kompletter Innenteil Buch 2_Auflage

Hamburg mit dem Ziel, Dirigent zu werden. ... Hamburg, München, Berlin, Wien, Paris, Brüssel, ... schloss ich sie doch ins Herz und probierte mit viel Aus-.
964KB Größe 3 Downloads 405 Ansichten
Für meine Schwester Elsa Pauly-Berendsohn

2

EDUARD WOLLITZ

Heiteres und Bedenkliches Erinnerungen aus einem langen Sängerleben

Mit einem Vorwort von Christian Pfarr und zahlreichen Szenenfotos

Are Musik Verlag, Mainz

3

2., erweiterte Auflage "Edition Edelfeder", www.edition-edelfeder.de Are Musik Verlag, Mainz, Mai 2011, www.are-musikverlag.de Copyright ©2012 Are Musik VerlagsGmbH, Mainz Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-92452236-0 Bestellnummer ARE 2236 Grafische Gestaltung: Karin Schatz Fotos Umschlag Vorderseite: "La Roche" in Capriccio von Richard Strauss: © Kaspar Seiffert "Arkel, König von Allemonde" in Pelleas und Melisande von Claude Debussy: © Kurt Saurin Sorani "Schwanda" in Schwanda, der Dudelsackpfeifer von Jaromír Weinberger: privat Foto Rückseite: privat Herstellung: Hohnholt Reprografischer Betrieb, Bremen Printed in Germany

4

Inhalt

Inhalt

Vorwort ............................................................................................................... Blechgeige! ...................................................................................................... Klavier sucht Cello. Cello sucht Klavier! ................................. Weitsicht ............................................................................................................. Stimmentdeckung ...................................................................................... Eine peinliche Situation ........................................................................ Glück in schweren Zeiten ................................................................. Vergeblicher Frühsport! ........................................................................ Leben und Studieren in den Nachkriegsjahren ................ Drei alte Schachteln mit "Duft"! .................................................... Der beinahe Reinfall in Darmstadt .............................................. Ein Pannenstart ............................................................................................ Zuniga, der ausgestopfte Offizier ................................................. Der bedrängte Daland ........................................................................ Wahrheit oder Phantasie? ............................................................... Der überraschte Mörder ....................................................................... Eine gewichtige Dame ............................................................................ Der Sliwo-Witz ........................................................................................... Der gefüllte Zylinderhut .................................................................... Vor Mikrofon und Kamera! ............................................................. Ein Schwan? ................................................................................................ Neue Musik ................................................................................................... Bewunderung bis zum Erbrechen! .......................................... Bangen um ein gutes Ende ............................................................... Die Notschlachtung ................................................................................... Der lange Arm des Dirigenten ..................................................... "Komm in die Gondel..." ................................................................... Die Zauberflöte im Morgenland ................................................. Lachkrämpfe ..................... .............................................................................

Der Untergang der Titanic

..............................................................

Ovationen für einen Opernsänger? ........................................ Vier Grobiane in Eigenregie ............................................................... Ein Tenor kämpft um sein Schwert ............................................ Ein Theater wird renoviert .................................................................. Nachwort ............................................................................................................ Bildnachweis ................................................................................................

8 10 13 15 17 19 22 26 28 37 39 42 43 45 47 49 52 56 59 61 69 72 75 78 81 87 91 96 101 105 108 111 114 118 122 127

5

VITA Eduard Wollitz studierte an der Hochschule für Musik in Hamburg mit dem Ziel, Dirigent zu werden. Man wurde jedoch auf seine Stimme aufmerksam und er begann mit einer Gesangsausbildung. Schon bald war er in Liederabenden in kleinerem Rahmen zu hören. Im Alter von dreiundzwanzig Jahren begann seine Laufbahn als Opernsänger am Staatstheater Darmstadt. Neben einer späteren langjährigen Bindung an das Hessische Staatstheater Wiesbaden war er Gast an vielen Bühnen des In- und Auslandes. Engagements in Hamburg, München, Berlin, Wien, Paris, Brüssel, Amsterdam, Warschau, Venedig, Lissabon, Kopenhagen, Stockholm, Teheran und Los Angeles, führten ihn zusammen mit Dirigenten wie Carlos Kleiber, Kurt Masur, Hermann Scherchen, Nello Santi, Michael Gielen, Ottmar Suitner, Georges Prêtre und vielen anderen. Von gleicher Bedeutung wie die Opernbühne ist für Eduard Wollitz das Konzertpodium. Neben internationalen Konzert- und Oratorienauftritten gilt seine besondere Liebe dem Liedgesang. Im Jahr 1974 wurde Eduard Wollitz Professor für Gesang an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und leitete ab 1985 neun Jahre lang als Dekan den Fachbereich Musik. In den letzten Jahren ist Eduard Wollitz auch als Rezitator zu hören gewesen, wobei das Melodram - eine theatralische Kunstform des 19. Jahrhunderts - in seinem Repertoire stets einen gewichtigen Platz einnahm.

