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01.05.2015 - lerweise ist der Folgeschritt in der Karriere schon vor Beginn des ..... offen für externe Berater sein, denn „sie er- sparen sich und dem Expat ...
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AUSLANDSENTSENDUNG

Round Table

Gegen das große Fremdeln in der Heimat Re-Entry-Schock, Expat-Falle, Statusverlust, Karrierebremse: Mit diesen Vorstellungen verbinden nicht wenige Repats im Nachhinein die Rückkehr ins Heimatland. Die häufig erlebten Desillusionierungen sind hinlänglich bekannt – im Vergleich zu den Optionen, mit denen Unternehmen gegensteuern können. Darüber diskutierte Professor Michael Heuser mit Global Mobility-Experten.

osition weg, Abteilung aufgelöst, ein anderer Geschäftsführer, eine neue Unternehmensausrichtung und zu Hause meckern Partner und Kinder, weil die Integration holprig anläuft: Auf diesem Nährboden wachsen die Gründe für die Eigenkündigung, die immerhin ein Drittel der Repats auch durchziehen. Sie gehören zu der Gruppe von Mitarbeitern, die mit einem klassischen Langzeit-Assignment entsendet wurden und bei denen der Arbeitgeber in der Heimat kaum einen Gedanken auf die Rückkehr verwendet hat. Zwar nehmen andere Entsendeformen, bei denen eine Repatriierung nicht notwendig ist, massiv zu: So wuchs allein im vergangenen Jahr die Anzahl der Policies für Business Traveller, One-way-Transfers and Kurzzeitentsendungen um rund 60 Prozent, wie die Studie „Mobility Outlook survey (MOS 2015)“ von AIRINC belegt. Doch bisher dominiert die Langzeitentsendung mit einer Dauer von zwei bis fünf Jahren. Werden diese Repats nicht erfolgreich integriert, verlassen sie relativ rasch das Unternehmen. Vorausgesetzt, Arbeitgeber nehmen diesen Umstand nicht billigend in Kauf, stehen sie vor der Frage, wie sie eine gelingende Re-

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patriierung der Fach- und Führungskräfte gestalten können. Bei allen Erfahrungen, die Rückkehrer und Entsender in den letzten Jahrzehnten sammeln konnten, kristallisieren sich letztlich drei wesentliche Aufgabenfelder heraus: Das erste kreist um die Herausforderung, die passende Position für den „Wiedereinsteiger“ zu finden; an zweiter und dritter Stelle stehen versicherungsrechtliche Fragen und die kulturelle Wiedereingliederung; beide Felder wiegen ähnlich schwer wie das erste, doch die Rückkehrposition bereitet oft das meiste Kopfzerbrechen.

Folgeposition gesucht Eigentlich sollte es im Interesse von Arbeitgebern liegen, die nicht gerade wenig in einen Expat investieren, diese Fach- und Führungskräfte im Unternehmen zu halten – besonders vor dem Hintergrund fehlender hochqualifizierter Mitarbeiter. „Idealerweise ist der Folgeschritt in der Karriere schon vor Beginn des Auslandseinsatzes geplant“, bemerkt der Leiter internationale Krankenversicherung bei AXA, Tobias Pape, „doch häufig ist es nur der Schritt ins Ausland.“ Natürlich seien die Gründe für das Scheitern der Integration vielfältig.

So haben viele Expats während ihrer Entsendung einen Sonderstatus, erfreuen sich an hohen Gehältern, Zusatzleistungen wie die Kostenübernahme für Schulen, Haushaltshilfe und dem privaten Krankenversicherungsschutz, kurzum: Sie genießen komfortable Lebensumstände. Bei der Rückkehr sind sie jedoch „wieder einer von vielen und müssen sich einordnen“, was dazu führen kann, dass diese Mitarbeiter innerlich kündigen. Der Verlust des Sonderstatus lässt sich kaum ausgleichen, doch Expats erwarten vor allem, dass ihr Jobprofil stimmt und dieses ihre neuen Erfahrungen integriert. Lässt sich das planen? Thierry Pho Duc, der das Talent Management bei der Heraeus Holding verantwortet, sieht gute Chancen: „Die Entsendung sollte als ein Baustein in der Entwicklung eines Mitarbeiterprofils

Professor Dr. Michael Heuser von der Fachhochschule der Wirtschaft in Mettmann moderierte das Round TableGespräch.

