Multifunktionales Batteriespeichersystem - Publikationsdatenbank der ...

17.09.2013 - ... PV/battery storage systems as virtual power plant for the participation at the energy trading market ... Juli 2013, online publiziert am 17.
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Elektrotechnik & Informationstechnik (2013) 130/6: 161–168. DOI 10.1007/s00502-013-0148-y

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Multifunktionales Batteriespeichersystem R. Sterrer, W. Prüggler

Im nationalen Forschungsprojekt „Multifunktionales Batteriespeichersystem (MBS)“ wurden offene Fragen bezüglich der technischen Umsetzbarkeit und der Wirtschaftlichkeit eines netzgekoppelten Batteriespeichersystems mit einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie in Kombination mit den Erzeugungsanlagen Photovoltaik und Kleinwindkraft zur intelligenten Vermarktung von erneuerbarer Energie beantwortet (Sterrer et al., Multifunktionales Batteriespeichersystem – MBS-Endbericht. Industrielle Forschung im Rahmen der österreichischen Programmlinie Neue Energie 2020, 3. Ausschreibung, noch nicht veröffentlicht, 2013). Die technische Umsetzung und der Demonstrationsbetrieb einer Pilotanlage während zweier Jahre zeigten, dass das Batteriespeichersystem für eine intelligente Vermarktung von erneuerbarer Energie sowie zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen zur Netzstabilisierung geeignet ist. Jedoch zeigte die Untersuchung von unterschiedlichen Vermarktungsstrategien für die Pilotanlage, eine Großspeicheranlage und gepoolte PV/Batteriespeicheranlagen sowie deren Erlösmöglichkeiten an den Energiehandels- und Regelenergiemärkten, dass für sämtliche untersuchten Einsatzstrategien in absehbarer Zeit keine positiven Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden können. Wenn jedoch die angestrebten Batteriezielkosten von ca. 250 €/kWh bis zum Jahr 2030 erreicht werden, scheint eine zukünftige Umsetzung von Vanadium-Redox-Flow-Batterien, vor allem in Großanlagen (z. B. 10 MW, 100 MWh), für die Teilnahme am Regelenergiemarkt realistisch. Schlüsselwörter: Batteriespeicher; Vanadium-Redox-Flow-Batterie; erneuerbare Energie

Multifunctional battery storage system. In the national research project “Multifunctional Battery Storage System (MBS)” open questions were answered concerning the technical feasibility and profitability of a grid-connected battery storage system using a vanadium-redox-flow battery in combination with the renewable power generation plants PV and small wind power (Sterrer et al., Multifunktionales Batteriespeichersystem—MBSEndbericht. Industrielle Forschung im Rahmen der österreichischen Programmlinie Neue Energie 2020, 3. Ausschreibung, noch nicht veröffentlicht, 2013). The technical implementation and the demonstration operation of the pilot plant over a period of two years showed that the battery storage system is suitable for intelligent marketing of renewable energy as well as the provision of system services for grid stabilisation. However, the investigation of different operating strategies of the pilot battery-storage system, a large scale storage system and pooled PV/battery storage systems as virtual power plant for the participation at the energy trading market and energy reserve market showed that all operation strategies being considered in this study may not be profitable in foreseeable future. However, if the costs of the battery storage system can be reduced to about 250 €/kWh until the year 2030, the application of the vanadium-redox-flow battery in particular in large-scale storage plants (e.g. 10 MW, 100 MWh) for the participation at the energy reserve market seems realistic. Keywords: battery storage; vanadium-redox-flow battery; renewable energy

Eingegangen am 25. Juni 2013, angenommen am 26. Juli 2013, online publiziert am 17. September 2013 © Springer Verlag Wien 2013

