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großen Teilen der Welt Hunger herrscht, Wassermangel, Gewalt,. Imperialismus, Umweltzerstörung, Krieg, Trennung, Hass und In- toleranz, statt der Bemühung ...
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Anand Buchwald

POLITIK Eine Zukunft für die Zukunft Mirapuri-Verlag

Über dieses Buch: Wir leben in einer Zeit andauernden Wandels in allen Bereichen des Lebens auf dieser Erde. Das Selbstverständnis der Nationen ändert sich, und unser Globus wächst auf vielen Ebenen langsam einer noch fernen Einheit entgegen. Getragen wird diese Bewegung von Menschen, die dem Obrigkeitsdenken und dem begrenzten Horizont früherer Zeiten im Zuge der zunehmenden Vernetzung und sich verbessernden Kommunikationsmöglichkeiten entwachsen und sich einen neuen Anfang auf der Basis eines neuen Miteinanders wünschen. Wichtiger Bestandteil dieser Bemühungen um einen Wandel ist die Politik, die ja Einfluss auf die meisten Bereiche unseres Lebens hat. Sie ist Teil der gegenwärtigen Probleme und eine der Ursachen so mancher Zwistigkeiten und Kriege. Darum ist es unerlässlich, dass die Politik ihr innewohnendes Potenzial erkennt und entfaltet und ihre Kräfte dazu einsetzt, alles Trennende zu überwinden und nicht nur zu einer friedlichen Koexistenz zu gelangen, sondern zu einem liebevollen Miteinander zu finden. Die Entfaltung dieses noch verborgenen Potenzials ist das Anliegen dieses Buches, so dass die Politik ihren Aufgaben gerecht werden kann und zu einem Motor des Wandels wird. Diesen Wandel in eine Neue Welt hat Michel Montecrossa in den Interludien zwischen den einzelnen Kapiteln leidenschaftlich und engagiert mit seinen Topical Songs besungen.

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MIRAPURI-VERLAG

Anand Buchwald

Politik – Eine Zukunft für die Zukunft

Mirapuri-Verlag

2012 ISBN (Druck) 978-3-86710-089-2 ISBN (epub) 978-3-86710-090-8 ISBN (mobi) 978-3-86710-091-5 ISBN (pdf) 978-3-86710-092-2 © Mirapuri-Verlag, Gauting Gesamtherstellung: Miraprint Offsetdruck, Gauting Interludien: Lyrics and Text: Michel Montecrossa Illustrationen: Anand Buchwald Cover: Anand Buchwald, Mirachandra Klostermann

INHALT 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Die Aufgabe der Politik 9 Interludium von Michel Montecrossa: „Politos and Bankas don‘t give the Answer“ 24 Nation und Bewusstsein 27 Interludium von Michel Montecrossa: „Die Vereinigten Staaten des Planeten Erde“ 48 Erziehung und Bewusstseinsbildung 50 Interludium von Michel Montecrossa: „Another World“ 70 Parteien und politische Meinungsbildung 72 Interludium von Michel Montecrossa: „Intensivstörung“ 48 Demokratie 74 Interludium von Michel Montecrossa: „Planet“ 114 Politik und Religion 116 Interludium von Michel Montecrossa: „World Love Song“ 129 Prinzipien des Rechts 131 Interludium von Michel Montecrossa: „War is Hell“ 149 Zukunftspolitik 150 Kleine Gemeinschaften 150 Wahlen 153 Lobbyismus 161 Wirtschaft 164 Gemeinwohl 171 Kindeswohl 175 Plan B 181 Interludium von Michel Montecrossa: „Sweet Earth“ 184 Eines Tages ... (Erzählung) 186 Interludium von Michel Montecrossa: „Weltfrieden“ 200 Die Gründung der Nation – Sri Aurobindo 202

Die mächtigste Kraft der Welt ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Voltaire

