Wie Weidenholzer und Karos um ihre Ideale kämpfen

26.02.2016 - und Karos um ihre Ideale kämpfen. BRÜSSEL. Im EU-Parlament sitzen. 18 Abgeordnete aus Österreich. Ob Paul Rübig oder Eugen Freund,. Ulrike Lunacek oder Elisabeth. Köstinger, Angelika Mlinar oder. Kurt Becker: Bis auf die vier Frei- heitlichen sind alle grenzenlose. Europäer. Das ist freilich schwer.
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Oberösterreichische Nachrichten

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26/02/2016

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Die letzten Europäer: Wie Weidenholzer und Karos um ihre Ideale kämpfen Überzeugungstäter. Die Krise bringt Drohbotschaften statt Frohbotschaften. Der Overkill der Tagespolitik lässt wenig Platz fiir Prinzipien: Zwei Politiker als Beispiele fiir den Versuch, sich selbst treu zu bleiben. BRÜSSEL. Im EU-Parlament sitzen

gen ist." Syrien könne sich in ab-

18 Abgeordnete aus Österreich. Ob Paul Rübig oder Eugen Freund,

sehbarer Zeit stabilisieren. Der Vize der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament erwartet ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten, nicht alle werden im gleichen Tempo voranschreiten." Es könne einen westeuropäischen Kern geben und Osteuropäer, die nicht bei allem mittun. Auch Karas lässt sich vom momentanen Tief der Herzenseuropäer nicht entmutigen. Die EU habe sich immer durch die gemeinsame Bewältigung ihrer Krisen weiter entwickelt. "Die Flüchtlingskrise ist keine Herausforderung des Tages oder der nächsten Monate, sondern eine globale Aufgabe, die uns noch Jahre beschäftigen wird", sagt der Niederösterreicher. Man müsse die "Rechts- und Wertegrundlage" stärker beachten und eigene Beschlüsse umsetzen: "Derzeit wird mehr beschlossen als getan."

Ulrike Lunacek oder Elisabeth Köstinger, Angelika Mlinar oder Kurt Becker: Bis auf die vier Freiheitlichen sind alle grenzenlose Europäer. Das ist freilich schwer vereinbar mit Zäunen, Obergrenzen und einer Tagespolitik ohne Vision und Inspiration. Gegenwind statt Rückenwind aus der Heimat: Darunter leiden etwa der aus St. Florian am Inn stammende SP-Mandatar Josef Weidenholzer sowie Othmar Karas, der aus Ybbs kommt und einer der bekannteren christdemokratischen Europapolitiker ist. Beide sind Idealisten, beide haben wenig Zuspruch in der Partei. Weidenholzers Einfluss im Funktionärsapparat ist bescheiden. Karas lehnen viele VPler ab, gilt er doch als ewiger Besserwisser. Dass er im EU-Wahlkampf das Parteilogo versteckte, schwächte seine Position zusätzlich.

"Nur scheinbar

Sicherheit" Dabei haben beide Erfolge vorzuweisen. Bei der Europawahl 2014 holte Weidenholzer nach einem starken Persönlichkeitswahlkampf bundesweit 28.328 Vorzugsstimmen; in Oberösterreich erhielt er von allen Kandidaten die meisten (24.697), die SP konnte ihren Mandatsstand halten. Karas verlor Stimmen, verteidigte aber in der veränderten Konkurrenzsituation den ersten Platz. Der emeritierte Universitätsprofessor Weidenholzer, den alle Welt "Joe" nennt, lässt sich von seinem Weg nicht abbringen. Er will gesamteuropäische Lösungen. "Österreich macht eine Politik, die nur scheinbar Probleme löst, scheinbar Sicherheit bietet", sagt er zu den OÖNachrichten. "Zäune erhöhen das Schleppertum und die organisierte Kriminalität." Die "engstirnige" Politik der Bundesregierung sei schädlich, betont der Ex-Präsident der Volkshilfe. Von Populismus hält er gar nichts. "Man darf den Leuten nicht nachrennen, dann sieht man sie nämlich nur von hinten. Man muss ihnen in die Augen schauen."

Der Versuch, die Grenzen dicht- wonach die volkswirtschaftlichen zumachen, hat Weidenholzer zu- Gesamtkosten von Binnen-Grenzfolge in seinem Heimatbezirk Schärding spürbare Folgen. "Dort ist in den vergangenen Jahren ein grenzüberschreitender, gemeinsamer Lebensraum mit Bayern entstanden, der jetzt wieder durchtrennt wird." Wie viel die neuerlichen Grenzkontrollen kosten, lässt sich nicht genau beziffern. EU-Fans verbreiten Horrorzahlen. Othmar Karas pocht auf eine deutsche Studie,

kontrollen EU-weit 470 Milliarden Euro betragen. "Wer Schengen kaputt macht, gefährdet unseren Wohlstand", argumentiert Karas ähnlich wie Weidenholzer.

"Diese Krise ist zu managen" Der Rote ist ungeachtet aller Rückschläge optimistisch für das Projekt Europa. "Alles ist im Fluss. Ich sehe gute Chancen, dass die so genannte Flüchtlingskrise zu mana-

Mehr Zäune als im Kalten Krieg? Elf Maßnahmen, rechnet Karas vor, seien seit Beginn des Flüchtlingsstroms in der EU vereinbart, aber nicht verwirklicht worden; vier weitere seien in der Pipeline. Mit der "nationalen Karte" ist nichts zu gewinnen, davon ist Karas überzeugt. Er möchte nicht, "dass diese Krise zur Renationalisierung in Europa führt. Das wäre auch zum Schaden Österreichs." Im Parlament in Brüssel bzw. Straßburg ist Karas Mitglied der Ausschüsse für Wirtschaft sowie Außenpolitik. Daher schaut er weit über das Mittelmeer hinaus. "Das Problem der Mitgliedsstaaten beginnt nicht an der österreichischen Grenze und auch nicht an den Außengrenzen der EU sondern dort, wo die Menschen leben, die zu uns kommen wollen." Sein Grundsatz: "Hilf den Menschen dort, wo sie leben." Österreich müsse die Entwicklungszusammenarbeit verstärken und an Hilfsprogrammen teilnehmen. Das sei teuer wie auch der Grenzschutz. Doch ohne massive Investitionen in den Herkunftsländern werde es keine Entspannung geben: "Sonst haben wir bald mehr Zäune als im Kalten Krieg." -

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