Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen. - KPMG

päischen Vergleich günstiges Kostenniveau. Weitere Stärken ... Investitionsperspektive zu eröffnen. Dr. Robert Gutsche ..... men erhöht werden. Quelle: Deutsche Bank Research (1951–2006), Economist Intelligence Unit (2007–2012).
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Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen ADVI SO R Y

Inhalt Vorwort

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Zusammenfassung Einführung

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Wirtschaftsstandort Ostdeutschland

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Fakten zu Indien

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Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für indische Direktinvestitionen

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Entwicklung indischer Direktinvestitionen im Ausland

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Vorteile und Stärken Ostdeutschlands für indische Direktinvestoren

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Fazit und Ausblick

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Ansprechpartner

© 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

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Vorwort Wolfgang Tiefensee Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung In einer immer stärker zusammen­ wachsenden Welt mit grenzüber­ schreitendem Wettbewerb ist es entscheidend, ausländischen Unter­ nehmen erstklassige Investitions­ bedingungen zu bieten. In Deutschland haben sich die ost­ deutschen Bundesländer als hervorragender Standort für Investitionen in Zukunftsbranchen etabliert. Die neuen Länder sind heute einer der attraktivsten Standorte für ausländische Investoren zur Erschließung neuer Märkte in Europa. Die vor­ liegende, von KPMG durchgeführte Studie und Befragung indischer Investoren in Ostdeutschland bestätigt diese Tatsa­ che erneut eindrucksvoll. Ostdeutschlands Standortvorteile lassen sich klar benennen: eine ausgezeichnete Forschungs- und Entwicklungsland­ schaft, moderne Logistik- und Kommunikationsnetzwerke, hervorragend ausgebildete, motivierte und flexible Arbeits­ kräfte, eine hohe Arbeitsproduktivität sowie ein im westeuro­ päischen Vergleich günstiges Kostenniveau. Weitere Stärken Ostdeutschlands sind zügige Genehmigungsverfahren bei der Ansiedlung sowie eine Reihe von Förderinstrumenten der Bundesregierung und der jeweiligen Bundesländer, mit denen Investitionen unterstützt werden. Indien entwickelt sich derzeit mit Unternehmergeist und großer Dynamik zu einer global agierenden Wirtschaftsmacht. Auf dem Weg nach Europa bieten die ostdeutschen Bundes­ länder attraktive Argumente für eine Standortwahl im Herzen der Europäischen Union. Einige indische Unternehmen haben bereits den Weg nach Ostdeutschland gefunden. Weitere Investitionen aus Indien sind herzlich willkommen und werden von der Bundesregie­ rung gerne unterstützt.

Wolfgang Tiefensee Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer

Dr. Robert Gutsche KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Indiens rasanter Aufstieg zu einem internationalen Schwergewicht der weltweiten Handelsströme ist ein aus­ gezeichnetes Beispiel für die Dynamik, mit der sich der Wett­ bewerb in der globalisierten Wirtschaft fortentwickelt. Immer mehr Wertschöpfungsprozesse kennen keine Grenzen mehr und stellen Unternehmer vor neue, internationale Herausforde­ rungen. Auf der Suche nach günstigen Investitionsbedingungen und neuen Wachstumschancen müssen sich die Unternehmer oft mit fremden Wirtschaftskulturen und unbekannten Geset­ zes- und Finanzrechtssystemen auseinandersetzen. Diese Herausforderung verbindet Konzerne aus den etablierten Indus­ trienationen sowie den aufstrebenden Wachstumsmärkten. KPMG hat deshalb ein länderübergreifendes Beratungsnetz­ werk für international agierende Unternehmen geschaffen, um sie mit Fachwissen bei Herausforderungen wie Standort­ wahl und Expansion in neue Märkte zu unterstützen. Die vorliegende Studie zeigt das große Potenzial, mit dem Ost­ deutschland international um Investoren werben kann. Die Wiedervereinigung Deutschlands hat dieser Region im Herzen Europas neue Impulse zum wirtschaftlichen Aufbruch gege­ ben. Indien hat etwa zur gleichen Zeit, Anfang der 1990er-Jahre, seine erfolgreiche Aufholjagd als Wachstumsmarkt der Welt­ wirtschaft gestartet. Diese Gemeinsamkeit kann hervorragend als verbindendes Element wirken, um indischen Unterneh­ mern an einer zentralen Drehscheibe Europas eine erfolgreiche Investitionsperspektive zu eröffnen.

Dr. Robert Gutsche Mitglied des Vorstandes, KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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4 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Zusammenfassung

Indische Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren auf globaler Ebene als maßgebliche ausländi­ sche Investoren etabliert. Befreit von den meisten inländischen rechtlichen Beschränkungen für internationale Expansionen und ausgestattet mit Kapital und Expertise, sind indische Unternehmen zu überaus aktiven Investoren geworden.

Während Indien sich zu einer wichtigen Zielregion für ausländische Investitionen entwickelt, überstiegen bereits 2007 die Direktinvestitionen indischer Unternehmen im Ausland die Investitionszuflüsse nach Indien. Indische Unternehmen investieren dabei erheblich mehr im Ausland als Unternehmen aus den anderen BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) und bauen in rasantem Tempo bemerkenswerte Prä­ senzen in der gesamten Welt auf. Neben den medienwirksamen Mega-Deals, wie zum Beispiel Mittals Übernahme von Arcelor, wurden Hunderte von Investitionen größerer und mittelständi­ scher indischer Unternehmen in den unterschiedlichsten Industriesektoren getätigt. Anfänglich war der Großteil indischer Direktinvestitionen auf die USA und Großbritannien fokussiert. Inzwischen gewinnen auch andere Märkte, insbeson­ dere die Industrieländer Westeuropas, an Attraktivität. Marktpotenziale und der Zugang zu Technologie sind die Haupt­ treiber indischer Investitionen in diesen Ländermärkten. Dies erklärt wiederum die in vielen Fällen bevorzugte Wahl von Akquisitionen als schnellste Marktein­ trittsstrategie. „Indische Unternehmen akquirieren internationale Firmen, um neue Märkte zu erobern und die eigene Wachstumsdynamik beizubehalten, innovative Technologien einzukaufen, neue Produkte zu entwickeln, Betriebs­ größen effizienter zu gestalten und um sich im weltweiten Wettbewerb zu behaupten“, beschreibt die Indian Brand Equity Foundation dieses Vorgehen. Trotzdem verfolgt eine wachsende Anzahl indischer Unternehmen die Strate­ gie, auf der ‚grünen Wiese‘ zu investie­ ren, und eröffnet eigene Standorte, um ihre derzeitigen und zukünftigen euro­ päischen Kunden direkt zu beliefern. Unternehmen, die sich für eine Expan­ sion durch Greenfield-Investitionen

entscheiden, müssen sich einigen Her­ ausforderungen stellen. Nicht nur, dass Unternehmen zahlreiche Faktoren beach­ ten müssen, die die Standortentschei­ dung an sich beeinflussen, wie zum Beispiel zu erwartende Kosten, Arbeits­ kräfteverfügbarkeit, Steuersysteme und die verfügbare Infrastruktur. Vielmehr können sie auch aus einer Vielzahl von Standortalternativen wählen, die auf den ersten Blick schwer zu unterscheiden sind. Insbesondere in Europa, das durch eine Vielfalt an Sprachen, Kulturen, rechtli­ chen Rahmenbedingungen und Entwick­ lungsständen auf einer relativ kleinen Fläche geprägt ist, kann die Entschei­ dung für den richtigen Standort eine wahre Herausforderung sein. Dabei hängt die optimale Alternative von dem spezifischen Industriesektor und den geplanten Aktivitäten der neuen Betriebs­ stätte ab. Auch die individuelle Situation des einzelnen Unternehmens sowie die spezifischen Anforderungen, die es an einen neuen Standort hat, beeinflussen die Wahl des richtigen Standortes. Es gibt keinen Idealstandort für einen spezifischen Unternehmenstyp, sodass auch international erfahrene Firmen gut beraten sind, eine tief greifende Bewer­ tung der Standortalternativen vorzuneh­ men, bevor eine Entscheidung, die maß­ geblich den zukünftigen Erfolg des Unternehmens beeinflusst, getroffen wird. Deutschland ist bekannt als international führende Industrienation und hervorra­ gender Wirtschaftsstandort. Ein großer Markt, die effiziente Infrastruktur, poli­ tische Stabilität, rechtliche Transparenz, eine geringe Inflationsrate, gut ausgebil­ dete Arbeitskräfte und der Ruf, höchste Qualitätsansprüche zu erfüllen, haben Deutschland zu einem attraktiven Stand­ ort bei Entscheidungen ausländischer Investoren gemacht. Weniger bekannt

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Zusammenfassung 5

sind vielleicht die spezifischen Stand­ ortvorteile Ostdeutschlands. Das Territorium der ‚neuen Länder‘ bezieht sich auf das ehemalige Gebiet der Deutschen Demokratischen Repu­ blik, die 1990 einschließlich der geteilten Hauptstadt Berlin mit der Bundesre­ publik Deutschland wiedervereinigt wurde. Etwa 17 von insgesamt 80 Mil­ lionen Einwohnern der gesamtdeut­ schen Bevölkerung leben in Ostdeutsch­ land, das sowohl wegen seiner jüngsten Entwicklung als auch als Investitions­ standort einen spezifischen Teil des Lan­ des ausmacht. 1989 standen die neuen Bundesländer vor genau den gleichen Herausforderungen wie alle anderen ehe­ maligen kommunistischen Staaten Ost­ europas. Die zügige Wiedervereinigung mit Westdeutschland hat jedoch bedeut­ same Vorteile mit sich gebracht. Sie hat es Ostdeutschland ermöglicht, viele Schwierigkeiten, denen andere osteuro­ päische Staaten anfänglich gegenüber­ standen, regelrecht zu überspringen. Obwohl Ostdeutschland noch immer vor vielen ökonomischen Herausforderun­ gen steht, war seine wirtschaftliche Ent­ wicklung rasant und die Region wurde innerhalb der letzten 18 Jahre grundle­ gend transformiert. Neben den politischen und wirtschaft­ lichen Stärken Deutschlands bieten die neuen Bundesländer zusätzlich spezifi­ sche und einzigartige Vorteile als Inves­ titionsstandort. Dazu gehören: • Eine hochmoderne Infrastruktur, die in den letzten Jahren gebaut wurde und den höchsten Standard hat • Ein großer Bestand an qualifizierten und motivierten Arbeitskräften • Wesentlich niedrigere Lohn- und andere Kosten im Vergleich zu West­ europa • Unternehmensfreundliche öffentliche Verwaltungsstrukturen und relativ geringe bürokratische Hürden

• Attraktive öffentliche Investitionsför­ derungen • Eine zentrale geografische Lage zwischen West- und Osteuropa, die Firmen den Zugang zur gesamten Europäischen Union von einem Stand­ ort aus ermöglicht • Eine hohe Lebensqualität in Großstäd­ ten in Verbindung mit einem attrak­ tiven Umland und Küstengebieten Eine beachtenswerte Anzahl von deut­ schen und internationalen Unternehmen hat diese Vorteile wahrgenommen und Standorte in Ostdeutschland aufgebaut. BMW, Porsche, Rolls-Royce, Amazon, Dell, Dow, GlaxoSmithKline und MTV sind nur einige Beispiele von Unterneh­ men, die in den neuen Bundesländern Standorte errichtet haben. Ostdeutsch­ land ist zu einem führenden Standort für bestimmte Industrien, wie erneuer­ bare Energien, Mikroelektronik, Logistik und Entwicklungsdienstleistungen, geworden. Zu den ausländischen Investoren in Ostdeutschland gehören auch indische Unternehmen wie Suzlon, Wockhardt, Voltas (Tata Group), Bharat Forge und die Viraj Group, die bestehende Unter­ nehmen übernommen oder auf der ‚grü­ nen Wiese‘ investiert haben. KPMG hat mit vielen dieser Unternehmen gespro­ chen. Ihre Erfahrungen und Ansichten spiegelten diejenigen anderer auslän­ discher Investoren wider, die Ostdeutsch­ land als einen exzellenten Standort für ihre Präsenz in Europa befinden. Diese Publikation zeigt die Vorteile, die Ostdeutschland indischen Unterneh­ men, die auf den europäischen Markt expandieren wollen, bietet. Sie richtet sich sowohl an Unternehmen, die erst­ malig in Europa oder Deutschland inves­ tieren wollen, als auch an Firmen, die planen, ihr bestehendes Engagement in West- und Osteuropa auszuweiten. Diesen Unternehmen bietet die Publika­

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tion gezielte geschäftsorientierte und praktische Informationen, um die Bewer­ tung ihrer europäischen Standortalter­ nativen zu unterstützen.

6 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Einführung Wachstumsländer wie Indien haben für Unternehmen in traditionellen Industrienationen großes Investitions­ potenzial. Der Geldfluss ist jedoch schon lange keine Einbahnstraße mehr. Der Subkontinent hat sich in den letzten Jahren auch zu einer bedeu­ tenden Quelle für Direktinvestitionen in andere Länder entwickelt.

Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Zugang zu neuen Technologien und Fachwissen zu erhalten.

tionsprojekten allein in Großbritannien in den Jahren 2005 bis 2006 mit einem Investitionsvolumen von zwei Milliarden US-Dollar.