1. Einleitung Die dezentrale Integration von Stromerzeugungsanlagen, die mit fluktuierender erneuerbarer Energie betrieben werden, vor allem von Photovoltaik- und Windkraftanlagen, in Nieder- und Mittelspannungsnetze stellt neue Herausforderungen im technischen und ökonomischen Bereich dar. Entstehende Kapazitätsengpässe der Netze können in diesem Fall mit einer entsprechenden Netzverstärkung und/oder Integration von Speichertechnologien in Kombination mit lokalen Erzeugungsanlagen für die Nutzung von erneuerbarer Energie überwunden werden (vgl. Beaudin et al. [3] und Appelrath et al. [1]). Stationäre Batteriespeicher könnten dabei auch mit der Teilnahme an Energie- und Regelenergiemärkten (z. B. mittels Aggregation) einen Beitrag zu Stabilität und Versorgungssicherheit des gesamten Stromsystems leisten (vgl. Kazempour et al. [12] und Yang et al. [17]). Die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit von Batteriespeichersystemen sind wesentliche Aspekte für eine zukünftige Anwendung von Batteriespeichersystemen im großen Umfang.

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2. Pilotanlage 2.1 Beschreibung des Aufbaus Mit dem Ziel, die Fragestellungen der technischen Realisierung beantworten zu können, wurde vom Projektkonsortium1 ein netzgekoppeltes Batteriespeichersystem in Kombination mit den erneuerbare Energie nutzenden Stromerzeugungsanlagen PV und Kleinwindkraft inklusive der erforderlichen Kommunikationsschnittstellen

1 Das Projektkonsortium bestand aus der FH Technikum Wien – Institut für Erneuerbare Energie, EVN AG, ATB- Becker, KEBA AG, Cellstrom GmbH und der TU WIEN – Energy Economics Group.

Sterrer, Roland, FH Technikum Wien, Institut für Erneuerbare Energie, Giefinggasse 6, 1210 Wien, Österreich (E-Mail: [email protected]); Prüggler, Wolfgang, Technische Universität Wien, Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe, Energy Economics Group, Gußhausstraße 25-29, 1040 Wien, Österreich (E-Mail: [email protected])

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Abb. 1. Technisches Konzept der Pilotanlage in Lichtenegg

für die regelungstechnische Einbindung in das öffentliche Stromnetz entwickelt und am Energieforschungspark der EVN in Lichtenegg, Niederösterreich, umgesetzt (EVN [6]). Die Pilotanlage besteht aus einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie (VRF-Batterie) des Typs CellCube FB 10-100 mit einer Speicherkapazität von 100 kWh und einer Nennentlade- und Ladeleistung von 10 kW (vgl. Gildemeister 2013 [9]) (Abb. 1). Die mit erneuerbarer Energie betrieben Stromerzeugungsanlagen umfassen eine fix aufgeständerte und eine nachgeführte PV-Anlage mit einer elektrischen Leistung von 10 kWPeak und 5 kWPeak sowie eine Kleinwindkraftanlage (KWKA) mit einer Nennleistung von 1,5 kW (vgl. EVN [7]). Um Verbraucher zu simulieren, wurde die von einem definierten Verbrauchsprofil vorgegebene Leistung ins Stromnetz eingespeist. Über eine ENS2 kann die Anlage netzgekoppelt oder als Insel betrieben werden. Die zentrale Komponente ist die entwickelte Steuereinheit, die einerseits die Kommunikation zwischen den Erzeugungsanlagen, der PV- und der KWK-Anlage, dem Batteriespeicher und dem Verbraucher sicherstellt und andererseits eine Kommunikationsschnittstelle für eine regelbare Einbindung in das öffentliche Stromnetz ermöglicht. 2.2 Kostenoptimierter Betrieb der Pilotanlage Es wurde ein Day-Ahead-Optimierungstool für das Batteriespeichersystem entwickelt, mit dem unter Berücksichtigung der Erzeugungsprognosen der PV- und KWK-Anlage, des zu erwartenden elektrischen Verbrauches und der Entwicklung der Strompreise am Energie-Handelsmarkt (EEX-Spotmarktpreise) ein kostenoptimierter Fahrplan für den Betrieb des Batteriespeichers für den nächsten Tag erstellt wird. Abbildung 2 zeigt das Funktionsprinzip der dynamischen Optimierung. Mittels eines graphen-theoretischen Ansatzes von BellmanFord-Moore wurde ein Graph mit den möglichen Ladezuständen und den erwirtschafteten Erlösen des Speichers über einen Zeitraum t generiert (vgl. Büsing [4]). Danach wurde der optimale (kürzeste) Pfad durch diesen Graph ermittelt. Dieser entspricht der kostenoptimierten Betriebsweise des Batteriespeichersystems und ermöglicht

2 ENS = Einrichtung zur Netzüberwachung mit zugehörigen allpoligen Schal-

tern in Reihe.

