Manfred R

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Titel: Exzellent führen! – Durch Führungsqualität vom Vorgesetzten zur Führungskraft Verfasser: Manfred R.A. Rüdenauer, Dipl.-Kfm. Konzept und Herausgeber: EditionAutorDigital ISBN: 978-3-943788-01-3 Copyright: M.R.A. Rüdenauer, Hamburg 2001, 2007, 2011 Neubearbeitung als eBook 2012 Alle Rechte vorbehalten

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Manfred R.A. Rüdenauer

Exzellent führen! Durch Führungsqualität vom Vorgesetzten zur Führungskraft

eBook-Ausgabe - Dem Nutzer ist bekannt, daß dieses Manuskript sowohl urheberrechtlich wie auch verlagsrechtlich geschützt ist. Mit dem Erwerb der Datei verpflichtet er sich ausdrücklich, diese Rechte zu wahren, insbesondere diese Datei nicht an Dritte weiterzugeben und nur maximal einen Ausdruck für den eigenen Gebrauch herzustellen. Hiervon abweichende Vereinbarungen, insbesondere solche der gewerblichen Nutzung, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verfassers.

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Einführung 1.1 Erfolgreiche Führung – Kunst oder Handwerk? 1.1.1 Warum so viele schlechte Noten für die Führung? 1.1.2 „Wildes“ Führungslernen herrscht vor 1.1.3 Vorgesetzte werden installiert, Führungskräfte entwickelt 1.1.4 Führung als Amateuerdisziplin 1.1.5 Größte Herausforderung im 21. Jahrhundert 1.1.6 Führungsstreß verringern 1.1.7 Ganzheitliche Sichtweise erforderlich

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1.2 Gebrauchsanleitung für Ihren Führungsassistenten 1.3 Aufbau Ihres Führungsassistenten

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Führungsqualität als strategische Erfolgsgröße 2.1 Was ist Führungsqualität?

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2.1.1 Führung 2.1.2 Erfolg 2.1.3 Leistung 2.1.4 Macht 2.1.5 Beurteilungskriterien der Führung

2.2 Die Führungsaufgabe in Betrieben 2.2.1 Führungs- oder Ausführungsaufgaben? 2.2.2 Test: Führung oder Ausführung? 2.2.3 Führen ist viel mehr als Managen 2.2.4 Führen ist in die Zukunft gerichtet

2.3 Führungskraft sein, nicht nur Vorgesetzter 2.3.1 Alter Adam und moderne Führung 2.3.2 Führungspersönlichkeit 2.3.3 Konfliktbereitschaft ist unverzichtbar 2.3.4 Motivation und Teamgeist 2.3.5 Vorgesetzten-Vorbilder und Betriebskultur 2.3.6 Denk- und Verhaltensweisen erfolgreicher Führungskräfte 2.3.7 Auswahl von Führungs(nachwuchs)kräften

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Die Führungsfunktionen sachgerecht wahrnehmen 3.1 Führungssystem, Führungsprozeß und Führungsfunktionen 3.1.1 Subsidiarität und Selbstorganisation 3.1.2 Leistungsvereinbarungen 3.1.3 Führungssysteme sind in erster Linie Kommunikationssysteme 3.1.4 Subsidiäre Organisation erfordert permanente intensive Kommunikation 3.1.5 Die Führungsfunktionen 3.1.6 Führungsqualität messen

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3.2 Führungsfunktion Informieren 3.2.1 Wozu dienen und was bewirken Informationen? 3.2.2 Was sind nützliche Informationen? 3.2.3 ... und wie werden nützliche Informationen vermittelt? 3.2.4 Daten analysieren und Probleme lösen 3.2.5 Bestimmung der Informationsqualität

3.3 Führungsfunktion Initiieren 3.3.1 Ziele finden 3.3.2 Ziele definieren 3.3.3 Pläne und Handlungsstrategien 3.3.4 Entscheidungen 3.3.5 Aufträge, Anweisungen und Delegation 3.3.6 Bestimmung der Initiierungsqualität

3.4 Führungsfunktion Qualifizieren 3.4.1 Praxisintegrierte Personalentwicklung 3.4.2 Qualifizierungs- und Nachfolgeplanung 3.4.3 Formen und Methoden der (Weiter-)Qualifizierung 3.4.4 Nur Anwendungserfolg ist Qualifizierungserfolg 3.4.5 Bestimmung der Qualifizierungsqualität