Indische Unternehmen konkurrieren mittlerweile direkt mit internationalen Konzernen auf dem europäischen oder US-amerikanischen Markt. Sie inves­ tieren immer häufiger an den unmittelba­ ren Standorten ihrer Kunden, um ihre

Die Zahl der internationalen Investitions­ projekte indischer Unternehmen auf der ‚grünen Wiese‘ ist von 90 im Jahr 2002 auf 291 im Jahr 2006 gewachsen (United Nations Conference on Trade and Development – UNCTAD). Damit ist Indien die ergiebigste Quelle für ‚Green­ field-Projekte‘ aller BRIC-Staaten und attraktiv für europäische Länder, Regio­ nen und Städte, die Direktinvestitionen akquirieren wollen. Das Fachmagazin FDI berichtet von 76 indischen Investi-

Zielsetzung

Aufbau

Methodik

Deutschland zählt aufgrund seiner Markt­ größe in Zentraleuropa zu den interessan­ testen Märkten für indische Investoren. In Deutschland gibt es zurzeit etwa 240 Unternehmen in indischem Eigentum. Davon befinden sich rund 20 Firmen in Ostdeutschland. Verglichen mit anderen Regionen stellt sich die Frage, ob Ost­ deutschland als Investitionsstandort von indischen Unternehmen bisher überse­ hen wurde und bei der Betrachtung mög­ licher Standortalternativen für zukünftige Investitionsentscheidungen vielleicht stärker in den Fokus rücken sollte.

Zu Beginn gibt die Untersuchung einen Überblick zum Wirtschaftsstandort Ost­ deutschland. Auch die Entwicklung der indischen Wirtschaft sowie einzelner Wirtschaftssektoren wird skizziert, um die Tendenzen der indischen Direktinves­ titionen im Ausland zu erläutern.

Diese Publikation versteht sich nicht als wissenschaftliche Studie. KPMG hat die Inhalte recherchiert und stützt sich dabei auf eine Vielzahl von Literaturquel­ len. Je nach Wirtschaftssektor und Branche wurden spezifische Quellen verwendet, die im Text genannt sind.

Ferner werden signifikante Branchen in Ostdeutschland, die insbesondere für indische Investoren von Interesse sein können, dargestellt und anhand von Erfolgsgeschichten deutscher, interna­ tionaler und indischer Investoren unter­ mauert. Die Entwicklung indischer Direktinvestitionen im Ausland wird analysiert und ihr Zukunftspotenzial für Ostdeutschland aufgezeigt.

KPMG führte zahlreiche Interviews mit Entscheidungsträgern von indischen Investoren in Europa. Ihre Aussagen flossen maßgeblich in die Publikation ein und untermauern praxisorientiert die sekundären und quantitativen Recherche­ ergebnisse. Dabei handelt es sich um illustrative Beispiele mit Schlüsselcharak­ ter für einzelne Branchen.

Ziel dieser vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) unterstützten Veröffentlichung ist es, Ostdeutschland als potenziellen Standort für indische Direktinvestitionen zu analysieren und mögliche Standort­ vorteile aufzuzeigen. Die Publikation untersucht in diesem Zusammenhang Branchensektoren mit den höchsten Investitionspotenzialen und identifiziert spezifische Standortvorteile Ostdeutsch­ lands für indische Investoren.

Abschließend bekommt der Leser einen Überblick über die entscheidenden Standortvorteile und Stärken Ost­ deutschlands für indische Investitionen.

Bei Investitionsentscheidungen betrach­ ten Investoren häufig den ost- und westeuropäischen Markt separat. Viele Unternehmen übersehen, dass Ost­ deutschland mit seiner strategisch güns­ tigen Lage eine hervorragende Investi­ tionsalternative bietet, um beide Märkte von einem Standort aus bedienen zu können.

Bei der Auswahl der Interviewpartner wurden sowohl indische Großkonzerne als auch mittelständische indische Unternehmen verschiedener Branchen involviert, um die Vielfältigkeit Ost­ deutschlands als Investitionsstandort, aber auch die Vielfältigkeit der indischen Unternehmerstruktur abzudecken.

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Wirtschaftsstandort Ostdeutschland Deutschland ist als hervorragender Investitionsstandort bekannt, in den schon viele indische Unterneh­ men investiert haben. Das Land ist als großer Absatzmarkt inner­ halb Europas sowie als innovativer F&E-Standort bekannt. Im globalen Wettbewerb um Firmen­ standorte und Investitionen präsentiert sich Ostdeutschland als interessante Region für potenzielle indische Investo­ ren, die darüber hinaus noch weitere Standortvorteile bietet.

»Um in den kontinentaleuropäischen Markt einzutreten, ging Infosys’ erster Schritt nach Deutschland.« Debjit Datta Chaudhuri, Head – Germany, Infosys Technologies Ltd

»Unsere indischen Mitarbeiter sind in Ostdeutschland sehr gut durch die heimischen Arbeitskräfte integriert.« Dr. Jürgen Brandt, Director, Flanschenwerk Bebitz im Eigentum der Viraj Gruppe © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

8 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Attraktiver Standort zwischen Ost- und Westeuropa Ostdeutschland im Herzen der Europäischen Union Schweden Dänemark

Ostdeutschland • Einwohnerzahl: 16,7 Mio. • Fläche:108.581 km2 • Währung:1Euro (= 100 Cent) • Zeitzone: Mitteleuropäische Zeit (MEZ)

Ostdeutschland liegt im Zentrum Euro­ pas und setzt sich aus den sechs Bun­ desländern Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sowie dem Stadtstaat Berlin zusammen. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf rund 16,7 Millionen, von denen allein 3,4 Millionen Menschen in der Hauptstadt Berlin leben.

Großbritannien

Die neuen Länder bilden eine Brücke zwischen Ost- und Westeuropa, da sie im Westen an die alten Bundesländer und im Osten an Polen und die Tsche­ chische Republik grenzen. Mit einer Küs­ tenlänge von 350 km hat Ostdeutsch­ land im Norden Zugang zur Ostsee, sodass der baltische Raum, Skandina­ vien und Russland gut erreichbar sind.

Berlin

Niederlande

Polen Belgien

Deutschland Tschechische Republik

Luxemburg

Slowakei

Österreich Ungarn Frankreich

Schweiz Rumänien Slowenien Italien

Kroatien BosnienHerzegowina

CA. 200 KM

Serbien

Geschichtlicher Überblick

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging mit der Regierungsgewalt auch die Entschei­ dung über die Zukunft Deutschlands an die vier Besatzungsmächte USA, Sow­ jetunion, Großbritannien und Frankreich über. Deutschland wurde in vier Besat­ zungszonen eingeteilt, Berlin von den Alliierten gemeinsam verwaltet. 1949 wurden auf dem ehemals gesamt­ deutschen Territorium zwei deutsche Staaten gegründet: auf der westlichen Seite die Bundesrepublik Deutschland und auf der östlichen Seite die Deutsche Demokratische Republik. Durch die wirt­ schaftliche Stärke der USA konnten mit Hilfe des Marshallplans Westeuropa und Westdeutschland wieder aufgebaut

werden. Die Wirtschaft im sowjetischen Einflussbereich – dem heutigen Ost­ deutschland – lag aufgrund langjähriger Reparationszahlungen der Deutschen Demokratischen Republik an die Sowjet­ union am Boden. Der Zusammenbruch des sozialistischen Regimes hatte auch das Ende der Deut­ schen Demokratischen Republik zur Folge. Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 war der Weg für eine Wieder­ vereinigung beider deutscher Staaten geebnet. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten lag zu diesem Zeitpunkt die Produktivität in Ostdeutschland bei einem Drittel des

westdeutschen Niveaus und es gab eine hohe Arbeitslosigkeit. Durch finanzielle Zuschüsse hat der Bund seit 1989 sehr stark in den ostdeutschen Wiederaufbau investiert, was den wirtschaftlichen Aufholprozess in Ostdeutschland noch beschleunigte. Heute,18 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, sind die neuen Län­ der attraktive Standorte für Investoren aus aller Welt. Die Lebens- und Konsum­ muster der Menschen in den alten und den neuen Ländern sind weitgehend angeglichen, und eine hochmoderne Infrastruktur ist im Zuge des Programms ‚Aufbau Ost‘ entstanden.

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Wirtschaftsstandort Deutschland 9

Starke wirtschaftliche Entwicklung im Osten Deutschlands In Ostdeutschland hatten in 2006 rund 630.000 Unternehmen ihren Firmensitz. Die größten Betriebe darunter sind vor allem in den Bereichen Chemie und Pharma, Automobil, Maschinenbau und erneuerbare Energien zu finden. Das Fundament für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft bilden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) des Verarbeitenden Gewerbes, insbe­ sondere des Maschinenbaus, der Auto­ mobilzulieferindustrie, aber auch der wachsenden Zukunftsbereiche wie der Biotechnologie. Rund 85 Prozent aller ostdeutschen Beschäftigten arbeiten in diesen KMUs.

Die Wirtschaft in den neuen Bundeslän­ dern ist in 2006 erneut stärker gewach­ sen als in Westdeutschland. Das Gros dieses Wachstums konzentriert sich auf urbane Zentren und dynamische Regio­ nen, wie zum Beispiel Berlin, Dresden, Erfurt, Jena, Leipzig und Rostock. Insbesondere die ostdeutsche Industrie trug 2006 zu der positiven wirtschaft­ lichen Entwicklung bei. Sie wuchs um 10 Prozent und damit doppelt so schnell wie die westdeutsche Industrie (Institut der deutschen Wirtschaft Köln, IW Köln). In 2006 wurden bereits mehr als 11 Pro­ zent aller Produkte Gesamtdeutschlands in den neuen Bundesländern hergestellt. Anfang der 90er-Jahre waren es nur knapp 6 Prozent.

Diese positive Entwicklung lockt natür­ lich Investoren an. BMW hat zum Bei­ spiel 1,3 Milliarden Euro in eine neue Produktionsstätte in Leipzig investiert und möchte das Werk bis 2009 für wei­ tere 100 Millionen Euro erweitern (Der Spiegel). Auch eine Vielzahl anderer Investoren, wie beispielsweise AMD, eBay, Oracle, Bombardier, Infineon, Lufthansa Technik, Rolls-Royce und Por­ sche, haben in Ostdeutschland inves­ tiert. Auf diese und andere wird im Rah­ men dieser Publikation eingegangen.

Direktinvestitionen in Ostdeutschland aus rund 50 Ländern

Zwischen 1994 und 2003 wurden in Deutschland rund 387 Milliarden US-Dol­ lar Direktinvestitionen getätigt (Auswärti­ ges Amt). Im letzten Jahrzehnt haben internatio­ nale Unternehmen aus rund 50 Ländern in Ostdeutschland investiert. Der ost­ deutsche Export hat sich zwischen 1991 und 2004 von 16 Milliarden auf 48 Milliar­ den Euro verdreifacht. Auch der Export der neuen Länder nach Indien nimmt rasant zu. Erzielte er in 2005 noch einen Wert von 236 Millionen Euro, stieg er in 2006 schon mit über 60 Prozent auf 392,6 Millionen Euro (Statistisches Bundesamt). Besonders US-Unternehmen schätzen die Vorteile Ostdeutschlands. Insge­ samt haben 375 amerikanische Firmen in Ostdeutschland investiert und be­ schäftigen zusammen rund 56.000 Mit­ arbeiter. US-Unternehmen mit über 3.000 Mitarbeitern sind zum Beispiel

der Getränkehersteller Coca-Cola, der nach dem Fall der Berliner Mauer in Ost­ deutschland über 800 Millionen Euro in den Aufbau hochmoderner Produktions­ und Vertriebskapazitäten investierte und heute über 13 Standorte in den ostdeut­ schen Bundesländern verfügt. Auch der US-amerikanische Aufzugbauer Otis ist mit mehreren Standorten in Ostdeutsch­ land vertreten. Mit dem Standortausbau des Computerchipherstellers AMD in Dresden wird sich die Gesamtinvestition in Ostdeutschland von AMD auf mehr als acht Milliarden US-Dollar erhöhen. Auch einige große indische Investoren haben Ostdeutschland bereits als attrak­ tiven Standort entdeckt. Unternehmen, wie zum Beispiel der Automobilzulieferer Bharat Forge, der Verpackungsproduzent Essel Propack, der Textilmaschinenher­ steller Lohia Starlinger, das Petrochemieund Textilunternehmen Reliance Indus­ tries, der Windturbinenhersteller Suzlon,

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der Forschungsdienstleister Veeda Clini­ cal Research, der Edelstahlproduzent Viraj oder das Pharma- und Biotechnolo­ gieunternehmen Wockhardt, haben dort erfolgreich investiert. Die Entwicklung Ostdeutschlands zeigt, dass sich die Region seit der Wiederver­ einigung zu einem sehr interessanten und internationalen Investitionsstandort in strategisch günstig gelegener Mitte zwischen Ost- und Westeuropa entfaltet hat. Branchenvielfalt und signifikante Standortvorteile ziehen Investoren aus aller Welt an.

