BVAU_Praxispapier_Der neue Syndikusanwalt_final - Der BVAU

01.01.2016 - rufler in der Auseinandersetzung mit der Deutschen Rentenversicherung Bund. Mit freundlicher Genehmigung der Fachzeitschrift „Arbeit und ...
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BVAU-Praxispapier Handlungsoptionen nach dem Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte Fokus: Arbeitsvertragsgestaltung und Tätigkeitsbeschreibung

Januar 2016

Diese Unterlage enthält allgemeingültige Hinweise ohne Anspruch auf Vollständigkeit und stellt keine einzelfallbezogene Rechtsberatung dar. Die Unterlage ist in erster Linie zur Verwendung durch die Mitglieder des BVAU bestimmt. Eine Weitergabe oder Vervielfältigung ohne Zustimmung des BVAU ist nicht gestattet.

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Vorwort des Herausgebers Darum geht es Fast genau ein Jahr nach der Vorstellung der Eckpunkte zur „Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte“ durch den Bundesjustizminister trat zum 1. Januar 2016 das „Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte in Kraft“. Mit dem Gesetz wird in § 46 Abs. 2 BRAO erstmals festgelegt, dass der Syndikusrechtsanwalt ein Rechtsanwalt im Sinne der BRAO ist. Volljuristen, die anwaltlich bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber (Unternehmen, Verein/Verband) arbeiten und als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden, können sich - unter bestimmten Voraussetzungen auch rückwirkend - von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Nun allerdings heisst es Ärmel hochkrempeln, und zwar zuförderst für die Syndikusanwälte und die Arbeitgeber. Denn für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bzw. Syndikusrechtsanwältin sind einige Punkte zu beachten, auf die nachstehend eingegangen werden soll. Wichtige Punkte vorab Kein Volljurist, der bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt ist, muss sich als Syndikus zulassen; es handelt sich um eine Option, die auch nur gezogen werden kann wenn bestimmte zusätzliche Voraussetzungen (hierzu unten) vorliegen. So ist dem „normalen“ angestellten Kollegen ohne Weiteres möglich, alle Konzerngesellschaften

bei den Amts- und Arbeitsgerichten zu vertreten (§§ 76 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 11 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG). Andererseits bleibt es trotz Zulassung beim Vertretungsverbot des § 46 BRAO. Vieles ist unklar: -

Ob und inwieweit der Syndikusanwalt etwaige Nachrichten über das beA empfangen muss – obwohl er ja nur nicht-anwaltlich arbeiten darf, ist offen; wohl nein, den „rechtsanwaltlich“ arbeitet er ja gerade nicht.

-

Muss ein „Bestands-Rechtsanwalt“, der als Syndikus arbeitet, sich nun auch zusätzlich als Syndikusanwalt zusätzlich zulassen? Wohl nein

Was muss der Kollege bedenken: -

Derzeit (sic!) gewisse Vorteile in der Altersversorgung.

-

Aber das mag wohl abgewogen werden, denn die anwaltlichen Versorgungswerke erbringen in der Tat nicht den gesamten Leistungskatalog, den die Deutsche Rentenversiche-

rung erbringt; über Zusatzversicherungen ist dann zumindest nachzudenken.

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-

Hohe Zulassungs- und Zwangsgebühren der Rechtsanwaltskammern; diese sind teilweise bereits festgesetzt und betragen durchaus das doppelte der „normalen“ Rechtsanwaltszulassung (so etwa bei der RAK Freiburg; ggf. sollte hier über eine verfassungsrechtliche Klärung hinsichtlich der Zulässigkeit nachgedacht werden,

Der Arbeitgeber muss unabdingbar vor der Befreiung auf einige wichtige Punkte hingewiesen werden: -

Er muss künftige Änderungen der Tätigkeit nachvollziehen und dann ggf auch Sorge für eine Umschlüsselung der von der DRB befreiten Kollegen Sorge tragen; hierfür muss er ein

Minimum an Administrationsaufwand betreiben. Denn wenn die Zulassungsvoraussetzungen wegfallen (etwa durch Tätigkeitsänderung), so auch die Befreiung von der DRB. Dies nicht nachzuhalten, kann bei der fünfjährigen Verjährungsfrist teuer werden -