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eine optimale Vermarktung der erneuerbaren Energie. Der erstellte Fahrplan wurde täglich an die zentrale Steuereinheit des Batteriespeichersystems übergeben. Diese ermöglicht durch Steuerung der einzelnen Komponenten die Lieferung/Abnahme der geforderten Viertelstunden-Leistungswerte nach dem vorgegebenen Fahrplan. Mit der Pilotanlage wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren erfolgreich die fahrplangetreue Stromlieferung demonstriert. Um eine technische Beurteilung der fahrplangetreuen Lieferung von elektrischer Energie des Batteriespeichersystems durchführen zu können, wurde ein repräsentativer Monat ausgewählt, in dem das Batteriespeichersystem durchgehend, d.h. ohne Unterbrechung durch zusätzliche Tests, nach Fahrplan betrieben wurde. In Abb. 3 ist die Speicherbewirtschaftung für eine Woche im Monat September 2012 dargestellt. Die Energiebilanz des Batteriespeichersystems für den Monat September 2012 ist in Abb. 4 dargestellt. Die durchschnittliche Ladeund Entladeleistung des Batteriespeichers betrug 2.524 W bzw. 1.205 W. Für diese speziellen Betriebsbedingungen wurde ein mittlerer AC/AC-Speichernutzungsgrad von 45 % für den Monat September 2012 ermittelt. Da die VRF-Batterie auch im Stillstand Energie bezieht, verringert sich der Nutzungsgrad des Batteriespeichers mit zunehmenden Stillstandszeiten und ist somit niedriger als der in einem separaten Versuch ermittelte AC/AC-Speicherwirkungsgrad von 58,8 %, der bei einer kontinuierlichen Lade- und Entladeleistung von 2 kW ohne Stillstandszeiten bestimmt wurde. Rechnet man die ermittelte Differenz der monatlichen Lade- und Entladeenergie von 378 kWh in eine durchschnittliche Verlustleistung (Eigenverbrauch und Speicherverluste) des Batteriespeichers um, so erhält man eine durchschnittliche Verlustleistung der VRF-Batterie von 133 W. 3. Modellentwicklung zur Untersuchung unterschiedlicher Einsatzstrategien der Pilotanlage Auf Basis der Pilotanlage wurde ein Simulationsmodell entwickelt, mit dem unterschiedliche Betriebsstrategien des Batteriespeichersystems untersucht sowie die Erlösmöglichkeiten dargestellt wurden. Die untersuchten Betriebsstrategien beinhalten dabei einen leistungsstarken Haushalt, die kombinierte Nutzung des Batteriespeichers zur Eigenverbrauchsdeckung eines Haushaltes und die Vermarktung von Energie auf dem Spot- und/oder Regelenergiemarkt.

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Abb. 2. Prinzipbild zur Kostenoptimierung des Batteriespeichers

Abb. 3. Betrieb des Batteriespeichers von 06. September 2012 bis 08. September 2012

Das entwickelte lineare sequentielle Optimierungsmodell kombiniert dabei die Lade- und Entladeprofile sowie die aktuellen Marktregeln und bewertet eine Kombination aus Haushalt, PV-Anlage (10 kWPeak ) und Speichereinheit (VRF-Batterie mit 10 kW, 100 kWh). Der Energiebedarf von Haushalten wurde dabei bewusst in Form von Verbrauchsprofilen berücksichtigt, um die Bewertung eines Anlagenpoolings zu ermöglichen. Abbildung 5 illustriert die Systemkonfiguration der modellierten Anlage. Der Speicher agiert als eigenständige Einheit, welche bei Verfügbarkeit auch überschüssigen PV-Strom speichern und anschließend auf dem Regelenergie- sowie Spotmarkt vermarkten kann. Dies ermöglicht eine Bewertung des Speichereinsatzes sowohl für Großkraftwerke (10 MW, 100 MWh)

