Giftiger Garten Eden 2016

onicotinide leiten sich von Nikotin ab und sind extrem wirksame Nervengifte. Sie schädigen Land- und Wasserinsek- ten sowie weitere Wasserlebewesen in ...
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Giftiger Garten Eden 2016

Bienengifte in Österreichs Baumärkten und Gartencentern

Inhalt Zierpflanzen in Österreich Pestizide in Zierpflanzen

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Sortiment der Baumärkte und Gartencenter

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Zusammenfassung und Forderungen

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Anhang

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Quellen

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Impressum Greenpeace in Zentral- und Osteuropa Fernkorngasse 10 1100 Wien Tel. +43 1 545 45 80 Fax +43 1 545 45 80-98 [email protected] www.greenpeace.at Stand April 2016

Zierpflanzen in Österreich Österreich ist ein Land der begeisterten Gärtnerinnen und Gärtner. Mit ihrer Leidenschaft tragen sie nicht nur zu mehr Grün in unseren Wohngegenden bei, sondern schaffen auch Lebensraum und Nahrungsangebot für eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen. Für bestäubende Insekten sind Zierpflanzen eine attraktive Nahrungsquelle* und Studien belegen, dass das reichliche Blütenangebot aus nicht-einheimischen Blütenpflanzen auch eine überraschend artenreiche Wildbienenfauna beherbergt1. Während in der Bevölkerung beim Kauf von Obst- und Gemüsepflanzen bereits ein erhöhtes Bewusstsein für Herkunft, Qualität und gesundheitliche Auswirkungen sichtbar ist, wird bei Zierpflanzen noch wenig über deren mögliche Belastung mit Pestiziden nachgedacht. Und dies mit oft verheerenden Folgen für Insekten wie Bienen, Wildbienen sowie andere tierische Bestäuber, die auf diesem Weg mit den Wirkstoffen in Kontakt kommen: Nach einer europaweiten Erhebung von Greenpeace wurden im Jahr 2014 auf verschiedenen Zierpflanzen eine Vielzahl an bienenschädlichen Pestiziden gefunden2. Greenpeace in Österreich hat 2015 und 2016 weitere Tests durchgeführt und präsentiert hier die aktuellsten Ergebnisse, in Gegenüberstellung mit jenen aus den früheren Erhebungsjahren. Bewertet wurden die nachgewiesenen Pestizide anhand der Greenpeace-Blacklist 20163 mit besonderem Augenmerk auf die Toxizität für Bienen und andere nützliche Organismen.

Greenpeace-Blacklist 2016 hat Greenpeace die dritte Auflage der „Die Schwarze Liste der Pestizide“ („The Blacklist of Pesticides“) veröffentlicht, in der alle 520 zur Zeit in der Europäischen Union erhältlichen Pesitzide nach ihrem Gefährdungspotential für Mensch und Umwelt bewertet wurden. Denn auch wenn Überschreitungen von Pestizid-Grenzwerten in Lebensmitteln in den letzten Jahren seltener geworden sind, hat der Einsatz von Pestiziden am Feld und im Garten nicht abgenommen. Es werden daher regelmäßig hohe Konzentrationen gefährlicher Wirkstoffe in Endprodukten und in der Umwelt gefunden – oft in Kombination mit anderen Pestiziden. Welche Auswirkungen solche PestizidCocktails potenziell gefährlicher Substanzen haben, ist noch nicht sicher vorherzusehen. Mehrfachbelastungen müssen daher vermieden und – als unmittelbarer erster Schritt – maßgeblich verringert werden. Mit der neuen Blacklist hat Greenpeace ein Werkzeug geschaffen, mit dem besonders gefährliche Pestizide identifiziert und prioritär aus dem Verkehr genommen werden können, um die Belastung von Mensch und Umwelt durch den Einsatz von chemischen Wirkstoffen zu verringern. Langfristiges Ziel von Greenpeace ist eine nachhaltige Landwirtschaft, die ganz auf die Verwendung synthetischer Pestizide verzichten kann.

