ONLINE SPECIAL OLDTIMER

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Magazin für Fahrzeuglackierung, Karosserie und Reparatur

www.lackiererblatt.de

� ONLINE SPECIAL OLDTIMER

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1. bis 3. August 2014 www.classic-days.de

Wir sind wieder dabei und beraten die Fahrer von Klassikern und Youngtimern. Machen Sie mit beim MarketingKonzept für Lackierfachbetriebe. Fragen Sie Ihren Fachberater, wie Sie Standox Classic Color Partner werden können.

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INHALT

Online Special Oldtimer

Sympathisches Thema

Sommerfest für Oldtimerfreunde.............Seite 4

Kaum etwas wird so viel Sympathie entgegengebracht wie alten Autos, Pardon, Oldtimern. Was für die einen Golf I und Ente, sind für die anderen 300 SL Flügeltürer oder Jaguar E-Type: Autos, mit denen man Erinnerungen verbindet, Träume oder Wünsche. Und die müssen nicht einmal teuer sein – ok, sie sind es meist, aber immerhin wird das Geld für die Restaurierung eines alten Schätzchens mit einem ganz anderen Gefühl ausgegeben als für die Reparatur eines gewöhnlichen Wagens. Der Reparaturbetrieb kann bei letzterem meist nur den Ärger mildern. Guter Service und Top-Reparatur werden bestenfalls als „Glück im Unglück“ empfunden. Ganz anders bei Young- und Oldtimern, die die Chance bieten, auf positivem Weg in Kontakt mit Kunden zu kommen und dabei durchaus auch noch ein zweites Standbein aufzubauen – wenn man´s richtig macht. Ein paar Beispiele dafür haben wir in diesem OnlineSpecial gesammelt, dazu reichlich Technisches, Historisches und Geschichten von Leuten, die an der Arbeit mit historischen Fahrzeugen einfach Spaß haben.

Sachte, sachte .....................................................Seite 8 Geschichte in Dosen ...................................... Seite 11 Messing, Kupfer und viel Chrom .............. Seite 12 Wo Emily neuen Glanz erhält .................... Seite 16 Ohne Leidenschaft geht gar nichts......... Seite 20 Rost und Staub ................................................. Seite 24 Schleifen, strahlen, baden ........................... Seite 28 Rostige Raritäten ............................................. Seite 32 Alte Autos, neue Chancen ........................... Seite 37 Schwarze Legende ......................................... Seite 40 Überraschung in Rot ...................................... Seite 42 Rarität in Adriablau ....................................... Seite 44

Michael Rehm

Lackiererblatt Ernst-Mey-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany www.lackiererblatt.de

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FORM + FARBE

Sommerfest für Oldtimerfreunde Bei den Schloss Dyck Classic Days wird eine Brücke zwischen Oldtimer- und Werkstattszene geschlagen

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 Knapp 28.000 Besucher feierten am 6. und 7. August im Rahmen der Classic Days 2011 auf Schloss Dyck am Niederrhein den 125. Geburtstag des Automobils mit einer zweitägigen Gartenparty für Klassiker- und Motorfans. Die 2011 zum sechsten Mal veranstalteten Schloss Dyck Classic Days haben damit einmal mehr ihren Ruf als herausragende Oldtimer- und Motorsportveranstaltung auf dem europäischen Kontinent unterstrichen. Traditionsgemäß am ersten Wochenende im August trafen sich am Niederrhein wieder Enthusiasten, Fans, Besucher und Besitzer von Oldtimern und Youngtimern zu dem europaweit als einmalig geltenden KlassikerFestival. Rund um das Wasserschloss Dyck wurde den Besuchern wieder einmal einiges geboten. Neben Rennfahrerpersönlichkeiten wie Hans Herrmann und Jochen Mass, Rallye-Ikone Isolde Holderied, Jockel Winkelhock und Christian Geistdörfer waren unter anderem Jutta Benz, Großenkelin von Berta Benz, flankiert von Elke Müller (geborene Horch) vor Ort. Insgesamt waren rund 6.000 Oldtimer mit ihren Fahrern und Besitzern bei den Classic Days als Besucher dabei. Alle Klassen, alle Preislagen – vom Käfer aus den 60ern bis zum millionenschweren Bugatti aus den

30ern. Die Rennsporttradition der vergangenen Jahrzehnte war an den drei Tagen allgegenwärtig und lebte stilecht auf.

Kontakt herstellen Wo so viele Oldtimerbegeisterte sich treffen, müsste doch auch der Kontakt zwischen Oldtimerbesitzern und den Eigentümern von Karosserie- und Lackierwerkstätten herzustellen sein. Das dachte man sich bei Standox und präsentierte bei den Classic Days bereits zum zweiten Mal das Konzept Classic Color Partner. Das Miscanthusfeld als riesiges Open-Air-Museum mit den geparkten Oldiefahrzeugen der Privatbesitzer und Oldtimer-Clubs bot dafür den idealen Ort. Hier war die auffällige Rampe aufgebaut, auf der Standox-Spezialisten Fragen rund um den Lack beantworteten und Farbtonmessungen anboten. „Gerade im Bereich der Lackierung gibt es großen Informationsbedarf seitens der Oldtimerbesitzer“, erklärt Ulrich Diederichs, bei Standox Leiter

Die Schloss Dyck Classic Days gehören zu den renommiertesten und bestbesuchten Oldtimer-Treffen in ganz Europa.

Ob Ferrari, Bentley oder Bugatti, die Präsentationen der Markenclubs gehören traditionell zu den Highlights der Classic Days.

Marketing Kommunikation und verantwortlich für das „Classic Color Partner“-Konzept. „Welchen Farbton hat meine Lackierung genau? Ist wirklich der Originalfarbton auf der Karosserie, und welche Informationen brauche ich, wenn eine Reparatur oder eine Restau-

Die Rennsporttradition der vergangenen Jahrzehnte war an den drei Tagen allgegenwärtig und lebte stilecht auf.

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Die Classic Days leben von den Menschen, die ihre historischen Fahrzeuge – und ein wenig auch sich selbst – präsentieren.

rierung ansteht? Das sind gängige Fragen, die die Oldtimerbesitzer stellen.“ Das Thema Lack ist für Oldtimerbesitzer ein ganz zentrales, und das Wissen über Lack ist nicht sehr ausgeprägt, wie Ulrich Diederichs weiß: „Viele OldtimerBesitzer sind zum Beispiel der Meinung, es wäre sinnvoll, mit alten Materialien wie Nitrolacken oder Ähnlichem zu arbeiten. Auch hier können wir aufklären und zeigen, dass moderne Lacke technisch überlegen und vor allem gesetzeskonform sind.“

Die Partner ins Spiel bringen

Ulrich Diederichs: „Das Thema Lack ist für Oldtimerbesitzer ein ganz zentrales, und das Wissen über Lack ist nicht sehr ausgeprägt.“

Die wichtigste Frage der Oldtimerbesitzer – und der eigentliche Grund, warum Standox bei den Classic Days so auffällig präsent war – lautet aber: Welchem Betrieb kann ich vertrauen, wenn es um Karosserie und Lack oder gar um eine komplette Restaurierung geht? „Das ist dann der Anknüpfungspunkt, an dem wir natürlich unsere Classic Color Partner ins Spiel bringen“, erklärt Ulrich

Diederichs. „Jeder Oldtimer-Fan, der an unserer Station eine Farbtonmessung durchführen ließ oder anderweitigen Rat suchte, bekam von uns Adressen von spezialisierten Karosserie- und Lack-Partnerbetrieben in seiner Region an die Hand. So wird zum Wohle unserer Partner eine Brücke zwischen OldtimerSzene und Werkstatt hergestellt.“ Und keine Veranstaltung in Deutschland eignet sich dafür wohl so gut wie die Classic Days. MR

Auf der Standox-Bühne wurden Farbtöne gemessen und Fragen der Oldtimerbesitzer rund um das Thema Lack beantwortet. Fotos: M.Rehm

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Aus Gesprächen werden Geschäfte Apfelwiese, P24, die Adresse klingt etwas ungewöhnlich für den Auftritt eines Lackherstellers – zumindest im Normalfall, nicht so bei den Schloss Dyck Classic Days, wo sich PPG auf dem idyllischen Freigelände rund um das Schloss präsentierte. Nach 2010 hatte sich PPG zum zweiten Mal dazu entschieden, seinen Partnerbetrieben einen Treffpunkt innerhalb dieser ganz besonderen KlassikSzenerie anzubieten. Die Intention für den Hildener Lackhersteller lag auf der Hand. „Die Oldtimerrestaurierung stellt gerade für Lackier- und Karosseriebetriebe eine große Chance dar“, erklärt Heike Leufgen, Brand Communications Manager bei PPG. „Ein wirkliches Standbein kann daraus allerdings nur werden, wenn man das Oldtimergeschäft nicht nur nebenher betreibt, wenn einem die normale Reparaturlackierung gerade Zeit lässt. Um wirklich kompetenter Ansprechpartner zu sein, sollte man Kapazität und Knowhow bieten und darüber hinaus als echter Spezialist auftreten.“ Dieses Resümee ergab sich auch aus den zahlreichen und intensiven Gesprächen, die an den beiden Classic Days stattfanden. „Wir teilen unser Know-how natürlich auch in diesem Segment mit unseren Kunden, unterstützen sie nicht nur produkt- und farbtontechnisch, sondern auch über unsere Kommunikationskanäle und empfehlen die Spezialisten in die Klassik-Szene, mit der wir in engem Kontakt stehen,“ erläutert Produktmanager Thomas Grebe. Über eine große Resonanz und den positiven Zuspruch freute sich das gesamte PPG-Team. In klassischem Ambiente fanden PPGPartner und Oldtimerbesitzer Zeit und Muße, sich mit den PPG-Experten intensiv auszutauschen. Über die ganzheitliche Restaurierung konnte man sich auf dem PPG-Stand umfassend informieren – nicht zuletzt sehr anschaulich an Karosserien in unterschiedlichen Zuständen, gestrahlt, grundiert und gefüllert. „Eine wirklich runde Sache,“ beschreibt Heike Leufgen das Engagement am Schloss Dyck, „in Heike Leufgen und Thomas Grebe solcher Kulisse Kundenbewerteten den PPG-Auftritt bei den Classic Days als vollen Erfolg. gespräche zu führen, ist nicht alltäglich – inspiriert aber ungemein und hat die eine oder andere interessante Perspektive eröffnet – für unsere Partnerbetriebe und für uns als Lieferant“.

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Sachte, sachte Gundula Tutt setzt bei der behutsamen Oldtimerrestaurierung auf historische Materialien

 Wenn Oldtimer-Karosserien restauriert werden, gibt es kaum Kompromisse. Komplett wird meist die alte, nicht mehr intakte Lackierung abgeschliffen oder abgelaugt. Wo immer sich dann Rost zeigt, wird er weggestrahlt. Das blanke Blech baut man anschließend wieder auf, trägt modernen Spachtel, Füller und Decklack auf – natürlich im vorgegebenen, historisch korrekten Farbton – und irgendwann steht dann ein Fahrzeug in der Werkstatt, das, wenn alles richtig gemacht wurde, genau so ausschaut, wie es vor vielen Jahrzehnten vom Band gerollt ist. Ein echtes Original eben. Oder doch nicht? Was ist das eigentlich, ein Original, fragen sich immer mehr Oldtimerfreunde. Ein eigentlich historisches und doch scheinbar neues Fahrzeug? Oder gehört zur Historie eines Autos nicht auch die Patina, die es mit den Jahren angesetzt hat? Sollte man einem Oldtimer seine Geschichte, die Spuren, die die Zeit hinterlassen hat, nicht ansehen können? Eine wachsende Zahl von Oldtimerfreunden ist dieser Meinung, und bei Oldtimertreffen und Prämierungen steigt die Zahl der Fahrzeuge, die in der Kategorie „unrestauriert“ an den Start gehen. Dass auch solche Fahrzeuge nicht ganz ohne Zutun fahrbereit und präsentabel sind, liegt auf der Hand.

Oberste Devise lautet hier aber, behutsam, punktuell und unter Erhalt von soviel historischer Substanz wie möglich vorzugehen.

Frage der Verträglichkeit Genau dies ist die Domäne von Gundula Tutt. Die Diplomrestauratorin ist eher durch Zufall in die Oldtimer-Szene geraten. Ihr früherer Kollege – und jetziger Kompagnon – ist Oldtimer-Liebhaber und wurde einst vom Besitzer eines Bugatti gefragt, wie er denn die Karosserie seines Wagens möglichst schonend, punktuell und unter Erhaltung der Patina der Karosserie ausbessern könne. „Eine Vorkriegs-Lackierung instandzusetzen und gleichzeitig größtenteils zu erhalten – das erschien uns zunächst wie die Quadratur des Kreises“, erinnert sich die gebürtige Stuttgarterin Tutt, „denn es ist ja kein Zufall, dass bei der Restaurierung von Oldtimern üblicherweise beim blanken Blech begonnen wird. Moderne Lackmaterialien vertragen sich einfach nicht mit den damals verwendeten Nitro- nd Kutschenlacken. Es kommt zu Rissen und Aufquellungen des vorhandenen Lackes. Und selbst wenn eine Ausbesserung im ersten Moment gelingen würde – kein Lackierer könnte eine Garantie für eine solche Ar-

beit übernehmen.“ Aber Gundula Tutts Ehrgeiz war geweckt. Was bei der Restaurierung von Gemälden gang und gäbe ist, sollte doch auch bei Autolacken möglich sein: Exakt die Materialien zu finden, mit denen früher gearbeitet wurde, oder eben mit Hilfe der alten Rezepturen die Originallacke zu rekonstruieren. Mit kriminalistischem Ehrgeiz machte sich auf die Suche nach alten Handbüchern, Fachzeitschriften und Lackmusterheften, sie durchsuchte Farbtonarchive und knüpfte intensive Kontakte zu Lackherstellern und Automobilfirmen. Gleichzeitig durchforschte sie den Markt nach Quellen für Rohstoffe wie Bindemittel, Lösemittel und Pigmente. Dass die Herstellung von Lacken nach historischen Rezepten nicht einfach sein würde, war Gundula Tutt klar: „Bestes Beispiel sind die Nitrolacke, die bis in die frühen 60er-ahre verwendet wurden. Zellulosenitrat in ungelöstem Zustand zu kaufen war nicht möglich, denn dabei handelt es sich ja um Sprengstoff. Also musste ich Firmen finden, die den Stoff, wenn auch für völlig andere Zwecke, in gelöster Form verkaufen.“ Ähnlich schwierig gestaltete sich die Suche nach den Original-Pigmenten, zum Teil so exotischen wie Fischsilber. Doch irgendwann machte

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Aus den Grundzutaten der früher verwendeten Autolacke mischt und rezeptiert Gundula Tutt die Lacke für ihre partiellen Restaurationen.

sie sich, mit Kugelmühle, Laborwaage und jeder Menge Enthusiasmus ausgestattet, an die Produktion ihrer ersten Mini-Charge Nitrolack. Etliche Versuche waren nötig, bis eine Lackqualität erreicht war, die ihren hohen Ansprüchen genügte. Dass die Restaurierung von Original-Oberflächen eine Nische im Oldtimermarkt darstellt, wurde aber schnell klar. So gründete Gundula Tutt ihre Firma Omia, die sich seitdem mit der behutsamen, authentischen Restauration von Oberflächen an Oldtimern befasst.

