Dieselbe Heimat, dreimal anders

drei sind mit Ernst Hohl bekannt. Er, der Präsident der Ernst Hohl-. Kulturstiftung Appenzell, verfolg- ... Paul Klee und Wassily. Kandinsky bewundert er noch.
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Dieselbe Heimat, dreimal anders

den gleich drei Broschüren zur Ausstellung, eine für jeden Künstler. Die Journalistin Monica Dörig hat darin einfühlsame Porträts verfasst, Bilder der drei Männer und ihrer Werke ergänzen die Texte.

drei maler, eine ausstellung. sie kennen sich gegenseitig kaum, haben aber zwei, mittlerweile sogar drei dinge ge­ meinsam: sie wohnen alle an «aussichtsreicher lage» und sind ­ appenzeller durch und durch. neuerdings sind alle drei pen­ sioniert. willy fässler, paul hüberli und johann hautle ist im haus appenzell in zürich eine ausstellung gewidmet.

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drei sind mit Ernst Hohl bekannt. Er, der Präsident der Ernst HohlKulturstiftung Appenzell, verfolgte in den vergangenen Jahren das Projekt, den drei Malern im Haus Appenzell in Zürich eine gemeinsame Ausstellung einzurichten. Drei Maler – eine Werkschau. Die Ausstellungsräume auf drei Stockwerken im Haus Appenzell eignen sich bestens dafür. Und weil die drei Maler zwar einiges gemeinsam haben, aber doch so charakterstarke Individuen sind, entstan-

Willy Fässler, heute 84jährig, hat als Kind nur in der Schule ­gezeichnet. Das Bild unten stammt von 1999 und zeigt den Talkessel von Appenzell im Winter.

Fotos: pd

Die Malereien von Willy Fässler, Paul Hüberli und Johann Hautle könnten unterschiedlicher nicht sein, haben aber die Landschaften des Appenzellerlands als gemeinsamen Nenner. Was die drei Männer verbindet, ist die Liebe zu ihrer Heimat. Und da ist noch mehr: Alle drei sind pensioniert; alle drei haben sich das Malen selbst beigebracht; alle wohnen an schönster, eben, an aussichtsreicher Lage – der eine in Steinegg, der zweite in Teufen, der dritte in Gonten; alle

Sein eigenes Haus ist oft Sujet. Es ist ein schönes Haus, in dem Willy Fässler lebt, ein traditionelles Appenzeller Bauernhaus, mit Wohntrakt und Scheune in den typischen Farben Himmelblau, Ockergelb und Dunkelrot, mit einem gepflegten, eingezäunten Garten davor. Sein Haus ist nicht nur Sujet, es ist oft auch Ausgangspunkt seiner Bilder. Von seinem Haus in Steinegg aus blickt man auf den Alpstein in seiner ganzen Pracht. Meistens zwar malt Willy Fässler von Fotos oder Bildern aus Zeitschriften ab. Manchmal geht er zum Malen und Zeichnen in höher gelegene Weiden. Bei schönem Wetter setzt er sich vor dem Stall vor die Staffelei. Seine Bildmotive wiederholen sich: Landschaften Innerrhodens, Blumen, Menschen.

Willy Fässler hat fast sein ganzes Leben am selben Ort verbracht, auf der «Sonnau» oberhalb von Steinegg. Der 84-Jährige ist das älteste von sechs Kindern. Zu Hause half er viel mit. Während der Vater im Aktivdienst war, hat er den ganzen Hof fast alleine bewirtschaftet. Den Betrieb übernahm er erst viel später, mit 53 Jahren und als alleinstehender Mann. Als Kind hat Willy Fässler nur in der Schule gezeichnet. Wenn er zu Hause am Stubentisch malte, habe der Vater ihn ganz komisch angeschaut. Lieber einen Bauern als einen Maler wollte der Vater. Seine Ölbilder werden von Liebhabern gekauft. Als er vor ein paar Jahren in Appenzell und Steinegg ausstellte, kam kaum jemand. Es sei ihm wichtiger, durch seine Bilder der Nachwelt in Erinnerung zu bleiben, als Geld mit dem Malen zu verdienen, sagt er.

heute am meisten. Paul Hüberli selbst fühlt sich am ehesten den Expressionisten zugehörig. Der 82-Jährige ist in Herisau aufgewachsen, seit zwanzig Jahren lebt er in Teufen. Er hat eine Lehre als Bahnbeamter bei den Appenzeller Bahnen begonnen, wechselte dann zu den SBB, wo er verschiedene Posten übernahm, zuletzt wurde er zum Sekretär befördert. Ausserdem unterrichtete er als Fachlehrer während 30 Jahren die angehenden Bahnangestellten. Während seiner Berufsjahre blieb ihm wenig Zeit zum Malen. Kurz Der 82jährige Paul Hüberli ­entdeckte sein Interesse für Kunst früh. Die Alpsteinkette (unten) entstand 2002.