* Beim Kauf von Zierpflanzen ist auf einfache, ungefüllte Blüten zu achten, da nur diese Pollen und Nektar enthalten (im Gegensatz zu gefüllten Blüten). Giftiger Garten Eden Bienengifte in Österreichs Baumärkten und Gartencentern

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Die aktuelle Greenpeace-Untersuchung, durchgeführt im März und April 2016, hatte zwei Ziele: Zum einen wurden Lavendelpflanzen von sieben verschiedenen Baumärkten und Gartencentern in Österreich auf ihre Pestizidbelastung überprüft. Bei dem Duft von Lavendel kommt einem leicht das Summen von Bienen in den Sinn, die um die Pflanze kreisen. Tatsächlich ist Lavendel aufgrund seines reichlichen Nektarangebots besonders attraktiv für Bienen, Wildbienen und Schmetterlinge. Eine Studie aus England hat gezeigt, dass Hummeln Lavendel sogar noch wesentlich häufiger besuchen als Honigbienen, da ihnen ihre langen Zungen eine schnellere Abernte ermöglichen4.

Bestäuber Die Bestäubung ist ein Prozess, bei dem Pollen zur sexuellen Reproduktion von Pflanzen durch Tiere oder Wind transportiert werden. Die Bestäubung durch Insekten ereignet sich häufig auf Pflanzen mit farbigen Blütenblättern und starken Gerüchen, die Insekten wie Bienen, Wildbienen (allein lebende Solitärbienen und Hummeln), Fliegen und manchmal auch Ameisen, Käfer oder Schmetterlinge anlocken. Die Biene ist von diesen am besten erforscht, während es zu den übrigen Bestäubern und ihrer bedrohten Situation weniger Information gibt. Weltweit sind 35 Prozent der Nutzpflanzen auf Bestäubung durch Insekten angewiesen oder steigern dadurch ihre Erträge. Die vom Imker oder der Imkerin gehaltenen Bienen ergänzen die Bestäubungsleistung von Wildbienen und anderen Insekten. Am Beispiel des Apfels fanden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass dieser durch Wildbienen (43 Prozent), Honigbiene (29 Prozent), Fliegen (20 Prozent), Käfer (3 Prozent), Ameisen (1 Prozent) und anderen Insekten ( 4 Prozent) bestäubt wird.5 Seit der Veröffentlichung von Zierpflanzentest-Ergebnissen durch Greenpeace im Jahr 2014 haben sich einige Unternehmen der Branche bewegt. Bauhaus, Dehner, Hornbach und OBI haben begonnen, Maßnahmen zu setzen, um den Einsatz von bienenschädlichen Pestiziden in ihrer Lieferkette einzuschränken. Bellaflora möchte nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren ebenfalls den Einsatz von Pestiziden in der Produktion reduzieren und arbeitet dabei mit externen Expertinnen und Experten zusammen. Starkl kann zwar kein klares Programm, aber zumindest Pilotprojekte vorweisen. Einzig der österreichische Baumarkt Lagerhaus hat noch gar keine Maßnahmen getroffen, um in seiner Produktionskette aufzuräumen. Greenpeace in Österreich hat die Probe aufs Exempel gemacht und sieben Lavendelpflanzen auf Pestizidrückstände untersuchen lassen. Denn alles was in der Pflanze noch nachweisbar ist, wurde mit Sicherheit in der Produktion eingesetzt. Weiters hat Greenpeace sieben Baumärkte und Gartencenter in Österreich zum Verkauf von Pestiziden im Haus- und Kleingartenbereich befragt. Nach der geänderten Pflanzenschutzmittelverordnung, die seit November 2015 in Kraft ist, müssen Pflanzenschutzmittel für den Klein- und Hausgartenbereich für die Anwendung durch den nicht-beruflichen Verwender zugelassen und speziell für eine solche Verwendung gekennzeichnet sein. Diese Produkte dürfen laut der Verordnung nicht schwer abbaubar sein und müssen auch sonst unbedenklich für die Umwelt und Anwenderinnen und Anwender sein.6 Trotz dieser Gesetzesvorgabe sind weiterhin Produkte, die den Bienenkiller Deltamethrin oder die Neonicotinoide Thiacloprid und Acetamiprid beinhalten, für den Haus- und Kleingartenbereich zugelassen. Weil eine mögliche Neuzulassung von Glyphosat durch die EU zum Zeitpunkt der Verfassung des vorliegenden Reports gerade öffentlich sehr kontrovers diskutiert wurde, hat Greenpeace neben den genannten Bienenkillern auch die Verfügbarkeit von Glyphosat in Baumärkten und Gartencentern abgefragt.

