Ausbilden im GaLaBau

aufgrund einer gestiegenen Lebenserwartung der Men- schen breiter. Aus dem Megatrend demografischer Wandel hat sich ein zweiter entwickelt, der die ...
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Bühler

PRAXIS BETRIEBSFÜHRUNG

Fachkräfte gesucht! Bewerbermangel und fehlende Ausbildungsreife erschweren die Suche nach guten Azubis für den GaLaBau. In diesem Buch finden Sie zahlreiche Praxisbeispiele und erprobte Werkzeuge, die Sie fit für die neuen Herausforderungen machen und eine gute betriebliche Ausbildung gewährleisten:

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Motivation und Ziele der Ausbildung Auswahl und Einstellung von Azubis Fahrplan für eine qualifizierte Ausbildung

Albrecht Bühler

Empfohlen von

Ausbilden im GaLaBau

Ulmer zeigt Ihnen wie’s geht!

GALABAU und DAS MAGAZIN FÜR DEN GARTEN- UND LANDSCHAFTSBAU     

ISBN 978-3-8001-7500-0

www.ulmer.de www.ulmer-galabau.de 9 783800

175000

Ausbilden im GaLaBau

t n e t e p m o k d n u leic ht

Albrecht Bühler

Ausbilden im GaLaBau

t n e t e p m o k d n u t h c i le



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Inhalt

3 Vorwort 4 Azubis im GaLaBau 4 Zukunftsthema Ausbildung 5 Wir entscheiden heute für ­morgen 7 Gut auszubilden ist eine ­bewusste E­ ntscheidung 9 Der Wirkungsgrad der Ausbildung 10 Der demografische Wandel 12 Drei Fragen für die Ausbildung

12 13 13 14 15 17



19 25 29 31

Warum bilden wir aus ? Fachkräfte für den Betrieb Fachkräfte für die Branche Betriebliche Prägung Ausbilden macht glücklich ! Das Ausbildungsparadox



48 48 50 51 61 73 80 86

Wie bilden wir aus ? Die Ausbildungspyramide Checkliste zur Arbeitsqualität Die Dimension Sicherheit Die Dimension Vertrauen Die Dimension Team Die Dimension Herausforderung Die Dimension Entwicklung

92 Ausbildung und Marketing 92 Wie finden mich die guten ­Azubis ? 93 Persönlichkeit zeigen auf der Homepage 94 Checkliste Ausbildungsmarketing 96 Ausbildungsinitiativen 99 Gute Ausbildung lohnt sich ! 100 Service

Wen bilden wir aus ? Lernschwäche oder kein Bock Artenvielfalt in der Ausbildung Von der Bewerbung bis zur Unterschrift 43 Wie ticken Azubis ?

110 Literatur 111 Stichwortverzeichnis 112 Bildquellen

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Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser, ein gestandener Landschaftsgärtner setzt sich hin und schreibt ein Buch – das ist bemerkenswert. Und dann schafft er es auch noch, ein hochaktuelles Thema zu besetzen: Wie bilden wir unsere Top-Fachkräfte von morgen aus ? Und wie finden wir die Top-Azubis, die zu uns passen ? Diese Fragen treiben Unternehmer quer durch alle Branchen um, ob im 5-Mann-Betrieb oder im Großkonzern. Längst haben die Verantwort­ lichen erkannt: Wir können hoch qualifizierte Fachkräfte nicht einfach kaufen oder abwerben, sondern wir müssen sie selbst qualifizieren, sprich: ausbilden. Für den Autor, Landschaftsgärtner und Diplom-Sozialpädagogen Albrecht Bühler ist Ausbildung ein Herzensthema. Das habe ich in zahl-

reichen gemeinsamen AusbilderSeminaren gespürt und erlebt. Er sieht seine Azubis mindestens eben­ ­so gerne wachsen wie die Pflanzen in seinen Gärten. Unerschrocken und ideenreich fordert und fördert er sie mit klassischen und ungewöhnlichen Methoden. Mit diesem Buch öffnet er seine Schatzkammer. Werfen Sie einen Blick hinein, profitieren Sie von ­seinen Ideen und praktischen Er­­fahrungen. Sie werden jede Menge Anregungen für Ihren Betrieb und Ihre Ausbildung finden. Prüfen Sie einfach, was zu Ihnen passt und ­lassen Sie sich anstecken vom Enthusiasmus Ihres Kollegen – es lohnt sich.

