Ehrenamt macht Spaß und bringt nutzen! - IHK Lippe zu Detmold

Das Interview führte Svenja Jochens. (IHK). IHK: Sie besetzen derzeit mehrere Funkti- onen: Sie sind Mitglied der Vollversamm- lung, des Prüfungsausschusses ...
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lippe wissen & Wirtschaft | 02 2015

Fotos: IHK Lippe

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Gespräch mit Annette Küstermann

„Ehrenamt macht Spaß und bringt Nutzen!“ Es gibt zahlreiche Gründe für eine ehrenamtliche Tätigkeit im sozialen oder sportlichen Bereich: Man hat Spaß an der Tätigkeit, möchte Kontakte knüpfen, anderen helfen, sich selbst verwirklichen und vieles mehr. Welche Gründe aber gibt es für ehrenamtliches Engagement in der Wirtschaft? „Genau die gleichen!“, sagt Annette Küstermann, Geschäftsführerin der Kuhlmann GmbH & Co. KG in Lage. Das Interview führte Svenja Jochens (IHK). IHK: Sie besetzen derzeit mehrere Funktionen: Sie sind Mitglied der Vollversammlung, des Prüfungsausschusses Kauffrau/ Kaufmann im Groß- und Außenhandel,

des Handelsausschusses, des Förder­ vereins der Wirtschaftsjunioren und dort auch Rechnungsprüferin. Warum machen Sie das?

Und über diese Mitgliedschaft habe ich dann gesehen, wie gut unsere IHK in Lippe funktioniert. Und da wollte ich ­ mitmachen.

Küstermann: Weil ich es wichtig finde, Verantwortung zu übernehmen und die auch zu leben. Und weil ich der Meinung bin, dass man nicht immer nur kritisieren kann ohne die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Speziell zur IHK Lippe habe ich eine besondere Bindung. Ich bin damals durch die Wirtschaftsjunioren ins Ehrenamt gekommen und war begeistert. Ich habe Kontakte geknüpft und Freundschaften geschlossen. Und sehr viel hinzugelernt.

IHK: Was macht die Arbeit in den Ausschüssen aus? Küstermann: Die jeweiligen Ämter sind sehr unterschiedlich. Die Vollversammlung tagt dreimal im Jahr. In diesem höchsten Entscheidungsgremium besprechen und beschließen wir z. B. die Grundlagen für Beiträge und Gebühren und auch den jährlichen Wirtschaftsplan. Der Handelsausschuss kümmert sich um andere Dinge. Hierzu gehört, dass wir zu

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handelsrelevanten Themen gemeinsame Positionen entwickeln und uns so in Politik und Öffentlichkeit Gehör verschaffen. Im Prüfungsausschuss Kauffrau/Kaufmann im Groß- und Außenhandel kann ich meine eigenen beruflichen Erfahrungen einbringen. Hier entscheiden meine Kollegen und ich, ob der Prüfungsteilnehmer die Berufsfähigkeit erlangt hat. Und für den Förderverein der Wirtschaftsjunioren als Rechnungsprüferin zu arbeiten, mache ich aus Verbundenheit und weil es mir Spaß macht. IHK: Warum die IHK? Küstermann: Die IHK Lippe ist Selbstverwaltung der Wirtschaft. Und sie ist von der Mitarbeit ihrer Unternehmer/ -innen abhängig. Keiner weiß besser, wo es im Wirtschaftsleben brennt, als die ­Unternehmer selbst. Ein Ehrenamt in der IHK bietet die Möglichkeit, neue Ideen zu entwickeln, diesen Leben einzuhauchen, die regionale Wirtschaft und deren Unter­nehmer aktiv zu unterstützen und vom großen Netzwerk Lippes zu profitieren. Mit einem ehrenamtlichen Engagement in der IHK gestalte ich daher die lippische Wirtschaft aktiv mit. IHK: Wie schaffen Sie es, Ihr ehrenamtliches Engagement, Ihr berufliches Leben und Ihr Privatleben unter einen Hut zu bekommen? Küstermann: Das ist in der Tat oft schwierig und eine Gratwanderung. Ich habe einen Partner, der hierfür sehr viel Verständnis hat, weil er selber aus der Wirtschaft kommt. Und weil er selber immer mitgestaltet hat und auch Verantwortung übernommen hat. Und das ist schon mal das allerwichtigste. IHK: Wie akzeptieren Ihre Mitarbeiter, dass Sie tagsüber vielleicht nicht im Büro erreichbar sind, weil Sie gerade ehrenamtlich unterwegs sind? Verstehen die das? Küstermann: Die meisten ja. Meine Mitarbeiter wissen, dass es wichtig ist, sich auch als Unternehmerin anderweitig mit einzubringen. Ich selber muss natürlich aufpassen, dass es nebenbei nicht zu viel wird. Meine aktive Vorstandstätigkeit bei den Wirtschaftsjunioren z. B. habe ich vor langen Jahren bewusst beendet, weil es einfach zu viel war. Im Unternehmen standen damals viele Veränderungen an und dann muss man sich entscheiden.

