Komponenten-Schreibweise und Epsilon-Tensor - Uni Mainz

In der Physik verwendet man gerne Indizes, da man dadurch in kompakter Schreib- weise mit den Koordinaten von Vektoren rechnen kann. Dazu wählt man ...
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Komponenten-Schreibweise und Epsilon-Tensor Florian Jung1 , 16. Oktober 2008

1 Komponentendarstellung von Skalar- und Kreuzprodukt In der Physik verwendet man gerne Indizes, da man dadurch in kompakter Schreibweise mit den Koordinaten von Vektoren rechnen kann. Dazu wählt man meist eine Orthonormalbasis (e 1 , . . . , e n ) des Vektorraums und stellt die Vektoren durch ihre Koordinaten in dieser Basis dar. Im üblichen dreidimensionalen Vektorraum schreibt man einen Vektor a ∈ R3 in der kanonischen Basis also als: 3 ⎛ a1 ⎞ a = ⎜a2 ⎟ = a1 e 1 + a2 e 2 + a3 e 3 = ∑ a i e i . i=1 ⎝a3 ⎠

(1)

Wenn klar ist, welche Werte i in der Summe annehmen kann, lässt man die Grenzen auch gerne weg und schreibt kurz a = ∑ i a i e i . Bei Verwendung der Einstein’schen Summenkonvention lässt man sogar das Summenzeichen weg und notiert ganz kompakt a = a i e i , wobei automatisch immer über doppelt auftretende Indizes summiert wird. Dass dabei gerade die Summenkonvention verwendet wird sieht man auch daran, dass auf der linken Seite im Vergleich zur rechten die Indizes fehlen. Im Folgenden wollen wir die Summationen aber ruhig noch mal ausschreiben. Die Basisvektoren (e j ) j sollen paarweise orthogonal zueinander sein: ei ⋅ e j = 0 und auf Eins normiert:

für i ≠ j

(2)

∣e i ∣ = e i ⋅ e i = 1 . 2

(3)

Um dies kompakter schreiben zu können, definiert man das sogenannte KroneckerDelta δ i j mittels: ⎧ ⎪ ⎪1 für i = j δi j = ⎨ . (4) ⎪ ⎪ ⎩0 für i ≠ j Wie man sieht ist dies eigentlich nur eine andere Schreibweise für die Komponenten der Einheitsmatrix δ i j = 1 i j , die Notation hat sich aber fest eingebürgert. Mit dem Kronecker-Delta lassen sich die Gleichungen (2) und (3) dann zusammenfassen und für eine Orthonormalbasis gilt: e i ⋅ e j = δi j . (5) Das Skalarprodukt von zwei Vektoren a und b kann man damit schreiben als: a ⋅ b = (∑ a i e i ) ⋅ (∑ b j e j ) = ∑ a i b j (e i ⋅ e j ) = ∑ a i b j δ i j = ∑ a i b i , i

j

ij

ij

(6)

i

oder mit Summenkonvention ganz kompakt als a ⋅ b = a i b i . Das Skalarprodukt benutzt man unter anderem für die Definition des Winkels zwischen zwei Vektoren. Es enthält wichtige geometrische Information. 1 http://wwwthep.physik.uni-mainz.de/~fjung/

Komponenten-Schreibweise und Epsilon-Tensor

Außer dem Skalarprodukt definiert man ein Vektorprodukt, welches auch Kreuzprodukt genannt wird, wobei man als Ergebnis wieder einen Vektor erhält: ⎛ a1 ⎞ ⎛ b1 ⎞ ⎛ a2 b3 − a3 b2 ⎞ a × b = ⎜ a 2 ⎟ × ⎜b 2 ⎟ = ⎜ a 3 b 1 − a 1 b 3 ⎟ . ⎝ a 3 ⎠ ⎝b 3 ⎠ ⎝ a 1 b 2 − a 2 b 1 ⎠

(7)

Dieses kann man (formal) auch mit einer Determinante schreiben als: ⎛e1 a × b = det ⎜ a1 ⎝b1

e3 ⎞ a3 ⎟ , b3 ⎠

e2 a2 b2

(8)

oder in der kompakten Komponenten-Schreibweise von oben als: a × b = ∑(∑ ε i jk a i b j )e k = ∑ ε i jk a i b j e k . k

ij

(9)

i jk

Hierfür definiert man die Komponenten ε i jk des sogenannten Epsilon-Tensors (manchmal auch Levi-Cività-Tensor oder total antisymmetrischer Tensor genannt) mittels:2 ε i jk

⎧ +1 ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ = ⎨−1 ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩ 0

falls (i, j, k) gerade Permutation von (1, 2, 3), falls (i, j, k) ungerade Permutation von (1, 2, 3), sonst.

