Hintergrund Syrien 15.04.2016

15.04.2016 - Dieser Newsletter ist eine Online-Veröffentlichung des Projektes »Lokale ...... heißt es auch, dass die Behörden in Gaziantep ein Bankkonto zur.
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SWP Hintergrund Syrien 15.04.2016 Petra Becker

Motti der Freitagsdemonstrationen: 25.03.2016: Assad ist die Quelle des Terrors Das Motto bezieht sich auf die Terroranschläge von ISIS in Belgien am 22.03.2016. Die Oppositionsbewegung wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass ISIS nicht wirksam bekämpft werden kann, solange Assad an der Macht ist. Die Zahl der Proteste im Land nimmt wieder zu, seit Ende Februar eine Feuerpause vereinbarte wurde, die wenigstens manchen Landesteilen eine Atempause beschert. https://www.facebook.com/dsi.forum/posts/948830488571162 https://de.qantara.de/inhalt/fuenf-jahre-nach-dem-aufstand-in-syrien-die-revolution-lebt 01.04.2016: Nein zum Föderalismus Das Thema Föderalismus – bereits im letzten Hintergrund vom 23.03.2016 skizziert – bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema. Diskutiert wird das Thema nicht erst, seit die PYD-geführte kurdische Autonomieverwaltung am 17.03.2016 angekündigt hatte, binnen sechs Monaten einen Föderalstaat bilden zu wollen. Auch bei den Friedensverhandlungen in Genf wird Föderalismus als Zukunftskonzept für Syrien diskutiert. Nach wie vor ist die Debatte sehr emotionsgeladen. Viele Kurden werfen den Arabern pauschal vor, die Politik des bisherigen Regimes fortsetzen und die Kurden unterdrücken zu wollen. Viele Araber hingegen werfen den Kurden vor, sie wollten einen eigenen Staat und sich arabisch besiedelte Gebiete im Norden Syriens aneignen, um zu einem zusammenhängenden Staatsgebiet zu gelangen. In der gesamten Debatte wird viel in einen Topf geworfen. Die Kurden werden als Einheit gesehen, obwohl es unter ihnen verschiedene Strömungen gibt, was auch umgekehrt gilt. Sehr gut dargestellt in den beiden Artikeln von Haid Haid (erster und zweiter Link). Die Unterstützung der SDF-Milizen (einem Verbund von PYD-Milizen und kleineren arabischen und assyrischen Gruppen) sowohl durch Russland als auch die USA – beide sehen sie als schlagkräftigste Gruppen im Kampf gegen ISIS – schüren die Gerüchteküche und Verschwörungstheorien. Verstärkt werden diese Ängste durch Medienberichte, nach denen die USA und Russland Syrien aufteilen wollen, sollte Genf III scheitern. (s. a. Motto v. 08.04.) http://www.alsharq.de/2016/iranturkei/tuerkei/der-aufflammende-konflikt-zwischen- arabern-und-kurden-in-syrien/

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https://now.mmedia.me/lb/en/commentaryanalysis/566773-how-do-syrian-kurds-viewattacks-on-opposition-areas http://bit.ly/23tGE9A http://ekurd.net/kurd-autonomy-kerry-putin-plan-2016-04-07 http://bit.ly/1S9GNXl 08.04.2016: Aleppo rächt sich Hintergrund des Mottos sind die Gefechte zwischen Rebellengruppen und kurdischen PYDKräften einerseits und zwischen Rebellengruppen und ISIS andererseits – beides im Raum Aleppo. An den Gefechten beteiligt sind Rebellengruppen, die ein Vordringen der PYD-Kräfte nach Sheich Maqsud, einem überwiegend von Kurden bewohnten Viertel in Aleppo, verhindern wollen. Es geht dabei um nicht weniger als die Sicherung der letzten Zufahrtsstraße, die vom rebellengehaltenen Teil der Stadt ins Umland führt. Würde diese Stellung von der PYD kontrolliert, wäre der Zugang zu Stadt abgeriegelt und Aleppo läge unter Belagerung. Die PYD-Kräfte – in manchen Artikeln wird auch von SDF-Kräften gesprochen (s.o. Motto vom 01.04.) – sollen dabei auch von der syrischen Luftwaffe unterstützt werden. Während dieser Kämpfe kam es am 05.04.2016 zu zahlreichen Toten unter der Zivilbevölkerung des Viertels, verursacht durch Mörsergranatenbeschuss. Die kurdische Menschenrechtsorganisation „Kurdwatch“ spricht von 18 Todesopfern und 60 Verletzten. Die ebenfalls kurdische Menschenrechtsorganisation „Fraternity Center“ berichtet, dass unter den Opfern auch Kinder gewesen seien.

Rebellengruppen rücken gegen ISIS vor Gleichzeitig haben Rebellengruppen in den letzten Wochen einer Reihe von Dörfern entlang der türkischen Grenze erobert, die seit langem von ISIS kontrolliert werden. Die Dörfer liegen in dem arabisch besiedelten Korridor zwischen den beiden kurdisch kontrollierten Gebieten. Es ist anzunehmen, dass das Vorrücken der Rebellen nicht nur zeigen soll, dass sie in der Lage sind, ISIS zu bekämpfen, sondern auch verhindern soll, dass die PYD sich diese Gebiete aneignet.

