Erneuerbare Energien in der Raumplanung - Beiträge zum ...

Herausgeber: Hans D. Jarass. In der Schriftenreihe Beiträge ... Münster, im Oktober 2011. Professor Dr. Hans D. Jarass, LL. ... Dr. Dr. Jörg Berkemann, Richter a.
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Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster Beiträge zum Raumplanungsrecht

Hans D. Jarass (Hg.)

Erneuerbare Energien in der Raumplanung Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster am 13. Mai 2011

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Hans D. Jarass (Hg.) Erneuerbare Energien in der Raumplanung

Zentralinstitut für Raumplanung der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung

Herausgeber: Hans D. Jarass

In der Schriftenreihe Beiträge zum Raumplanungsrecht werden Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen des Zentralinstituts für Raumplanung an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster veröffentlicht. Schriftleitung: Heike Schoen

Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster Beiträge zum Raumplanungsrecht

Hans D. Jarass (Hg.)

Erneuerbare Energien in der Raumplanung Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster am 13. Mai 2011

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Vorwort Der Ausbau erneuerbarer Energien ist vor dem Hintergrund eines zukünftigen Ausstiegs aus der Kernenergie, des stetig steigenden Energiebedarfs und des Klimawandels ein immer wichtigeres Thema der Energiepolitik. Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung sollen die raumplanerischen Steuerungsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Kommunen dazu genutzt werden, die Potentiale der Windenergie, aber auch anderer Formen der erneuerbaren Energien optimal zu erschließen. Der damit verbundene Flächenbedarf stellt die Raumordnung und die Bauleitplanung vor neue Herausforderungen. Das Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung widmete sich den Fragen, ob und inwieweit die Produktion regenerativer Energien mit den vorhandenen Planungsinstrumentarium gesteuert werden kann oder ob ein Regelungsbedarf besteht. Eingeleitet wurde die Veranstaltung traditionsgemäß mit den Berichten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen über die aktuellen Entwicklungen im Bereich des Raumplanungsrechts. Den Einstieg in die Thematik des Symposium bildete im Anschluss eine eingehende Untersuchung der Steuerung des notwendigen Ausbaus der Netzinfrastruktur durch eine überörtliche und überfachliche Raumplanung, da die Energieerzeugung durch Windkraft regelmäßig nicht dort stattfindet, wo sie besonders benötigt wird. Ergänzend dazu wurde die rechtliche Absicherung eines Repowering vorhandener Windkraftanlagen betrachtet. Außerdem wurde beleuchtet, wie eine rechtssichere Flächenausweisung durch die Raumordnung erfolgen kann, um einen überdimensionalen Flächenverbrauch zu verhindern. Zudem wurde beispielhaft die raumplanerische Steuerung der Biomasseproduktion dargestellt. Die Referenten, Diskussionsleiter und Diskussionsteilnehmer sorgten während der Veranstaltung für eine äußerst anregende Diskussion und haben damit zum Gelingen der Veranstaltung in erheblichem Maße beigetragen. Dafür möchten wir Ihnen herzlich danken. Ein besonderer Dank richtet sich zudem an die Handwerkskammer Münster für die Überlassung

der Räumlichkeiten und die bewährte, hervorragende Unterstützung bei der Durchführung der Veranstaltung. Münster, im Oktober 2011 Professor Dr. Hans D. Jarass, LL.M. Direktor des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster

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Inhaltsverzeichnis

Bericht über aktuelle Entwicklungen Ministerialdirigent a. D. Prof. Dr. Wilhelm Söfker, Bonn