Nur für den Eigenbedarf Die Lacke, die die Restauratorin in ihrer Firma herstellt, darf sie nur durch eine Ausnahmeklausel der VOC-Gesetzgebung verwenden, nach der das In-Verkehr-Bringen nicht konformer Materialien im Falle kulturhistorisch interessanter Objekte erlaubt ist. Im Klartext: Sie kann auf dieser Basis solche Lacimaterialien, die sie selbst in Kleinmengen zusammenstellt, für ein Restaurierungsprojekt benutzen. Dabei hat sie mit zwei Schwierigkeiten zu kämpfen –

zum einen muss die vorhandene Lackschicht genau analysiert werden, um verträgliche Reparaturmaterialien zu finden. Oft gibt es keine zuverlässigen Informationen über die vorhandene Beschichtung, denn anders als heute wurden viele Vorkriegsfahrzeuge nicht im Automobilwerk komplett beschichtet. Autofirmen wie Bugatti lieferten häufig nur das Chassis, auf dem dann spezialisierte Werkstätten nach den Wünschen des Besitzers eine individuelle Karosserie aufbauten. „Alle damaligen Fahrzeughersteller und auch die Lackfirmen hatten Rezeptvarianten und eine Pallette von Standardfarbtönen im Programm“, erklärt Gundula Tutt. „Die wurden aber in der Lackiererei oft noch nach den Vorlieben der Auftraggeber farblich abgemischt. Außerdem haben sich die ursprünglichen Farbtöne durch die Alterung bis heute mehr oder weniger stark verändert. Auch wenn solch eine Fahrzeugoberfläche auf den ersten Blick gleichmäßig aussieht, variiert der Farbton meistens deutlich, beispielsweise zwischen waagerechten und senkrechten Flächen.“ Anders als bei kompletten Neulackierungen erfordern Gundula Tutts punktuelle Reparaturen eine optimale Angleichung des Farbtons. Keine leichte Aufgabe, denn die Rezepturen wurden früher regelrecht geheim gehalten. Selbst wenn eine Originalrezeptur vorliegt, kann sie nicht eins zu eins übernommen werden, denn damit eine Ausbesserung langfristig unsichtbar bleibt, versieht Tutt ihre

Die Analyse der am Fahrzeug vorhandenen Lackierung steht am Anfang von Gundula Tutts Arbeit. Dabei stützt sie sich auf ein imposantes, selbst zusammengetragenes Archiv. Fotos: Omia (3), M. Rehm

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FORM + FARBE

Bei diesem Renault Type C, Baujahr 1899, war die Originalkarosserie mit einer historischen Öllackierung versehen – behutsam wurde das Fahrzeug mit rekonstruierten Öllacken aufgebaut.

Lacke mit Lichtschutzmitteln. „Nitrolacke gilben im UV-Licht, außerdem ist es möglich, dass die Pigmente ausbleichen – oder beides passiert gleichzeitig. Der Prozess ist wohl nie ganz abgeschlossen, schwächt sich aber mit der Zeit ab. Darum verwende ich nur die lichtechtesten Pigmente und mische ein Lichtschutzmittel dazu. Bei meiner Retusche werden die Ausbleich-Effekte dadurch extrem reduziert – und die alten Lacke haben die Phase der heftigen Veränderungen ja schon hinter sich.“ Dass bei Tutts Art zu restaurieren Kompromisse und individuelle Lösungen gefragt sind, liegt auf der Hand. Umso akri-

bischer muss mit dem Kunden besprochen werden, welche Arbeiten mit welchem angestrebten Ergebnis im Laufe der Restaurierung erforderlich sind.

Sorgsam dokumentieren „Werkstätten übernehmen Garantien üblicherweise nur für einen kompletten Aufbau, aber genau den wollen meine Kunden ja nicht. In der Regel mache ich daher eine ganz exakte Bestandsaufnahme des Lackes. Dann wird definiert, welche Flächen lediglich konserviert und welche neu beschichtet werden. Da spürt man schnell, bis zu welchem

Die lackiertechnischen Kenntnisse, um kleine Flächen zu restaurieren, hat sich Gundula Tutt im Laufe der Jahre angeeignet. Für große Flächen greift sie auf ein Netz von Fachbetrieben zurück.

Punkt der Kunde mitgeht. Nitrolack muss ich nun mal pflegen, und er verträgt sich nicht mit scharfen Reinigern. “ Natürlich werden die Kundengespräche protokolliert und vom Auftraggeber abgezeichnet. Gundula Tutt kann sich aber kaum an Konflikte im Zusammenhang mit einer Restaurierung erinnern: „Meist kommen zu mir ja Oldtimerbesitzer, die ihr Auto bisher vor einer Restaurierung zurückgehalten haben, weil ihnen gesagt wurde, man müsse es komplett abstrahlen und wieder neu lackieren. Entsprechend froh sind sie, wenn man ihnen zeigt, dass es auch anders geht – ganz behutsam.“ MR

Die Restaurierung von lackiertem Leder und Kunstleder stellt einen weiteren Schwerpunkt von Tutts Arbeit dar.

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TECHNIK + WERKSTOFFE

Geschichte in Dosen Standox sammelte Exponate zur Unternehmens-Historie

Die Miniatur-Mercedeswerkstatt aus den 60ern ist eines der Highlights der Austellung.

 Abgeklebt wird mit Zeitungspapier, der Kompressor steht mitten in der Kabine, und dort werden auf einem improvisierten Tischchen auch die Materialien ausgemischt. Wo es solche Werkstätten heute noch gibt? Im Information Center von Standox! Allerdings handelt es sich um keine echte, sondern um das Miniaturmodell einer Mercedes-Werkstatt aus den frühen 60ern. Gebastelt hat sie der Wuppertaler Künstler Dirk Patschkowski, und sie war ursprünglich Teil des Standox-Standes auf einer Mercedes Service-Messe. Die Modellwerkstatt ist eines von zahlreichen Exponaten, mit denen der Lackhersteller im Foyer seines Information Centers Unternehmensgeschichte verdeutlicht. „Ob es alte Lackdosen sind oder Farbtonkarten – wenn man nicht rechtzeitig auch scheinbar triviale Arti-

Ein von Sascha Pfeffer restauriertes Goggomobil TS 250, Baujahr 1967, schmückt ebenfalls das Information Center.

kel sammelt, sind sie eines Tages nicht mehr greifbar“, erklärt Andreas Keller, Leiter des technischen Service bei Standox, die Hintergründe, „und das wäre schade.“ So forschte Keller im Unternehmen selbst, aber auch bei Händlern und über den Außendienst bei den Kunden nach alten Unterlagen, Fotos, Lackdosen und Werkzeugen. Das Ergebnis der Recherchen kann sich sehen lassen. So mancher Kunde hatte noch eine Dose Kunstharzlack in einem Winkel der Werkstatt. Auch Preislisten aus den 60ern – die Dose Basislack lag da bei 12 DM – waren noch verfügbar. Als alles komplett war, ließen es sich die Ausstellungsmacher nicht nehmen, eine Dose Nitrolack aus den 50ern feierlich zu öffnen – mit anschließender Geruchsprobe. „Ein bisschen war das, wie wenn man einen alten Wein entkorkt“, schmunzelt Andreas Keller. Die Dose wurde allerdings nicht geleert, sondern in eine Plexiglasbox gestellt. MR

Lackdosen aus allen Phasen der Unternehmensgeschichte fanden sich noch bei Kunden und Händlern. Fotos: M. Rehm

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Messing, Kupfer und viel Chrom Bei Oldtimern muss nicht nur der Lack auf Hochglanz gebracht werden

 Mit der Pflege und Aufbereitung von Lackoberflächen haben Lackierer tagtäglich zu tun. Wer sich mit Young- und Oldtimern befasst, stößt allerdings viel häufiger als bei modernen Fahrzeugen auf metallische Oberflächen wie Chrom, Messing, Bronze, Kupfer oder blankes Aluminium. Um auf diesen zum Teil sehr empfindlichen Oberflächen für dauerhaften Hochglanz zu sorgen, gibt es besondere Materialien und Techniken.

Möglichst mild Metalloberflächen, zum Beispiel Chrom, Alu und Messing, müssen regelmäßig gepflegt werden, um Oxidationsschäden zu vermeiden. Dabei ist die Wahl des Mittels für die anschließende Versiegelung für das Endergebnis und die Langzeitwirkung von entscheidender Bedeutung. Für bereits angegriffene und

poröse Metall- und galvanische Oberflächen hat sich die Zwei-Schritt-Anwendung in der Vergangenheit bestens bewährt. Aber auch restaurierte Metalloberflächen wie z.B. der neue verchromte Kühlergrill oder Zierteile müssen wirksam gegen Bewitterung und Anlaufspuren geschützt werden, aber ohne dabei zu verkratzen. Mechanische Spuren können durch Werkzeuge oder zu grobe Schleifmittel in der Metallpolitur erzeugt werden. Es ist daher sehr wichtig, alle Polituren und Metallreiniger vorher auf Ihre Eignung zu überprüfen. Immer sollte man erst die mildesten Produkte mit der geringsten Schleifwirkung ausprobieren, bevor man zu aggressiveren Mitteln

greift, die in jedem Fall Verkratzungen und Spuren selbst bei galvanischen Oberflächen, bewirken.

Chromteile Zuerst einmal sollte man die zu reinigenden Oberflächen genau betrachten und den Grad der Bewitterung oder der Oxidation feststellen. Erst nach diesem Befund werden Poliermittel und Werkzeug ausgesucht. Bei ganz leichter Bewitterung mit Anlaufspuren sollte man die mildeste Politur mit einem weichen Schwämmchen oder einem weichen, feuchten Baumwolltuch verarbeiten. Bei stärkeren Oxidationsspuren und Flugrost ein stärker

Pflegefibel Der Beitrag beruht auf dem Buch „Oldtimerpflege. Lacke, Leder, Holz, Oberflächen erhalten, reinigen und pflegen“ von Christian Petzoldt. Das Buch ist im Heel-Verlag erschienen und kostet 14,95 EUR. ISBN: 978-3-86852-378-2

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TECHNIK + WERKSTOFFE

Durch die Oberflächenreinigung mit Glasreiniger und einem Microfasertuch werden alle Öle, die die Haftung eines Langzeitschutzes verhindern, entfernt.

reinigendes Produkt mit einem grobschlaufigen, trockenen Baumwolltuch verarbeiten, bis alle Anlaufspuren beseitigt sind. Solte auch diese Variante zu mild sein, kann feinste Stahlwolle und eine wirksame Politur zur Aufarbeitung verwendet werden.

Um die so gereinigten Chromoberflächen länger vor erneuter Bewitterung und Flugrost zu bewahren, empfiehlt sich folgende Nachbehandlung: Etwas Glasreiniger oder Silikonentferner aufsprühen und mit einem weichen Mikrofasertuch Öle und Poliermittelreste

So bringt man Chrom zum Glänzen: Mit einem weichen Tuch und Chrompolitur werden Anlaufspuren und Flugrost entfernt. Nach dem vollständigen Austrocknen der Politur wird mit einem sauberen Baumwolltuch nachgerieben.

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An einem Stück Aluminium können verschiedene Metallpolituren auf ihre Aggressivität hin getestet werden.

Durch Polieren in kleinen, kreisenden Bewegungen mit einer abrasiveren Politur lassen sich gröbere Anlaufspuren beseitigen.

sorgfältig entfernen. Auf solchermaßen behandelten Oberflächen hält anschließend eine Polymerversiegelung oder ein Hartwachs, das die Metalloberflächen über viele Wochen und Wäschen vor erneutem Anlaufen schützt. Auch neuwertiger Chrom sollte nur mit Glasreiniger entfettet und gleich mit Polymerversiegelung oder Wachs geschützt werden. Wichtig dabei: Eine neuwertige galvanische Oberfläche nie mit einer groben Metallpolitur bearbeiten. Man kann anderenfalls schon nach nur einer Anwendung feine Haarlinienkratzer auf den Zierteilen erkennen. Für Chromspeichenfelgen gibt es eine sehr effektive Putztechnik, um Anlaufspuren perfekt zu entfernen. Mit Politur getränkte Putzbänder werden einmal um jede einzelne Speiche gewickelt. Durch anschließendes Ziehen in beide Richtungen poliert das Band die Oberfläche der Speiche rundum. Nach dem

Durch weniger Druck und größere Kreisbewegungen mit einer sehr milden Politur können feinste Spuren entfernt und der Glanzgrad gesteigert werden.

Antrocknen des Poliermittels muss es nur noch abgestaubt werden – danach glänzt die Chromspeiche wieder in alter Pracht. Ein Streifen Baumwolle kann anschließend für das Auftragen einer Konservierung benutzt werden. Alte, poröse Chromoberflächen schützt man nach dem Polieren am besten durch Einsprühen mit Waffenöl (z.B. Ballistol), wodurch erneuter Flugrostbefall verhindert wird. Die gleiche Arbeitstechnik ist auch ideal, wenn es um vorbeugenden Schutz bei langen Standzeiten oder die Überwinterung des Fahrzeugs in feuchten Garagenräumlichkeiten geht.

Aluminium Die Reinigung und Restaurerung von Aluminiumoberflächen erfordert etwas mehr Geduld, denn teilweise müssen tiefe Kratzer, Macken oder Oxidations-

spuren aus der Oberfläche geschliffen werden. Aber wie schon bei Chrom sind Polituren mit grobkörnigen, aggressiven Schleifmitteln nur dann einzusetzen, wenn die zu bearbeitende Oberfläche sehr stark bewittert oder bereits massiv abgeschliffen ist. Um zu prüfen, welche Metallpolitur in ihrer Wirkung milder oder stärker ist, gibt es einen einfachen Test. Man gebe einen Tupfer oder Tropfen der verschiedenen Metallpolituren auf etwas unbehandeltes Aluminium und verreibe ihn anschließend mit dem Finger in kreisrunden Bewegungen (ca. zehn mal). Schon stellt man fest, dass die Mittel eine unterschiedliche Schwärzung hervorrufen. Die geringste Abriebschwärze entsteht bei dem mildesten Mittel. Mit diesem kleinen Test kann die Wirkungsintensität unterschiedlicher Produkte beurteilt werden, um sie je nach Schleifwirkung richtig einzusetzen.