(10)

Bei drei Indizes sind die geraden Permutationen zyklisch, die ungeraden antizyklisch: ε123 = ε231 = ε312 = +1 (zyklische Permutationen) ,

ε321 = ε213 = ε132 = −1 (antizyklische Permutationen) .

Unter Vertauschung von zwei beliebigen Indizes wechselt der Epsilon-Tensor das Vorzeichen, da dadurch eine gerade Permutation zu einer ungeraden Permutation wird und umgekehrt. Konkret heißt das: ε i jk = −ε ji k = ε jki = −ε k ji = ε ki j = −ε i k j . Um die Äquivalenz von Gleichung (9) zur Definition des Kreuzprodukts (7) zu beweisen, betrachten wir die einzelnen Komponenten des getrennt. Nach (9) ist die k-te Komponente von a × b gegeben als: (a × b) k = ∑ ε i jk a i b j = ∑ ε ki j a i b j . ij

(11)

ij

Dann ist: (a × b)1 = ∑ ε1i j a i b j = ε123 a2 b 3 + ε132 a3 b 2 = a2 b 3 − a3 b 2 , ij

(a × b)2 = ∑ ε2i j a i b j = ε231 a3 b 1 + ε213 a1 b 3 = a3 b 1 − a1 b 3 , ij

(a × b)3 = ∑ ε3i j a i b j = ε312 a1 b 2 + ε321 a2 b 1 = a1 b 2 − a2 b 1 , ij

in Übereinstimmung mit (7). Bei Verwendung der Summenkonvention schreibt man wiederum kompakter a × b = ε i jk a i b j e k oder auch (a × b) k = ε ki j a i b j . 2 Der Epsilon-Tensor ist die Physiker-Schreibweise für die – evtl. aus der Linearen Algebra bekannte – Vorzeichen- oder Signum-Funktion sign(π) der Permutation π ∶ (1, 2, 3) ↦ (i, j, k), die zum Beispiel bei der Definition der Determinante auftritt (deshalb auch Gleichung (8)). Explizit gilt die Beziehung ε i jk = sign(π) mit der eben definierten Permutation π.

2

Komponenten-Schreibweise und Epsilon-Tensor

2

Wichtige Identitäten

Für den Epsilon-Tensor gilt folgende wichtige Identität: ∑ ε ki j ε kmn = δ i m δ jn − δ i n δ jm .

(12)

k

Auf der rechten Seite steht das positive Vorzeichen, wenn jeweils die zweiten und die dritten Indizes der beiden Epsilon-Tensoren übereinstimmen, beim negativen Vorzeichen stimmen die zweiten und dritten Indizes kreuzweise überein. Für den Beweis betrachten wir die möglichen Fälle getrennt: 1. Fall: i = j oder m = n Nach der Definition des Epsilon-Tensors (10) ist ε i jk = 0 falls zwei Indizes gleich sind. Die linke Seite ist also Null. Für i = j wird die rechte Seite zu δ i m δ i n − δ i n δ i m = 0 und für m = n zu δ i m δ jm − δ i m δ jm = 0. Damit ist der erste Fall erledigt. 2. Fall: i = m und j = n Für i ≠ j gibt es genau ein k = k0 ∈ {1, 2, 3}, so dass i ≠ k0 ≠ j gilt. Für dieses k0 ist ε k 0 i j ε k 0 i j = (±1)2 = 1, bei allen anderen Summanden ist entweder k = i oder k = j, der Epsilon-Tensor verschwindet also. Insgesamt ergibt sich also 1 für die linke Seite von (12). Für i = j ist die komplette linke Seite dagegen Null. Die rechte Seite ist δ i i δ j j − δ i j δ ji , also 1 für i ≠ j und 0 für i = j, entsprechend stimmt die Relation auch in diesem Fall. 3. Fall: i = n und j = m Die linke Seite ist jetzt ∑ k ε ki j ε k ji = − ∑ k ε ki j ε ki j . Mit der gleichen Argumentation wie im 2. Fall ergibt sich für die linke Seite −1, falls i ≠ j, und 0 sonst. Die rechte Seite ist δ i j δ ji − δ i i δ j j und damit −1 für i ≠ j und 0 sonst, in Übereinstimmung mit der linken Seite. Damit ist Gleichung (12) für alle Fälle bewiesen. Als Folgerung kann man eine weitere Identität zeigen: (13) ∑ ε i mn ε jmn = 2δ i j , mn