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als auch für ein Pooling von PV/Batteriespeicheranlagen entsprechend der Pilotanlage. Um den kumulierten Einsatz auf dem Regelenergie- und Spotmarkt untersuchen zu können, wurde eine gleichmäßige Verteilung von 1.000 Kleinanlagen (10 kW, 100 kWh) auf alle österreichischen Stadt und Landbezirke (bei 10 Anlagen je Bezirk) vorgenommen. Die PV-Erzeugungsprofile wurden auf Basis standortspezifischer Globalstrahlungsdaten (vgl. SoDa [15]) und technischer Daten der PVModule, die in der Pilotanlage eingesetzt wurden, berechnet. Für die Untersuchungen wurden historische Marktdaten vom Spotmarkt der European Energy Exchange (EEX) aus dem Jahr 2010 (vgl. EEX [5]) sowie die Marktdaten des Tertiärregelenergiemarktes

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Abb. 4. Energiebilanz des Batteriespeichersystems im September 2012

Abb. 5. Systemkonfiguration der Speicherintegration für einen Haushalt in Kombination mit PV

in Österreich (vgl. Fussi et al. [8]) verwendet. Für die Ermittlung der Erlöse auf dem Sekundärregelenergiemarkt wurden Preisdaten aus Deutschland verwendet, da für den österreichischen Sekundärregelmarkt im Untersuchungszeitraum noch keine Daten vorhanden waren (Regelleistung.net [13]). Basierend auf einer Analyse der Regelenergieabrufe wurde eine Einsatzstrategie des Batteriespeichers auf dem Regelenergiemarkt erarbeitet (vgl. Rezania und Prüggler [14]). 4. Ergebnisse der ökonomischen Untersuchungen 4.1 Ermittlung der Erlöse Es wurde das wirtschaftliche Potenzial eines VRF-Batteriespeichers mit einer Speicherkapazität von 100 kWh zur Eigenverbrauchsdeckung eines Haushaltes mit einem Stromverbrauch von 5.780 kWh/a und paralleler Teilnahme auf dem Regelenergie- und Spotmarkt analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Deckungsbeiträge durch den Betrieb des Speichers die Annuität der Investitionskosten und die jährlichen Wartungskosten nicht abdecken können (vgl. Rezania und Prüggler [14] und Glatz, Rezania, Prüggler [10]). Die Erlöse der Pilotanlage bei dynamischer Optimierung der kombinierten Speichernutzung zur Eigenverbrauchsdeckung und Vermarktung auf dem Spotmarkt der EEX betragen im Untersuchungszeitraum, dem Jahr 2010, ca. 880 €/a. Die Berechnungsergebnisse für den Batterieeinsatz auf dem Tertiärregelenergiemarkt in Kombination mit Handel auf dem Spotmarkt für drei Erlöszuteilungsschemata3 sind in Abb. 6 (links) dargestellt. Aufgrund der geringeren Anzahl an Abrufen und der Menge gehandelter Regelenergie sind

3 Erlöszuteilungsschema 1 (EZS 1): Alleiniger Einsatz des Speichers auf dem Regelenergie- und EEX-Spotmarkt. Erlöszuteilungsschema 2 (EZS 2): zusätzlich zu EZS 1 werden Erlöse durch Eigenbedarfsdeckung des Haushaltsverbrauches durch die PV-Erzeugung der