Bei allen Erklärungen, die er zur Tätigkeit des Syndikus abgibt, muss er die etwaigen In-

terdependenzen zu Eingruppierungssystemen, seien sie tariflicher Art oder immer häufiger auch im ausser tariflichen Bereich anzufindende Grading-Systeme beachten; bestätigt der Arbeitgeber hier fälschlicher Weise zu grosse Selbstständigkeits- und Handlungspielsräume, kann der Syndikus sich ggf. hierauf berufen und eine höhere Eingruppierung einfordern. -

Schon aus Compliance-Gesichtspunkten müssen alle Bestätigungen inhaltlich richtig und

wahr sein. Alle Unterlagen, Bestätigungen etc sollten ausschliesslich vom Personalbereich, und nicht von den Fachvorgesetzten ausgestellt werden und in der Personalakte zu finden sein! Unsere Aufgabe als Arbeitsrechtler im Unternehmen ist insoweit selbstverständlich die Beratung und Unterstützung des Arbeitgebers. Auch wenn dazu gehört, das (noch) Mögliche möglich zu machen, Kollegen ihre Zulassung zu erleichtern, auch wenn wir bei der Beurteilung ggf. in Gewissenskonflikte geraten sollten, werden wir das nicht vergessen. Daher ist uns wichtig darauf hinzuweisen: alle nachfolgenden Formulierungsvorschläge sind Vorschläge, die freilich der Wirklichkeit angepasst werden müssen! Die „einfache Übernahme“, sozusagen als „Muster“ und ohne über die tatsächliche Situation zu reflektieren, wäre nicht lege artis. Aber dafür stehen auch wir im BVAU!

RA und Mediator Alexander R, Zumkeller, MBA Präsident des BVAU e.V. Head of HRPolicies, Rewards& Benefits Deutsche ABB Mgr. Global Labour Law, ABB Group 3 © BVAU e.V. (www.bvau.de)

Handlungsempfehlungen und Formulierungshilfen - Die Autoren Boris Wein, Rechtsanwalt, Head of Labour Law, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co.KG, Ingelheim am Rhein, Präsidiumsmitglied des BVAU e.V., Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht an der Hochschule Mainz Martin W. Huff, Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er befasst sich seit Jahren mit den Fragen des Befreiungsrechts und vertritt Freiberufler in der Auseinandersetzung mit der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Mit freundlicher Genehmigung der Fachzeitschrift „Arbeit und Arbeitsrecht“ – strategischer Partner des BVAU - für deren Ausgabe 2/2016 dieser Beitrag verfasst wurde.

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1. Zulassung zur Anwaltschaft - Antragstellung Zukünftig besteht die Möglichkeit sich •

nur als Syndikusrechtsanwalt,



nur als Rechtsanwalt („freier“ Rechtsanwalt) oder



als Syndikusrechtsanwalt und „freier“ Rechtsanwalt

zuzulassen. Für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist daher zunächst zwischen folgenden Fallgruppen zu differenzieren, und zwar dahingehend, ob es sich •

um einen Syndikusrechtssanwalt handelt, der Angestellter eines nicht anwaltlichen Arbeitgebers ist und für diesen anwaltlich tätig wird (sog. Syndikusrechtsanwalt)(1.Fallgruppe)



um einen bisher schon als „freien“ Rechtsanwalt zugelassenen Rechtsanwalt handelt (2. Fallgruppe),



um einen Syndikusrechtsanwalt handelt, der zugleich als „freier“ Rechtsanwalt zugelassen ist (3. Fallgruppe).

In der Praxis wird aktuell die letztgenannte Fallgruppe die überwiegende Mehrzahl der Neuanträge darstellen, denn es hat sich seit den Urteilen des BSG vom 3.4.2014 sowohl ein „Wechselstau“ gebildet und viele Anwälte, die über keine gültige Befreiung verfügen, müssen jetzt zur Aufrechterhaltung ihrer Versorgungsbiografie die Zulassung beantragen. Die tätigkeitsbezogene Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgt durch die Rechtsanwaltskammer, und zwar durch diejenige, bei der der Antragsteller bisher schon als „freier“ Rechtsanwalt geführt wurde (ebenso für die 2. Fallgruppe). Dies ergibt sich aus § 33 BRAO. Besteht bisher keine Zulassung als „freier“ Rechtsanwalt (1. Fallgruppe), so muß die Antragstellung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer erfolgen, in dessen Bezirk er seine Tätigkeit für den Arbeitgeber ausübt, also dort, wo er seinen Syndikus-Kanzleisitz hat. Beispiel: Der Antragsteller übt seine anwaltliche Tätigkeit für den Arbeitgeber in Ingelheim am Rhein aus. Zuständig für die Antragstellung als Syndikusrechtsanwalt -ohne daneben bestehende Zulassung als „freier“ Rechtsanwalt - ist dann die Rechtsanwaltskammer Koblenz. Eine „freie“ Rechtsanwaltstätigkeit ist daneben nur mit einer eigenen separaten Zulassung als Rechtsanwalt möglich. Dieser muss allerdings der Arbeitgeber immer zustimmen, insbesondere erklären, dass die Anwaltstätigkeit jederzeit ausgeübt werden kann (unwiderrufliche Freistellungs5 © BVAU e.V. (www.bvau.de)