10 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Fakten zu Indien Der Wirtschaftsboom in Indien hält an. Der Subkontinent ist mit einer Fläche von 3,29 Millionen km² und rund 1,11 Milliarden Einwohnern eines der bevölkerungsdichtesten Länder der Erde. Das stetige Wachs­ tum des letzten Jahrzehnts dürfte sich fortsetzen, sodass die indische Wirtschaft in den kommenden10 bis 15 Jahren weiterhin stark expan­ dieren wird.

Steigender Binnenkonsum und Handel mit Deutschland 2004 stieg der Wert der gesamtwirt­ schaftlichen Produktion in Indien nach Angaben der Weltbank auf 691 Milliarden US-Dollar. Die Leistungsfähigkeit der indischen Wirtschaft hat in einigen Bran­ chen wie IT oder Pharma inzwischen internationales Spitzenniveau erreicht. In 2006/2007 betrug das reale BIPWachstum in Indien 9,4 Prozent. In den vergangenen fünf Jahren erzielte das

Land ein durchschnittliches Wachstum von 8 Prozent. Damit gehört der Subkon­ tinent zu den am schnellsten wachsen­ den Volkswirtschaften der Welt. Indien hat bis 2012 das ehrgeizige Ziel, die 10-Prozent-Wachstumsgrenze zu durchbrechen. Wachstumstreiber für diesen Aufschwung sind vor allem der anhaltend steigende Binnenkonsum.

6 4 2

3,7

REAL SCHÄTZ WERT PROGNOSE

9,0

4,5

Radikale Reformen

8

Allmähliche Deregulierung

10

Industrialisierung unter Autarkie

BIP-WACHSTUM (REAL) IN % P.A.

Entwicklung des indischen BIP

9,4 7,8

7,5

7,2

7,3

7,7

8,0

2007

2008

2009

2010

2011

2012

6,0

0 1951–1973 1974 –1991 1992–2004 2005

2006

Quelle: Deutsche Bank Research (1951–2006), Economist Intelligence Unit (2007–2012)

Indiens Ausfuhren nach Deutschland sind in 2006 um 22,9 Prozent auf 4,2 Mil­ liarden Euro angestiegen. Allein im ers­ ten Halbjahr 2007 wurden rund 2,4 Mil­ liarden Euro – das ist ein Anstieg von 13 Prozent zum Vorjahr – nach Deutsch­ land exportiert. Neben traditionellen Exportgütern wie Textilien, Lederwaren und Schuhen sowie Nahrungsmitteln gehörten Chemieerzeugnisse, Eisen und Fahrzeuge zu den nach Deutschland aus­ geführten Waren (Auswärtiges Amt). Im indo-deutschen Handel sind auch die Kundenanforderungen gestiegen, sodass indische Unternehmen verstärkt in die unmittelbaren Standorte ihrer deutschen Abnehmer investieren und somit direkt den europäischen Absatz­ markt nutzen. Durch die örtliche Markt­ präsenz und die Kundennähe kann der Handel intensiviert und die Wettbe­ werbsfähigkeit der indischen Unterneh­ men erhöht werden.

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Fakten zu Indien 11

Indischer Industrie- und Dienstleistungssektor wächst zweistellig Indien hat eine ungewöhnliche wirt­ schaftliche Entwicklung durchlaufen. Das Land scheint die Industrialisie­ rungsphase übersprungen zu haben und unmittelbar in die durch den Dienstleistungssektor dominierte Phase eingetreten zu sein.

Über die Hälfte der Wirtschafts­ leistung aus dem Tertiärsektor Ungewöhnlich hoch für ein Schwellen­ land ist der Beitrag der Dienstleistungen zur gesamtwirtschaftlichen Produktion. Der tertiäre Sektor ist mit 55 Prozent der größte. Er hat in 2006 um 11 Prozent zugelegt. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die indische ITBranche von Seiten der Regierung regu­ latorische Vorteile erhalten hat, die zu ihrem schnellen Wachstum beigetragen haben. Auch die Verfügbarkeit von hoch­ qualifizierten Mitarbeitern hat bei dem Erfolg dieser Branchen eine wichtige Rolle gespielt. Insbesondere bei IT- und Ingenieurleis­ tungen oder F&E-Arbeiten hat Indien bedeutende Marktpositionen erreicht. Diese Dienstleistungen erfolgen zuneh­ mend im Auftrag ausländischer Kunden und werden häufig mit dem Begriff Business Process Outsourcing (BPO) bezeichnet. Beispiele sind Dienstleis­ tungszentren im Gesundheits- oder Ver­ waltungswesen. IT- und BPO-Exporte wuchsen auch im Geschäftsjahr 2007 um 33,5 Prozent auf ein Umsatzvolumen von rund 8,4 Milliarden US-Dollar. Damit besitzt Indien nach Angaben der India Brand Equity Foundation (IBEF) noch immer weltweit mit 65 Prozent den größten Marktanteil in der IT-Offshore-Branche und mit 46 Prozent in der IT enabled Service-Branche (ITeS). Bisher werden nur ein Viertel der ITund ITeS-Dienstleistungen aus Indien

nach Europa exportiert. Vor dem Hinter­ grund der US-Dollar-Schwäche, die auch die Gewinnmargen indischer Unter­ nehmen im US-amerikanischen Markt negativ beeinflussen wird, werden sich indische Unternehmen verstärkt auf den europäischen Markt konzentrieren. Innerhalb des Dienstleistungssektors werden auch die Service Center und Engineering- sowie F&E-Dienstleister ihr Auslandsengagement intensivieren und nach geeigneten Standorten in anderen Ländern suchen.

BIP-Anteil des Agrarsektors weiter rückläufig Der Anteil der Landwirtschaft am BIP ist indes stark rückläufig. Während er 1956 noch bei 56 Prozent lag, waren es 2006 rund 18,5 Prozent des BIPs bei einem Wachstum von 2,7 Prozent. Trotz­ dem sind noch 60 Prozent der indischen Bevölkerung in der Landwirtschaft erwerbstätig.

Starke Wachstumsimpulse im Sekundärsektor Die Industrie macht bei einem Wachs­ tum von 10,9 Prozent in 2006 rund 26,5 Prozent des indischen BIPs aus. Nach der starken Entwicklung des Dienstleis­ tungssektors in den vergangenen Jahren soll der Industriesektor nun sein enor­ mes Potenzial entfalten. Produzierende Industrieunternehmen sind im Vergleich zur IT-Branche nicht so intensiv gewach­ sen und expandiert. Es wird erwartet, dass das Auslandsengagement dieses Sektors in Zukunft stark zunehmen wird. Ein Wachstumsmotor im Industriebe­ reich sind die Deregulierungen auf den Energie-, Chemie- und Rohstoffmärkten. Impulse kommen auch von der rasch steigenden Inlandsnachfrage nach lang­ lebigen Konsumgütern.

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Ein wichtiger Träger des wirtschaftlichen Aufschwungs ist die IT-Branche. Vor allem die Herstellung von Hardware im Mikroelektronikbereich erlebt einen rasanten Aufschwung. Die indische Pharmabranche gehört zu den fortgeschrittensten unter den Wachs­ tumsländern und ist weiterhin auf Expan­ sionskurs. Mit zweistelligen jährlichen Wachstumsraten gewinnt auch die Bio­ technologie an Bedeutung. Unternehmen in der indischen Automo­ bil- und Zulieferindustrie, im Maschinenund Anlagenbau sowie in der Erneuer­ bare-Energien-Branche sind auf der Suche nach innovativer Technologie und Know-how, um auch im Inland die Pro­ duktqualität nachhaltig zu steigern und den weltweiten Absatz zu erhöhen.

12 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für indische Direktinvestitionen Zu den ostdeutschen Branchen mit hohem Investitionspotenzial für indische Unternehmen gehören die Automobilzuliefersparte, der Maschi­ nen- und Anlagenbau, EngineeringDienstleistungen, Mikroelektronik, erneuerbare Energien, Biotechnologie, Chemie und Pharma sowie Service Center. Dabei haben sich für die einzel­ nen Wachstumsbranchen unter­ schiedliche regionale Schwerpunkte herauskristallisiert.

Große Städte in Ostdeutschland (nach Einwohnerzahl)

Rostock

Greifswald

MECKLENBURG-VORPOMMERN

BERLIN

Berlin Potsdam Magdeburg SACHSENANHALT

BRANDENBURG

Halle (Saale) Leipzig SACHSEN

Erfurt

Jena

THÜRINGEN

In Mecklenburg-Vorpommern zwi­ schen den Städten Rostock und Wismar sind vorwiegend Offshoretechnik und Schiffbau angesiedelt, Windenergietech­ nik und Biotechnologie finden sich ver­ stärkt zwischen Rostock und Greifswald. Der Service-Center-Bereich ist zudem in Mecklenburg-Vorpommern stark aus­ geprägt. Brandenburg ist bekannt für die phar­ mazeutische Industrie sowie für erneuerbare Energien (insbesondere Biokraftstoffe) und Mikroelektronik. Die Deutsche Telekom, E-Plus, Oracle, eBay und Toll Collect haben beispiels­ weise dem Wirtschaftsstandort Pots­ dam ein modernes Profil gegeben.

In der deutschen Hauptstadt Berlin liegen die Schwerpunkte auf Gentechno­ logie, Mikrobiologie – es gibt über 160 Biotech-Unternehmen –, Metallverarbei­ tung und Maschinenbau. Aber vor allem die kreativen Branchen wie Medien, Kunst, Musik und Mode sind umfassend im Stadtstaat vertreten, wie zum Bei­ spiel Sony und MTV mit ihren Europa­ zentralen sowie Universal Music. Im Land Sachsen-Anhalt sind vor allem Medizin- und Biotechnologie sowie Chemiewirtschaft, aber auch Automobilund Automobilzuliefertechnik zu Hause. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Solarbranche unter anderem mit der Q-Cells AG, dem weltgrößten Produzen­ ten von Solarzellen.

Dresden Gera Chemnitz

Thüringen ist bekannt für medizini­ sche Messtechnik und Optik sowie für Kraftfahrzeugtechnik und Maschinen­ bau. Zudem haben sich mehrere Service Center dort niedergelassen. Im Bundesland Sachsen haben neben zahlreichen Industriebetrieben aus der Automobil- und Maschinenbaubranche insbesondere Unternehmen aus den Bereichen Mikroelektronik sowie MessSteuer-Regeltechnik ihren Standort. Diese kurzen Beschreibungen sollen nur dazu dienen, einzelne Kernbranchen der Bundesländer in Ostdeutschland aufzu­ zeigen. Jede ostdeutsche Region hat zahlreiche andere Branchenaktivitäten, die hier nicht mit aufgeführt sind.

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Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für Direktinvestitionen 13

Mikroelektronik Deutschland baut seine Position als führender Mikroelektronik-Standort in Europa weiter aus. Jeder zweite europäische Chip trägt inzwischen das Label ‚Made in Germany‘. Im Mit­ telpunkt dieses ‚Chipwunders‘ steht der ostdeutsche Standort Sachsen, den rund 1.200 Unternehmen mit über 44.000 hoch qualifizierten Mitarbeitern (Trends Consulting) zum Top-Mikro­ elektronik-Standort in Europa und zum fünftwichtigsten weltweit gemacht haben (Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik – VDE).

Beste Voraussetzungen für Technologietransfer

International führende Chiphersteller in Dresden

Einer der Gründe für diese Erfolgsge­ schichte ist die exzellente Forschung in Ostdeutschland an insgesamt 15 Uni­ versitäten mit unterschiedlichsten For­ schungsschwerpunkten. Hinzu kommen mehr als 50 Fachhochschulen. Eine Viel­ zahl von Fraunhofer-Instituten und ande­ ren Technologiezentren sorgt dafür, dass gute Ideen aus den Hörsälen in die Unter­ nehmen gelangen. Im Mikroelektronik­ sektor engagieren sich in Ostdeutsch­ land viele Verbände und Institutionen für die Vernetzung von Unternehmen, Kapi­ talgebern und Forschungseinrichtungen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich weltweit führende Chiphersteller in Ostdeutschland niedergelassen haben.

Das US-Unternehmen AMD konzen­ triert seine Mikroprozessorenfertigung in der sächsischen Landeshauptstadt. Die Kostenstruktur in Dresden ist laut AMD in höchstem Maße mit Werken in Asien wettbewerbsfähig. Der Chip­ hersteller zieht Dresden wieder als mög­ lichen Standort für ein drittes Produk­ tionswerk in Betracht. Mit dem Ausbau des Standortes beläuft sich die Gesamt­ investition in Ostdeutschland von AMD auf mehr als acht Milliarden US-Dollar. „Wir werden Dresden auf Jahre hinaus treu bleiben. Die Ergebnisse, die Mitar­ beiter in Dresden abliefern, übertreffen unsere ehrgeizigen Ziele deutlich“, so Thomas McCoy (Chief Administration Officer, AMD) in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 25.01.2008. Rund 3.000 hoch qua­ lifizierte Ingenieure, Techniker und Spe­ zialisten arbeiten in den Halbleiterwerken und dem Designzentrum des Chipher­ stellers in Dresden.