begriffen werden.“ Wenn die langfristige Entsendung mit der Personalplanung und -entwicklung abgestimmt sei und sich der Mitarbeiter im Auslandseinsatz zum Beispiel im Vertrieb qualifiziere, sollte er nach seiner Rückkehr eine passende, globale Vertriebsfunktion übernehmen können. Doch es gibt eine Einschränkung: Zwar fällt es in der Regel Großunternehmen leichter, Rückkehrern attraktive Positionen zuzusagen, aber auch in großen Organisationen können sich Geschäftsbereiche innerhalb von zwei bis drei Jahren anders als geplant entwickeln. Steht dann die Stelle nicht mehr zur Verfügung, empfiehlt Thierry Pho Duc, den unternehmensinternen Arbeitsmarkt besser im Blick zu haben. Ihn auszuschöpfen gelinge, wenn die Besetzung von Schlüsselpositionen bereichsübergreifend über eine Querschnittsfunktion wie das Talent Management koordiniert werde. „Das Ziel lautet, das entwickelte Mitarbeiterportfolio so einzusetzen, dass sowohl für das Unternehmen als auch für die Mitarbeiter ein Return on Invest herauskommt.“ In der Verknüpfung der Mobility-Programme mit Talent Management und Personalentwicklung sieht auch Giovanni De Carlo eine große Chance. Der Director Business Development Continental Europe von Crown World Mobility plädiert allerdings für Transparenz. Jedem Mitarbeiter müsse offen kommuniziert werden, dass sich das Unternehmen und die Organisationsstruktur im Entsendezeitraum verändern können. De Carlo: „Ich rate Unternehmen, keine unmöglichen Versprechungen zu geben.“ Auch aus arbeitsrechtlicher Sicht müssen sich Unternehmen spätestens beim Aufsetzen der Policy entscheiden, ob sie den Expat nach Beendigung des Einsatzes halten möchten. Falls ja, sollten die Verantwortlichen klären, wie er eingesetzt werden könne, empfiehlt Dirk Paschke, Partner in der Kanzlei T/S/C Fachanwälte für Arbeitsrecht. Zwar seien die Gestaltungsmöglichkeiten im deutschen Arbeitsrecht begrenzt, „doch was vertraglich nicht vereinbart ist, kann nachher zu einem großen Problem



Wenn Unternehmen den internen Arbeitsmarkt besser im Blick haben, ergibt sich für sie und den Repat ein Return on Invest. Thierry Pho Duc, Head of Global Talent Management, Heraeus Holding GmbH



Der Arbeitgeber hat nicht nur eine Fürsorgepflicht während des Auslandsaufenthaltes; auch an die Weiterversicherung nach der Rückkehr muss er denken. Tobias Pape, Leiter internationale Krankenversicherung, AXA Krankenversicherung AG

werden“. Welche Konsequenzen hat es, wenn der Arbeitsplatz nicht mehr vorhanden ist oder nur in anderer Form? Im Vorfeld sollte beispielsweise überlegt werden, ob der Arbeitnehmer bei der Muttergesellschaft angestellt bleibt und auf Grundlage eines zweiten Vertrages mit der ausländischen Tochtergesellschaft entsendet wird. Darüber hinaus sollten andere „Planänderungen“ in die Vertragsgestaltung einfließen, rät Rechtsanwalt Paschke. Beispielsweise für den Fall einer vorzeitigen Rückkehr des Expat.

Richtig versichert bei der Rückkehr? Doch nicht nur die Klärung der Rückkehrposition wird in den wenigsten Fällen von der Entsendung bis zum Wiedereintritt ins Heimatunternehmen durchgeplant, auch bei Renten-, Steuer- und Sozialversicherung zeigen sich Lücken. Häufig nicht geklärt, so Jürgen Heidenreich, Mobility-Experte bei der TK, sind die Fragen nach einer Anwartschaftsversicherung oder Rentenversicherungen bei Expats, die nicht mehr dem deutschen Sozialversicherungsrecht