Regime startet Offensive gegen Aleppo Unterdessen hat das Regime in Damaskus angekündigt, mit russischer Unterstützung Aleppo von den Rebellen zurückerobern zu wollen. Die oppositionelle „Nationale Koalition“ warnte, dass das Regime die ausgehandelte Waffenruhe nutze, um Fakten am Boden zu schaffen. Am Dienstag begannen Regimekräfte mit Unterstützung iranischer Milizen einen Angriff auf den Ort Tell Ais, der aber von den Rebellen zurückgeschlagen wurde. http://www.kurdwatch.org/?e3798 http://fraternity-sy.org/ar/4090 https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=992810714101839&id=49336800071 2782&substory_index=0 http://en.eldorar.com/node/1939 http://wapo.st/1qHJwhM http://www.understandingwar.org/backgrounder/aleppo-warning-update-april-7-2016 https://www.facebook.com/dsi.forum/posts/959690257485185

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http://mobile.reuters.com/article/idUSKCN0X70CW http://en.etilaf.org/all-news/news/syrian-coalition-assad-regime-exploits-truce-to-encirclealeppo.html http://www.nzz.ch/international/naher-osten-und-nordafrika/syrien-konflikt-das-syrischeregime-startet-offensive-auf-aleppo-ld.13383

Sonstige wichtige Entwicklungen Alawiten beziehen Stellung gegen Assad Die „Welt am Sonntag“ hat am 03.04.2016 ein Dokument veröffentlicht, in dem Alawiten aus Syrien sich vom herrschenden Regime distanzieren. An den Recherchen zu den Verfassern des Papiers hatten sich mehrere internationale Medien beteiligt. Die Urheber des Schreibens wollen anonym bleiben. Das ist nicht verwunderlich, da das Assad-Regime bisher alle potentiellen Konkurrenten um die Macht aus der alawitischen Gemeinde ermordet oder verschleppt hat. Prominentestes Beispiel ist der 2012 nach einem Moskau-Besuch verschleppte Abdelaziz Al-Kheir. Die Anonymität wirft aber natürlich auch Fragen nach der Echtheit des Dokuments auf. So wetterte z.B. der alawitische Politiker Louayy Hussein, Vorsitzender der Partei „Building the Syrian State“, dieses Dokument – das in exzellentes Englisch übersetzt ist – könne nur ein Machwerk des britischen Geheimdienstes sein. (Auch die BBC war an der Veröffentlichung beteiligt.) Andere schätzen das Schreiben als echt ein, auch, weil es in dem Text (erster Link) auch um eine umfassende Reform der alawitischen Gemeinschaft geht. Vor allem erklären die Verfasser, sie beabsichtigten, die alawitische Religion offenzulegen. Der Geheimcharakter der Religion habe über Jahrhunderte das Misstrauen der Nachbargemeinschaften genährt. „Die Welt“ bezeichnet die Verfasser des Dokuments als „Beamte, Politiker, Geistliche, Militärs, die so nicht weitermachen wollen“. Interessant ist auch, dass die Verfasser in dem Dokument deutlich darauf hinweisen, dass es sich bei den Alawiten nicht um Schiiten handelt, sondern neben Sunna und Schia um einen dritten – esoterischen – Weg des Islam. Die Abgrenzung von den Schiiten wird an einer weiteren Stelle noch einmal hervorgehoben. Abzulesen ist eine wesentliche Motivation für das Dokument, nämlich neben der Frustration über das Regime, das die Alawiten für den eigenen Machterhalt instrumentalisiert und zehntausende junge Männer in den Tod geschickt hat, auch das tiefe Misstrauen gegenüber dem Iran. Bereits am 09.03.2016 erschien auf der Oppositionsseite „Al-Souria“ (unten ein Link zur Übersetzung durch den „Syrian Observer“) ein Artikel, in dem es heißt, die alawitischen Generäle seien höchst verärgert über das Ausmaß, in dem der Iran die Entscheidungsgewalt in Syrien an sich gerissen habe. Einen weiteren Grund darf man in den schiitischen Missionsbestrebungen in den Alawitengebieten vermuten, die alawitischen Scheichs sowie den freizügigen Alawiten Sorgen bereiten dürfte. http://www.welt.de/politik/article153931109/Erklaerung-der-Alawiten.html http://m.welt.de/print/wams/politik/article153931692/Abkehr-vom-Irrsinn.html http://www.welt.de/politik/ausland/article153931040/Alawiten-wenden-sich-offen-gegenBaschar-al-Assad.html http://www.bbc.com/news/world-middle-east-35941679 http://www.welt.de/politik/ausland/article153957662/Die-wachsende-Gegenmacht-in-AssadsStaatsapparat.html

