Bianca Kail
Der blutende Diamant Band 2
Das Tribunal freie edition © 2011 AAVAA Verlag UG (haftungsbeschränkt) Quickborner Str. 78 – 80, 13439 Berlin Alle Rechte vorbehalten www.aavaa-verlag.de 1. Auflage 2011 eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Umschlaggestaltung: Bianca Kail Printed in Germany ISBN 978-3-86254-770-8
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Dieser Roman wurde bewusst so belassen, wie ihn die Autorin geschaffen hat, und spiegelt deren originale Ausdruckskraft und Fantasie wider. Alle Personen und Namen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Nikolai Vorbereitung
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Es waren nur mehr zwei Stunden bis Sonnenaufgang. Die Zwerge waren zur Abwechslung mal nützlich und hatten mir einen Weg nach draußen gezeigt. Ich war eine Zeit lang Jagen und hatte mir genug Blut genommen. Das Gespräch mit Dornach hatte mich verwirrt und verwirrte mich auch jetzt noch. „Dein eigenes perfektes Leben leben, oder einem Anderen das perfekte Leben schenken“ Was war das bloß für eine Aussage? Mir war kein perfektes Leben bestimmt. Mein Leben lang hatte irgendjemand die Oberhand über mich gehabt. Als ich dachte, dass ich endlich frei wäre, kam Emily. Ich hatte versucht, Abstand von ihr zu nehmen. Ich hatte versucht, sie aus meinen Gedanken auszusperren und, zum Teufel, ich hatte mehr als nur einmal versucht, sie für hässlich zu empfinden. Nichts, aber auch rein gar nichts davon hatte funktioniert. Ich befürchtete, dass sie bereits mehr Oberhand über mich hatte, als sie wusste 5
und als mir lieb war. Alles, was ich wollte, war, dass sie in Sicherheit war. Sie sollte einmal den Mann finden, der sie liebte und der sie glücklich machen konnte. Für mich galt das nicht. Ich würde nie ihre Träume und Wünsche erfüllen können und damit hatte ich mich schnell abgefunden. Ich sollte eher die Zeit noch genießen die wir zusammen hatten, denn es würde nicht mehr lange andauern. Wenn wir im anderen Land waren, so würde ich sichergehen, dass sie Freunde finden würde und ich würde sichergehen, dass sie dort in Ruhe leben konnte. Dann würde ich mich des Nachts davon schleichen und sie in ewiger Erinnerung mit mir tragen. Das war zumindest der Plan, doch dieser war schon fast wieder vergessen, als ich bei den ersten Sonnenstrahlen den Bau der Zwerge betrat. Ich fand Emily schlafend vor. Vorsichtig setzte ich mich an ihre Bettkante. Sie lag quer in ihrem kleinen Bett, die eine Hand 6
über den Kopf geschlungen, die andere Hand auf ihrem Bauch liegend. Ihr Atem ging ruhig. Ihr Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Ihre Augen waren geschlossen. Ihre Brust zeichnete sich nur zu genau unter ihrem Nachtkleid ab. Ihre Haut war weich. Kleine Sommersprossen zeichneten sich um ihre Nase herum ab. In diesem Moment bedauerte ich es, dass ich nicht der Mann sein konnte, den sie sich wünschte, oder den sie brauchte. Rasende Eifersucht stieg in mir hoch, als mir der Gedanke kam, dass tatsächlich bald ein anderer Mann sie anfassen könnte. Ich würde ihn zermetzeln, zu Tode quälen und dann pfählen. Das war mein Plan. Da ging neben dem Herd die kleine Tür auf. Dornach trat mit einer kleinen Öllampe in der Hand herein. Auf seinem Kopf hatte er eine Schlafmütze, die wie eine Zipfelmütze aussah 7