Paul Hüberli entdeckte sein Interesse für die Kunst früh. Als junger Mann besuchte er viele Ausstellungen. Paul Klee und Wassily Kandinsky bewundert er noch

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vor der Pensionierung schenkten ihm seine Grosskinder einen Gouache-Kasten. Die Gouache ist bis heute seine bevorzugte Technik geblieben. Seit der Pensionierung malt er intensiv, am liebsten Landschaften, die er in den Ferien besucht. Die Landschaften des Val Müstairs, des Verzascatals, des Berner Oberlands. Ebenso oft kommen die Landschaften des Toggenburgs und des Appenzellerlands vor. Und immer wieder der Alpstein, der ihm so viel bedeutet. «Hinderschi und vürschi» habe er ihn gemalt – von allen Seiten, auch aus ungewohnten Perspektiven. Sein wichtigstes Ziel ist es, dem Gemälde Spannung zu geben. Gleichzeitig frech und harmonisch soll es wirken. Nicht die Realität führt den Pinsel, sondern die Stimmung. Paul Hüberli nimmt sie auf und drückt sich mit seinem energiegeladenen Farbspektrum aus. Johann Hautle, mit 65 Jahren der jüngste der drei Maler, ist gleichzeitig wohl auch der bekannteste. Seine bäuerlichen Landschaften wurden vor zehn Jahren im Appenzeller Volkskunde-Museum

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Stein gezeigt. Es war seine erste Einzelausstellung, ein Höhepunkt seines Schaffens. Schon vorher hat er bei Gruppenausstellungen mitgemacht. Er ist einer der wenigen, bei dem die Bezeichnung Bauernmaler greift. Johann Hautle malt, was unmittelbar mit seinem Leben zu tun hat. Bis ein Bild fertig ist, kann es Jahre dauern, so aufwendig und detailgetreu ist seine Technik. Er grundiert zuerst einen Karton oder einen auf Spanplatte aufgezogenen Druck aus dem Brockenhaus, dann malt er die Grundformen der Landschaft mit verdünnter Farbe auf. Durch die vielen Farbaufträge erhalte der Hintergrund fast von

allein seinen Charakter, sagt er. Manchmal lässt er die angefangenen Bilder fast zwei Jahre trocknen. Die Kulisse entspricht meist der Realität, «was darunter passiert, ist Phantasie», sagt er. Eines seiner zentralen Motive ist die Meglisalp, sein zweites Zuhause. Seit 45 Jahren lebt Johann Hautle auf der Chuterenegg oberhalb von Gonten. Etwas länger schon fährt er jeden Sommer in die Meglisalp. Dort malt er aber nur wenig. Manchmal nimmt er kleinfor­ matige angefangene Bilder mit, manchmal skizziert er etwas. Auf der Meglisalp lebt er in einer Grossfamilie, verbringt viel Zeit mit der Familie Manser, der Wirtefamilie der Meglisalp, und den anderen Sennen.  pd/ckö

Johann Hautle hält fest, was ­unmittelbar mit seinem Leben zu tun hat. 2007 malte der 65-­Jährige die Appenzeller «Heemede ond Alpe» (oben).

Ausstellung «An aussichtsreicher Lage» – Drei ei­ genwillige Appenzeller malen ihre Welt. ­Willy Fässler – Johann Hautle – Paul ­Hü­ber­l i. Die Ausstellung im Haus Appenzell, St. Peterstrasse 16, Zürich, läuft bis zum 29. Januar 2011. www.hausappenzell.ch. Öffnungszeiten: Dienstag bis ­Freitag von 14 bis 17 Uhr; Samstag von 11 bis 17 Uhr; Sonntag und Montag ­geschlossen. Eintritt frei.

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