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https://de.qantara.de/content/islamwissenschaftlerin-lamya-kaddor-sieht-in-alawiten-aufrufgegen-assad-hoffnungsschimmer https://www.facebook.com/louay.hussein/posts/10153384950306927?pnref=story http://www.syrianobserver.com/EN/News/30687/Four_Reasons_Explaining_Syrian_Alawite_ Resentment_Towards_Iranian_Intervention (Eigene Recherchen) Rückeroberung von Tadmor (Palmyra) Die syrischen Regimekräfte haben mit massiver Unterstützung der russischen Luftwaffe und mit Hilfe ausländischer schiitischer Milizen die Stadt Tadmor zurückerobert. Die Operation dauerte vom 07. bis zum 27.03.2016. Das oppositionelle lokale Koordinationskomitee der Stadt meldete in diesem Zeitraum 900 russische Luftangriffe. Bevor die Regimekräfte in die Stadt einrückten, hatte sich ISIS daraus zurückgezogen. Ermöglicht wurde diese Regimeoffensive auch durch den landesweiten Waffenstillstand, der dem Regime erlaubte, anderenorts Kräfte abzuziehen. Für das Regime und Russland ist dies ein wichtiger Propagandasieg. Jahrelang war dem Regime zu Recht vorgeworfen worden, dass es ISIS gar nicht oder nur halbherzig bekämpfe, ebenso wie Russland – ebenfalls zu Recht – vorgeworfen wurde, dass seine Militärintervention in den letzten Monaten nicht ISIS, sondern vor allem den Rebellen gegolten hatte. Die Wiedereinnahmen von Tadmor mit der Ruinenstadt Palmyra soll nun zeigen, dass das Regime willens und in der Lage ist, ISIS aus Syrien zu vertreiben. Russland setzte auch Helikopter und eigene Spezialkräfte am Boden ein, die mit russischen Granatwerfern ausgerüstet waren. Im Nachgang versucht das Regime, den Sieg jetzt medial auszuschlachten, indem es ankündigt, Russland werde Spezialkräfte zur Minenräumung entsenden (sic!), damit die Ruinen nicht weiter beschädigt würden. Der lokale Koordinationsrat der Stadt kommentierte dies auf seiner Facebookseite damit, dass alle Minen bereits durch Regimemilizen ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen gesprengt worden seien. Außerdem lädt das Regime internationale Experten ein, an der Restaurierung der stark zerstörten Altertümer in Palmyra mitzuwirken, obwohl es selbst für einen Teil der Zerstörung in Palmyra verantwortlich war – bevor ISIS anrückte, wie in den letzten beiden Links recht eindrücklich nachzulesen ist. Von den Einwohnern der Stadt ist kaum die Rede. Der Großteil von ihnen soll Richtung Raqqa geflüchtet und die Stadt zu 50% zerstört sein. http://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-syrian-iranian-coalition-seizes-isisheld-palmyra http://www.thedailybeast.com/articles/2016/03/28/putin-and-assad-score-a-major-victoryagainst-isis-after-hitting-syrian-rebels-for-months.html http://www.thenational.ae/world/middle-east/why-the-syrian-regimes-recapture-of-palmyrawas-a-political-move http://www.independent.co.uk/voices/im-from-palmyra-and-i-can-tell-you-after-what-ive-seenthat-the-assad-regime-is-no-better-than-isis-a6961681.html http://www.alhayat.com/articles/14726163 http://www.syrianobserver.com/EN/News/30793/Russian_Bomb_Disposal_Experts_Arrive_Pa lmyra_Russian_Defense_Ministry https://www.facebook.com/PalmyraNewsUpdates/posts/1058018080903823 http://www.middleeasteye.net/columns/palmyra-and-propaganda-assads-latest-game1286614971

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https://de.qantara.de/inhalt/palmyra-nach-dem-is-geisel-in-assads-spiel-mit-dem-westen Hunger bedroht Daraya Obwohl die Vereinten Nationen im Vorfeld des derzeit in Genf laufenden Friedensprozesses beschlossen hatten, dass belagerte Gebiete in Syrien mit Hilfsgütern versorgt werden müssten und dass dieses Thema – da ohnehin völkerrechtswidrig – keine Verhandlungsmasse in Genf sein dürfe, hat sich die Lage in den belagerten Gebieten nicht verbessert. Die UN hatten nach dem Treffen der International Syria Support Group (ISSG) am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz im Januar eine Task Force gebildet, die sich um das Thema kümmern sollte. Dabei sind aber so gut wie keine Fortschritte erzielt worden. Das Regime blockiert weiterhin Lieferungen in die östliche Ghouta, bei einer weiteren Hilfslieferung nach Madaya wurden dringend benötigte Medikamente nicht durchgelassen. Hilfsorganisationen durften Anfang April fünf der 400 akut vom Hungertod bedrohten Menschen aus Madaya evakuieren. Ein Jugendlicher war tags zuvor an Unterernährung gestorben. Zusehends verschlechtert hat sich die Situation in den letzten Wochen im Damaszener Vorort Daraya. Der Ort, in dem noch 6500 - 8000 Menschen leben, wird seit über drei Jahren belagert und bombardiert. Seit drei Jahren gibt es weder Strom noch fließendes Wasser. Die aktuelle Verschlimmerung der Lage ist dem Umstand geschuldet, dass es den Regimekräften gelungen ist, die Stadt von der ebenfalls belagerten Stadt Maadamiyeh abzuschneiden. Die landwirtschaftlichen Flächen zwischen den beiden Städten können jetzt nicht mehr genutzt werden. Am 05.04.2016 veröffentlichten die Frauen von Darayya eine Erklärung, in der sie auf die prekäre Lage in der Stadt aufmerksam machen. Sie fordern, dass die Belagerung aufgehoben wird und bitten die internationale Presse, über ihre Lage zu berichten. „Wir verhungern“ steht auf Plakaten, die die Frauen auf einer Demonstration hochhielten. In einer Pressekonferenz sagte der Vorsitzende der UN-Task Force, Jan Egeland, diejenigen, die Einfluss auf das Regime hätten, müssten mehr Druck auf das Regime zulassen, damit es Hilfslieferungen passieren lasse. Unterdessen meldete die einzige für die 30.000 Bewohner der östlichen Ghouta noch existente Dialysestation, dass sie ihre 18 Patienten nicht weiter versorgen könne, weil medizinische Ausrüstung nicht durchgelassen werde. International wird immer lauter Kritik an den UN-Organisationen geübt, die die humanitäre Hilfe in Syrien umsetzen sollen. Nach einer internen Studie lassen diese sich zu sehr vom Regime gängeln. Sie sollen in den vier Jahren der humanitären Krise nicht einmal genügend Daten über die Bedarfe in den regimekontrollierten Gebieten erhoben haben, weil selbst dies vom Regime untergraben werde. http://english.enabbaladi.net/archives/2016/04/women-daraya-demand-immediate-end-siegefamine-begins/ https://diary.thesyriacampaign.org/an-urgent-call-from-the-women-of-the-besieged-town-ofdaraya/ https://act.thesyriacampaign.org/sign/save-daraya https://www.facebook.com/planetsyria2015/photos/a.1624223567796860.1073741828.16227 79934607890/1750854065133809/?type=3&theater http://www.enabbaladi.org/archives/73222 http://siegewatch.org/#11/33.5151/36.2387

