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Menschen mit Führungsaufgaben auf das häusliche Umfeld, auf Kirchengemeinden und auf Beziehungen .... an sich schon schlecht – etwas, das man um jeden Preis vermeiden muss? Natürlich nicht! Das Problem ist nicht die ... behandeln oder gewisse Entscheidungen hinsichtlich der Zucht zu treffen. Er kaufte das Futter ...
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G.G. Bloomer

MISSBRAUCH

VON VOLLMACHT

Gravierende Auswirkungen manipulativen Verhaltens von Menschen mit Führungsaufgaben auf das häusliche Umfeld, auf Kirchengemeinden und auf Beziehungen

Missbrauch von Vollmacht Gravierende Auswirkungen manipulativen Verhaltens von Menschen mit Führungsaufgaben auf das häusliche Umfeld, auf Kirchengemeinden und auf Beziehungen GEORGE G. BLOOMER

G.G. Bloomer

MISSBRAUCH

VON VOLLMACHT

Gravierende Auswirkungen manipulativen Verhaltens von Menschen mit Führungsaufgaben auf das häusliche Umfeld, auf Kirchengemeinden und auf Beziehungen

Gilgal Publishing Ajoke Harewood

Missbrauch von Vollmacht

Englischer Originaltitel: Authority Abusers Published by Whitaker House, New Kensington, PA 15068 www.whitakerhouse.com © 2002, 2008 by George G. Bloomer ISBN: 978-1-60374-046-3

Deutsche Ausgabe: © 2010 Gilgal Publishing, Ajoke Harewood CH-5728 Gontenschwil/AG www.gilgalpublishing.ch ISBN: 978-3-905963-15-1

Die Bibelzitate wurden der Schlachter Übersetzung entnommen – Version 2000 © Genfer Bibelgesellschaft, CH-1211 Genf 3

Übersetzung: Rosi Heidler Korrektur: Ajoke Harewood Satz und Cover: Nicole Wiederkehr

INHALT

1. Eine Atmosphäre des Missbrauchs ................................................... 7 2. Autorität nach Gottes Plan ............................................................... 17 3. Wie man zu jemandem wird, der seine Autorität missbraucht ........ 33 4. Wie man zum Opfer von Autoritätsmissbrauch wird ........................ 47 5. Wie man Autoritätsmissbrauch erkennen kann ............................... 53 6. Parasiten im pastoralen Bereich ..................................................... 79 7. Wenn religiöse Führer Familien zerrütten ........................................ 93 8. Diktatur in Familien ....................................................................... 103 9. Rebellen und Aufwiegler ................................................................ 117 10. Wie man den Python-Geist überwinden kann ................................ 125 11. Wiederherstellung richtiger Autorität ............................................ 141

Über den Autor .................................................................................... 159

1 Eine Atmosphäre des Missbrauchs «Wer aber einem der Kleinen, die an mich glauben, Anstoß (zur Sünde) gibt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde.» Markus 9,42

Es geschieht subtil und diejenigen, die davon betroffen sind, merken es oft nicht einmal; es ist aber für ihren Geist genauso tödlich wie Kohlenmonoxid für ihren Körper. Polizisten kommen für so etwas ins Gefängnis, Eltern verlieren das Sorgerecht für ihre Kinder – aber es kommt tagtäglich in Tausenden von Kirchengemeinden und Familien auf der ganzen Welt vor. Die Rede ist von Autoritätsmissbrauch. Die meisten Menschen können sich nicht vorstellen, welche schmerzhaften und zerstörerischen Auswirkungen Missbrauch von Vollmacht haben kann. Das ist eine heikle Sache, und darüber zu reden ist nicht immer einfach. Wie bei anderen Formen des Missbrauchs müssen wir aber auch hier das Problem zuerst einmal erkennen, bevor wir etwas daran ändern können. Worin besteht denn nun eigentlich das Problem? Ist Autorität an sich schon schlecht – etwas, das man um jeden Preis vermeiden muss? Natürlich nicht! Das Problem ist nicht die Autorität an sich oder etwa ihre Ausübung. Das Problem sind vielmehr die Menschen, die ihre Schutzbefohlenen schamlos ausnutzen und diesen Missbrauch mit ihrer autoritären Machtposition begründen. Wenn dies geschieht, können manche Menschen geistlich ersticken und am Leben zerbrechen. Autoritätsmissbrauch ist Sünde – eine Pervertierung von etwas an sich sehr Gutem. Kein Lebensbereich ist grundsätzlich davor