erklärung nach § 56 Abs. 3 Nr. 1 BRAO). Bei Fehlen der unwiderruflichen Freistellungserklärung droht der Widerruf der Anwaltszulassung durch die Rechtsanwaltskammer (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO). Die Rechtsanwaltskammer prüft, ob die tätigkeitsbezogenen Voraussetzungen vorliegen, die eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ermöglichen. Sie allein trifft die Entscheidung, ob der Antragsteller als Syndikusrechtsanwalt zugelassen wird oder nicht. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist im Rahmen des Zulassungsverfahrens von Syndikusrechtsanwälten vorher zu hören, wenn die Kammer eine positive Entscheidung fällen möchte. Falls nach Auffassung der DRV Bund der Antragsteller die vier Kriterien für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt (§ 46 Abs. 3 BRAO) nicht erfüllt, kann sie gegen den Verwaltungsakt „Zulassungsbescheid“ Klage beim Anwaltsgerichtshof einreichen. Doch nicht jeder Rechtsanwalt, der zurzeit für einen sogenannten nichtanwaltlichen Arbeitgeber tätig ist, muss die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen. Wer als Rechtsanwalt bisher schon zugelassen ist und seine Tätigkeit bei dem nichtanwaltlichen Arbeitgeber seiner Rechtsanwaltskammer angezeigt(§ 56 BRAO) und diese zugestimmt hat sowie für diese Tätigkeit über einen gültigen Befreiungsbescheid der Rentenversicherung verfügt, braucht aktuell nicht tätig zu werden. Ein neuer Zulassungsantrag ist für diese Rechtsanwälte im Unternehmen/Verband/Verein mit aktuellem Befreiungsbescheid nicht erforderlich. Sie dürfen auch weiterhin unter der Bezeichnung als Rechtsanwalt im Unternehmen/Verband firmieren (z.B. auf der Visitenkarte, Schriftsätzen und mündlichen Verhandlungen im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren). Eine Aktualisierung des Arbeitsvertrages ist nicht erforderlich. Anders sieht es dagegen bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit aus und dass unabhängig davon, ob bisher schon eine Anwaltszulassung besteht oder nicht. Für die Aufnahme einer anwaltlichen Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber muss die Beantragung der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgen, wenn weiterhin eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gewünscht ist. Bisher galt dies auch bei einem Wechsel innerhalb des Konzerns, wenngleich nach der BSG-Rechtsprechung (Fußnote: Entscheidung des BSG v. 31.10.2012- B 12 R 3/11 R, BSGE 112, 108 = NJW 2013, 1624) nicht eindeutig geklärt war, was unter einem Arbeitgeberwechsel zu verstehen ist. Dies ist schwer nachzuvollziehen, zumal bereits bisher schon die Praxis gezeigt hat, dass die überwiegende Mehrzahl der Unternehmensjuristen nicht nur für einen Arbeitgeber, sondern auch zugleich in bestimmten Fallkonstellationen für verbundene Konzernunternehmen anwaltlich tätig war. Auch der Verbandsanwalt in rechtsberatender Funktion erfüllt die erforderlichen vier Kriterien der anwaltlichen Tätigkeit nicht nur für ein Mitgliedsunternehmen.