Kapitel 1

Die Aufgabe der Politik Münzen haben üblicherweise zwei Seiten oder Gesichter: eine idelle und eine nominelle. Und auch viele andere Dinge haben zwei oder auch mehr Gesichter oder sogar, wie ein Kristall, unzählige Facetten, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet. Manche Gesichter sind gut erforscht oder liegen offen zutage, während andere nicht in Erscheinung treten, sei es, weil sie nicht beachtet werden, weil sie unsichtbar sind, weil sie sich vor dem Licht verbergen, weil sich niemand mit ihnen auseinandersetzen möchte, weil sie gut versteckt werden, weil ihre Wahrnehmung das eigene Selbstverständnis in Frage stellen könnte, oder was sonst der Gründe mehr sind. Auch die Politik hat mehrere Gesichter: ein öffentliches Gesicht, das mit seinen offensichtlichen und standardisierten Lippenbekenntnissen einer Maske gleicht, und das Gesicht, das die Menschen hinter dieser Maske erahnen und oft fürchten. Und dann gibt es da noch ein inneres, ein ideelles Gesicht, das fast unsichtbar ein vernachlässigtes Dasein fristet, also das weithin unbekannte andere Gesicht der Politik. Das Wort Politik leitet sich von dem griechischen Wort polis ab, und polis bedeutet nicht Polizei, sondern steht für Stadt (oder in der heutigen Zeit mehr für den Staat) oder Gemeinschaft. Was die Politik antreibt, ist aber weniger der Staat als Ausdruck der Gemeinschaft, also von Gemeinsamkeit und Verbundenheit, als

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vielmehr der Staat als eigenständiges Konstrukt, das sich über die Gesellschaft als große Gemeinschaft erhebt, und in dem sich die verschiedenen Politikauffassungen austoben können: Machtgier, Führungsanspruch, Ordnungswut, Regelsucht, Staatssupremat ... Mit Hilfe dieser Werkzeuge nimmt die Politik für sich in Anspruch, die Ordnung der Welt im Großen wie im Kleinen und selbst in Winzigkeiten zu gestalten. Die Folge davon ist, dass die Politik sich anmaßt, Entscheidungen nicht nur über die Köpfe derjenigen hinweg zu treffen, die ihr Wirken mehr oder weniger autorisiert haben, was an sich nicht so tragisch wäre, wenn sie zu wirklichem Fortschritt führen würden, sondern auch ohne ausdrückliches Mandat und gegen den Willen der Bevölkerung durch Herbeiführen von Kriegsgründen und das Anzetteln von Kriegen, seien es nun selbstgeführte oder fremdgesteuerte Kriege oder sei es auch, dass sie durch Agitation, Demagogie oder massive Fehlinformation ein Mandat erschwindeln, wie es zum Beispiel bei 09/11 und dem Krieg im Irak und in Afghanistan deutlich sichtbar war. In solchen Fällen ist das fehlgeleitete Eigenleben der Politik unübersehbar. Die Politik erfüllt nicht ihre Aufgaben, sondern definiert sich diese selbst, und so kommt es, dass in großen Teilen der Welt Hunger herrscht, Wassermangel, Gewalt, Imperialismus, Umweltzerstörung, Krieg, Trennung, Hass und Intoleranz, statt der Bemühung um globale Einheit, Weltfrieden und umfassenden Wohlstand in einer blühenden Welt, was alles Folge von wachsendem Bewusstsein wäre. Eine andere Folge des fehlgeleiteten Selbstverständnis der Politik, aber auch einer – vielleicht sogar bewusst – verdummten Gesellschaft ist, dass das Leben, und nicht nur dessen rechtlicher Aspekt, immer komplizierter wird. Es gibt Subventionen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, Ausgleichszahlungen, Kilometerpauschalen, Freibeträge, Steuern für dies, Steuern für das, versteckte Steuern, Umschichtungen, Umschichtungen der Umschichtungen, verschleierungstaktische Umbenennung altbekannter Phänomene, Paragrafen, Zusatzparagrafen, Änderung zur Änderung der Änderung und jede Menge Versuche, eine größere gefühlte oder objektive Gleichbehandlung oder -misshandlung zu