3.5 Führungsfunktion Koordinieren/Kooperieren 3.5.1 Ziel- und Leistungsvereinbarungen 3.5.2 Regelverfahren und Routinen 3.5.3 Permanente Verbesserung und Restrukturierung 3.5.4 Kommunizieren der Vision 3.5.5 Teambildung 3.5.6 Führungsverhalten 3.5.7 Kommunikationsformen und Kommunikationsmethodik 3.5.8 Bestimmung der Koordinierungs-/Kooperationsqualität

3.6 Führungsfunktion Kontrollieren 3.6.1 Überwachen (Dienstaufsicht) 3.6.2 Konstruktive Kritik 3.6.3 Audits 3.6.4 Mitarbeiterbeurteilung 3.6.5 Bestimmung der Kontrollqualität

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Entwicklung von Führungskräften und Führungssystemen 4.1 Nicht Wisser, sondern Könner ausbilden 4.2 Permanente Organisationsentwicklung 4.2.1 Nur wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg 4.2.2 Ganzheitlich und konzeptionell vorgehen

4.3 Führungskräfteentwicklungs-Konzept

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Arbeitsmittel 5.1 Persönliche Analysen

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5.1.1 Persönliche Situation 5.1.2 Arbeits- und Führungssituation 5.1.3 Wer bin ich als Führungskraft? 5.1.4 Tätigkeitsanalyse 5.1.5 Meine Stärken und Schwächen

5.2 Führungsleitlinien (Führungsgrundsätze) 5.3 Betriebliche Analysen 5.3.1 Analyse interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen 5.3.2 Analyse von Leistungsprozessen 5.3.3 Die Stärken und Schwächen unseres Betriebes 5.3.4 Engpaßanalyse

5.4 Leistungsvereinbarungen 5.4.1 Prinzipien 5.4.2 Beispiel-Formblatt

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5.5 Bestandsaufnahmen zur Führungsqualität 5.5.1 Führungsfunktion: 5.5.2 Führungsfunktion: 5.5.3 Führungsfunktion: 5.5.4 Führungsfunktion: 5.5.5 Führungsfunktion:

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Informieren Initiieren Qualifizieren Koordinieren/Kooperieren Kontrollieren

5.6 So wird‘s gewiß nichts mit dem Delegieren . . . 5.7 Leitfaden zur Analyse der Führungsqualifikation von Bewerbern und zu Befördernden 5.8 Leitfäden für Führungsgespräche 5.8.1 Einstellungsgespräch 5.8.2 Problemlösungsgespräch 5.8.3 Mitarbeiterentwicklungsgespräch 5.8.4 Fehlzeitengespräch 5.8.5 Abmahnungsgespräch 5.8.6 Austrittsgespräch

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5.9 Wie steht es mit der Zukunftssicherung Ihres Betriebes?

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Stichwortverzeichnis und Schnellfinder