Viel Spaß beim Lernen wünscht Ihnen Eberhard Breuninger



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Azubis im GaLaBau Der Garten- und Landschaftsbau (GaLaBau) ist im Spektrum der grünen Ausbildungsberufe ein stark wachsender Bereich; hier werden seit Langem die meisten Gärtner ausgebildet. Was können die ­Betriebe tun, um neue Herausforderungen gut zu meistern ? Eines ist sicher: Wer in Zukunft noch über gute Fachkräfte verfügt, der hat die Nase vorn.

Zukunftsthema Ausbildung

Für die Branche, für die Betriebe, aber auch für die Jugendlichen ist Ausbildung ein Thema, das für die Zukunft entscheidend ist.

„Bewerbermangel und fehlende Ausbildungsreife gefährden Fachkräftesicherung. Die demografische Trendwende schlägt voll auf den Ausbildungsmarkt durch“, heißt es in einer Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages DIHK. In Bezug auf die Grüne Branche warnt Sachsens Landwirtschaftsminister Kupfer vor Nachwuchsmangel und mahnt mehr Werbung für die Ausbildung von Fachkräften an (Sächsische Zeitung 21.04.2010). Diese beispielhaften Stimmen machen deutlich: Ausbildung ist ein ganz heißes, ein ganz drängendes Thema. Ob wir dem Thema Bedeutung beimessen und wie wir damit umgehen, hat direkte Auswirkungen auf die Zukunft. Für die Branche stellt sich die Frage, wie die Attraktivität des Berufsbildes Gärtner in den verschiedenen Fachsparten nach außen positiv vermittelt werden kann. Wir können sicher sein: die Konkurrenz schläft nicht. Alle Mitbewerber im Handwerk und in der Industrie werden ihr



Zukunftsthema Ausbildung 5

Möglichstes tun, im Wettbewerb um die guten Auszubildenden zu punkten. Für die Betriebe entscheidet sich hier zu 50 % ihr Erfolg. Haben sie in den kommenden Jahren überhaupt noch die erforderlichen Fachkräfte ? Können sie ihre Aufträge überhaupt noch abarbeiten ? Bleibt das Know-how, das in den Unternehmen aufgebaut wird, erhalten und entwickelt es sich weiter ? Für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist natürlich die Entscheidung für das Berufsfeld sowie für den jeweiligen Ausbildungsberuf ebenfalls ein Top-Thema und zukunftsentscheidend. Bin ich in einer Branche, in der ich mit einer guten Ausbildung mein Geld für den Lebensunterhalt verdienen kann ? Finde ich einen guten Ausbildungsbetrieb, der mir die dafür notwendigen Fertigkeiten vermittelt ?

Wir entscheiden heute für morgen Im Bereich Ausbildung werden ständig Entscheidungen getroffen, die sich auf die Zukunft auswirken: ­beispielsweise die Auswahl von neuen Azubis oder die Festlegung, wie viele Personen der Betrieb ausbilden möchte. Ist der Vertrag erst einmal unterschrieben, hat sich das Unternehmen für drei Jahre festgelegt, mit dieser Person zusammenzuarbeiten und kontinuierlich Zeit und Ressourcen in deren Ausbildung zu investieren. Je nachdem, wie gut der Auswahlprozess gelungen ist, kann das drei Jahre Frust oder drei Jahre Freude be­deuten, wie viele Unternehmer aus eigener Erfahrung wissen. Schon hier wird deutlich: Zu Beginn der Ausbildung entscheiden wir über einen Abschnitt in der Zukunft, nämlich die folgenden drei Jahre. Sehr häufig wird nach meiner Erfahrung aber die Zeit nach der Ausbildung schon so sehr in Betracht gezogen, dass sie uns den Blick

„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vor­ herzusagen, sondern auf die Zukunft vorbe­ reitet zu sein.“ Perikles, griechi­ scher Politiker



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Schatzkreis: Das Wertvolle in der Ausbildung.

Freude

Beruf

Zukunftsperspektive

Erfahrung

Teamfähigkeit

Menschenkenntnis Selbstfindung

Reife

für den zuerst anstehenden Abschnitt, die Ausbildung selbst, verstellt. Veränderungsprozesse laufen in diesem Bereich sehr langsam ab, weil ein Umsteuern erst nach einer gewissen Zeit Wirkung zeigt. Das heißt, wenn ein Betrieb heute entscheidet, andere Kriterien für die Azubiauswahl einzuführen, dann startet er in 6–12 Monaten mit neuen Auszubildenden, die dann 2–3 Jahre später ihre Ausbildung abschließen. Andere Prozesse, etwa die Frage: „Wie bilden wir aus ?“, können dagegen wesentlich kurzfristiger gesteuert und verändert werden.

