Wenig Pikettdienste auf dem Land - Basel

25.05.2012 - Anwalt beigezogen werden. «In Basel einwandfrei». Rund 100 Anwälte, faktisch also alle. Strafverteidiger aus der Region, haben sich deshalb ...
470KB Größe 14 Downloads 378 Ansichten
Basel.Stadt.Land.Region.  | Freitag, 25. Mai 2012 | Seite 23

Verstopfte Begegnungszone Sissach. Von wegen friedliches Nebeneinander: In der 2008 eröffneten Sissacher Begegnungszone dominieren die Autos, was der Bevölkerung ziemlich stinkt. Unternommen wird wegen anstehender Bauprojekte aber nichts. Seite 32

Wenig Pikettdienste auf dem Land

Anwälte misstrauen der Mandatsvergabe durch die Baselbieter Staatsanwaltschaft

Verfahren gegen Radio Energy Auftragserfüllung wird überprüft Von Urs Rist

Von Jonas Hoskyn

Basel/Bern. Das Bundesamt für Kom­ munikation (Bakom) hat diese Woche ein Aufsichtsverfahren gegen die Radio Basel AG, die Eigentümerin von Radio Energy Basel, eröffnet. Dabei soll abge­ klärt werden, ob Energy Basel mit sei­ nem heutigen reduzierten Personalbe­ stand noch in der Lage ist, seinen lokalregionalen Programmauftrag zu erfül­ len, erklärt Mediensprecherin Deborah Murith auf Anfrage. «Wir besorgen In­ formationen und treffen Abklärungen», sagt sie. Über das genaue Verfahren er­ teilt sie der BaZ aber keine Auskunft. «Wir haben mit einer Überprüfung gerechnet und begrüssen diese», sagt Programmleiterin Eva Nidecker von Ra­ dio Energy Basel. «Wir haben keine Be­ denken, dass wir den Leistungsauftrag erfüllen. Für das Programm von Energy Basel stehen knapp 20 Mitarbeiter im Einsatz, mehr als für den Leistungsauf­ trag erforderlich», erklärt Nidecker.

Liestal. Die Baselbieter Staatsanwalt­

schaft kommt nicht zur Ruhe: Auf den Vorwurf der Ineffizienz (die BaZ berich­ tete) folgt nun jener der Intransparenz. Mehrere namhafte Strafverteidiger äus­ serten gegenüber der BaZ die gleiche Kritik: Die Verteilung der Mandate für Pflichtverteidiger laufe undurchsichtig ab. «Es kommen immer die gleichen fünf oder sechs zum Handkuss», sagt Strafrechtler Nicolas Roulet. Der Verdacht vieler Anwälte: Die Baselbieter Staatsanwalt sucht sich die ihr genehmen Leute aus – mit Listen von «unkomplizierten» Anwälten oder um­ gekehrt mit Aufzählungen von «unan­ genehmen» Verteidigern. Rechtlich ­wären solche Einschränkungen durch die Ermittlungsbehörden natürlich hoch problematisch. Dabei wäre die Sache ziemlich ein­ fach: Seit Einführung der neuen Straf­ prozessordnung am 1. Januar 2011 gibt es das Recht des sogenannten Anwalts der ersten Stunde. Schon bei der ersten Einvernahme kann auf Wunsch ein ­Anwalt beigezogen werden. «In Basel einwandfrei» Rund 100 Anwälte, faktisch also alle Strafverteidiger aus der Region, haben sich deshalb im Verein Pikett Strafver­ teidigung zusammengetan. Jeder von ihnen steht zwei- bis dreimal pro Jahr für zwei Tage – einmal als Hauptkon­ takt, einmal als Ersatzmann – auf Abruf der Staatsanwaltschaft zur Verfügung. Diese findet auf der Homepage des Ver­ eins nur eine Natelnummer – ohne Na­ men. Das System garantiert einerseits einen unkomplizierten Ablauf, weil die Ermittler jeweils schnell einen Anwalt für die verhaftete Person auftreiben können. Andererseits verhindert es, dass es zu Begünstigungen kommt.

Recht auf Verteidiger. In der Region sind stets zwei Anwälte auf Abruf bereit, um Verhafteten beizustehen.  Foto Fotolia

«Mit Basel-Stadt klappt der Pikett­ dienst einwandfrei», sagt Vereinspräsi­ dent Alain Joset. «Dort habe ich im Schnitt bei zwei Piketttagen einen Ein­ satz. Im Baselbiet wurde ich in einein­ halb Jahren erst einmal aufgeboten.» Andere Anwälte stützen diese Einschät­ zung: «In Basel wurde ich auch schon viermal an einem Tag angerufen», sagt