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sicher. Beispielsweise kann das sexuelle Verlangen zwischen Mann und Frau im Rahmen der Ehe etwas sehr Schönes sein – und genau so hat Gott es auch konzipiert. Sex zwischen einem Mann und einer Prostituierten ist jedoch etwas sehr Unschönes, was beiden Betroffenen, sowohl dem Mann als auch der Frau, etwas von ihrer Würde nimmt, weil dadurch die reine und heilige Intimität, die nach Gottes Plan die Besonderheit des ehelichen Zusammenseins ausmachen sollte, leichtfertig abgetan wird. Autorität gemäß Gottes Plan hingegen bedeutet Schutz, liebevolle Fürsorge, Ehrlichkeit und Freiheit, während Missbrauch von Vollmacht gewöhnlich mit Enttäuschung einhergeht. Oftmals erliegen beide, sowohl derjenige, der seine Autorität ausnutzt, als auch derjenige, der Opfer eines Missbrauchs wurde, einer Täuschung, und eine solche Täuschung beraubt die Menschen der Liebe Gottes und seiner frei machenden Wahrheit. Autoritätsmissbrauch ist etwas, was sich zwischen Gott und Mensch schiebt, und ist somit Sünde gegen den Leib Christi selbst. Wer seine Autorität missbraucht, indem er unschuldige wehrlose Glieder von Christus als ihrem Haupt trennt (Kolosser 1,18), macht diese Glieder geistlich gesehen zu Krüppeln – und das in vielen Fällen für immer. Nur wenn wir uns einem Autoritätsmissbrauch widersetzen, können wir die Autorität erlangen, die Gott zu unserem Segen und für unser Wohlergehen vorgesehen hat. Aber damit greifen wir schon vor.

Ein Gleichnis Es waren einmal zwei Brüder, die gleich nach ihrem CollegeAbschluss ein agrarwirtschaftliches Unternehmen im Mittelwesten gründeten. Einer der Brüder spezialisierte sich auf Futteranbau und wandte zur Produktion der verschiedenen Sorten von Viehfutter vorrangig Strategien an, die auf dem neuesten Stand der Technik beruhten. Der andere hingegen verlegte sich auf Viehzucht und baute auf hochmoderne Methoden, wenn es darum ging, Erkrankungen der Herde rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln oder gewisse Entscheidungen hinsichtlich der Zucht zu treffen. Er kaufte das Futter ausschließlich von seinem Bruder, und

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die beiden entwickelten eine komplexe, auf sich selbst zugeschnittene, äußerst profitable Strategie, die ihnen beiden finanzielle Vorteile einbrachte. Als die Brüder in den besten Jahren waren, hatten sie es zu beträchtlichem Wohlstand gebracht; die Organisation ihres landwirtschaftlichen Großbetriebs managten die klügsten Köpfe und die fittesten Führungskräfte der jüngeren Generation für sie. In jenem Sommer, in dem ihr gemeinsames Vermögen über die viereinhalb Millionen-Dollar-Marke kletterte, schalteten sie ihr Handy aus und machten mit ihren Ehefrauen in den Rocky Mountains Jagdurlaub. Sie teilten ihren leitenden Angestellten nicht mit, wann sie wieder zurückkommen würden – sie sagten lediglich: «Wir kommen wieder, wenn wir beide einen Elch geschossen haben.» Ein Monat war vergangen, und sie waren immer noch weg. Ein Monat und zwei Wochen. Zwei Monate. Endlich, nach zweieinhalb Monaten, kehrten die Brüder, braungebrannt von der Höhensonne, mit Kühlboxen voll herzhafter Steaks und jeweils einem imposant zur Schau gestellten Elchkopf zurück. Der Bruder mit der Rinderzucht fand sein Büro leer vor – einer seiner Mitarbeiter war gerade auf einem kleinen, lang verdienten Familienurlaub; deshalb war der Betriebsleiter mit dem Firmenhubschrauber aufs Weideland hinaus geflogen, um die Geburt zweier Kälber zu überwachen. Die Buchführung war auf dem aktuellsten Stand; alle Rechnungen waren beglichen. Der Gewinn war leicht rückläufig, aber alles lief ordnungsgemäß, und der Betriebsleiter hatte mehr Stunden gearbeitet als jede andere Kraft. Der Bruder mit dem landwirtschaftlichen Produktionsbetrieb platzte in eine Party, die ihm zu Ehren veranstaltet wurde – oder besser gesagt: eine Party zu Ehren des langen «Sommerurlaubs», den der Chef nach Meinung des Betriebsleiters gerade genoss. Das war allerdings nur eines in der Reihe vieler anderer Saufgelage, die dieser Betriebsleiter auf die Beine gestellt hatte; die Arbeiter des Betriebs brauchte er, damit sie ihm bei der Bewirtung seiner Freunde zur Hand gingen, und dabei wurden sie für diese zusätzliche Arbeit nicht einmal entlöhnt. Das ganze Büro war übersät mit leeren Kaffeetassen und Donut-Schachteln – den armseligen Überresten all der Tage, die der Betriebsleiter dort verbrachte, während alle anderen draußen auf dem Feld arbeiteten.