und sein Nachtkleid war … nun ja … ein wenig gewöhnungsbedürftig. „Komm herein, Junge. Auf ein Ständchen“, bat er und winkte mich zu sich. Nur widerwillig ließ ich von Emily ab und ging auf Dornach zu, der in den kleinen Nebenraum verschwand, indem er mir bereits die Karte eingetrichtert hatte, die uns zum Baum führen sollte. „Trink das“, meinte er und schenkte uns beiden einen hochprozentigen Schnaps ein. „Alkohol wirkt bei mir nicht“, erklärte ich ihm, doch er ließ nicht locker. „Glaube mir, der steigt dir zu Kopf.“ Nichts Böses ahnend griff ich nach dem Glas und lehrte es mit einem Zug. Er brannte in meiner Kehle. Der Geruch stieg mir von innen in die Nase. Ich klopfte verzweifelt auf die Tischplatte. Als das Gebräu endlich unten war und ich wieder atmen konnte, stieß ich einen langen Seufzer aus. „Wow“, stöhnte ich und betrachtete die Flasche aus der Dornach eingeschenkt hatte. 8
„Ist gut, nich´?“, fragte er. Ich vermutete, dass er schon ein paar Gläschen zu viel davon getrunken hatte. „Was ist das?“, hakte ich nach, denn ich konnte die kleine Handschrift trotz meiner ausgezeichneten Augen nicht lesen. „Das ist ein K-K-Kräutersch-sch-schnapps… hicks“, antwortete er. Jetzt war es eindeutig, dass er bereits genug davon getrunken hatte. Ich stellte die Flasche, als er kurz wegsah, unter den Tisch. „Wolltest du mir noch etwas sagen?“, fragte ich, denn ich wollte eigentlich schon schlafen gehen und Emilys berauschenden Duft in mich einsaugen, damit ich mich später daran erinnern konnte. „Einessss muss ich dir n-n-noch ssssagen…“, fing er an und hob seinen Zeigefinger in die Höhe. „Liebe … ist alles was wir brauchen“, erklärte er. Seine Augen verdrehten sich bereits. 9
„Ich glaube, du hast schon genug getrunken. Du solltest ins Bett gehen“, bemerkte ich. „Nein. Zuerssst musst du v-v-verstehen, w-wwas ich dir sssagen will …“, setzte er erneut an. Ich verdrehte die Augen wohl wissend, dass er es nicht sehen würde. „Dassss habe ich g-g-gesehen, Junge.“ Na klar, das hatte er gesehen. „Was willst du mir sagen?“ „Die Liebe … kann uns vor allen G-G-Gefahren retten und sch-sch-schützen. Gute Nacht.“ Mit einem lauten Plumpsen knallte er mit seinem riesigen Schädel auf den Tisch auf und schnarchte lauter als drei Grizzlybären zusammen. Ich schüttelte den Kopf, legte anschließend eine Decke über ihn. Er würde schon wieder aufwachen und zu seiner Gefährtin ins Bett steigen. Apropos Gefährtin und Bett … Neugierig spähte ich um die Ecke und sah nach, oder hoffte eher, ob Emily munter war. Natürlich war sie es nicht. Welch ein Wunder. 10
Vorsichtig aufsteigend ging ich wieder zu ihr und legte mich neben sie auf den Boden. Ich zog die Decke über mich, starrte noch eine ganze Weile lang an die Decke. Irgendwann hatte sie sich umgedreht und lag nun mit dem Kopf in meine Richtung. Ich schaute ihr eine Weile beim Schlafen zu, bis ich mich selbst umdrehte und die Augen schloss. „Niko?“, flüsterte Emily mehr im Schlaf als im wachen Zustand. „Ja?“, antwortete ich. „Du darfst mich nicht verlassen. Nie wieder“, nuschelte sie und verfiel dann in ein leises Grunzen. „Süße, du machst es mir nicht gerade leicht“, flüsterte ich zurück und gab mich meinen eigenen Träumen hin. Die bestanden wie immer nur aus einem, nämlich aus der Situation, als ich in der Burg war und den Kampf gegen mich selbst verloren hatte.
