Bianca Kail Der blutende Diamant Band 1 Die Reise

brüllte der. Kommandant. Monatelang waren sie nun schon hinter mir her, noch immer hatten ... Der Hang hatte an Gefälle zugenommen. .... 12. Emily. Der Ruf ...
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Bianca Kail

Der blutende Diamant Band 1

Die Reise freie edition

© 2011 AAVAA Verlag UG (haftungsbeschränkt) Quickborner Str. 78 – 80, 13439 Berlin Alle Rechte vorbehalten www.aavaa-verlag.de 1. Auflage 2011 eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Umschlaggestaltung: Bianca Kail Printed in Germany ISBN 978-3-86254-740-1

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Dieser Roman wurde bewusst so belassen, wie ihn die Autorin geschaffen hat, und spiegelt deren originale Ausdruckskraft und Fantasie wider. Alle Personen und Namen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Nikolai Die Legion

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„Haltet ihn!“ Nicht mit mir! „Gleich haben wir ihn.“ Das denkt ihr wohl. „Verdammter Schweinehund.“ Damit konnte ich leben. Ich preschte durch das Dickicht. Der Wald vertiefte und verdunkelte sich stetig. Die Bäume standen dichter beieinander und die Äste kräuselten sich so, als hätten ihre leblosen Zweige plötzlich Leben eingehaucht bekommen. Sie griffen nach mir, zerrten an meinen Kleidern. „Ihr von rechts und ihr von links!“, brüllte der Kommandant. Monatelang waren sie nun schon hinter mir her, noch immer hatten sie mich nicht in die Finger bekommen und das würde auch so bleiben. In Lichtgeschwindigkeit rannte ich immer tiefer in den Wald hinein. Kein menschliches Auge konnte mich erspähen, doch womit ich es zu tun hatte, war nicht menschlich. Sie waren viel schlimmer. Da mir nur allzu bewusst war, wer hinter mir her war, beschleunigte ich. Der Hang hatte an Gefälle zugenommen. Ich sprang unbeirrt über Fels und Gestein. Ich wich den Bäumen und deren Ästen aus. Schneeflocken 5

tummelten sich von dem bewölkten Himmel herab und wiesen mir den Weg. Dummerweise ließen sie auch den Weg verschwinden und so übersah ich eine aufragende Wurzel. „Verdammt!“, brüllte ich, als ich kopfüber nach vorne stürzte und sich mein Fuß verhakte. Meine Beine flogen in die Höhe und ich rollte den Abhang hinab. Meine Haut schürfte sich auf. Ich konnte mein eigenes Blut riechen. Ich hasste es. Ich hasste es genauso sehr, wie ich es hasste, verfolgt zu werden. Ein weiterer Fels hielt meinen unfreiwilligen Abgang auf und endlich kam ich zum Stillstand. Ich konzentrierte mich kurz. Meine Nasenflügel blähten sich auf. Ich konnte sie riechen. Ich konnte sie ganz genau riechen. Das alte Leder, das vertrocknete Blut. Die Blutgier stand ihnen im Geruch geschrieben und die Belohnung, die sie für mich bekommen sollten, ließ ihr kleines Erbsengehirn komplett vernebeln. Ich zog mich nach oben. Sie mussten bald da sein und ich musste so schnell als möglich verschwinden. Schnell spähte ich in alle Richtungen 6

und entschied mich weiterhin nach Süden zu laufen. Ich sammelte mich und preschte erneut los, als ich ein leises Pfeifen hörte. Während ich rannte, wurde es immer lauter. Es war ein glasklarer Ton. Er hallte in meinen Ohren wider. Ich konnte es nicht ertragen. Wild rudernd presste ich meine Hände auf meine Ohren um den Klang zu dämpfen, doch er war zu stark für mich. Unwillkürlich brüllte ich auf. Meine Eckzähne stoben nach vorne. Meine Muskeln spannten sich an. Ich durfte jetzt nicht fallen. Nicht jetzt, wo ich es bald geschafft hatte. Ich hörte ihre Schritte hinter mir und ich hörte das beißende Lachen. Ich hörte die Schadenfreude meiner Verfolger, als mich dieses widerliche Pfeifen zermarterte und ich schlussendlich erneut stürzte. Ich überschlug mich zweimal, als mich auch schon der Erste meiner Angreifer packte und nach oben zog. Voller Wut holte ich mit meiner Faust aus und schlug ihm in sein hässliches Gesicht. Brüllend 7