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Bericht über aktuelle Entwicklungen Leitender Ministerialrat Dr.-Ing. Christoph Epping, Düsseldorf . . . . . . . . . . 13 Diskussionszusammenfassung Vivien Höcker, Zentralinstitut für Raumplanung, Münster . . . . . . . . . . . . . 21 Raumordnerische Steuerung von Netzinfrastrukturen Ministerialdirektor a. D. Dr. Peter Runkel, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Diskussionszusammenfassung Alexander Petschulat, Zentralinstitut für Raumplanung, Münster . . . . . . . . . 43 Flächenausweisung für Erneuerbare Energien durch die Raumordnung Prof. Dr. Wolfgang Köck, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Leipzig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Rechtliche Absicherung des Repowering von Windkraftanlagen Prof. Dr. Dr. Jörg Berkemann, Richter a. D. am Bundesverwaltungsgericht, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Diskussionszusammenfassung Boas Kümper, Zentralinstitut für Raumplanung, Münster . . . . . . . . . . . . . . 109 Biomasseproduktion und -anlagen in der Raumplanung Prof. Dr. Martin Beckmann, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Diskussionszusammenfassung Eva Koch, Zentralinstitut für Raumplanung, Münster . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

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Bericht über aktuelle Entwicklungen Professor Dr. Wilhelm Söfker, Ministerialdirigent a. D., Bonn

Nachfolgend gebe ich – wie mit dem verhinderten Vertreter des BMVBS, Herrn Dr. Blechschmidt, abgesprochen – einen Bericht zu den Überlegungen zur Novellierung des Baugesetzbuchs (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Da im Zeitpunkt des Referats am 13. Mai 2011 noch kein Gesetzentwurf zur Änderung des BauGB und der BauNVO vorliegt1, werden den nachfolgenden Ausführungen die Ergebnisse der »Berliner Gespräche zum Städtebaurecht« zu Grunde gelegt. Das Deutsche Institut für Urbanistik (Berlin) hatte vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung den Auftrag erhalten, mit Experten aus Wissenschaft und Praxis den Regelungsbedarf zu erörtern. Diese »Berliner Gespräche« fanden in vier Sitzungen im Jahr 2010 statt. Ihre Ergebnisse sind am 19. November 2010 in der Feier zum 50-jährigen Bestehen des Bundesbaugesetzes/Baugesetzbuchs vorgestellt worden2. Diese Ergebnisse sollten einfließen in die Vorbereitung eines Gesetzentwurfs zur Änderung des BauGB und der BauNVO. Aus ihm wird dann ersichtlich sein, welche der Überlegungen und Vorschläge aus den Berliner Gesprächen vom Gesetzgebungsvorhaben aufgegriffen werden. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Ergebnisse der »Berliner Gespräche« geben, gegliedert nach den vier Themenschwerpunkten dieser Gespräche.

1 Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat nach der Veranstaltung am 16. Mai 2011 den Entwurf eines »Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Stadtentwicklung in den Gemeinden« für die Beteiligung der Länder und Verbände vorgelegt. Dieser Entwurf enthält einen Teil der in den »Berliner Gesprächen« überlegten Änderungen und Ergänzungen des BauGB. Das Gesetz ist inzwischen in Kraft getreten (BGBL. I S. 1509). Die weiteren Teile sind einem späteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten. 2 Die Ergebnisse sind veröffentlicht in Difu (Hg.), Berliner Gespräche zum Städtebaurecht, Band I (Bericht) und in Band II (Dokumentation Festveranstaltung / Materialien); erhältlich bei www.difu.de.