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Auch die seit 40 Jahren ansässige ZMD AG kennt die Standortvorteile Ost­ deutschlands. Das Unternehmen fertigt am Standort Dresden mit rund 400 Mitarbeitern etwa eine Milliarde Chips jährlich. Mit Produktion und F&E-Tätigkeiten im Bereich Speicher und Logikbausteine ist Dresden auch einer der wichtigsten Standorte von Infineon Technologies. Das Unternehmen beschäftigt in Sach­ sen mehr als 5.000 Mitarbeiter aus 31 Nationen. Wie die Beispiele zeigen, verdichtete sich in den ostdeutschen urbanen Zen­ tren nicht nur Technologie. Auch die Internationalität hat stetig zugenommen und stellt einen weiteren anziehenden Standortfaktor für indische Direktinvesti­ tionen dar. Nicht umsonst ist der Name ‚Silicon Saxony‘ entstanden und welt­ weit als Markenzeichen in der Mikroelek­ tronikbranche bekannt.

14 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Automobilzulieferindustrie In der ostdeutschen Automobilindus­ trie sind laut dem Verband der Auto­ mobilindustrie (VDA, 2005) rund 140.000 Menschen beschäftigt, von denen 42.000 direkt für OEMs und Automobilzulieferer arbeiten. Neben zwölf Automobilherstellern (OEM) gibt es mehr als 1.300 Zulieferer in den neuen Ländern (Industrial Investment Council – IIC). Darunter befinden sich führende Unternehmen wie Lear, Bosch, Siemens, Hitachi, Denso, Brose, Goodyear, Magneti Marelli oder Takata.

»Wir erwarten weitere Akquisitionen von indischen Unternehmen in der Automobilzulieferer- und insbesondere in der Schmiedeindustrie. Deutsche Ingenieure haben technisches Spitzenwissen und etablierte Beziehungen zu deutschen OEMs. Obwohl unsere Kunden uns kon­ tinuierlich dazu anhalten, Kosten zu vermindern und den ausländischen Produktionsanteil zu erhöhen, ziehen sie es vor, deutsche Marken einzukaufen und mit deutschen Entwicklern zu kommunizieren.« Stefan Günther, Managing Director, Schöneweiss & Co GmbH, eine Gesellschaft der Mahindra Forgings Europe AG, Tochtergesellschaft der Mahindra & Mahindra Ltd.

Indischer Automobilzulieferer im Bundesland Sachsen Das zur indischen Kalyani-Gruppe gehö­ rende Unternehmen Bharat Forge kaufte 2004 den ostdeutschen Automobilzu­ lieferer CDP Aluminiumtechnik GmbH & Co. KG. Heute firmiert das Unterneh­ men unter dem Namen Bharat Forge Aluminiumtechnik (BFAT).

Kalyanis Ziel war es, in die stark wach­ sende Aluminiumbranche der Auto­ mobilzulieferindustrie einzusteigen. Aber auch die hoch entwickelte deut­ sche Spitzentechnologie und die euro­ päischen Kunden waren wesentliche Investitionstreiber. BFATs Abnehmer sind die großen OEMs, wie zum Beispiel BMW, Audi,

Volkswagen oder Ford. Das Unterneh­ men hat seine Schmiedetechnologie im Bereich Aluminium selbst entwickelt und patentieren lassen. Der Standort des Betriebs befindet sich in der Nähe von Dresden im Bundesland Sachsen, einem Cluster der Automobil­ industrie, wo auch BMW und Porsche in neue Werke investiert haben.

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Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für Direktinvestitionen 15

Vollständig abgedeckte Wertschöpfungskette

Know-how und deutsche Spitzentechnologie stehen im Vordergrund

Angefangen bei den Bereichen Werkund Rohstoffe, über Vorprodukte, Karos­ serie- und Funktionselemente, Fahr­ werke, Powertrain, Instrumente und Elektronik, bis hin zum Interieur wird in Ostdeutschland die gesamte Wert­ schöpfungskette der Automobilindustrie abgedeckt (Otto Brenner Stiftung).

Die neuen Länder gelten sowohl als günstiger Produktionsstandort als auch als attraktiver Absatzmarkt. Im Auto­ mobilbereich profitiert die Region von Arbeitslöhnen, die laut einer Veröffentli­ chung des Industrial Investment Council (IIC) aus dem Jahr 2005 verglichen mit Westdeutschland bei 70 Prozent liegen.

Internationale OEMs, wie zum Beispiel BMW in Berlin, Eisenach und Leipzig, VW in Zwickau, Chemnitz und Dresden, Porsche in Leipzig, Opel in Eisenach oder Daimler in Berlin, Ludwigsfelde und Jena-Kölleda, produzieren in der Region. Laut einer Studie der Otto Brenner Stiftung werden heute rund 600.000 Fahrzeuge pro Jahr in Ostdeutschland produziert.

Indische Unternehmen, wie zum Bei­ spiel Bharat Forge, Mahindra & Mahindra oder Tata AutoComp Systems, inves­ tierten in Deutschland vor allem, um ihr Technologie-Know-how zu erweitern und Zugang zum europäischen Absatz­ markt und einem umfassenden Zuliefer­ netzwerk zu erhalten. Basierend auf einem Interview mit einem indischen

OEM Fahrzeug- und Teileproduktion in Ostdeutschland

BMW, Daimler Daimler

Berlin Ludwigsfelde

BMW, Porsche Leipzig

VW Dresden

BMW, Opel Eisenach Kölleda

Daimler Neoplan (MAN Gruppe)

VW VW

Chemnitz Zwickau

Plauen

Quelle: Industrial Investment Council, 2006 © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Automobilzulieferer in Deutschland, sorgen vor allem die indo-deutschen Pro­ jektteams für einen reibungslosen Wis­ sensaustausch. Auch das indische Unter­ nehmen Tata AutoComp Systems lag mit seinen Investitionen in das deutsche Technologie-Know-how richtig. „Die Investition von Tata AutoComp Systems in Deutschland hat unsere Erwartungen voll und ganz erfüllt“, sagte Hans Jorgen Kjarsgard, der Managing Director der Taco Kunststofftechnik. Deutsches Branchenwissen innerhalb der Automobilzulieferindustrie ist ge­ fragt. Durch die enge Kooperation von Industrie und Universitäten werden Inno­ vationen und Entwicklungen im Auto­ mobilbereich vorangetrieben und hoch qualifizierte Ingenieure ausgebildet. Der Zugriff auf revolutionäre Entwicklungen im Automobilbereich sowie auf eine sehr gute F&E-Infrastruktur ist ein maßgebli­ cher Investitionstreiber für indische Un­ ternehmen dieser Branche. Auch in Ost­ deutschland gibt es eine Reihe von sehr guten Universitäten, die innovative For­ schung und Entwicklung vorantreiben. Viele der in Ostdeutschland ansässigen internationalen Automobilzulieferunter­ nehmen standen vor ihrer Investitionsent­ scheidung vor der Wahl, in die osteuro­ päischen Grenzländer wie Polen oder Tschechien zu investieren. Aber die Stär­ ken Ostdeutschlands haben sich am Ende durchgesetzt. Der kanadisch-öster­ reichische Konzern Magna International nannte beispielsweise mehrere Fakto­ ren, die für die Standortentscheidung ent­ scheidend gewesen seien. Aspekte vom Grundstückspreis über Lohnkosten bis hin zu Fördergeldern seien kalkuliert worden. Neben der guten Zusammenar­ beit mit den örtlichen Behörden sei auch die große Zahl an gut ausgebildeten und motivierten Fachkräften ein Grund für die Ansiedlung in Ostdeutschland gewesen (Märkische Allgemeine, 15.06.2007).

16 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Maschinen- und Anlagenbau

Wie auch im Westen Deutschlands spielt im Osten der Maschinenund Anlagenbau eine herausragende wirtschaftliche Rolle. Gemessen an rund 6.000 Unternehmen, 870.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 151 Milliarden Euro ist er eine der bedeutendsten Branchen für Ost­ deutschland. Mittelständische Betriebe aus den neuen Ländern erobern mit ihren inno­ vativen Produkten zunehmend den Weltmarkt. Bereits heute geht zum Bei­ spiel deutlich mehr als die Hälfte der in Berlin produzierten Maschinenbau­ erzeugnisse in den Export. Ein Beispiel für den hohen Exportanteil ist auch der Strickmaschinenhersteller Terrot aus dem sächsischen Chemnitz, der im anteiligen Besitz des indischen Engineering-Unternehmens Voltas ist. Durch das indische Investment gewann das ostdeutsche Unternehmen mit rund 130 Mitarbeitern einen schnellen Zugang zum Absatzmarkt in Indien. Über 90 Prozent der Produktion wird nach eigenen Angaben exportiert. Auch der Import indischer Maschinen nach Deutschland hat in den vergan­ genen Jahren kontinuierlich zugenom­ men. Da Kundennähe immer wichtiger wird, denken indische Maschinenund Anlagenbauer verstärkt über eine Niederlassung vor Ort nach. Ein Groß­ teil potenzieller deutscher Kunden aus dem Bereich Maschinen- und Anlagen­ bau haben Produktions- und F&E-Stand­ orte in Ostdeutschland. Darunter sind Unternehmen wie zum Beispiel Lurgi, Liebherr, MAN Roland Druckmaschinen, ThyssenKrupp und ZF Friedrichshafen. Siemens beispielsweise ist an den Stand­ orten Chemnitz, Görlitz, Dresden und Leipzig vertreten.

»Wir hatten großes Glück, dass das indische Unternehmen Viraj in Ost­ deutschland investierte. Heute haben wir mehr als 200 Angestellte und wachsen weiter. Das Label ›Made in Germany‹ ist ein starkes Argument, unsere Kunden von der Qualität unserer Produkte zu überzeugen.« Dr. Jürgen Brandt, Director, Flanschenwerk Bebitz im Eigentum der Viraj Gruppe © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für Direktinvestitionen 17

Technikbegeisterter Nachwuchs und hohe Produktivität Indische Investoren finden in Ostdeutsch­ land qualifizierte Arbeitskräfte. Dies liegt auch an dem technikbegeisterten Nach­ wuchs. Rund 36.000 Ingenieure werden in den neuen Ländern jedes Jahr aus­ gebildet. Ein Drittel davon sind Maschi­ nenbauingenieure, die nach hohen deutschen Standards an den historisch führenden ostdeutschen Universitäten ausgebildet werden.

Auch für N3 Engine Overhaul Services, das neue Triebwerksinstandhaltungs­ werk von Lufthansa Technik und RollsRoyce, war der gut ausgebildete Arbeits­ kräftepool mit ausschlaggebend für die Investitionsentscheidung für Arnstadt in Thüringen: Seit 2007 sind hier 250 Mit­ arbeiter tätig und in den kommenden zwei Jahren soll die Zahl der Beschäftig­ ten sogar verdoppelt werden (Deutscher Depeschendienst). Bei der Standortaus­ wahl setzte sich Ostdeutschland gegen 16 andere Regionen in ganz Europa

Produktivität im ostdeutschen Maschinenbau Umsatz je Beschäftigten 159,21

160,00

143,86 129,69

TAUSEND EUR

140,00 120,00 99,11

100,00 80,00

102,65

108,08 108,64

114,41 117,55

119,47

81,96 76,07

durch. Rolls-Royce hat sich zudem dazu entschlossen, seine Forschungsabtei­ lung, ein Turbinen-Testzentrum, aus dem britischen Derby ins brandenburgische Dahlewitz zu verlegen, da hier Arbeits­ kräfte mit technischem Verständnis zu einem guten Kosten-Leistungs-Verhält­ nis zur Verfügung stehen. Dies spiegelt sich auch in den Produkti­ vitätsangaben des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) wider. Der Umsatz pro Mitarbeiter wuchs von knapp 28.000 Euro im Jahr 1991 auf 159.000 Euro im Jahr 2006. Ostdeutschland wird wesentlichen Investitionsanforderungen potenzieller Investoren im Bereich Maschinen- und Anlagenbau gerecht – dafür sprechen die hohe Arbeitskräftequalifikation, TechnikKnow-how und günstige Lohnkosten bei hoher Produktivität.

60,00 40,00 20,00 0,00 1995 1996 1997 1998 1999 2000

2001

2002

2003 2004 2005 2006

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2008

Edelstahlspezialteile vom indischen Zulieferer aus Sachsen-Anhalt Der indische Edelstahlproduzent Viraj hat zu Beginn des Jahres 2004 das Flan­ schenwerk Bebitz aus Sachsen-Anhalt mit 120 Mitarbeitern übernommen. Mittlerweile beschäftigt der Edelstahl­ spezialteilezulieferer aufgrund des guten internationalen Absatzmarktes sowie weiterer großer Investitionen wieder 230 Personen. Für Viraj gab es einige Investitionstreiber: langjährige Produktionserfahrung, eine

gute Infrastruktur, qualifiziertes Fachper­ sonal, großes Marktpotenzial, gute För­ dermöglichkeiten, deutsches Organisa­ tions-Know-how und das Label ‚Made in Germany‘, das Vertrauen bei bestehen­ den und zukünftigen Kunden schafft und für Qualität steht. Entscheidend in dieser Branche aber sind vor allem Qualitätszertifikate und Kundenzulassungen. Nur so ist es mög­ lich, Produkte am Markt zu platzieren. Das Flanschenwerk Bebitz besaß bereits zum Zeitpunkt der Übernahme rund 50 solcher Zulassungen und war somit bestens als Zielunternehmen geeignet.