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für den alleinigen Einsatz des Batteriespeichers Erlöse von etwa 428 €/a für das Bezugsjahr 2010 zu erwirtschaften. Wird dies für eine Großanlage mit 10 MW und 100 MWh skaliert, so wären diese Erlöse mit dem Faktor 1.000 zu multiplizieren, woraus in etwa 430 k€/a resultieren. Entsprechend höher fallen die jährlichen Gesamterlöse für die weiteren Erlösallokationen aus (EZS 2 rund 930 €/a; EZS 3 rund 1.070 €/a). Die höchsten Erlöse können mit der Pilotanlage durch einen kombinierten Handel auf dem Sekundärregelenergieund Spotmarkt erzielt werden, wie Abb. 6 (rechts) zeigt. Im Best Case können dabei Gesamterlöse von bis zu 2.950 €/a erreicht werden. Im Zusammenhang mit der kooperativen Vermarktung von Regelenergie in einem virtuellen Regelkraftwerk wurde das Erlöspotenzial des behandelten Batteriesystems für alle Bezirke in Österreich (99 Bezirke und der Standort der Demonstrationsanlage) berechnet. Die Bandbereite der Erlöse ergibt sich aus den unterschiedlichen PVErzeugungsprofilen (10 kWPeak ) je Bezirk. Werden Erlöse durch den Eigenstromverbrauch der Haushalte für alle Anlagen des Poolings nicht berücksichtigt, ergibt sich, da die PV-Stromerzeugung regional verteilt ist, daraus ein Erlösgewinn von etwa 1 % im Vergleich zu einer einzelnen Großanlage am Teststandort. Der primäre Vorteil des Anlagenpoolings liegt vor allem in der Eigenbedarfsdeckung der Haushalte, was, wenn die Kosten für Kommunikation und Steuerung des Anlagenpools vernachlässigt werden, die Erlöse im Vergleich zu einer einzelnen Großanlage um etwa 20,5 % steigern könnte.

Batterie gegengerechnet. Die PV-Anlagen werden dabei als bereits abgeschrieben betrachtet. Erlöszuteilungsschema 3 (EZS 3): zusätzlich zu EZS 1 & 2 wird überschüssiger PV-Strom zum Nulltarif verwendet, um den Speicher für die Regelenergievermarktung zu füllen. Dies stellt den „Best Case“ für die wirtschaftlichen Bewertungen dar.

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Abb. 6. Erlöse des Batteriesystemeinsatzes auf dem Tertiärregelenergie- und Spotmarkt (links) und Sekundärregelenergie- und Spotmarkt (rechts) für drei Erlöszuteilungsschemata

Da die Untersuchung eines leistungsautarken Haushaltes mit einer PV-Anlage von 10 kWPeak zeigte, dass eine Umsetzung aufgrund der erforderlichen Speicherkapazität von ca. 1,1 MWh sowohl aus technischer Sicht (Gewicht und Größe des Batteriespeichers) als auch aus ökonomischer Sicht (sehr hohe Kosten) höchst unwahrscheinlich ist, wurde diese Einsatzstrategie keiner detaillierten Kosten/Nutzenanalyse unterzogen. Obwohl sich die Erzeugungsprofile der PV- und der KWK-Anlage gut ergänzen, kann aufgrund der zusätzlichen Investitionskosten für die KWKA die Wirtschaftlichkeit einer leistungsautarken Anlage nicht wesentlich verbessert werden. 4.2 Kosten/Nutzenanalyse Die Kostenparameter der im Projekt verwendeten PV/Batteriekombination werden verwendet, um die jährlichen Kosten des VRFBatteriesystems zu berechnen. Diese setzen sich aus den Kapitalund Betriebskosten von ca. €12.800 zusammen und stehen maximalen jährlichen Erlösen (Nutzen) von etwa €880 auf dem Spotmarkt bis €2.950 auf dem Sekundärregelenergiemarkt4 gegenüber.

4 Eine Teilnahme von Energiespeichern mit einer Speicherkapazität entsprechend der Pilotanlage am Regelenergiemarkt wäre unter derzeitigen Rahmenbedingungen nicht möglich. Diese Restriktion wurde jedoch für die Ableitung eines Best Case der möglichen Erlöse vernachlässigt (vgl. [2]).