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IHK: Gab oder gibt es ein Ehrenamt, das Ihnen besonders viel Spaß macht und warum? Küstermann: Der Prüfungsausschuss macht mir besonders viel Spaß. Den f­ inde ich auch persönlich ganz wichtig, weil das Modell der dualen Ausbildung hier sehr gelebt wird. Neben uns Unternehmern sind auch Lehrer Mitglied im Prüfungsausschuss, so dass sowohl Vertreter der Wirtschaft wie auch Vertreter der Ausbildungsschulen zusammen arbeiten. Wir versuchen, die Auszubildenden wirklich praxisnah auf den betrieblichen Weg vorzubereiten. Und so kann ich mitgestalten und mich aktiv einbringen. IHK: Was mögen Sie ganz besonders an dieser Prüfertätigkeit? Küstermann: Ich habe einfach viel gelernt. Z. B. wie wichtig es ist, die betriebliche Ausbildung wie auch den Berufsschulunterricht so praxisnah wie möglich an den Auszubildenden zu vermitteln. Es ist entscheidend, dass unsere Auszubildenden lernen, sich selbst zu präsentieren. Hierzu gehört eben auch, etwas mündlich zu referieren und darzustellen und dass sie gut vorbereitet sein müssen. Für mich persönlich hat sich ein guter Kontakt zu den Lehrern entwickelt. Die Wirtschaft muss die Schule und die Schule­muss die Unternehmen verstehen. Dann funktionierts. IHK: Wie wichtig ist es, dass sich gerade die Wirtschaft so eng im Bereich der Ausbildung einsetzt?

Küstermann: Ich sehe das ganz klar: so wenig Staat wie möglich. Die Organisation der IHKs ist ein ganz wichtiger Aspekt für uns als Wirtschaft. Zum einen ist ­keiner näher an den Auszubildenden als wir selbst. Wir wissen doch selbst am besten, was unsere Mitarbeiter können müssen. Darüber hinaus ist es auch volkswirtschaftlich bedeutsam. Der Staat spart nämlich durch unser ehrenamtliches Mitwirken immense Kosten. Warum sollen wir etwas an staatliche Stellen abgeben, wenn wir es doch selbst machen können? Die Vorteile der dualen Ausbildung sind nicht zu unterschätzen. IHK: Altruismus oder Egoismus – was motiviert Sie zum Ehrenamt? Küstermann: Ich glaube, es braucht beides. Hinter jeder guten Tat steckt zugegebenermaßen auch eine Dosis Eigennutz. Und andererseits freue ich mich natürlich auch über Lob und Anerkennung. Ehrenamt bedeutet ja, sich der „Ehre halber“ zu engagieren und nicht einer materiellen Entschädigung wegen. Und auf ganz lange Sicht gesehen ist es wichtig und richtig für ein Unternehmen, freiwillig seinen Beitrag zu leisten. Erfolgreich sind aus meiner Sicht die Unternehmen, die nicht nur beruflichen oder materiellen Erfolg anstreben, sondern ­ diejenigen, die sich zusätzlich auch gemeinnützig engagieren. IHK: Versuchen Sie auch, Ihre Mitarbeiter und Auszubildenden für ein ehrenamtliches Engagement zu begeistern? Küstermann: Also ich versuche zu erklären, dass es zum einen wirklich Spaß macht und zum anderen einen gewissen Nutzen bringt. Dass man beides sehen kann und muss. Je jünger man ist, umso mehr kann man zusätzlich lernen und den Horizont erweitern. Einer meiner Mitarbeiter ist ebenfalls im Prüfungsausschuss und im Handelsausschuss ­tätig. Er bringt sich sehr aktiv ein und ich freue mich hierüber. Ich sehe ja, wie gut er sich vorbereitet. Das macht er dann wiederum sogar in seiner Freizeit auch zuhause. Und er bringt dann Ideen mit zurück, die wir hier für unsere berufliche Ausbildung nutzen können. Von daher sehe ich das langfristig immer als ein Nehmen und Geben. IHK: Vielen Dank für das Gespräch!