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Praxistipp: Es empfiehlt sich bereits in der Stellenausschreibung bzw. in der Tätigkeitsbeschreibung de lege artis aufzuführen, dass die anwaltliche Tätigkeit nach den vier Kriterien des § 46 Abs. 3 BRAO nicht nur für den Vertragsarbeitgeber, sondern tatsächlich auch für andere Unternehmen im Konzernverbund ausgeübt werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Rechtsanwaltskammern zukünftig den Wechsel der Rechts- bzw. Personalabteilung innerhalb eines Konzerns nicht als erneuten Anlass für die Antragstellung zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ansehen. Der Wortlaut des Gesetzes spricht hier allerdings eher für den Antrag auf Erstreckung der Befreiung nach § 46c BRAO.

2. Voraussetzungen der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt Eine anwaltliche Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt liegt nach § 46 Abs. 3 BRAO vor, wenn das Anstellungsverhältnis fachlich und inhaltlich weisungsfrei sowie eigenverantwortlich ausgeführt wird und durch folgende Merkmale kumulativ geprägt ist: •

Prüfung von Rechtsfragen



Erteilung von Rechtsrat



die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten,



die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere das selbstständige Führen von (Vertrags-) Verhandlungen

Nur wer als Rechtsanwalt im Unternehmen inhaltlich weisungsfrei ist, ist auch anwaltlich tätig. Jeder Arbeitnehmer, auch der Syndikusrechtsanwalt, ist im Rahmen einer bestimmten Arbeitsorganisation tätig. Daraus folgt das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Nicht entscheidend ist, in welchem Umfang das Direktionsrecht nach § 106 S. 1 GewO ausgeübt wird. Es genügt vielmehr, dass dem Dienstverpflichtetem auf Grund der vertraglichen Vereinbarung das Recht zusteht und er nach den tatsächlichen Gegebenheiten die Möglichkeit hat, die Durchführung der Beschäftigung entscheidend zu bestimmen (Fußnote: vgl. Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Auflage 2016, § 7 SGB IV Rz. 10).Das Vorliegen der fachlichen und inhaltlichen Weisungsfreiheit setzt ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbstständigkeit voraus. Dies ist insbesondere bei sog. Diensten höherer Art der Fall (Fußnote: vgl. hierzu z.B. BAG vom 20. 7. 1994, AP Nr. 73 zu BGB § 611 Abhängigkeit).

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Bei dieser Art von Dienstleistungen von z.B. Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern etc. weiß der Dienstleistende aufgrund seiner Ausbildung und Fachkenntnisse regelmäßig selbst, auf welche Art und Weise er die Dienstleistung zu erbringen hat. Er muß in der unternehmerischen Entscheidungskette nicht die letzte Verantwortung übernehmen. Er besitzt für seine Tätigkeit jedoch die fachliche Handlungsverantwortung. Ob der Arbeitgeber dem Rat des Syndikusrechtsanwaltes folgt, ist letztendlich unabhängig davon zu bewerten und steht einer anwaltlichen Tätigkeit nicht entgegen. Der Nachweis der Voraussetzungen nach § 46 Abs. 3 BRAO erfolgt durch eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung sowie einer arbeitsvertraglichen Erklärung des Arbeitgebers, dass die Voraussetzungen tatsächlich und vertraglich vorliegen.

3. Arbeitsvertragsgestaltung und bzw. Tätigkeitsbeschreibung Der Arbeitgeber muß sich künftig festlegen, ob er einen Rechtsanwalt tatsächlich anwaltlich in seinem Unternehmen beschäftigen will. Die bisherige „unwiderrufliche“ Freistellungserklärung des Arbeitgebers gegenüber der Rechtsanwaltskammer dokumentierte nicht, dass es sich im Unternehmen um eine ausgeübte anwaltliche Tätigkeit handelte. Bereits in der Stellenausschreibung sind daher neben der zwingenden Einstellung als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwalt/Syndikusrechtsanwältin) exakt die unter 2. genannten vier Kriterien aufzuführen und in der Tätigkeitsbeschreibung individuell auf die konkrete Person zugeschnitten zu beschreiben. Andere Berufsbezeichnungen, wie z.B. Compliance Manager legal department, sind dagegen schädlich. Praxistipp: Die in den Unternehmen oftmals vorhandenen Stellen- bzw. Funktionsbeschreibungen sind dahingehend überprüfen, ob die vier Kriterien näher beschrieben sind. Besser ist es, eine eigene Tätigkeitsbeschreibung zu erstellen. Darüber hinaus beabsichtigen die Rechtsanwaltskammern noch Mustertexte zur Antragstellung zur Verfügung zu stellen, so dass sich ein Blick auf die Internetseite der zuständigen Anwaltskammer lohnt. Ggf. bietet es sich auch an, mit den Anwaltskammern abzustimmen, dass eine exemplarische Tätigkeitsbeschreibung für eine größere Anzahl von gleichgelagerten anwaltlichen Tätigkeiten im Unternehmen/Verband ausreichend für das Antragsverfahren ist.