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Söfker

1. Klimaschutz und Förderung erneuerbarer Energien im Städtebaurecht Es wurde die Grundsatzfrage nach dem Verhältnis des Städtebaurechts (BauGB, BauNVO) zum Energiefachrecht, also insbesondere dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und der Energiesparverordnung (EnEV), mit ihren Verpflichtungen und ihrer finanziellen Unterstützung für den Einsatz erneuerbarer Energien und der Energieeinsparung eingehend erörtert. Ergebnis war, dass die wichtigste Aufgabe des Städtebaurechts die Unterstützung der Umsetzung des Fachrechts sein sollte. Dementsprechend zielen die Überlegungen zu Gesetzesänderungen darauf, den Einsatz erneuerbarer Energien und bauliche Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung bauplanungsrechtlich abzusichern. Zwar bestehe kompetenzrechtlich im Bereich des Städtebaurechts (Bodenrechts) grundsätzlich die Möglichkeit, gegebenenfalls durch das BauGB oder durch Ermächtigungen für Festsetzungen in den Bebauungsplänen über das Fachrecht hinausgehende Anforderungen zu bestimmen. Davon sollte aber wegen der schon jetzt bestehenden hohen Standards im Energiefachrecht und mit Rücksicht auf die Dynamik der Rechtsentwicklung in jenem Bereich und wegen des hohen Prüfungs- und Begründungsaufwands für weitergehende Festsetzungen in Bebauungsplänen allenfalls zurückhaltend Gebrauch gemacht werden. Angesichts der bereits bestehenden und bewährten Regelungen zielen die Vorschläge zur Änderung und Ergänzung des BauGB und der BauNVO auf die Änderung einzelner Vorschriften. Zu den Vorschlägen gehören: Aufgenommen werden sollte eine Regelung entsprechend der in § 2 Nr. 6 Satz 6 ROG enthaltenen »Klimaschutz-Klausel« in die Grundsätze der Bauleitplanung (§§ 1 und 1 a BauGB). Danach »ist den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen«. Im Flächennutzungsplan sollte durch Ergänzung des § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB die Möglichkeit geschaffen werden, die Ausstattung des Gemeindegebiets mit erneuerbaren Energien darstellen zu können. Dies diene der Unterstützung der den Gemeinden zu empfehlenden Aufstellung von Energiekonzepten. Zurückhaltend äußert sich der Bericht aus den eingangs dargelegten Gründen zu der Frage, inwieweit der Katalog der Festsetzungsmöglichkeiten in 2

Bericht über aktuelle Entwicklungen § 9 Abs. 1 BauGB geändert oder erweitert werden sollte. So wird eine Ausdehnung des § 9 Abs. 1 Nr. 23 b BauGB (Festsetzung von Gebieten, in denen bei der Errichtung von Gebäuden bestimmte bauliche Maßnahmen für den Einsatz erneuerbarer Energien wie insbesondere Solarenergie getroffen werden müssen) auf den Bestand abgelehnt, ebenso eine noch weitergehende Festsetzungsmöglichkeit, die die Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien beinhaltet. Größere Bedeutung sollte die Möglichkeit erhalten, in städtebaulichen Verträgen Vereinbarungen etwa zum Einsatz erneuerbarer Energien und von energieeffizienten Anlagen sowie Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung und modernen Fern- und Nahversorgungsanlagen zu treffen, die über das Energiefachrecht hinausgehen, aber im Zusammenhang mit städtebaulichen Maßnahmen stehen, bei denen es im Sinne von innovativen Projekten angezeigt ist, in diesen Bereichen einen weitergehenden Beitrag zu erreichen. Kein Regelungsbedarf wird für eine Regelung von »Climate Improvement Districts« (CID) gesehen. Mit ihr würden letztlich nicht mitwirkungsbereite Grundstückseigentümer verpflichtet, sich an gemeinsamen Einrichtungen für die Energieversorgung zu beteiligen. Eine solche Regelung würde an die in § 171 f BauGB als Öffnungsklausel für Landesgesetze geregelten Business Improvement Districts (BID) anknüpfen. Die Erfahrungen der Praxis mit den BID zeigten, dass diese außerhalb gesetzlicher Regelungen erfolgreich praktiziert würden und dass für eine Regelung der CID die konkrete Ausgestaltung bezogen auf klimaschutzrelevante Maßnahmen noch wenig fassbar seien. Änderungen der planungsrechtlichen Grundlagen für Windenergieanlagen, Biomasse-Anlagen und Photovoltaikanlagen, insbesondere zu § 35 BauGB (Bauen im Außenbereich), werden nicht vorgeschlagen. Das planungsrechtliche Regelungssystem für Windenergieanlagen im Außenbereich, das geprägt sei von deren privilegierter Zulässigkeit und der Steuerungsmöglichkeit durch Flächennutzungsplan und Raumordnungsplan nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, habe sich bewährt. Dies gelte auch für das Repowering von Windenergieanlagen (Ersetzen von Altanlagen durch neue Windenergieanlagen); dieses Thema wurde allerdings in der 4. Sitzung noch