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Literatur

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1 Einführung 1.1 Erfolgreiche Führung – Kunst oder Handwerk? Die Globalisierung des Wettbewerbs ist ein Segen für die Konsumenten weltweit und der stärkste Beschleuniger des technologischen und ökonomischen Fortschritts. Aber sie ist für die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen ebenso unbequem wie für Gewerkschaften, Regierungen und Staatsbürokraten. Denn sie duldet nicht, sich auf einmal errungenen Wettbewerbsvorteilen auszuruhen, sondern verlangt täglich aufs neue den Beweis, daß einmal erlangte Vorteile zu Recht bestehen. Globaler Wettbewerb heißt nicht nur Wettbewerb der Betriebe um die Gunst potentieller Abnehmer. Globaler Wettbewerb heißt auch Wettbewerb der Staaten und ihrer Regierungen und Verwaltungen, Wettbewerb der Standorte, Wettbewerb der Arbeitsbedingungen, Wettbewerb der politischen und Rechtssysteme... heißt allumfassender Wettbewerb. Er übt damit automatisch einen allgemeinen Zwang aus, für Menschen attraktiv zu sein, für Menschen allerdings nur, die sich frei entscheiden können. Und deshalb gehört Freiheit untrennbar zum globalen Wettbewerb. Den entstehenden globalen Wettbewerb zu schützen und zu fördern, heißt deshalb zwangsläufig auch, sich für die Freiheit einzusetzen: Freiheit für die, die arbeiten wollen, Freiheit für Informationen, für Waren und Dienstleistungen, Freiheit für die Menschen allgemein, und Freiheit für die Freiheit, indem man sie vor Mißbrauch schützt. Das Mehr an Freiheit, das der globale Wettbewerb mit sich bringt, ist aber nicht nur ein historisches Geschenk. Denn mehr Freiheit verlangt von den Menschen (Mitarbeitern) auch mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortung im Berufs- wie auch im Privatleben. Die verbesserten Chancen und Möglichkeiten der Selbstentfaltung und der Daseinsgestaltung wollen sinn- und verantwortungsvoll wahrgenommen werden. Dieser neuen große Herausforderung sind nicht alle Menschen (Mitarbeiter) von sich aus gewachsen. Deshalb ist es wichtig und dringlich, sie durch Erziehung, Bildung und Führung entsprechend zu befähigen. Die Führungskräfte in Wirtschaft, Verwaltung und Politik sind verantwortlich dafür, daß dies geschieht. Sie können ihrer Verantwortung jedoch nur gerecht werden, wenn sie dafür ausreichend qualifiziert sind und – wenn sie ihr gerecht werden wollen. Notwendige Anpassungen an den weltweiten Wandel, die nur unter Druck und gegen den heimlichen oder offenen Widerstand satter etablierter Kräfte erfolgen, verursachen immense volks- und betriebswirtschaftliche Kosten – von den sozialen Kosten und dem Schaden, der dem gesellschaftlichen Grundkonsens zugefügt wird, ganz abgesehen. Sanierungen, die bis kurz vor dem völligen Einsturz eines Gebäudes aufgescho-

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ben werden, kommen bekanntlich immer am teuersten. Aber niemand kann das Rad der Geschichte zurückdrehen. Der globale Wandel zu mehr Wettbewerb wird sich ebenso fortsetzen wie die rasante technologische Entwicklung. Unfähige, ideologisch befangene und engstirnige Politiker sowie egoistische Besitzstandswahrer und Pfründenfürsten verzögern allenfalls diese Entwicklung, steigern dadurch die Kosten und die Schmerzen des Wandels, aber aufhalten können sie ihn nicht. Am erfolgreichsten bei der Bewältigung des weltweiten Wandels werden diejenigen sein, die sich vorbehaltlos den Herausforderungen stellen und kreativ unternehmerisch darauf reagieren. Das gilt für den Bereich der Wirtschaft, aber nicht weniger für den der staatlichen Verwaltung und der Politik. Die Fähigkeit, Menschen zu führen ist dabei eine Schlüsselqualifikation. Die Weitsichtigen und Innovationsfreudigen unter den Führungskräften haben in ihren Betrieben längst damit begonnen, gemeinsam mit ihren Mitarbeitern moderne Führungssysteme zu entwickeln, die dem sehr ähnlich sind, was in diesem Assistenten und Soforthelfer vorgestellt und empfohlen wird. Viele der hier vorgestellten Ideen und Methoden sind einzeln bereits erfolgreich in der Praxis erprobt. In den meisten Fällen mangelt es jedoch noch an der Konsequenz und Systematik des Vorgehens sowie der Zusammenschau. Die hier praktizierte ganzheitliche Sichtweise der Führung beseitigt diese Schwäche, indem sie den Zusammenhang und die Wechselbeziehungen sämtlicher Elemente des betrieblichen Führungssystems berücksichtigt. Einzelne Verbesserungsmaßnahmen in den Strukturen und Abläufen der Führung sowie im Führungsverhalten stehen nicht mehr für sich allein, sondern werden unter Beachtung ihrer Wechselbeziehungen mit anderen Elementen des Führungssystems optimiert. Das schafft außer beträchtlichen Synergieeffekten auch zusätzliche Anregungen für weitere Verbesserungen. Zukunftsweisende Veränderungen mußten sich schon immer gegen den Widerstand etablierter Kräfte durchsetzen. Die wahren Führungskräfte des 21. Jahrhunderts stehen deshalb nicht nur vor der Aufgabe, die personellen, organisatorischen und kommunikativen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß wirtschaftlicher Erfolg unter sich schnell und unaufhörlich wandelnden technologischen und ökonomischen Bedingungen immer wieder aufs neue erarbeitet werden kann. Sie müssen zudem gegen den Egoismus und die Borniertheit derer ankämpfen, die sich an ihre unzeitgemäßen Besitzstände klammern und rücksichtslos augenblickliche Machtpositionen zur Verteidigung ihrer Privilegien ausnutzen. So beschwerlich dieser Kampf an zwei Fronten auch sein mag: genau darin liegt auch Chance für diejenigen Führungskräfte, die ihre Betriebe und Volkswirtschaften mit Unternehmergeist und kreativen Neuerungen im globalen Wettbewerb stärken und voranbringen wollen.