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Heute arbeiten auch indische Arbeitneh­ mer im Werk. Sie werden von ihren deutschen Kollegen voll und ganz inte­ griert, berichtet der Direktor des Flan­ schenwerks, Dr. Jürgen Brandt. Der Betrieb wird zweisprachig geführt, es gibt Deutschunterricht für indische und Englischunterricht für deutsche Mit­ arbeiter des Unternehmens. Durch gemeinsame Freizeitaktivitäten werden die indischen Beschäftigten an das neue kulturelle Umfeld herangeführt.

18 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Erneuerbare Energien Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieversorgung in Deutsch­ land hat sich in den vergangenen Jah­ ren um mehr als 20 Prozent erhöht.Das Bundesministerium für Umwelt, Natur­ schutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat seine Forschungsförderung weiter ausgebaut. Der deutsche Absatzmarkt für Produkte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien wird dadurch zusätzlich stimuliert. Insbesondere die Zahl der Solar- und Windenergie­ projekte steigt kontinuierlich.

Größter indischer Windturbinen­ hersteller entwickelt in Mecklenburg-Vorpommern Das indische Unternehmen Suzlon ist mit weltweit mehr als 9.500 Mitarbei­ tern einer der fünf größten Hersteller von Windenergieanlagen und das am stärks­ ten wachsende Unternehmen dieser Branche. Suzlon konzipiert, realisiert und betreibt Windparks zusammen mit Investoren.

In den ostdeutschen Städten Rostock und Berlin entwickelt das Unternehmen Windturbinen. Im nordostdeutschen Technologiecluster findet Suzlon vor allem gut ausgebildete Ingenieure mit ausgeprägtem Fachwissen aus dem Windkraftbereich. Suzlon kooperiert auf diesem Gebiet stark mit ostdeutschen Universitäten und Institutionen. Neben den Lebenshaltungskosten sind vor allem die Lohnkosten in Ostdeutsch­

land verglichen mit Suzlons Standort in Hamburg wesentlich geringer. Der Arbeitslohn ist der wesentliche Kosten­ treiber im F&E-Geschäft. Im Jahr 2002 hat das indische Windkraft­ unternehmen in Rostock mit fünf bis sieben Ingenieuren begonnen, heute arbeiten dort über 80 Ingenieure an Entwicklungsprojekten auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien.

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Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für Direktinvestitionen 19

Ostdeutsches „Solar Valley“ Deutschland ist mit Abstand größter Photovoltaik-Markt der Welt. Außerdem stammen über ein Viertel aller weltweit installierten Solarzellen und 40 Prozent aller Wechselrichter aus deutscher Fertigung. Damit liegt Deutschland weltweit an der Spitze und ist Vorreiter innerhalb der Solartechnologieentwicklung. Prognosen von verschiedenen Instituten gehen von einem jährlichen Wachstum der deutschen Photovoltaikindustrie von über 20 Prozent aus.

Ostdeutschland wird zum „Solar Valley“ Photovoltaikbranche verdichtet sich in den neuen Bundesländern

Gerade Ostdeutschland ist als Standort für die Solarindustrie attraktiv. Schon heute zählt die Region 150 Unternehmen, die Solartechnik zur Wärme- und vor allem Stromproduktion herstellen. Investitionstreiber für Unternehmen wie Q-Cells, SolarWorld, Ersol oder First Solar sind neben den staatlichen finanziellen Förderungen vor allem die qualifizierten Arbeitskräfte und die Nähe zu führenden Forschungsinstituten und Universitäten auf diesem Gebiet sowie zu den Lieferanten des Produktionsequipments. Im brandenburgischen Frankfurt /Oder beispielsweise entstehen rund 1.500 neue Arbeitsplätze innerhalb dieser Branche. Hier investiert Conergy etwa 250 Millionen Euro in eine der weltweit modernsten integrierten Produktionsanlagen für Solarwafer, -zellen und -module. Das US-Unternehmen First Solar eröffnete vor Kurzem gleich nebenan eine große DünnschichtSolarfabrik. Odersun entwickelt und produziert in Frankfurt /Oder mit einer neuen Technologie flexible Dünnschichtmodule für mobile und stationäre Applikationen.

Wismar Wedel

Prenzlau

Bremerhaven

Berlin Brandenburg Frankfurt/Oder Luckenwalde

Thalheim Torgau Großröhrsdorf Leipzig Mochau Dresden Jena Bischofswerda Erfurt Freiberg Gera Arnstadt Chemnitz

Gelsenkirchen

Aachen

Alzenau Adelsdorf

Schwäbisch Hall

Putzbrunn

Burghausen

Freiburg Konstanz

STANDORT

Aber auch andere Umwelttechnologien werden in den neuen Ländern produziert. In Sachsen betreibt Choren Industries die erste Anlage für synthetischen Dieselkraftstoff. Firmen aus dem Wind-

Die entscheidenden Gründe, die für den Standort Ostdeutschland im Bereich der erneuerbaren Energien sprechen, sind neben dem guten Arbeitskräfteangebot und den vergleichsweise günstigen Lohnkosten das hohe F&E- und BranchenKnow-how sowie die logistischen Vorteile in der Region.

kraftbereich, wie zum Beispiel Nordex oder das indische Unternehmen Suzlon, haben sich in Mecklenburg-Vorpommern angesiedelt. Hier haben Windkraftunternehmen die Möglichkeit, die gute Wasserinfrastruktur zu nutzen und große Anlagen über die ostdeutschen Häfen per Schiff zu transportieren. Insbesondere für Offshore-Windkraftanlagen ist der Zugang zu Häfen notwendig.

ANZ AHL WERKE K APA ZITÄT 2006 / 07 IN MEGAWAT T (MWP): K. A.

BIS 50

51–100

101–250

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ÜBER 250

Quelle: Bundesverband der Solarwirtschaft, 2007

20 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Pharma, Biotechnologie und Chemie Die ostdeutschen Pharma-, Biotech­ nologie- und Chemiebranchen zeichnen sich durch Innovation und Forschungsintensität aus. Der rela­ tive Anteil der Biotechnologieunter­ nehmen Ostdeutschlands gemessen an der Gesamtbevölkerung hat sich zwischen 2002 und 2004 mehr als vervierfacht (BMBF).

»Indische Pharmaunternehmen sind kurz davor, hochpreisige Industrie­ märkte zu erschließen. Ich erwarte Direktinvestitionen von indischen Unternehmern, die auf der Suche nach deutschen Kooperationspart­ nern sind.« »Indiens Pharmabranche hat großes Potenzial, in Zukunft ein weltweiter Marktführer zu werden.« Dr. Peter Michaelis, Head of Phase I, Veeda Clinical Research, Görlitz © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für Direktinvestitionen 21

Viele Städte in Europa sind bereits seit einigen Jahren darum bemüht, regionale Cluster in diesen zukunftsträchtigen Industrien aufzubauen, und fördern diese besonders. In einer KPMG-Studie aus dem Jahr 2006 zum Thema Ost­ deutschland als Standort für Direkt­ investitionen wurden ostdeutsche und osteuropäische Städte miteinander ver­ glichen. Danach weisen kleinere ost­ deutsche Universitätsstädte, wie zum Beispiel Greifswald, Halle/Saale oder Jena, gemessen an der Bevölkerungs­ zahl eine außergewöhnlich hohe Zahl an biomedizinischen Veröffentlichungen auf. Die ostdeutschen Städte haben sich in diesem Technologiefeld verglichen mit osteuropäischen Städten gut positioniert und können eine solide Forschungsbasis im Life-Science-Bereich aufbauen. Die hohe Anzahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen in diesem Bereich zeugt von einem großen Innovations­ und Wissenspotenzial. Dies wiederum geht mit einer hohen Verfügbarkeit inno­ vativer und kreativer Arbeitskräfte mit internationaler Ausrichtung sowie einer stark ausgeprägten Institutionsland­ schaft einher. Die Vorteile für innovative Unternehmen liegen in den vielfältigen Möglichkeiten zur Kooperation sowie in der Nutzung vorhandenen Know-hows und angebotener Dienstleistungen.

Patente, F&E-Infrastruktur und Zugang zu Branchenwissen maßgeblich In der Pharmabranche reicht das Firmen­ spektrum allein in Sachsen-Anhalt vom traditionellen Familienunternehmen, wie zum Beispiel Carl Hoernecke, bis zum weltweit tätigen Konzern Bayer in Bitter­ feld. Jede dritte Aspirin-Tablette welt­ weit wird dort produziert. In Barleben bei Magdeburg laufen jährlich mehr als fünf Milliarden Tabletten und Kapseln von Hexal/Salutas vom Band. Mit dem Serumwerk Bernburg, IDT Biologica und dem indischen Unternehmen Esparma haben sich weitere Arzneimittelherstel­ ler in Sachsen-Anhalt angesiedelt. In Mecklenburg-Vorpommern gründeten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die BioCon Valley GmbH, um Kooperati­ onen mit anderen Biotechnologiezentren des Ostseeraums und dem Medicon Valley, dem größten Zentrum von Bio­ technik und Pharmazie Skandinaviens, weiter auszubauen. Das deutsche Unternehmen Biotronik produziert mit rund 1.200 Mitarbeitern kardiologische Implantate in Berlin. Auch in der Chemiebranche nutzen Un­ ternehmen, wie zum Beispiel Total Raf­ finerie Mitteldeutschland, PCK Raffine­ rie, BASF oder Berlin Chemie, die viel­ fältigen ostdeutschen Standortvorteile.

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Dow Chemical beispielsweise hat Werke und Forschungseinrichtungen an vier ostdeutschen Standorten. Ende 2007 hat das US-Unternehmen mit dem Bau einer weiteren Anlage begonnen und wird dort rund 70 Millionen Euro investie­ ren (Mitteldeutsche Zeitung). Dow Che­ mical ist nach eigenen Angaben mit 2.300 Mitarbeitern größter Kunststoff­ produzent in Ostdeutschland. Der indische Chemiekonzern Reliance Industries kaufte in 2004 den berühmten Polyesterfaserhersteller Trevira. Treviras Abnehmer kommen unter anderem aus der Automobil- und Hygieneindustrie, die in Ostdeutschland stark vertreten ist. Die Kundennähe ist durch das Werk in Brandenburg direkt an der polnischen Grenze gewährleistet. Von dort hat das Unternehmen Zugriff auf einen attrak­ tiven Arbeitsmarkt mit vergleichsweise günstigen Löhnen. Rund 760 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Die Beispiele verdeutlichen die Anzie­ hungskraft Ostdeutschlands als attrakti­ ven Standortes für die Pharma-, Biotech­ nologie- und Chemiebranchen. Indische Investoren finden dort neben einer Reihe anderer Vorteile vor allem die notwen­ dige F&E-Infrastruktur, Branchenwissen sowie professionelle Unterstützung im Ansiedlungsprozess.

22 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Service Center Die stark wachsende Service-CenterBranche in Ostdeutschland ist noch relativ jung, aber sie entwickelt sich rasant. In Mecklenburg-Vorpommern haben sich Call Center aller Größenordungen etabliert. In den kleinsten Unterneh­ men arbeiten 7, im größten bis zu 1.000 Mitarbeiter. 20 Prozent der angesiedel­ ten Unternehmen sind Inbound-, 41 Pro­ zent Outbound-Call-Center; bei den übri­ gen handelt es sich um Mischformen. Die Pläne von zwei Dritteln der Unterneh­ men, weiteres Personal einzustellen, unterstreichen den Wachstumskurs der Branche.

»Das Outsourcing von Unternehmensfunktionen wird von unseren deutschen Kunden immer mehr akzeptiert, da auch sie nach Wegen suchen, effizienter zu arbeiten.« Debjit Datta Chaudhuri, Head – Germany, Infosys Technologies Ltd

»Unsere deutschen Kunden würden es nicht akzeptieren, von einem anderen Land aus bedient zu werden. Folglich müssen wir vor Ort sein.« Shreedhara Shetty, Senior Vice President – Europe Sales & Operations Telecom & Product Engineering Services, Wipro Technologies © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Ostdeutsche Branchen mit Potenzial für Direktinvestitionen 23

Beste Voraussetzungen für das digitale Zeitalter

Weltweiter Service globaler Unter­ nehmen aus Ostdeutschland

Qualifizierte Arbeitskräfte zu relativ günstigen Lohnkosten, hohe Förderquo­ ten, preiswerte Immobilien und ein hochmodernes Telekommunikationsnetz begünstigen das Wachstum und die Ansiedlung der Unternehmen aus dem Service-Center-Bereich.

Das Service- und Vertriebszentrum von Dell hat 2005 den Geschäftsbetrieb auf­ genommen und betreut seine Kunden von Sachsen-Anhalt aus. Dell beschäf­ tigt etwa 1.200 Mitarbeiter und plant vor dem Hintergrund seines Erfolgs am Standort, diese Zahl in den kommenden Jahren auf 1.500 zu erhöhen.