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http://www.theguardian.com/global-development/2016/apr/13/syrias-darayya-needs-airdrops-save-people-starvation-wfp-un http://syriadirect.org/news/after-today-no-more-dialysis-for-18-patients-in-east-ghouta/ http://fxn.ws/1RU0mUE https://www.foreignaffairs.com/articles/syria/2016-03-29/uns-role-sieges-syria?cid=soc-tw-rdr http://en.etilaf.org/all-news/political-news/hrw-assad-regime-continues-to-block-aid-tobesieged-areas.html

Internationale Gemeinschaft / Friedensinitiativen Genf-III-Verhandlungen Heute, am 15.04.2016, hat die dritte Runde der Genf-III-Gespräche begonnen. Eigentlich hatte der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura die Gespräche für den 13.04. angesetzt. Zu diesem Zeitpunkt reisten auch alle an den Verhandlungen beteiligten an – außer der Delegation des Regimes, die angekündigt hatte, dass Mitglieder der Delegation mit den Parlamentswahlen in Syrien beschäftigt seien und erst zwei Tage später anreisen könnten (zu den Wahlen s.u. Regime). Die Erwartungen sind allgemein gedämpft. Nach wie vor liegen die Positionen weit auseinander. Während die Opposition auf der Umsetzung der UN-Beschlüsse und damit auf eine Interimsregierung mit umfassenden Vollmachten drängt, sagte der Delegationsleiter des Regimes, die Opposition solle sich von ihren Träumen verabschieden. Für das Regime sei eine Beteiligung der Opposition an der Regierung denkbar. Dass dies kein akzeptables Angebot ist, liegt auf der Hand, weil damit der gesamte Machtapparat unangetastet bliebe und sich faktisch nichts ändern würde. http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/syrien-un-sicherheitsrat-waffenruhe-kaempfebuergerkrieg-usa http://de.qantara.de/content/un-vermittler-bangt-um-feuerpause-in-syrien-dritte-runde-derfriedensverhandlungen-in-genf

Zwei oder sechs Delegationen? Aus Aktivistenkreisen gab es scharfe Kritik an de Mistura. Der Aktivist Ahmad Kamel schrieb auf seiner Facebookseite, die Opposition sei bei den Gesprächen eklatant unterrepräsentiert. Wörtlich schrieb er: „Lieber Syrer, weißt Du, dass in Genf 100 Delegierte eine Rolle spielen, von denen 80 dem Regime zuzurechnen sind?“ Hintergrund ist, dass de Mistura neben den zwei Hauptdelegationen auch mit anderen Delegationen Konsultationen führt, deren Mitglieder in ihrer Mehrheit aus dem Dunstkreis des Regimes stammen oder bestenfalls niemals öffentlich Partei ergriffen haben. Neben den Hauptdelegationen gibt es die Kairo/Moskau-Delegation, den Frauenrat (s.u.), die auf der russischen Militärbasis Hmeihim gegründete „patriotische“ Opposition und die Gruppe der Vertreter der Zivilgesellschaft. Diese Kritik ist sicherlich wenig differenziert, denn sowohl im Frauenrat als auch unter den Vertretern der Zivilgesellschaft gibt es eine Reihe von integren Leuten, die dem Regime alles andere als nahe stehen, auch wenn sie mit ihren öffentlichen Äußerungen bisher vorsichtig waren. Richtig ist allerdings, dass in der Hmeihim-Delegation und der Moskau/Kairo-Delegation die Personen sitzen, die Moskau im Vorfeld der Genf-Verhandlungen partout in der Oppositionsdelegation sehen wollte.

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Die einzige Gruppe, die nach wie vor nicht direkt vertreten ist, ist die kurdische PYD, deren Vorsitzender Saleh Muslim in einem Meinungsartikel der New York Times schrieb, die Kurden würden aus den Verhandlungen ausgeschlossen. (vgl. dazu letzte Ausgaben des Hintergrundes) De Mistura beteuert, dass die Neben-Delegationen lediglich zu Konsultationrn anwesend seien und keine Rolle in den eigentlichen Verhandlungen hätten. Dass dies trotzdem Risiken birgt, zeigt sich aber z.B. an dem Eklat um den Frauenrat am Ende der Letzten Verhandlungsrunde. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10154184493786180&set=a.1015016596552118 0.328240.777956179&type=3&theater http://www.nytimes.com/2016/04/12/opinion/international/whats-missing-from-the-syriapeace-talks.html?_r=0

Eklat um de Misturas Frauenrat In den syrischen Internetforen wurde heftig über den Frauenrat diskutiert, der den UNSonderbeaufragten Staffan de Mistura bei den syrischen Friedensgesprächen beraten soll. De Mistura stellte den Rat am 22.03. auf einer Pressekonferenz in Genf vor: Nawal Al-Yazigi (als Vorsitzende des Rats) Majdoleen Hassan Rim Turkmani Diana Jabbour Sawsan Zakzak Asma Kuftaro Insaf Hamad Nubihar Mustafa Raja Al-Telli Munira Huweija Muna Ghanem Der Frauenrat erklärte, dass er auf Wunsch der syrischen Frauen zustande gekommen sei, weil die syrischen Frauen in Genf repräsentiert sein wollten. Sie strebten eine Frauenquote von 30% an und ihre Aufgabe sei es nicht nur, über Frauenrechte zu diskutieren, sondern sie seien gehalten, zu jedem der in Genf diskutierten Themen Stellung zu beziehen. Dann verlasen sie zwei erste Forderungen: 1.

