Stadtrecht, Roland und Pranger

Stadtrecht, Roland und Pranger : zur Rechtsgeschichte von Halberstadt,. Goslar ... Zum Roland von Halberstadt. 259 .... schaftssymbole wie etwa der Braun-.
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Stadtrecht, Roland und Pranger

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Harz-Forschungen Forschungen und Quellen zur Geschichte des Harzgebietes

Herausgegeben vom

Harzverein für Geschichte und Altertumskunde e. V. durch Christof Römer in Verbindung mit Bernd Feicke, Hans-Jürgen Grönke, Christian Juranek und Dieter Pötschke

Band XIV.

Wernigerode und Berlin 2002 2

Dieter Pötschke (Hg.)

Stadtrecht, Roland und Pranger Zur Rechtsgeschichte von Halberstadt, Goslar, Bremen und Städten der Mark Brandenburg

Lukas Verlag 3

Abbildung auf dem Umschlag: Der »Ruland zu Gardelegen«, Ausschnitt aus einem Kupferstich von J. E. Gericke sc. Berol. 1753, nach J. Chr. Bekmann (1753) (Archiv Pötschke) Das Projekt und die Tagungen wurde mit freundlicher Unterstützung des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, des Regierungspräsidiums Magdeburg, des Städtischen Museums Halberstadt, des Geschichtsvereins Goslar, des Schwiecheldt-Hauses in Goslar, der Harzbibliothek Wernigerode und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz in Österreich realisiert. Die Autoren tragen die Verantwortung für ihre Aufsätze.

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Stadtrecht, Roland und Pranger : zur Rechtsgeschichte von Halberstadt, Goslar, Bremen und Städten der Mark Brandenburg / Dieter Pötschke (Hg.). – Erstausg., 1. Aufl. – Berlin : Lukas-Verl., 2002 (Harz-Forschungen ; Bd. 15) ISBN 3–931836–77–0

© by Lukas Verlag Erstausgabe, 1. Auflage 2002 Alle Rechte vorbehalten Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte Kollwitzstraße 57 D–10405 Berlin http://www.lukasverlag.com Satz: Ben Bauer, Berlin Umschlag: Verlag Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISBN 3–931836–77–0

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Inhalt

Geleitwort

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DIETER PÖTSCHKE: Einführung

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Stadt- und Rechtsgeschichte im Mittelalter

GUDRUN WITTEK Frühe urbane Ordnungsansätze als Quelle für Stadtfrieden. Halberstadt, Quedlinburg, Magdeburg, Halle und andere Städte

31

SABINE GRAF Die Reichsstadt Goslar in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und die Kodifizierung des Goslarer Stadtrechts

55

HANSGEORG ENGELKE Das Projekt »Edition und Übersetzung des Goslarer Stadtrechts nach der Goslarer Handschrift«

77

MAIK LEHMBERG Zur Transkription und neuhochdeutschen Übersetzung des sogennanten Ratscodex des Goslarer Stadtrechtes

84

FELIX ESCHER Zur Geschichte der märkischen Rolandorte im Mittelalter

94

DIETER PÖTSCHKE Utgetogen Recht steit hir. Brandenburgische Stadt- und Landrechte im Mittelalter

109

Rolande und andere Rechtssymbole

GERNOT KOCHER Realien als Elemente der rechtlichen Bildersprache

166 5

DIETER PÖTSCHKE Fälschung – Dichtung – Glaube. Wie aus Rolanden Rechtssymbole wurden

177

BERND ULRICH HUCKER Unbekannte Rolandssäulen im norddeutschen Raum. Versuch einer Bestandsaufnahme

238

ADOLF SIEBRECHT Zum Roland von Halberstadt

259

BERND FEICKE Die Plastik »Knoblauchskönig« in Eisleben – Sagengestalt, Herrscherportrait oder Rechtsdenkmal?

