... Sehr geehrte Frau Lison, sehr geehrter Herr Priebe, sehr geehrter ...

01.11.2016 - Sie enthalten unter anderem Material zum Erwerb der deutschen Sprache sowie Bücher, die. Grundkenntnisse der Geschichte,. Geografie und ...
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Grußwort von Frau Schröder-Köpf, Nds. Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, zum Niedersächsischen Bibliothekstag „Bibliotheken – Orte der Demokratie“ am 07.11.2016 in Hannover

Sehr geehrte Frau Lison, sehr geehrter Herr Priebe, sehr geehrter Herr Kasten, sehr geehrte Frau Dr. Schwandner, sehr geehrte Frau Dr. Augstein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus dem niedersächsischen Landtag, sehr geehrte Frau McDowell, sehr geehrte Damen und Herren,

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-2für die Einladung zum Niedersächsischen Bibliothekstag 2016 möchte ich mich herzlich bedanken. Ich freue mich sehr, hier zu sein und ein kurzes Grußwort zu sprechen. Der Titel des diesjährigen Bibliothekstages könnte den Wesenskern von Bibliotheken wohl kaum treffender beschreiben: „Bibliotheken – Orte der Demokratie“ Wer nichts weiß, muss alles glauben. Demokratie beginnt also mit der Vermittlung von Wissen. Eine der wohl herausragendsten Erkenntnisse der Menschheit seit dem Beginn der Neuzeit! Der Kernauftrag der Bibliotheken lautet: Teilhabe am Wissen. Teilhabe an Bildung. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. ...

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Anrede! „Eine Bibliothek muss sich in erster Linie mit den Menschen beschäftigen, nicht mit Büchern.“ Mit diesen Worten wird Knud Schulz, der Leiter bzw. „Manager“ der kommunalen Bibliothek von Arhus namens Dokk1, in der FAZ vom 03.10.2015 zitiert. Nach dem dänischen Modell definiert sich die Öffentliche Bibliothek als „Community Center“, als multipler Kultur- und Veranstaltungsort.

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-4Schulz führt aus, dass der Mehrwert eines Bibliotheksbesuchs nicht mehr darin bestehe, an Informationen zu gelangen, sondern in der Vergemeinschaftung. Von einem Ort, an dem Bücher gelagert werden, habe sich die Bibliothek zu einem Ort verwandelt, an dem die Bürgerin oder der Bürger im Mittelpunkt stehe. Auch in Deutschland befindet sich die klassische Rolle der Bibliothek als Wissensspeicher und ehrwürdige Bildungsinstitution schon lange im Wandel: In der Tat haben sich die heutigen öffentlichen Bibliotheken zu faszinierend multifunktionalen Einrichtungen entwickelt. Denn sie sehen sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert (Stichwort Digitalisierung des Wissens) und müssen darauf reagieren. ...

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Inzwischen sind Bibliotheken, Büchereien und Bücherhallen neben Bildungsort, Medienspeicher und Informationsquelle auch Treffpunkte für Menschen. Gerade in kleineren Orten stellen sie vielfach die letzten kommerzfreien öffentlichen Räume dar. Bibliotheken gehören zu den wichtigsten Dienstleistern in der heutigen Wissensund Bildungsgesellschaft und leisten hier positive Beiträge, etwa in den Bereichen:  Lebenslanges Lernen (insb. angesichts des demografischen Wandels)  Kulturelle Vielfalt  Soziale Integration

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-6 Überwindung der sogenannten „digitalen Spaltung“  Freier Zugang zu den relevanten Informationen unserer Gesellschaft Außerdem findet durch die fundierte Aus- und Fortbildung der Bibliotheksmitarbeiterinnen und mitarbeiter eine kontinuierliche Qualitätssicherung statt: Denn in der Bücherei erwarten die Besucherin oder den Besucher nicht nur diverse Medien, sondern auch die Beratung und die vielfältigen Veranstaltungsangebote von qualifiziertem Bibliothekspersonal. Anrede!

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-7Dazu möchte ich gerne ein arabisches Sprichwort zitieren. Es sagt: „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Was ein Buch in der Tasche sein kann, das sind die Bibliotheken für eine Gesellschaft. Die Bibliothekarinnen und Bibliothekare werden dann also zu den aufmerksamen Gärtnerinnen und Gärtner einer Kultur. Welche Relevanz Bibliotheken im Alltag der Menschen haben, zeigt auch die Statistik: Mit 10,3 Millionen aktiven Nutzern in 2015 sind die Bibliotheken die am meisten genutzten Kultur- und Bildungseinrichtungen in Deutschland. Kaum eine andere kulturelle Einrichtung ist so einfach zugänglich und findet derart starken Zulauf aus der gesamten Gesellschaft.

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-8Bibliotheken stehen allen Menschen unabhängig von ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft, ihrem Einkommen oder Bildungshintergrund offen. Jede und jeder Interessierte kann Bibliotheksangebote nutzen, Bücher oder digitale Medien ausleihen, Veranstaltungen besuchen oder sich in den Leseräumen aufhalten. Bibliotheken sind Orte der Demokratie in mehrfachem Sinne: Sie selbst sind originär demokratische Räume für Information und Austausch. Und sie leisten einen Beitrag zum Erhalt einer gesunden Demokratie, indem sie niedrigschwellig zur Bildung und damit zu gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen beitragen.

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-9Anrede! Wenn es in Deutschland bislang um das Thema der erfolgreichen und nachhaltigen Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gegangen ist, haben wenige Menschen gleich an die Arbeit der Bibliotheken gedacht. Doch diese Einschätzung hat sich angesichts des Zuzugs von geflüchteten Menschen in den vergangenen achtzehn Monaten doch vielerorts maßgeblich verändert. Zu Recht. Denn als fester Teil des Gemeindelebens tragen die Öffentlichen Bibliotheken auch Verantwortung für die Integration von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Herkünften und für die Teilhabe von Minderheiten.