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Nun aber zur Anwendung. Tiefe Kratzspuren können mit feinsten Nassschleifpapieren der Körnungen 800 bis 1500 und etwas Öl oder Petroleum als Gleitmittel vorsichtig ausgeschliffen werden. Die tiefsten Riefen dabei zuerst mit gröberem Papier entfernen und – Schritt für Schritt immer feinere Körnungen nutzend – nachschleifen. Das nach dieser Prozedur am Schluss verbleibende feine Schleifbild kann dann mit einer wirkungsvollen Alupolitur perfekt auspoliert werden. Wendet man in der Folge nun eine noch feinere Alu-,

Anlauf- und Oxidationsschutz Um bei gereinigten und polierten Metalloberflächen einen Anlauf- und Oxidationsschutz perfekt aufzutragen, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Nach jeder Politur muss die Oberfläche zunächst wieder gegen Bewitterung geschützt werden. Dazu wird sie zuerst mit einem Glasreiniger und einem weichen Mikrofasertuch sorgfältig gereinigt. Danach kann auch beim Chrom eine Polymerversiegelung oder ein Hartwachs als Oberflächenschutz aufgetragen werden.

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Metall- oder Messingpolitur an, wird der Glanz immer weiter gesteigert, und selbst feinste Spuren in der Oberfläche verschwinden.

Messing, Bronze und Kupfer Diese Weichmetalle lassen sich genau wie Aluminium ausbessern und polieren. Da diese Metalle noch weicher sind, können bei der Bearbeitung die mildesten Polituren eingesetzt werden. Auch sollte das Polieren mit weichen Baumwolltüchern und ohne großen Druck erfolgen, um Polierspuren zu vermeiden. Auch hier kann durch Nachbehandeln ein Langzeitanlaufschutz aufgebracht werden. Ideal auch bei Weichmetallen ist das Nachpolieren mit weichen Microfaser-Tüchern.

Diese Maßnahme bewirkt, dass feinste Poren (z.B. bei angewitterten Chromoberflächen) aufgefüllt und verschlossen werden, damit sie nicht bei hoher Luftfeuchtigkeit und Regen wieder aufblühen und die Oberfläche mattieren. Es reicht auch bei Metalloberflächen meist aus, mit einem weichen Tuch und einem Lackschutzmittel ab und zu nachzukonservieren, um die Oberfläche wirkungsvoll und langanhaltend zu schützen. Die im Profibereich angebotenen Metallpolituren besitzen von sich aus schon einen guten Anlaufschutz, der nur im Bedarfsfall oder zur Wirkungsverlängerung gelegentlich aufgefrischt werden muss. Christian Petzoldt

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Wo Emily neuen Glanz erhält In Dornbirn steht das weltweit größte Rolls-Royce-Museum

Bis in die 50er-Jahre waren die „Spirit of Ecstasy“ benannten Kühlerfiguren handgefertigte Unikate.

 Bereits die Anfahrt ist eine Art Zeitreise. Von der Vorarlberger Rheintal-Autobahn führt der Weg durch Dornbirn hindurch dem Wegweiser „Gütle“ folgend in ein enges Tal. Dann geht es, vorbei an Sägewerk und Rappen-Seilbahn, einen reißenden Bach, die Dornbirner Ach, entlang. Kurz vor der wildromantischen Rappenlochschlucht endet die Straße, und zur Linken steht eine ehemalige Spinnerei aus dem 19. Jahrhundert. Wer eintritt, steht inmitten der weltweit größten öffentlich zugänglichen Sammlung von Rolls Royce-Fahrzeugen. Dicht an dicht sind hier ebenso liebevoll wie kenntnisreich restaurierte Rolls-RoyceModelle versammelt, die allermeisten „Phantoms“ und „Silverghosts“ aus den 20er- und 30er-Jahren, und versetzen die Besucher in die goldenen Jahre des Unternehmens. Ein Stockwerk höher atmet ein 3000 Quadratmeter großer englischer Tea Room Flair und Lifestyle der Epoche. Hier findet man edle Mahagonimöbel, Porzellan, Rolls-Royce-Werbeplakate, Baupläne, Kunstgegenstände – und natürlich ein paar weitere Fahrzeuge mit der legendären Emily auf dem Kühler. Insgesamt werden im Museum über 1.000 Exponate präsentiert.

Lebenstraum erfüllt Alle Fahrzeuge gehören zur Automobilsammlung der Familie Vonier, die, aus dem nahegelegenen Montafon stammend, bei Dornbirn den idealen Standort für ihre Sammlung gefunden hat. 1982 siedelte sich die Familie im „Gütle“ an, und 1999 wurde das Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit dem Museum hat sich Franz Vonier einen Lebenstraum erfüllt. Einer Familie

von Bergbauern entstammend, interessierte er sich früh für Autos und kümmerte sich zunächst als Autodidakt um die Fahrzeuge der Touristen. Nach der Militärzeit ging er, fasziniert von RollsRoyce-Fahrzeugen, in die Schweiz und nach England, um sich zum Spezialisten für diese Autos fortzubilden. Man darf sich dabei allerdings keine systematische Hersteller-Schulung vorstellen, wie sie bei modernen Fahrzeugen üblich ist. Die Silverghosts und Phantoms aus

Insgesamt können im Rolls Royce Museum über 1.000 Exponate bestaunt werden.

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FORM + FARBE

Vom Oldtimer-Virus befallen sind Museumsgründer Franz Vonier, rechts im Bild, und seine drei Söhne Bernhard, Johannes und Franz Ferdinand.

In der Werkstatt schlägt das Herz des Museums, und vor allem wird hier noch richtig gearbeitet.

Nebenan wird eine Musterwerkstatt präsentiert.

Für Reparaturen am Rolls Royce fuhr man früher nicht in die Werkstatt, sondern ließ den Reparateur kommen. Das Reparatur-Know-how befand sich in den Köpfen weniger Spezialisten.

den 20ern repräsentierten den Gegenwert eines kleineren Landguts und waren laut Firmenphilosophie auf 80 Lebensjahre respektive eine Kilometerleistung von einer Million ausgelegt. Reparaturen waren in diesem Konzept offiziell nicht vorgesehen, und waren sie trotzdem notwendig, dann fuhr man nicht in die Werkstatt, sondern wurde diskret von mobilen Reparateuren, „Flying Doctors“ sozusagen, aufgesucht. Das Reparatur-Know-how befand sich damit in den Köpfen relativ weniger Spezialisten – und Franz Vonier hatte das Glück, einen von diesen kennenzulernen. In den 60er Jahren gründete er dann einen Kfz-Betrieb in Klaus in Vorarlberg, pflegte weiterhin Kontakte zu Rolls

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FORM + FARBE

„Es ist nicht alles Chrom was glänzt“ Herr Vonier, welche Rolle spielt, wenn Sie Fahrzeuge restaurieren, das Thema Lack? Eine entscheidende, denn die Lackierung der Rolls Royce-Modelle der 20er und 30er-Jahre unterscheidet sich ganz enorm von der Lackierung moderner Fahrzeuge. Die damals verwendeten Nitrolacke wurden in 18 Schichten aufgetragen, zwischendurch immer wieder getrocknet und poliert. Versuchen Sie, wenn Sie Fahrzeuge restaurieren, möglichst nahe an das Original-Lackierverfahren zu kommen? Bei der Frage ist ein Kompromiss am vernünftigsten. So verwenden wir moderne Lacke, die – das sollte man nicht vergessen – auch der heutigen Umweltgesetzgebung entsprechen. Allerdings tragen wir auch diese Lacke durchaus ähnlich wie früher in vielen Schichten auf, mit Zwischenpolitur, sodass insgesamt viel höhere Schichtdicken zustande kommen als bei einer modernen Lackierung.

Warum sind hohe Schichtdicken so wichtig? Eine dicke Lackierung gibt dem Fahrzeug einen besonderen Charakter und eine faszinierende Tiefenwirkung. Zudem lassen sich solche Lackierungen auch später noch schleifen und polieren, dadurch können z.B. kleine Kratzer ohne weiteres ausgebessert werden. Welche Bedeutung hat das Thema Farbton? Der klassische Rolls Royce aus der goldenen Epoche dürfte ja schwarz gewesen sein… Das trifft für die große Mehrheit der Fahrzeuge zu. Es gab zum Beispiel niemals ein weißes Auto in dieser Zeit, doch einige unserer Fahrzeuge sind berühmte Ausnahmen – etwa der Bluebird von Malcolm Campbell, einem berühmten britischen Rennfahrer, dessen Autos alle im selben Blauton lackiert waren. Oder unser beige-farbiger Rolls Royce Phantom, der einmal Thomas Edward Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien, gehörte. Grundsätzlich suchen wir bei Restaurierun-

Johannes Vonier ist Geschäftsführer der Rolls Royce Museum GmbH.

gen den Originalfarbton, was alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. So besitzen wir etliche Fahrzeuge, die in den 70er und 80er Jahren restauriert

Die Regel ist schwarz, doch es gibt auch berühmte Ausnahmen wie den Bluebird von Malcolm Campbell oder das Fahrzeug von Lawrence von Arabien.

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wurden, und bei denen einfach die Farbe gewählt wurde, die dem Besitzer am besten gefiel. Lackieren Sie solche Fahrzeuge originalgetreu um? Nein; zum einen gehören auch die vorhergehenden Restaurierungen zur Historie des Fahrzeugs, zum anderen sind

Sterling-Silber, wohin man schaut. Erst ab den 30er-Jahren wurde Edelstahl und später Chrom verwendet. Fotos: Franz Vonier GmbH, M. Rehm

der Aufwand und die Risiken beim kompletten Entlacken und Neulackieren viel zu hoch. Da können wir unsere Kräfte vernünftiger einsetzen.

Was verursacht den meisten Aufwand? Korrosionsschäden zu beseitigen? In dieser Hinsicht sind Rolls RoyceFahrzeuge dadurch, dass schon sehr früh viel Aluminium verwendet wurde, sozusagen vorbildlich. Das Problem bei vielen unserer Fahrzeuge ist eher der Rahmen aus Eschenholz, der sich unter dem Blech befindet. Er ist oft verrottet und muss restauriert oder ersetzt werden. Überhaupt ist beim Umgang mit diesen Autos extrem viel Know-how in der Bearbeitung von Holz, das damals ein absolut gängiger Automobil-Werkstoff war, notwendig. Dabei spielt auch die Lackierung des Holzes eine wichtige Rolle. Bei Ihren Fahrzeugen fallen auch die zahlreichen Chromteile auf. Was gibt es bei diesen Oberflächen zu beachten? Es nicht alles Chrom, was bei uns glänzt. Ganz im Gegenteil, bis 1931 wurden die Teile, die ausschauen wie verchromt, aus Sterling Silber gefertigt. Erst danach wurde Edelstahl zunächst unter der Bezeichnung „Stay bright“ verwendet. Er war, wie der Name sagt, pflegeleichter, am Anfang aber keineswegs billiger. Das Silber musste man schließlich zweimal täglich polieren, damit es seinen Glanz erhielt. Trotzdem wurde, auch nachdem es Chromteile gab, noch viel Silber verwendet – je nach Kundenwunsch. Restaurieren Sie eigentlich nur Ihre Bestandsfahrzeuge, oder führen Sie auch Kundenaufträge aus? Letzteres kommt sehr selten vor, schon mit den eigenen Autos geht uns die Arbeit in hundert Jahren nicht aus. Herr Vonier, vielen Dank für das Gespräch.

MR

Royce-Besitzern in aller Welt und lebte von der Herstellung und vom Handel mit Ersatzteilen. Die Sammlung wurde derweil ständig größer. „Wir Kinder wuchsen mit den Autos wie in einem lebenden Museum auf. Ob im Schlafzimmer, auf dem Dachboden oder im Schwimmbad, sie standen überall“, erinnert sich Johannes Vonier, einer der drei Söhne des Musemsgründers, der heute Geschäftsführer der Franz Vonier GmbH ist. Auch seine Brüder Bernhard und Franz Ferdinand Vonier, der eine studierter Fahrzeugtechniker, der andere Kfz-Mechanikermeister, wurden früh vom Oldtimer-Virus befallen. Ihre Domäne ist heute die Museumswerkstatt, für Besucher mit Praxisbezug ein echtes Highlight, man kann auch sagen: das Herz des Museums.

Know-how-Träger Hier wird, anders als in manch anderer Museumswerkstatt, richtig gearbeitet. Alle Fahrzeuge, die ausgestellt sind, gingen durch die Hand von Franz Vonier, dem Museums-Gründer, der auch heute noch oft in der Werkstatt anzutreffen ist, oder eben der Söhne. Hier reparieren und überholen sie Motoren, Fahrwerke und Karosserien, hier fertigen sie nach alten Bauplänen und oft mit OriginalMaschinen aus der damaligen Epoche Ersatzteile an. Das Knowhow dafür hat sich die Familie Vonier über Jahrzehnte erworben. Mit Unterstützung des Herstellers können sie dabei kaum rechnen. „Bei Fahrzeugen, die älter als 30 Jahre alt sind, bekommt man von Rolls Royce heute wenig Hilfe“, weiß Johannes Vonier. Was nicht nur mit der zuletzt wechselvollen Geschichte der Traditionsmarke, sondern auch mit der britischen Art der Traditionspflege zusammenhängt. „Bei Rolls Royce wird unserer Erfahrung nach Tradition nicht akribisch aufbewahrt, sondern gelebt.“ So gibt es auch kein „offizielles“, vom Hersteller getragenes Museum, dafür etliche Enthusiasten, die sich der Pflege der Tradition verschrieben haben und so zum Träger des Knowhows geworden sind – ganz so wie die Familie Vonier. MR

Erfahrung im Umgang mit Holz als Karosseriewerkstoff muss ebenfalls vorhanden sein.

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„Ohne Leidenschaft geht gar nichts“ Glasurit Classic Car Colors bringt OldtimerBesitzer und Werkstätten zusammen

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 Knapp eine Million Fahrzeuge, die mehr als 20 Jahre alt sind, gibt es in Deutschland. Die Anzahl von Fahrzeugen, die sogar älter als 30 Jahre und damit „Oldtimer“ sind, gibt der ADAC mit 434.000 an. Und die Oldtimer-Szene boomt. In zahllosen Clubs, auf zahllosen Treffen und bei zahlreichen Messen trifft sich eine nicht immer, aber in der

Der perfekt restaurierte Mercedes SL 300 aus dem Jahr 1957 schmückt derzeit den Eingangsbereich des Refinish Competence Centers.