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Die größte Herausforderung ist in diesem Zusammenhang der ständige Druck zur Steigerung von Effektivität und Effizienz betrieblicher Leistungen. Um sich im globalen Wettbewerb behaupten zu können, müssen die Betriebe unaufhörlich daran arbeiten, ihren Wettbewerbern bezüglich des Kundennutzens ihrer Leistungen überlegen zu sein. Das erfordert, auf allen wichtigen Märkten präsent zu sein, Marktanteile durch immer attraktivere Produkte und Dienstleistungen sowie durch die Verbesserung ihrer Vermarktung zu vergrößern, und die Produktivität der Leistungserstellung immerfort zu steigern. Diesen Anforderungen können auf Dauer nur gut geführte innovative, flexible und auf einem soliden finanziellen Fundament stehende Betriebe genügen. Die absolute Größe eines Betriebes ist übrigens dabei nur dann von Vorteil, wenn sie hinsichtlich des anzubietenden Kundennutzens und der Kosten der Leistungserstellung eindeutige und dauerhafte Verbesserungen mit sich bringt. Bei vielen Fusionen war das bisher keineswegs der Fall. Um die Voraussetzungen für dauerhafte Wettbewerbsstärke in globalen Märkten mit sich beschleunigendem technologischem Fortschritt zu schaffen, müssen auch die Führungssysteme der Betriebe auf die neuen technisch-ökonomischen und sozialen Herausforderungen eingestellt werden. Die fällige Erneuerung duldet angesichts des hohen technologisch-ökonomischen Entwicklungstempos keinen Aufschub mehr. Sie wird nicht nur verbreitete kostenträchtige Ineffizienzen und Leistungsdefizite beseitigen, sondern vor allem auch immense brachliegende Ressourcen an menschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, menschlicher Kreativität, Einsatz- und Leistungsbereitschaft erschließen. Grundlegende Veränderungen in der Führung sind in Betrieben ebenso wie im Staat allerdings nur möglich, wenn die Inhaber der Machtpositionen daran ohne Wenn und Aber mitwirken, weil sie ihre Verantwortung erkennen. Dem Erkennen und Wahrnehmen der Führungsverantwortung werden künftig neben den Marktkräften auch die Kapitalgeber und die Rechtsprechung kräftig nachhelfen. Auf Grund einer internationalen Vereinbarung wird ab 2004 die Bonität der Betriebe nach einheitlichen Kriterien ermittelt und in einem sogenannten Rating festgestellt. Für das Ergebnis, von dem die Kreditwürdigkeit und die Fremdkapitalkosten eines Betriebes und damit auch seine Wettbewerbsfähigkeit abhängen, ist die Qualität des Managements von entscheidender Bedeutung. Das bereits geltende Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) läßt erwarten, daß künftig an die Führungssysteme der Betriebe vergleichbare Ansprüche gestellt werden wie an das Rechnungswesen. Führungskräfte müssen danach im Zweifel nachweisen, daß sie ihre Führungsfunktionen wirksam wahrgenommen haben. Lediglich die Staatsführung unterliegt bisher kaum einem wirksamen Zwang zum Qualitätsmanagement. Kein Wunder also, daß Politikermacht und Staatsbürokratie der größte Engpaß jeder zukunftssi-