unterliegen. Ebenso werde nicht bedacht, ob eine freiwillige Arbeitslosenversicherung in Deutschland notwendig ist. „Diese Fragen werden oft erst gestellt, wenn es zu spät ist, sie gehören aber bereits in eine Rückkehrplanung.“ Möglicherweise entstehen dadurch höhere Kosten, aber „im Endergebnis ist es günstiger. Falls der Expat schlecht beraten wird, muss der Arbeitgeber dafür haften“. Versicherungsrechtliche Fehler im Vorfeld können zur inneren oder tatsächlichen Kündigung der Repats führen, beispielsweise wenn er böse Überraschungen hinsichtlich seiner steuerlichen Situation erlebt. Omer Dotou, Director Expatriate Consulting & Management bei BDAE: „Diese Felder werden häufig unterschätzt und können zu erheblichen Kosten führen.“ Investitionen in Beratungsleistungen im Vorfeld einer Entsendung schreckten zwar viele Personalverantwortliche ab, seien aber langfristig oft die bessere Alternative. Beispielsweise um nicht aus dem Auge zu verlieren, wie lange Unternehmen nach der Entsendung noch den sogenannten nachlaufenden Arbeitslohn auszahlen müssen. Wenn zwei bis drei Sonderheft 05 | 2015

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Jahre oder noch später Zahlungen aufkommen, die einen Bezug zur Entsendung haben, zeigen sie sich überrascht. Diese Erfahrung hat Frank Dissen, Rechtsanwalt und Steuerberater bei WTS Legal, gemacht. Nicht selten existieren Long-Term-Incentive-Programme, die noch eine Steuerpflicht im Ausland generieren und in Deutschland zur Doppelbesteuerung führen können. Es sollte daher vorab vertraglich geregelt werden, wie zum Beispiel Boni bei einem Auslandsaufenthalt ausgezahlt werden – mit dem Ziel ein optimales Ergebnis aus steuerlicher Sicht zu erreichen. Letztlich brauchen Arbeitgeber „vertiefte Kenntnisse im Arbeits-, Immigrations-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht, weil die Schnittmengen groß und die gegenseitige Einflussnahme immens ist“. Das betont Frank Dissen, der bei WTS One-Shop-Lösungen anbietet, damit sich die Entsendung „nicht nachteilig für den Mitarbeiter und das Unternehmen auswirkt“. Häufig werde die Rückkehr des Expats unnötig erschwert, „weil die notwendigen Kenntnisse in Unternehmen nicht vorhanden sind oder die externen Berater sich nicht abstimmen, sondern jeder für sich mit Scheuklappen nur seinen (Rechts-)Bereich betrachtet“. Eine weiterer Aspekt: Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss ein Arbeitgeber auch die Krankheitskosten seiner entsendeten Mitarbeiter übernehmen. Aus diesem Grund beschäftigen sich die Unternehmen in der Regel bereits im Vorfeld eines Auslandsaufenthaltes mit diesem Thema. Viele Arbeitgeber fragen aber nicht danach, wie der Versicherungsschutz nach der Rückkehr aussehen soll, berichtet Tobias Pape, AXA Krankenversicherung. So hat der Repat bei einigen privaten Krankenversicherern die Option, in deren Krankheitskostenvollversicherung zu wechseln – teilweise ohne eine erneute Gesundheitsprüfung.

Bekannt und doch fremd: die heimische Kultur Vordergründig herrscht bei der Rückkehr – ähnlich wie bei der Entsendung – der Eindruck, der organisatorische Part sei der 10

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Wenn die Verantwortlichen in die strategischen Absichten eingebunden sind, können sie besser die Interessen des Mitarbeiters und des Unternehmens vertreten. Kay Hall, General Manager Europe & Head of Business Development EMEA, AIRINC



Arrival Briefings, Reorientierungsprogramme, Einarbeitungszeit und ein Budget zur beruflichen Wiedereingliederung des Partners haben sich bewährt. Omer Dotou, Head of Corporate Consulting and International Assignments, BDAE Holding GmbH

schwierigste: die Wohnungssuche, der Umzug, die Bürokratie vor Ort. Eine ungleich größere Herausforderung liegt jedoch in der beruflichen und sozialen Reintegration, weiß Christine Beck-Sablonski, Head of Sales bei der ICUnet.AG, aus der Praxis. Der Repat, jahrelang in einer anderen Kultur zu Hause, hat sich ein Stück angepasst und kulturell von seinem Heimatland entfernt. „Für den Rückkehrer muss daher ebenso viel interkulturelle Sensibilität aufgebracht werden, wie für den ausländischen Impat.“ Die Wucht der Eindrücke, die auf ihn einwirken, dürfe nicht unterschätzt werden, mahnt Beck-Sablonski an. Werde der Repat behutsam wiedereingegliedert, dann profitierten Unternehmen von seiner Erfahrung und Expertise. Dies kann aber nur gelingen, wenn Arbeitgeber eingefahrene Wege verlassen. Denn häufig sehe das Prozedere wie folgt aus: Ein Großteil der Unternehmen beschränkt sich auf eine kurze interkulturelle Vorbereitung, beschreibt Gerhard Hain von ti communication Germany & Austria. Während des Auslandseinsatzes kümmerten sich die wenigsten um das Befinden der Expats, und beim Wiedereintritt an die alte