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Die Gewinne waren höher als je zuvor – zumindest hätten sie es sein können, hätten nicht diese kostspieligen Partys stattgefunden. Niemand hatte Urlaub bekommen, und zweieinhalb Monate lang war keinem einzigen der Angestellten auch nur irgendeine Vergünstigung gewährt worden. Es versteht sich von selbst, dass der Betriebsleiter des ersten Bruders einen ansehnlichen Bonus und einige Tage bezahlten ExtraUrlaub für seine aufopferungsvolle Arbeit als Manager mit Leitungsfunktion erhalten hatte. Dem Betriebsleiter des zweiten Bruders wurde fristlos gekündigt; ihm wurde nicht einmal mehr die Chance gelassen, Lastwagen mit Heuballen zu be- und entladen. Dass der zweite Typ gefeuert wurde, ist sicher nicht verwunderlich. Niemand wird wohl empört einwenden: «Aber er hat doch für das Unternehmen ganz schön viel Geld erwirtschaftet!» Eher hat man das Gefühl, dass er im Grunde recht ungeschoren davongekommen ist, weil jemand in seiner Position normalerweise für das Wohlergehen der anderen Angestellten verantwortlich sein und firmeneigenes Vermögen nicht veruntreuen sollte. Das Verhalten dieses Mannes verletzte nicht nur die Menschen, die er eigentlich hätte aufbauen und motivieren und für die er hätte sorgen sollen; es war auch kontraproduktiv im Hinblick auf die Ziele, die er damit verfolgte (siehe Matthäus 24,44–51). Hier haben wir ein Paradebeispiel dessen, was bei Autoritätsmissbrauch geschehen kann.

Weide meine Schafe In Johannes 21 sagt Jesus Petrus, wie die Kirche Seine Liebe Seinem Volk zeigen solle: «Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Jonas, liebst du mich mehr als diese? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe! Er spricht zu ihm: Weide meine Lämmer! Wiederum spricht er, zum zweiten Mal: Simon, Sohn des Jonas, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Er spricht zu ihm: Hüte meine Schafe! Und das dritte Mal fragt er ihn: Simon, Sohn des Jonas, hast du mich lieb? Da wurde Petrus traurig, daß er ihn das dritte

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Mal fragte: Hast du mich lieb?, und er sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge; du weißt, daß ich dich lieb habe. Jesus spricht zu ihm: Weide meine Schafe!» Johannes 21,15–17