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Die Tätigkeitsbeschreibung muß sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer unterzeichnet werden. Damit versichern beide, dass diese Angaben zutreffend sind. Erst mit der ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung kann eine Überprüfung durch die Rechtsanwaltskammer, ob die konkret ausgeübte Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts die Zulassungsvoraussetzungen der §§ 46 ff. BRAO erfüllt, erfolgen. Zudem ist eine Erklärung des Arbeitgebers zur fachlichen Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikusrechtsanwaltes nach § 46 Abs. 3, 4 BRAO als Bestandteil des Arbeitsvertrages erforderlich. Der Verweis auf den Gesetzestext und den einzelnen Merkmalen ist ausreichend. Erst in der Tätigkeitsbeschreibung erfolgt eine detaillierte Darstellung der Merkmale anhand der konkret ausgeübten Tätigkeit. Diese kann wie folgt lauten:

„Herr/Frau …… wird bei der …-Gesellschaft in der Organisationseinheit … als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin „Syndikusrechtsanwalt/Syndikusrechtsanwältin“ beschäftigt. Herr/Frau … übt seine/ihre Tätigkeit fachlich unabhängig und eigenverantwortlich aus. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung i. s. d. § 46 Abs. 3 BRAO ist vertraglich und tatsächlich gewährleistet. Er/Sie unterliegt keinen allgemeinen oder konkreten Weisungen in fachlichen Angelegenheiten, die eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. Ihm/Ihr gegenüber bestehen keinerlei Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen. Herr/Frau … ist im Rahmen der von ihm/ihr für … zu erbringenden Rechtsberatung und –vertretung den Pflichten des anwaltlichen Berufsrechts unterworfen.“ Unschädlich ist es auch, die Organisationseinheit wegzulassen, zumal ein rein organisatorischer Wechsel von der Rechtsabteilung in die Personalabteilung desselben Unternehmens kein erneutes Zulassungsverfahren auslöst (zum Wechsel innerhalb des Konzerns siehe bereits unter 1.). Dem Antrag auf Zulassung ist eine Ausfertigung oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift des Arbeitsvertrages beizufügen. Bei Rechtsanwälten, die bereits im Unternehmen tätig sind, reicht eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers auch in Form eines sog. sideletters oder Begleitschreibens als Anlage zu dem bestehenden Vertrag aus. Darüber hinaus kann die Rechtsanwaltskammer auch die Vorlage weiterer Nachweise verlangen, wie z.B. Organigramme etc. Am besten

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ist es aber, wenn bereits die Tätigkeitsbeschreibung so konkret ist, dass sie eine abschließende Beurteilung ermöglicht. Praxistipp: Die Rechtsanwaltskammern werden aller Voraussicht nach im Januar 2016 auf im Internet die Antragsforumulare und ein ausführliches Merkblatt zur Verfügung stellen. Der Syndikusrechtsanwalt hat neben dem entsprechenden Antragsformular von der zuständigen Rechtsanwaltskammer und der arbeitsvertraglichen Erklärung des Arbeitgebers zur fachlichen Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwaltes eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung anhand der vier gesetzlich vorgesehenen Kriterien den Unterlagen auf Zulassung beizufügen.

Beispiel für eine Erklärung des Arbeitgebers im Fließtext:

Im Rahmen der berufsspezifischen Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt von Herrn/Frau….berät er/sie sämtliche Konzernunternehmen sowie die Geschäftsbereiche der …… z.B.GmbH/AG in allen Rechtsfragen sowie diesbezügliche Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung.

Formulierungsbeispiel zu dem Kriterium „Prüfung von Rechtsfragen“

Herr/Frau…analysiert unabhängig konkret an ihn/sie von den Geschäftsbereichen bzw. den Konzernunternehmen angetragenen Rechtsfragen, wozu das Aufklären des Sachverhaltes sowie das Bilden eines fachlich unabhängigen Urteils unter Berücksichtigung des spezifischen betrieblichen Hintergrundes gehört. Er/Sie erstellt selbstständig im Rahmen dessen Gutachten sowie rechtliche Expertisen, wozu auch die Analyse von Verträgen (z.B. Unternehmenskaufverträgen etc.) gehört.