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Pestizide in Zierpflanzen Nach den Ergebnissen des internationalen Greenpeace-Reports “A Toxic Eden”, bei dem im Frühjahr 2014 europaweit Zierpflanzen untersucht wurden, hat Greenpeace in Österreich auch 2015 und 2016 Pflanzen auf Pestizidrückstände testen lassen. Im Frühjahr 2016 wurden Lavendelpflanzen aus sieben großen Baumärkten und Gartencentern untersucht. Die Bewertung der Wirkstoffe erfolgte nach der Greenpeace-Blacklist 2016, wobei berücksichtigt wurde, ob die Substanzen in der Greenpeace-Blacklist gelistet wurden sowie ob sie als sehr toxisch für Bienen* oder für nützliche Organismen** wie Marienkäfer, Hummeln oder Schlupfwespen gelten. Die jüngsten Testergebnisse werden im Folgenden auch jenen der letzten zwei Jahre gegenübergestellt, um ein vollständigeres Abbild der Situation zu erhalten. Bei der Gegenüberstellung ist zu berücksichtigen, dass Pflanzensortiment und Anzahl der Proben über die Jahre verändert wurden – sowie, dass die Aufzucht der Pflanzen nicht immer in Österreich erfolgte.

Lavendel-Test 2016

Abbildung 1: Bewertung der 2016 untersuchten Proben In der linken Grafik ist die Anzahl der Pestizide dargestellt, die in den Lavendelproben der einzelnen Baumärkte nachgewiesen wurden, sowie deren Bewertung nach der aktuellen Greenpeace Blacklist. Rechts ist der Mittelwert der Proben von 2016 dargestellt.

* LD50 < 2 µg aktive Substanz/Biene ** letale Rate von 50 Prozent < 5g aktive Substant/ha Giftiger Garten Eden Bienengifte in Österreichs Baumärkten und Gartencentern

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In der aktuellen Analyse wurden in sieben Lavendelproben insgesamt 22 Wirkstoffe gefunden. Von diesen befinden sich 18 aktuell auf der Greenpeace-Blacklist. Acht der nachgewiesenen Pestizide wurden als sehr toxisch für nützliche Organismen eingestuft, fünf davon speziell auch für Bienen: Acrinathrin, lamda-Cyhalothrin und Indoxacarb wurden dabei in je einer, Etofenprox und der Bienenkiller Deltamethrin in je zwei Proben gefunden.

Deltamethrin Das Pyrethroid Deltamethrin stellt eine große Gefahr für Bienen dar, nachdem es für diese schon in sehr geringen Mengen tödlich sein kann. Aber auch schon bei Konzentrationen unter der letalen Dosis kann Deltamethrin Bienenpopulationen durch andere Effekte negativ beeinflussen. Zum Beispiel beeinträchtigt der Wirkstoff die Lernfähigkeit von Bienen und senkt die Anzahl von Sammelflügen und Heimflügen.7, 8 In Laborversuchen wurde festgestellt, dass Deltamethrin eine Vielzahl von Zellfunktionen bei Honigbienen beeinflusst, beispielsweise indem es deutliche Fehlfunktionen in den Herzzellen verursacht, wobei sich Frequenz und Stärke der Herzkontraktionen verändern.9 Studien haben außerdem Wechselwirkungen von Deltamethrin mit anderen Pestiziden, z.B. mit bestimmten Fungiziden, gefunden, aufgrund derer Bienen schon bei sehr niedrigen Dosierungen beeinträchtig werden.7, 10 All diese Effekte führen dazu, dass Deltamethrin schon in niedrigen Konzentrationen die Überlebensfähigkeit von Bienenpopulationen erheblich einschränken kann. Schon seit 2013 steht dieser Wirkstoff daher auf der Greenpeace-Liste der Bienenkiller. Es ist von großer Wichtigkeit für den Schutz der Biene, dass der Einsatz von Deltamethrin allgemein verboten wird. Solange hier die Gesetzgebung säumig ist, ist verantwortliches Handeln von Baumärkten und Gartencentern gefragt, die Deltamethrin-haltige Produkte aus dem Handel nehmen können. Mehrere Baumärkte und Gartencenter haben dies bereits getan. In Abbildung 1 ist dargestellt, wie viele Pestizide in den Pflanzen der einzelnen Baumärkte und Gartencenter nachgewiesen wurden, sowie wie diese laut Greenpeace-Blacklist einzustufen sind. Durchschnittlich wurden sechs Pestizide pro Pflanze gefunden, von denen fünf in der Blacklist enthalten sind, eines als sehr bienentoxisch beziehungsweise ein bis zwei als sehr toxisch für Nützlinge einzustufen sind. Das Maximum von zwölf Pestiziden wurde in einem Duftlavendel aus dem Bauhaus-Angebot gefunden. Die wenigsten verschiedenen Wirkstoffe enthielten mit je zwei Substanzen die Pflanzen von Dehner und Hornbach. In Tabelle 1 werden die untersuchten Baumärkte und Gartencenter bewertet. Am schlechtesten schneidet die BauhausProbe ab, gefolgt von Bellaflora. Im Lavendel von Bauhaus wurden mit zwölf Pestiziden sowohl die höchste Anzahl an Rückständen, an Wirkstoffen aus der Blacklist, als auch an Substanzen, die als sehr toxisch für nützliche Organismen eingestuft wurden, gefunden. Die Bellaflora-Pflanze enthielt acht Pestizide, von denen sechs auf der Schwarzen Liste zu finden sind. Darüber hinaus enthielten die Proben von Bauhaus und Bellaflora die meisten Rückstände von sehr bienentoxischen Substanzen, darunter jeweils auch der Bienenkiller Deltamethrin. Am umweltfreundlichsten zeigte sich der Lavendel, der bei Hornbach gekauft wurde. Diese Probe enthielt Rückstände von zwei Pestiziden in geringen Konzentrationen, von denen keines als sehr toxisch für Bienen oder andere nützliche Insekten eingestuft wurde. Allerdings ist auch hier einer der Wirkstoffe in der Greenpeace-Blacklist enthalten.

