22.10.2013, Ärgernis Windrad - Die Grünen im Öko-Dilemma - ZDF

22.10.2013 - Sendung vom 22. Oktober 2013 von Olaf Kumpfert. Anmoderation: Rettet den Wald vor den Grünen! Heißt es neuerdings in. Rheinland-Pfalz.
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Beitrag: Ärgernis Windrad – Die Grünen im Öko-Dilemma Sendung vom 22. Oktober 2013 von Olaf Kumpfert

Anmoderation: Rettet den Wald vor den Grünen! Heißt es neuerdings in Rheinland-Pfalz. Das rot-grün regierte Land will Erster sein, bei der Energiewende: Bis 2030 soll es dort nur noch heimischen Ökostrom geben. Ziemlich ehrgeizig. Die grüne Wirtschaftsministerin hat es dazu den Kommunen überlassen, möglichst viele Windkraftanlagen zu bauen. Die drehen sich inzwischen überall. Auch in Naturschutzgebieten. Und bringen richtig Geld in die klammen Gemeindekassen. Viele Anwohner allerdings an den Rand des Nervenzusammenbruchs - darunter auch erklärte Freunde grüner Energie - zeigt Olaf Kumpfert.

Text: So hören sich Windräder der neuesten Generation an – und das an Tagen mit wenig Wind. Die Anwohner müssen das ertragen – und leiden. Sie schildern uns ihren täglichen Stress. Die Windräder nur knapp tausend Meter entfernt. O-Ton Evamaria Burg, Anwohnerin Windpark: Ich halte es für eine Art Folter, wenn man die ganze Nacht damit beschallt wird – Wumm, wumm, wumm. O-Ton Frontal21: Und eie macht sich das körperlich bemerkbar? O-Ton Fiorelle Wandira, Anwohnerin Windpark: Man schläft schlechter ein, man wird unruhiger, man wird nervöser. Und sie können sich vorstellen, wenn sie nachts nicht richtig schlafen können, dann sind sie auch nicht erholt. Der Soonwald im schönen Hunsrück, mitten in Rheinland-Pfalz. 200 Meter hoch ragen die Wind-Monster aus dem Wald. Der Kopf riesig wie ein Einfamilienhaus.

Bürgerinitiativen kritisieren: Für ein einziges Windrad muss Wald so groß wie zwei Fußballfelder weichen. O-Ton Sylke Müller-Althauser, Bürgerinitiative „Windkraftfreier Soonwald“: Eine riesige Fläche wird gerodet, für ein Windrad. Wir haben davon elf mittlerweile. Und noch schlimmer ist, bei mindestens 20 Meter tiefen Fundamenten wird das Oberflächenwasser wie in einer Drainage abgeleitet. Mit der Konsequenz, dass die drum herum liegenden Bäume in den nächsten Jahren weiter absterben werden. O-Ton Bürgerinitiative: Es ist zuviel, das Maß ist voll. Windkraft so nicht. 20 Bürgerinitiativen aus Rheinland-Pfalz haben sich zusammengeschlossen, protestieren gegen die Windkraftpolitik ihrer rot-grünen Landesregierung. Viele sind Parteimitglieder und Stammwähler der Grünen. Sie sind für Windenergie, aber gegen die Zerstörung der Natur. O-Ton Frau, Bürgerinitiative: Keine Planung, keine Demokratie, jedes Bürgerbegehren wird abgewehrt. O-Ton Mann, Bürgerinitiative: Die Grünen haben uns letzten Endes - haben ihre Ideale verraten und auch ihre Wähler verraten. Die Landesregierung hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesteckt:Sie will als erste die Energiewende bis 2030 schaffen. Treibende Kraft ist die Grünen-Ministerin Evelyn Lemke. Für sie ist offenbar die Energiewende wichtiger als der Schutz der Umwelt und von Menschen unter Dauerstress. O-Ton Evelyn Lemke, B’90/Grüne, Wirtschaftsministerin Rheinland-Pfalz: Das ist die Bundesgesetzgebung. Und das Bundesemissionsschutzgesetz berücksichtigt natürlich auch Schallemissionen. All dies wird geprüft. Wir haben uns hier im Einklang, andere Bundesländern auch, an diese Regelung angeschlossen. So sieht sie aus, die grüne Realpolitik: Windräder rücken bis zu 800 Meter an Wohngebiete heran. Gesetzliche LärmschutzRichtlinien werden damit verletzt. Das berichten Vertreter einer Bürgerinitiative in Kelberg in der Vulkaneifel. Sie berufen sich dabei auf interne Dokumente eines Betreibers.