Jesu Botschaft an Petrus ist klar und deutlich: Ihn zu lieben bedeutet, für Seine Kleinen, die noch jung im Glauben sind («Lämmer»), zu sorgen («[sie zu] weiden»). Oberflächlich betrachtet, scheint die Gemeinde das nicht vergessen zu haben. Der gut gepflegte Rasen, lächelnde Gesichter und die offenen Arme, mit denen der Begrüßungsdienst die Gäste an der Eingangstür zur Gemeinde willkommen heißt – all das könnte an und für sich eine einladende Alternative zum rauen Lebensstil einer Gesellschaft sein, in der ganze Konzerne zusammenbrechen und nur das Überleben des Stärkeren gilt. Die Menschen sehnen sich nach Annahme, Halt und sogar nach Führung – letzten Endes suchen sie Gott –, und die Kirche sollte ihre Suche zu einem glücklichen Ende bringen. Das protzige und publikumswirksame Auftreten und die manipulative Art des Lehrens von Männern, die nur sich selbst statt Gott verherrlichen wollen, verhindern leider sehr oft, dass die Menschen die Annahme, den Halt, die Führung und die Liebe erfahren können, nach der sie sich sehnen. Tausende von Menschen gehen den Christen aus dem Weg und weigern sich, zur Kirche zu kommen, nur weil die Botschaft, die sie immer zu hören bekommen haben, eine des Gerichts, der Kritik und der von eigener Leistung abhängigen Liebe ist. Verantwortungslose Leiter haben die Sache Gottes mit ihrem heilbringenden Missionsauftrag und der Botschaft Seiner überströmenden Gnade in Verruf gebracht. Sie haben die Kirche zu einem Ort starrer Regeln und steifer Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft gemacht und bringen somit diejenigen, die auf der Suche sind, von Gott ab, der allein ihre Sehnsüchte erfüllen kann. In all den 23 Jahren meines Dienstes als Prediger habe ich folgendes Geschehen Hunderte von Malen immer wieder mit ansehen müssen: Ein Mädchen lehnt sich gegen seine Eltern auf, und eine Zeitlang helfen alle Anstrengungen, die sie unternehmen, um sie

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wieder für sich zu gewinnen, gar nichts: Das Ganze endet damit, dass sie schwanger wird. Natürlich rüttelt sie das so sehr auf, dass sie zur Besinnung kommt; sie fügt sich wieder den Regeln ihrer Eltern, bereut und will erneut ihr Leben Gott übergeben. Es ist eine sehr schmerzhafte Lektion, aber schließlich hat sie sie gelernt. Sie steht gerade am Beginn ihres Heilungsprozesses, ein Gesinnungswandel ist eingetreten. In diesem Augenblick treten die vollmächtigen Leiter ihrer Heimatgemeinde auf den Plan. Sie stellen sie als Beispiel für die «Sünde im Lager» hin und verlangen, dass sie ihre Familie und die Kirche verlässt. Ihre Mutter wird aus dem Chor geworfen, ihr Vater gezwungen, sein Amt als Diakon niederzulegen – und das alles, weil ihre Familie «mit Sünde befleckt» ist. Da frage ich mich: «Wo, bitte schön, ist da die Gnade und Vergebung Jesu Christi geblieben?» Die Antwort lautet: «Nirgends.» Hier haben wir es ganz einfach mit geistlichem Missbrauch und Richtgeist zu tun, und das Ganze wird dann noch als göttliche Autorität verkauft. Das alles sind von Menschen aufgestellte und aufgezwungene Regeln, die Christus nie in den Sinn gekommen sind. Immer wieder habe ich mit ansehen müssen, wie Menschenleben durch derartigen Missbrauch kaputtgemacht wurden, sodass ich am liebsten nur geschrien hätte: «Es reicht!» Vor einigen Jahren gab es in der Führungsriege der US-Marine Skandale, die für großes Aufsehen sorgten. Mehrere hochrangige Offiziere missbrauchten das Vertrauen, das man in sie gesetzt hatte: Sie verwalteten das ihnen anvertraute Vermögen gesetzeswidrig und gingen mit den Menschen, für die sie Verantwortung trugen, unwürdig um. Diese strafbaren Handlungen waren zwar nur von ein paar einzelnen Offizieren begangen worden, wohingegen Hunderte loyaler, ehrlicher Männer und Frauen ihr Bestes gaben, um eine starke und ehrenhafte Truppengattung der Armee zu führen. Zwangsläufig aber assoziierte man daraufhin mit der US-Marine auch Korruption. Autoritätsmissbrauch ist eine sehr ernste und gefährliche Sache, wie im vorliegenden Fall, wo der Vertrauensbruch jahrzehntelange Integrität und ungebrochene Tapferkeit zunichtemachte.

