Sicher durch den Sturm – mein Projektteam wirksam

Wirtschaftspsychologie aktuell, 1/2011, S.14-16. Olaf Hinz, Sicher durch den Sturm – so halten Sie als. Projektmanager den Kurs, Zürich 2009. Olaf Hinz & Jan ...
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Sicher durch den Sturm – mein Projektteam wirksam führen 1

Olaf Hinz 1

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Projektmanagement jenseits von Tools & Checklisten

Projektmanagement ist in seinem Ursprung eine alte Ingenieurskunst und hat seine Wurzeln in der Mitte des letzten Jahrhunderts. Eine starke Werkzeug- und Methodenwelt beherrscht das landläufige Verständnis von gutem Projektmanagement. Aktuell sind verschiedene Zertifizierungsmodelle auf dem Markt, die alle eins gemeinsam haben: eine verbindliche methodische Grundlage auf der Basis eines klar strukturierten Vorgehensmodells zu schaffen. Aber es ist offensichtlich, dass diese Methoden nur eine notwendige Bedingungen für erfolgreiche Projektarbeit sind. Hinzu treten muss die hinreichende Bedingung, d.h. die Verhaltensebene, dass was „Führung im Projekt“ wirklich bedeutet. Das Navigieren in diesem teilweise unbekannten Seegebiet mit all seinen Wettereinflüssen ist letztendlich erfolgskritisch. Dieser Beitrag zeigt wesentliche Bereiche der Führung von Projektteams jenseits von Tools & Checklisten.

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Von Übervätern, Alleskönnern und heimlichen Anführern -Rollendynamik im Projekt

Das Projektmanagement eine effiziente, weil flexible Organisationsform für die Bewältigung einer komplexen, neuartigen und zeitkritischen Aufgabe ist, ist weithin anerkannt und belegt. Das diese Flexibilität aber stabile Rahmenbedingungen im Sinne von festen Rollen braucht, um erfolgreich zu sein, ist in der Praxis schon durchaus weniger präsent. Zu oft nehmen z.B. Auftraggeber fachlichen Einfluss und treffen Einzelentscheidungen oder mischt sich der Projektleiter tief in die inhaltliche Arbeit ein. Dies meist nicht, weil die Grenzen bewusst übergangen werden, sondern in falsch verstandenem Engagement für die Schnelligkeit und unbürokratisches Vorgehen. Aber solange Projektmanagement die Arbeit ist, die die Projektaufgabe am Rande des Chaos entlangführt, braucht es ein Minimum an Verbindlichkeit bzw. Rollenklarheit. Das dies schon in den drei grundlegenden Rollen Auftraggeber, Projektleiter und Spezialisten(Team) im Projekt schwierig ist, zeigt ein Blick auf ihre typische Dynamik: Der Alleskönner vereint die Rolle Auftraggeber und Projektleitung in einer Person. Dies geschieht meist aus dem Antrieb heraus, das Projekt zu beschleunigen und dem Auftraggeber „Lästiges“ von der Hand zu halten. So entscheidet der Projektleiter seine eigenen Vorschläge in der Rolle des