Formulierungsbeispiel zu dem Kriterium „Erteilung von Rechtsrat“

Herr/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin… erteilt fachlich unabhängig und eigenverantwortlich Rechtsrat. Zu seinen/ihren Aufgaben gehören insbesondere die schriftliche und mündliche rechtliche Beratung und Unterstützung der Geschäftsbereichsverantwortlichen/Projektleitungen/Mitarbeitern bei der Umsetzung rechtlicher Vorgaben im Allgemeinen sowie in Einzelfällen. Dies schließt das unabhängige Bewerten und die schriftliche /mündliche Darstellung von Lösungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des spezifischen betrieblichen Hintergrundes mit ein. 10 © BVAU e.V. (www.bvau.de)

Auch wenn es mehr theoretischer Art ist, ist unseres Erachtens in der Praxis in der Darstellung der Inhalte eine klare Trennung der beiden Kriterien oftmals nicht eindeutig möglich bzw. auch nicht erforderlich.

Formulierungsbeispiel zu dem Kriterium „Gestaltung von Rechtsverhältnissen“

Zu den Aufgaben von Herrn/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin….gehört auch die eigenständige Vertragserstellung (z.B. Arbeitsvertragsmuster, Betriebsvereinbarungen etc.) und - verhandlung sowie die Kontrolle und Anpassung bestehender Verträge/Allgemeiner Geschäftsbedingungen/Richtlinien nach vorhergehender ausführlicher Analyse der Rechtslage unabhängig und eigenverantwortlich.

Formulierungsbeispiel zu dem Kriterium „nach außen verantwortlich aufzutreten“

Herr/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin….vertritt mit eigener Entscheidungskompetenz die Interessen der von ihm/ihr anwaltlich beratenen Konzernbereiche bzw. Geschäftsbereiche auch nach außen. Hierzu gehört insbesondere das Führen der Korrespondenz mit Behörden, Gerichten sowie das Führen von vertrags- und Einigungsverhandlungen mit Vertrags- und Geschäftspartnern. Ihm/Ihr obliegt die fachliche Entscheidungsfreiheit zur Einleitung von Rechtsbehelfsverfahren, Klageverfahren sowie zum Erzielen von Vergleichen. Dazu gehört auch die ggf. erforderliche Mandatierung, Steuerung und Begleitung externer Rechtsanwälte in Angelegenheiten bzw. Verfahren, in denen aufgrund gesetzlicher Vorgaben eine Vertretung durch eine/n Syndikusrechtsanwältin/Syndikusrechtsanwalt berufsrechtlich nicht zulässig ist oder allein aufgrund eigener interner Ressourcen nicht erfolgen kann. Ggf. ergänzen soweit zutreffend: -

Herr/Frau Rechtsanwältin…ist Prokurist/ Prokuristinin/Handlungsbevollmächtigte/r. Er/Sie ist maßgeblich an internen Entscheidungsprozessen, z.B. im Rahmen von Projektarbeiten mit eigener Entscheidungskompetenz beteiligt.

-

Im Rahmen ihrer/seiner Tätigkeit bildet Herr/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin….Rechtsreferendare in der Anwalts-/Wahlstation aus.

-

Im Rahmen von externen Fach- und Weiterbildungsmaßnahmen bzw. Seminaren/Kongressen tritt Herr/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin…als fachkundige Referentin/Referent auf. Auch die Durchführung von Schulungen von internen Entscheidungsträ11

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gern und Mitarbeitern über aktuelle Rechtsentwicklungen, Gesetzesänderungen und Gerichtsentscheidungen sind Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit.

Formulierungsbeispiel für die abschließende Bestätigung der Tätigkeitsbeschreibung durch den Arbeitgeber und Rechtsanwalt

Unter Bezugnahme auf die vorstehende Beschreibung bestätigen wir hiermit die anwaltliche Tätigkeit von Herrn/Frau Rechtsanwalt/Rechtsanwältin…. im Unternehmen im Sinne des § 46 Abs. 3,4 BRAO. Unterschrift Arbeitgebervertreter

Unterschrift Rechtsanwalt

Daneben werden die Rechtsanwaltskammern bzw. weitere themennahe Verbände (z.B. BUJ) Muster zur Beschreibung der anwaltlichen Tätigkeit im Unternehmen zur Verfügung stellen.