267

THEODOR GOERLITZ † Randbemerkungen zu Siegfried Rietschels Monographie »Markt und Stadt in ihrem rechtlichen Verhältnis«, Kapitel Rolande

288

SIMONE SIEWERT Die Sage von der Daneilshöhle und dem Roland in Halberstadt

288

KONRAD MOTZ Korbgalgen und Pranger. Rechtsinstrumente und Rechtsverordnungen

309

ANDRZEJ GULCZYŃSKI Pranger in Polen. Stand und Forschungsperspektiven

352

Anlagen 1. Vorträge der bisherigen Wissenschaftlichen Tagungen »Roland und Recht in Mittelalter und früher Neuzeit« 2. Verzeichnis der Pranger auf dem heutigen Gebiet Polens 3. Verzeichnis der Pranger in Tschechien und der Slowakei 4. Bisher erschienene Bände der Harz-Forschungen

378 384 386 388

Anhang Abkürzungen

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Über die Autoren

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In memoriam Prof. Dr. Dr. Winfried Trusen †

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Geleitwort Stadtrecht, Roland und Pranger stellen seit Jahrhunderten Gelehrte und Kundige vor oft unlösbar erscheinende Aufgaben. In diesem Band werden erstmals diese drei Themen unter einem gemeinsamen Blickwinkel behandelt, wobei die Harzlande im Zentrum der Darstellungen stehen. Die Beiträge genügen wissenschaftlichen Ansprüchen, sind aber allgemeinverständlich geschrieben und sollen so zur Stärkung des Heimatbewusstseins insbesondere im Land SachsenAnhalt beitragen. Ein Einstieg in die Heimatgeschichte kann nach Auffassung des Geologen Prof. Dr. Friedrich Solger ein Denkmal, eine Sage oder ein entsprechendes Buch sein. Eine Besonderheit der behandelten Rechtsgegenstände besteht darin, dass Stadtrechte, Rolande und Pranger nicht nur als Themen für die Rechtsgeschichte, Geschichte und rechtliche Volkskunde vorzüglich geeignet scheinen, sondern sich auch als Gegenstände noch heute großer Verehrung im Volke erfreuen. Hier gelangen die überarbeiteten Vorträge der beiden Jahrestagungen der Fachkommission »Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung« im Harz-Verein für Geschichte und Altertumskunde 1999 in Goslar und 2000 in Halberstadt zum Abdruck. Der Harz-Verein bietet damit der Roland- und Pranger-, aber auch neuerdings der Stadtgeschichtsforschung eine neue Plattform, nachdem die erste wissenschaftliche Rolandtagung vom Städtischen Museum 1983 in Halberstadt und die 2.–5. Tagung »Roland und Recht im Mittelalter und früher Neuzeit« in den Jahren 1986, 1989, 1994 und 2000 im Auftrag des Nicolaikreises zu Berlin durchgeführt wurden (s. Anlage 1). Auch wenn die Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung der Anlass für den Band war, so geht er in seinem Rahmen und damit in seiner wissenschaftlichen Bedeutung weit über den Harzraum hinaus, denn das Recht kannte im Mittelalter keine Landesgrenzen. Der vorgelegte Band ist auch Ausdruck der neuen Qualität der guten Zusammenarbeit des Harz-Vereins mit lokalen Geschichtsvereinen und Institutionen im Harzraum wie dem Geschichtsverein Goslar, dem Schwiecheldt-Haus in Goslar, dem Städtischen Museum Halberstadt und dem Geschichtsverein für Halberstadt und das nördliche Harzvorland und der Harzbücherei Wernigerode. Zugleich spiegelt der Band die Kooperationsfähigkeit des Harz-Vereins mit dem universitären und Hochschulbereich wider, indem Spezialisten wie Prof. Dr. Gernot Kocher (Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz in Österreich), Prof. Dr. Bernd Ulrich Hucker (Institut für Geschichte und Historische Landesforschung der Hochschule Vechta), Dr. Maik Lehmberg 9

(Universität Göttingen) und Dr. Andrzej Gulczyński (Institut für Römisches Recht und Rechtsgeschichte der Adam-Mickiewicz-Universität Poznań in Polen) für wichtige Beiträge gewonnen werden konnten. Nachdem bereits 1999 mit dem Band »Rolande, Kaiser und Recht« von der Fachkommission »Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung« die Harz-Forschungen (Bd. 11) als Buchreihe wieder aufgenommen wurden, legt der Harz-Verein durch seine Fachtagungen und die Bände 12 (Anhaltischer Harz, erschienen 2000), 13 (Harzer Montanwesen, erschienen 2001) und dem vorliegenden 14. Band Zeugnis von seiner Tätigkeit als eine Art länderübergreifende Historische Kommission des Harzraumes ab. Verschiedene seiner Fachkommissionen, wie die zur Landesgeschichte, der Kirchen- und Klostergeschichte, der Geschichte des Bergbaus u.a., werden von ihrer Arbeit in weiteren Bänden der Harz-Forschungen berichten. Zu danken ist dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt, dem Regierungspräsidium Magdeburg, dem Museum der Stadt Halberstadt, dem Geschichtsverein Goslar und der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz für ihre Unterstützung bei dem Zustandekommen des Projektes. Dr. Christof Römer