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erreichen, was nicht zuletzt auch auf eine stetig steigende Klagewut enttäuschter, entsetzter, frustrierter, vereinsamter oder im Anspruchsdenken gefangener Bürger zurückzuführen ist. Es gibt also im Extremfall Menschen, die dem Staat mehr oder weniger komplett die Verantwortung für ihr gesamtes Leben in die Hand gegeben haben (oder welche die staatliche Reglementierungswut dahingehend interpretieren) und solche, die der Meinung sind, der Staat solle sich auf ein Mindestmaß an Aktivität und Einflussnahme beschränken oder dass man auf einen Staat im Zweifelsfalle auch gänzlich verzichten könnte. Nun, einen absolut gerechten Staat gibt es nicht und wird es wohl auch nicht geben. Wenn man von dieser Annahme und diesen Beobachtungen der realen Politik und der tagtäglichen Wirklichkeit ausgeht, dann wird aber klar, dass es so auf Dauer nicht weitergehen kann. Die gegenwärtige Lage ist ein einziges Flickwerk, mag die politische Beschreibung davon auch noch so großsprecherisch und idealisierend klingen. Und man kann auch nicht davon ausgehen, dass die Untertanen in aller Welt das alles ewig mitmachen. Als im 18. Jahrhundert die französische Revolution ihren blutigen Anfang genommen hatte, hatte sie nicht nur ein paar nachwachsende alte Zöpfe abgeschnitten, sondern ihr Programm und ihre Hoffnung für die Welt knapp und prägnant in drei übersichtlichen und leicht verständlichen Worten formuliert: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. An die Verwirklichung des ersten Punktes, der Freiheit, hat sie sich auch gleich ohne Zögern gemacht, zumindest auf der äußerlichen Ebene, denn das schien der drängendste und einfachste Punkt zu sein. Die Gleichheit hat sie dann per Verordnung, einem Mittel der Unfreiheit, verfügt und nie richtig durchsetzen können, was sicherlich auch an der oberflächlichen Deutung des Begriffs der Gleichheit lag, denn auf dieser oberflächlichen Ebene gibt es keine Gleichheit; es gibt nur eine uniformierende Gleichbehandlung. Und die Brüderlichkeit war ohnehin nie mehr als ein pathetisches und poetisches Element, ein abstraktes Konzept von etwas, das sich durch die Verwirklichung von Freiheit und Gleichheit wie von selbst einstellen müsste. Die Brüderlichkeit war immer das Stiefkind der Revolution, weshalb diese auch so blutig

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verlaufen ist. Die Revolution wäre damals erfolgreicher verlaufen, wenn mehr Gewicht auf die Brüderlichkeit gelegt worden wäre, oder die drei Bestandteile zumindest als gleichwertig angesehen worden wären. Heute ist die Welt komplexer geworden, und es scheint so, als könnte man mit diesem Schlachtruf von einst nichts mehr bewegen, geschweige denn eine Erneuerung in der Lage der Welt und des Politikverständnisses anzetteln. Dabei wären diese drei Bestandteile des Mottos der französischen Revolution durchaus geeignet, die Probleme der heutigen Welt zu bewältigen, wenn man sie nur richtig verstehen würde. Statt dessen stellt sich die Frage, wie lange die Menschen, die bisher nur leicht unzufrieden alles hingenommen haben, die immer unhaltbarer werdenden Zustände auf dieser Welt und die Verantwortungslosigkeit der Politik und der sie betreibenden Politiker noch tatenlos mitansehen werden. Die Welt schreit jedenfalls lauter als je zuvor nach umfassenden und durchgreifenden Änderungen, nicht nach unverbindlichen Verlautbarungen und einem weiteren Wust an Zusatzparagrafen. Mit den Mitteln der gegenwärtigen Politik und dem damit zusammenhängenden Politikverständnis sowie mit dem grassierenden Imperialismus scheint dies allerdings kaum machbar. Wir brauchen dafür eine neue Revolution. Und diese neue Revolution muss durchaus nicht so ablaufen, wie die französische vor einem viertel Jahrtausend, obwohl ein solcher Verlauf natürlich auch möglich ist. Und wie damals liegt dieser Verlauf auch heute nicht nur in der Hand der aufbegehrenden und unzufriedenen Masse, sondern auch ganz wesentlich in der Hand der herrschenden Kaste. Der Impuls, der Wunsch nach Veränderung ist da, und durch Verständnis, Erkenntnis und Zusammenarbeit kann man diesem Impuls eine Form und einen Elan geben, der ihn zu einer machtvollen und tiefgreifenden Revolution Aller für Alle macht statt zur Revolution Vieler gegen Einige. Noch ist Zeit, wirkliche Veränderungen in Gang zu bringen, aber die Uhr tickt bereits. Die Revolution damals hat das Konzept der Demokratie in Erinnerung gerufen und die Errichtung demokratischer Strukturen gefördert und gefestigt. Das war sicherlich ein Erfolg, aber was ihre