Regel wohlhabende Klientel, die bereit ist, freiwillig – nicht etwa durch Unfälle oder im Rahmen von notwendigen Wartungen – Geld für ihr Auto auszugeben. Ein ordentlicher Anteil davon entfällt auf die Lackierung. Für Glasurit war dies im Jahr 2007 ein Grund, die Initiative Glasurit Classic Car Colors ins Leben zu rufen. „Uns war klar, dass etliche unserer Kunden genau das bieten können, was Oldtimer-Besitzer suchen, wenn es um das Thema Lack geht: Know-how im Umgang mit historischen Fahrzeugen, Wissen über die Farbtöne und natürlich die passenden Produkte“, erinnert sich Jürgen Book, Leiter Kundendienst bei der BASF Coatings und treibende Kraft bei der Entwicklung von Glasurit Classic Car Colors. „Das Projekt sollte daher dazu dienen, Oldtimer-Besitzer und Glasurit-Werkstätten zusammenzubringen.“ Selbst seit langem passionierter Oldtimer-Fan, ist Book trotz zahlreicher anderer Aufgaben im Unternehmen immer präsent, wenn es um das Thema Oldtimer geht. „Manche sagen auch, ich hätte meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“, meint der Besitzer mehrerer ei-

genhändig restaurierter Fahrzeuge. So ungern hört Book das gar nicht, „denn ohne Leidenschaft“, ist er sich sicher, „geht bei Oldtimern überhaupt nichts.“ Wir sprachen mit Jürgen Book über das Lackieren von Oldtimern und über Chancen, die sich dabei für Lackier- und Karosseriefachbetriebe bieten. Herr Book, welchen Nutzen kann Glasurit Classic Car Colors Ihren Kunden und den Oldtimer-Besitzern bieten? Besitzer von Oldtimern haben, wenn es um Lack geht, eigentlich nur zwei Fragen. Erstens: Welcher Farbton ist auf meinem Auto – oder sollte darauf kommen, wenn ich es originalgetreu restaurieren möchte? Zweitens: Wo finde ich Betriebe, die sich damit auskennen und denen ich mein Fahrzeug anvertrauen kann? Die Frage eins betrifft eine unserer Kernkompetenzen als Lackhersteller. Glasurit verfügt über das weltweit größte Farbtonarchiv. Und es wird ständig ausgebaut, in unseren über die ganze Welt verteilten Länderarchiven und Farbtonlabors, aber auch durch viele Kooperationen mit Autoherstellern, Clubs und Museen, bei denen wir gemeinsam mit diesen Partnern ermitteln, welche Farbtöne in welchem Jahr auf welchem Modell waren, bevor wir sie dann rezeptieren und archivieren. Die Frage zwei nach den passenden Lackierbetrieben können wir natürlich ebenso beantworten: Viele unserer Kunden sind perfekt geeignet, um die Bedürfnisse dieser anspruchsvollen Klientel zu bedienen. Unsere Aufgabe sehen wir darin, Oldtimer-Besitzer und

diese Betriebe zusammenzubringen. Wir möchten, etwas blumig ausgedrückt, der rote Teppich sein, auf dem der Oldtimerbesitzer in die Fachwerkstatt gelangt. Wie erfahren nun Oldtimerbesitzer und Werkstätten voneinander? Wir sind unter der Flagge von Glasurit Classic Car Colors bei Oldtimertreffen, Messen und anderen Veranstaltungen präsent und machen die Marke in den Oldtimer-Fachblättern bekannt. Zentrale „Schnittstelle“ ist die Website www.classiccarcolors.com. Sie wurde bewusst für Oldtimerbesitzer, nicht primär für Fachbetriebe gestaltet. Darauf findet man einige generelle Informationen zum Thema Lack und, ganz wichtig, die Adressen von derzeit rund 80 Kundenbetrieben, die auf dem Gebiet der Lackierung klassischer Fahrzeuge stark sind. Das sind nicht besonders viele … Es handelt sich dabei um eine lebendige, sich verändernde Liste. Wir streben keine bestimmte Zahl an, auch regionale Abdeckung steht nicht im Fokus. Qualität geht vor Quantität, denn dieses Geschäft lebt stark von Referenzen. Oldtimer-Besitzer nehmen, wenn sie von einem Betrieb überzeugt sind, auch weite Wege in Kauf. Das Konzept steht allen Kundenbetrieben offen, aber natürlich muss ein Betrieb auch Referenzen und Kompetenzen im Bereich Oldtimerlackierung vorweisen. Außerdem gibt es auch sehr viele sehr leistungsstarke Betriebe, bei denen der Bereich Oldtimerlackierung Jürgen Book: „Etliche unserer Kunden können genau das bieten, was Oldtimer-Besitzer suchen, wenn es um das Thema Lack geht: Knowhow im Umgang mit historischen Fahrzeugen, Wissen über die Farbtöne und natürlich die passenden Produkte.“ Fotos: M. Rehm

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sagte mir ein bekannter Journalist aus der Oldtimer-Szene, der Wagen gefalle ihm überhaupt nicht. Begründung: Die Lackierung sei zu gut. Im Prinzip hatte er Recht, die Qualität der Lackierung, wie übrigens auch der Spaltmaße, war früher eher bescheiden. Andererseits möchte ich den Lackierer sehen, der bei einem Auto im Wert von einer Million Euro nicht sein Bestes gibt.

Zentrale Schnittstelle von Glasurit Classic Car Colors ist die Website. Hier finden OldtimerBesitzer und Werkstätten zueinander.

einfach nicht zum Konzept passt. Vielleicht, weil sie andere Schwerpunkte haben oder Mitarbeiter mit anderen Qualifikationen. Welche Qualifikationen sind denn gefragt? Grundsätzlich gilt: Erfahrung hilft. So gut wie alle Klassiker haben in ihrem Leben mehrfach Karosserie- und Lackierarbeiten erfahren. Die Gefahr kommt also aus dem Untergrund. Lackaufbauten mit über zehn Schichten sind eher die Regel als die Ausnahme. Hier gilt es zu erkennen, ob ein tragfähiger Untergrund für einen neuen Lackaufbau vorliegt oder nicht. Was kann man tun, um hier sicher zu gehen? Man muss von Fall zu Fall abwägen. Wir empfehlen nicht, generell im Reparaturfall gesunde Altlackierungen zu entfernen. Bei Komplettrestaurierungen dagegen schon, dabei kommen oft die skurrilsten Lösungen zum Vorschein, zum Beispiel Zigarettenschachteln als Verstärkung der Spachtelschicht. Man muss aber auch wissen, dass bei modernen Lacken und heutiger Ausstattung fast die Gefahr besteht, zu gut zu arbeiten. Wir haben momentan als Leihgabe im Refinish Competence Center einen perfekt restaurierten „Flügeltürer“ Mercedes SL 300 aus dem Jahr 1957, auch bekannt als Gullwing. Als der auf einer Messe ausgestellt war,

Gibt es denn bei modernen Lacken auch Einschränkungen? Gibt es Effekte oder Anmutungen historischer Fahrzeuglacke, die sich mit modernen Lacken nicht bewerkstelligen lassen? Es ist ja zum Beispiel immer vom unvergleichlichen Nitro-Glanz die Rede… Nach unserer Erfahrung sind alle Farbtöne und Effekte darstellbar. Kürzlich gab es hier ein Treffen von Fahrzeugen, die allesamt älter als Baujahr 1920 waren, darunter richtige Motorkutschen. Nachdem wir die Farbtöne mit dem Color-Profi-System verglichen haben, konnten wir für jedes einzelne Fahrzeug den richtigen Farbton ermitteln. Die einzigen Farben, bei denen die Reparatur sehr schwierig oder unter Umständen sogar unmöglich ist, sind Metallic-Einschichtlackierungen. Hier stößt man an Grenzen, und das sollte man dem Oldtimerbesitzer auch offen sagen. Eine Angleichung des Glanzgrades ist technisch machbar, aber fachlich anspruchsvoll. Und was den fabelhaften Nitro-Glanz angeht – dazu bieten wir ein Premium-Lackierverfahren mit modernen Lacken an. Da wird es dann wirklich schwierig, Glanz und Farbtiefe von der einer Nitro-Lackierung zu unterscheiden. Das heißt, es wird auch kaum nach historischen Lackqualitäten wie Nitro oder Thermoplasten gefragt? Nur sehr selten, und wenn, dann würden wir hier keine Lösung bieten, da wir konsequent moderne VOC-konforme Lacke der Reihe 90 oder im Falle von Unis der Reihe 22 anbieten. Oldtimer-Besitzer lassen sich in der Regel vom Einsatz dieser hochwertigen Lackmaterialien überzeugen. Für unsere Partnerwerkstätten ist das lackiertechnisch unkompliziert.

Was macht den Oldtimer-Lackierer neben dem rein lackiertechnischen Können aus? Es gibt ein paar Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, zum Beispiel Kompetenz in der Farbtonfindung. Kein Oldtimer weist heute exakt den Farbton der Originallackierung auf. Je nachdem, wie das Fahrzeug gepflegt und wo es aufbewahrt wurde, variiert der Lackzustand und damit der Farbton. Hier muss der Betrieb Kompetenz zeigen. Dann gibt es bestimmte Anforderungen an die Mitarbeiter. Viele Betriebe sind heute sehr arbeitsteilig organisiert: Einer bereitet nur vor, einer lackiert, ein anderer macht das Finish. Bei der Oldtimerlackierung sind eher Allrounder gefragt. Auch beim Betrieb, bei der Ausstattung gibt es bestimmte Voraussetzungen. Wer Oldtimer restauriert oder lackiert, sollte zum Beispiel räumlich gewisse Ressourcen haben. Ein Wagen muss auch einmal einige Wochen auf einer Bühne stehen können, ohne dass er ständig im Weg ist, ebenso sollten demontierte Teile über einen längeren Zeitraum ordentlich gelagert werden können. Wie wichtig ist es, das komplette Spektrum anzubieten? Kann der reine Lackierbetrieb oder der Karosserieund Lackierbetrieb bei Komplett-Restaurationen Ansprechpartner sein? Warum nicht? Rund um eine Restaurierung gibt es so viele verschiedene Tätigkeiten, vom Strahlen über dieMechanik bis hin zu Sattlerarbeiten, dass in den seltensten Fällen ein Betrieb alles anbieten kann. Wichtig ist es, kompetente Spezialisten zu kennen und selbst Anlaufstelle innerhalb eines leistungsstarken Netzwerkes rund um die Restaurierung zu sein – und dazu eignet sich ein Lackier- und Karosseriebetrieb ideal. Noch wichtiger ist es aber, dem Oldtimerfreund das Gefühl zu geben, seine Leidenschaft zu teilen. Oldtimer sind für viele ihrer Besitzer so etwas wie Familienmitglieder. Sie überlegen sich daher sehr genau, wem sie sie anvertrauen. Herr Book, vielen Dank für das Gespräch.

MR

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Rost und Staub Am Bergring in Teterow trifft sich die Hot Rod-Szene

 In der Luft liegt Benzingeruch und Rock´n Roll-Musik, immer wieder übertönt von dröhnenden Motoren. Zwischen Chevrolets, Plymouths und Fords, an denen unübersehbar der Zahn der Zeit genagt hat, flanieren junge Männer mit akkurat rasierten Koteletten, wahlweise Gel-Tolle oder Schiebermütze, Mechaniker-Latzhosen und karierten

Hemden, begleitet von wie Filmstars frisierten Frauen in Röhrenjeans oder Petticoat. Ab und zu fahren Motorräder vorbei, meist betagte Triumphs, Royal Enfields oder Harleys, die Piloten mit Halbschalenhelm, Staubbrille und schwarzer Lederjacke. Wer an diesem JuliWochendende auf den Bergring, eine traditionsreiche, grasbewachsene Na-

turrennstrecke im mecklenburgischen Teterow, gekommen ist, fühlt sich ins Amerika der 50er-Jahre versetzt oder in einen Kinofilm aus dieser Zeit. Das Autorennen aus „Denn sie wissen nicht, was sie tun“, kommt einem in den Sinn, oder Marlon Brando als Motorrad-GangAnführer. „Rust ´n´ Dust Jalopy“ lautet der Name der Veranstaltung. Rund tau-

Die Moden und Stile ändern sich auch in der Hot Rod-Szene. Auffällige Effektlackierungen waren lange Zeit angesagt, nun geht der Trend zu kunstvoll auf alt getrimmten Lackierungen. Oder man lässt ganz einfach den Rost sein Werk tun.

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send Besucher aus dem In- und Ausland treffen sich hier, und mehr als 70 am Showrennen teilnehmende Fahrzeuge sind gemeldet. Der Name könnte treffender nicht sein. Rust and Dust – Rost und Staub – von beidem gibt es hier reichlich; der Staub wird jedesmal, wenn eines der Vehikel auf dem knochentrockenen Gelände vorbeifährt, in dicken Wolken aufgewirbelt, und der Rost hat den meisten der Fahrzeugen schon sichtbar zugesetzt. Etwas schwieriger ist „Jalopy“ zu übersetzen, umgangssprachlich steht der Begriff für ein etwas heruntergekommenes Auto, eine Blechkiste, eine alte Mühle. Dabei haben die hier präsentierten Fahrzeuge unter der – allerdings oft fehlenden – Motorhaube durchaus etwas zu bieten.

Gesamtbild muss stimmen Mittendrin steht Torsten Kock, Inhaber eines Lackierbetriebs in Teterow, der zusammen mit dem ebenfalls Hot Rodinfizierten Stefan Rethmeyer die Veranstaltung organisiert hat. Eine echte Mammutaufgabe. Die tausend Besucher verfolgen nicht nur das Rennen, sondern campieren auch auf dem Gelände. Verpflegung muss organisiert, für Sicherheit muss gesorgt sein und – ganz wichtig – für die Musik. Zwei Abende lang spielen Rock´n Roll Bands live im Festzelt. Das Rennen selbst wird in Form einer Gleichmäßigkeitsprüfung ausgetragen. Alle Teilnehmer fahren zwei Runden mit möglichst geringer Zeitdifferenz zwischen den Durchgängen. „So kann jeder, ohne Risiken einzugehen, sein Tempo fahren; der eine eher gemächlich, der andere eher rasant“, meint Torsten Kock. „Im Vordergrund steht ohnehin nicht das Ergebnis, sondern die Freude an den Autos.“ Und die sollen möglichst authentisch sein. „Beim Rust ´n´ Dust Jalopy hier am Bergring haben wir die Grenze beim Baujahr 1959 gezogen“, erklärt Torsten Kock, „jünger ist keines der Fahrzeuge.“ Wichtig ist, dass das Gesamtbild stimmt. Natürlich ist Torsten Kock nicht nur als Organisator aktiv, sondern baut auch eigene Hot Rods auf – und lackiert sie. „Aber lackiertechnisch sind die Hod Rods ja nicht so aufregend“, meint Kock. Das stimmt al-

Rund um die Hot Rods hat sich eine Szene mit hohem Coolness-Faktor etabliert. Auch hier ist ein authentischer Auftritt im Stil der 40er und 50er angesagt.

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Torsten Kock: „Beim Rennen kommt es nicht in erster Linie auf das Ergebnis an. Im Vordergrund steht die Freude am Fahrzeug.“

Auch Motorräder nehmen am Showrennen teil. Und auch für sie gilt: Kein Fahrzeug sollte jünger als Baujahr 1959 sein

lerdings nicht ganz. Einige der Fahrzeuge sind mit Pinstripe-Motiven verziert, ab und zu stößt man auf Airbrush-Motive aus den 50er-Jahren, und manche Rods glänzen mit auffallenden Flammenlackierungen.

