Landtag von Baden-Württemberg Mitteilung - VDAI

05.10.2016 - Landtag von Baden-Württemberg. 16. Wahlperiode. 1. Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/ ...
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Landtag von Baden-Württemberg

Drucksache 16 / 698

16. Wahlperiode

05. 10. 2016

Mitteilung der Landesregierung

Bericht der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Gesetz zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes und des Gesetzes zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011

Landtagsbeschluss Der Landtag hat am 25. November 2015 folgenden Beschluss gefasst (Drucksache 15/7690 Abschnitt II): Die Landesregierung zu ersuchen, bis zum 30. September 2016 ein Konzept für eine landesweite, betreiberübergreifende Sperrdatei unter Berücksichtigung der Erfahrung anderer Länder zu erstellen und dem Landtag vorzulegen.

Bericht Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016, Az.: I-0451.1, berichtet das Staatsministerium wie folgt: Die Landesregierung legt nachfolgendes Konzept, welchem auch in der Ministerratssitzung am 4. Oktober 2016 zugestimmt wurde, vor: Konzept zur Einführung einer landesweiten Sperrdatei für Spielhallen in Baden-Württemberg Ausgangslage Das Landesglücksspielgesetz (LGlüG) sah anfänglich eine Verpflichtung von Spielhallenbetreibern vor, im Rahmen einer Einlasskontrolle die Daten ihrer Gäste mit der vom Land Hessen zentral geführten Sperrdatei nach § 23 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) abzugleichen. Ferner mussten die Spielhallenbetreiber Anträge ihrer Gäste, mit denen diese sich sperren lassen wollten (Selbstsperranträge), entgegennehmen und zwecks Eintragung in die Sperrdatei weiterleiten. Diese gesetzliche Verpflichtung wurde vom Staatsgerichtshof Baden-Württemberg – jetzt Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg – in seinem Urteil vom 17. Juni 2014

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Eingegangen: 05. 10. 2016 / Ausgegeben: 10. 10. 2016 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.