O-Ton Susanne Berendes, Bürgerinitiative „Sturm im Wald, Ortsgruppe Kelberg“: Dieser Betreiber macht eigene Angaben darüber, dass die gesetzlichen Mindestwerte erst nach 2,6 Kilometern erreicht werden. Ich denke, hier geht unsere Landesregierung sehr sorglos mit der Gesundheit unserer Bürger um. Der größte Teil der Verbandsgemeinde liegt in einem Landschaftsschutzgebiet. Dort dürften neue Windkraftanlagen eigentlich nicht gebaut werden. Doch die Grünen in der Landeshauptstadt ignorieren das nach Ansicht der Bürger: O-Ton Susanne Feyerabend, Bürgerinitiative „Sturm im Wald, Ortsgruppe Kelberg“: Unser Vorwurf an die Landesregierung ist, dass Naturschutzgesetze missachtet werden. Und dass versucht wird, in Landschaftsschutzgebiete und Vogelschutzgebiete mit riesigen Windindustrieanlagen zu gehen. In den Wäldern leben Rotmilane und Schwarzstörche, so viele wie nirgendwo sonst in Europa. Die sind gesetzlich geschützt. Immer wieder wurden Bäume illegal gefällt. Die Vögel verschwanden. Fünf Vertreibungen stellten Vogelschützer fest, merkwürdigerweise alle in Planungsgebieten für Windanlagen. Die Landesregierung schiebt die Verantwortung weiter an die Gemeinden. Die sollen entscheiden, wohin die Windräder kommen. Dabei geht es um viel Geld. Wie in der Verbandsgemeinde Kelberg bringt ein Windrad 40.000 Euro bis 60.000 Euro Pacht ein, pro Jahr. Eine willkommene Finanzquelle für klamme Kommunen. O-Ton Karl Häfner, CDU, Bürgermeister Verbandsgemeinde Kelberg: Die Gemeinden haben durch Umlagenfinanzierung Verbandsgemeinde, Kreis - und sonstige Verpflichtungen in den Ortschaften hohe finanzielle Lasten. Und die Gemeinden sind natürlich drauf bedacht, Einnahmen zu bekommen, die sie dann frei einsetzen können. So wies die Verbandsgemeinde Kelberg in ihrer ersten Planung stolze 14 Prozent ihrer Fläche für Windanlagen aus. Das brächte Millionen. Ein wahrer Wettstreit um Windräder hat begonnen. Im Hunsrück bauten mehrere Gemeinden ihre eignen Windparks nebeneinander, zerstörten großflächig die Waldlandschaft. Kurzsichtige Kirchturm-Politik auf Wunsch der Landesregierung. Unverständnis an der grünen Basis. O-Ton Karl-Wilhelm Koch, B’90/Grüne,

Kreistagsabgeordneter Vulkaneifelkreis: Es werden da über zweistellige Millionenbeträge entschieden, ohne das entscheidende Hintergrundwissen zu haben. Auch deshalb bin ich der Meinung, müsste die Koordinierung auf eine oder zwei Ebenen höher gebracht werden. Die Forderung: Die Landesregierung soll die Planung übernehmen. Windanlagen wie in der Nordsee, auf wenige Flächen konzentrieren. Passendes Gelände gäbe es genug. Für die grüne Ministerin aber haben die Interessen der Gemeinden Vorrang. O-Ton Evelyn Lemke, B’90/Grüne, Wirtschaftsministerin Rheinland-Pfalz: Wenn ein Bürgermeister sagt, ich möchte auch meine Kita oder das Schwimmbad mit den Mitteln, die wieder reinkommen, erhalten, dann ist das legitim. Wir haben massive finanzielle Sorgen in den Kommunen, und wenn die Bürgermeister ihre Aufgaben auch dahingehend wahrnehmen wollen, ihre Haushalte zu konsolidieren, dann ist das eine Möglichkeit, die ich in Ordnung finde. Für Windkraft, für die Energiewende, sind sie alle – aber dagegen, dass der Naturschutz auf der Strecke bleibt. Das grüne Dilemma. Man muss sich entscheiden, was wichtiger ist.

Abmoderation: Wenn Ökonomie grüner Politik weh tut: An den Windrädern in Rheinland-Pfalz zeigt sich, worunter die Grünen auch bei der Bundestagswahl schon litten. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.