Arbeitsstätte fühle sich der Mitarbeiter oft komplett alleingelassen. Hain, Vorstand von ti communication, formuliert die Anforderungen folgendermaßen: „Die Auslandsentsendung ist kein Event, sondern ein Prozess.“ Die Rückkehrplanung beginne mit dem Aufsetzen der Policy, werde unterstützt durch die Begleitung der Expats im Zielland bis zurück ins entsendende Unternehmen im Heimatland. Je besser vor der Entsendung die Begleitung geplant werde, „je mehr Sicherheit und Verlässlichkeit die Mitarbeiter erleben, umso wahrscheinlicher ist es, dass sie das Unternehmen nicht verlassen werden“.

Vom Arrival Briefing bis zur Familienbegleitung Andere Unternehmen setzen durchaus sehr überlegt Maßnahmen auf und wissen genau, wie sie Repatriates unterstützen können. Solche Abläufe erlebt Omer Dotou, BDAE-Experte, in der betrieblichen Praxis. Die Arbeitgeber arbeiten mit Arrival Briefings oder Reorientierungsprogrammen, damit der Repat Änderungen erkennen und nachvollziehen kann; sie sehen

eine Eingewöhnungs- oder Einarbeitungszeit vor, setzen verstärkt auf den Einsatz einer Relocation-Agentur und stellen ein Budget zur beruflichen Wiedereingliederung des Partners. Wird der Prozess in der Policy geplant, sollte ebenso beachtet werden, dass eine Repatriierung nicht immer geplant und gewollt ist, zum Beispiel bei einer vorzeitigen Rückkehr. Omer Dotou rät: „Eine gute Prozessgestaltung sollte daher die permanente Gefahr der vorzeitigen Beendigung einer Entsendung in die wirtschaftliche Betrachtung einbeziehen.“ Generell empfiehlt sich, die Maßnahmen zur Wiedereingliederung nicht nur auf den Repat zu beschränken. Weil bei der Hälfte der Entsendungsabbrüche die Ursache in der mitreisenden Familie zu suchen ist, liegt die Vermutung nahe, dass bei einer misslungenen Repatriierung ebenso familiäre Gründe eine Rolle spielen. Denn nicht nur der Expat hat sich durch die Auslandstätigkeit verändert, sondern auch Partner und Kinder, stellt Jürgen Heidenreich von der TK fest. Die gleichen Probleme, die sich für mitreisende Familien bei der Entsendung ins Ausland ergeben, „zeigen sich in variierter Form bei der Rückkehr, worauf der Arbeitgeber reagieren sollte“.

Wissenstransfer am Arbeitsplatz Sollte der Repat erwarten, dass seine neuen Erfahrungen begierig aufgenommen werden, überfällt ihn eine große Enttäuschung. Denn häufig fehlt in Unternehmen die Anerkennung für die neu erworbenen Kompetenzen, und „er kann seine Erfahrungen und sein neues Wissen nicht teilen“. Dies erlebt Kay Hall, General Manager Europe von AIRINC, immer wieder und wünscht sich von Vorgesetzten sowie HR entsprechende Maßnahmen, damit der Rückkehrer sein Know-how an entsprechender Stelle einsetzen kann. Seine interkulturellen Fähigkeiten kann er beispielsweise einsetzen, wenn Kollegen entsendet werden, aber auch wenn ausländische Kollegen ins Unternehmen kommen. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, wird aber lange nicht immer praktiziert, dass die Kollegen über die Rückkehr des „neuen“ Mit-



Je besser der Expat seine Eigenverantwortung wahrnimmt, umso positiver ist die Willkommensreaktion und desto einfacher gelingt die Wiedereingliederung. Giovanni De Carlo, Director Business Development Continental Europe, Crown World Mobility



HR hat eine Beratungsfunktion, kann Empfehlungen aussprechen und sollte überlegen, ob es sich auf Mitarbeiterentwicklung konzentriert oder auf die administrativen Komponenten. Christine Beck-Sablonski, Head of Business Development, ICUnet.AG

arbeiters informiert werden. Kay Hall, die als Repat selbst erleben konnte, wie sich „zurückgekehrt und trotzdem fremd in der Heimat und im Unternehmen“ anfühlt, rät Arbeitgebern, den Wissenstransfer zu fördern. Beispielsweise mit kleinen Mitteln, wie einem Arbeitsessen mit dem Team, bei dem der Repat berichten kann, was er in der ausländischen Niederlassung gelernt und erlebt hat.