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eigenen Ideale anging, so hat sie versagt. Waren die Ideale also falsch oder ungeeignet als Mittel der Politik? Das mag wohl so den Anschein haben, aber die Menschen damals sind letztlich an dem gleichen Problem gescheitert wie die angewandte Atomphysik oder die moderne Industrie. Der Macht im einen wie dem Wissen im anderen Fall stand einfach ein ungenügendes Bewusstsein gegenüber. Wenn man sich auf ein wildes Pferd setzt, um es zu zähmen, so braucht man dazu Kraft und Können; wem diese Fähigkeiten abgehen, dem geht im besten Fall das Pferd durch, im schlimmsten Fall war es das letzte, was er in seinem Leben gemacht hat. Und darum haben wir jetzt abgeworfene Atombomben, ein riesiges Arsenal von Nuklearsprengköpfen auf aller Welt, verstrahlte Landstriche, Umweltverschmutzung, eine Klimakatastrophe, und innerhalb von vielleicht fünfzig Jahren haben wir Unmengen an unermüdlich vor sich hin strahlenden Atommüll angesammelt, der unsere Nachfahren auch in 100.000 Jahren noch unangenehm an uns erinnern wird, wenn es denn dann noch Nachfahren von uns geben wird. Aber mit welchem Werkzeug soll die Politik uns nun aus der Klemme helfen? Was ist die wirkliche Aufgabe der Politik? Wie sieht das Selbstverständnis der Politik idealerweise aus? Lag die französische Revolution, die ja die Mutter der modernen Politik ist, mit ihrem Motto wirklich so daneben? Versuchen wir zur Klärung dieser Fragen doch mal herauszufinden, wie man die Ideale der französischen Revolution denn heute interpretieren könnte. Da hätten wir zuerst einmal die Freiheit. Damals bedeutete Freiheit ganz klar die Abschaffung aristokratischer Willkür und der Form von Sklaverei, die sich Leibeigenschaft nannte. Heute würden die meisten Menschen Freiheit dahingehend interpretieren, machen zu können was man will oder zumindest im Wesentlichen selbst über das eigene Leben bestimmen zu können, was dazu führt, dass für viele Menschen Geld und Besitz zum Inbegriff von Freiheit geworden sind. Freiheit in Form von Bewegungsfreiheit und Selbstbestimmung sind in den meisten Industrieländern ein fast selbstverständlicher Anspruch. Aber ist es tatsächlich so einfach, und

