and contract-furnishing · Milanese · October 2012

Wenn Sie einen Nachmittag in Chicagos Mill- ennium-Park verbringen, könnte es leicht pas- sieren, dass Sie durch Kneipen bummeln, die einst Frank Sinatra in seiner Ode „My kind of. Town“ an die Stadt am See verewigt hat. Seit der Parkeröffnung 2004 haben Scharen von. Besuchern die vielen Attraktionen genossen:.
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Der Wilkhahn Büro- und Objektmöbel-Kultur The world of office- and contract-furnishing · Milanese · October 2012

Places

Chicago – „My kind of Town“ by Tate Gunnerson, photos: Tate Gunnerson, Steve Hall © Hedrich Blessing

Wenn Sie einen Nachmittag in Chicagos Millennium-Park verbringen, könnte es leicht passieren, dass Sie durch Kneipen bummeln, die einst Frank Sinatra in seiner Ode „My kind of Town“ an die Stadt am See verewigt hat. Seit der Parkeröffnung 2004 haben Scharen von Besuchern die vielen Attraktionen genossen: Das schließt die kostenlosen Sommerkonzerte im Pritzker Pavillon von Frank Gehry ebenso ein wie die interaktiven Skulpturen, etwa die Cloud Gate von Anish Kapoor mit ihrer hochglanzpolierten, durchgängigen Metalloberfläche, von den Chicagoern aufgrund ihrer Form liebevoll die „Bohne“ genannt. Früher war das Terrain des Millennium-Parks eine städtische Brache, durchzogen und zerrissen von Eisenbahngleisen. Doch diese erstaunliche Transformation wird niemanden verwundern, der mit Chicagos Geschichte des Sich-immer-wiederNeuerfindens vertraut ist. Obwohl die sogenannte „Zweite Stadt“ Amerikas (nach New York) mit 2,5 Millionen Einwohnern in Wirklichkeit die drittgrößte Stadt ist, steht sie für Design- und Architekturbegeisterte mit ihrer sich entwickelnden Skyline und den angesagten Szenevierteln an erster Stelle. Diese für Chicago typische Bereitschaft zur Umgestaltung wird zurückgeführt auf das Jahr 1871, als ein gewaltiges Feuer die Stadt auf der Landkarte fast vollständig ausradierte. Fast ein Drittel der Gebäude wurde zerstört und die Flammen entzündeten sogar die Verschmutzungen im Chicago River. Doch im Anschluss folgte ein regelrechter Bauboom, bei dem dann feuer-

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feste Materialien wie Beton und Stahl eingesetzt wurden, die wiederum den Bau des ersten Wolkenkratzers der Welt, des Home Insurance Buildings von 1885, ermöglichten. „Die Erfindung der Stahlkonstruktion erlaubte es, Gebäude in die Höhe wachsen zu lassen, ohne dass dafür die Grundfläche zunehmen musste,“ erläutert Bill Massey, von Massey Hoffman Architects in Chicago. Die zehn Stockwerke hohen Strukturen, würden sie heute noch stehen, könnten allerdings geradeso eben als „mittelhoch“ bezeichnet werden im Vergleich zu den 110 Stockwerken des Willis Tower (ehemals Sears Tower), dem nach wie vor höchsten Gebäude Nordamerikas. Der Willis Tower wurde vom Architekturunternehmen Skidmore, Owings & Merrill (SOM) entworfen, demjenigen Unternehmen, das auch für das John Hancock Center und kürzlich für den eleganten Trump International Hotel & Tower verantwortlich zeichnete. Beide zählen ebenfalls zu den zehn höchsten Gebäuden Nordamerikas. Aber die Architektur Chicagos bietet mehr als nur Höhe. Im Osten des Trump Towers finden sich zwei Beispiele aus den 1920er-Jahren: der neugotische Tribune Tower und das von der französischen Renaissance inspirierte Wrigley Building. Ihr ornamentaler Stil steht in deutlichem Kontrast zum modernistischen schwarzen Bürogebäude „330 North Wabash“ aus Glas und Stahl, das zu den vielen herausragenden Gebäuden gehört, die Mies van der Rohe für Chicago konzipiert hat, und das sein letztes Werk war, bevor er 1969 starb. Ganz in der

