Berlin-Mitte - Porträt eines Bezirks

Anja Kühnel und ihr Yogastudio Jivamukti Berlin . . . . . . . . . . . 19. 5 Der Architekt, der Berlin prägte /// .... Mit Claudia Michalski in der BöseBubenBar .
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Bettina Schuler

Berlin-Mitte Porträt eines Bezirks

Bettina Schuler

Berlin-Mitte Porträt eines Bezirks

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© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0 [email protected] Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2015 Lektorat/Redaktion: Ricarda Dück Satz: Julia Franze Umschlaggestaltung/Bildbearbeitung: Alexander Somogyi Kartendesign: Mirjam Hecht; © The World of Maps (www.123vectormaps.com) Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Printed in Germany ISBN 978-3-8392-4843-0

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Liebe auf den ersten Blick /// Anja Koeseling liest im Hofcafé des Märkischen Museums .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Ein Berliner schlechthin /// Der Maler Max Liebermann lebte am Pariser Platz .. . . . . . . . . 13 Wo die Berliner das Tanzbein schwingen /// Günter Schmidtke wacht im Tanzlokal Clärchens Ballhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Hot, Hip & Holy /// Anja Kühnel und ihr Yogastudio Jivamukti Berlin .. . . . . . . . . . . 19 Der Architekt, der Berlin prägte /// Karl Friedrich Schinkel wird am gleichnamigen Platz geehrt .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Der Berliner Humor /// Katrin Hansmeier liebt das Brecht-Haus .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Dit is Berlin! /// Gabriele Hoffmann überwand am Nikolaikirchplatz Grenzen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Der Le Corbusier der DDR /// Hermann Henselmann baute das Haus des Lehrers .. . . . . . . . . 39 Mehr als Äußerlichkeit /// Dr. Rasche forscht in der Lipperheideschen Kostümbibliothek .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Es gibt Fleisch, Baby! /// Peer Kusmagk schlemmt in der Grillerei Chicago Williams BBQ .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Rustikaler Chic à la Berlin /// Chloe textet im Delikatessenladen Vom Einfachen das Gute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Ein buntes Treiben und geschäftiges Wuseln /// Der Dichter Paul Boldt beschrieb seinen Potsdamer Platz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

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Lachen in Ost und West /// Edgar Harter ist ein Urgestein des Kabaretts Distel . . . . . . . . . . 61 Mode meets Wäsche /// Die Gebrüder Guttmann bieten einiges im Waschsalon 115 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Eine Frage des Glaubens /// August Orth ist der Erbauer der Zionskirche .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Mehr als bloße Reparatur /// Dr. Bohlmann bewahrt im Hamburger Bahnhof die Kunst .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Schlicht und chic /// Sabine Kremke berät in ihrem Unterwäscheladen Linierie .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Ice Ice Baby /// Christian Günzel ist Gelatiere der Eismanufaktur .. . . . . . . . . . . 85 Film ab! /// Musikmanagerin Desi Vach feiert in der 8mm Bar .. . . . . . . . . . . 89 Ein Symbol für das neue Berlin-Mitte /// Roger Bundschuh entwarf das Haus Linienstraße 40 .. . . . . . . . 95 Himmlisch schön! /// Franz Höckner mixt Cocktails im Hotel Adlon Kempinski .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Der beste Fisch in der Stadt /// Jürgen Fürgut grillt freitags auf dem Arkonaplatz .. . . . . . . . . 103 Die coolste Bademeisterin in Berlin-Mitte /// Amelie Wipprecht sorgt im Kinderbad Monbijou für Sicherheit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 In der Höhle des Löwen /// Özcan Mutlu kämpft im Bundestag für die Demokratie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Wo Geschichte greifbar wird /// Dr. Muhle arbeitet für die Gedenkstätte Berliner Mauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

26 Dichter und Macher /// Bertolt Brecht war der Gründer des Berliner Ensembles .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Und hoch das Bein! /// Alexandra Georgieva ist Direktrice am Friedrichstadt-Palast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Ein symbolträchtiges Denkmal /// Johann G. Schadow plante die Quadriga des Brandenburger Tors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Ich habe mir schon einen Platz reserviert /// Dr. von Krosigk und der Dorotheenstädtische Friedhof .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Mit Wein und Gesang /// E. T. A. Hoffmann und seine Zeit am Gendarmenmarkt .. . 31 Der Treffpunkt der DIY-Bewegung /// Tanja Gehrmanns Laden Frau Tulpe ist ein Stoffparadies .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Verliebt in Berlin /// Laura Osswald und ihre Liebe zum Volkspark am Weinberg .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Brilon-Bonn-Berlin /// Mit Claudia Michalski in der BöseBubenBar . . . . . . . . . . . . . . . 34 Es kann nur eine geben! /// Silvio Neubauer ist der Inhaber der Videothek Filmgalerie .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Music was my first love /// Peter Hayo macht in der Neuen Schönhauser Straße Musik .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Bildverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Quellenverzeichnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

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Lie b e auf d e n ersten Blick Anja Koeseling liest im Hofcafé des Märkischen Museums