Auch Designlackierungen gibt es zu sehen. Am verbreitetsten sind Pinstripe-Motive.

Die Details müssen stimmen. Die Fahrzeuge erscheinen stilecht – vom Reserverad bis zum Fotos: M. Rehm Aufkleber.

Stile im Wandel Wie andere Autoszenen unterliegt auch die Hod Rod-Szene wechselnden Stilrichtungen. Als Anfang der 80er die Hot Rod-Bewegung in Deutschland Fuß fasste, waren überwiegend Street Rods mit moderner Technik und Show Rods in mehr oder weniger perfektem Zustand gefragt. Ein typisches Show Rod war zum Beispiel Hauptdarsteller in vielen Videos der Rockband ZZ Top. Viel Chrom, Effekt- und Designlackierungen in leuchtenden Farben waren Standard. Heute sind dagegen nostalgische Fahrzeuge im Trend. So wie ihre Besitzer von Kopf bis Fuß im 50er-Jahre Look gekleidet sind und den Lifestyle der damaligen Zeit vermitteln, sollen auch die Hot Rods möglichst authentisch aussehen – ganz so, als hätten sie die letzten 60, 70 Jahre in einer Scheune gestanden. Jedes Detail muss stimmen, vom Reserverad bis zum Aufkleber am Armaturenbrett. Und die Lackierung? Sie ist mal matt, mal sieht sie aus wie nur geprimert, mal ist sie kunstvoll abgeschliffen, und bei manchen Fahrzeugen erkennt man sie kaum – vor lauter Rost und Staub. MR

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Leicht, billig und verboten schnell Der Hot Rod-Kult hat seinen Ursprung in den USA der 50er-Jahre. Viele Jugendliche rüsteten alte Fahrzeuge motortechnisch auf, um mit ihnen illegale Rennen zu fahren. Meist waren es Vorkriegsmodelle, und das aus einem einfachen Grund: Die Autos

waren billig, und sie waren leicht, sodass einige PS mehr gleich für ordentlichen Vortrieb sorgten. Die illegalen Rennaktivitäten wurden in den Staaten bald in geordnete Bahnen gelenkt. 1948 wurde die National Hot Rod Association NHRA gegründet, die

auf geschlossenen Rennstrecken Viertelmeilen-Rennen organisierte – bei den Hot Rods auch heute noch die beliebteste Renn-Variante. Heute ist die NHRA in Nordamerika die wichtigste Organisation des Drag Racing und organisiert Rennen für ein Millionenpublikum. Die Hot-Rod-Bewegung verlor dagegen langsam an Bedeutung – schließlich waren ab den 60ern leistungsstarke Serienfahrzeuge erschwinglich. Die Ende der 60er-Jahre beliebten „Muscle Cars“ bedeuteten das Ende der klassischen Hot RodPhase. Als Massenbewegung waren Hot Rods tot, doch der Kult lebte weiter – um in den 80er-Jahren auch nach Deutschland zu schwappen, wo sich eine kleine, feine Hot Rod-Szene etabliert hat, die allerdings innerhalb der letzten Jahre einen regelrechten Boom erlebt hat.

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Schleifen, strahlen, baden Wenn der Lack ab muss, gibt es viele Möglichkeiten

 Es ist gar keine Frage – die sorgfältige Komplettrestaurierung einer Oldtimerkarosserie setzt eine einwandfreie Oberfläche voraus; frei von Schmutz, Unterbodenschutz, alten Beschichtungen und natürlich Rost. Nur wenn der Untergrund metallisch blank ist, lässt sich eine fundierte Entscheidung darüber treffen, wie die Oberfläche wieder aufgebaut werden muss. Und nur so kann ausgeschlossen werden, dass nach einer aufwendigen Restaurierung der Rost im Verborgenen weiter blüht, um später wieder zum Vorschein zu kommen. Doch wie kommt man an das blanke Blech? Beim Schleifen stößt man schnell an Grenzen, da viele Stellen nur mühsam bearbeitet werden können oder völlig unzugänglich sind. Oft erreicht man beim Schleifen nur die oberen, eigentlich gesunden Schichten, während der Rost in den Vertiefungen sitzt.

Breites Strahlmittel-Spektrum Sandstrahlen lautet die zweite, zum Standard gewordene Möglichkeit, wobei es den „Sand“ schon lange nicht mehr gibt. Sand als Strahlmittel ist zum einen gesundheitsschädlich, zum anderen hinterlassen die scharfen Kanten der Sandkörner Spuren, die nachher müh-

Trockeneisstrahlen eignet sich zum Entlacken sowie zum sorgfältigen Reinigen und ist damit ein ideales Verfahren zur Bestandsaufnahme.

sam beseitigt werden müssen. Sandstrahl-Spezialisten steht ein ganzes Arsenal von Strahlmitteln zur Verfügung, die sich vor allem in ihrer Aggressivität unterscheiden. Fürs Grobe, zum Beispiel durchgerostete Bodenbleche, gibt es Korund-Strahlmittel in unterschiedlichen Korngrößen. Etwas sanfter geht man mit Strahlmitteln auf Glasbasis zu Werke. Auch Mischungen aus beiden Materialien sind möglich. Der Vorteil bei derart abrasiven Strahlmitteln: Entlacken und Entrosten erfolgen in einem Arbeitsgang, der Effekt ist gründlich, und man sieht schnell, was Sache ist unter dem Lack. Allerdings haben aggressive Strahlmittel auch nachteilige Effekte auf das Materialgefüge. Dächer oder Hauben können durch zu intensiven Be-

schuss ihre Formstabilität verlieren; die Folge sind die gefürchteten „Frösche“ im Blech. Besonders sanft ist das dagegen das Kunststoffstrahlen. Kunststoffgranulat wurde erstmals beim Entlacken der empfindlichen Aluminiumhaut von Flugzeugrümpfen eingesetzt. Ebenfalls eher zum Entlacken und nicht zum Entrosten eignet sich auch Natriumbicarbonat, das als einer von wenigen Spezialisten auf diesem Gebiet die Firma Carblast (www.carblast.de) aus Welzheim, nahe Stuttgart, einsetzt. „Im Grunde ist das nichts anderes als Backmittel“, erläutert Geschäftsführer Alexander Schwan. „Wir verarbeiten Natriumbicarbonat in verschiedenen Körnungen pur oder unter Zugabe von Wasser.“

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REPARATUR + KAROSSERIE

Am Anfang steht die Karosserie. Der Lack muss ab, aber wie? Bis zu metallisch blanken Oberflächen kann der Weg weit sein.

Oberfläche zur Versprödung und zur Rissbildung. Dazu kommt schließlich die 700-fache Volumenerweiterung des Trockeneises durch das Verdampfen. Verschmutzungen, Unterbodenschutz, aber auch Lackfilme werden damit regelrecht abgesprengt. „Im Bereich der Fahrzeugrestaurierung ist das Trockeneisstrahlen weniger als Entlackungsmethode, sondern als besonders effektives Mittel zur Reinigung gefragt“, erklärt Alexander Schwan. „Im Grunde ist das Trockeneisstrahlen ein Werkzeug zur Bestandsaufnahme. Der klassische Fall ist eine verschmutzte, verschmierte und dick mit Unterbodenschutz bedeckte Fahrzeugunterseite, unter der sich alles Mögliche verbergen kann. Die Restaurierung läuft dann oft so ab, dass zunächst Oldtimerbesitzer und Werkstatt sich darauf einigen, den Boden trockeneisstrahlen zu lassen – was immerhin schon rund 1000 Euro kosten kann – und

Entlacken im Tauchbad Eine schonende, wenn auch aufwendige Möglichkeit, Karosserien zu entlacken, ist ein Tauchbad. Spezialisten wie die Firma Carblast bieten als Dienstleister rund um die Oldtimerrestauration auch diese Variante an. „Die handwerkliche Restauration ergänzen wir dort, wo es sinnvoll und effektiver ist, mit industriellen Methoden. Dabei verlassen wir uns auf ein Netzwerk von entsprechend ausgestatteten Partnerunternehmen“, erklärt Alexander Schwan. Beim Tauchbad-Entlacken wird die Karosserie zunächst auf einem Entlackungsgestell befestigt. Die komplette Konstruktion wird dann mit Hilfe eines Deckenkrans in das Entlackungsbecken getaucht. „Dadurch, dass das Entlackungsmittel, eine Mischung aus Lauge, Wasser und Entlackungsverstärkern, in sämtliche Hohlräume und Fugen eintritt, ist das

Vor und nach dem Trockeneisstrahlen. Am Unterboden zeigt dieses Verfahren, was es kann.

Kalt erwischt mit Trockeneis Mit Trockeneis zu strahlen ist ein relativ junges Verfahren. Aus der Strahlpistole kommen dabei minus 79 °C kalte Kohlendioxid-Pellets. Kohlendioxid hat die Eigenschaft, unterhalb dieser Temperatur direkt vom gasförmigen in den festen Zustand überzugehen. Beim Strahlen werden umgekehrt die zunächst festen Pellets durch die höhere Umgebungstemperatur sofort zu Gas. Ihre Wirkung auf Beschichtungen entfalten sie dabei auf dreierlei Wegen. Durch den Aufprall der Pellets mit hoher Geschwindigkeit wirkt eine, wenn auch sanfte, kinetische Energie. Gleichzeitig führt der Temperaturschock an der

erst dann ein fundierter Restaurierungsplan erstellt wird.“ Ein anderer Anwendungsbereich des Trockeneisstrahlens sind Reinigungsarbeiten im Motorraum. Schmutz-und Ölablagerungen verschwinden hier im Handumdrehen, doch auch das hat, wie gesagt, seinen Preis. Der erklärt sich dadurch, dass nicht nur Pellets beschafft und bevorratet werden müssen, sondern auch Strahl-Equipment und riesige Luftmengen erforderlich sind. Außerdem ist zu beachten: Trockeneis räumt zwar mit Unterbodenschutz, Fett, Schmutz oder auch Beschichtungen gründlich auf. Dem gefährlichsten Gegner, dem Rost, kommt man auf diese Tour jedoch nicht bei.

Ergebnis besonders gründlich“, erläutert Schwan. Bei einer Temperatur von 80 °C kommt es zu einer Aufquellung der Lackschicht und zu einer chemischen Zerstörung des Bindemittels. Wieder aus dem Tauchbecken zurück, wird der zerstörte Lack mit Wasserhochdruck entfernt. Die Karosserie wird sorgfältig gespült und ebenfalls mit Wasserhochdruck gereinigt. Aluminiumuntergründe und verzinkte Stahlbleche können bei einer Softentlackung mit modifizierten Lösemittelgemischen entlackt werden. Umgekehrt bedeutet dies, dass Mischkarosserien, etwa aus Aluminium und Stahl, nicht tauchbadentlackt werden können – es sei denn, man trennt die Bauteile.

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REPARATUR + KAROSSERIE

Im Tauchbad entlackt, entrostet und wieder grundiert. Firmen wie Carblast greifen für diese Leistung auf ein Netz von Spezialisten in der Industrie zurück.

entstehenden Schmutz gibt es zu bedenken. Tückisch kann eine Aufgabenteilung sein, bei der der Karosseriebetrieb Karosseriepartien, für die das nötige Equipment vorhanden ist, selbst bearbeitet, um das Fahrzeug für die Behandlung anderer Partien zum Spezialisten zu bringen. Schnell stellt sich die Frage, ob sich diese Aufteilung rechnet, zumal der Transport der ungeschützten Karosse das Risiko einschließt, dass sich auf dem Blech der alte Feind Rost gleich wieder zeigt.

Gute Planung zahlt sich aus Doch was tun, wenn nach der Tauchbad-Entlackung Rost zum Vorschein kommt? Den greift das Entlackungsbad nicht an, aber auch hier gibt es eine Lösung: das Entrostungsbad. Entrostet wird in einem weiteren Tauchbecken, bei einer Temperatur von 40 bis 50 °C. Dabei verwendet man ein phosphorsäurehaltiges Entrostungsmittel mit Rostinihibitor. So wird der Rost entfernt, ohne das angerostete Metallteil anzugreifen. Mit der Entrostung wird gleichzeitig eine Passivierung auf blankem Metall erreicht. Die Phosphorsäure verhindert eine Bildung von korrosiven Rückständen auf der Metalloberfläche. Im Anschluss an die Entrostung kann man wässrigen Korrosionsschutz als Transportschutz auftragen, oder aber, so wie in der Fahrzeugserie mit Rohkarosserien verfahren wird, KTL-grundieren, natürlich wieder in einem Tauchbad. Für Lackierer und Karosseriebauer stellt sich, zumindest, wenn sie regelmäßig Restaurierungen ausführen, die Frage: strahlen oder strahlen lassen?

Alexander Schwan: „Meistens liegt die Lösung in einer Kombination verschiedener Entlackungsmethoden.“ Fotos: Carblast Fahrzeugtechnik (3), M. Rehm

Strahlen oder strahlen lassen Selbst strahlen dürfte sich aber nur bei punktuellen Arbeiten lohnen. Bei größeren zu strahlenden Partien und entsprechend dimensionierten Strahlanlagen stellt sich schnell die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Nicht nur der Anschaffungspreis sollte sich amortisieren, auch Kosten durch Entsorgung des Strahlguts bzw. der abgestrahlten Rückstände und Risiken durch zwangsläufig

Entlacken, Entrosten und Konservieren, also die Wiedererstellung einer Karosserie, auf der die weitere Restaurierung aufbaut, ist eine komplexe Aufgabe, bei der es kein Standard-Verfahren gibt. „Das Thema ist extrem beratungsintensiv, weil hier die Weichen für die spätere Restaurierung gestellt werden“, weiß Alexander Schwan. „Meistens liegt die Lösung in einer Kombination verschiedener Methoden. Ein typischer Fall könnte zum Beispiel so verlaufen, dass wir zuerst, um Klarheit zu haben, den Fahrzeugboden trockeneissstrahlen. Danach wird die empfindliche Karosserie mit Kunststoffgranulat schonend entlackt. Wo sich dann Rost zeigt, wird er punktuell mit abrasiveren Strahlmitteln entfernt. Das wird sehr schnell sehr komplex und ist auch nicht umsonst zu haben. Angesichts der Werte, um die es bei Komplettrestaurationen in aller Regel geht, zahlt sich dieser Aufwand aber mit Sicherheit aus.“ MR

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Die besten Tipps für Lackierer! Lackiererblatt 05/2013, S. 1, 21.08.2013, 14:39, KRAM

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Rostige Raritäten Kasseler Ausstellung zeigt automobilhistorische Kostbarkeiten – die meisten sind unrestauriert  Wer eine Oldtimer-Ausstellung organisiert, hat immer das Problem zu lösen, wie er die Fahrzeuge von ihren jeweiligen Standorten zum Ausstellungsort transportiert. Bei der Ausstellung „Schlafende Automobile – schön und unberührt“, die bis zum 31. Juli in Kassel gezeigt wird, standen die Veranstalter in dieser Hinsicht vor ganz speziellen Schwierigkeiten. „Gleich bei mehreren der 40 Fahrzeuge mussten wir mit äußerster Sorgfalt vorgehen, um die Autos überhaupt auf den eigenen vier Rädern stehend – nicht rollend, geschweige

denn fahrend – transportieren zu können“, erklärt Heinz W. Jordan, einer der beiden Ausstellungsmacher. „Bei anderen Fahrzeugen, die ebenfalls gut in die Ausstellung gepasst hätten, wäre das Risiko, dass sie beim Transport oder schon beim Anheben Beschädigungen bis hin zum Rahmenbruch erleiden, viel zu groß gewesen.“ Keine Frage: Von den hochglanzpolierten, perfekt durchrestaurierten Fahrzeugen, die bei Oldtimertreffen à la Pebble Beach oder Villa d´Este die Schönheitspreise abräumen, sind die Fahrzeuge in Kassel meilenweit ent-

fernt. Außer Frage steht aber auch, dass es sich bei dieser exquisiten Kollektion historischer Automobile um echte Schätze, wenn auch um äußerst fragile, handelt. Dass die Fahrzeuge in Kassel zu sehen sind, kommt einer Sensation gleich. Beinahe alle Exponate stammen aus der weltberühmten Kollektion der Gebrüder Schlumpf, die vor allem in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts Hunderte von Oldtimern zusammengetragen und in ihrem Privatmuseum im elsässischen Mulhouse versammelt hatten. Allerdings stammen

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Der Zahn der Zeit hat kräftig an allen Exponaten der Kasseler Ausstellung genagt. Die Braunfärbung der Scheiben geht auf einen Pilz zurück, der den Kleister angreift, mit dem die beiden Schichten der VerbundglasFrontscheibe verbunden sind.