Auftraggebers praktischerweise auch gleich selbst. Dabei vermischt er in wachsender Grandiosität zunehmend seine Rollen und macht diese für sein Projektteam nicht mehr unterscheidbar. Dies führt häufig zu zwei ganz unterschiedlichen Phänomenen bei der Informationsweitergabe: Ein Teil des Projektteams überschüttet den Alleskönner nun mit Informationen, um die eigene Leistung herauszustellen und sich gebührend zu präsentieren beziehungsweise zu positionieren. Der andere Teil der Spezialisten zieht sich zurück und löst seine Bringschuld im Bereich Information nicht mehr ein. Dieses wird dann damit begründet, dass man nicht mehr sicher sei, mit wem man es eigentlich zu tun habe, und man an Machtspielen nicht teilnehmen wolle. Einem Alleskönner begegnet sein Umfeld am besten dadurch, dass man ihn mit seiner Grandiosität konfrontiert. Dies geschieht zunächst auf kollegial-freundschaftliche Weise aus dem Team heraus, indem ironische Bemerkungen oder Witzeleien ("da kommt der Chef", „der Meister hat gesprochen“) auf den Umstand hinweisen, dass der Projektleiter seinen Rolleneinfluss vergrößert. Reicht diese Art von Hinweis nicht aus, so ist der Auftraggeber gefordert, sich seine Kompetenzen zurückzuholen. In einem klärenden Gespräch wird ein wohlwollender Projektsponsor darauf hinweisen, dass er der vorauseilenden Fürsorge des Projektleiters nicht bedarf, sich trotzdem bedanken aber nun wieder erwarten, dass ihm die Entscheidungen auf dem abgesprochenen Wege vorgelegt würden. Ein heimlicher Anführer bildet sich aus dem Kreis der Spezialisten meist dann heraus, wenn das Projekt überwiegend fachlich orientiert, von kurzer Dauer und die Teilnehmerzahl klein ist. Die üblichen Stimmen verschaffen sich Gehör: Jetzt komme es ja darauf an, dass die Leitung „von der Sache“ am meisten verstehe, wenn sie das Projekt zum Erfolg führen wolle. So wird der beste Spezialist langsam aber deutlich auch die Prozesssteuerung übernehmen, damit die Aufgabe auch „richtig "gelöst wird. Unbedingte fachliche Notwendigkeiten und technische Unmöglichkeiten bestimmen dann immer mehr die Projektdiskussionen, in denen der formelle Projektleiter einer laufenden Fachkunde-Prüfung unterzogen wird. Einem heimlichen Anführer begegnet ein Projektleiter am effektivsten mit klarer Kommunikation, professioneller Dis-

tanz und auf Augenhöhe. Mit Verweis auf die notwendigen Projektleitungstätigkeiten, die den Erfolg des Projektes genauso befördern wie die exzellente Fachkompetenz seines Gesprächspartners wird er dann z.B. so argumentieren: Gerade weil es in diesem Projekt auf die Lösung einer fachlich sehr komplexen Aufgabe ankommt, muss man den Spezialisten die zusätzliche Managementaufgabe, die unter anderem ja auch die Anwesenheit in vielen Besprechungen und Gremien nach sich zieht, von der Hand halten. So kann sich der Spezialist ganz auf einen wesentlichen Erfolgsfaktor des Projektes, nämlich seine fachliche Lösung konzentrieren und dem Projektleiter die Kommunikation, Prozesssteuerung und Projektpolitik überlassen.Denn es sei für das Projekt doch schädlich, wenn der heimliche Anführer einen Teil seiner Energie suboptimal und die Projektleitung Ihre Kernkompetenz nur teilweise einsetzen würde. Zu der dysfunktionalen Rollenausprägung Übervater kommt es immer dann, wenn sich Auftraggeber nicht mit ihrer Rolle als Machtpromotor zufrieden geben, sondern persönlich ihre fachliche Expertise direkt in das Projekt einfließen lassen wollen. Dies wohl nicht aus bewusster Umgehung des Projektleiters, sondern eher aus gutem Willen den Projektleiter nicht zu belasten und dem Spezialistenteam seine maßgebliche Vorstellung nicht vorzuenthalten. Einen typischer Fall von: "das Gegenteil von gut, ist gut gemeint"! Wenn Projektleiter mit solchen Auftraggebern zu tun haben, ist ein offenes und professionelles Gespräch unter vier Augen angezeigt. Wenn Sie dann mit Hilfe eines konkreten Beispiels die Vorteile des Informationsflusses über die Projektleitung ihrem Sponsor aufzeigen, wird dieser sich nach aller Erfahrung wieder an seine Rolle halten, wenn er am Projekterfolg ernsthaft interessiert ist. Dabei kommt es natürlich auf Fingerspitzengefühl an, damit die notwendige Rollenklärung nicht zum Affront wird! Der Klassiker der Rollendynamik ist der „oberste Sachbearbeiter“. Dieser beginnt meist schon bei der Ernennung der Projektleitung. Der Projektmanager wird aus dem Reservoir der Spezialisten rekrutiert, aus dem sich später auch das Projektteam speist. Mit neuer Rolle und Aufgabe ausgestattet macht er sich mit seinen bewährten Erfolgsmethoden an die Arbeit und stürzt sich wie selbstverständlich in die Fachdiskussion. Dieses Fehlverhalten als Projektleiter verstärkt sich sogar, wenn der Projektmanager „unsicheres Terrain“ betritt: er zieht sich aus Sicherheitsgründen auf sein technisches Heimspielfeld zurück. Immer wenn ein oberster Sachbearbeiter die Projektführung besetzt, kommt es zu einem faktischen Führungsvakkuum im Projekt. Emotionale und gruppendynamische Unwägbarkeiten werden ausgeblendet oder einer Pseudo-Kontrolle durch Checklisten und rein auf der funktionalen Ebene bleibende Gesprächsführung unterworfen. Diese Strategie führt nicht zu einer effektiven Projektarbeit, sondern lässt neue