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chernden Erneuerung in Wirtschaft und Gesellschaft sind und vermutlich auch in Zukunft bleiben werden.1 Die Politik kann dem Wandel, den sie nicht aufzuhalten vermag, aber nicht ständig mit hinhaltendem Widerstand begegnen, wenn sie nicht in Kauf nehmen möchte, daß immer mehr Menschen dadurch zu Verlierern werden. Das elende Durchwursteln, nur den Erhalt der eigenen Macht und Besitzstände im Auge habend, nimmt immer mehr Menschen die Zukunftsperspektive und entwertet sie zur Dispositionsware von politischen Schacherern, die ihren Geschäftsfreunden Geschenke auf Kosten anderer machen. Solange der geistige Horizont der Mächtigen allein durch ihre eigenen Interessen begrenzt wird und sie den Staat nur als Revier zum Beutemachen für sich und ihre Klientel betrachten, kann es kein schlüssige Gesamtkonzept für den notwendigen politischen Wandel geben. Der aber muß den wirtschaftlich-technologischen Wandel notwendig begleiten und fördern, wenn wir uns längerfristig keine handfesten sozialen Probleme einhandeln wollen. 1.1.1 Warum so viele schlechte Noten für die Führung? Vorgesetzte werden nicht müde, zu betonen: Die Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital! Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Kapital ist um so wertvoller (ertragreicher), je besser es bewirtschaftet wird. Mitarbeiter sind um so tüchtiger (leistungsstärker), je besser sie geführt werden. Damit erweist sich die Führung als das wertvollste Kapital, die ihren Nutzen freilich nur entfaltet, wenn sie richtig praktiziert wird. Wer Menschen führen möchte, muß zwei Aufgaben lösen: Erstens muß er ein klares Ziel haben und den Weg dorthin kennen, und zweitens muß er die, die er führen will, dazu bringen, ihm zu folgen. Schon die erste Aufgabe hat ihre Tücken und kann von einer Führungskraft in vielen Fällen nicht ohne die Hilfe ihrer Mitarbeiter bewältigt werden. Die zweite Aufgabe besteht in der Motivation (2.3, insbes. 2.3.4-2.35) und in der Befähigung der Mitarbeiter, ihrem Vorgesetzten unter bestmöglichem Einsatz ihrer Kräfte auf dem Wege zum Ziel zu folgen, oder – zutreffender – mit ihm zusammen unter wechselseitiger Unterstützung den Weg zum gemeinsamen Ziel zu gehen. Sie ist ungleich anspruchsvoller als die erste und in der Praxis der größte Stolperstein auf der Straße zum Führungserfolg.2

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Eigentlich sollte der Amtseid das ja verhindern. Der ist aber wohl eher als Initiationsritual ohne praktische rechtliche Bedeutung zu verstehen; es bedarf jedenfalls keines großen (juristischen) Scharfsinns, um mit der Eidesformel fast jedes Verhalten in Einklang zu bringen. 2 Mehr über die Führungsaufgabe und die Kriterien erfolgreicher Führung lesen Sie im 2. Kapitel Ihres Führungsassistenten, vgl. dazu auch: Manfred Rüdenauer, Ökologisch führen – Evolutionäres Wachstum durch ganzheitliche Führung, Wiesbaden 1991