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Söfker einmal aufgegriffen3. Bezüglich der Biomasse-Anlagen wird darauf hingewiesen, dass deren privilegierte Zulässigkeit im Außenbereich auf die Nutzung der im Außenbereich anfallenden Biomasse ausgerichtet sei und deswegen bestimmten Beschränkungen unterliege (insbesondere Nutzung der Biomasse der örtlichen Betriebe und Größenbegrenzung auf 0,5 Megawatt) und dass die Aufstellung von Bebauungsplänen, auch von Vorhabenund Erschließungsplänen, für die Ansiedlung größerer Anlagen an Standorten, auch für Zwecke der Kraft-Wärme-Kopplung, häufig praktiziert werde. Die Ansiedlung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen und die Anbringung von Photovoltaikanlagen an und auf Gebäuden werde vom Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinen Abnahme- und Vergütungsregelungen beeinflusst. Für Freiflächen-Photovoltaikanlagen sei die Aufstellung von Bebauungsplänen, wie sie auch § 32 EEG verlange, der richtige und in der Praxis auch genutzte Weg, so dass eine Regelung über deren privilegierte Zulässigkeit im Außenbereich nicht veranlasst sei. Und für das Anbringen von Photovoltaikanlagen an und auf Gebäuden könne es nur in begrenztem Maße Änderungsbedarf im Regelungsbereich der BauNVO geben.

2. Änderungsbedarf in der Baunutzungsverordnung a) Zur Art der baulichen Nutzung Die Expertengruppe hält aktuell einen Änderungsbedarf nur von einzelnen Vorschriften für geboten. Im Allgemeinen sei die BauNVO weitgehend rechtssicher anwendbar. Auch die Praxis halte die BauNVO für grundsätzlich ausreichend. Sofern die Praxis auf vermeintliche Regelungsdefizite hinweise, werde übersehen, dass situationsgemäße Lösungen mit dem bestehenden Instrumentarium möglich seien. Der Bericht weist darauf hin, dass die Forderungen nach Rechtsänderungen oft auf Vollzugsproblemen und nicht auf Regelungsproblemen oder -defiziten beruhten. Um die Frage nach einem grundlegenden Umbau der BauNVO zu beantworten, bedürfe es einer entsprechenden, auch wissenschaftlich begleiteten Diskussion, in 3 S. unten zu 4. In diesem Zusammenhang wurde auf die Dokumentation Nr.94 des Deutschen Städte- und Gemeindebundes »Repowering von Windenergieanlagen – Kommunale Handlungsmöglichkeiten« von 2009, abzurufen unter www.dstgb.de, hingewiesen.