Staatsanwaltschaft auch im Landrat ein Thema Liestal. Die Kritik der Fachkommission an die Baselbieter Staatsanwaltschaft beschäftigte gestern auch den Landrat. In einer dringlichen Interpellation wollte Felix Keller (CVP) wissen, warum der Bericht, der vom 22. Dezember 2011 datiert ist, so lange unter Verschluss gehalten wurde. Sicherheitsdirektor Isaac Reber (Grüne) versicherte, dass das Verfahren so abgelaufen sei, wie es das Einführungsgesetz zur Schweizerischen Strafprozessordnung vorschreibe. Die Regierung habe den Bericht erst im März erhalten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Amtsbericht der Regierung bereits fertig gewesen. «Es wurde absolut nichts schubladisiert», wies Reber den Vorwurf zurück. Dass die Kritik «ausgerechnet aus der Küche der CVP kommt», stiess einigen Landräten sauer auf. Die CVP habe sich anzeige

Champagner & Dine Louis Roederer im Restaurant Atlantis Donnerstag, 14. Juni 2012

damals bei der Diskussion um die Aufsicht über die Staatsanwaltschaft für eine Fachkommission eingesetzt, die zwar vom Landrat gewählt wird, aber für die Regierung arbeitet, riefen Siro Imber (FDP) und Klaus Kirchmayr (Grüne) in Erinnerung. «Deshalb haben wir jetzt auch keine Gewaltentrennung», sagte Imber. Sowohl Reber wie auch Werner Rufi (FDP), Präsident der Justiz- und Sicherheitskommission, betonten, dass sie kein gemeinsames Mediencommuniqué verschickt hätten, wie das unter anderem von Hanspeter Weibel (SVP) und Patrick Schäfli (parteilos) moniert worden war. Er sei lediglich als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden, so Rufi. Die Medienmitteilung sei aber von der Sicherheitsdirektion verfasst und auch verschickt worden. ale

Eine Frage der Belehrung Michael Lutz, Sprecher der Basel­ bieter Staatsanwaltschaft, weist die Vorwürfe zurück: «Wenn der Beschul­ digte einen Wunschverteidiger hat, ver­ suchen wir zuerst, diesen zu erreichen; ansonsten gehen wir den offiziellen Weg via Pikettstrafverteidigung.» Die unter­ schiedlichen Zahlen kann er sich aber auch nicht erklären. Joset sieht noch eine andere Erklä­ rung für die unterschiedlichen Zahlen: «Wenn die Polizei einem Beschuldigten erklärt, er könne ohne Weiteres einen Anwalt beiziehen, so macht wohl jeder Verhaftete von diesem Recht Gebrauch.» Allerdings: «Sagt man ihm dann im glei­ chen Atemzug, dass er zwei Stunden auf den Anwalt warten und diesen allenfalls auch selber bezahlen müsse, dann er­ staunt es nicht, dass viele auf einen An­ walt verzichten.» Die Rechtsbelehrung seitens der Polizei sei diesbezüglich also entscheidend. Auch in diesem Punkt widerspricht Lutz: «Wir haben ja auch ein Interesse daran, dass alles nach Vorschrift läuft. Ansonsten sind die Einvernahmen nicht verwertbar.»

Auch die Finanzierung sorgt für Un­ mut zwischen den Verteidigern und den Ermittlern: In Basel-Stadt gibt es eine informelle Abmachung zwischen dem Verein Pikett Strafverteidigung und der Staatsanwaltschaft. Pro Stunde erhal­ ten die Anwälte eine Entschädigung von 180 Franken. Wenn der Beschuldigte zahlungskräftig ist, wird ihm dieser Be­ trag später von der Staatsanwaltschaft wieder geltend gemacht. Ansonsten ist er Teil der unentgeltlichen sogenannten amtlichen Verteidigung. Baselbiet hat andere Praxis Im Baselbiet gibt es diese Abma­ chung nicht. Um eine amtliche Verteidi­ gung bewilligt zu bekommen, muss der Beschuldigte zuerst nachweisen, dass er mittellos ist: «Je nach Delikt, das einem Beschuldigten vorgeworfen wird, müss­ te er sich dann bei der Offenlegung sei­ ner finanziellen Verhältnisse selbst be­ lasten», kritisiert Joset. Im dümmsten Fall könne es vorkommen, dass er auf­ geboten werde, den Beschuldigten be­ rate und an die Einvernahme begleite – und am Schluss noch schauen müsse, wie er zu seinem Honorar komme. «In diesem Punkt haben wir tatsäch­ lich eine andere Praxis als die Basler Staatsanwaltschaft», so Lutz. «Aber hier sind wir die Regel und die Basler die Ausnahme.»

Einbrecher stehlen Frehners Revolver

Frage des Tages Das Ergebnis der Frage von gestern:

Das Baselbiet braucht keinen Grosselternkongress.