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ist es damit schon getan? Wie sieht es mit der Freiheit aus, wenn die Freiheit des Einen die des Anderen beschränkt (eine nie versiegende Quelle zunehmender Nachbarschaftskonflikte)? Offensichtlich ist Freiheit in der Form unbegrenzter Freizügigkeit kein verlässlicher Bestandteil der Politik, denn um jedem ein gewisses Maß an Freiheiten zu gewähren, müssen die Freiheiten auch für alle beschränkt werden. Und schon haben wir unser stetig komplizierter werdendes Netz an Geboten und Verboten, an Regeln und Gesetzen. Dabei sollte man doch eigentlich meinen, dass Freiheit ein einfacher und leicht verständlicher Begriff sei, den jeder verstehen und anwenden kann. Aber dem stehen verschiedene Faktoren gegenüber: Egoismus, Einfühlungsvermögen, Verständnis von Zusammenhängen, Einsichtsfähigkeit... Das sind einige Punkte, von denen das Ausmaß der Freiheit abhängig ist, das der Einzelne für sich beanspruchen kann. Nun gibt es zwei, genaugenommen sogar drei Möglichkeiten, mit denen man zu individueller Freiheit gelangen kann: das Rechtswesen, die Verständnisfähigkeit und die Entdeckung innerer Freiheit. Das Rechtswesen bietet ein fragiles Gleichgewicht, indem es versucht, zwischen dem Recht der Gemeinschaft und dem Individuum wie auch zwischen den Individuen zu vermitteln. Die so vermittelte Freiheit ist sehr grob, weil sie sehr pauschal ist und, wie schon erwähnt, immer wieder neue Unfreiheiten oder Ungerechtigkeiten auftauchen, die zu einer stetigen Nachbesserung, Verfeinerung und damit auch Kompliziertheit führen und dem Einzelnen nicht die für seine individuelle Entwicklung vielleicht nötige größere Freiheit einräumen können. Mit der Verständnisfähigkeit ist es schwieriger und einfacher zugleich. Sie ist im Grunde genommen eine Form der Bewusstseins­ entfaltung, ein Wachsen von Erkenntnis. Dabei geht es nicht um eine Vermehrung schulischen Wissens, sondern um ein stetig zunehmendes, vorurteilsfreies Verständnis nicht nur des menschlichen Seins. Es geht darum, dass der Mensch ein bewusstes Wesen wird, das die Dinge nicht einfach nur als gott- und justizgegeben hinnimmt, sondern sie zu verstehen sucht, das die Interdependenz zwischen ihm, anderen Individuen, der menschlichen kleinen und

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großen Gemeinschaft und die Abhängigkeiten von und in der Natur nicht als Herausforderung, sich durchzusetzen begreift, sondern als Teil eines Zusammenspiels, als Einladung zur Teilnahme am universalen Tanz. Der Mensch muss seinen Platz in der Welt entdecken und bei maximaler innerer Entfaltung Teil des Miteinanders in der großen Gemeinschaft werden, statt weiterhin seine egoistische Ich-Will-Haltung zu kultivieren. Freiheit ist dann keine rücksichtslose Freiheit mehr, die von Gesetzen abgesichert ist, sondern die Freiheit, die man sich und anderen als natürliche Selbstverständlichkeit zugesteht, die Freiheit, die aus Anteilnahme, Harmonie und Verständnis entsteht. Die Freiheit hat aber noch einen weiteren Aspekt, der auch mit der Verständnisfähigkeit zusammenhängt, aber letztlich tiefer reicht. Das beginnt mit der Freiheit der Gedanken. Man sollte meinen, das wäre keine große Sache, denn da niemand in die Gedanken eines anderen hineinsehen kann, kann man dort auch nicht in seiner Freiheit beschränkt werden. Das ist zwar, mechanistisch betrachtet, wahr, aber wenn man erst gelernt hat, genauer hinzusehen, sieht man, dass diese Vorstellung die pure Illusion ist. Es gibt – falls überhaupt – kaum einen Menschen, der in seinem Denken wirklich frei ist. Das fängt damit an, dass das Denkwesen geprägt ist von dem, was man in seinem Leben erlebt hat. Jemand, der ein privilegiertes Leben geführt hat, wird viele Dinge anders beurteilen, als jemand, der in einem Slum aufgewachsen ist oder im afrikanischen Busch. Darum ist jeder Mensch gefangen in seinen Ansichten und Prägungen. Wirkliche Freiheit würde in diesem Zusammenhang bedeuten, dass man in der Lage wäre, alle möglichen Standpunkte einnehmen und verstehen zu können und ohne Vorlieben und Abneigungen eine jegliche Fragestellung zu betrachten und zu entscheiden. Wenn man Vorurteile gegen Schwarze, Juden oder Schwule hat, wird man Vorschlägen und Ideen, die von diesem Personenkreis kommen, eher skeptisch gegenüberstehen und nicht die Vorschläge selbst sehen, losgelöst von der Person. Wenn man Sklave von Vorlieben und Abneigungen ist, welcher Couleur auch immer, so ist man nicht frei. Wenn man eine Meinung teilt, weil sie