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Dahingehend entstehen jährlich fehlende Deckungsbeiträge in der Höhe von bis zu €10.000, was keinen wirtschaftlichen Betrieb des Speichers auf dem Regelenergie- und Spotmarkt (EEX) zulässt. Wird eine Variation der Kosten- und Bewertungsparameter (±30 % des Originalwerts) vorgenommen, so zeigt Abb. 7, dass sich die Investitionskosten (Capital Expenditures – CAPEX) gefolgt von der Abschreibungsdauer am stärksten auf die Gesamtkosten der Anlage auswirken. Geringeren, aber dennoch signifikanten Einfluss haben der Bewertungszinssatz sowie die Betriebskosten (Operational Expenditures – OPEX) der Anlage. Um argumentieren zu können, welche Kostenreduktionen notwendig sind, damit die VRF-Batterie bei gleichbleibenden Erlösen eine Kosten/Nutzenrelation 1 =1

Förderbedarf der Einsatzstrategie Sehr hoch Hoch

X

Niedrig

X X

X X

X X

X

X

X

X

X X

X

verlauf für den Hersteller des Energiespeichersystems folgende alternative Einsatzbereiche als Kernmarkt für das Batteriesystem heraus: • Backup für Industrieanlagen bei hohen Stromausfallsraten • Insellösungen für Regionen ohne Netzanbindung • Netzunterstützung zur Vermeidung bzw. Verzögerung von Netzausbaumaßnahmen Vor allem wenn eine Erhöhung der Produktionsstückzahl der VRFBatterie erreicht werden kann, ist eine Kostenreduktion zu erwarten. Neben dieser Kostenreduktion wird eine Umsetzung vor allem auch durch eine höhere Dynamik der Strom- und Regelenergiemärkte (z. B. durch neue Marktteilnehmer in den Regelenergiemärkten) aus ökonomischer Sicht signifikant beeinflusst. Es wird empfohlen, das vorherrschende Kosten/Nutzenverhältnis der untersuchten Energiespeicher-technologie laufend zu überprüfen, um, neben den derzeit plausiblen Einsatzbereichen, die Anwendbarkeit der im Projekt untersuchten Strategien entsprechend bewerten zu können. Literatur 1. Appelrath, H. J., Kagermann, H., Mayer, Ch. (2012): Future Energy Grid – Migrationspfade ins Internet der Energie. Berlin: Springer. ISBN: 978-3-642-27863-1. 2. Austrian Power Grid AG – APG (2013): Bedingungen zur Teilnahme an den Ausschreibungen für die Regelenergie. Internet-Adresse: http://www.apg.at/de/markt/ netzregelung/teilnahmebedingungen. Abgerufen am 19.06.2013. 3. Beaudin, M., Zareipour, H., Schellenberglabe, A., Rosehart, W. (2010): Energy storage for mitigating the variability of renewable electricity sources: an update review. Energy Sustain. Dev. doi:10.1016/j.esd2010.09.007. 4. Büsing, Ch. (2010): Graphen- und Netzwerkoptimierung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. ISBN 978-3-8274-2422-8. 5. European Energy Exchange AG – EEX (2011): Historische Daten. Internet-Adresse: http://www.eex.com/de/Downloads. Abgerufen am 04.05.2011. 6. EVN AG (2011a): Energieforschungspark Lichtenegg-Pesendorf. Internet-Adresse: http://www.energieforschungspark.at/. Abgerufen am 23.04.2013. 7. EVN AG (2011b): Energieforschungspark Lichtenegg-Pesendorf, technische Daten der Kleinwindkraftanlage Windsolar 1,5 kW. Internet-Adresse: http://www. energieforschungspark.at/alle_detail.asp?id=keinmesspunkt. Abgerufen am 24.02.2013. 8. Fussi, A., Schüppel, A., Gutschi, C., Stigler, C. (2011): Technisch-wirtschaftliche Analyse von Regelenergiemärkten. In 7. Internationale Energiewirtschaftstagung (IEWT 2011). Wien: Technische Universität Graz – Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation. 9. Gildemeister Energy Solution: Hersteller von VRF-Batteriespeichern, Übermittlung der technischen Daten des VRF-Speicher im Rahmen des Projekts Multifunktionale Speichertechnologien. Internet-Adresse: http://de.cellcube.com/de/index.htm. Abgerufen am 16.06.2013.