ließ er mich los und wankte zurück. Seine Nase blutete, sein Wangenknochen stach durch seine Haut hindurch. „Willst du noch mehr? Ha?“, brüllte ich ihn an. „Du verdammter Hurensohn“, schrie er zurück. Als ich mich auf ihn stürzen wollte, umfassten mich plötzlich Arme von allen Seiten. Sie hatten mich. Sie hatten mich gefangen. Verdammte Scheiße. Mit stählernen Kräften zwangen sie mich in die Knie. Ich wehrte mich. Und wie ich das tat. Ich trat aus und versuchte mit meinen Fäusten ihre Gesichter zu treffen, doch sie ließen mir keinen noch so winzigen Freiraum. Ein lautes Knacken lies mich dann doch innehalten. Einer hatte mir die Schulter ausgekugelt und ich bezweifelte, dass es dabei blieb. Da stieg mir der Geruch von verfaultem Tierleder in die Nase. Seine Schritte verfolgten mich bereits in meinen Träumen, aber jetzt blieben diese zwei stinkenden Stiefel direkt vor meinem Gesicht stehen. „Sieh mich an“, befahl er in ruhigem Ton. Mein Gesicht war dem Boden zugewandt. Ich wusste 8

doch bereits, wie er aussah. Wenn es schon sein musste, dann sollte er es schnell machen. „Sieh mich an“, beschwor er mich ein zweites Mal, doch ich reagierte nicht. „Sieh mich verdammt noch einmal an“, keifte er und trat mit seinem Stiefel gegen mein Gesicht. Meine Haut war aufgeplatzt, meine Lippen bluteten. Ich schmeckte mein eigenes verdammtes Blut. Er griff in meine Haare und zog meinen Kopf nach oben. Ich schaute in die dunklen Augen meines Angreifers. Sein hämisches Grinsen bog sich mir entgegen. Seine Zähne waren verfault und über seinem Gesicht prangte eine riesige Narbe. „Eigentlich ist es viel zu schade, dass wir dich schon haben. Es hat richtig Spaß gemacht, dich zu fangen. Es war ein regelrechter Genuss“, meinte er und fletschte arrogant seine Zähne. „Es tut mir leid, dass ich dir deinen Spaß verdorben habe“, antwortete ich und stieß jedes einzelne Wort mit Verachtung hervor. „Weißt du, eigentlich hat niemand etwas davon gesagt, dass wir dich lebend zurückbringen 9

sollen. Es wäre doch zu schade, wenn du nur weggesperrt werden würdest. Wie wäre es mit einer schönen Portion Sonne? Du siehst gar so blass aus.“ „Wenigstens sehe ich nicht so aus wie du“, brummte ich und sein Gesicht verfinsterte sich. Ich hatte einen wunden Punkt getroffen und das wusste ich. Seine Narbe war das Zeichen einer Niederlage für ihn. Seine einzige Niederlage und das konnte er natürlich nicht verkraften. Er blickte zu seinen Männern. „Brecht ihm alle Knochen. Macht mit ihm, was ihr wollt und dann lasst ihn liegen. Die Sonne erledigt den Rest“, befahl er ihnen und mit einem letzten hämischen Grinsen lies er mein Gesicht los und gab den Befehl. Alle prügelten gleichzeitig auf mich ein. Ich fletschte meine Zähne und schlug mit meiner gesunden Hand zu. Ich wehrte mich, soweit ich konnte, doch irgendwann überwältigten sie mich. Auf Wiedersehen, Welt. Du warst zeitweise so gut zu mir. Sie traten mir in den Magen und ihre Fäuste hagelten wie ein Schauer auf mich herab. Ich spürte nichts mehr. Ich bereute 10

einiges, das möchte ich nicht bestreiten. Aber nun war es aus und vorbei. Ich hatte meinen Frieden. Ich hatte das bekommen, was ich verdient hatte und irgendwann wurde es dunkel und still.