Die umgehende Freilassung aller Gefangenen (angefangen mit den friedlichen Aktivisten) und die Freilassung von Entführten aller Seiten sowie die Aufklärung über das Schicksal der Vermissten

2.

Die umgehende Aufhebung der Sanktionen gegen das syrische Volk, da sie zu einem Mangel an Versorgungsgütern und Medikamenten führten.

Während die Regimepresse diesen Auftritt goutierte (Aufhebung der Sanktionen) brach in den Oppositionsmedien und -foren ein Sturm der Entrüstung los. In einer Sendung von Orient TV wurde behauptet, diese Frauen repräsentierten in keiner Weise die syrischen Frauen (keine der vier Frauen auf dem Podium trug ein Kopftuch), es seien unter ihnen höchstens eine oder zwei respektable Frauen und die 30%-Quote sei eine Provokation, da de Mistura sehr genau wisse, dass die streng religiösen Rebellengruppen keine solche Quote akzeptieren würden. Vor allem aber wurde die Forderung nach Aufhe-

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bung der Sanktionen kritisiert, zumal erklärt wurde, diese führe zu einem Mangel an Medikamenten, ohne aber mit einem Wort zu erwähnen, dass das Regime hunderttausenden Menschen Medikamente absichtlich vorenthält. Auch wurde nicht die Aufhebung der Belagerungen gefordert. Auch von syrischen Frauenorganisationen kam Kritik. Das „Syrische Frauennetzwerk“ erklärte, die Forderung nach Aufhebung der Sanktionen stelle einen klaren Verstoß gegen die Prinzipien des Dachverbandes „Syrische Frauen für Frieden und Demokratie“ dar, dem auch das Frauennetzwerk angehört. Dieses hatte sich 2013 formiert und auch bei den GenfII-Verhandlungen 2014 eine Rolle gespielt (s. 2. Link). Mehrere Vertreterinnen dieses Dachverbandes sitzen im Frauenrat. Auch die „syrische Frauenlobby“ kritisierte die Forderung nach Aufhebung der Sanktionen und sagte, diese dürften erst aufgehoben werden, wenn eine Übergangsregierung gebildet sei und dass die Menschen in Syrien nicht wegen der Sanktionen hungerten, sondern wegen der Belagerungen. Orient News kritisiert, dass in dem Rat auch glühende Regimeanhängerinnen sitzen wie die Direktorin des syrischen Fernsehens, Diana Jabbour, die Baath-Funktionärin Insaf Hamad und die stellvertretende Vorsitzende der Bewegung „Building the Syrian State“, Muna Ghanem, die von vielen Oppositionellen weiterhin als Regimevertreterin gesehen wird, obwohl sie sich im letzten Jahr – ebenso wie der Vorsitzende Louayy Hussein – ins Ausland abgesetzt hatte. Zuletzt hatte sich Muna Ghanem einen Shitstorm auf Facebook eingehandelt, weil sie nach der Befreiung Tadmors (s.o.) die „heldenhafte syrische Armee“ feierte. Diese Kritik blendet m.E. aus, dass ein Gremium, das die Verhandlungen begleitet, natürlich Vertreterinnen beider Seiten vereinen muss. Der Vorwurf, es säßen keine oppositionellen Frauen in dem Gremium, trifft auch nicht zu. Mindestens fünf von ihnen sind in der Opposition aktiv, während weitere eher vermieden haben, sich zu positionieren. Die harsche Kritik auf Orient TV an der syrischen Religionsgelehrten Asma Kuftaro ist ebenfalls unberechtigt, denn diese ist zwar die Enkelin des ehemaligen Großmuftis von Assads Gnaden, ist aber selbst seit 2012 im Ausland und in Oppositionsgremien aktiv. Berechtigt ist allerdings der Hinweis darauf, dass die Sunnitinnen in diesem Gremium deutlich unterrepräsentiert sind. Mindestens sieben der Frauen gehören religiösen Minderheiten an. Man kann sich fragen, ob das klug ist. Kritik kam von vielen weiteren syrischen Aktivistinnen, wie Marcell Shehwaro, Zeinah Erhaim und Oula Ramadan, nachzulesen im letzten Link. http://bit.ly/1TBTz3b http://www.unwomen.org/en/news/stories/2014/1/press-release-on-syrian-women-meeting http://bit.ly/207U31T http://bit.ly/1ScgkWb https://www.youtube.com/watch?v=zyOz5r1nJ6g&feature=youtu.be&list=PL906Y6OrlAXiOg 2OuG-ZYS5SQoCyHSUy3 http://www.souriat.com/2016/03/20801.html http://all4syria.info/Archive/303090 https://mobile.mmedia.me/lb/en/commentaryanalysis/566794-dont-misrepresent-syrianwomen-again

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http://swnsyria.org/?p=4463 http://swnsyria.org/?p=4509 http://bit.ly/1RWkfKI