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Anzahl Pestizide

Blacklist

Sehr toxisch für Bienen

ÑÑ

ÑÑ

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7

Ñ

ÑÑ

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6

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4

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1

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5

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2

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2

Bewertung:

~ ~

Toxisch für Nützlinge

Anzahl Pestizide [n]:

> 10 ÑÑ

≥ 5 Ñ

5

ÑÑ

≥ 2 Ñ

1

ÑÑ

>0

Ñ

0

Anzahl toxisch für Nützlinge [n]:

>2

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>0

Ñ

0

0 0

Ranking (Platzierung)

P P P P

Tabelle 1: Ranking der Märkte nach den Ergebnissen 2016

Platz Zwei bis Vier erreichten die Proben von OBI, Dehner und Starkl. Die Lavendelpflanze von Dehner enthielt wie die Hornbach-Pflanze nur zwei Pestizide, allerdings ist einer der beiden Wirkstoffe bei Dehner - Etofenprox - sehr toxisch für Bienen und andere nützliche Insekten. Die bei Starkl und OBI eingekauften Pflanzen enthielten sieben beziehungsweise acht Pestizide von denen je sechs auf der Greenpeace-Blacklist stehen, aber keines mit der Einstufung sehr toxisch für Nützlinge. Der Lavendel von Lagerhaus enthielt Rückstände von fünf Pestiziden, die alle auf der Schwarzen Liste von Greenpeace zu finden sind, darunter auch lamda-Cyhalothrin, dass als sehr toxisch für Bienen und andere Nützlinge eingestuft wird.

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Zierpflanzenuntersuchungen 2014- 2016 Seit 2014 hat Greenpeace in Österreich insgesamt 26 Pflanzen untersucht, in denen 46 Pestizide gefunden wurden. Die Bandbreite reicht dabei von zwei bis zu fünfzehn Wirkstoffen in einer Pflanze. Der Durchschnitt liegt bei etwa sieben Wirkstoffen pro Zierpflanze. In Abbildung 2 ist die durchschnittliche Anzahl an Pestiziden pro Pflanze nach Jahren aufgeschlüsselt. Bei den 46 Wirkstoffen, mit denen die Zierpflanzen behandelt wurden, handelt es sich zum Großteil um Fungizide (57 Prozent, siehe Abbildung 3), bei knapp 40 Prozent um Insektizide, die restlichen Substanzen werden als Pflanzenwachstumsregler oder Herbizide eingesetzt. 33 der Pestizide (über 70 Prozent) wurden in die Greenpeace-Blacklist aufgenommen (siehe Abbildung 4). Betrachtet man die Toxizität für Bienen beziehungsweise für nützliche Insekten, so werden acht der Substanzen (17 Prozent) – allesamt Insektizide – als sehr toxisch für Bienen und elf (knapp ein Viertel) als sehr toxisch für Nützlinge eingestuft. Der häufigste Wirkstoff – also die Substanz, mit der die meisten Pflanzen behandelt wurden - war allen voran das Fungizid Boscalid, das in knapp Dreiviertel der Proben nachgewiesen wurde.