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Emily Der Ruf

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„Laaast Christmas, I gave you my heart…“ „Ach komm schon, Emily. Es sieht gar nicht so schlimm aus. Ehrlich nicht.“ „Ich seh aus, als hätte ich einen Pudel auf meinem Kopf“, fauchte ich Leena an. „… this year, to save me from tears, I ´ll give it to someone special…“ „Ist doch gar nicht wahr“, meinte sie und zwirbelte in meiner neuen Frisur herum. „Warum habe ich mich nur von dir dazu überreden lassen?“, schnappte ich zurück. Eine Dauerwelle. Sie hatte mich zu einer Dauerwelle überredet. „Gut siehst du damit aus“, hatte sie gesagt. „Mach doch mal etwas anderes mit deinen Haaren“, hatte sie gesagt. Dass ich nicht lachte. „Du hast dich überreden lassen weeeiiilll:…“ Pause. Großartig. „Weeeiiilll…?“, wollte ich wissen. „Sieh mal dort. Dort ist Ville. Komm, ich stell dich ihm vor.“ Ja, ja, im Ablenken war meine Freundin die Beste. Sie schnappte meine Hand und wir versuchten, durch das dichte Schneetreiben die Straße entlang zu eilen. 13

Ich lernte Leena vor einer halben Ewigkeit (vor drei Jahren) auf einem meiner Finnlandtrips kennen. Seitdem kam ich sie jedes Jahr für ein bis zwei Monate besuchen. Je nachdem, ob es meine Arbeit zuließ oder nicht. Ich liebte Schnee. Ich liebte Finnland und ich liebte die Weihnachtszeit. Was ich nicht liebte, war der Wischmob auf meinem Kopf, aber das war ein anderes Thema. Leena hatte mich durch die Menge hindurchdirigiert und wir steuerten zwei wirklich gut aussehende Typen an. Einer von ihnen hatte kurz geschorenes Haar und der Andere trug es kinnlang. Leena war eine Überfliegerin. Sie wollte sich nicht festlegen und so wie sie aussah, musste sie sich auch nicht festlegen. Sie hatte Verehrer ohne Ende. „Hei“, begrüßte sie die beiden Männer. Während sie sich stürmisch umarmten, blieb ich lieber im Hintergrund. Ich war nicht der Typ, der sich jedem an den Hals warf. Ich wollte umgarnt werden, erobert werden, aber welcher anständige Mann wusste schon darüber Bescheid?

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„Ville, Jonne, das ist meine Freundin Emily. Sie ist zu Besuch hier“, stellte sie mich vor und prompt wurde mir zugezwinkert. „Hallo“, begrüßte ich die Beiden und das Zwinkern wurde zu einem ausgewachsenen lüsternen Blick. Ok, nichts wie weg hier. „Entschuldigt mich, ich hole mir noch etwas zu trinken“, log ich und drehte mich um. „Ich komme mit dir“, meinte Jonne. Das war mir aber eigentlich gar nicht so recht. „Ist schon Ok. Du musst mich nicht begleiten. Die Frauen in meiner Familie sind total selbstständig. Wenn uns jemand zu nahe kommt, machen wir ihn mit einem einzigen Tritt zeugungsunfähig. Das sieht immer recht witzig aus, weißt du? Die Gesichter werden blau, die Oberschenkel verkrampfen sich, die Muskeln ziehen sich zusammen … Hey, kommst du nicht mehr mit?“ „Ähm … ich muss zurück … Verpflichtungen, du verstehst …“ Ja, ich verstehe. „Ok. Vielleicht das nächste Mal“, meinte ich fröhlich und winkte ihm nach. Gut gemacht. Ich stapfte derweil durch den Schnee zurück zum 15