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- 10 Bibliotheken stehen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und Geflüchteten zum Spracherwerb und als Treffpunkt jederzeit barrierefrei und kostenlos offen. Wie eingangs erwähnt sind heute eben nicht mehr die Orte des Schweigens und stillen Studiums, sondern Bestandteil des kulturellen und sozialen Lebens einer Gemeinde. Für viele Menschen mit Fluchterfahrung dienen sie als erster Anlaufpunkt der Integration, wenn es um Informationsbeschaffung, das Deutschlernen oder die Kontaktaufnahme mit anderen geht. Anrede! Hier haben Öffentliche Bibliotheken in kürzester Zeit beachtliche Initiativen entwickelt und in die Praxis umgesetzt:

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- 11 Sie unterstützen die Städte und Kommunen maßgeblich bei der Integrationsarbeit; z.B. haben viele in enger Abstimmung mit Flüchtlingsunterkünften spezielle Angebote für geflüchtete Menschen entwickelt. So hat beispielsweise die Büchereizentrale Niedersachsen im Frühjahr 2016 das Projekt „Willkommen! Bibliotheksangebote für Flüchtlinge“ gestartet. Insgesamt 182 niedersächsische Bibliotheken haben in diesem Jahr von der Büchereizentrale kostenlos Medienpakete erhalten, sogenannte „Willkommenspakete“. Diese stehen den in den Kommunen lebenden Flüchtlingen und (ehrenamtlichen) Helfern zur Verfügung.

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- 12 Die Medienpakete richten sich direkt an Neuangekommene. Sie enthalten unter anderem Material zum Erwerb der deutschen Sprache sowie Bücher, die Grundkenntnisse der Geschichte, Geografie und Kultur unserer Landes vermitteln. Anrede! Darüber hinaus werden auch konkrete Hinweise auf die Angebote und Möglichkeiten der örtlichen Öffentlichen Bibliothek gegeben. Die Willkommenspakete werden von den Bibliotheken – auch unter Einbeziehung der jeweiligen Koordinierungsstelle für Migration und Teilhabe (KMUT) im Landkreis – an ihre Einsatzziele verteilt.

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- 13 Außerdem können im Rahmen des Projektes Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter spezielle Fortbildungsangebote wahrnehmen, die sie gezielt auf die Arbeit mit geflüchteten Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen vorbereiten. Zwischen Januar und Oktober 2016 fanden allein im Rahmen des Projekts „Willkommen!“ 15 Seminare, Workshops und Webinare in ganz Niedersachsen statt, die von 222 Bibliotheksmitarbeiterinnen und mitarbeitern besucht wurden. Die hohe Nachfrage an diesen Qualifizierungsveranstaltungen zeigt, wie engagiert sich Bibliotheken mit dem Thema interkulturelle Vermittlung für Geflüchtete auseinandersetzen.

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- 14 Kurzum: Die Büchereizentrale Niedersachsen hat mit „Willkommen! Bibliotheksangebote für Flüchtlinge“ in kürzester Zeit ein reichhaltiges Projekt entwickelt und in die Praxis umgesetzt, das Öffentliche Bibliotheken bei der Bewältigung einer neuen und langfristigen Herausforderung unterstützt. Das Projekt „Willkommen!“ wird kontinuierlich entlang der konkreten Bedarfe der Bibliotheken weiterentwickelt und soll im kommenden Jahr in die zweite von drei Phasen gehen. Das Land fördert dieses Projekt in 2016 mit insgesamt 181.000 Euro. Anrede!

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- 15 Abschließend möchte ich noch kurz auf Bibliotheken eingehen, die von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte gegründet wurden. Am Montag vor einer Woche fand ein Empfang statt, in dessen Rahmen eine unabhängige Fachberatungsstelle zu Eingaben an die Niedersächsische Härtefallkommission vorgestellt wurde. Der Empfang fand in den Räumen der iranischen Bibliothek auf dem Faustgelände in Hannover statt. Zu diesem Anlass durfte ich ein Grußwort halten.

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- 16 Die Bibliothek ist in einem wunderschönen Raum einer ehemaligen Bettfedernfabrik beheimatet. Diese Bibliothek fungiert als Brücke in den Iran. Einerseits wird Menschen aus dem Iran ein dauerhafter Kontakt zu ihrer Herkunftskultur ermöglicht. Andererseits lernen „Einheimische“ etwas über den Iran und dessen Kultur kennen. Die Gesellschaft kann so den Reichtum ihrer Vielfalt authentisch erfahren. Diese Bibliothek ist auch eine kommunikative Begegnungsstätte, die den interkulturellen Austausch und das Verständnis für Verschiedenheit zwischen den Bürgerinnen und Bürgern fördert.

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- 17 Anrede! Öffentliche Bibliotheken leisten unschätzbare niedrigschwellige Arbeit – sie sind Orte kultureller Bildung und Teilhabe im besten Sinne. Bildung und Teilhabe sind sowohl Inbegriff als auch Voraussetzung für gelingende Demokratie. Insofern gehören sie gleichsam zum demokratischen Grundstoff unserer Gesellschaft. Das Land Niedersachsen möchte die Bibliotheken auch in Zukunft dabei unterstützen, ihre gute Bildungsarbeit fortzusetzen und dadurch ihren Beitrag zur gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe und damit zur Demokratie zu leisten.

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- 18 Ich freue mich auf eine Fortsetzung der guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.