4. Vertrauensschutzregelung und Rückwirkung der Befreiung Kompliziert wird es für die zugelassenen Rechtsanwälte, die sich in einer Auseinandersetzung mit der DRV über die Befreiung befinden: Die Übergangsregelungen in § 231 Abs. 4b SGB VI verpflichten sie, bis zum 1. April 2016 einen Antrag auf Zulassung zu stellen. Entschieden sein muss über diesen Antrag bis zum 1.4.2016 nicht sein. Wenn diesem stattgegeben wird, tritt auch im Sozialrecht eine Rückwirkung für die laufenden, aber auch für davor vorliegende Beschäftigungsverhältnisse ein. Beispiel: Ein Rechtsanwalt hat im Mai 2014 den Arbeitgeber gewechselt und dies seiner Kammer angezeigt. Seinen Befreiungsantrag hat die DRV allerdings mit Verweis auf die Rechtsprechung des BSG in den Urteilen vom 3. April 2014 abgelehnt, das Widerspruchsverfahren wurde ruhend gestellt. Wird dieser Rechtsanwalt jetzt als Syndikusrechtsanwalt zugelassen, dann erhält er auch rückwirkend die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und die seit Mai 2014 Beiträge werden von der DRV in das Versorgungswerk überführt (§ 286 f. BGB). Gestritten wird noch über Altfälle, bei denen vor dem 1. April 2014 Beiträge an die DRV gezahlt wurden. Hier sieht das Gesetz vor, dass die bis zu diesem Zeitpunkt an die DRV gezahlten Beiträge dort verbleiben, auch wenn eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgt. Es laufen aktuell Ge-

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spräche mit der DRV, wie diese von vielen empfundene Gerechtigkeitslücke geschlossen werden kann.

Arbeitgeberwechsel in der Zukunft Bei einem Arbeitgeberwechsel nach dem 1.1.2016 ist darauf zu achten, dass neben dem oben beschriebenen Zulassungsverfahren bei der Rechtsanwaltskammer auch vom Betroffenen selber ein eigener Befreiungsantrag innerhalb der 3-Monats-Frist des § 6 Abs. 4 SGB VI zu stellen ist. Die Anwaltskammern sind dafür nicht zuständig. Wird diese Frist nicht eingehalten, erfolgt die Befreiung nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft.

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Add – On

Informationen & Anträge der DRV Bund v. 06.01.2016 Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte zum 1. Januar 2016 (BGBl. 2015 Teil I Nr. 55, S. 2517 ff.), hat die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) am 06.01.2016 auf ihrer Internetseite nähere Informationen zum Ablauf des neuen Befreiungsverfahrens veröffentlicht. Zudem hat die DRV Bund die Antragsformulare für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und die rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und Beitragserstattung zum Download bereitgestellt unter:

http://www.deutsche-rentenversicherung.de

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Der Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) ist die unabhängige, bundesweit tätige, branchenübergreifende und personenbezogene Vereinigung für Arbeitsrechtler in Unternehmen. Die Reputation der Fachdisziplin Arbeitsrecht, die Förderung der Arbeitsrechtler in Unternehmen als eine der wichtigsten Expertengruppen der deutschen Wirtschaft sowie ein homogener Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch - etwa in Regional- und Themengruppen - bilden die Schwerpunkte der Tätigkeit des im April 2013 in Heidelberg gegründeten Verbandes. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.bvau.de, insbesondere zu anstehenden Terminen der regelmäßigen Treffen der Regional- und Themengruppen des Verbandes, dem regelmäßigen Informationsangebot (Newsletter) des BVAU sowie zu aktuellen Themen und Positionen der Arbeitsrechtler in Unternehmen.

BVAU e.V. I Drächslstraße 4 I 81541 München I [email protected] I www.bvau.de VR Nr.: 3686 (AG Heidelberg) I Steuer-Nr.: 32489/76903 (FA Heidelberg) Vertretungsberechtigter Vorstand i.S.d. § 26 BGB: Alexander R. Zumkeller (Präsident) I Dr. Rupert Felder (1. Vizepräsident)

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