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als nichtig beurteilt, weil das Gericht im Staatsvertrag keine ausreichende Rechtsgrundlage für einen solchen Datenabgleich sah. Da die Landesregierung die Einführung eines Sperrsystems für suchtgefährdete Spieler in Spielhallen weiterhin für ein wichtiges Instrument des Spielerschutzes und der Suchtprävention hielt, wurde Ende 2015 als Übergangslösung eine Verpflichtung von Spielhallenbetreibern zur Entgegennahme von Selbstsperranträgen suchtgefährdeter Spieler für die Spielhalle(n) des Betreibers am jeweiligen Standort im LGlüG verankert. Es werden aber weiterhin ein möglichst umfassender Spielerschutz und damit ein Sperrsystem angestrebt, das sämtliche Spielhallen im Land umfasst. Bei der Beratung des Gesetzentwurfs, mit dem die vorstehend beschriebene Übergangslösung beschlossen wurde, hat der Landtag die Landesregierung gebeten, bis zum 30. September 2016 ein Konzept für eine landesweite, betreiberübergreifende Sperrdatei unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Länder zu erstellen und dem Landtag vorzulegen. Mögliche Varianten einer landesweiten Sperrdatei für Spielhallen Zur Einführung einer landesweiten Sperrdatei für Spielhallen in Baden-Württemberg stehen folgende beiden Alternativen zur Verfügung: 1. Einbeziehung der baden-württembergischen Spielhallen in die zentrale Sperrdatei nach § 23 GlüStV Die nach Entwicklung und Erprobung in Betrieb befindliche zentrale Sperrdatei nach § 23 GlüStV erfasst bislang den Bereich der Spielbanken, der Sportwetten und der Lotterien mit besonderem Gefährdungspotenzial (§ 8 Absatz 1, 2 i. V. m. § 23 GlüStV) und damit mehrere und unterschiedliche Glücksspielangebote. Durch Änderung von § 2 Absatz 3 GlüStV könnten auch die Spielhallen in den Wirkungsbereich der zentralen Sperrdatei einbezogen werden. Dies ist bislang nicht der Fall. Eine Änderung des GlüStV wird aktuell auf der Ebene der Staats- und Senatskanzleien erörtert. Auslöser dafür ist eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Oktober 2015. Mit dieser wurde das vom Land Hessen durchgeführte Verfahren zur Erteilung der nach dem GlüStV vorgesehenen 20 Sportwettkonzessionen beanstandet und deren Vergabe einstweilen untersagt. Bei den Erörterungen zur Änderung des GlüStV geht es zwar in erster Linie darum, die Vergabe der Sportwettkonzessionen rechtssicher zu regeln und die Möglichkeiten zum Vorgehen gegen illegale Anbieter zu verbessern. Hessen hatte aber darüber hinaus neben weiteren Änderungen gefordert, eine auch die Spielhallen umfassende Sperrdatei zu schaffen bzw. die Spielhallen in die zentrale Sperrdatei nach dem GlüStV mit einzubeziehen, was von Baden-Württemberg unterstützt wird. Die Verhandlungen zur Änderung des GlüStV sind noch im Gang; eine Beschlussfassung der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist frühestens in der Sitzung im Oktober 2016 möglich. Mit dem Anschluss sämtlicher Spielhallen in Deutschland an das von allen Ländern bereits gemeinsam finanzierte und entwickelte, im Echtbetrieb befindliche zentrale Sperrsystem wäre ein umfassender und bestmöglicher Spielerschutz auch für Spielgäste in Spielhallen erreicht. Der Datenabgleich würde sämtliche Sperreinträge aus allen Ländern und von allen angeschlossenen Spielveranstaltern spielartenübergreifend abdecken. Aus suchtpolitischer Sicht würde mit dieser gesetzlichen Regelung der am weitesten reichende Spielerschutz bewirkt. Für sie spricht zusätzlich, dass die finanziellen und organisatorischen Belastungen zur Etablierung und Führung einer sämtliche Spielhallen mit einbeziehenden Sperrdatei auf alle Länder verteilt werden könnten und die Kosten zur Entwicklung der Datei selbst bereits erbracht sind. Zwar ist der Anschluss sämtlicher Spielhallen in Deutschland an die zentrale Sperrdatei der Länder in den laufenden Verhandlungen zum GlüStV bislang nicht mehrheitsfähig, da – jedenfalls derzeit – die weit überwiegende Mehrheit der Länder nur eine punktuelle, auf den Bereich der Sportwetten beschränkte Änderung des Staatsvertrages befürwortet. Baden-Württemberg wird sich jedoch weiterhin für einen Anschluss der Spielhallen an die zentrale Sperrdatei aussprechen.