es gilt nämlich: ∑ ε i mn ε jmn = ∑(∑ ε mni ε mn j ) mn

n

m

= ∑(δ nn δ i j − δ n j δ i n ) = 3δ i j − δ i j = 2δ i j .

(12)

n

3

Vektor-Identitäten

Als Anwendung von (12) zeigen wir die wichtige Vektor-Identität für das doppelte Kreuzprodukt: a × (b × c) = b(a ⋅ c) − c(a ⋅ b) . (14) Wegen Gleichung (9) gilt: a × (b × c) = ∑ ε i k j a i (b × c) k e j . i jk

3

Komponenten-Schreibweise und Epsilon-Tensor

Die k-te Komponente des Kreuzprodukts b × c kennen wir aus Gleichung (11), wobei man die Summationsindizes umbenennen muss, um Konflikte zu vermeiden. Einsetzen liefert dann: a × (b × c) = ∑ ε i k j a i (∑ ε kmn b m c n )e j . mn

i jk

Man vertauscht im ersten Epsilon-Tensor die Indizes zyklisch, ohne dass sich etwas ändert, zieht die Summe vor und vertauscht die Reihenfolge der Faktoren in den Summanden (das dürfen wir, da die einzelnen Komponenten Skalare sind, und die Multiplikation von Skalaren kommutativ ist): a × (b × c) = ∑ (∑ ε k ji ε kmn )a i b m c n e j = ∑ (δ jm δ i n − δ jn δ i m )a i b m c n e j . (12)

i jmn

i jmn

k

Ausmultiplizieren der Klammer und erneutes Vertauschen der Faktoren liefert: a × (b × c) = ∑ ((δ jm b m e j )(δ i n a i c n ) − (δ jn c n e j )(δ i m a i b m )) . i jmn

Wir verwenden nun die Komponentendarstellung (1) und das Skalarprodukt (6): ∑ δi j ai e j = ∑ ai e i = a

und

i

ij

∑ δi j ai b j = ∑ ai bi = a ⋅ b . i

ij

Damit lassen sich die Summen ausführen und man erhält die versprochene Relation: a × (b × c) = b(a ⋅ c) − c(a ⋅ b) . Als weiteres Beispiel betrachten wir die Relation ∣a × b∣ = a 2 b 2 − (a ⋅ b)2 . 2

(15)

Mit (6) und (9) lässt sich die linke Seite schreiben als: ∣a × b∣ = (a × b) ⋅ (a × b) = ∑( ∑ (ε i jk a j b k )(ε i mn a m b n )) 2

i

jkmn

= ∑ (δ jm δ kn − δ jn δ km )a j b k a m b n .

(12)

jkmn

Ausmultiplizieren der Klammer und Ausführen der Summen über die Delta-Funktionen liefert: ∣a × b∣ = ∑(a j b k a j b k − a j b k a k b j ) 2

jk

= (∑ a 2j )(∑ b 2k ) − (∑ a j b j )(∑ a k b k ) j

j

k

k

= a b − (a ⋅ b) , 2 2

2

wobei im letzten Schritt die Formel (6) für das Skalarprodukt verwendet wurde. Auf die gleiche Weise lassen sich viele andere Relationen beweisen, die in der Physik täglich auftreten, wenn man mit Kreuzprodukten zu tun hat.

4