Selbstverantwortung Nicht nur der Arbeitgeber ist in Sachen Rückkehrpolitik gefordert. Es liegt in der Verantwortung der Expats, den Kontakt zum Hauptsitz zu halten und gezielt Networking zu betreiben, argumentiert Giovanni De Carlo, Crown World Mobility. Der Arbeitgeber könne die Grundlagen schaffen, beispielweise Home-Trips oder weitere finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit der Mitarbeiter sein Netzwerk pflegen könne. Doch die Eigenverantwortung bleibe bestehen, denn „je besser der Expat diese wahrnimmt, umso positiver ist die Willkommensreaktion und desto leichter fällt die Wiedereingliederung“.

Arbeitsrechtler Dirk Paschke von T/S/C empfiehlt, „nüchtern und offen“ vorher anzusprechen, auf welche Situation der Rückkehrer treffen könnte. „Auch diese Transparenz ist Teil der Willkommenskultur. Was ich heute vereinbare, verschafft mir später eine Perspektive und hilft, Auseinandersetzungen zu verhindern.“ Weniger erfolgversprechend seien jedoch Planungen, die bis ins letzte Detail die Position nach der Rückkehr festlegen. Denn eine starre Personalplanung in einer globalisierten Wirtschaft ist fast unmöglich; ebenso kann der Mitarbeiter letztlich nicht garantieren, ob er die mittlere Führungsposition – vor der Entsendung noch angestrebt – tatsächlich vier Jahre später noch besetzen will. Angesichts dieser Rahmenbedingungen sollten Zukunftspläne in den Vertrag Eingang finden, aber ebenso Klauseln, die eine Änderung möglich machen, soweit das rechtlich zulässig ist. „Es ist ein Drahtseilakt, aber eine lösbare Aufgabe“, betont RA Paschke.

Alle Verantwortung bei HR? Für die Organisation der Rückkehr ist die Personalabteilung zuständig, also die EinSonderheft 05 | 2015

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Die Rückkehrplanung beginnt mit dem Aufsetzen der Policy und wird unterstützt durch die Begleitung der Expats bis zurück ins Heimatland. Gerhard Hain, Management Board Germany & Austria, ti communication



Wenn die am Entsendeprozess beteiligten Fachleute für Steuer-, Sozialversicherungsund Arbeitsrecht nicht miteinander kooperieren, kann der Expat nicht optimal beraten werden. Jürgen Heidenreich, Experte für internationale Beschäftigung, Techniker Krankenkasse

heit, welche heute noch in den meisten Unternehmen im Vergleich zum Business am wenigsten internationalisiert ist. Ein Handicap? „Eine Repatriierungskultur im Unternehmen ist um vieles besser, wenn die Verantwortlichen selbst alle Aspekte eines internationalen Personaleinsatzes mit allen Vorzügen und Herausforderungen persönlich erlebt haben“, so lautet das Statement von Giovanni De Carlo, Crown. Dies schaffe in der Personalabteilung einerseits mehr Verständnis für die Komplexität von internationalen Personaleinsätzen und andererseits mehr Vertrauen bei den entsandten Mitarbeitern und ihren Familien, weil sie sich kompetent betreut fühlen. Doch wer hält die Fäden für eine Willkommenskultur in der Hand? Gerhard Hain, ti communication, wünscht sich, dass die Personalabteilung auch eine Willkommenskultur entwickelt. Dies geschehe durch eine behutsame Heranführung an die Arbeits- und Lebenskultur nach der Rückkehr. „Ähnlich wie bei ausländischen Impats muss auch den Repats eine Übergangsphase eingeräumt werden.“ Anders beurteilt Christine Beck-Sablonski, ICU12

