dies kann dann der Fall sein, wenn systematisch die unabhängige Justiz abgeschafft oder deren Kompetenzen beschnitten wird. Kurzum: Wenn die Gewaltenteilung aufgehoben wird. Sollte die Kommission zu dem Ergebnis kommen, dass eine solche Gefährdung in Polen durch die Verfassungsgerichtsreform gegeben ist, wird sie Warschau eine „Stellungnahme zur Rechtsstaatlichkeit“ überreichen. Die polnische Regierung unter Ministerpräsidentin Beata Szydło hätte dann die Möglichkeit, auf die Stellungnahme zu antworten und ihre Sicht der Dinge darzustellen. Wie es nach dieser ersten Stufe weitergeht, weiß momentan noch niemand. EMPFEHLUNGEN AN DIE REGIERUNG

Sollte die Kommission den Rechtsstaat in Gefahr sehen und die polnische Regierung nicht, dann kann die Kommission auf der zweiten Stufe eine „Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit“ aussprechen. Darin kann eine Frist gesetzt werden, in der Warschau die strittigen Gesetze zurücknehmen muss, um europäische Rechtsstaatsstandards wiederherzustellen. In der dritten Stufe wird die Kommis-

sion nur noch beobachten, ob Polen den Kommissionsempfehlungen nachgekommen ist. Und dann, falls nicht? Nichts. Denn der EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips selbst sieht keine Sanktionsmöglichkeiten vor, wenn sich ein Mitgliedstaat nicht an die Spielregeln hält. Man hofft vielmehr auf die Kraft des Dialogs. Scheitert dieser, kann die EU als Ultima Ratio ihr schärfstes Schwert ziehen: das Sanktionsverfahren nach Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union, das bis zum Entzug der Stimmrechte im Rat der EU führen kann. Aber nur vielleicht. Denn es ist ein komplett anderes Verfahren, das auch mit viel strengeren Voraussetzungen verbunden ist. Für die Einleitung dieses Verfahrens ist die Feststellung einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der europäischen Grundwerte erforderlich. Zu einer solchen Feststellung rang man sich aber selbst gegenüber Österreich nicht durch, als Anfang des Jahrtausends die Rechtspopulisten der FPÖ an der Regierung beteiligt waren, oder derzeit gegenüber Ungarn.

WEITERE INFORMATIONEN

[email protected] 49

nachgefragt

INSIDE TUNESIEN

Fausi Najjar berichtet für Germany Trade & Invest aus Tunis.

Was ist das Exportgut Nummer eins? Wichtigster Ausfuhrposten sind elektrotechnische Waren. Mehr als 40 Prozent davon entfallen auf Kabel und Kabelbäume, hauptsächlich für die Kfz-Industrie. Zweitwichtigster Posten sind Textilien. Es stehen demnach weder das Olivenöl noch Südfrüchte oder das Phosphat ganz oben auf der Liste. Was sollte man im Umgang mit Geschäftspartnern beachten? Tunesische Geschäftsleute sind harte Verhandler. Vorleistungen aus Kulanzgründen sollte man nicht von Anfang an ins Spiel bringen, sie könnten als Schwäche aufgefasst werden. Die Tunesier sind sehr kinderlieb. Nicht nur Frauen lassen sich von kleinen Kindern erweichen, auch der coolste Teenager überrascht mit seiner Zuneigung.

Einen tunesischen Hochzeitsabend sollte man auf keinen Fall verpassen.

Wohin gehen Tunesier am liebsten, wenn sie nicht arbeiten? Die Tunesier sind ein badefreudiges Volk, im Sommer ist daher Strand angesagt. Für Europäer eher erstaunlich: Tunesier gehen auch gern einkaufen. Nicht nur in Shoppingmalls, sondern auch in großen Supermärkten. Dort findet sich an Wochenenden die ganze Familie ein, einschließlich der Großeltern. Ein No-Go in Tunesien? Man sollte tunlichst nicht über eine Schwäche seines Gegenübers lachen. Auch nicht, wenn es gar nicht böse gemeint ist. Das kann schnell als Auslachen interpretiert werden und beleidigend sein.

WEITERE INFORMATIONEN Noch mehr Antworten zu Tunesien finden Sie unter www.gtai.de/tunesien.