Abbildung 2: Durchschnittliche Anzahl an Pestiziden, die in einer Zierpflanze gefunden wurden

Abbildung 3: Art des Pestizids. Bei 57 Prozent der gefundenen Substanzen handelt es sich um Fungizide, weitere 37 Prozent sind Insektizide. Die restlichen Wirkstoffe sind Pflanzenwachstumsregler oder Herbizide.

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In Abbildung 5 sind die Proben nach der aktuellen Greenpeace-Blacklist bewertet. Besorgniserregend ist, dass in jeder der 26 getesteten Proben zumindest ein Wirkstoff gefunden wurde, der in der Schwarzen Liste enthalten ist – teilweise waren es mehr als fünf. Knapp 70 Prozent der Pflanzen wurden mit Bienengiften behandelt und nur 15 Prozent (vier Pflanzen) enthielten keinen Wirkstoff, der für nützliche Insekten schädlich ist. Erfreulicherweise kann man über die drei Jahre eine Tendenz zu weniger Rückständen von Substanzen sehen, die sehr toxisch für Bienen sind. Weniger schön ist, dass 2016 der höchste Prozentsatz an Substanzen gefunden wurde, die in der Greenpeace-Blacklist sind (gut 80 Prozent zu etwa 70 Prozent in den vergangenen beiden Jahren).

Abbildung 4: Bewertung der Wirkstoffe nach der Blacklist 2016. Anzahl der gefundenen Wirkstoffe in den letzten drei Jahren (Probenanzahl zehn, neun und sieben Pflanzen) sowie wie viele davon in der aktuellen Blacklist enthalten sind, als sehr toxisch für Bienen oder für nützliche Insekten eingestuft werden.

Abbildung 5: Bewertung der Proben nach der der aktuellen GreenpeaceBlacklist. In jeder der 26 getesteten Proben wurde zumindest ein Wirkstoff gefunden, der in der aktuellen Schwarzen Liste enthalten ist. Betrachtet man Substanzen, die sehr toxisch für Honigbienen oder andere nützliche Insekten sind, so kommt man auf 69 bzw. 85 Prozent der Proben.

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Sortiment der Baumärkte und Gartencenter Greenpeace hat sieben große Baumärkte und Gartencenter in Österreich zu ihrem Sortiment befragt. Bewertet wurde, ob Produkte verkauft werden, die den Bienenkiller Deltamethrin oder die Neonicotinoide Thiacloprid und Acetamiprid beinhalten. Weil die mögliche Neuzulassung von Glyphosat durch die EU zum Zeitpunkt der Verfassung des vorliegenden Reports gerade sehr kontrovers diskutiert wurde, hat Greenpeace in Österreich aus gegebenem Anlass ebenfalls abgefragt, ob neben den genannten Bienenkillern auch Glyphosat weiterhin in Baumärkten erhältlich ist. Deltamethrin Bellaflora, Dehner, Hornbach und OBI verkaufen bereits keine Produkte mehr, die den Bienenkiller Deltamethrin enthalten. Starkl und Bauhaus verkaufen noch Restbestände, werden aber keine Produkte mit diesem Wirkstoff nachbestellen. Lagerhaus verkauft weiterhin Produkte, die Deltamethrin enthalten. Thiacloprid Aus Prinzip verzichten vier der befragten Unternehmen auf den Verkauf von Produkten, die Thiacloprid enthalten: Bauhaus, Bellaflora, Hornbach und OBI. Bei Dehner, Lagerhaus und Starkl finden sich derzeit keine Produkte mit Thiacloprid im Sortiment, weil der Hersteller das betroffene Produkt nicht weiter vertreibt, es gibt jedoch keine prinzipielle Absage an diese bienenschädlichen Produkte. Acetamiprid Auf den Verkauf von Produkten, die Actamiprid enthalten, verzichten nur Bellaflora und Hornbach. Bei allen anderen befragten Baumärkten und Gartencentern findet man den Wirkstoff in den Regalen.