zwischenmenschliche Probleme und die Sehnsucht nach Führung entstehen. Der „Selbstbefassungsgrad“ des Projektteams steigt, während die Projektaufgaben leiden. Der erste Schritt, um das Projekt jetzt wieder in eine produktive Phase zu führen, ist auch hier die klare Kommunikation. Der Auftraggeber ist in der Pflicht, das Verhalten des Projektleiters auf das Thema „Führung“ statt „Mitarbeit“ zu lenken. Dabei ist durch einen systematischen Kompetenz und Motivationsabgleich auch zu klären, ob der Projektmanager überhaupt gewillt und in der Lage ist, eine Projektführung zu übernehmen.

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Widerstand nutzt, denn er zeigt Energie

Widerstand ist ein Verhaltensphänomen, das in der Regel nicht offen und explizit zu Tage tritt, sondern sich verdeckt und indirekt zeigt. Ein Teammitglied, das mit der Aussage „ich empfinde Widerstand“ auftritt, ist sehr selten. Häufiger zeigt sich der Widerstand an Symptomen, die auch anderen Ursachen zugeordnet werden können. Wenn Sie als Projektleiter in Ihrem Team oder auch im Umfeld des Projektes solche Symptome bemerken, sollten Sie weiter forschen: Wo liegen die Ursachen? Versetzt man sich in die Lage der Betroffenen, ist es meist gar nicht so schwer, die Gründe zu finden. 1. Der oder die Betroffenen haben die Ziele, Hintergründe oder Motive einer Maßnahme nicht verstanden. 2.

Die Betroffenen haben verstanden, worum es geht, aber sie glauben nicht, was man ihnen sagt.

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Die Betroffenen haben verstanden und glauben auch, was gesagt wird – aber sie wollen oder können nicht mitgehen, weil sie sich von den vorgesehenen Maßnahmen keine positiven Konsequenzen versprechen.

Der erste Fall kann gut durch offene Fragen diagnostiziert werden. Die Ursache „Nicht-Verstanden“ zeigt, dass der Gesprächspartner für einen Dialog aufgeschlossen und auf der Argumentationsebene gut zu erreichen ist. Doch Vorsicht: Wiederholen Sie jetzt nicht einfach die Argumentation, die der Mitarbeiter schon früher nicht verstanden hat. Empfehlenswert ist hier die Technik des aktiven Zuhörens, in der Ihr Gesprächspartner Ihnen erläutert, was er verstanden hat und was ihm noch fehlt. Genau auf diese Punkte können sie dann mit veränderten Argumenten und zusätzlichen Informationen eingehen – und damit den Druck aus der Situation nehmen. Schwieriger ist der zweite Fall. Wenn ein Mitarbeiter Ihre Glaubwürdigkeit als Projektleiter anzweifelt, sind Sie mit Ihrer ganzen Persönlichkeit und seemännischen Gelassenheit gefragt. Entscheidend kommt es dabei auf die Stimmigkeit von Sagen und Handeln an. Wer jetzt sein Projektschiff sowohl methodisch sauber, als auch persönlich überzeugend führt, hat jedoch alle Chancen, dass ihm geglaubt wird. Bleiben die Widerstands-Symptome dennoch bestehen, liegt häufig die dritte Ursache vor: Die Mitarbeiter befürchten