Nähe befinden sich die Türme von Marina City, entworfen von Bertrand Goldberg, die in Anlehnung an die regionale Feldwirtschaft wie ein Paar Maiskolben erscheinen. „Die Einführung der kurvenförmigen Konturen verleiht dem Gebäude eine besondere Lebendigkeit und Dreidimensionalität“, meint Massey in Bezug auf den jüngst fertiggestellten Aqua Tower. Er ist ein weiteres Beispiel für symbolische Naturbezüge, dieses Mal zum nahen Michigansee. Die wellenförmig auskragenden Balkone lassen das Äußere wie eine gekräuselte Wasseroberfläche erscheinen. „Der innovative Entwurf von Jeanne Gang sorgt ganz wesentlich dafür, dass ein Hoch-

haus aus übereinander geschichteten Platten wunderschön und skulptural erscheint.“ Architektur und Design verbinden sich auch beim Merchandise Mart, das an der Kreuzung zweier Arme des Chicago River steht. In dem zwölfstöckigen Art-déco-Gebäude mit über 38.000 Quadratmetern Fläche ist das Who’s who der Designbranche mit luxuriösen Showrooms zu Hause, darunter Holly Hunt, Ann Sacks und Baker Knapp & Tubbs. Das Merchandise Mart ist Teil eines ganzen „Ökosystems“ für Design, zu dem auch der Wilkhahn-Showroom zählt, der 2010 in den nahe gelegenen Tree Studios eröffnet wurde, oder „Gentner Design“, das Inhaber Chris Gentner 2011 ge-

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Wilkhahn Inc., Tree Studios, 4 East Ohio Street

genüber des Merchandise Mart eröffnet hat. „Chicago hat eine Macher-Mentalität und eine ausgesprochen starke und entwickelte Designszene“, erklärt Gentner. In der Tat – Design ist allgegenwärtig in den verschiedenen angrenzenden Vierteln. Im Wicker Park / Bucktown-Quartier präsentiert Interiordesignerin Michael del Piero in ihrer Boutique Einzelstücke und Textilien, die sie auf der ganzen Welt gesammelt hat. „Vor Kurzem besuchte ein schwedisches Pärchen den Laden. Sie waren eigentlich im Gold-Coast-Viertel untergebracht, nahmen sich aber drei Tage Zeit, um die Läden und Restaurants in Bucktown zu erkunden,“ erzählt Frau del Piero. Im Nordosten von Chicago befindet sich die ehemalige schwedische Enklave Andersonville. Obwohl das Viertel inzwischen zu einer der angesagten Top-Designlagen geworden ist mit über einem Dutzend Geschäften, die auf neue und gebrauchte Möbel spezialisiert sind, hat es seinen ursprünglichen, lokalen Charakter bewahrt. „Scout“, einer der ersten dieser Läden im Viertel wurde 2004 von Larry Vodak nach seiner 26-jährigen Karriere in der Werbebranche eröffnet. „Dies Stadt bietet unglaublich viel Potenzial, um deine Träume zu verwirklichen und der zu sein, der du bist“ schwärmt Vodak.