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Systematische Beobachtungen der Führungspraxis zeigen, daß sich die Fähigkeiten vieler Vorgesetzter zur Führung in Bezug auf beide Aufgaben in engen Grenzen hält, wobei an der zweiten Teilaufgabe etliche mehr von ihnen scheitern als an der ersten. Diese Alltagserfahrung ist nicht neu. Häufige Ursachen der Fehlleistungen von Vorgesetzten sind zum Beispiel:  sich keine genügende Klarheit über ihre Führungsaufgabe zu verschaffen, sodaß sie nicht in der Lage sind, angemessene Prioritäten bei ihren Tätigkeiten zu setzen  ihren Mitarbeitern keine klaren Ziele/Maßstäbe zu setzen bzw. sie mit ihnen zu vereinbaren, sodaß diese weder genau wissen, was von ihnen erwartet wird noch ihre Leistungen selbst kontrollieren können  ihren Mitarbeitern zu wenig zuzutrauen, ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten nicht maximal zu nutzen und sie dadurch ständig zu unterfordern  ihren Mitarbeitern zu wenig zu vertrauen  die Kreativität ihrer Mitarbeiter durch zu enge Begrenzung ihrer Handlungsspielräume zu blockieren und ihnen damit ihre Leistungsmotivation zu mindern  die Leistungen ihrer Mitarbeiter nicht ihrer Bedeutung entsprechend zu würdigen und dadurch den Eindruck zu erwecken, Anstrengung lohne sich nicht  Entscheidungen zu treffen, die von ihren Mitarbeiter nicht verstanden werden und dadurch Unsicherheit zu verbreiten und zu demotivieren  ihre Mitarbeiter von oben herab zu behandeln und ihnen damit ihren persönlichen Wert absprechen, was verständlicherweise deren Einsatzbereitschaft und Loyalität erheblich beeinträchtigt  ihre Mitarbeiter bei der Arbeit zu stören, indem sie ihnen ständig mit spontanen Anfragen und Aufträgen dazwischenfunken und dadurch nicht nur den Wirkungsgrad der Arbeit ihrer Mitarbeiter erheblich vermindern, sondern sie und ihre Leistungen dadurch indirekt auch abwerten  ihre Mitarbeiter unzureichend zu informieren und ihnen dadurch die richtige Wahrnehmung der betrieblichen Gegebenheiten und Erfordernisse zu erschweren, sodaß sie nicht in der Lage sind, im Interesse des Betriebes mitzudenken und aus eigenem Antrieb zu tun, was erforderlich ist  inkonsequent zu handeln und dadurch unter ihren Mitarbeitern Unsicherheit über die Prioritäten, "Spielregeln" und Maßstäbe des gemeinsamen Handelns zu verbreiten  ihre Mitarbeiter ungerecht zu behandeln und dadurch Verdrossenheit, ja Feindschaft zu erzeugen, sie auf jeden Fall in die innere Emigration zu treiben

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keine klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu schaffen, sodaß ihre Mitarbeiter weder wissen, wer ihnen gegenüber weisungsbefugt ist, noch ihre eigenen Pflichten genau kennen ihre Mitarbeiter ungerecht zu behandeln und dadurch Verdrossenheit, ja Feindschaft zu erzeugen, sie auf jeden Fall in die innere Emigration zu treiben nicht das vorzuleben, was sie predigen, nicht Vorbild zu sein

Die Liste dieser Sargnägel erfolgreicher Führung ließe sich ohne weiteres noch verlängern. Als Anregung zum Nachdenken über mögliche eigene Führungsschwächen dürfte sie aber genügen. Vertiefen können Sie die Anregung durch eine persönliche Bestandsaufnahme Ihrer persönlichen und Führungssituation (5.1). Ach, Führen wäre so leicht, wenn nur die Mitarbeiter nicht wären! Das denken nicht wenige Vorgesetzte und einige sagen es auch laut. Aber, so erwidern viele Mitarbeiter, wäre das Arbeiten nicht auch viel einfacher, wenn die Vorgesetzten mehr vom Führen verständen? Allen Führungsmängeln liegt eine unzureichende Wahrnehmung der Führungsfunktionen zugrunde: Vorgesetzte werden ihrer Aufgabe, zu führen, nicht gerecht, weil sie entweder nicht wissen, welche Aufgaben Führungskräfte in modernen Organisationen haben, oder weil sie diese Aufgaben – aus unterschiedlichen Gründen – nur unzureichend wahrnehmen. Beobachtet man die Führungspraxis, dann fällt auf, daß viele Vorgesetzte so führen (wenn sie es denn überhaupt tun), wie vermutlich schon unsere Ur-Urahnen geführt haben. Instinktiv verhalten sie sich wie der Anführer einer primitiven Menschenhorde, der ständig und in jeder Beziehung seine Überlegenheit beweisen mußte, um seinen Rang zu behaupten. Dementsprechend suchen viele Vorgesetzte keine Mitarbeiter, sondern Zuarbeiter und bloße Ausführungsorgane, die sie beherrschen und die sie nach ihren Bedürfnissen dirigieren können. Für die Horde unserer Vorfahren vor zwei, drei Millionen Jahren war dieses Führungsmodell vollkommen angemessen und sicherte das Überleben der Art. Unter den heutigen technischen, ökonomischen und sozialen Umweltbedingungen ist diese Art der Führung nur noch in Ausnahmefällen praktikabel und kaum geeignet, einem Betrieb im Wettbewerb das langfristige wirtschaftliche Überleben zu sichern. Wir Menschen haben die Welt derartig schnell umgestaltet, daß die Evolution unserer Instinkte nicht mithalten konnte. Das wirkt sich natürlich auch auf die Führung aus. Führen geschieht heute unter vollkommen anderen Bedingungen als vor Millionen Jahren. Führungskräften und ihren Mitarbeitern in Wirtschaft und Politik sind heute