De Misturas 12-Punkte-Plan Am Ende der letzten Runde waren beide Verhandlungsdelegationen mit einem 12-PunkeDokument im Gepäck abgereist, das sie bis zur nächsten Runde diskutieren sollten (erster Link). Das Papier war offenbar auf der Grundlage eines Arbeitspapieres entstanden, das die Opposition im Verlauf der zweiten Runde an de Mistura übergeben hatte. Das geht aus einem Bericht der Internetzeitung „all4syria“ hervor, die den ursprünglichen Text veröffentlicht hat (zweiter Link). In dem Bericht werden die Änderungen aufgezeigt und kritisiert. Unter anderem geht es um den Verbleib Assads, dessen Schicksal in de Misturas Version offen bleibt. Auch gibt es Befürchtungen hinsichtlich der Flüchtlinge und ihres Rechtes, sich an den Wahlen zu beteiligen. Viele der Einwände gegen das de Mistura-Papier zeugen von großem Misstrauen in diplomatische Prozesse, was man den Syrern nicht verdenken kann. Aber es gibt auch differenziertere Stimmen wie die des ehemaligen Generalsekretärs der Nationalen Koalition, Nasr Hariri, der erklärte, auch wenn der Abgang Assads nicht dezidiert ausbuchstabiert sei, müsse das nicht heißen, dass er am Ende des Prozesses an der Macht bleiben werde. Zu erwarten war Kritik an der 30%-Quote für Frauen aus der Muslimbruderschaft. In jedem Fall kommt die Oppositionsdelegation gut vorbereitet nach Genf, mit einem 29 Punkte umfassenden Papier, das die strittigen Punkte noch einmal benennt, eine Reform von Armee und Sicherheit fordert, sowie eine Auflösung des Parlaments. http://www.voltairenet.org/article190914.html http://all4syria.info/Archive/302333 https://www.zamanalwsl.net/news/69831.html#.VvjqaaXKwpc.facebook http://all4syria.info/Archive/302810 http://aljumhuriya.net/34739?platform=hootsuite http://www.alhayat.com/articles/14946317

Vereinbarte Feuerpause immer brüchiger Die vereinbarte Feuerpause wird unterdessen immer brüchiger. Inzwischen wird fast landesweit wieder gekämpft. Waren es in den ersten Wochen der Feuerpause so gut wie ausschließlich Regimekräfte und Russland, die die Waffenruhe brachen, haben in den letzten Wochen auch die Rebellen den Kampf vielerorts wiederaufgenommen und versuchen, Gebiete, die in den letzten Wochen und Monaten vom Regime oder den kurdisch geführten SDF-Kräften erobert worden waren, zurückzuerobern. Das gilt vor allem für die Provinzen Aleppo und Lattakia. Russland und das Regime brachen die Feuerpause darüber hinaus in der Provinz Hama und im Umland von Damaskus, wo am 31.03.2016 in der Ortschaft Deir Al-Asafir 32 Zivilisten bei Luftangriffen ums Leben kamen. Die örtlichen Aktivisten berichten von 14 Angriffen, die auch eine Schule und eine Klinik trafen. Das „Violation Documentation Center“ dokumentierte den Tod von 32 Zivilisten, unter ihnen 18 Kinder und 9 Frauen. Das „Syrische Netzwerk für Menschenrechte“ dokumentierte allein im März 623 zivile Tote durch Kampfhandlungen.

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http://bit.ly/1S9v48Y https://www.hrw.org/news/2016/04/12/syria-indiscriminate-attacks-ongoing-despitecessation-hostilities https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=1597354723923310&id=1000094639 43563&fref=nf

http://bit.ly/1RY6HyD http://en.eldorar.com/node/1901 http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-berlin-wirft-baschar-al-assad-schweren-bruchder-waffenruhe-vor-a-1085124.html http://syriadirect.org/news/east-ghouta-a-war-zone-despite-truce-%E2%80%98warplanesbegan-flying-this-morning%E2%80%99/ http://sn4hr.org/blog/2016/04/01/19909/

Diskussion um Verfassung Auf der Agenda steht bei dieser Runde auch eine neue Verfassung. Argwöhnisch betrachtet werden von der Opposition Verfassungsentwürfe, die von der „Hmeihim“-Gruppe unter Anleitung von Russland erstellt worden sein und zwischen den USA und Russland kursieren sollen. Menschenrechtsanwalt Anwar Al-Bunni schrieb dazu, es sei schädlich, in dieser Phase mit Verfassungsentwürfen zu kommen. Auch im UN-Fahrplan des Friedensprozesses ist dieser Punkt eigentlich erst nach Bildung einer Übergangsregierung angesetzt. http://all4syria.info/Archive/303895 http://www.bloomberg.com/news/articles/2016-04-07/u-s-russia-said-to-team-up-to-draft-syrias-new-constitution http://www1.adnkronos.com/AKI/Arabic/Politics/?id=3.2.1611434761

Opposition / Zivilgesellschaft (s.o. Internationale ..)

Regime (s.o. Internationale …) Parlamentswahlen am 13.04. abgehalten Das Regime hat wie angekündigt am 13.04. Parlamentswahlen abgehalten. Die Wahlen werden allgemein als Versuch Assads gesehen, den Genfer Friedensprozess zu unterlaufen, an dessen Ende freie Wahlen unter Aufsicht der Vereinten Nationen stehen sollen. Deutschland und andere westliche Staaten erklärten, dass diese Wahlen keinerlei Bedeutung hätten. Selbst Russland hatte im Vorfeld erklärt, die Wahlen würden nicht zu einer Änderung des UN-Friedensplanes führen. Gewählt wurde ohnehin nur in den regimegehaltenen Gebieten. Auch die Millionen ins Ausland geflohener Syrer konnten sich nicht beteiligen. Selbst die vom Regime geduldete „Inlandsopposition“, die in der Oppositionsdelegation in Genf vertreten ist, rief zum Boykott der Wahlen auf. http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-scheinwahl-ist-ein-affront-von-baschar-al-assada-1086791.html