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2. Anschluss an das hessische Spielhallensperrsystem Hessen hat unter dem Dach des glücksspielrechtlichen Online-Abfragesystems OASIS (Onlineabfrage Spieler-Status) ein rein spielhallenbezogenes Sperrsystem auf Landesebene entwickelt. Die Anlaufzeit dafür betrug etwa zwei Jahre. Dabei konnte Hessen an die von dort erbrachten Vorarbeiten zur zentralen Sperrdatei nach dem GlüStV anknüpfen. Die zentrale Sperrdatei nach § 23 GlüStV und die hessische Spielhallensperrdatei werden äußerlich getrennt betrieben. Es besteht weder ein Datenverbund zwischen den beiden Dateien noch gibt es eine übergreifende Datenabfrage. Die in Spielhallen gestellten Datenabfragen sind auf die Spielhallen bzw. die Spielhallenbesucher in Hessen beschränkt. Beide Dateien arbeiten aber nach gleichem Muster. Rheinland-Pfalz hat im vergangenen Jahr die Rechtsgrundlage für die Errichtung einer landesweiten Sperrdatei für die dortigen Spielhallen geschaffen. Zur technischen Umsetzung ist ein Anschluss an das hessische System beabsichtigt. Dabei soll die EDV-technische Abwicklung und Betreuung der rheinland-pfälzischen Datenbank durch Hessen erfolgen, die erforderliche Pflege der Sperrdatei als solche (Aktualisierung der Datensätze, Eintragung und Aufhebung bzw. Löschung von Spielersperren) hingegen durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD). Die ADD Trier ist die operativ für ganz Rheinland-Pfalz zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde. Der ADD Trier entsteht für die Wahrnehmung dieser neuen Aufgabe ein Personalmehrbedarf von zwei Stellen des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes. Nach längeren Verhandlungen zwischen RheinlandPfalz und Hessen liegt mittlerweile der Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den beiden Ländern vor. Darüber, wie hoch die Kosten für RheinlandPfalz sein werden, haben beide Länder Stillschweigen vereinbart, der Entwurf der Verwaltungsvereinbarung wird von ihnen derzeit unter Verschluss gehalten, weshalb dazu auch keine Angaben gemacht werden können. Ein Anschluss an das hessische System käme auch für Baden-Württemberg in Betracht, zumal momentan nicht absehbar ist, ob und ggf. wann die MPK zu einer Einigung hinsichtlich des Anschlusses der Spielhallen an die zentrale Sperrdatei nach § 23 GlüStV gelangen wird. Dabei könnte an die Erfahrungen von Hessen und Rheinland-Pfalz angeknüpft werden. Vor allem müsste nicht erst ein eigenständiges neues – und damit auch kostenträchtiges – System allein für Baden-Württemberg entwickelt und implementiert werden, was voraussichtlich mehrere Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Die Details für die Kooperation mit Hessen wären im Wege einer Verwaltungsvereinbarung zu regeln, für die die – noch nicht endgültig abgeschlossene – Vereinbarung mit Rheinland-Pfalz als Vorbild dienen könnte. Dabei wären nicht zuletzt die für das Land zu erwartenden Kosten zu klären. Auch in Baden-Württemberg wäre eine Stelle zu bestimmen, die – wie die ADD Trier – die Sperrdatei für das Land pflegt. Aufgrund von Funktion und Ausrichtung der Datei wäre diese Aufgabe idealerweise einer landesweit zuständigen Stelle mit hoheitlicher Funktion zuzuweisen, der für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Auffassung des Innenministeriums zusätzliche Stellen und Sachmittel vom Land zwingend zuzuweisen wären. Der Bedarf an Stellen und Sachmitteln dürfte angesichts dessen, dass die Zahl der Spielhallen in Baden-Württemberg etwa doppelt so hoch ist wie die in Rheinland-Pfalz, jedenfalls nicht unter dem dortigen Mehrbedarf liegen. Der genaue Bedarf kann erst berechnet werden, wenn aufgrund der Kooperation mit Hessen feststeht, welche konkreten Aufgaben sich für das Land ergeben (Form der Zulieferung der Daten der zu sperrenden Person, Aktualisierung; Aufhebung von Sperren usw.). Ähnlich wie dies in Hessen bereits praktiziert und in Rheinland-Pfalz geplant ist, hätten die Spielhallen eine Grundgebühr für den Anschluss an das Sperrsystem und weitere Gebühren für den laufenden Betrieb (Datenabgleich) zu entrichten. Dabei ist anzustreben, dass die dem Land entstehenden Kosten möglichst weitgehend gedeckt werden. Der Anschluss an das hessische Spielhallensperrsystem eröffnet die Option, zu einem späteren Zeitpunkt einen Datenabgleich über Ländergrenzen hinweg vorzunehmen. Dazu bedürfte es allerdings einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen den beteiligten Ländern. So bestünde in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen

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eine tragfähige Lösung, an die immerhin drei auch räumlich zusammenhängende Bundesländer angebunden wären. Weiteres Vorgehen Da derzeit noch offen ist, ob und – wenn ja – in welchem Umfang eine Änderung des Glückspielstaatsvertrages erfolgt, wird der unter 2. geschilderte Weg weiter verfolgt. Eine Änderung des GlüStV mit einem Anschluss der Spielhallen an die zentrale Sperrdatei nach § 23 GlüStV wäre die weiterreichende Lösung, da sie einen Datenaustausch über die Grenzen sämtlicher Länder hinweg ermöglichen würde und sämtliche Glücksspielarten umfasst. Angesichts der ungewissen Aussichten bezüglich einer Verständigung hierauf in der MPK wird die Landesregierung – die Zustimmung des Landtags vorausgesetzt – auf Basis der bereits vorhandenen Kontakte die Verhandlungen mit Hessen und Rheinland-Pfalz mit dem Ziel einer Einigung aufnehmen und die konkreten Möglichkeiten eines Anschlusses der baden-württembergischen Spielhallen an das hessische Spielhallensperrsystem prüfen und bewerten. Entsprechend kann erst nach Vorliegen aller erforderlichen Daten über eventuelle Mehrbedarfe und deren Deckung beraten werden.

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