durch das Projekt persönliche „negative Konsequenzen“. Dieser Fall (der zunächst im Dialog mit Mitarbeitern sorgfältig diagnostiziert werden sollte) stellt den Projektleiter im Vergleich zu Fall 1 und Fall 2 vor die größten Probleme. Negative Erwartungen können nämlich weder durch zusätzliche Erklärungen noch durch stimmiges und glaubwürdiges Führungsverhalten aus der Welt geschafft werden. In solchen Situationen empfehle ich einem Projektkapitän, in den Modus des aktiven Handelns und Vorlebens zu wechseln: Es kommt darauf an, dass er weniger durch Gespräche als durch Taten Überzeugendes leistet. Dann können die Beteiligten (im wahrsten Wortsinn) begreifen, um was es geht – und ihre negativen Erwartungen revidieren, die sie durch das Projekt befürchten. Konkret bedeutet das: Ein Projektleiter sollte bereits bei den ersten Meilensteinen Ergebnisse herausstellen, die von den Projektbeteiligten als positiv erlebt werden. So wird den Projektmitarbeiter und Stakeholder das unangenehme Gefühl genommen, dass sie erst 12 bis 24 Monate warten müssen, bis das Projekt für sie vielleicht einmal eine positive Konsequenz hat. Stattdessen erkennen sie sehr schnell, dass sich das Projekt für sie positiv auswirkt. Der Umgang mit Widerständen ist für einen Projektleiter eine anspruchsvolle Angelegenheit. Er muss hierfür viel Zeit für Dialoge und Mikropolitik einplanen. Dennoch lohnt dieser Aufwand, denn erfahrene Projektmanager wissen, dass im Auftreten von Widerstand auch die Chance liegt, die betreffende Person oder Gruppe auf der Motivationsebene, das heißt im Gespräch zu erreichen. Widerstand ist eine kraftvolle Reaktion, bei der sich eine Person oder Gruppe mit dem Thema aktiv auseinander setzt. Es braucht schon eine gehörige Portion Kraft und Energie, in den Widerstand zu gehen. Dieses Potential ist aber nutzbar, wenn es gelingt, die in den Widerstand fließende Energie „umzupolen“. Statt also zu beklagen, dass einige Mitglieder der Mannschaft nicht mitziehen (und sich die „guten alten Zeiten“ zurückzuwünschen, als man solche Matrosen noch „Kiel holen“ konnte), werden erfahrene Seebären die aktive Kommunikation „hart am Wind“ suchen.

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„Gesetzmäßigkeiten der Kommunikation“

nennen Klaus Doppler und Christoph Lauterburg einen kurzen Abschnitt in Ihrem Klassiker "Change Management". Ich habe daraus 9 Punkte formuliert, die sich zu kennen lohnt: 1. Kommunikation als Zwilling des Projektes Es gibt kein erfolgreiches Projekt ohne eine aktive, lebendige und geplante Kommunikationspolitik. 2. Effiziente Kommunikation lebt vom lebendigen Dialog Je motivierender eine Botschaft sein soll, je mehr die wirklichen Interessen der Empfänger berührt sein sollen, d.h. je emotional aufgeladener eine Situation ist, desto notwendiger ist ein echter Dialog. Nur im echten, d.h. durch aktives Zuhören und wahrhaftiges Aussprechen gekennzeichneten, Dialog klären sich

