Carsten Denis Graser
Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit Gefährden neue Spartengewerkschaften die Tarifpolitik im Betrieb?
Diplomica Verlag
Carsten Denis Graser Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit: Gefährden neue Spartengewerkschaften die Tarifpolitik im Betrieb? ISBN: 978-3-8428-2900-8 Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012
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Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis .................................................................................... 1 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................... 2 1
Einleitung................................................................................................ 5
2
Strukturelle Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt ............................. 9
2.1
Ursachen für ein kollektives Handeln auf dem Arbeitsmarkt .................... 9
2.2
Rechtliche Grundlagen für ein kollektives Handeln auf dem Arbeitsmarkt ........................................................................................... 10
3
Die Organisation der Arbeitgeberverbände ....................................... 13
4
Die Organisation der Arbeitnehmerverbände.................................... 15
4.1
Einheitsgewerkschaften ......................................................................... 15
4.2
Spartengewerkschaften.......................................................................... 18
4.3
Christliche Gewerkschaften.................................................................... 23
5
Das deutsche Tarifsystem................................................................... 26
5.1
Flächentarifvertrag ................................................................................. 26
5.2
Firmentarifvertrag................................................................................... 27
5.3
Anforderungen an die Tariffähigkeit ....................................................... 28
5.4
Der Grundsatz der Tarifeinheit ............................................................... 30
6
Das BAG-Urteil: Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit ............ 33
6.1
Rechtfertigung und Kritik am Grundsatz der Tarifeinheit........................ 33
6.2
Beschluss des Vierten Senats des BAG zur Änderung der Rechtsprechung zur Tarifeinheit ............................................................ 34
6.3
Abschließender Beschluss des Zehnten Senats des BAG zur Änderung der Rechtsprechung zur Tarifeinheit...................................... 36
7
Die Auseinandersetzung um die Tarifeinheit..................................... 39
7.1
Die gemeinsame Initiative von BDA und DGB zur gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit innerhalb des Tarifvertragsgesetzes ............. 39
7.2
Reaktionen der tariffähigen Arbeitgeberverbände und der tariffähigen Einzelgewerkschaften des DGB zur Kehrtwende des Bundesarbeitsgerichts zum Grundsatz der Tarifeinheit.......................... 43
7.3
Widerstand der Spartengewerkschaften zur gemeinsamen Initiative von DGB und BDA ................................................................................. 50
7.4
Reaktionen der Politik zur vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit innerhalb des Tarifvertragsgesetzes ............................. 53
7.5
Rechtsgutachten zur gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit innerhalb des Tarifvertragsgesetzes ...................................................... 56
8
Schaffung eines Gesetzes zur Tarifeinheit oder Tarifpluralität........ 62
8.1
Tarifpluralität und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen............................ 62
8.2
Tarifpluralität und ihre rechtlichen Probleme .......................................... 65
8.3
Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlich geregelten Tarifeinheit im Sinne der BDA / DGB – Initiative............................................................ 68
9
Zusammenfassung und Ausblick ....................................................... 73
Literaturverzeichnis ....................................................................................... 78
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Mitgliederanteil der DGB-Gewerkschaften mit Stand vom 31.12.2010 (DGB-Gesamtmitgliederzahl 6,19 Millionen) ................................. 17 Abbildung 2: Spartengewerkschaften - Die mächtigen Sechs .......................... 19
1
Abkürzungsverzeichnis BAG
Bundesarbeitsgericht
BAT
Bundes-Angestelltentarifvertrag
BAVC
Bundesarbeitgeberverband Chemie
BDA
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
BDPK
Bundesverband Deutscher Privatkliniken
BZA
Bundesverband Zeitarbeit
CDU
Christliche Demokratische Union
CGB
Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands
CGM
Christliche Gewerkschaft Metall
CGZP
Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen
CSU
Christliche Soziale Union
DAG
Deutsche Angestellten-Gewerkschaft
DBB
Deutscher Beamtenbund
DFeuG
Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
EVG
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
FDP
Freie Demokratische Partei
FTI
Verband Deutscher Flugsicherungs-Techniker und –Ingenieure
GdF
Gewerkschaft der Flugsicherung
GDL
Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer
GDS
Gewerkschaft der Servicekräfte 2
GG
Grundgesetz
GÖD
Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen
HDE
Handelsverband Deutschland
iGZ
Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V.
M+E Verbände Metall- und Elektroindustrie Verbände MB
Marburger Bund
NAG
Neue Assekuranz Gewerkschaft
OT Verbände
Verbände ohne Tarifbindung
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschland
TGL
Technik Gewerkschaft Luftfahrt
TVG
Tarifvertragsgesetz
TVöD
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
UFO
Unabhängige Flugbegleiter Organisation
VAA
Verband angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie
VdF
Verband Deutscher Flugleiter
ver.di
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
VKA
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
VMF
Verband medizinischer Fachberufe
3
1
Einleitung
Die Tarifpolitik steht unweigerlich vor einem bedeutungsvollen Wandel. So hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinen Urteilen vom 27. Januar 2010 und 23. Juni 2010 dazu entschlossen, den seit über fünfzig Jahren geltenden, aber seit jeher rechtlich umstrittenen Grundsatz der Tarifeinheit „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ aufzugeben (BAG, Pressemitteilung Nr. 9/10; BAG, Pressemitteilung Nr. 46/10; Völker / Herold 2011: 3f). Damit können in einem Betrieb oder Unternehmen nun unterschiedliche Tarifverträge für die in verschiedenen Gewerkschaften organisierten Arbeitnehmer parallel zur Anwendung kommen. Dies hat zur Folge, dass vor allem Spartengewerkschaften, die einzelne Berufsgruppen vertreten, in ihrer Position gestärkt werden. Denn diese können nun künftig auch dort eigene Tarifverträge durch einen Arbeitskampf erzwingen, wo eine Großgewerkschaft bereits einen Tarifvertrag für die ganze Belegschaft abgeschlossen hat (Völker / Herold 2011: 5).
In Folge wurde eine lebhafte Diskussion hervorgerufen. Im Mittelpunkt dieser Diskussion steht dabei neben dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur geänderten Rechtsprechung der Tarifeinheit (BAG, Pressemitteilung Nr. 9/10; BAG, Pressemitteilung Nr. 46/10) die am gleichen Tag nach Bekanntgabe des Urteils veröffentlichte gemeinsame Initiative der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) mit ihrer Forderung nach einer mit Eingriffen in das Streikrecht verbundenen gesetzlichen Verankerung der Tarifeinheit innerhalb des Tarifvertragsgesetzes (Initiative BDA/DGB 2010). Ihr Vorhaben begründen diese vor allem damit, dass nach der Kehrtwende des Bundesarbeitsgerichts zum Grundsatz der Tarifeinheit mit einer erheblichen Zersplitterung der Tariflandschaft sowie einer drastischen Zunahme von Arbeitskämpfen zu rechnen sei (Initiative BDA/DGB 2010). Unterstützung für die gemeinsame Initiative von BDA und DGB gab es vor allem seitens Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU), Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und der SPD-Fraktion (Siems / von Borstel 2011; Sturm 2010). Spartengewerkschaften, wie etwa der Marburger Bund (MB), die 5