Experimentierfeld Lack: Welches der unsprüngliche Farbton war, ist nur mit moderner Labortechnik zu erforschen. Ob man ihn wiederherstellen soll, ist eine ganz andere Frage.

Der De Dion Bouton von 1922 ist ein Musterbeispiel für eine zeitgemäße Konservierung. Vom Reifengummi bis zum Lack wurde der Zerfall der Materialien gestoppt.

die jetzt gezeigten Autos nicht aus dem Schauraum, sondern aus der Reserve des Musée Schlumpf. Etliche Fahrzeuge sind, zurückhaltend ausgedrückt, unrestauriert. Man könnte auch sagen, sie sind halb zerfallen. Wer glänzenden Chrom und schimmernde Nitrolacke sucht, der sucht vergeblich.

Anfassen oder nicht „Als wir zum ersten Mal von Richard Keller, dem Kurator des französischen Automobilmuseums in Mulhouse, in die

Hallen mit den noch unberührten Fahrzeugen geführt wurden, verschlug es uns schlichtweg den Atem“, erinnert sich Heinz. W. Jordan. In riesigen Hallen lagern hier unvorstellbare automobile Schätze, zahlreiche Bugattis, Benz, Maybachs und Minervas. In Hallen ohne Beleuchtung stießen die Besucher beim Schein ihrer Taschenlampen auf Maserati-Rennwagen aus den 30er-Jahren, oder einen Mercedes 154 II, gefahren noch von Brauchitsch, Caracciola, Lang und Seaman. „Uns drängten sich so viele Fragen auf“, erzählt Heinz W. Jordan.

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„Was macht man mit solch einem Fundus? Wer hat so viel Geld, all diese Fahrzeuge restaurieren zu lassen? Darf man so etwas überhaupt anfassen?“

Gebrauchsspuren gewollt Speziell die letzte Frage hat im Zusammenhang mit der so genannten „Charta von Turin“ (siehe Interview) an Bedeutung gewonnen. So gibt es bei der Beschäftigung mit Oldtimern eine Tendenz, die Historie eines Fahrzeugs stärker in den Vordergrund zu rücken, statt den technischen und optischen Bestzu-

stand herzustellen. So wie ein Restaurator sich sehr gut überlegen würde, ob er bei einem wertvollen Gemälde Rußspuren entfernt, sodass die Farben leuchten wie am ersten Tag, muss sich auch der Restaurator eines Fahrzeugs sehr genau fragen, wie viel – zugebenermaßen – zerstörte Substanz er zu Gunsten einer Wiederherstellung des scheinbaren Ursprungszustands opfern darf. Das bedeutet nicht, dass Fahrzeuge völlig unberührt gelassen werden. Immer stärker ist aber anstelle einer kompletten Durchrestaurierung, die historische Spuren verwischen könnte, eine Kon-

servierung gefragt. Ein Beispiel für diesen Trend ist auf der Kasseler Ausstellung zu besichtigen: ein De Dion Bouton aus dem Jahr 1922, auf den ersten Blick nicht viel weniger hinfällig als die Fahrzeuge ringsum. Wer genau hinschaut und -fühlt, erkennt aber, dass die Ober-

Konservieren, restaurieren oder stehen lassen?

Interview mit Oldtimerexperte Jürgen Book

 Die FIVA ist der Weltdachverband der Oldtimer-Clubs und sieht sich als Interessenvertreter aller Oldtimer-Besitzer weltweit. Auf ihrer Generalversammlung am 27. Oktober 2012 in München hat sie die viel diskutierte „Charta von Turin“ verabschiedet. Sie liefert erstmals weltweit einheitliche Empfehlungen für den Umgang mit historischen Fahrzeugen, die sie als Kulturgüter einstuft. Die Tendenz ist klar: Das Bewahren der historischen Substanz rangiert vor der Restaurierung mit modernen Mitteln. Die Alltagstauglichkeit, sprich, Fahrbarkeit eines Oldtimers spielt, wenn überhaupt, eine eher untergeordnete Rolle. Restaurierungen sollen bevorzugt mit historisch korrekten Materialien und Arbeitstechniken erfolgen. Zwar wird eingeräumt, dass auch moderne Ersatzmaterialien und Techniken zum Einsatz kommen dürfen – beispielsweise zum Konservieren – Originalmaterialien und zeitgenössische Techniken der Bauzeit haben jedoch Vorfahrt. Über Auswirkungen der Charta von Turin sprachen wir mit Jürgen Book, bei Glasurit Leiter des Kundenservices und Oldtimer-Experte.

torischem Anspruch verändert oder instand gesetzt, andere befinden sich tatsächlich im Ursprungszustand. Einige sind ihrem Alter und den Umständen entsprechend ziemlich zerfallen, aber deswegen nicht weniger wertvoll.

Jürgen Book: „Was den Lack angeht, ist unsere Position klar: Wir werden keine Nitrolacke oder Ähnliches nachrezeptieren, sondern moderne Lacke einsetzen.“

Herr Book, eine Ausstellung wie die „Schlafenden Schönheiten“ dürfte ganz im Sinne der „Charta von Turin“ sein: Oldtimer von unschätzbarem Wert, aber allesamt unrestauriert … Unrestauriert stimmt nicht ganz. Einige Fahrzeuge der Gebrüder Schlumpf wurden durchaus im Laufe der Zeit nach dem damaligen Stand der Technik und auch nicht immer mit allzu hohem his-

Wirft die Charta von Turin nicht die Frage auf, ob man solche Fahrzeuge überhaupt restaurieren darf? Die Charta spricht unter anderem auch die Restaurierung an, legt aber gesteigerten Wert auf eine Angleichung des wirklich originalen Erscheinungsbildes. Dabei spricht die Charta alle klassischen Fahrzeuge an, auch einen 30 Jahre alten VW Golf, der gerade erst das H-Kennzeichen erlangt hat. Mit anderen Worten: „Besser als neu“ ist aus der Sichtweise der Charta ein nicht erstrebenswerter Zustand. Die Frage ist aber, wie denn „original“ wirklich war, und wie das handwerklich darstellbar ist. Bei Lack betrifft das Kriterien wie Farbton, Glanz, Verlauf, Lack-Technologie und auch Haptik, also wie sich die Lacke anfühlten. Speziell dieses Thema ist bei den von uns analysierten Fahrzeugen sehr interessant.

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Im Rahmen der Kasseler Ausstellung werden zahlreiche automobile Raritäten erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Zwei beinahe identische Alfas, der eine restauriert, der andere sichtbar nicht. Welcher wertvoller ist, ist schwer zu entscheiden.

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Besitzer eines Oldtimers? Wozu ist er verpflichtet? Die Rolle des Besitzers wird in diesem Zusammenhang ein wenig außer Acht gelassen. Er bestimmt, ob sein Fahrzeug seinem Schicksal überlassen, konserviert oder restauriert wird. Für manche Museen wird es interessant sein, ein Fahrzeug als Kulturgut völlig unbearbeitet oder lediglich konserviert zu präsentieren. Die meisten Privatbesitzer möchten ein Auto aber fahren, nicht jeden Tag, aber doch gelegentlich. Da gilt es dann ganz praktische technische und sicherheitsrelevante Kriterien zu erfüllen. Die Zulassungskriterien sprechen von einem „guten Erhaltungszustand“. Beantwortet sich damit auch die Frage, ob moderne Materialien verwendet werden oder nicht? Da muss man genau hinschauen: Die Charta sagt, dass bevorzugt alte Materialien und Techniken eingesetzt werden sollen, es sei denn, sie können aus Gründen der Sicherheit, Gesetzgebung oder Verfügbarkeit nicht länger verwendet werden. Was den Lack angeht, ist unsere Position ganz klar: Wir werden keine Nitrolacke oder Ähnliches nachrezeptieren, sondern moderne Lacke einsetzen, aber damit das originale Erscheinungsbild nachstellen, soweit das geht. Hier gibt es sowohl mit neuen als auch alten Materialien Grenzbereiche.

Woher kommen die dafür notwendigen Informationen? Farbmuster aus der Zeit sind ja, wenn man überhaupt welche findet, ebenfalls verblichen oder vergilbt. Beim „Farbton“ können wir auf unser Farbtonarchiv zurückgreifen. Bei den anderen Aspekten untersuchten wir bereits unterschiedlich alte, original erhaltene Fahrzeuge, um messtechnisch und analytisch festzustellen, wie das originale Erscheinungsbild – der so genannte Quellenwert – war. Dabei kommt uns natürlich unsere Kompetenz in der Analytik und der Labortechnik zugute, die im Falle von Glasurit auch noch auf sehr viel Know-how im Oldtimerbereich trifft. Bestes Beispiel ist ja unser Engagement im Rahmen der Ausstellung „Schlafende Schönheiten“, wo wir die Gelegenheit genutzt haben, Proben von über hundert Jahre alten Originallacken zu untersuchen. Das Ziel war dabei ganz klar: Wir wollten herausfinden, wie die Lackierung auf den Fahrzeugen wirklich aussah und wie sie aufgebaut war. Eine Restaurierung dieser Autos stand aber nicht im Mittelpunkt. Wird die „Charta von Turin“ Konsequenzen für Lackier- und Karosseriebetriebe haben, die im Oldtimergeschäft aktiv sind? Die heute schon bestehende Gruppe, die statt „besser als neu“-Fahrzeugen solche mit Patina bevorzugt, begrüßt die Charta. Die bis heute größere Gruppe,

die komplett durchrestaurierte, auf Hochglanz getrimmte Fahrzeuge bevorzugt, die besser dastehen als das Original je aussah, wird aber eventuell kleiner. Letztlich wird dabei auch die Entwicklung der Fahrzeugwerte mit entscheiden. Wenn nicht restaurierte oder nur konservierte Fahrzeuge höhere Preise erzielen als restaurierte, wird sich ein Teil des Marktes in diese Richtung bewegen. Hier lohnt sich ein Blick auf die zum Beispiel von Classic Data ermittelten Werte und Trends. All dies betrifft übrigens nicht „nur“ Lack, sondern auch Karosseriebau, Inneneinrichtung und erst recht sicherheitsrelevante Teile. Andererseits muss alles auch handwerklich zu bewerkstelligen sein; dazu muss man genau wissen, welches Ergebnis eigentlich erreicht werden soll. Es wird also auch in Zukunft Geschäft geben, nur wird die Charta vermutlich für mehr Sensibilität hinsichtlich des originalen Erscheinungsbildes sorgen. Und da können wir helfen. Herr Book, vielen Dank für das Gespräch. Michael Rehm

Weitere Informationen: Die Charta von Turin kann unter www.fiva.org eingesehen oder heruntergeladen werden. Infos zur Ausstellung gibt es unter www.schlafende-automobilschönheiten.de

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Lackhistorische Zeitreise – BASF Coatings analysiert Oldtimer-Beschichtung

Ausstellungsmacher Heinz W. Jordan: „Wir fragten uns: Wer hat so viel Geld, all diese Fahrzeuge restaurieren zu lassen? Darf man so etwas überhaupt anfassen?“ Foto: M. Rehm

flächen anders sind als die der anderen Fahrzeuge. Korrosion ist noch sichtbar, aber sie wurde aufgehalten, Ledersitze wurden nicht ersetzt, sondern gereinigt und geflickt. Vom Holzlenkrad bis zum Reifengummi wurden Konservierungsmethoden angewandt, die nicht den ursprünglichen Zustand wiederherstellen, sondern den momentanen einfrieren. Der finanzielle und handwerkliche Aufwand für solch eine behutsame Restaurierung kann dabei durchaus gleich hoch sein wie der für eine „klassische“ Restaurierung. Dazu kommt, dass die Oldtimerbesitzer umdenken müssen. Zum Beispiel bei der Lackierung. Während eine moderne Lackierung es erlaubt, ein restauriertes Fahrzeug wie ein modernes zu nutzen, bleiben die kunstvoll konservierten Flächen empfindlich. Aus einem im Prinzip fahrbaren Oldtimer wird ein technisches Kulturgut mit hohem historischem Wert. Und nicht nur mit historischem. Auch bei der Taxierung des finanziellen Werts von Oldtimern scheint es einen Trend zu Gunsten des Originalen, Unrestaurierten zu geben. So sind in Kassel auch zwei Alfa Romeo 6C 1750 GS zu bestaunen, der eine Baujahr 1931, der andere 1932. Der eine leuchtend rot, in den 70er-Jahren nach damaligen Maßstäben und dem Stand der Technik restauriert. Der andere eine Automobilruine, nicht viel mehr als Motor, Chassis, Räder, Reifen. Welches der beiden Fahrzeuge heute höher bewertet wird, traut sich Heinz W. Jordan kaum einzuschätzen: Sein ganz persönlicher Tipp: Das rostige. Michael Rehm