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Interessen, Ziele, Hoffnungen und Befürchtungen. Je mehr wir uns in der Praxis vor einer direkten Begegnung und Auseinandersetzung fürchten, desto eher ist sie angesagt. Man kann nicht nicht kommunizieren (P. Watzlawik) Führen heißt, sagen was ist! Lücken in der Kommunikation, Schweigen, einseitige Stellungnahmen, für die kein Platz zur Diskussion eingeräumt wird, werden von den Empfängern mit eigenen Phantasien und Interpretationen aufgefüllt, d.h. gemäß den eigenen (Vor-)urteilen aufgefüllt. Nur wer selbst aktiv kommuniziert, kann dafür sorgen, dass er seine Botschaft anbringt! Es ist fast immer zu spät Wer im üblichen Projektchaos immer vollständig und schön der Reihe nach kommunizieren will, kommt im Strudel der Ereignisse fast immer zu spät. Meist ist es deshalb besser, unvollständig, aber zügig zu kommunizieren. Aber das Unwohlsein wird bleiben: früh, aber unvollständig oder spät aber dafür vollständig…. Jeder hört, was er hören will Je emotionaler die Situation, desto größer ist die Gefahr der selektiven Wahrnehmung. Dies geschieht meist unter dem Einfluss von zwei Faktoren: Glaubwürdigkeit des Senders und Vorerfahrungen des Empfängers; an der einen Seite haben sie direkten Einfluss…. Erfolgreiche Kommunikatoren erkunden vorher Gut kommuniziert nur, wer vorher erkundet, wie der Adressatenkreis eingestellt ist. Nur so kann die Kommunikation ausgerichtet und so verpackt werden, dass die Botschaft ankommt. Denn der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler! Es gibt keine neutrale Kommunikation Jede Kommunikation will etwas erreichen! Je genauer inszeniert, desto stärker ist die Absicht; also seien sie auf der Hut, wenn jemand den Versuch der Beeinflussung in Abrede stellt oder verschleiert… Es gibt auch den Guten zu viel Manchmal ist es notwendig, eine besonders wichtige Botschaft mehrmals und auf unterschiedlichen Wegen auf die Reise zu schicken. Aber Vorsicht vor Stereotypen; die Menschen reagieren gereizt auf Wiederholungen und sind danach nur schwer zugänglich! Der Appetit kommt beim Essen Nur informierte Mitarbeiter sind engagierte Mitarbeiter. Mit zunehmender Intensität steigt aber auch das Anforderungsniveau an den Sender, noch etwas „Neues“ zu bieten. Oder anders: wer informiert ist, ist eher unruhig, weil er Entscheidungen erwartet…

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Projektmanagement braucht keine Helden

Erfolgreiches Projektmanagement benötigt keinen tapferen Helden, der die im Projekt auftretenden Überraschungen und unvermeidlichen Widerstände niederkämpft und die Dinge „wegschafft“. Ein postheroischer Projektleiter hat den Unterschied zwischen kompliziert und komplex erkannt. Alle Themen, die kompliziert sind, also mit viel Aufwand, hoher Ressourcenqualität und individuellem Einsatz „geknackt“ werden müssen, werden „gemanagt“, d.h. mit modernem PM –Methoden und IT-Einsatz gesteuert. Alle Themen, die komplex sind, also mit teilweiser Unvorhersagbarkeit, Rückkopplungen, „chaotischen Mechanismen“ und nicht-linearer Dynamik versehen sind, werden geführt, d.h. agil, flexibel und dynamisch geplant und dann u Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen. Ein postheroischer Projektleiter verzichtet auf die Vorgaben einer „Planwirtschaft“, wie sie im Projektmanagement leider noch immer gelehrt werden. Anstatt sich den Blick durch lineare Methoden einzuengen, nimmt er aufmerksam alle Ereignisse und Signale auf, die er im Zusammenhang mit seinem Projekt beobachtet. Wer so agiert, zeigt eine Haltung, die von Neugier, Risikobewusstsein und der Bereitschaft, unentscheidbare Entscheidungen zu treffen, geprägt ist. Dies ist der Kern der Führung: Führen heißt, das Unentscheidbare zu entscheiden, lautet die scheinbare Paradoxie, die wir Heinz von Förster verdanken. Denn das Entscheidbare ist ja schon entschieden, bereits in Form von Prozessbeschreibungen, „messerscharfen“ Schnittstellenpapieren, PMHandbüchern, Spielregeln und Vereinbarungen geregelt. Daher wendet sich eine Führungskraft, die effektiv sein will, den Fragestellungen zu, die nicht bereits einer Regel unterliegen, sie wendet sich den unentscheidbaren Entscheidungen zu. Das Auftreten unentscheidbarer Entscheidungen macht deutlich, dass eine Komplexitätsgrenze überschritten wird, ab der Verhalten und Fortgang eines Prozesses nicht mehr genau berechnet und geplant, sondern nur noch prognostiziert und situativ gesteuert werden kann. Es gibt keine Checklisten mehr, an denen man sich festhalten kann. Ein Projektmanager, der mit einer unentscheidbaren Entscheidung konfrontiert ist, kann letztlich nur auf Erfahrungen aus vergleichbaren Situationen zurückgreifen. Die Führungskraft in einer uneindeutigen Situation muss auf der Basis von Prognosen und des Abgleichs mit ihrem Erfahrungswissen Entscheidungen treffen. Dabei geht sie immer das Risiko ein, „falsch“ zu entscheiden. Denn welche Alternative die wirklich „richtige ist“, kann sie bei einer unentscheidbaren Entscheidung nicht wissen Das zentrale Führungswerkzeug besteht aus Fragen und aktivem Zuhören, die typischen Methoden sind Prozessmanagement, Steuerung von Gruppendynamik und laterale Führung von temporären Teams. Das Ergebnis wird dann ein Projekt sein, das in großer Loyalität und Anbindung an die