Spend an afternoon exploring Chicago’s Millennium Park, and you might find yourself humming a few bars of “My Kind of Town,” - jazz crooner Frank Sinatra’s classic ode to the city by the lake. Since the park opened in 2004, throngs of visitors have headed its many attractions. These include free summer concerts at Frank Gehry’s Pritzker Pavilion and interactive public sculptures such as Anish Kapoor’s Cloud Gate. Chicagoans have affectionately dubbed it ‘the bean’ because of its legume-like shape, which is covered with a highly polished, seamless metallic skin. Once upon a time, the site of Millennium Park was an urban eyesore crisscrossed with railroad tracks, but its dramatic transformation is no surprise to those familiar with Chicago’s history of reinvention. Although the so-called “second city” is America’s third most populous with more than 2.5 million residents, for architecture buffs and design enthusiasts especially, Chicago’s continually evolving skyline and trendy neighborhoods are second-to-none. Chicago’s transformative spirit goes back to at least 1871, when a massive inferno nearly wiped Chicago off the map, destroying nearly one-third of the buildings and even igniting the then-polluted Chicago River. A building boom soon followed using fireproof materials like concrete and steel, which enabled the

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Impressionen aus Andersonville, einer ehemaligen schwedischen Enklave. Impressions from Andersonville, a former Swedish enclave.

construction of the world’s first skyscraper, the Home Insurance Building, in 1885. “The invention of the steel structure allowed buildings to rise up vertically without having an increase in girth at the base”, Bill Massey, of Massey Hoffman Architects in Chicago, explains. If it were still standing today, the ten-storey tall structure would barely qualify as a mid-rise, especially in comparison to the 110-story Willis Tower (formerly Sears Tower), which remains the tallest building in North America. In fact, the Willis Tower was designed by the architecture firm of Skidmore, Owings and Merrill – the same firm responsible for the John Hancock Center and most recently, the elegant Trump International Hotel & Tower. Both of which also rank among the ten tallest buildings in North America. But there is more to Chicago architecture than just height. To the east of the Trump Tower are two examples from the 1920s – the neo-

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Gothic Tribune Tower and the French-renaissance inspired Wrigley Building. Their more ornate style offers a stark contrast from the modernist black steel and glass office building at 330 N. Wabash, which was one of many significant Chicago buildings designed by Mies van der Rohe and the last prior to his death in 1969. Nearby is Bertrand Goldberg’s Marina City Towers, which, in a nod to one of the region’s staple crops, were designed to resemble a pair of corncobs. “Introducing the curves gives the buildings a certain vitality and three-dimensionality”, Massey says. He points to the recently completed Aqua Tower as another building that pays homage to nature, in this case the nearby Lake Michigan, by incorporating undulating balconies that give the exterior the appearance of rippling water. “Jeanne Gang’s inventive design makes what is essentially a stacked slab hi-rise building look sculptural and beautiful”.

Architecture and design come together at the Merchandise Mart, which stands at the intersection of two branches of the Chicago River. The 12-storey Art Deco building covers over four million sq. ft. and is home to the who’s who of luxury designer showrooms, including Holly Hunt, Ann Sacks and Baker Knapp & Tubbs. The Merchandise Mart is part of an entire “eco-system” that includes Wilkhahn’s showroom, which opened at nearby Tree Studios in 2010, and Gentner Design, which owner Chris Gentner opened across the street from the Merchandise Mart in 2011. “Chicago has a ‘let’s do it’ attitude and a very strong and sophisticated design community”, Gentner explains. Indeed, design is ubiquitous throughout the city’s many distinct neighborhoods. In the Wicker Park / Bucktown neighborhood, interior designer Michael Del Piero offers one-of-a-kind artefacts and textiles that she has collected

from around the globe in her boutique / design studio. “Recently a couple from Sweden visited the store. They were staying in the Gold Coast, but they spent three days exploring Bucktown’s shops and restaurants”, Del Piero says. And on Chicago’s northeast side, the formerly Swedish enclave of Andersonville has retained its local flavour even while becoming one of the city’s top design destinations with more than a dozen shops that specialize in new and vintage furniture. One of the neighbourhood first such boutiques was Scout, which owner Larry Vodak opened in 2004 after leaving behind his 26-year career in advertising. “There’s a sense of vast potential in Chicago”, Vodak explains. “This city gives you the opportunity to be whoever you want to be”.

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