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ganz andere Aufgaben gestellt als der menschlichen Urhorde in grauen Vorzeiten. Der Vorteil der Kooperation liegt heute kaum noch in der Addition der Kräfte und der Vervielfältigung weitgehend übereinstimmenden Wissens und gleichartiger Fähigkeiten. Er liegt im Zeitalter der geradezu explosiven Wissensvermehrung und dadurch notwendiger Spezialisierung des einzelnen vielmehr in der Ergänzung und der intelligenten Koordinierung und Integration höchst unterschiedlichen Wissens und unterschiedlicher Fertigkeiten. Nicht mehr der ist der beste Führer, der seinen Mitarbeitern an Stärke und Geschicklichkeit überlegen ist, sondern der, der die unterschiedlichen Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten seiner Mitarbeiter für die gemeinsame Aufgabenbewältigung am besten nutzbar machen kann. Führungskräfte sind heute sehr viel mehr auf das Wissen und Können ihrer Mitarbeiter angewiesen als es die Führer der Urhorden waren, weil sie deren (Spezial-)Wissen und (Spezial-)Können in den wenigsten Fällen selbst auch besitzen. Die gigantische Vermehrung des Wissens, das zunehmende Tempo des Wandels und die wachsende Komplexität der Aufgabenstellungen macht es den Führungskräften heute praktisch unmöglich, auf den (fachlichen) Beistand ihrer Mitarbeiter zu verzichten. Deshalb ist in modernen, im Wettbewerb stehenden Betrieben die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Mitarbeitern ganz unterschiedlicher Fachdisziplinen und Qualifikationen zwangsläufig. Obwohl diese Tatsache von den allermeisten Vorgesetzten rational eingesehen wird, tun sich viele von ihnen unter dem Einfluß ihrer ererbten Instinktausrüstung sehr schwer damit, auch entsprechend zu führen. Auf dem gegenwärtigen Stand der Evolution sind menschliche Instinkte im Zweifel nun einmal stärker als menschlicher Verstand. Das wirkt sich auf das Führungsverhalten ganz verschieden aus, je nachdem, zu welcher „Lösung“ des grundlegenden Dilemmas allen Lebens ein Vorgesetzter tendenziell stärker neigt.3 Tendiert er eher zur Selbstbehauptung (auch Selbstexpansion, Dominanz, Egozentrismus), treibt es ihn instinktiv zur Machtausübung; der Wunsch, seine Mitarbeiter zu beherrschen, sie sich Untertan zu machen, durchzieht wie ein roter Faden alle seine Handlungen. Tendiert er dagegen eher zur Integration (auch Identifikation, Ein- und Unterordnung, Allozentrismus), wird er instinktiv die Geborgenheit der Gruppe suchen und alles vermeiden, was ihn allzu sehr von seinen Mitarbeitern abheben könnte. Die einen Vorgesetzten sind aus Angst vor Zurückweisung durch ihre Mitarbeiter unfähig, Führungsfunktionen auszuführen, und lassen dadurch wertvolle Mitarbeiterpotentiale ungenutzt. Die anderen blockieren aus Angst vor Machtund Kontrollverlust die Entfaltung der Potentiale ihrer Mitarbeiter. Natürlich verhalten sich Führungskräfte – wie übrigens auch ihre Mitarbeiter – keineswegs immer extrem 3

Siehe dazu: Manfred Rüdenauer, Ökologisch führen – Evolutionäres Wachstum durch ganzheitliche Führung, Wiesbaden 1991, S. 88 ff.