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Genau dasselbe geschah in amerikanischen Kirchen – doch können wir die Schuld daran nicht einem oder zwei ganz speziellen, recht berühmten Fernseh-Evangelisten geben, wie dies bei der Marine der Fall war, wo definitiv nur ein paar bestimmte Offiziere dafür verantwortlich gemacht werden konnten. Angefangen von kleinen Kirchengemeinden auf dem Land bis hin zu Megakirchen in den Metropolen – überall stößt man auf Pastoren, die ihre Machtposition ausnutzen. Die kontrollsüchtige, gnadenlose Diktatur einer Religion, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, macht nicht vor Rasse oder Konfession, Geschlecht oder Landesgrenzen Halt. Und die Folge davon? Viele solide christliche Institutionen, die fest im Wort Gottes gegründet sind und es treu befolgen, werden mit einer kleinen Gruppe von Heuchlern, die das Leben anderer zerstören, in einen Topf geworfen. Die Verkündigung der guten Botschaft Jesu Christi wird unablässig von selbst ernannten Diktatoren beeinträchtigt, die sich als geistliche Schafhirten ausgeben, in Wirklichkeit aber die Schafe in die Irre führen. Ein vornehmer Herr erzählte mir einmal, dass seine Kirchengemeinde – alle Dienste zusammengenommen, einschließlich die des Abendmahls, der Taufe und der Kindersegnung – aus genau 147 Mitgliedern bestand. Jahrelang zählte seine Gemeinde nie mehr, aber auch nie weniger als 147 Mitglieder. Immer ganz genau 147. Ich fragte ihn, was für eine Art von Kirche das denn sei, denn der Dienst, den er beschrieb, klang eigentlich ganz passabel. Daraufhin erklärte er mir, dass der Pastor und seine Frau jeden, der in diese Kirche ging, vollkommen einschüchterten. Offensichtlich hatten der Pastor und seine werte Gattin im Leben jedes Gemeindeglieds ein Wörtchen mitzureden: Angefangen bei kleinen Alltagsproblemen über die Organisation des Familienlebens bis hin zum Haushaltsgeld – einfach überall. Diese Geschichte kam mir recht bekannt vor: Ich dachte an die Erfahrungen, die ich selbst in der Kirche machen musste, in der ich aufwuchs. Als Jugendlicher betete ich oft wegen meiner Sünden, aber es war mir im Grunde ganz egal, wie Gott darüber dachte und was Er von mir hielt! Ich betete immer dasselbe: «Lieber Gott, lass den Pastor bitte nicht herausfinden, dass ich gesündigt habe.» Da der Pastor in seiner Kirche ein sehr dogmatisches und gesetzliches Regiment

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führte, fürchtete ich ihn noch mehr als Gott selbst. Ich hatte panische Angst, dass Gott diesem Mann vielleicht erlauben könne, meine Gedanken und Gefühle zu kennen, ohne dass ich sie ihm überhaupt mitgeteilt hätte. So etwas wie das, was ich erlebt habe, gibt es immer noch. Auch heute noch vergiftet Machtmissbrauch die Atmosphäre in Gemeinden und nimmt den einzelnen Gemeindegliedern gewissermaßen die Luft zum Atmen. Viele Menschen haben Erfahrungen mit einem Leiter machen müssen, der sie unter seiner Kontrolle halten wollte, indem er ihnen immer wieder mit dem sogenannten «biblischen Gehorsam» drohte. Allzu oft (auch nur ein einziges Mal ist zu viel!) unterwirft sich jemand aus freien Stücken einem Pastor oder geistlichen Leitern eines Gemeindedienstes, die ihre Autorität schamlos ausnutzen – und merkt erst am Ende, dass er zum Sklaven persönlicher Launen und irriger Überzeugungen dieser autoritären Machtmenschen gemacht wurde. Diese Kontrolle geht oft sogar so weit, dass von oben angeordnet wird, wann Familien in Urlaub fahren oder wie lange Paare warten sollten, bis sie die Ehe vollziehen, in welche Schule man seine Kinder schicken sollte ... bedauernswerterweise ließe sich diese Liste noch beliebig fortsetzen. Zahllose Menschen wurden von eben der Institution verletzt, die eigentlich dazu bestimmt war, ihnen Heilung zu bringen. Deshalb gibt es viele Menschen, die zwar Gott aufrichtig und von ganzem Herzen lieben, aber für die Kirche als Organisation rein gar nichts übrig haben. Von der Erfahrung, dass geistliche Leiter auf bestimmten Konfessionen und Traditionen beharren und ihre Autorität ausnutzen, ist bei vielen Gemeindegliedern, die früher einmal ihren Leitern arglos vertrauten und in gewisser Weise von ihnen abhängig waren, ein fader Nachgeschmack geblieben. Viele Pastoren und Leiter sind mittlerweile eher Manager, die das Leben der Gläubigen organisieren, aber keine Gemeindeleiter, auf die man sich verlassen könnte und die sich um einen sorgen würden!