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Thiacloprid & Acetamiprid Bei Thiacloprid und Acetamiprid handelt es sich um systemische Insektizide aus der Gruppe der Neonicotinoide. Neonicotinide leiten sich von Nikotin ab und sind extrem wirksame Nervengifte. Sie schädigen Land- und Wasserinsekten sowie weitere Wasserlebewesen in höheren Konzentrationen durch ihre unmittelbaren Wirkungen bis zum Tod des betreffenden Organismus, zeigen aber auch bei sehr kleinen Dosen negative Effekte. Der Begriff „systemisch“ bedeutet, dass die Chemikalie nach ihrer Anwendung nicht an der Oberfläche der Pflanze oder des Samens bleibt, sondern dass sie in das Gefäßsystem der Pflanze eindringt und all ihre Teile erreicht – von der Wurzel bis zur Blüte. Neonicotinoide vernichten Insekten, die sich von der behandelten Pflanze ernähren. Nützliche Insekten wie Bienen, die den Nektar sammeln und sich von kontaminiertem Pollen ernähren, sind dem Gift und somit einer Gefährdung ausgesetzt. Einige Studien äußern ernsthafte Befürchtungen, dass die gegenwärtige Verwendung von Thiacloprid unakzeptable Risiken für Bienen darstellt, vor allem aufgrund seiner Interaktionen mit bestimmten Bienenkrankheiten11 und einigen Fungiziden, wie zum Beispiel Propiconazol oder Triflumizol.12 Acetamiprid steht ebenfalls unter Verdacht bienengefährlich zu sein. Vor allem in Kombination mit bestimmten Fungiziden entfaltet dieser Wirkstoff eine höhere Toxizität gegenüber Bienen. Mit Blick auf das Vorsorgeprinzip ist Greenpeace daher der Meinung, dass beide Wirkstoff nicht weiter für den Einsatz im Haus- und Gartenbereich verkauft werden sollten. Zwei Unternehmen bekennen sich bereits klar zu einem Sortiment ohne diese beiden Wirkstoffe. Glyphosat Bauhaus, Bellaflora, Hornbach und Obi verzichten bereits auf den Verkauf von glyphosathaltigen Produkten in ihren Geschäften. Dehner, Lagerhaus und Starkl verkaufen weiterhin Produkte mit dem Wirkstoff.

Exkurs Glyphosat Glyphosat zählt nicht zu den bienengefährlichen Pestiziden. Weil die mögliche Neuzulassung von Glyphosat durch die EU zum Zeitpunkt der Verfassung des vorliegenden Reports gerade sehr kontrovers diskutiert wurde, hat Greenpeace in Österreich aus gegebenen Anlass auch nachgefragt, ob neben bienenschädlichen Produkten auch Glyphosat weiterhin in Baumärkten erhältlich ist. Laut der internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Glyphosat für den Menschen wahrscheinlich krebserregend. Zum Zeitpunkt der Verfassung des vorliegenden Reports wird auf EU-Ebene eine Neuzulassung diskutiert. Greenpeace spricht sich klar gegen eine solche aus, solange Risiken für menschliche Gesundheit und Umwelt nicht ausgeschlossen werden können. Glyphosat wird in der Landwirtschaft, im öffentlichen Raum und auch im privaten Haus- und Gartenbereich eingesetzt. Letzteres ist besonders bedenklich, weil die Anwenderinnen und Anwender hier nicht professionell geschult sind und mit einer potenziell gesundheitsschädlichen Substanz hantieren. Solange die Gesetzgebung diesbezüglich säumig ist, können Baumärkte und Gartencenter verantwortlich handeln und glyphosathaltige Produkte aus dem Handel nehmen. Vier der sieben befragten Unternehmen haben das bereits getan.