6

Hagen

Götterdämmerung Wiesbaden 1972

7

VORWORT "Comedy is tragedy that happens to other people", beobachtete die britische Schriftstellerin Angela Carter. Was wir als komisch empfinden, stellt sich den unmittelbar betroffenen und handelnden Personen häufig als tragisch dar. Es sind freilich nicht die großen Tragödien, die beim Betrachter Komik erzeugen, sondern die kleinen Missgeschicke und Widrigkeiten des Lebens - vor allem dann, wenn sie in der Vergangenheit liegen. "Gehabte Schmerzen, die hab' ich gern", wusste schon Wilhelm Busch. Besonders der Theaterbetrieb bietet jede Menge Gelegenheit, mit der Tücke des Objekts konfrontiert zu werden: überforderte Regisseure, neidische Kollegen, unzulängliche Requisiten, gesundheitliche Indispositionen. Und doch steht am Ende die Erkenntnis: The show must go on! - frei übersetzt: "Es ist noch immer irgendwie gutgegangen!" Der Sänger, Theatermann und Hochschuldozent Eduard Wollitz erinnert sich in autobiografischen Skizzen an seine Laufbahn als angehender und später professioneller Musiker. Das beginnt in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit (man weiß nicht: soll man neidvoll staunen über das, was damals möglich war, oder eher bedauern, was damals möglich sein musste?), streift die Zeit, als die Rolling Stones noch Linie statt Privatjet flogen und setzt sich bis zu den Zeiten fort, in denen Musik und Kultur nicht mehr selbstverständliches Lebens- oder gar Überlebensmittel waren, sondern ihren Fortbestand unter öffentlicher Förderung rechtfertigen mussten. 8

Da wechseln Hintertreppenkulissen mit exotischen Schauplätzen und glanzvolle Namen mit unbekannten Helden. Ist das Buch von Eduard Wollitz lediglich eine weitere Anekdotensammlung über die Welt der Oper und des Theaters? Keineswegs: es ist zuerst und zuletzt eine Liebeserklärung an den eigenen Beruf. Und gerade das macht es lesenswert. Christian Pfarr

9

Blechgeige! Meine Mutter war eine kluge Frau. Als ich so sieben oder acht Jahre alt war, beschränkte sich meine musikalische Betätigung auf das Blasen einer Mundharmonika. Mit meinem vier Jahre älteren Bruder, der ebenfalls die Mundharmonika blies, riskierten wir die tollsten musikalischen Experimente, vom Badenweiler Marsch über eigene Improvisationen bis zur Barkarole aus "Hoffmanns Erzählungen". Mein Bruder spielte außerdem noch Cello. Er hatte bei einem Onkel Unterricht. Das regte meinen Ehrgeiz an, mich auch an einem größeren Instrument zu versuchen. So wurde der Wunsch nach einer Trompete in mir wach, und das kam so: Eine Trompete ist ein schönes, glänzendes Ding aus Blech mit einer vernehmlichen Stimme. In einem Konzert sah ich voller Bewunderung, wie ein Musiker seine goldglänzende Trompete an die Lippen setzte und einen lauten, strahlenden Ton daraus hervor brachte, der alle anderen Instrumente übertönte. So etwas wollte ich auch können. Ich trug meiner Mutter diesen Wunsch vor und schwärmte begeistert von dem glänzenden Instrument aus Blech mit dem lauten, strahlenden Ton. Meine Mutter nahm meine Begeisterung mit Zurückhaltung auf, wie mir schien. War nicht ihre Stirn sogar ein wenig umwölkt, als ich immer wieder den strahlenden, lauten Ton erwähnte? Da sie aber eine gute Mutter und kluge Frau war, sagte sie nur: "Wir wollen uns das noch einmal überlegen." Das war ja keine klare Absage und Weihnachten war ja bald. Man konnte hoffen! Und was lag am Weihnachtsabend auf dem Gabentisch? 10

Tatsächlich ein Instrument aus Blech! Aber es war keine Trompete, sondern - eine Geige aus Blech, mit vier Saiten darauf und einem kleinen Bogen daneben liegend. Obwohl diese Blechgeige bei weitem nicht so einen lauten Ton von sich gab wie die gewünschte Trompete, schloss ich sie doch ins Herz und probierte mit viel Ausdauer und Geduld, um auf ihr eine erkennbare Melodie hervorzubringen, was mir dann auch gelang. Es war die Barkarole aus "Hoffmanns Erzählungen". Meine Blechgeige klang gewiss nicht schön. Aber sie war in unserer kleinen Wohnung im Vergleich zur Trompete sicher das kleinere Übel - für die Nachbarn, aber auch für meine Mutter. Wie gesagt, meine Mutter war eine kluge Frau!

11