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http://alwatan.sy/archives/49124 Weiter Proteste in Sweida wegen entlassener Lehrer In Sweida gibt es weiterhin Schülerproteste gegen die Entlassung von 60 Lehrern, die aus dem Schuldienst entlassen worden waren, weil sie sich dem Reservedienst entzogen hatten. http://syriadirect.org/news/students-demonstrate-in-suwayda-in-support-of-teachers-whorefuse-military-service/ http://www.souriyati.com/2016/04/08/47386.html Panama-Skandal erreicht auch Assad-Clan In den „Panama-Papers“ sind auch Informationen über den Assad-Clan aufgetaucht, nach denen Assad selbst, seine Frau Asma und sein Cousin Rami Makhlouf, der Schatzmeister des Assad-Clans, über Strohmänner Geschäfte abgewickelt haben, um die Sanktion gegen sie zu umgehen. http://www.welt.de/politik/ausland/article153997678/Assads-Schatzkanzler-steht-auf-derPanama-Liste.html http://syrianobserver.com/EN/News/30843/Panama_Papers_Mossack_Fonseca_HSBC_Had_D ealings_With_Assad_Cousin_Despite_Sanctions http://www.theguardian.com/news/2016/apr/05/mossack-fonseca-panama-papers-ramimakhlouf-syria-assad-hsbc http://www.theguardian.com/news/2016/apr/05/panama-papers-assad-fixer-london-property Regime macht neue Geschäfte mit Flüchtlingen Wie im letzten Newsletter berichtet, haben die libanesischen Sicherheitsbehörden im März verfügt, dass syrische Flüchtlinge, die aus Europa nach Syrien zurückkehren möchten, nur dann wieder in den Libanon einreisen dürfen, wenn sie einen regulären Ausreisestempel aus der Türkei haben, also nicht illegal gereist sind. Das Rätselraten um den Zweck dieses Beschlusses hat nun ein Ende: Es gibt eine neue Vereinbarung zwischen der Firma Cham Wings, die dem Assad-Clan gehört, und den libanesischen Behörden, nachdem rückreisewillige Syrer mit Flugzeugen von Cham Wings nach Qamishli und von dort aus weiter nach Damaskus geflogen werden können. Den Reisenden wird dafür ein Transitvisum von 12 Stunden Dauer ausgestellt. Eine Weiterreise auf dem Landweg ist danach nicht gestattet. http://english.enabbaladi.net/archives/2016/03/cham-airlines-announces-new-route-refugeesreturning-europe/ http://all4syria.info/Archive/302477 Neue Bestimmungen zu syrischen Reisepässen Nach einem Bericht der syrischen Tageszeitung „Al-Watan“ hat das syrische Innenministerium per Beschluss 687 verfügt, dass Reisepässe für Syrer im Ausland jetzt auch für die Dauer von sechs Jahren ausgestellt werden können. Bedingung ist, dass man den Militärdienst abgeleistet hat oder vom Militärdienst freigestellt ist und dass kein Haftbefehl vorliegt. http://bit.ly/1VV3l0o http://alwatan.sy/archives/47036

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Regime verhaftet Menschenrechtler Jdea Nofal Der Menschenrechtler Jdea Nofal ist am 01.04. bei dem Versuch einer Ausreise in den Libanon festgenommen worden. Von ihm fehlt seither jedes Lebenszeichen. Der 65 Jahre alte Lehrer stammt aus Sweida und war in den 90er Jahren bereits für fünf Jahre wegen seiner politischen Aktivitäten inhaftiert gewesen. http://www.syrianobserver.com/EN/News/30805/Assad_Regime_Arrests_Head_Center_Civil_ Society_Democracy_Syria http://all4syria.info/Archive/303914 http://www.auswaertigesamt.de/sid_42E45479068A8740C772EEF266791476/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2016/ 160409_Kofler_verurteilt_Inhaftierung_Menschenrechtler.html

ISIS (s.o. Freitagsmotti) ISIS erneut in Yarmouk In den vergangenen Wochen hat sich ISIS erneut im belagerten Damaszener Palästinenserviertel Mukhayyam Al-Yarmouk ausgebreitet. Die Internetseite „Syria Direct“ berichtet am 13.04.2016 davon, dass Bewohner seit Tagen ihre Häuser nicht verlassen könnten, weil es einen Scharfschützenkrieg zwischen ISIS und der vorher im Lager anwesenden Jabhat AlNusra gebe. Auch in Deraa gibt es seit Wochen Kämpfe zwischen örtlichen Rebellengruppen und ISIS. Erstere versuchen letztere aus der Provinz zu vertreiben. http://syriadirect.org/news/islamic-state-nusra-snipers-shooting-%E2%80%98everything-thatmoves%E2%80%99-in-yarmouk-camp-as-residents-trapped-inside-without-water/ https://www.greenpeace-magazin.de/nachrichtenarchiv/widerstand-gegen-die-belagerung http://en.eldorar.com/node/1911 https://zamanalwsl.net/news/69926.html http://www.syrianobserver.com/EN/News/30817/ISIS_Retreats_Daraa_Town_Heit_Escapes_Si ege http://all4syria.info/Archive/305719

Kurdische Gebiete (s.o. Freitagsmotti)

Flüchtlinge / Nachbarländer Abschiebungen und neue Aufenthaltsbestimmungen in der Türkei Die Türkei bietet Syrern, die ihre Aufenthaltserlaubnis unerlaubt überzogen haben, die Möglichkeit, ihren Status zu legalisieren. Sie müssen nicht wie bisher ausreisen und erneut einreisen, was nach der Einführung der Visapflicht für Syrer auch schwer sein dürfte. Notwendig sind dazu aber ein gültiger Reisepass, eine Krankenversicherung und 432 Türkische Pfund (etwa 130 Euro). Man bekommt dann ein Touristenvisum.