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R. Sterrer, W. Prüggler Multifunktionales Batteriespeichersystem

10. Glatz, M., Rezania, R., Prüggler, W. (2011): Multifunctional battery system—storage of renewable electricity generation. In 34th conference of the international association for energy economics (IAEE 2011), Stockholm. 11. Greger, D., Kimla, Ch., Seidl, R., Rimpler, G., Schidler, S., Franz, P., Adensam, H., Volk, B., Knappitsch, F., Hajek, P., Stifter, M., Kathan, J., Clarke, M., Andren, F., Mayr, Ch. (2010): Stabilisierung von Niederspannungsnetzen mittels PV und Vanadium Redox Speichersystemen. Endbericht eines vom Zentrum für Innovation und Technologie – ZIT, der Technologieagentur der Stadt Wien, geförderten Forschungsprojektes. 12. Kazempour, S. J., Moghaddam, M. P., Haghifam, M. R., Yousefi, G. R. (2009): Electric energy storage systems in a market-based economy: comparison of emerging and traditional technologies. Renew. Energy. doi:10.1016/j.renene.04.027. 13. Regelleistung.net – 50Hertz Transmission GmbH, Amprion GmbH, TransnetBW GmbH, TenneT TSO GmbH (2011): Internetplattform zur Vergabe von Regelleistung. InternetAdresse: https://www.regelleistung.net/ip/. Abgerufen am 18.12.2011.

14. Rezania, R., Prüggler, W. (2013): Wirtschaftliche Bewertung der Teilnahme eines stationären Speichersystems an den Regelenergiemärkten Österreichs. Inform.-Spektrum, 36(1), 69–77. 15. Solar Radiation Data – SoDa(2011): Solar Energy Services for Professionals. InternetAdresse: http://www.soda-is.com/eng/services/services_radiation_free_eng.php. Abgerufen am 18.12.2011. 16. Sterrer, R., Nenning, Th., Fechner, H., Prüggler, W., Glatz, M., Rezania, R., Prokschy, H., Reichel, Ch., Ettinger, B., Zechleitner, D., Becker, G., Triendl, Th., Pinzl, M. (2013): Multifunktionales Batteriespeichersystem – MBS-Endbericht. Industrielle Forschung im Rahmen der österreichischen Programmlinie Neue Energie 2020, 3. Ausschreibung (noch nicht veröffentlicht). 17. Yang, B., Makarov, Y., Desteese, J., Viswanathan, V., Nyeng, P., McManus, B., Pease, J. (2008): On the use of energy storage technologies for regulation services in electric power systems with significant penetration of wind energy. In 5th international conference on European electricity market (EEM 2008), Lissabon.

Autoren Roland Sterrer wurde 1972 in Vöcklabruck, Österreich, geboren. Von 1987 bis 1992 besuchte er die HTBLA Vöcklabruck. Seine akademische Ausbildung absolvierte Herr Sterrer 1993 bis 1997 in der Fachhochschule München, Studiengang Physikalische Technik mit Schwerpunkt Technischer Umweltschutz, 1997 und 1998 an der Nottingham Trent University und 2009 bis 2012 an der Fachhochschule Technikum Wien, Master-Studiengang für Erneuerbare Urbane Energiesysteme. Seit 2010 ist Herr Sterrer an der FH Technikum Wien am Institut für Erneuerbare Energie als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lektor tätig.

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Wolfgang Prüggler studierte an der Technischen Universität Wien Elektrotechnik und promovierte im Mai 2010 mit der Dissertation „Business models for active distribution grid management – development and economic impact analysis“ an der Energy Economics Group. Seit 2006 ist er dort als Projektassistent und Projektleiter tätig, wobei die aktuellen Arbeitsschwerpunkte in der Geschäftsmodellierung zur Netzintegration dezentraler Energieerzeuger sowie der Wirtschaftlichkeitsbewertung von Smart Grids-Konzepten und Energiespeichern zu finden sind.

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