Praxistipp: Gemeinsam Ziele definieren

Gestalten Sie zunächst die nahe Zukunft so, dass Sie möglichst viel Freude und Gewinn dabei haben. Überlegen Sie, welchen Gewinn die Ausbildung Ihrem Unternehmen bringt. Wenn Unternehmer, Ausbilder und Azubis das schriftlich festhalten, können sie die Ergebnisse in einer Gesprächsrunde austauschen. So finden Sie heraus, was die gemeinsamen Punkte sind und wo sich unterschiedliche Erwartungen ergeben.



Zukunftsthema Ausbildung 7

Gut auszubilden ist eine bewusste ­Entscheidung Es gibt wohl kaum Betriebe, die sich bewusst dafür entscheiden, eine schlechte Ausbildung durchzuführen. Allerdings gibt es genügend drastische Fälle in der Branche, bei denen sich dieser Eindruck geradezu aufdrängt. Im Gegensatz zu guter Ausbildung, die eine bewusste Entscheidung voraussetzt und nur über einen kontinuierlichen Prozess erreicht werden kann, erfolgt schlechte Aus­ bildung von ganz allein, beinahe mühelos. Wenn ich will, dass sich etwas verbessert oder ein hohes Qualitätsniveau erhalten bleibt, dann muss ich Zeit und Energie investieren, und zwar kontinuierlich. Wenn ich will, dass sich etwas verschlechtert, dann genügt es, gar nichts zu tun. Ich höre auf, mir Gedanken zu machen, Zeit und Energie zu investieren. Der Rest ergibt sich von allein. Das gilt für meinen Schreibtisch zu Hause oder im Betrieb, für private Beziehungen, für Kundenbeziehungen und auch für Prozesse wie die betriebliche Ausbildung. Sehr viele Betriebe wollen eine gute Ausbildungsarbeit leisten, so wie viele Eltern eine gute Erziehungsarbeit an­­ streben. Aber Erziehung im familiären Alltag wird meist nicht als bewusst gesteuerter Prozess begriffen und umgesetzt, sondern man lebt einfach zusammen. Im Gegensatz dazu liegen jeder Ausbildung ein Ausbildungsvertrag sowie ein Ausbildungsplan zugrunde, den beide Seiten unterzeichnen. Schon an dieser Stelle gibt das Unternehmen ein schriftliches Ausbildungsversprechen ab, das mehr beinhaltet als drei Jahre lang nebeneinander herzulaufen. Wenn ich bei Vorträgen die Frage stelle: „Wer hat selbst eine betriebliche Ausbildung absolviert ?“, melden sich meist mehr als 80 % der Zuhörerinnen und Zuhörer. Das bedeutet, die meisten Menschen, die als Unternehmer oder Ausbilder mit dem Thema befasst sind, haben eigene Erfahrungen gemacht, gute und weniger gute. So kommt man sehr schnell auf Antworten, was denn einen guten oder einen weniger guten Betrieb ausmacht.



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Wir können ­immer sagen, was o. k. oder nicht o. k. für uns ist, auch beim Thema Ausbildung.



Folgendes ist für Ausbilder, die auf eigene Erfahrungen zurückblicken, nicht o. k.: ••Führungslosigkeit ••alleingelassen werden ••zu wenig Kommunikation ••fehlende Rückendeckung ••Unsauberkeit ••Unterforderung ••ständig scharfe Kontrollen ••kein Lob und ein Chef, der meint, er könne alles besser Folgendes ist für Ausbilder, die auf eigene Erfahrungen zurückblicken, o. k.: ••Interesse an den Mitarbeitern ••Förderung der Mitarbeiter ••Anerkennung der Arbeit ••Teamarbeit ••Freundlichkeit ••Fachkenntnis ••leistungsgerechte Bezahlung ••klare Anweisungen Diese Ergebnisse wurden bei einem Workshop zum Thema Mitarbeiterführung beispielhaft zusammen­ getragen.