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Aufhebung des Flüchtlingsstatus Gleichzeitig muss man aber die UNHCR-Karte abgeben. Sie wird ungültig gemacht. Man gilt somit nicht mehr als Flüchtling und untersteht auch nicht mehr dem Schutz des UNHCR. Das berichtet der syrische Oppositionssender „Orient“ mit Bezug auf Behörden in Istanbul. In dem Artikel heißt es auch, dass die Behörden in Gaziantep ein Bankkonto zur Bedingung machten.

Abschiebungen am Grenzübergang Bab Al-Hawa Unterdessen berichtet die Zeitung „Enab Baladi“ am 28.03.2016, dass Grenzbeamte am Grenzübergang Baba Al-Hawa (zwischen der Türkei und dem rebellenkontrollierten Idlib) innerhalb eines Monats rund 800 Abschiebungen gezählt hätten. Die türkischen Behörden hätten keine Auskunft über die Abschiebungsgründe gegeben. Bei den abgeschobenen Personen habe es sich aber durchweg um Syrer gehandelt, die ohne jegliche Personalpapiere gewesen seien. http://bit.ly/262Oztn http://www.enabbaladi.org/archives/71494 Bedrohung durch ISIS in der Türkei Syrische Oppositionelle sind auch in der Türkei vor ISIS nicht sicher. Seit Herbst sind mindestens drei Aktivisten in der Türkei von ISIS ermordet worden. Am 10.04.2016 wurde erneut ein syrischer Journalist in Gaziantep auf offener Straße erschossen. Der 36-jährige Fernsehmoderator Zahir Sharqat konnte noch ins Krankenhaus gebracht werden, erlag seinen Verletzungen aber zwei Tage später. Dass dies keine Einzelfälle sind, verdeutlicht die Reportage über eine junge Syrerin, die in Istanbul für die Medienaktivisten der Gruppe „Raqqa ist being slaughtered silently“ arbeitet (letzter Link). http://www.hurriyetdailynews.com/syrian-journalist-shot-in-turkeyssoutheast.aspx?pageID=238&nID=97609&NewsCatID=509 http://en.etilaf.org/all-news/local-news/syrian-media-activists-tv-presenter-zahir-sharqat-diesat-hospital.html http://voices.nationalgeographic.com/2016/04/07/pushed-across-the-border-when-europe-isnot-a-choice/ Immer noch 50.000 Flüchtlinge an der jordanischen Grenze Die Situation an der syrisch-jordanischen Grenze, wo 50.000 Menschen darauf warten, nach Jordanien zu gelangen, hat sich in den vergangenen Monaten nicht verbessert. http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/04/jordan-syria-refugees-border-blocksmedical-care-unhcr.html#

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Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Region (UN-Statistik) Insgesamt:

4, 8 Mio

davon in der Türkei: im Libanon: in Jordanien: im (Nord)-Irak: in Ägypten: Nordafrika:

2,7 Mio 1,1 Mio 640.000 250.000 120.000 30,000

Binnenvertriebene: 6,6 Mio (Daten vom 14.04.2016) http://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php http://syria.unocha.org/

Humanitäre Lage Folter in syrischen Gefängnissen hält an Das syrische Netzwerk für Menschenrechte hat für den Monat März 45 Fälle von Foltertoten dokumentiert. 42 davon gehen auf das Konto des Regimes, zwei auf ISIS und einer auf das Konto der Rebellen. Hinter dem letzten Link verbirgt sich eine höchst interessante Reportage des „New Yorker“ über die Arbeit der Organisation CIJA, die Dokumente über Menschenrechtsverbrechen in Syrien zusammenträgt. Sie verschafft einen Einblick in die Arbeitsweise der Organisation und in die Machtstrukturen des syrischen Regimes. http://sn4hr.org/blog/2016/04/02/19943/ http://foreignpolicy.com/2016/02/08/how-assads-prisoners-die-syria-torture/ http://www.telegraph.co.uk/news/2016/04/12/syria-war-crimes-investigators-amass-strongestevidence-since-nu/ http://www.newyorker.com/magazine/2016/04/18/bashar-al-assads-war-crimes-exposed Dollarpreis steigt auf 500 SP Das syrische Pfund fällt weiter und erreichte am 27.03.2016 den bisherigen Tiefstand von 550 SYP / Dollar. Derzeit bewegt sich der Dollarpreis um die 500 SYP. http://www.all4syria.info/Archive/302396 http://bit.ly/262Oztn http://bit.ly/1W3kuW1

Militärische Lage (s.o.) Zustand der syrischen Armee Ein Artikel des „Telegraph“ beschäftigt sich am Beispiel der Schlacht um Tadmor (s.o. Sonstige wichtige Entwicklungen) mit dem Ausmaß, in dem das Regime sich inzwischen auf

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ausländische Söldnertruppen stützen muss. Hinter dem zweiten Link befindet sich eine Reportage der BBC über im Iran rekrutierte afghanische Söldner. Aus iranischen Militärkreisen hieß es Anfang April, der Iran werde noch mehr Militärberater aus der 65. Brigade nach Syrien entsenden. http://www.telegraph.co.uk/news/2016/04/09/where-are-the-syrians-in-assads-syrian-arabarmy/ http://www.bbc.com/news/world-middle-east-36035095 http://sdusyria.org/?p=27165 http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-iran-idUSKCN0X81IR Aktuelle Lagekarte https://pietervanostaeyen.wordpress.com/2016/04/04/syria-map-update-dd-april-3-2016/

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