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*

**

P

Verzicht

~

Deltamethrin

Thiacloprid

Acetamiprid

~

P

Ñ

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P

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auslaufend oder vorübergehend nicht erhältlich

***

***

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Glyphosat

weiterhin im Sortiment

*Bellaflora verkauft bereits seit 2012 keine chemisch-synthetischen Pestizide mehr und bietet stattdessen biologische Pflanzenhilfsmittel und natürliche Pflanzenschutzmittel an. **Die Standorte von Starkl sind in Ihrer Sortimentsgestaltung weitgehend unabhängig. Einer der fünf Standorte wurde auf ein chemie-freies Sortiment umgestellt. Ein weiterer soll bald folgen. *** Dehner, Lagerhaus und Starkl verkaufen derzeit keine Produkte die Thiacloprid enthalten für den Haus- und Gartenbereich - allerdings nur, weil der Hersteller, das davor verkaufte Produkt nicht weiter anbietet. Es gibt keine prinzipielle Absage an diesen bienengefährlichen Wirkstoff. Tabelle 2: Bewertungen der Märkte nach der Befragung 2016

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Zusammenfassung und Forderung Die Ergebnisse der Pestizid-Analysen von Lavendelpflanzen zeigen vor allem eines: Die Branche hat in ihrer Lieferkette noch viel zu tun. Besonders schlecht haben Bauhaus, Bellaflora und Lagerhaus abgeschnitten. Lagerhaus unternimmt noch gar keine Schritte, um seine Lieferkette frei von bienengefährlichen Pestiziden zu bekommen - das schlechte Ergebnis beim Lavendeltest ist daher keine Überraschung. Bauhaus setzt nach eigenen Angaben erste Schritte, um stark bienengefährliche Wirkstoffe aus der Produktion zu verbannen. Die Ergebnisse des Greenpeace Lavendeltests zeigen aber, dass in der Zierpflanzenproduktion für Bauhaus weiterhin viele gefährliche Wirkstoffe eingesetzt werden - unter anderem der Bienenkiller Deltamethrin. Ähnlich ist die Situation bei dem Gartencenter Bellaflora, das in den nächsten Jahren ebenfalls den Einsatz von Pestiziden in der Produktion reduzieren will. Auch hier werden in der Lieferkette offensichtlich nach wie vor noch große Mengen gefährlicher Pestizide eingesetzt. Alle weiteren getesteten Unternehmen befinden sich entweder in der ersten Umsetzungsphase von Maßnahmen, die den Einsatz von bienengefährlichen Pestiziden in der Zierpflanzenproduktion einschränken sollen, oder betreiben, wie im Fall von Starkl, zumindest Pilotprojekte für eine sauberere Produktion. Das sind entscheidende Fortschritte gegenüber den Ergebnissen von 2014. Dass in allen Proben zumindest ein Pestizid gefunden wurde, das auf der Greenpeace-Blacklist steht, zeigt aber, dass die Branche als Ganzes immer noch weit von einer sauberen und bienenfreundlichen Produktion von Zierpflanzen entfernt ist. Greenpeace in Österreich fordert von Baumärkten und Gartencentern in der Produktion von Zierpflanzen in einem ersten Schritt auf die acht so genannten Bienenkiller* zu verzichten. Mittelfristig muss vollkommen auf bienengefährliche Wirkstoffe verzichtet und schrittweise auf ökologische Produktionsmethoden umgestiegen werden. Langfristiges Ziel muss aus Sicht von Greenpeace eine Pflanzenproduktion frei von chemisch-synthetischen Pestiziden sein. Das Sortiment der untersuchten Baumärtke und Gartencenter zeigt klare Unterschiede zwischen den verschiedenen Unternehmen. Während Bellaflora bereits generell auf den Verkauf von chemisch-synthetischen Pestiziden verzichtet und Hornbach den Verkauf aller abgefragten bienengefährlichen Wirkstoffe bereits eingestellt hat, verkauft das Unternehmen Lagerhaus sogar noch den Bienenkiller Deltamethrin. Greenpeace in Österreich fordert Baumärkte und Gartencenter dazu auf, in einem ersten Schritt alle Produkte, die einen der Wirkstoffe Deltamethrin, Thiacloprid oder Acetamiprid beinhalten, aus dem Verkauf zu nehmen. Mittelfristig muss das Ziel ein Sortiment frei von chemisch-synthetischen Pestiziden sein.