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net.AG, die Rolle der Personalabteilung, die sich nach ihren Erfahrungen in den letzten Jahren deutlich internationalisiert habe. Die HR-Abteilung sei in Fragen der Entsendung und Rückkehr „Facilitator, sie hat eine Beratungsfunktion und kann Empfehlungen aussprechen“. Wichtiger als die personelle Ausstattung mit Entsende-Knowhow sei die Policy, die das Leistungsspektrum und die Form der Entsendung bestimme. „HR muss sich überlegen, ob es sich auf die Entwicklung des Mitarbeiters konzentrieren will oder auf die umfangreichen administrativen Komponenten, die im Zweifelsfall besser von einem Dienstleister erledigt werden.“ Die häufig beschworene Willkommenskultur sei nur zu einem gewissen Grad die Aufgabe von HR. Besondere Bedeutung für die Unternehmenskultur komme dem Management zu, das eine Vorbildfunktion einnehmen sollte. Dieser Meinung schließt sich Thierry Pho Duc von Heraeus an. Die Willkommenskultur werde nicht von der Personalabteilung geprägt, sondern primär vom Management, bekräftigt der Talent Management-Leiter: „Je globaler das Manage-

ment aufgestellt ist, so wie wir dies auch bei Heraeus vorantreiben, desto mehr ergibt sich daraus eine Kultur, die Repats integriert und fördert.“ Das Thema Mobility erfordere sowohl tiefes fachliches Wissen über verschiedene Disziplinen hinweg als auch ein sehr gutes Einfühlungsvermögen in die persönliche Situation des Mitarbeiters. Die Frage, wo Mobilität im HR-Bereich angesiedelt werde, sei vielleicht eine Kulturfrage. „Doch unabhängig davon, ob man den Schwerpunkt auf Vergütungsaspekte oder Personalentwicklung legt, muss diese Funktion im Unternehmen gut vernetzt sein.“

Alle Verantwortlichen an einen Tisch In der betrieblichen Praxis ist das EntsendeKnow-how des Unternehmens oft nicht gebündelt, lautet das Fazit der Diskutanten. Dass die Mobility-Abteilungen, beziehungsweise die Verantwortlichen, sich immer noch sehr stark auf die operationalen Aspekte einer Entsendung konzentrieren, zeigt auch ein Ergebnis der aktuellen AIRINC-Studie. Optimalerweise sollte das Entsendungsmanagement alles im Griff haben, „von der administrativen bis zur strategischen Seite“, betont Kay Hall. Je mehr die Verantwortlichen in die strategischen Absichten eingebunden seien, umso besser könnten sie auch die Interessen des Mitarbeiters und des Unternehmens vertreten. Das gilt beispielsweise auch für die Verknüpfung von HR- und Tax-Department. „HR braucht mehr Wertschätzung aus dem Business und seine Funktion muss besser unterstützt werden“, wünscht sich Frank Dissen, WTS Tax Legal Consulting. Ob steuer-, sozialversicherungs-, immigrationsoder arbeitsrechtliche Grundlagen: „Vor Überraschungen sind Arbeitgeber nur dann gefeit, wenn die Entsendung ganzheitlich begriffen wird und insbesondere auch die sozialversicherungsrechtlichen Fragen integriert sind.“ Fehle die interne Kompetenz und Übersicht, sollten Unternehmen offen für externe Berater sein, denn „sie ersparen sich und dem Expat Kosten und Nachteile“.



Alles was vertraglich nicht vereinbart ist – inklusive Klauseln, die eine Änderung möglich machen –, kann nachher zu einem großen Problem werden. Dirk Paschke, Partner, T/S/C Fachanwälte für Arbeitsrecht



Vor Überraschungen sind Arbeitgeber nur dann gefeit, wenn die Entsendung ganzheitlich begriffen wird und insbesondere auch die sozialversicherungsrechtlichen Fragen integriert sind. Frank Dissen, Rechtsanwalt und Steuerberater, WTS Legal Group

Für eine Kooperation aller am Entsendeprozess Beteiligten plädiert auch TK-Experte Jürgen Heidenreich. Die Entsendung sei ein „sehr technokratischer und strukturiert ablaufender Akt, der notwendig ist, weil Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht mit hineinspielen“. Wenn die Fachleute für Steuer- und Arbeitsrecht nicht miteinander sprechen würden und jeder nur sein eigenes Ziel verfolge, werde der Expat nicht optimal beraten, was zur Unzufriedenheit bei der Rückkehr führe.