AUSBLICK: Schwerpunkte der nächsten markets-Ausgabe Topthema: Die Logistikbranche im Wandel Das Zusammenwachsen der internationalen Märkte und der Anstieg der Warenströme stellen kleine und große Unternehmen täglich vor neue Herausforderungen. Die Firmen müssen immer schneller und flexibler agieren – und das weltweit. Gleichzeitig verändert sich die Logistik selbst. markets stellt wesentliche Entwicklungen vor und zeigt auf, wie deutsche Unternehmen davon profitieren können.

50

Weitere Themen: > Spezial Iran: Nach der Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran meldet sich das Land als Wirtschaftspartner zurück. > Liechtenstein: Welche Chancen bietet ein Land, das fast so viele Arbeitsplätze wie Einwohner hat? > Crowdfunding: Nicht nur Start-ups können von der Finanzierungsform profitieren, sondern auch mittelständische Firmen.

markets

2/2016

Fotos: istock (2); Troy Aossey/Getty; Germany Trade & Invest

Tunesien ist landschaftlich sehr vielfältig. Weniger bekannt ist der Norden, etwa mit dem küstennahen See Lac Ichkeul, wo Flamingos überwintern.

medien

Zum Bestellen und Nachlesen

KOSTENFREIE DOWNLOAD! R

Sie möchten die Publikationen von Germany Trade & Invest erhalten? Registrieren Sie sich auf www.gtai.de. Geben Sie die Bestellnummer der gewünschten Medien in die Suchmaske ein. Klicken Sie auf das PDF, und laden Sie die Datei herunter.

EIN KLICK, DE R SICH LOHNT!

INVESTITIONSKLIMA UND -RISIKEN

WACHSTUMSMARKT INDIEN

USBEKISTAN

CHANCEN FÜR DEUTSCHE UNTERNEHMEN

WACHSTUMSMÄRKTE IN AFRIKA

IM FOKUS

IM FOKUS

GESCHÄFTSCHANCEN IN AUSGEWÄHLTEN BRANCHEN

Wachstumsmarkt Indien – Chancen für deutsche Unternehmen, 2016 Bestell-Nr. 20680 www.gtai.de/indien

Investitionsklima und -risiken – Usbekistan Bestell-Nr. 20717 www.gtai.de/ usbekistan

CHEMIE-, CHEMISCHE INDUSTRIE

Neue Märkte – Neue Chancen

VR CHINA

Ein Wegweiser für deutsche Unternehmer

Bangladesch adesch

NEU! Wachstumsmärkte in Afrika – Geschäftschancen in ausgewählten Branchen Viele sehen in Afrika den letzten unentdeckten Markt, der Kontinent bietet enorme Chancen. Politische und wirtschaftliche Instabilität sowie Sicherheitsrisiken sind aber gerade für kleine und mittelständische Unternehmen kritisch. Die Publikation Wachstumsmärkte in Afrika – Geschäftschancen in ausgewählten Branchen (Bestell-Nr. 20658) informiert über die Sektoren Bau, Gesundheit, Energie und Wasser sowie Landwirtschaft. www.gtai.de

RECHT KOMPAKT

Neue Märkte – Neue Chancen

Branche kompakt – Chemie-, chemische Industrie – VR China, 2016 Bestell-Nr. 20640 www.gtai.de/china

Neue Märkte – Neue Chancen – Bangladesch, 2016 Bestell-Nr. 20695 www.gtai.de/ bangladesch

MERKBLATT ÜBER GEWERBLICHE WARENEINFUHREN GHANA

SCHWEIZ IST WICHTIGER PARTNER DIGITALISIERUNG UND IKT-DIENSTLEISTUNGEN 2016 KERNTHEMEN

Neue Märkte – Neue Chancen – Ägypten, 2016 Bestell-Nr. 20724 www.gtai.de/aegypten

2/2016

markets

Recht

Ägypten pten

IM FOKUS

Ein Wegweiser für deutsche Unternehmer

Recht kompakt – Iran Bestell-Nr. 11250 www.gtai.de/ recht-kompakt

Merkblatt über gewerbliche Wareneinfuhren – Ghana Bestell-Nr. 20579 www.gtai.de/ zollmerkblaetter

Schweiz ist wichtiger Partner Bestell-Nr. 20725 www.gtai.de/schweiz

51

© UNICEF Libanon / Ramzi Haidar

SYRIENS KINDER BEDROHT DURCH KRIEG UND FLUCHT

Sie brauchen dringend Schutz und Hilfe. SPENDEN SIE JETZT! IBAN DE57 3702 0500 0000 3000 00 Stichwort: Syrien Online spenden: www.unicef.de