* Das sind: Chlorpyrifos, Clothianidin, Cypermethrin, Deltamethrin, Fipronil, Imidacloprid, Sulfoxaflor und Thiamethoxam Giftiger Garten Eden Bienengifte in Österreichs Baumärkten und Gartencentern

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Anhang Analysenergebnisse des Lavendeltests 2016; Konzentrationsangaben in mg/kg #

Wirkstoff

Bauhaus

0

Anzahl Wirkstoffe

12

1

Acrinathrin

0,024

2

Azoxystrobin

0,005

3

Boscalid

4

Chlorantraniliprol Cyhalothrin, lamda Deltamethrin

0,17 0,031

Difenoconazol Dimethomorph

9

Etofenprox

10

Flonicamid

11

Fluopyram

2

0,22

0,037

0,05

Iprodion

2,3

15

Kresoxim-methyl

0,015

16

Metalaxyl

Tebuconazol

0,082

0,068

0,006 0,062

0,49

4,8

5,2

14

Pyraclostrobin

0,41

0,056 0,18

20

0,15

0,052 0,04

19

7

3

Folpet

Methoxyfenozid

Starkl

8

0,013

Indoxacarb

Propiconazol

13

OBI

0,86

12

17

5

0,13

13

18

Lagerhaus

0,31

5 7

Hornbach

8

0,71

6 8

Bellaflora

32

0,024 0,58 0,17 0,12 0,29

21

Thiacloprid

0,016

22

Trifloxystrobin

0,23

2,2

0,016

0,012

0,095

0,007

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Quellen 1 Zurbuchen A. und Müller A. (2012): Wildbienenschutz- von der Wissenschaft zur Praxis. Zürich, Bristol-Stiftung, Bern, Stuttgart, Wien, Haupt. 162 S. 2 Greenpeace International (2014): A Toxic Eden: Poison in your garden 3 Greenpeace (2016): Die Schwarze Liste der Pestizide 4 Balfour, N. J., Garbuzov, M., Ratnieks, F. L.W. (2013): Longer tongues and swifter handling: why do more bumble bees (Bombus spp.) than honey bees (Apis mellifera) forage on lavender (Lavandula spp.). Ecological Entomology, 38: 323–329. doi: 10.1111/een.12019 [http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/een.12019/abstract] 5 Jauker, F., Diehl, E. (2016): Die verkannten Bestäuber. Spektrum der Wissenschaft [http://www.spektrum.de/magazin/oekologie-nicht-nurbienen-bestaeuben-nutzpflanzen/1403105] 6 Sušnik, M. (2015): Vermarktung von Pflanzenschutzmitteln in Österreich – Übersicht zu rechtlichen Grundlagen. Herausgeber: Wirtschaftskammer Österreich 7 Vandame, R., Meled, M., Colin, M. E., Belzunces, L. P. (1995): Alteration of the homingflight in the honey-bee Apis mellifera L exposed to sublethal dose of Deltamethrin. Environmental Toxicology and Chemistry, 14: 855-860

8 Ramirez-Romero, R., Chaufaux, J. & Pham-Delègue, M.-H. (2005): Effects of Cry1Ab protoxin, deltamethrin and imidacloprid on the foraging activity and the learning performances of the honeybee Apis mellifera, a comparative approach. Apidologie, 36: 601-611 9 Desneux, N., Decourtye, A., Delpuech, J.-M. (2007): The sublethal effects of pesticides on beneficial arthropods. Annu. Rev. Entomol., 52: 81-106 10 Nørgaard, K.B., Cedergreen, N. (2010): Pesticide cocktails can inter-

act synergistically on aquatic crustaceans. Environmental Science and Pollution Research, 17: 957-967 11 Vidau, C., Diogon, M., Aufauvre, J., Fontbonne, R., Viguès, B., Brunet, J.-L., Texier, C., Biron, D.G., Blot, N., El Alaoui, H., Belzunces, L.P., Delbac, F. (2011): Exposure to Sublethal Doses of Fipronil and Thiacloprid Highly Increases Mortality of Honeybees Previously Infected by Nosema ceranae. PLoS ONE, 6: e21550 12 Iwasa, T., Motoyama, N., Ambrose, J.T., Roe, M.R. (2004): Mecha-

nism for the differential toxicity of neonicotinoid insecticides in the honey bee, Apis mellifera. Crop Prot.;23:371–378

Fotocredits Cover: © Luc Viatour/wikicommons, S. 3: © ntdanai/iStock, S. 5: © Magdalenawd/iStock, S. 8-13: © Anna Regelsberger/Greenpeace, Rückseite: © Georg Mayer/Greenpeace

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