Generation Y auf Achse Im Technologiekonzern Heraeus gehören Auslandsstationen bei Trainees zum Entwicklungsprogramm. Die jungen Mitarbeiter nutzen Kurzzeitentsendungen als sehr selbstverständlich, weil sie mobil bleiben und neue Erfahrungen sammeln wollen. Thierry Pho Duc: „Entsendung verliert in dieser Generation den exklusiven Charakter, allerdings bleibt das Timing entscheidend.“ Die Generation Y in China beispielsweise sei nur zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr mobil, danach nehme die Mobilität dramatisch ab. Ein grenzüberschreitendes Phänomen der Generation Y sei die

weniger entwickelte „traditionelle Karrieredenke“. Sie beurteile eine Entsendung mehr unter dem Aspekt der persönlichen Entwicklung. Die Expats der Generation Y, für die häufigere Stellenwechsel selbstverständlicher sind, planen deshalb auch eine Rückkehr nicht minutiös. Dies bringt neben einigen Nachteilen aber auch den Vorteil, dass die Repatriierung nicht von langer Hand geplant werden muss, stellt Omer Dotou fest: „Beide Seiten, der Mitarbeiter und das Unternehmen, erleben eine Win-win-Situation: Eine Zeit lang hat es gepasst und dann werden wieder getrennte Wege gegangen.“ Bereits die Hälfte der Expats kommt aus der Gruppe der 29- bis 39-Jährigen und dieser Trend werde sich weiter fortsetzen, prognostiziert der BDAE-Experte. Die Erwartungen an das Package seien viel bescheidener und Mobility-Verantwortliche würden häufig auch nur einen bestimmten Umfang anbieten. Dass die jungen Mitarbeiter andere Schwerpunkte setzen und ihnen die Erfahrung im Ausland wichtiger sei als ein optimaler Vertrag, bestätigt auch Christine Beck-Sablonski, ICUnet.AG, allerdings seien für diese ebenso „Versicherungsfragen weit weg“, was zu

neuen Problemen führt. Wenn es Arbeitgebern nicht gelingt, diese Zielgruppe für die trockenen Belange wie Steuern und Sozialversicherungsrecht zu interessieren und die Zielgruppe entsprechend aufzuklären, geraten sie möglichweise später in Haftung, warnt Arbeitsrechtler Dirk Paschke. Ein Beispiel: Kommt ein Mitarbeiter später zu dem Schluss, seine Anwartschaft auf eine bAV sei wichtig, um Rentenlücken zu schließen, besteht womöglich keine Nachbesserungsmöglichkeit mehr. Treffen die Beteiligten keine Regelung und finanzielle Vorsorge, können Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen „auf die Nase fallen“. Auch Tobias Pape, AXA, erinnert an die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Es sei unvermindert wichtig, diese Mitarbeiter zu sensibilisieren, sich mit Fragen der Sozialversicherung und der Krankenversicherung auseinanderzusetzen. Denn auch wenn die Generation Y zwar flexibel und international mobil ist, steht bei ihr eine angemessene Work-Life-Balance im Vordergrund.

Ethnozentrisch versus polyzentrisch Eine weitere Entwicklung wartet noch auf Antworten. „Die Generation Y trifft auf Unternehmen, die der Internationalisierung der Generation X angehören.“ Die Folgen beschreibt Gerhard Hain, ti communication: Die Internationalisierungsstrategien seien ethnozentrisch ausgerichtet, sie wollen neue Märkte erschließen, aber das deutsche Knowhow wahren, während die polyzentrischen Geschäftsstrategien langsam den Markt erobern. „Die Generation Y möchte aber die Internationalisierung leben und in internationalen Teams arbeiten.“ Hier stießen sie auf Widerstände, mit denen sich die Unternehmen auseinandersetzen müssen. Wie sich das Entsendeverhalten der Mitarbeiter der Generation Y in zehn Jahren entwickelt und ob sie dann nicht ebenso zu den Repatriierungskandidaten zählen, lässt sich nicht vorhersagen. Davon unberührt sollten Arbeitgeber ihre Rückkehrprozesse optimieren, damit ihnen nicht das kündigende Drittel der Repats, der Fach- und Führungskräfte mit internationalem Knowhow, verloren geht. Christiane Siemann, freie Journalistin, Bad Tölz Sonderheft 05 | 2015

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