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Autoritätsmissbrauch ist eine Machenschaft Satans Satan war schon immer darauf aus, eine höhere Position einzunehmen als Gott auf Seinem Thron. Er versucht mit aller Gewalt, die Welt gegen die Kirche und den Gott, der sie in Seiner Hand hält, aufzuwiegeln, und um dieses Ziel zu erreichen, wird er jeden benutzen, der sich bereitwillig als Werkzeug für so etwas hergibt. Es gibt zwar viel mehr gute Pastoren und gute Kirchen als Furcht und Schrecken verbreitende Diktatoren, die sich als geistliche Führer aufspielen, in Wirklichkeit aber über die Gemeinde nur Kontrolle ausüben wollen; und dennoch würde der Feind – wie wir ja alle wissen – gern die paar wenigen schlechten Samen groß herauskommen lassen, um die Kirche als Institution ins Verderben zu stürzen. Wie viele Menschen gibt es doch, die der Kirche völlig den Rücken gekehrt und geschworen haben, niemals wieder einen Fuß in eine andere kirchliche Einrichtung zu setzen, weil sie von ihr so verletzt worden sind? Obwohl viele Menschen dieses Argument vorschützen, um nicht zur Kirche gehen zu müssen, dürfen wir diejenigen nicht außer Acht lassen, die tatsächlich von Leitern in einem kirchlichen Dienst bedrängt, in geistlicher Hinsicht misshandelt und verletzt worden sind. Es ist höchste Zeit, dass wir, die wir dem Leib Christi angehören, endlich mit Traditionen, die von Menschen gemacht wurden, und mit Manipulation und Kontrolle – den Ursachen solcher Verletzungen – brechen. Aber wie können wir denjenigen, die verletzt worden sind, helfen, wieder heil zu werden, gleichzeitig aber auch den andern die Augen öffnen, damit sie nicht in dieselbe Falle geraten? Nach dem Tod des Pastors aus meiner Kindheit und Jugend, als ich schon längst erwachsen war und selbst im geistlichen Dienst stand, offenbarte mir Gott Schritt für Schritt, in welch tiefe Finsternis die Gemeinde meines früheren Pastors geraten war. Gott ließ mich eine Zeit geistiger und geistlicher Läuterung durchlaufen, in der Er mir die Augen öffnete, damit ich nicht genau dieselben ungöttlichen Taktiken in meinem eigenen geistlichen Dienst anwandte, ohne es überhaupt zu merken. Kurz gesagt: Gott fing an, meine innerlichen Barrieren abzubauen – Barrieren, die ich als Reaktion auf diesen falschen Umgang

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mit Autorität aufgebaut hatte und die mich daran hinderten, Gott so kennen zu lernen, wie Er wirklich ist. Je mehr ich verstand, wie wahre geistliche Autorität aussehen sollte und wie dieser Pastor von der eigentlichen Wahrheit abgekommen war, umso mehr erkannte ich auch von Gottes Wesen. Mittlerweile weiß ich, dass wir nur dann die Autorität erlangen können, die Gott uns zugedacht hat und durch die Er uns segnen und Wohlergehen schenken möchte, wenn wir uns gegen Machtmissbrauch zur Wehr setzen.

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