Dr. Dieter Pötschke

Vorsitzender des Harz-Vereins; Mitglied der Historischen Kommission für Niedersachsen

Leiter der Fachkommission Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung im Harz-Verein; Mitglied der Brandenburgischen Historischen Kommission

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Einführung Dieter Pötschke

Mit einem für Fragen aus der Geschichte des Mittelalters einzig dastehenden Eifer nahmen Gelehrte und Laien sich des Rolandproblems um so mehr an, als dasselbe sich als dankbares Objekt für die verschiedenartigsten Forschungsinteressen erwies. Die politische und die Rechtshistorie, die Sagenforschung und Mythologie, Philologie und Archäologie haben sich unter den Rolandsbildern bald die Hände gereicht, bald wacker herumgeschlagen. Karl Heldmann, 1904 1

Der Titel des Bandes »Stadtrecht, Roland und Pranger« bedarf einer Rechtfertigung, da die drei angesprochenen Forschungsgebiete der deutschen Rechtsgeschichte in der Literatur bisher keine gemeinsame Behandlung fanden. Am nächsten kam diesem übergreifenden Thema noch der schlesische Rechtshistoriker Theodor Goerlitz, der die Rechtsgeschichte der Rolandorte in seiner 1934 in Weimar erschienenen grundlegenden Monographie »Der Ursprung und die Bedeutung der Rolandsbilder« systematisch aufarbeitete. Auch im vorliegenden Band wird der Leser keine erschöpfende Darstellung der bisher getrennt behandelten drei Themenkreise vorfinden. Vielmehr soll erstmals der Versuch unternommen werden, immer noch offene Fragen der drei Gebiete unter einem gemeinsamen Blickwinkel aufzugreifen und Lösungsansätze dafür zu entwikkeln. Dabei erstreckt sich das Untersuchungsgebiet auf den Harzraum und seine Umgebung, aber auch auf einige über die Rolande »rechtsverwandte« Orte wie Bremen und die Städte der Mark Brandenburg. Zwei Gedankenketten führten zu dieser Thematik. Zum einen wurde in der Rolandforschung seit dem 17. Jahrhundert auf die Frage nach dem Ursprung und der rechtlichen Bedeutung der Rolandstandbilder bisher vergeblich eine Antwort gesucht. Während man früher – vor allem in der Zeit um 1900 – recht willkürlich Rolande mit einzelnen rechtshistorischen Begriffen in Verbindung zu bringen suchte (Reichsunmittelbarkeit, Marktrecht, hohe Gerichtsbarkeit usw.), ist in der Rolandforschung der letzten zwanzig Jahren eine systematische Hinwendung zum rechtshistorischen Hintergrund der Rolanderrichtungen und der Stadtgeschichte der Rolandorte zu beobachten. Rechtshistoriker wie Rolf 1 Die Rolandsbilder Deutschlands in dreihundertjähriger Forschung und nach den Quellen. Beiträge zur Geschichte der mittelalterlichen Spiele und Fälschungen, Halle 1904, S. 1.

Dieter Pötschke

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1 Roland von Halberstadt aus dem Jahr 1433 vor dem wiedererrichteten Rathaus (Pötschke 2000)