Mecklenburg-Vorpommern beispiels­ weise investierte gezielt in ein eng­ maschiges Glasfaserkabelnetz, das zu den modernsten der Welt gehört. Dane­ ben gibt es eine hohe Verfügbarkeit von Arbeitskräften. Technologieorien­ tierte Investoren treffen dort auf ein innovatives Geflecht aus Universitäten, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Technologiezentren. Auch im thüringischen Erfurt haben internationale Unternehmen, wie zum Beispiel Deutsche Telekom, Help­ bycom European Help Desk Services, Hutchison 3G Austria, InfoKomm, Kabel Deutschland, Mobilcom oder Sellbytel ihre Standorte aufgebaut. In Thüringen hat sich in den vergangenen zehn Jahren eine lebendige Call-Center-Landschaft entwickelt. Anfang 1996 hat sich beispielsweise die IBM-Tochter csg Computer Service dort niedergelassen. Dieses internatio­ nale Flaggschiff des Servicesektors bietet in Thüringen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr technischen Service in bis zu 25 Sprachen an. Mitarbeiterflexibilität sowie Fremdspra­ chenkenntnisse werden zunehmend von Investoren nachgefragt und sind in Ost­ deutschland zu finden. Die optimale Kundenbetreuung ist schließlich von zen­ traler Bedeutung für den Erfolg eines Service Centers.

Auch das im selben Jahr gegründete und noch immer wachsende European Shared Service Center von BASF in Berlin nutzt die infrastrukturellen Vorteile Ostdeutschlands. Es erbringt Finanzund Rechnungswesen- sowie HR-Leis­ tungen für mehr als 100 Gesellschaften der BASF-Gruppe in 25 europäischen Ländern. Vor drei Jahren hat auch IKEA seine Personaladministration in Potsdam zen­ tralisiert. Das Service Center erbringt hauptsächlich Dienstleistungen in den Bereichen Lohn- und Gehaltsabrech­ nung, System Support und Mitarbeiter­ rekrutierung. Rund 16.000 Mitarbeiter werden von dort aus betreut. Einige indische BPO-Unternehmen denken – nach der Erschließung der eng­ lischsprachigen Länder in Europa – darü­ ber nach, die deutschsprachigen Regio­ nen zu erschließen. Ostdeutschland stellt bei diesen Standortüberlegungen eine gute strategische Standortalter­ native dar und bietet die entscheidenden Faktoren, die für eine erfolgreiche Tätigkeit innerhalb der Service-CenterBranche notwendig sind.

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24 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Engineering-Dienstleister In Ostdeutschland befinden sich neben der großen Anzahl von Unter­ nehmen aus dem Automobil- und Automobilzulieferbereich sowie dem Maschinen und Anlagenbau auch innovative Engineering-Dienstleister. Die Anzahl der Ingenieurbüros für technische Fachplanung und für Indus­ triedesign in Ostdeutschland ist in den vergangenen Jahren gestiegen. In 2005 waren rund 7.400 solcher Unternehmen in den neuen Ländern registriert, die einen Umsatz von insgesamt rund zwei Milliarden Euro erzielten (Statistisches Bundesamt). Hierzu sind gut ausgebildete, kreative Ingenieure notwendig.

Innovative Entwicklungen und Kundennähe gefragt

industrie sowie die Heizungs-, Lüftungs­ und Klimabranche.

Entscheidend für einen wirksamen Ent­ wicklungsprozess ist die effiziente Kooperation zwischen innovativen Tech­ nologiepartnern und den Kunden. Die regionale Nähe zum Auftraggeber stellt einen ausschlaggebenden Erfolgsfaktor dar. Viele Kunden aus der Automobilund Luftfahrtindustrie sind in den neuen Ländern zu finden.

Die Ingenieurgesellschaft Auto und Ver­ kehr gehört mit über 3.000 Mitarbeitern zu den führenden Engineering-Partnern der deutschen Automobilindustrie in den Bereichen Fahrzeugentwicklung und -elektronik sowie Powertrainentwick­ lung und -mechatronik. Das Unterneh­ men entwickelt mit seinen Ingenieuren und Technikern unter anderem an den ostdeutschen Standorten Berlin und Chemnitz.

Beispiele hierfür sind das US-Unterneh­ men Delphi, das in seinem Entwick­ lungszentrum für Fahrzeugsicherheit in Berlin-Reinickendorf Airbags, Sicher­ heitsgurte und Lenkräder entwickelt, wie auch die Airbus-Mutter EADS, die in Rostock ein Engineering-Büro im Luft- und Raumfahrtbereich betreibt. AB Elektronik aus Sachsen, ein Unter­ nehmen von TT Electronics, entwickelt und fertigt für die Automobil- und Elektro­

Indische Investoren, die Zugang suchen zu innovativen technischen Entwick­ lungen und einem breiten Absatzmarkt in geografischer Nähe, werden in Ost­ deutschland gut bedient. Die Region bietet die entscheidenden Standortfakto­ ren, die für qualitativ hochwertige Inge­ nieurdienstleistungen notwendig sind.

© 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

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Entwicklung indischer Direktinvestitionen im Ausland Die beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung Indiens ist zunehmend in den Blickpunkt der Welt gerückt. Dies ist unter anderem zurückzuführen auf den Liberalisierungsprozess der vergangenen beiden Jahrzehnte sowie auf die Tatsache, dass das Land den Weg zu einer offenen Marktwirtschaft eingeschlagen hat. Wichtigster Grund für das Auslands­ engagement indischer Unternehmen ist der Eintritt in neue geografische Absatzmärkte zur Steigerung der Wett­ bewerbsfähigkeit und der Umsätze. Der Zugriff auf neue Technologien und die Realisierung von Kosteneinsparun­ gen durch Synergieeffekte sind für viele Unternehmen nicht minder wichtig. Nach der Erschließung der englisch­ sprachigen Absatzmärkte USA und UK wird sich in Zukunft der Fokus indi­ scher Unternehmen verstärkt nach Zentraleuropa verschieben. Vor allem die deutschsprachigen Länder stellen einen enormen Markt für vielfältige Branchen dar.

»In 2004 hat die Viraj Gruppe das Flanschenwerk Bebitz gekauft. Innerhalb von 4 Jahren haben wir 20 Millionen Euro investiert und wir planen für die Zukunft weitere Investitionen.« Dr. Jürgen Brandt, Director, Flanschenwerk Bebitz im Eigentum der Viraj Gruppe © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

26 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Bis 1991 kaum indische Direktinvestitionen im Ausland Die Studie ‚Growth of Indian Multi­ nationals in the World Economy‘ (März 2007) des Institute for Studies in Indus­ trial Development (ISID) unterteilt die Entwicklung indischer Direktinvestitio­ nen im Ausland in zwei Investitions­ wellen. Die erste Investitionswelle vor 1991 war geprägt von einer hohen absoluten Anzahl von Investitionen bei geringen Volumina. Mit der allmählichen Deregulierung und Reformierung des indischen Wirtschaftssystems wurde auch der Marktzugang für ausländische Unternehmen in Indien möglich. Wirt­ schaftswachstumsraten stiegen von 3,7 Prozent in den 50er- und 60er-Jahren auf stabile 6 Prozent in den 90er-Jahren.

Indische Direktinvestitionen im Ausland 1990 –2012 REAL SCHÄTZ WERT PROGNOSE

35.000

35.000

30.000

MILLIONEN US $

30.000

25.000

25.000

20.000

20.000

15.000 13.000

15.000 9.676

10.000 5.000 6

119

1990

1995

1.697 1.897 2.179 2.495 509 1.397

0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Quelle: UNCTAD World Investment Reports (1990–2006), Economist Intelligence Unit (2007–2012)

Wirtschaftsreformen forcieren indische Direktinvestitionen im Ausland

Die zweite Investitionswelle startete laut der ISID-Studie nach den Wirtschafts­ reformen 1991, die unter anderem auch eine Mehrheitsbeteiligung indischer Unternehmen an ausländischen Gesell­ schaften erlaubte. Gründe hierfür waren nicht nur eine libe­ ralere Politik in Indien, sondern auch ver­ änderte Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmenszukäufen und der Zugang

zu neuen Absatzmärkten. Seit diesem Zeitpunkt haben indische Unternehmen verstärkt im Ausland investiert.

Indien wird zu einer ‚M&A-Nation‘ Ab 2000 kam es zu einer regelrechten Explosion indischer Direktinvestitionen. Fünf Jahre später folgte ein Qualitäts­ sprung mit dem Ergebnis, dass indische

Unternehmen verstärkt ins M&AGeschäft einstiegen (ISID). Betrugen die indischen Direktinves­ titionen im Ausland noch 2,1 Milliarden US-Dollar in 2004, so lagen sie nach einer Statistik von UNCTAD in 2006 schon bei 9,7 Milliarden US-Dollar. Das Interesse des Subkontinents am Inves­ titionsstandort Deutschland ist vergli­ chen mit dem anderer Wachstumsländer

Anzahl der internationalen Investitionsprojekte der BRIC-Staaten GREENFIELD M&A

400

FDI-PROJEKTE

350

300

291

250 200 150

217 202 101

100 50

139

138

47

58

109 40 64

0 Indien

34

28

Brasilien Russland 2004

59

China

91

Indien

156 133

34 26

Brasilien Russland 2005

China

37 35

Indien

132

64

Brasilien Russland 2006

61

China

Quelle: UNCTAD World Investment Report, 2007 © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Entwicklung indischer Direktinvestitionen im Ausland 27

sehr stark und lässt zukünftige Investi­ tionen erwarten (Mergermarket).

Zunehmendes Interesse an Greenfield-Investitionen

In die englischsprachigen Länder USA und Großbritannien investierten indische Unternehmen insgesamt 45 Prozent, in Europa ohne Großbritannien rund 14 Prozent ihres Gesamtvolumens für Aus­ landsinvestitionen im Zeitraum 2001 bis 2006 (Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry – FICCI).

Direktinvestitionen im Ausland waren unter anderen besonders für die indi­ schen IT- und Engineering-Services-, Pharma-, Automobil-, Maschinenbauund Erneuerbare-Energien-Branchen interessant. Hier kam es in den vergan­ genen Jahren zu Übernahmetransak­ tionen sowie ‚Greenfield-Projekten‘.

Obwohl der Wert indischer Unterneh­ menskäufe deutlich höher ist als bei Greenfieldinvestitionen, übersteigt die Anzahl der Greenfield- deutlich die der Akquiseprojekte. Die Gründe für ver­ mehrte Unternehmensakquisitionen sind bekannt: Unternehmen übernehmen bestehende Kunden des Zielunterneh­ mens und haben so Zugang zu einem bereits etablierten Markt. Sie nutzen eine bereits bestehende Infrastruktur und erwerben oft zusätzlich Technologie oder einen etablierten Markennamen. Im Vergleich zu anderen Markteintritts­ strategien erhoffen sich Investoren dadurch einen zeitlichen Wettbewerbs­ vorteil gegenüber Konkurrenten. Nach Angaben der meisten indischen Investo­ ren folgten nach einer indischen Unter­ nehmensakquisition in Deutschland zusätzliche hohe Investitionen, sodass sich unter anderem die Mitarbeiterzahl der akquirierten Betriebe erhöhte.

Vor allem der indische Dienstleistungs­ sektor trug einen beträchtlichen Teil zu indischen Auslandsinvestitionen bei. Bislang haben große IT-Dienstleister wie IBM Global Services, EDS oder HP Services die indischen Konkurrenten vorwiegend in ihrem Heimatmarkt USA zu spüren bekommen. Seit aber in Europa vor allem das Geschäft mit größeren IT-Outsourcing-Deals boomt, gerät Zentraleuropa immer stärker ins Blickfeld. Nach der Erschließung der englischsprachigen Länder in Europa suchen indische Unternehmen nun auch den großen deutschsprachigen Absatz­ markt. Dabei versuchen sich die IT-Dienstleister aus Indien längst nicht nur als Outsour­ cing-Anbieter ins Spiel zu bringen. Sie wollen in zunehmendem Maß höherwer­ tigere Dienstleistungen anbieten wie IT-Beratung, Betrieb von IT-Infrastruk­ turen bis hin zur Übernahme ganzer ITAbteilungen der Kunden und suchen konsequent den Kontakt zu den Auftrag­ gebern. Diese Dienstleistungsunter­ nehmen gründen meist ihre deutschen Tochterunternehmen auf der ‚grünen Wiese‘ und wachsen anschließend orga­ nisch weiter.

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Die indischen IT-Dienstleistungsunter­ nehmen I-flex solutions, Infosys, Mas­ tek, Tata Consultancy Services und Wipro Technologies haben sich seit ihrer Gründung zu internationalen Unter­ nehmen entwickelt. Deren deutsche Niederlassungen wurden auf der ‚grünen Wiese‘ gegründet und bieten Kunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Chance des Outsourcing. Eine allgemeine Tendenz von indischen ‚Greenfield-Investitionen‘ im Ausland ist zu erkennen. Die Zahl der internatio­ nalen Investitionsprojekte indischer Unternehmen auf der ‚grünen Wiese‘ ist von 90 im Jahr 2002 auf 291 im Jahr 2006 gewachsen (UNCTAD). Mit dem zukünftig zunehmenden Reife­ grad und der Dienstleistungs- und Pro­ duktdifferenzierung indischer Unterneh­ men finden indische Investoren oft nicht ein ihren Kriterien entsprechendes Ziel­ unternehmen, sodass eine ‚GreenfieldInvestition‘ im Zielland häufig die Folge ist. Für die Unternehmen liegen die Vor­ teile dieser Investitionsart oft in der unter­ nehmerischen und finanziellen Unabhän­ gigkeit und der Möglichkeit der größeren Kontrolle über die getätigte Investition. Dadurch kann eine schnellere Unterneh­ mensentwicklung möglich sein. Deshalb ist davon auszugehen, dass indische Direktinvestitionen in Form von ‚Green­ field-Investitionen‘ in Europa zunehmen werden.