Praxistipp: Ziele umsetzen

Die bewusste Entscheidung „Wir möchten eine gute Ausbildung bieten“ sollte mit Ort und Datum getroffen werden. Diskutieren Sie mit Ihren Ausbildern und Azubis, was für jeden einzelnen gute Ausbildung bedeutet und setzen Sie dann in einem definierten Zeitraum – beispielsweise die nächsten sechs Monate – einzelne dieser Punkte um. Nach einem halben Jahr können Sie dann wieder zusammenkommen und feststellen, was schon erreicht wurde und was im nächsten Abschnitt umgesetzt werden soll.



Zukunftsthema Ausbildung 9

Der Wirkungsgrad der Ausbildung Der Wirkungsgrad der Ausbildung in den grünen Berufen mit einer Verlustquote von mehr als 40 % reicht in Zukunft nicht mehr aus, um genügend Fachkräfte zu gewinnen. Von 100 Personen, die eine Ausbildung beginnen, stehen am Ende weniger als 60 % als Fachkräfte zur Verfügung. Zwar bildet die Grüne Branche sehr viele Menschen aus, die Ausbildungsquote liegt beispielsweise in Niedersachsen bei über 14 %. Zum Ende der Ausbildung reduziert sich der Erfolg jedoch drastisch, weil Ausbildungsverhältnisse abgebrochen werden, Azubis in den Prüfungen scheitern oder anschließend enttäuscht der Branche den Rücken kehren. Hanns-Jürgen Redeker, Präsident des GaLaBau-Verbandes, sagte auf der Mitgliederversammlung in BadenWürttemberg: „40–50 % der Gelder für die Ausbildung verpuffen. Wir können so nicht weitermachen.“ (DEGA GaLaBau 4/2010) Dieser Wirkungsgrad ist weder für die Branche, die händeringend Facharbeiter sucht, noch für die jungen Menschen akzeptabel. Was das Problem brisant macht: Aufgrund des demografischen Wandels bekommen wir in Zukunft nur noch halb so viele Azubis an die Startposition. Wie kann dieser Wirkungsgrad verbessert werden ? Der wichtigste Ansatzpunkt zur Verbesserung der Ausbildung sind die Betriebe ! Hier kann die Entscheidung für eine gute Ausbildung getroffen und auch direkt in die Tat umgesetzt werden. Mehr dazu im Kapitel: Wie bilden wir aus ? (siehe Seite 48).

Es kommt dar­ auf an, was bei der Ausbildung herauskommt. Ein Wirkungs­ grad von 60 % reicht nicht aus, um den Bedarf an Fachkräften zu decken.



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Der demografische Wandel Alle Branchen in Handwerk und Industrie spüren den demografischen Wandel. Es handelt sich dabei um einen Megatrend, also um ein Phänomen, das sich über sehr lange Zeit hinzieht und jeden betrifft. In Westeuropa hat sich die Bevölkerungspyramide zum Bevölkerungspilz entwickelt: Der untere Teil wird schlanker, weil die Geburtenrate sinkt. Der obere wird aufgrund einer gestiegenen Lebenserwartung der Menschen breiter. Aus dem Megatrend demografischer Wandel hat sich ein zweiter entwickelt, der die Unternehmen zunehmend beschäftigt: der Mangel an qualifiziertem Fach­ personal. Der demografische Wandel bewirkt in ­Deutschland einen zunehmenden Wettbewerb um gute Schul­ab­gänger und um Fachkräfte. Ernst Pfister, Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg, formuliert es so: „Künftig werden die jungen Leute mit dem Lasso eingefangen.“ (Stuttgarter Zeitung 10. 11. 2010) Der Kampf um die talentierten Nachwuchskräfte und Schulabgänger wird härter. Das zeigt sich auch darin, dass viele Branchen mehr Geld und Anstrengung in die Nachwuchswerbung investieren. Es konkurrieren nicht nur die Gärtnerbetriebe untereinander um die Schulabgänger, sondern auch die unterschiedlichen Branchen aus Handwerk und Industrie. Sie haben alle dasselbe Problem ! Im Osten Deutschlands ist die Talsohle bereits 2011 erreicht, wenn nicht einmal mehr halb so viele Jugend­ liche die Schule verlassen werden wie im Jahr 2006. In den westlichen Bundesländern beträgt der Rückgang insgesamt 25 % bei den nicht studienberechtigten Schulabgängern (Haupt- und Realschule) und verteilt sich gleichmäßig auf die nächsten Jahre bis 2020. Im Jahr 2007 gab es im Westen noch 556 000 Schul­ entlassene, im Jahr 2020 werden es 416 000 sein, so die