Lieberwirth (Halle), Winfried Trusen (†), Heiner Lück (Halle), Dietlinde Munzel-Everling (Wiesbaden)2, aber auch Historiker wie Bernd Ulrich Hukker (Vechta), Gudrun Wittek (Magdeburg), Evamaria Engel und Felix Escher (Berlin)3 ebneten den Weg. Damit erst wurde die Rolandthematik auch der rechts- und stadtgeschichtlichen Methode zugänglich.4 Die fünf bisher durchgeführten Tagungen der Reihe »Roland und Recht in Mittelalter und früher Neuzeit« bildeten eine geeignete Plattform für streitbaren Ideenaustausch und zur Betrachtung der Rolandthematik unter verschiedenen Blickwinkeln (s. Anlage 1 am Ende des Bandes). Zum anderen stellt sich in der Stadtund Rechtsgeschichte von jeher die Frage, ob und wie einzelne Rechte symbolisiert wurden. Dies soll hier an den Beispielen Roland und Pranger eingehender untersucht werden. In weitere Überlegungen sollten Herr-

2 Vgl. Rolf Lieberwirth: Zum Stand der rechtsgeschichtlichen Beurteilung der Rolandbilder, in: Nordharzer Jahrbuch 11 (1986), S. 5–9. – Winfried Trusen: Der »Heilige« Roland und das Kaiserrecht, in: Kurt Ebert (Hg.): FS Nicolaus Grass, Innsbruck 1986, S. 395–406. – Heiner Lück: Der Roland und das Burggrafengericht zu Halle, in: E. Donnert (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt, Band 1, 1997, S. 61–81. – Dietlinde MunzelEverling: Rolandfiguren und Kaiserrecht, in: Dieter Pötschke (Hg.): Rolande, Kaiser und Recht. Zur Rechtsgeschichte des Harzraumes und seiner Umgebung (= Harzforschungen, Bd. 11), Berlin 1999, S. 133–157. 3 Bernd Ulrich Hucker: Der hansestädtische Roland, in: Hanse – Städte – Bünde. Die sächsischen Städte zwischen Elbe und Weser um 1500, Bd. 1 [Ausstellungskatalog], Magdeburg 1996, S. 474– 494. – Gudrun Wittek: Zur Freiheit südhansischer Rolandstädte – Halberstadt, Magdeburg, Halle, Quedlinburg, Stendal, Nordhausen und Erfurt im Mittelalter, in: Sachsen-Anhalt. Beiträge zur Landesgeschichte 11 (1998), S. 7–35. – Evamaria Engel: Ehemalige Städte, Städtchen und Flecken im Land Brandenburg, in: Jb. für brandenburgische Landesgeschichte 52 (2001), S. 7– 29, hier S. 29. – Felix Escher (in diesem Band), S. 94–108. 4 Eine Zusammenfassung der bis dahin erzielten Erkenntnisse findet man in »Rolande, Kaiser, Recht« (wie Anm. 2).

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schaftssymbole wie etwa der Braunschweiger Löwe einbezogen bzw. ihnen gegenüber gestellt werden – eine Anregung, die Franz Irsigler (Trier) gab.5 Im Sinne des Aufsatzes von Gernot Kocher in diesem Band geht es bei den Rolanden letztlich um die Frage, ob die Realie »Ritter Roland« für sich schon ein Recht oder Rechtsverhältnisse verdeutlicht. Sicherlich spielen der Marktplatz und das Rathaus, in deren Nähe sich der Roland befand, in diesem Kontext eine Rolle. (Im Rolandort Questenberg trat in Ermangelung eines Rathauses an dessen Stelle die Dorflinde.) Hier ist es vor allem die von Trusen seit 1985 und dann auch von Munzel-Everling vertretene 2 Statuten der Kaufleute-Innung zu Halberstadt, Anfang der Handschrift mit Art. 1 und These, dass Rolande das Kaiserrecht 2 der Statuten, um 1300 (StA Wolfenbüttel, symbolisieren würden, die neue BeweVII D Hs. 120 fol 2r) gung in die Rolandforschung brachte. Denn der Gedanke vom Kaiserrecht fand durch die deutschen Rechtsbücher wie dem Sachsenspiegel und seinen Glossen weite Verbreitung auch und insbesondere in dem Gebiet, in dem auch die Rolande verbreitet waren. Dadurch wurde ein enger Zusammenhang vom Inhalt mittelalterlicher Rechtsbücher zur Verbreitung der Rolandsidee hergestellt, was zuvor meist durch den Hinweis abgetan wurde, dass Rolande in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels nicht vorkommen würden. (Letztere entstanden bereits 1292–95 im nordöstlichen Harzvorland, Rolande sind aber erst seit 1342 nachweisbar.) Im vorliegendem Band wird zunächst auf die Stadtrechte, Privilegien u.a. von Goslar, Bremen, Halberstadt, aber auch auf die der märkischen Städte exemplarisch eingegangen, um dann mit dem überleitenden Artikel von Gernot Kocher zu den Symbolen zu kommen, die nach der Auffassung der Zeitgenossen verschiedene Rechte der Städte symbolisieren sollten. Die Rechte von Bremen und Halberstadt sind für die Rolandforschung von besonderem Interesse, da die

5 Auf der Tagung »750 Jahre Berlin« des Instituts für mittelalterliche Geschichte der HumboldtUniversität Berlin im September 1987.