Kann man Erkenntnisse über den originalen Lackaufbau und die verwendeten Materialien gewinnen, wenn die Lackierung sozusagen „in grauer Vorzeit“ liegt? Genauer gesagt: in die Anfänge des 20. Jahrhunderts fällt? Und eignen sich moderne Untersuchungsmethoden, um Licht in die Geschichte der Automobillackierung zu bringen? Dies waren die Fragen, auf die die Experten der Analytik bei der BASF Coatings Antworten suchten. Die Expedition in die Vergangenheit der Lackbeschichtung fand im Rahmen der Ausstellung „Schlafende Schönheiten“ statt. Die BASF sponsert mit ihrer Autoreparaturlackmarke Glasurit die Ausstellung und stellt dort auch die aktuellen Ergebnisse vor. Rückblick: Ende April standen im Foyer des Refinish Competence Centers von Glasurit in Münster zwei besonders spektakuläre Oldtimer: ein TH. Schneider von 1912 sowie ein Delahaye aus dem Jahre 1924. Die beiden automobilen Raritäten legten hier nur einen kurzen Zwischenstopp ein, um dem Team der BASF Coatings eine lackhistorische Zeitreise zu ermöglichen. Wenige Tage später ging es für die antiken Fahrzeuge aus der legendären Sammlung Schlumpf weiter Richtung Kassel. Die Idee, Oldtimer auf ihre originale Lackierung hin zu untersuchen, entwickelten Richard Keller, Konservator im französischen Museum, und Jürgen Book, Glasurit Oldtimer-Experte. Um die Schutzschicht der automobilen Kostbarkeiten nicht zu beschädigen, arbeitete das Team um Projektleiter Dr. Christoph Hawat nur mit kleinsten, abgesprengten Partikeln. Eine der größten Herausforderungen war es dabei, die Proben, die quasi unter der Hand zerbröselten, für die Analyse aufzubereiten. Dass dies gelang, war keinesfalls selbstverständlich, sondern Ergebnis von Erfahrung und im wahrsten Sinne des Wortes viel Fingerspitzengefühl. So gelang es etwa, von einem Lacksplitter einen Querschliff anzufertigen, der wichtige Aufschlüsse über die Bestandteile des Lacks lieferte. Beide Oldtimer verfügen über einen Multischichtaufbau mit bis zu neun Schichten Lack, die sehr gleichmäßig aufgetragen wurden. „Vier bis sechs Wochen könnte sich der gesamte Lackierprozess wohl hingezogen haben“, mutmaßt Book. Auch die anorganische Analyse förderte Informatives zutage. „Wir konnten in den einzelnen Lackschichten selektiv verschiedenste Einsatzstoffe wie Schwerspat, Silikate und Calciumcarbonat nachweisen, die man auch heute noch in der Lackierung vorfindet“, erzählt Hawat. Hauptbestandteile der farbgebenden Schicht waren unter anderem Bleipigmente. In der ursprünglichen Lackierung des TH. Schneider konnte man sogar ein Blaupigment identifizieren, das unter dem Namen „Preußisch-blau“ bekannt ist. „Wir haben das Fenster weit in die Vergangenheit geöffnet“, lautet das Fazit von Dr. Christoph Hawat. Jürgen Book ist denn auch fest davon überzeugt, dass dieses Projekt die Initialzündung für weitere Analysen historischer Fahrzeuge sein wird.

Zwei automobilen Raritäten legten bei BASF Coatings in Münster einen kurzen Zwischenstopp ein. Dort wurden Proben der Lackierung genommen und analysiert.

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 Ein pinkfarbener Cadillac, ein Ford Mustang aus den frühen 60ern, ein „Strich-Achter“-Mercedes und ein VWBus, sogar noch mit geteilter Frontscheibe – die Fahrzeuge, die in der Halle und auf dem Hof von Riverside Kustomz im badischen Kehl stehen, lassen das Herz von Oldtimerfreunden höher schlagen. „Schon die Arbeit an solchen Autos macht unheimlich viel Spaß“, sagt Arion, der bei Riverside Kustomz gerade seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker begonnen hat, „aber die Krönung ist die Probefahrt, wenn ein Fahrzeug fertig restauriert ist.“

Alte Autos, neue Chancen Riverside Kustomz hilft Jugendlichen zum Start ins Berufsleben

Einstieg verpasst

Riverside Kustomz hat sich auf die Restaurierung von Oldtimern spezialisiert.

Dass Arion eine Lehrstelle gefunden hat, ist alles andere als normal. Doch Riverside Kustomz ist auch alles andere als ein normaler Ausbildungsbetrieb. Initiator des Projekts ist Markus Sansa, von Haus aus Sozialpädagoge und bis vor wenigen Monaten bei einer Förderschule in Kehl angestellt. „Eigentlich hatte ich mit Autos früher gar nicht viel am Hut“, erinnert sich Sansa, „bis ich vom Oldtimer-Virus infiziert wurde.“ Ein 51er Chevy Bel Air war es, der ihn auf den Geschmack am Schrauben, Schweißen und Lackieren brachte. Und Schrauben macht nicht nur Spaß, Schrauben verbindet, das wurde ihm schnell klar. Daher überlegte Sansa, der an seiner Schule tagtäglich mit „Problem-Jugendlichen“ ohne echte Berufschancen zu tun hatte, wie er seine Passion für Oldti-

Vielseitige Praxis und intensive Betreuung – so lautet das Erfolgsrezept.

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mer mit seinem Engagement für die Schüler unter einen Hut bringen konnte. Die Lösung hieß „Riverside Kustomz e.V.“, 2007 wurde der gemeinnützige Verein gegründet, und in einer alten Werkstatt im Kehler Industriegebiet arbeiteten fortan rund 40 Oldtimerfreunde und Fördermitglieder in ihrer Freizeit gemeinsam mit Jugendlichen ohne Schulabschluss, Schulverweigerern, Lehrabbrechern, kurzum mit jungen Leuten, die aus den unterschiedlichsten Gründen den Einstieg ins Berufsleben verpasst hatten. „Uns ging es darum, die Jugendlichen, die zum Teil schon seit Jahren Hartz IV-Bezieher waren, über ein Thema, das sie interessiert, wieder ans Arbeitsleben heranzuführen“, erklärt Markus Sansa. Dass dieser Weg erfolgversprechend war, zeigte sich sehr schnell – zum Beispiel daran, dass ein Jugendlicher, der bei Riverside Kustomz Geschmack an der Arbeit mit Autos gefunden hatte, auf Anhieb in ein reguläres Ausbildungsverhältnis vermittelt werden konnte.

Projekt: Farbe bekennen Für Markus Sansa war dies ein Anlass, das Projekt noch weiter zu entwickeln. „Unsere Vision war es, mit der Arbeit in der Werkstatt den Jugendlichen nicht nur als Sprungbrett in die Ausbildung zu dienen, sondern zukünftig auch selbst Ausbildungsplätze im Kfz-Bereich anzubieten.“ So entstand die Idee, eine richtige Werkstatt zu eröffnen, die pro-

Markus Sansa: „Wir wollen für die Jugendlichen ein Sprungbrett in den Beruf sein.“

fessionell Oldtimer restauriert, und in der arbeitslose Jugendliche, die auf kaum einen anderen Weg ins Berufsleben finden können, Mechatroniker, Karosseriebauer oder Lackierer werden können. Dass dies nicht ohne Zuschüsse funktionieren würde, war klar, Erfahrung im Öffnen von Fördertöpfen hatte Sansa jedoch. „Es lag auf der Hand, dass die Idee förderungswürdig war, zum Beispiel durch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds EFS“, berichtet Markus Sansa, „wir mussten nur noch ein separates Projekt definieren, mit dem wir uns um konkrete Förderung bewerben konnten.“ „Farbe bekennen“ lautete schließlich der Name des neuen Projekts, und der war durchaus wörtlich zu verstehen, denn im Vordergrund sollte die Lackierung stehen. Die Gründe dafür waren vielfältig. „Um wirklich komplette Res-

taurierungen anbieten zu können, musste unsere Werkstatt auch mit einem professionellen Lackierbereich ausgestattet sein. Durch die Erweiterung um diesen Bereich ergab sich darüber hinaus die Möglichkeit, noch mehr Jugendliche betreuen“, berichtet Sansa. So wurde eine zweite, „lackiertaugliche“ Werkstatthalle angemietet und eine Lackierkabine angeschafft. Im Sommer 2010 zeichnete sich ab, dass das Projekt aus dem ESF gefördert wird, für Riverside Kustomz bedeutete dies zusätzliche Sicherheit. Markus Sansa gab seine Sozialarbeiterstelle auf und wurde Vollzeit-Projektleiter. Bei Riverside Kustumz ist er seitdem Vorstand und innerhalb des Projekts für den Bereich Sozialarbeit zuständig. „Von der Schule in die Werkstatt“, fasst Sansa seinen Weg zusammen, „mein Leben hat sich ganz schön geändert.“ Die praktischen Fertigkeiten stellen nicht die Haupthürde dar. Schwieriger ist es, wieder in den BerufsschulAlltag zurückzufinden.

Arion macht bei Riverside Kustomz eine Ausbildung zum Mechatroniker.

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Ausbilder-Trio Exakt dasselbe kann auch Oliver Wagner von sich sagen. Der Fahrzeuglackierermeister war bis zum Sommer 2010 in einem großen Lackierbetrieb in der Region als Ausbildungsmeister angestellt und nebenbei Mitglied im RiversideKustomz-Verein. Die Aussicht, das Hobby Oldtimer zum Beruf zu machen und noch mehr der Wunsch, mit der Ausbildung von problematischen Jugendlichen einen wichtigen Beitrag zu leisten, brachte auch ihn dazu, seine feste Position zu kündigen und bei Riverside Kustomz einzusteigen. Er ist nun für die Ausbildung der beiden Lackierer zuständig. Dritter im Bunde ist auf Seiten der Ausbilder Alexej Ulrich, der einen Kfz-Meisterbetrieb gleich nebenan betreibt. Dort erhalten die Aus-

zubildenden ihr praktisches Wissen über modere Kfz-Mechanik und -Elektronik. Und dann gibt es noch Christian, den Franzosen von der anderen Seite des Rheins. Der pensionierte Kfz-Mechaniker stand eines Tages vor der Tür und fragte, ob er mithelfen könnte. Seither ist er jeden Morgen der Erste in der Werkstatt. Mit den anderen Ausbildern verbindet ihn der Spaß an der Arbeit mit den alten Autos und den jungen Azubis. Besonders wertvoll ist sein Wissen über klassische Techniken, die an den Oldtimern benötigt werden. „An handfesten praktischen Erfahrungen wird es unseren Auszubildenden sicher nicht mangeln“, ist Oliver Wagner überzeugt. „Da sind die Jungs durch die vielseitigen Aufgabenstellungen bei den Oldtimern und die intensive Betreuung besser versorgt als in manchem klassischen Oliver Wagner betreut die Lackierer-Auszubildenden: „Die Praxis ist für unsere Jungs kein Problem, aber die Theorie.“

Das Angebot von Riverside Kustomz kommt in der Szene gut an. Fotos: M. Rehm

Handwerksbetrieb.“ Eine Hürde wird dagegen die Theorie, ahnt Wagner: „Gerade für unsere Jugendlichen, die aus einer Förderschule kommen, ist es sehr schwer, dem Stoff der Gewerbeschule zu folgen und die Gesellenprüfung zu schaffen.“ Doch auch hier ist man auf einem guten Weg. Mit der örtlichen Gewerbeschule wurden Sonderschichten für die Riverside Kustomz-Auszubildenden vereinbart. Vor Ort im WerkstattBüro wird der Schulstoff gemeinsam mit Lehrern vertieft, um Lücken in der Theorie zu stopfen.

Nachhilfe in Theorie Vier Auszubildende sind seit September 2010 am Start: zwei Mechatroniker und zwei Fahrzeuglackierer. Natürlich gab es Startschwierigkeiten. „Einfach den ganzen Tag konzentriert zu sein und eine Arbeit konsequent zu Ende zu führen – das ist etwas, woran sich manche unserer Jungs einfach wieder gewöhnen oder es erst lernen mussten“, berichtet Oliver Wagner, „und natürlich hatten wir auch Rückschläge zu verkraften.“ So musste man sich von zwei Jugendlichen, die von der kommunalen Arbeitsförderung vorgeschlagen wurden, wieder trennen, da trotz intensiver pädagogischer Betreuung die Probleme im persönlichen Bereich einfach nicht zu überwinden waren. Bei den verbliebenen Auszubildenden sind Markus Sansa und Oliver Wagner umso optimistischer: „Die sind mit Feuereifer dabei, da verpennt keiner mehr.“ Auch die Aufträge werden immer zahlreicher und kommen nicht mehr nur aus dem Umfeld des Clubs, sondern aus der ganzen Region. Dabei konzentriert man sich auf KomplettRestaurierungen von Fahrzeugen, die mehr als 30 Jahre auf dem Buckel haben, mit Schwerpunkt auf US-Cars. Das ehrgeizige Ziel ist es, die Kunden nicht länger als einen Monat auf das Auto warten zu lassen. „Dieses Angebot kommt in der Szene gut an“, meint Markus Sansa, der zuversichtlich ist, dass sich das Projekt auch noch tragen wird, wenn die Projektzuschüsse in ein paar Jahren ausgelaufen sind. Bis dahin will man bei Riverside Kustomz komplett auf eigenen Beinen stehen. Das gilt zum einen für den Betrieb, aber noch vielmehr für Arion und seine Azubi-Kollegen. MR 39

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Die Londoner Taxis sind moderner, als sie aussehen – auch fortschrittliche Lacke spielen dabei eine Rolle

 Welches sind die Wahrzeichen von London? Da gibt es einige: Big Ben und die Tower Bridge, Buckingham Palace und Piccadilly Circus… Fast ebenso bekannt wie diese Sehenswürdigkeiten ist das Vehikel, mit dem man am komfortabelsten von der einen zur anderen gelangt: Das „black cab“, das immer noch klassisch-kantig geformte Londoner Taxi prägt das Stadtbild wie kaum ein Fahrzeug eine Stadt. Während früher fast ausschließlich Schwarz als Taxifarbe in Frage kam, ist das Farbtonspektrum heute etwas breiter. Frühester Wettbewerber des klassischen Schwarz war Rot. In den letzten Jahren kamen neben silberfarbigen etliche in den unterschiedlichsten Werbedesigns beklebte Taxis dazu. Bei der Lackierung der Londoner Taxis setzt der Hersteller LTI Vehicles auf DuPont. Im traditionsreichen Werk in Coventry erfolgt die Erstlackierung seit 2007 mit Lacken von DuPont CoatingSolutions, und kürzlich wurde DuPont Refinish zum bevorzugten Lieferanten für Autoreparaturlacke ernannt. Gemäß der Vereinbarung mit DuPont Refinish soll nun unter anderem der Wasserbasislack Cromax angewendet werden, um optimale Farbtongenauigkeit mit den Serienfarben zu garantieren – nicht nur für das tief glänzende Schwarz.