28 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Vorteile und Stärken Ostdeutschlands

für indische Direktinvestoren

Aufgrund des starken internationalen Wettbewerbs zwischen Standorten um die Ansiedlung von Investoren haben die verantwortlichen Standortmarke­ ting- und Wirtschaftsförderungsgesell­ schaften auch das große Potenzial indischer Investoren erkannt. Indische Unternehmen werden von einer Viel­ zahl von europäischen Standorten umworben und haben innerhalb Euro­ pas eine große Auswahl zwischen unterschiedlichsten Wirtschaftsstand­ orten. Die Schwierigkeit für Unterneh­ men liegt oft darin, zwischen den viel­ fältigen Standortalternativen in Europa zu unterscheiden und die Region zu identifizieren, die den größten Mehr­ wert bietet.

Deutschland hat für indische Unterneh­ men einige übergreifende Vorteile aufzu­ weisen. Der deutschsprachige Absatz­ markt in Zentraleuropa für Produkte und Dienstleistungen ist sehr groß. Vor allem das deutsche Technologie-Know-how ist weltweit bekannt. Das Label ‚Made in Germany‘ besitzt ein hohes internatio­ nales Ansehen. Investoren können in Deutschland von transparenten Regelungen und einer hohen Rechtssicherheit profitieren. In einem Ranking des International Insti­ tute for Management Development von 2004 belegt das Land bei der Rechts­ sicherheit von Personen und Eigentum den vierten Platz. Finanziell gibt es seit Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform in 2008 für Investoren Vorteile. In den vergangenen Jahren hat Deutschland die steuerlichen Rahmenbedingungen deutlich verbes­ sert. Die bisherigen Vorteile geringerer Steuersätze auf Unternehmensgewinne in den neuen EU-Mitgliedsstaaten in

Mittel- und Osteuropa gegenüber der relativ hohen nominalen deutschen Unternehmensbesteuerung verringern sich dadurch deutlich. Die durchschnitt­ lichen nominalen Steuersätze auf Unternehmensgewinne liegen nun in Deutschland knapp unter 30 Prozent. Ostdeutschland als Region innerhalb Deutschlands bietet für indische Investo­ ren verglichen mit anderen Standorten neben den erwähnten übergreifenden Stärken Deutschlands zudem ganz spezi­ fische Vorteile. Der Standort ist nicht nur wegen der zentralen Lage innerhalb Europas, sondern auch wegen der sehr gut ausgebauten Infrastruktur und der F&E-Landschaft attraktiv. Zudem bietet Ostdeutschland einen großen Pool quali­ fizierter Arbeitskräfte zu vergleichsweise günstigen Kosten. Staatlich günstige Rahmenbedingungen und Investitionsför­ derungen für potenzielle Investoren bei unbürokratischen Ansiedlungsprozessen erhöhen außerdem die Anziehungskraft Ostdeutschlands.

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Vorteile und Stärken Ostdeutschlands für indische Direktinvestoren 29

Arbeitsmarkt und Qualifikation

Studentenzahlen im Vergleich mit europäischen Ländern in 2005 418.884

400.000

ANZ AHL STUDENTEN

Der ostdeutsche Arbeitsmarkt bietet indischen Investoren viele Möglichkeiten. Die Zahl der Erwerbstätigen in Ostdeutschland nimmt zu, obwohl die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum deutschen Durchschnitt relativ hoch bleibt.

300.000

279.207

200.000 136.018

125.799

112.029

100.000 56.159

41.782

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Quelle: EUROSTAT

Kein Fachkräftemangel in Ostdeutschland

Gut ausgebildete Arbeitskräfte und Hochschulabsolventen

Die Arbeitslosenquote lag in 2007 in den neuen Ländern bei 15,1 Prozent. Dadurch ist eine vergleichsweise hohe Verfügbarkeit von Arbeitskräften in Ost­ deutschland gewährleistet. Die Arbeits­ losenquote zum Beispiel in Lettland hingegen lag bei 6,8 Prozent, in Litauen bei 5,6 Prozent, in der Tschechischen Republik bei 7,1Prozent und in Estland bei 5,9 Prozent.

Als zusätzliches Plus ist die Qualifikation der Arbeitskräfte zu betrachten. Ein Groß­ teil der Beschäftigten in Ostdeutschland verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Ein Grund hierfür ist das duale System der Berufsausbildung in Deutschland, das innerbetriebliche und schulische Ausbildung verbindet und eine anerkannt hohe Ausbildungs­ qualität hervorbringt.

Deutlich verschärft hat sich der Fach­ kräftemangel in Mittel- und Osteuropa. Ausländische Investoren und einheimi­ sche Unternehmen stehen in vielen Fällen bei der Realisierung von Neuan­ siedlungen oder Erweiterungsinvesti­ tionen vor dem akuten Problem, aus­ reichend Fachkräfte zu gewinnen. Der Mangel an Fachkräften in Osteuropa führt zudem zu einer potenziell erhöh­ ten Mitarbeiterfluktuation und Stei­ gerung des Lohnniveaus. Dieses Phä­ nomen existiert in diesem Ausmaß in Ostdeutschland nicht.

Verglichen mit anderen europäischen Ländern haben viele ostdeutsche Arbeit­ nehmer einen Universitäts- oder Fach­ hochschulabschluss. Der Anteil der

Hochqualifizierten unter den sozialver­ sicherungspflichtig Beschäftigten in Ostdeutschland nimmt kontinuierlich zu und lag in 2005 bei 11,2 Prozent. Ins­ gesamt gab es im Wintersemester 2006/2007 in den neuen Ländern rund 420.000 Studenten, davon waren ca. 46.000 ausländische Studierende (Statistisches Bundesamt). Ostdeutschland verfügt also über einen großen Pool gut ausgebildeter Arbeits­ kräfte, die für Unternehmen unterschied­ lichster Branchen interessant sind.

»Qualität wird im wachsenden europäischen BPO-Geschäft eine größere Rolle als Kosten spielen. Löhne sind nicht mehr der einzige Investitionstreiber: Flexibilität, Qualität und die Fähigkeit, weltweiten Service zu erbringen, sind die Schlüsselfaktoren. Das bedeutet, dass wir uns bei der Suche nach geeigneten Greenfield-Standorten genauso auf weniger entwickelte Regionen fokussieren, wo wir hoch qualifizierte Arbeitskräfte zu attraktiven Gehältern finden, wie auf entwickelte Industrieländer in West- und Nordeuropa.« Arul Nathaniel, Strategy Director, Firstsource Solutions Ltd.

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30 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Arbeitskosten Durchschnittliche Arbeitskosten im internationalen Vergleich je Stunde im Verarbeitenden Gewerbe in Euro 2006

st de ut d a t S s w Be s c h c h nk erl I r l c hl e g l g la w r e an e n ie n n d e i i c h d e UK an d an d z

19,76 25,22

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33,35 33,39

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34,19 38,07

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Das Niveau in Ostdeutschland liegt laut dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) mit 19,76 Euro je Stunde 40 Prozent unter den westdeutschen Durchschnittskosten. Die durchschnitt­ lichen Arbeitskosten im Verarbeitenden Gewerbe lagen 2006 in der EU-25 bei 22,35 Euro (EUROSTAT). Somit liegen die neuen Länder unterhalb des EU­ Durchschnittswertes und sind interna­ tional wettbewerbsfähig.

Bei einer Vielzahl von Unternehmens­ entscheidungen für Standorte in Osteu­ ropa stehen die Kosten im Mittelpunkt. Das Fraunhofer-Institut für Systemtech­ nik und Innovationsforschung hat fest­ gestellt, dass vor allem die geringe Pro­ zess- und Produktqualität sowie die hohen Koordinationskosten im Ausland Unternehmen zur Rückverlagerung ihrer Aktivitäten nach Deutschland veranlasst haben. Ostdeutschland stellt in solchen Fällen für diese Unternehmen eine inter­ essante Standortalternative dar.

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Im Vergleich zu den meisten westli­ chen Industriestaaten überzeugt Ost­ deutschland durch günstige Arbeits­ kosten sowie längere und flexible Arbeitszeiten.

0

10

20

30

40

EUR

Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2006

Wachstumsrate der Arbeitskos­ ten im internationalen Vergleich im Verarbeitenden Gewerbe in nationaler Währung von 2000 bis 2006

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2,4 4,4

5,2 6,0

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Während die Arbeitskosten in den neuen Ländern vergleichsweise niedrig sind, steigt die Produktivität der ostdeutschen Industrie kontinuierlich. Die Lohnstückkosten in Ostdeutschland sind nach Angaben des Instituts für Wirtschafts­ forschung Halle (IWH) in den letzten Jahren besonders im Verarbeitenden Gewerbe kontinuierlich gesunken.

6,8

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Hohe Produktivität bei günstiger Arbeitskostendynamik

9,4 10,8 11,5 21,8

0

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Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 2006

Auch die durchschnittlichen Steigerungs­ raten für industrielle Arbeitskosten sind jährlich mit rund 2 Prozent im Zeitraum 2000 bis 2006 stabil und sprechen für den Investitionsstandort Ostdeutschland (IW Köln). In den osteuropäischen EUMitgliedsländern wurden hingegen jähr­ liche Steigerungsraten von bis zu 22 Pro­ zent erreicht. Auch die Steigerungsraten in Großbritannien und Irland liegen mit rund 4 bzw. 5 Prozent deutlich höher. Für Investoren in Ostdeutschland bedeutet dies eine sicherere Investitionsplanung.

Geringes Streikrisiko Die deutsche Streikquote ist vergleichs­ weise niedrig. Die durchschnittliche Zahl der durch Streiks und Aussperrungen verlorenen Arbeitstage pro1.000 Arbeit­ nehmer in Gesamtdeutschland lag im Zeitraum von 1996 bis 2005 bei 2,4. In UK und den Niederlanden waren es mit sechs Tagen weitaus mehr. Ungarn verzeichnete 15,8 durch Streiks verlo­ rene Arbeitstage, Rumänien 55,8 Tage und Spanien sowie Dänemark sogar über 140 Tage (Hans-Böckler-Stiftung). Das spricht für eine funktionierende Sozialpartnerschaft sowie hohe Motiva­ tion und starkes Engagement seitens der Arbeitnehmer.

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Vorteile und Stärken Ostdeutschlands für indische Direktinvestoren 31

Forschungs- und Entwicklungslandschaft

Biotechnologie-Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt im europäischen Vergleich in 2003 7,19

7 6,01 ANZ AHL PATENTANMELDUNGEN JE MIO. ERWERBSPERSONEN

Im Bereich F&E sind ostdeutsche Standorte bei Patentanmeldungen, wissenschaftlichen Veröffentlichun­ gen und Gesamtausgaben in F&E laut der KPMG-Studie zum Thema ‚Ostdeutschland als Standort für Direktinvestitionen‘ ihren Wettbewer­ bern in Osteuropa deutlich voraus.

6

5,03

5 4 3

2,29

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Quelle: EUROSTAT

Ausgeprägte Infrastruktur, hohe Kompetenzdichte und viele Patentanmeldungen Patente sind wichtige Indikatoren für die Innovationsdynamik eines Standortes in allen Technologiebereichen und sind durch ihre Wirkung auf andere Unter­ nehmen Anreiz für weiteren technischen Fortschritt. Im Durchschnitt wurden in einem Jahr in zehn ostdeutschen Städ­ ten 365 Patente pro eine Million Ein­ wohner beim Europäischen Patentamt angemeldet (2002 und 2003). Laut der KPMG-Studie ist das mehr als das Fünf­ fache im Vergleich zum Durchschnitt der Anmeldungen aus osteuropäischen

Städten, wie zum Beispiel Pilsen, Brno, Bratislava, Riga oder Warschau. Auch die Ausgaben für F&E sind um ein Vielfaches höher und die Anzahl der Beschäftigten in diesem Bereich ist beachtlich. Hier wird gegenüber osteu­ ropäischen Städten im Durchschnitt mehr als das 3,5-Fache für F&E ausge­ geben. Nirgendwo sonst in Deutschland ist die Forschungsdichte so hoch wie in Berlin und Brandenburg. Im Vergleich des Inno­ vationsindex für Länder und Regionen der EU in 2006 belegte Berlin den zwei­ ten Platz in Europa.

»Suzlon hat Design- und Entwicklungszentren für Windturbinen in Rostock und Berlin gebaut. Diese Standorte haben wir gewählt, weil hier Mitarbeiter mit technischem Know-how aus der Windindustrie verfügbar sind. Zudem gibt es hier hart arbeitende, gut ausgebildete und ehrliche Ingenieure. Unsere Erwartungen haben sich voll erfüllt. In 2002 haben wir auf der ›grünen Wiese‹ investiert und mit ca. fünf bis sieben Ingenieuren begonnen. Heute beschäftigen wir 80 Ingenieure und 10 Mitarbeiter in der Verwaltung.« Anand Bagrecha, General Manager Accounts, Suzlon Energy © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Für F&E-fokussierte indische Inves­ toren bietet Ostdeutschland folglich eine fruchtbare Option, um Spitzentechno­ logie zu entwickeln und zu transferieren.