Organisation sein Ziel in einem Zeitraum erreicht, den alle Beteiligten mittragen Dabei unterscheidet sich dieser wirkungsvolle Manager vor allem in vier Punkten von seinem Kollegen, der immer noch Heldenkämpfe ficht: Er arbeitet mit Beschreibungen, anstatt von einer „objektiven Wahrheit“ auszugehen. Er denkt in Alternativen, anstatt nach eindeutigen Lösungen zu suchen. Er setzt auf Vernetzung statt auf linearen Kausalketten. Er entscheidet unter Risiko, anstatt bei unerwarteten Situationen entscheidungsunfähig zu sein. Statt also nur zu managen wird er das Projektschiff sicher durch den Sturm führen, indem er folgende Lotsenregeln beherzigt: 1. Führung ist Bringschuld: Wer steuern will, muss aktiv handeln. Wer passiv führt, fördert vor allem die Phantasie seines Teams. 2. Präsenz in der Situation schafft Vertrauen und Verbindlichkeit: Ihr Input im Kleinen gibt Sicherheit über das große Ganze. 3. Motivation entsteht durch Sinn und Zusammenhang: Zeigen Sie, welche Rädchen ineinander greifen müssen und wer diese Rädchen besetzt, damit sich das Uhrwerk des Bereiches dreht. 4. Stecken Sie klare Kompetenzrahmen ab: Was dürfen die Mitarbeiter selbst entscheiden? Welche Zusagen dürfen sie Dritten geben? Mit wem dürfen sie selbstständig verhandeln? 5. Entdeckte Verbesserungspotenziale nutzt der verantwortliche Mitarbeiter. Er bügelt Mängel aus und entwickelt so Eigenständigkeit. Sie dürfen Fehler und Mängel „nur“ feststellen. 6. „Management by wandering around“. Gehen Sie gelegentlich zu ihrem Team und fragen nach, „wie es läuft“. Sie erfahren Details und Zusammenhänge, die in Mails nie auftauchen und die Spezialisten fühlen sich gesehen und ernst genommen. 7. Stehlen Sie Ihrem Team nicht die Zeit. Verbindliche Tagesordnungen führen zu Besprechungen, bei denen nur Entscheidungen getroffen werden, die die Anwesenden betreffen.

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Literatur und Referenzen

Klaus Doppler, Christoph Lauterburg, Change Management, Frankfurt/ Main 2010 Stefan Fleck & Olaf Hinz, „Abschied vom Helden“, in: Wirtschaftspsychologie aktuell, 1/2011, S.14-16 Olaf Hinz, Sicher durch den Sturm – so halten Sie als Projektmanager den Kurs, Zürich 2009 Olaf Hinz & Jan A.Poczynek, „Wider die zunehmende Verdosung des Projektmanagements“, in: Organisationsentwicklung, 1/2011, S. 72-76