27% Ja (64) 73% Nein (175)

Gehören Waffen in einen Safe? Einbrecher stahlen Sebastian Frehner einen Revolver. Die Waffe war – ord­ nungsgemäss – in einer verschlossenen Schublade versorgt. Gehören Waffen in einen Safe?  www.baz.ch anzeige

SVP-Nationalrat hatte Waffe in abgeschlossener Schublade aufbewahrt Von Alan Cassidy Basel. Mehr Überfälle, mehr Gewalt­

www.ullrich.ch

Niklaus Ruckstuhl, Strafverteidiger und Titularprofessor für Strafprozessrecht an der Universität Basel. «Im Baselbiet dagegen noch kein einziges Mal.»

Antrag von Radio X abgelehnt Radio Energy ging am 13. Januar dieses Jahres auf Sendung, nachdem der Besitzer von Radio Basel, Karlheinz Kögel, 15 Prozent an den Ringier-Kon­ zern und an die NRJ Group Paris ver­ kauft hatte. Radio X hatte darauf einen Antrag auf Parteistellung eingereicht, weil der Sender der Meinung war, die Übernahme des Energy-Konzepts dürfe nicht genehmigt werden. Wie das Ba­ kom mitteilt, hat das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommu­ nikation (Uvek) diesen Antrag abgewie­ sen. Radio X könne kein schützenswer­ tes Interesse für eine Teilnahme am Ver­ fahren geltend machen. Das Programm dieses Senders sei «komplementär» aus­ gerichtet und unterscheide sich von den kommerziellen Angeboten. Ob ein ge­ nehmigungspflichtiger Sachverhalt vor­ liege, liess das Uvek aber offen. Der Ba­ selbieter Ständerat Claude Janiak (SP) war mit Antworten des Bundesrats zu Energy Basel nicht zufrieden.

taten, mehr Einbrüche: Seit Jahren klagt Sebastian Frehner, Nationalrat und Präsident der Basler SVP, lautstark über die steigende Kriminalität in Basel. Nun wurde er selbst zum Opfer: Als Frehner vergangene Woche  von einer Auslandsreise zurückkehrte, stand die Tür zu seiner Wohnung im Spalenquar­ tier weit offen. Unbekannte Einbrecher hatten Bargeld gestohlen, ein wenig Schmuck – und einen Revolver samt Munition. Durch den Einbruch fühlt sich Frehner in seiner Wahrnehmung – we­ nig erstaunlich – bestätigt. «Das zeigt einmal mehr, dass man in ­Basel unsi­ cherer lebt als in anderen Städten», sagt er. Hatte er sich deshalb eine Waffe zu­ getan? Frehner verneint. «Den Revolver kaufte ich mir mit 18 Jahren, ich weiss

gar nicht mehr, weshalb.» Er kenne nicht einmal den exakten Typ – es sei ein brasi­ lianisches Exemplar. Und eigentlich, sagt Frehner, habe er den Revolver schon lan­ ge loswerden wollen. «Mir ist unwohl beim Gedanken, dass nun jemand mit dem Ding herumläuft und Schaden an­ richten könnte.» Die Waffe hatte er in ei­ ner abgeschlossenen Schublade aufbe­ wahrt – getrennt von der Munition, so wie es vorgeschrieben sei, sagt er. «Täter gingen unzimperlich vor» Abgesehen von Waffe und Bargeld hätten die Einbrecher bei ihm wenig Brauchbares gefunden, sagt Frehner. «Computer, Portemonnaie und Handy hatte ich zum Glück bei mir, da ich un­ terwegs gewesen war.» Eingebrochen worden sei auch in der gegenüber­ liegenden Wohnung im 1. Stock des Mehrfamilienhauses. «Die Täter gingen ziemlich unzimperlich vor», sagt er.

Die Basler Staatsanwaltschaft gibt an, in den vergangenen Wochen tatsächlich eine Zunahme von Einbruchdiebstählen verzeichnet zu haben. «Im Moment häuft sich das», sagt Mediensprecher Peter Gill. «Die Entwicklung von Einbrüchen ver­ läuft aber meistens wellenartig – mal sind es mehr, mal sind es weniger.» Rund 900 Einbrüche hat die Staatsanwaltschaft seit Anfang Jahr registriert. 2011 waren es gemäss ­Polizeikriminalstatistik insge­ samt 1554  Einbruch- und Einschleich­ diebstähle gewesen. Profis wollen meist nur das Geld Dass die Diebe – wie im Fall von Sebastian Frehner – Waffen entwen­ deten, komme vor, sei aber selten, sagt Gill. «Vor allem Banden, die sich auf Einbrüche spezialisieren, haben es in der Regel auf schnelles Geld abge­ sehen, das heisst Schmuck und Bar­ geld.»

Sprachen lernen Gruppen- / Privatunterricht Prüfungszentrum D, E, F, I, Sp Firmenprogramme

Tel. 061 260 20 20 www.academia-basel.ch