32 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Infrastruktur und Mobilität Die moderne Infrastruktur, wie zum Beispiel die Verkehrsanbindung, die Stromversorgung oder das Angebot an Gewerbeimmobilien, ist ein wesent­ licher und spezifischer Standortvor­ teil Ostdeutschlands verglichen mit den osteuropäischen Nachbarn. Nach der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland flossen beachtliche Investitionen in infrastrukturelle Maß­ nahmen in die neuen Bundesländer. Heute profitieren Unternehmen von den staatlichen Investitionen des Bundes in die Verkehrsinfrastruktur in Ostdeutsch­ land nach der deutschen Wiederver­ einigung. Schienenwege, Straßen und Wasserstraßen wurden erneuert und ausgebaut. Durch eine höhere Infra­ strukturqualität werden Transportwege und -zeiten verkürzt.

Mehrwert durch Qualität, Transportkosten- und Zeitersparnis Die Infrastruktur ist auf modernstem Stand. Ostdeutsche Städte weisen im Durchschnitt eine um das Dreifache höhere Autobahndichte als die osteuro­ päischen Nachbarn auf. Deutschland hat europaweit die größte Flughafendichte. Acht von 17 internatio­ nalen Flughäfen Deutschlands liegen in Ostdeutschland. Der geplante Haupt­ stadt-Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) wird nach seiner Fer­ tigstellung im Jahr 2011 über eine Start­ kapazität von rund 22 Millionen Passa­ gieren pro Jahr verfügen. 2.400 km schiffbarer Flüsse sorgen in den neuen Ländern für eine optimale Warendistribution auf dem Wasserweg. Es ist möglich, mit dem Schiff vom Schwarzen Meer bis zur Nordsee zu fah­ ren. Über Rostock in Mecklenburg-Vor­ pommern wird mittlerweile vor allem Handel mit den baltischen Ländern und Skandinavien betrieben. Die Hansestadt verfügt über einen Seehafen mit mehr als 140 Fähren- und Schiffsabfahrten pro Woche sowie über mehrere Fischereiund Schiffsfrachthäfen. Die Gesamtlänge der Eisenbahnstre­ cken in Ostdeutschland beträgt rund 11.000 km und ist damit deutlich höher als in den osteuropäischen Ländern (EUROSTAT). Von Berlin aus können innerhalb von 24 Stunden mit dem Eisenbahngüter- bzw. Straßengüter­ verkehr rund 200 Millionen Konsumen­ ten in ganz Europa erreicht werden.

Die Städte der neuen Länder sind aus­ gezeichnet an wichtige Logistikhubs angebunden, die für geringere Transport­ kosten sorgen. DHL ist beispielsweise in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen vertreten. Das Logistikunter­ nehmen entschied sich nach einem großen Standortwettbewerb, seinen europäischen Hub vom belgischen Brüs­ sel nach Leipzig/Halle zu verlagern. Bis 2012 sollen 3.500 Arbeitsplätze bei DHL selbst und etwa 7.000 im Umfeld entste­ hen. Für den traditionell starken deut­ schen Export ist die Anbindung an welt­ weite Produktions- und Vertriebsstätten von entscheidender Bedeutung. Auf­ grund der hervorragenden Infrastruktur eignet sich Ostdeutschland als Standort für die Warendistribution im Herzen Europas.

Hohe Stromversorgungssicherheit Die Region hat auch einen absoluten Vor­ teil in Bezug auf die Stromversorgungs­ sicherheit und damit Produktionssicher­ heit. In ostdeutschen Städten waren Unternehmen durchschnittlich in 2005 nur 6,6 Minuten ohne Strom – der Mittel­ wert für vergleichbare Städte in Osteu­ ropa liegt 20-mal so hoch. In Gesamtdeutschland beispielsweise belief sich der durchschnittliche Strom­ ausfall im selben Jahr auf 19 Minuten, in Frankreich waren es 51 Minuten, in Großbritannien 61 Minuten und in Irland sogar 157 Minuten (Verband der Netzbetreiber – VDN). Für ostdeut­ sche Betriebe bedeutet dies eine erhöhte Planungssicherheit und eine Minimierung des Risikos von Produk­ tionsausfällen.

»Die Akquise des Flanschenwerks Bebitz in Ostdeutschland durch Viraj war ein idealer Schritt für unsere Marktpositionierung insbesondere in West- und Osteuropa wie auch weltweit.« Dr. Jürgen Brandt, Director, Flanschenwerk Bebitz im Eigentum der Viraj Gruppe © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

Vorteile und Stärken Ostdeutschlands für indische Direktinvestoren 33

Gute staatliche Rahmenbedingungen und Förderungen

Indische Investoren können von den günstigen staatlichen Rahmenbe­ dingungen und Förderungen in Ost­ deutschland profitieren. Bei der Beur­ teilung von Standorten für Produk­ tion, F&E sowie Dienstleistungen kann der Vergleich verfügbarer För­ derungen eine wichtige Rolle spielen. Die Rahmenbedingungen für die Investitionsförderung in der EU sind für alle Mitgliedsstaaten einheitlich. Unterschiede ergeben sich bei den maximal möglichen Investitionsbei­ hilfen aus den Festlegungen der Fördergebiete in den EU-Mitglieds­ staaten.

Als sogenanntes Ziel-1-Gebiet der EU bietet Ostdeutschland beste Förder­ bedingungen in Europa. Große Unter­ nehmen können bis zu 30 Prozent, mittlere bis zu 40 Prozent und kleine bis zu 50 Prozent der Investitionssumme als Förderung erhalten. Im Gegensatz zu den osteuropäischen Ländern, bei denen die Förderung in einigen Fällen über Steuervergünstigungen erfolgt, handelt es sich dabei um Zuschüsse, die zeitnah ausgezahlt werden und somit bereits in der Startphase des Investitions­ projekts zum Tragen kommen. Ausländische Investoren können zudem auf eine Reihe von zusätzlichen Förder­ instrumenten zurückgreifen. Dazu zählt nicht nur die Förderung der Investitions­

kosten, sondern auch die Förderung von F&E, zinsverbilligte Darlehen und Zuschüsse für Arbeitskosten und Perso­ nalschulungen. Zusätzlich werden Investoren während des Gründungsprozesses unterstützt. Die Erstellung von Standortangeboten, die Kontaktvermittlung zu regionalen Entscheidern, die Unterrichtung über Fördermöglichkeiten und -programme, die Rekrutierung qualifizierter Arbeits­ kräfte und die Suche nach Zulieferern und Kooperationspartnern gehören unter anderem zu den Unterstützungs­ leistungen. Das Investitionsvorhaben wird nicht nur von der Idee bis zur Reali­ sierung betreut, sondern auch nach erfolgreicher Ansiedlung.

Geringe Bürokratie Durchschnittliche Dauer von Unternehmensgründungen im europäischen Vergleich D e Ö S u st ow S Bu Li lo t s c e l p g e n a n a Po r r e t a w h l i e i e r i e l e i c u e a ke a n n n n n h n i d

Die durchschnittliche Dauer einer Unternehmensgründung in Deutschland beispielsweise beträgt laut Economic-Free­ dom-Index 18 Tage, in Polen hingegen 31 Tage, in Bulgarien 32 Tage.

Unternehmen werden in den neuen Bundesländern von unnötiger Bürokratie befreit. Ein Meilenstein ist dabei das erste Brandenburgische Bürokratieab­ baugesetz. In diesem Gesetz werden zahlreiche Vorschriften aufgehoben oder deutlich gelockert. Ostdeutschland hebt sich in dieser Hinsicht von vergleichba­ ren europäischen Standorten ab und bie­ tet indischen Investoren freundliche, unkomplizierte und schnelle Hilfe bei der Direktinvestition.

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Die neuen Bundesländer überzeugen ausländische Investoren immer wieder mit ihren unbürokratischen Vorgehensweisen während des Grün­ dungsprozesses. Gegenüber der internationalen Konkurrenz punktet Ostdeutschland mit zügigen Genehmigungsverfahren bei der Ansiedlung ausländischer Unternehmen.

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10

20

30

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Quelle: Index of Economic Freedom, 2008

»Für uns ist es vor allem wichtig zu verstehen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen sind, wie man lokale Arbeitskräfte gewinnt und mit ihnen zusammenarbeitet.« Senthil Kumar, Chief Marketing Officer und ehemaliger CEO des Europa­ geschäfts, Iflex-solutions © 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

34 Ostdeutschland als Standort für indische Direktinvestitionen

Lebensqualität Die Bedeutung des Faktors Lebens­ qualität wird häufig diskutiert und sollte bei Standortentscheidungen nicht unterschätzt werden. Obwohl dieses Kriterium schwer quantifi­ zierbar ist, gibt es oft den Ausschlag bei Standortentscheidungen. Laut einer KPMG-Analyse von 2006 spre­ chen Indikatoren wie kulturelle Aus­ gaben einer Stadt, Umweltqualität oder Aufklärungsquote von Straftaten verglichen mit anderen osteuropä­ ischen Ländern und Städten deutlich für den Standort Ostdeutschland.

Das Kultur- und Freizeitangebot in ost­ deutschen Städten ist vielfältig. Eine große Auswahl an Kultur- und Freizeit­ einrichtungen wie Museen, Theater, Sportstätten oder Bäder steigert die Lebensqualität in der Region. Mehr als 175 Berliner Museen beispielsweise bewahren Geschichte, Kunst und Wis­ sen. Zudem knüpfen die Städte an ihre historische Baukultur an. Dies zeigt zum Beispiel in Dresden der Wiederaufbau der Frauenkirche und der Neubau der einst von Gottfried Semper entworfenen Synagoge. Auch für Urlauber ist Ostdeutschland interessant. Kliffe und Sandstrände, See­ bäder oder Fischerdörfer – Ostdeutsch­ land bietet für jeden Geschmack etwas. Die Inseln und Halbinseln gehören zu den sonnigsten Flecken in Deutschland. Die Auswahl an reizvollen Ostseesträn­

den ist groß. Zu einem Bad verführt im Sommer auch das klare Wasser der zahlreichen Seen. Die Wasserqualität der Badestellen an Ostsee und Binnen­ gewässern ist sehr gut. Ein Großteil der Landesfläche ist von Naturschutzgebieten bedeckt. Dabei handelt es sich um Nationalparks, Bio­ sphärenreservate oder Naturparks. Eines haben all diese Schutzgebiete gemeinsam: Wegen ihrer landschaftli­ chen Schönheit und ihres Naturreich­ tums bieten sie ideale Voraussetzungen für Erholung und Entspannung. Diese hohe Lebensqualität Ostdeutsch­ lands wird häufig unterschätzt oder ist bei potenziellen Investoren oft nicht bekannt. Dennoch trägt sie zur umfas­ senden Qualität von Ostdeutschland als Investitionsstandort bei.

© 2008 KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International, einer Genossenschaft schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. KPMG und das KPMG-Logo sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International.

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Fazit und Ausblick

Aufgrund des schnellen internatio­ nalen Wachstums indischer Unterneh­ men wird es in Zukunft entscheidend sein, ihre Standorte im Ausland aus­ zubauen, um ihre neuen Geschäfts­ einheiten in verschiedenen Ländern und Regionen zu unterstützen. Europa stellt einen interessanten Markt für indische Investoren unterschiedlicher Branchen dar. Insbesondere Deutsch­ land ist dabei eine der lukrativsten Quellen für neue Geschäftsmöglich­ keiten.

Viele Unternehmen haben festgestellt, dass der Markt der Europäischen Union nicht immer gut von Osteuropa aus bedient werden kann. Ein Standort innerhalb Deutschlands erleichtert das Geschäft oft sehr. Investoren aus der ganzen Welt profitieren nicht nur vom Potenzial des deutschen Absatz­ marktes, sondern auch von zahlreichen anderen Vorteilen, die das Land zu einem weltweit führenden Wirtschafts­ standort machen. Diese Publikation fokussiert sich auf die ostdeutsche Region des Landes, die potenziellen Investoren ganz spezifische Standortvorteile bietet. Während die Vorteile wie günstige Arbeitskosten, attraktive finanzielle Förderungen und eine moderne Infrastruktur für alle Unter­ nehmen dienlich sind, ist Ostdeutsch­ land zudem für einige spezielle Branchen wie erneuerbare Energien, Mikroelek­ tronik oder Automobilzulieferung beson­ ders bekannt.

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Viele dieser Branchen gehören auch in Indien zu den am stärksten wachsenden, sodass die Expansionspläne indischer Unternehmen und die Stärken und Stand­ ortvorteile Ostdeutschlands sehr gut zueinander passen. Die Erfahrungen der Firmen, die in Ostdeutschland bereits investiert haben, demonstrieren das Potenzial der Region für indische Unter­ nehmen. Der Wirtschaftsstandort bildet für indische Investoren, die nach neuen Geschäftsmöglichkeiten und zukünf­ tigem Wachstum suchen, eine solide Grundlage für ihr Auslandsengagement in Europa.

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