Die Literaturagentin Anja Koeseling hat ihr halbes Leben in Berlin verbracht. Ihr Lieblingscafé fand sie trotzdem erst 2014. Wer vermutet schon hinter den hohen roten Mauern des Märkischen Museums einen der lauschigsten Orte in der Stadt? »Warum ich die Agentur gegründet habe? Weil mir die Arbeit als freie Journalistin auf Dauer zu langweilig war und ich lieber an der Entstehung fiktionaler Geschichten beteiligt sein wollte. Ein weiterer Grund war mein Frust über den Kinder- und Jugendbuchmarkt, wo es kaum noch Werke von deutschen Autoren zu finden gab. Das kleine Café im Märkischen Museum habe ich während eines Interviews kennengelernt, das ich gemeinsam mit meiner Mitherausgeberin für die Erzählsammlung Schlachtfeld Elternabend gegeben habe. Eigentlich ist es seltsam, dass ich es nicht zuvor entdeckt habe. Wahrscheinlich, weil es durch seine Lage im Hof versteckt ist, und man in seiner eigenen Stadt selten ins Museum geht. Das Café ist der perfekte Ort für einen Schriftsteller, der nach einem ruhigen und idyllischen Platz zum Schreiben sucht. Im Sommer kann man im Schatten der Bäume und alten Gemäuer herrlich seinen Gedanken nachhängen, während es sich im Herbst und Winter im Inneren gemütlich arbeiten lässt. Ganz besonders liebe ich den Retro-Charme, den das 60er-Jahre-Interieur versprüht und durch den man sich in einen Film mit James Dean zurückversetzt fühlt, mit Jukebox, Rock ’n’ Roll und Petticoat  – eben allem, was dazugehört.«

Märkisches Museum Hofcafé Am K ö ll n i s c h e n P a r k 5 10179 Berlin w w w. s ta d t m u s e u m . d e / maerkisches-museum

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Ein B e rline r sch lech th in Der Maler Max Liebermann lebte am Pariser Platz

»Ick kann jar nich soviel fressen, wie ich jetzt kotzen möchte«, soll der Maler Max Liebermann gesagt haben, als ein SA-Fackelzug nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 an seinem Haus am Pariser Platz vorbeizog. Der damalige Ehrenpräsident der Akademie der Künste erkannte schon früh, welche entsetzlichen Konsequenzen die Herrschaftsübernahme für Künstler seines Glaubens nach sich ziehen würde. Und so trat er, nachdem die Sektion für Bildende Kunst der Akademie beschlossen hatte, keine jüdischen Künstler mehr auszustellen, von seinen Ämtern zurück und trat die Flucht ins Private an. Des Weiteren beschloss das Ehepaar Liebermann, einen Großteil seiner Werkssammlung dem Kunsthaus Zürich zu überlassen, um sie dem Zugriff der Nationalsozialisten zu entziehen. Nur kurze Zeit später, am 8. Februar 1935 verstarb Max Liebermann in seinem Haus am Pariser Platz, ohne dass die Öffentlichkeit diesem Ereignis große Aufmerksamkeit widmete. Die Akademie legte noch nicht einmal einen Kranz auf seinem Grab nieder. Max Liebermanns Ehefrau Martha nahm sich 1943 mit 86 Jahren das Leben, nachdem sie erfahren hatte, dass sie nach Auschwitz deportiert werden sollte. Allein Tochter Käthe und deren Mann Kurt Riezler gelang es, durch die Flucht nach New York der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entkommen. Das Berliner Haus der Familie wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und erst nach der Wende von 1996 bis 1998 von Josef Paul Kleihues in Anlehnung an das alte Gebäude neu aufgebaut. Heute ist es Sitz der Stiftung Brandenburger Tor, die im Sinne Max Liebermanns Kunst, Bildung und Wissenschaft fördert. Ein goldener Stolperstein, der auf dem Weg vor dem ehemaligen Palais am Pariser Platz 7 eingelassen ist, erinnert noch heute an den Selbstmord Martha Liebermanns. Dass sein Leben in späten Jahren eine solche tragische Wendung nehmen würde, hatte Liebermann sicherlich nicht abgesehen, als er mit seinen Eltern und seinen vier Geschwistern 1857 in das Haus direkt neben dem Brandenburger Tor zog, das einst vom preußischen 13

Damals wie heute: der Pariser Platz ist ein touristischer Meeting Point

Baumeister Friedrich August Stüler errichtet worden war. Liebermanns Vater, ein wohlhabender Industrieller und dessen Frau Philippine schenkten dem berühmten Maler eine behütete Kindheit – und das, obwohl sie zu Beginn von seinen künstlerischen Ambitionen alles andere als begeistert waren und sein Vater ihm sogar verboten hatte, seine ersten Werke unter dem Familiennamen zu veröffentlichen. Erst nachdem Max Liebermann 1868 von der Universität Berlin wegen mangelndem Fleiß exmatrikuliert wurde, rangen sich die Eltern dazu durch, ihm den Besuch an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar zu ermöglichen. Dort lernte er bis 1872 bei dem Historienmaler Ferdinand Pauwels. 1873 begab sich Liebermann auf Studienreisen nach Italien, Frankreich und in die Niederlande, bis er sich 1878 in München niederließ. Da er jedoch an das Potenzial Berlins als Kunstmetropole glaubte, zog er nur wenige Jahre später, 1884, wieder in seine Heimatstadt zurück. Dort heiratete er Martha und machte sich insbesondere als Mitbegründer der Berliner Secession einen Namen, einer Gruppe von Künstlern, die sich vehement gegen 14