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„Wo ist sie?“, fragte ich in den Raum hinein. Ich hatte ihr gesagt, dass wir nach Sonnenuntergang los müssen. Frauen. Typisch. „Wer ist sie?“, fragte Rosaria, die gerade Emilys kleinen Rucksack mit Essen für sie füllte. „Du weißt genau wen ich meine“, bemerkte ich und schaute nochmals nach, ob ich auch tatsächlich nichts vergessen hatte einzupacken. Die Nacht war wieder kurz gewesen. Ich hatte dementsprechend schlechte Laune. „Ich habe keinen blassen Schimmer, von wem du sprichst, Fledermaus.“ Tat die das absichtlich? „Zum hundertsten Mal: Ich bin keine Fledermaus und ich meine Emily. Verdammt“, knurrte ich. „Ach so die. Schaut sich nochmal die Schneegeister an, wenn sie welche findet“, meinte Rosaria. „Grrrr…“, stieß ich hervor und verlies den Raum. Ich startete los, rannte durch den Gang hinauf über die unzählig vielen Treppen zu 12
Emily. Wenige Minuten später sah ich sie auch schon. Noch völlig außer Atem saß sie auf der Fensterbank und schaute gespannt aus dem Fenster. Sie war tatsächlich die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Das Mondlicht erhellte ihre Züge ganz besonders. Sie war mein persönlicher Engel. Ich trat zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie schrak zusammen. „Hey. Erschreck mich nicht so“, meinte sie lächelnd. „Verzeih.“ „Ist es nicht schön, wenn man unbeschwert dort draußen spielen kann? Wenn man Kind sein kann, weit weg von dem Alltäglichen?“, fragte sie. Ihre Augen folgten den Kindern. Ich setzte mich ihr gegenüber und betrachtete sie. Sie wäre die perfekte Mutter und sie würde viele kleine Babys bekommen. Genau das machte mich schon wieder rasend eifersüchtig. 13
„Wir sollten los“, sagte ich ihr wenige Minuten später. Die Kinder schossen sich wieder in rekordschnelle mit den Schneebällen ab, aber die Schneegeister hatten sich nicht noch einmal gezeigt. „Ich weiß“, antwortete sie wenige. „Emily, wenn ich könnte, würde ich dich hier lassen. Hier wärst du glücklich, aber es wäre noch immer zu gefährlich.“ „Ich weiß es und weißt du was? Ich möchte lieber bei dir sein, als hier“, flüsterte sie. Es kam aus tiefstem Herzen. Oh nein. „Aber es gefällt dir hier doch, oder nicht? Der viele Schnee, die Kinder … hier könntest du ebenfalls glücklich werden …“ Wollte ich sie jetzt überreden hier zu bleiben? Verdammt, diese Frau brachte mich um den Verstand. „Natürlich würde ich gerne hier bleiben, aber dann wärst du nicht hier und das ist nicht dasselbe.“ „Bald kannst du wieder dein Leben leben. Bald wirst du in Sicherheit sein und das bekommen, 14
was du dir wünschst“, bestätigte ich ihr, obwohl es ein tiefes Loch in meine Brust riss. Sie schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, wir stecken hier viel zu tief drinnen. Wir beide“, erwiderte sie. Ihr Blick brannte sich in mich. Die Intensität, die sie gerade ausstrahlte, würde ich nie wieder in meinem Leben vergessen können. Allerdings vergaß ich mich in genau diesem Augenblick. Ich stürzte mich auf sie und küsste sie, wie ich noch nie eine Frau geküsst hatte. Ich küsste sie stürmisch und hart. Es waren keine Liebkosungen, sondern reine Leidenschaft. Ihr Körper war nach hinten gesunken, ihre Beine schlangen sich um meine Hüfte. Es weckte nur allzu schöne Erinnerungen und doch war es falsch. Ich konnte nicht für immer bei ihr bleiben. Es war besser, dass wir es jetzt und hier unterbrachen, aber ich konnte nicht. Mein gesamter Verstand rebellierte, einzig und allein meine Sinne spielten ein Eigenleben. 15