Technik mit Tradition

Schwarze Legende

Die Ursprünge des Londoner Taxigeschäfts gehen zurück bis ins Jahr 1919, als Carbodies Ltd als Kutschenbauer in Coventry gegründet wurde. Carbodies beliefterte namhafte Unternehmen wie Daimler, Jaguar und Rolls Royce. In den späten vierziger Jahren

Die Black Cabs prägen das Londoner Stadtbild wie kaum ein Fahrzeug eine Stadt.

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Die moderne Variante nennt sich TX4 und wird seit 2006 nicht nur in England eingesetzt, sondern in zahlreiche Länder exportiert.

begann Carbodies auch Taxis zu bauen. Es wurden Verträge zwischen Carbodies, Mann and Overton und Austin Ltd. geschlossen, um eine Anzahl von Prototypen herzustellen. Diese ersten Fahrzeuge waren so erfolgreich, dass das erste FX3-Taxi mit einer Austinplakette 1948 vom Band rollte. 1958 wurde das FX4-Taxi auf den Markt gebracht. Im Jahr 1973 wurde Carbodies von Manganese Bronze Holdings PLC gekauft, und diese Firma ist bis heute noch die Holdinggesellschaft. Als Carbodies 1984 den Taxihändler Mann & Overton kaufte, wurde die Firma London Taxis gegründet. 1989 wurde das Fairway-Modell eingeführt, mit einem Nissan 2,7 Diesel-Motor. Im Jahr 1997 wurde der Name Carbodies aufgegeben, und der

Taxiherstellungszweig erhielt den Namen London Taxis International. 1997 wurde die Herstellung des FX4 eingestellt und durch den TX1 ersetzt, der einen neuen Karosseriebau hat, um das Taxi dem neuen Jahrtausend anzupassen. Der heutige Firmenname LTI Vehicles wurde 2003 eingeführt, um die Marke London Taxi besser zu identifizieren. Die heutige Form des schwarzen Taxis ist das TX4-Modell. Dieses Modell kam erstmals im Oktober 2006 auf den Markt. Heute beschäftigt LTI Vehicles in seinem Werk in Coventry mehr als 400 Mitarbeiter, verfügt über neun Autohäuser und mehr als 60 Handelsvertreter in Großbritannien. Seit 1958 haben LTI Vehicles und ihre Vorgänger mehr als 130.000 Fahrzeuge gebaut.

Abgasfreie Technik geplant Im April 2008 gab Manganese Bronze bekannt, dass sie einen Entwicklungsvertrag mit The Tanfield Group Plc, dem weltweit führenden Hersteller von kommerziellen Elektrofahrzeugen, unterzeichnet hatte. Das Ziel dabei ist es, ein batteriebetriebenes, abgasfreies Stadttaxi zu entwickeln. Die rein elektrische Variante des schwarzen TX4-Taxis von Mangane Bronze – TX4E getauft – soll eine Höchstgeschwindigkeit von

Am Produktionsstandort in Coventry herrschen immer noch die klassischen Farben Schwarz und Rot vor.

Solid Black Colour rohbau in eine ElektrotauchlackGrundierung getaucht. Die elektrostatische Grundierung wird manuell gespritzt. Dies wird von einer Fremdfirma ausgeführt. Die Taxis kommen dann für Wurde bei LTI für die Taxis immer der die nächsten drei Schritte in die Fabrik zurück. Der Basislack besteht aus zwei gleiche Schwarzton verwendet? Um welches Schwarz handelt es sich da- manuell gespritzten Schichten. Darauf folgen zwei Schichten Klarlack. Zu gubei? ter Letzt wird das komplette Fahrzeug Da sich mit der Zeit die Technologie verändert hat, wurden bei LTI verschie- von Hand poliert. dene Lacksysteme verwendet. Heute In welchen großen Städten in Großsetzt man auf einen wasserbasierenbritannien gibt es LTI-Taxis? den Lack. Der Standardschwarzton Alle große Städte in Großbritannien heißt Solid Black Colour. benutzen LTI-Taxis. Und welche Farben sind am beliebtesIn welche Länder werden LTI-Fahrten? Die gängigsten TX4-Farben sind Platin- zeuge verkauft, um dort als Taxis eingesetzt zu werden? Silber und Schwarz. LTI exportiert das Londoner Taxi in die ganze Welt, zum Beispiel in die Wie werden die Taxis lackiert? Wie USA, nach Russland, China, Spanien sieht der Schichtaufbau aus? und Thailand. Im ersten Schritt wird der Karosserie-

Terry Robinson ist International Key Accounts Manager für DPC Refinish Systems und arbeitet seit vier Jahren mit LTI zusammen.

Das Innenleben wird sich ändern. Bald kommt die Elektro-Variante.

50 mph (80,47 km/h) haben und eine Reichweite von mehr als 100 Meilen (160 Kilometer) mit einer Batterieladung. Es wurde eigens für Taxifahrten in verkehrsreichen Ballungsgebieten konzipiert. Auch wenn das Innenleben des TX4E modernste und umweltfreundlichste Technik birgt, die Außenhaut wird ihren typischen klassisch-kantigen Charakter wohl nicht verlieren. Und die Wahrscheinlichkeit, dass es größtenteils in „Solid Black“ geordert wird, ist hoch.

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FORM + FARBE

Überraschung in Rot Echter Blickfang: Der Fiat Abarth aus dem Jahr 1956 wurde perfekt restauriert

Glänzende Restaurierung eines Fiat Abarth  Im Rahmen der diesjährigen Vernissage zeigten die Techniker im Schwerpunkt Gestaltung an der Städtischen Fachschule für Farb- und Lacktechnik München wieder ihre Semesterarbeiten. Entsprechend dem gestellten Thema „Weiß?Surprise!“ beschäftigten sich die Schüler mit der Farbe Weiß in angewandten Raumsituationen.

Die „Surprise“ der Ausstellung war ein Fiat Abarth aus dem Jahre 1956. Das Fahrzeug wurde genau wie sein historisches Vorbild leuchtend rot lackiert, originalgetreu beschriftet und in weißem Ambiente präsentiert.

Komplette GKF-Karosserie Zwei Fahrzeuglackierer hatten die Aufgabe, das Fahrzeug komplett zu restaurieren. Das Besondere war dabei die Karosserie, die vollständig aus GFK be-

Im Originalzustand ist der Abarth noch weit entfernt von späterem Glanz.

stand. Der Rahmen bestand aus Balsaholz. Die abplatzende Altbeschichtung wurde vom Besitzer schon vorher entfernt und so bot sich das für GFK typische Kunststoffbild als Rohzustand. Nach einigen Demontagearbeiten standen als erstes Spachtel- und Schleifarbeiten auf dem Programm. Zahlreiche Dosen Polyester- und Spritzspachtel sowie viele Stunden Handarbeit waren erforderlich, bis die Oberfläche bereit zum Füllern war.

Die GFK-Karosserie wurde zunächst gespachtelt.

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Das historische Fahrzeug-Emblem wurde aufwendig am PC nachgezeichnet und mit Wasserbasislacken aufgespritzt.

Feuriges Lachsrot

Die Füllerschicht stellte besondere Anforderungen. Fotos: K. Goerz

Die Lackierung erfolgte in feurigem Lachsrot.

Die Enthüllung des roten Abarths war die Überraschung des Abends.

Nach erneutem Schleifen und Füllern wurde das Auto für die Endlackierung vorbereitet. Zunächst legten die beiden Farb- und Lacktechniker zusammen mit dem Projektleiter Kurt Goerz ein strahlendes Weiß vor. Dadurch sollte der Rotton zusätzliche Leuchtkraft bekommen. Das feurige Lachsrot von PPG wurde in drei dünnen Schichten auf Wasserbasis appliziert, ausgenebelt und erstmalig klarlackiert. Entsprechend der historischen Vorlage diverser Fiat Abarths wurden mehrere Entwürfe für die Beschriftung angefertigt. Als besonders hilfreich erwiesen sich Farbmuster, die auf Probeblechen ausgeführt wurden. Nur so konnte sich der Besitzer ein Bild vom endgültigen Erscheinungsbild machen. Man entschied sich für eine schwarze Schrift mit weißer Outline. Das historische Fahrzeug-Emblem wurde aufwendig am PC nachgezeichnet und wie auch die Schriftzüge auf die Haube mit Wasserbasislacken aufgespritzt. Das Heck wurde wunschgemäß in Schwarz abgesetzt. Nach den Gestaltungsarbeiten folgten Klarlackierung und Finishing der gesamten Lackoberfläche. Die Felgen wurden in mittelgrobem Silber mit mattem Überzug gehalten. Unterstützt wurde das Projekt wie auch schon in den vergangenen Jahren von den Firmen Carsystem Süd Rohde GmbH, PPG Industries sowie Herrn Ewald Bablick, dem Fahrzeugbesitzer. Zur Vernissage wurde der Fiat zunächst noch abgedeckt. Nach der Vorstellung der anderen Schülerarbeiten folgte die Enthüllung der roten Überraschung als Höhepunkt des Abends. Kurt Goerz

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FORM + FARBE

Schöne Front, schönes Heck – der Porsche 365 ist so wunderschön wie rar.

Rarität in Adriablau Porsche 356 von Meisterhand restauriert  Die Restaurierung alter Porsches aus den 50er- und 60er-Jahren ist für Bernd Aberle Alltag. Doch vor kurzem hatte er ein besonders seltenes und wertvolles Modell in seiner Werkstatt – mit einem prominenten Besitzer. Fällt der Name „Porsche“, hat heute jeder sofort das Modell 911 vor Augen, eine der Design-Ikonen des 20. Jahrhunderts. Doch im Grunde begann die Porsche-Legende schon mit dem Vorgängermodell 356. Das wies bereits alle Elemente der klassischen Porsche-Silhouette auf, hatte aber noch die etwas üppigeren und rundlicheren Formen der 50er-Jahre. Nur rund 77.000 Porsche

356 liefen zwischen 1948 und 1965 vom Band – kein Vergleich zu den Produktionszahlen, die der Neunelfer mittlerweile erreicht hat. Entsprechend rar sind die 356er geworden: Nur noch etwa 900 Fahrzeuge dieses Typs dürften in Deutschland zugelassen sein, die meisten aus den Modell-Generationen B und C der frühen 60er-Jahre. Viel seltener sind Exemplare des Typs A, der bis 1959 gebaut wurde. Und die wenigen erhaltenen Modelle vom Typ 356 A Carrera von 1955 – übrigens der erste Porsche, der diesen legendären Namen trug – kann man buchstäblich an einer Hand abzählen.

Klangvoller Name Oldtimer-Experte Bernd Aberle kennt sich mit alten Porsches aus. In seinem Restaurationsfachbetrieb in Winnenden bei Stuttgart hat er regelmäßig Modelle aus den 50er- oder 60er-Jahren stehen. „Aber ein 356 A Carrera“, sagt er, „das war sogar für mich etwas ganz Besonderes. Erst recht, als ich den Namen des Besitzers hörte.“ Ein alltäglich klingender Name – doch nicht für jemanden, der sich für Autorennsport interessiert: John Watson war in den 70er- und 80er-Jahren eine feste Größe in der Formel 1. Der Brite, mittlerweile 67, fuhr

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über 150 Grand Prix, gewann fünf davon und schaffte es x-mal aufs Treppchen. 1982, in seinem besten Jahr, belegte er in der Fahrerwertung Platz 3. Mit der Instandsetzung seines Porsche 356 beauftragte er Bernd Aberle. Und der erkannte schnell, dass der seltene Oldtimer eine Komplettrestaurierung brauchte. Um die Technik und den Motor, einen Vierzylinder-Boxer mit 1,5 Litern Hubraum, kümmerte sich Aberles Kollege Wolfgang Reile im nur ein paar Kilometer entfernten Haubersbronn. „Wolfgang ist nicht nur hierzulande einer der bekanntesten Fachleute für alte Porsches“, erklärt Aberle. „Und er ist einer der ganz wenigen, die sich noch mit diesem speziellen Motor, dem so genannten Königswellen-Motor, auskennen.“

Zahn der Zeit hinterlässt Spuren

Bernd Aberle (rechts) mit seinem Kollegen Wolfgang Reile vor dem restaurierten Porsche. Am Steuer: Formel 1-Veteran John Watson.

Die Restaurierung der Karosserie war hingegen Bernd Aberles Aufgabe. „Im Wageninneren war noch alles im Originalzustand“, berichtet er. „Mit etwas Patina zwar, aber gut erhalten.“ Äußerlich hingegen hatte an dem über fünf Jahrzehnte alten Veteranen der Zahn der Zeit seine Nagespuren hinterlassen. „Der Wagen hatte offenbar lange in einer feuchten Garage gestanden“, vermutet Aberle. „Stellenweise hatte er Blasen geworfen und Rost angesetzt, zum Beispiel unter den Türblechen.“ Aberle machte sich ans Werk: Er setzte zunächst die Karosserie rundum instand und tauschte beschädigte Bleche

aus. Dann behandelte er die komplette Karosserie mit Standox EP-Grundierfüller und trug eine blaue Basislackierung auf. „Ich habe, um möglichst nah an den Urzustand heranzukommen, mit einem konventionellen Lack mit Lösemitteln gearbeitet“, erklärt Aberle. „Für historische Fahrzeugen ist das zulässig.“ Bei der Farbe bat Aberle den Standox Experten Marco König um Hilfe. Der ermittelte mit dem Farbtonmessgerät Genius IQ den Porsche-Farbton „Adriablau“ von 1955 und lieferte auch gleich die exakte Lackmischformel. Aberle: „Das Ergebnis war perfekt.“ Beim Klarlack setzte Aberle auf eine heute nur noch selten ange-

wandte Technik: Er lackierte eine Schicht, schliff sie danach an, um sie zum Schluss zu polieren. „Ein sehr arbeitsaufwendiges Verfahren“, sagt er. „Aber damit erhält man einen dünnen, elastischen Lackauftrag und einen feinen Glanz, der überhaupt nicht speckig wirkt.“ Eine Technik, die Aberle noch aus der Zeit kannte, als er in der Werksreparatur der Daimler-Luxusmarke Maybach lackierte. Gut drei Monate dauerte die komplette Restaurierung des Carrera – kein ganz billiges Vergnügen für den Besitzer. Doch John Watson bekam erstklassige Qualität für sein Geld. „Er war begeistert, als er kam, um den Wagen abzuholen“, freut sich Aberle. Natürlich nahm der Ex-Formel 1-Pilot sein „Schätzchen“ nicht einfach mit, sondern machte zunächst eine Probefahrt. „Und da konnte man mal sehen, was ein früherer ProfiRennfahrer so alles drauf hat“, schwärmt Aberle. „Die Souveränität und Gelassenheit, mit der John Watson den Wagen bewegt hat, waren wirklich beeindruckend.“ Quelle: Standox

Der Porsche 356 A Carrera vor dem Lackieren in Bernd Aberles Werkstatt.

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