Einführung

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dortigen Rolande zu den ältesten erhaltenen zählen. Die Bischofsstadt Halberstadt besaß übrigens seit dem 14. Jahrhundert Goslarer Stadtrecht. Die Privilegien der märkischen Städte sind nicht nur für die Rechtsgeschichte dieser Orte wichtig. Die historische Mark Brandenburg (einschließlich Alt- und Neumark) muss auch als das Hauptverbreitungsgebiet unserer Rolande angesehen werden. Hier befanden sich einst 15 der 52 überhaupt nachweisbaren Rolande.6 Eine Klammer zwischen den Bereichen Stadtrecht/-friede und Roland/ Pranger bildet die folgende Beobachtung. Die Bürgerschaft schloss sich oft nach dem Vorbild der kaufmännischen Gilden zusammen. Das bedeutet dauerhaften und verbindlichen Ausschluss von Fehde und gewaltsamer Auseinandersetzung, einen städtischen Frieden also, der weit umfassender als Gottesfrieden oder Landfrieden war. Dieser Friede, der in vielen Stadtrechten proklamatorisch an zentraler Stelle ausgesprochen wird, verlangt eine stärkere Verrechtlichung der Beziehungen der Bürger, vor allem eine Ausbildung von Strafrecht, aber auch Prozess- und Beweisrecht, wie auch friedewahrender polizeilicher Ordnung des engeren Zusammenlebens in der Stadt.7 Aber auch die für viele Städte wichtigen Rechtssymbole wie Roland und Pranger befanden sich an zentralen und bekannten Stellen – waren Zeichen für Recht und Ordnung in der Stadt. Welchen Eindruck mag der überlebensgroße geharnischte Roland vor dem Rathaus mit erhobenem Schwert, ein Pranger oder ein Korbgalgen vor der Stadt im Denken des Bürgers zur Zeit des Mittelalters vermittelt haben? Im Teil I des vorliegenden Bandes geht es um ausgewählte Probleme der Stadtund Rechtsgeschichte im Mittelalter. So werden zunächst von Dr. Gudrun Wittek frühe urbane Ordnungsansätze als Quelle für Stadtfrieden am Beispiel der späteren Rolandsorte Halberstadt, Quedlinburg, Magdeburg, Halle und anderer Städte systematisch und quellennah untersucht. Dabei reicht das abgehandelte Gebiet weit über das in ihrer Überschrift bezeichnete hinaus. Danach ist Stadtfrieden in seinen Anfängen um den Marktfrieden erweiterter Burg-, Kloster- oder Ortsfrieden. Mit dieser These liegen das Hauptaugenmerk und der Untersuchungsansatz auf dem Markt. Wittek geht der Frage nach, ob sich bevriden und bewaren als möglicher Ansatz urbaner Ordnung bereits für das zehnte und elfte Jahrhundert nachweisen lässt. Fünf weitere Arbeiten beziehen sich auf stadtrechtliche Fragen. Aus aktuellem Anlass – Neubearbeitung und Übersetzung der Goslarer Handschrift des Goslarer Stadtrechtes – geht es in den ersten drei Aufsätzen um Goslar. Leiter des Projektes ist Hansgeorg Engelke, der über das Projekt »Edition und Übersetzung des Goslarer Stadtrechts nach der Goslarer Handschrift« berichtet. Das um 1330 aufgezeichnete Goslarer Rechts6 Nach Hucker ergeben sich leicht abweichende Zahlen, vgl. seine Arbeit in diesem Band. 7 G. Dilcher: Art. »Stadtrecht«, in: HRG 4 (1990), Sp. 1863–73, hier Sp. 1865.

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