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Bericht über aktuelle Entwicklungen die z. B. die auch weitergehenden Fragen wie Baukultur und Denkmalschutz einzubeziehen seien. Die dadurch aufgeworfenen weitreichenden Fragen mit möglicherweise in Betracht kommenden, auch strukturell erheblichen Veränderungen sollten wegen der Tragweite für die kommunale Praxis aber ohne Zeitdruck und deshalb unabhängig von der aktuellen Novellierung im Städtebaurecht geprüft werden. Der Bericht plädiert für die Beibehaltung des Systems der Baugebietstypen in der BauNVO unter Hinweis auf die dadurch gegebene Gewährleistung grundlegender Anliegen, wie z. B. die Vermeidung von Nutzungskonflikten und die Berücksichtigung von Anforderungen des Immissionsschutzes. Flexible Vorgehensweisen, mit denen auch die Erfordernisse der Innenentwicklung entsprochen werden könnten, ermöglichten schon heute die differenzierenden Festsetzungsmöglichkeiten nach § 1 Abs. 5 bis 10 BauNVO, mit denen die Zulässigkeitsregelungen der Baugebietsvorschriften modifiziert werden könnten, der Einsatz des besonderen Wohngebietes und der Vorhaben- und Erschließungsplan. Vorgeschlagen wird, Kindertagesstätten in reinen Wohngebieten als allgemein zulässige Nutzungen vorzusehen. Nach dem gegenwärtigen § 3 BauNVO können diese Anlagen lediglich als »Anlagen für soziale Zwekke« im Wege der Ausnahme zugelassen werden (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Damit wird einem auch im politischen Raum mehrfach geforderten Anliegen entsprochen, das zudem im Zusammenhang steht mit Themen des Immissionsschutzrecht4. In dem Bericht wird auch auf die Möglichkeit hingewiesen, in einer Regelung im BauGB die Anwendung dieser Änderung des § 3 BauNVO auf Bebauungspläne vorzusehen, die auf der Grundlage der bisherigen Fassung des § 3 BauNVO aufgestellt worden sind. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Einzelhandels und seiner Steuerung durch Bauleitplanung wurde eingehend beraten, ohne dass – mit einer Ausnahme – Änderungen des BauGB und der BauNVO vorgeschlagen werden. Der Vorschlag betrifft die zentralen Versorgungsbereiche, die bei den Änderungen des BauGB 2004 und 2007 durch ihre Aufnahme in § 1 Abs. 6 Nr. 4, § 2 Abs. 2 Satz 2, § 9 Abs. 2 a und § 34 Abs. 3 BauGB zum Zwecke ihres Erhalts und ihrer Entwicklung einen erheblichen Bedeu-

4 S. dazu Rojahn, Kinderlärm zwischen Immissionsschutz und Sozialadäquanz, ZfBR 2010, 752.

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Söfker tungszuwachs für die Bauleitplanung und die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben erhalten haben. Der Bericht enthält den Vorschlag, in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB – im Zusammenhang mit den dort geregelten Möglichkeiten der Darstellung von Einrichtungen und Anlagen der öffentlichen und privaten Infrastruktur – auch die Möglichkeit zur Darstellung von zentralen Versorgungsbereichen im Flächennutzungsplan zu schaffen. Mit solchen Darstellungen könne die Bedeutung der zentralen Versorgungsbereiche für die Entwicklung des Einzelhandels in der Gemeinde, wie sie oftmals kommunalen Einzelhandelskonzepten zu Grunde liegen, herausgestellt werden. Dagegen wird die Frage, ob ein spezieller Gebietstyp »zentrale Versorgungsbereiche« für Festsetzungen im Bebauungsplan geschaffen werden sollte, verneint, weil er zu Einengungen bei der Anwendbarkeit der verschiedenen Regelungen von BauGB und BauNVO und der Bebauungsplanung zur Berücksichtigung von zentralen Versorgungsbereichen, bei denen es auf das tatsächliche Vorhandsein ankomme, führen könnte. Als nicht zufriedenstellend wird die Behandlung der Agglomeration von nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben vor allem in Gewerbegebieten im Rahmen des § 11 Abs. 3 BauNVO bezeichnet. Dies betrifft die Ansammlung mehrerer Einzelhandelsbetriebe in enger Nachbarschaft zueinander, die in ihrer Gesamtheit dieselben zentrenschädigenden Auswirkungen haben könnten wie Einkaufszentren oder Einzelhandelsgroßprojekte. Die Rechtsprechung habe diese Konstellation bisher nicht ausreichend erfasst. Die Annahme eines faktischen Einkaufszentrums nur unter der Voraussetzung, dass die vorgefundene räumliche Konzentration mehrerer Betriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen und durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung trete5, reiche nicht. Der Bericht enthält dazu aber keinen Änderungsvorschlag. Er legt stattdessen die Einschätzung von Gesprächsteilnehmern dar, die Rechtsprechung könnte sich hier noch weiterentwikkeln, in dem Sinne, dass es im Hinblick auf die Beurteilung der Frage, ob ein Einkaufszentrum vorliege, auf die Auswirkungen auf die zentrale Versorgungsbereiche ankomme.

5 BVerwG, Urt. vom 27.04.1990 – 4 C 16.87 – NVwZ 1990, 1074.

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