Gesundes Wohnen - Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

3) Risiko bei lebenslanger Exposition gegen über einer Faserkonzentration von ... Benzol/m³ an Arbeitsplätzen schwangerer Frauen vorgeschlagen [LV 11, ...
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Gesundes Wohnen

Impressum Herausgeber: Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im

Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin Salzufer 14 10587 Berlin Telefon: 030/39921-888 Telefax: 030/39921-889 E-mail: [email protected] www.kompetenzzentrum-iemb.de

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Vertrieb Selbstverlag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnug Deichmanns Aue 31 - 37 53179 Bonn Telefon: 01888-401-2209 Telefax: 01888-401-2292 E-mail: [email protected] Dieser Bericht soll dem interessierten Kreis der privaten Bauherrn und Eigentümer Informationen, Tipps und Anregungen geben. Er will und kann Gesetzestexte nicht ersetzen. Bei Rechtsfragen sollten daher immer die zuständigen Behörden oder die allgemein zur Rechtsauskunft befugten Stellen befragt werden. Dort können Sie z.B. auch Ausführungsbestimmungen erfahren, die nicht immer alle dargestellt werden können und die häufig von Bundesland zu Bundesland verschieden sind.

Stand: April 2007 Alle Rechte vorbehalten

Gesundes Wohnen

Bearbeiter: Projektleiter: Dipl.-Ing. Andreas Rietz, Architekt BDB Wissenschaftliche Mitarbeiter: Dipl.-Ing. Claus Asam Dipl.-Ing. Thomas Behr Dr.-Ing. Eberhard Helmstädter Dipl.-Ing. Burkhard Kassner Dipl.-Ing. Nicolas Kerz Dipl.-Ing. Dirk Markfort Dipl.-Ing. Heidemarie Schütz Prof. Dr.-Ing. Frank Ulrich Vogdt Mitarbeiter: Jan Legner Doris Meyer

u.a.

Inhalt

1

Einleitung

5

2

Gestalterische Maßnahmen im Gebäudeentwurf psychologische und visuelle Behaglichkeit

6

2.1

Äußere bauliche Gegebenheiten

6 6 6

2.2

Raumordnung und Grundrissgestaltung von Innenräumen 7

2.3

Tageslicht und künstliche Beleuchtung

8 9 12

2.1.1 2.1.2

2.3.1 2.3.2

2.4

Lage des Grundstücks, Standort und Umgebung Ausrichtung des Gebäudes

Tageslicht in Innenräumen Künstliche Raumbeleuchtung

2.4.1 2.4.2

Materialober ächen Wahrnehmung und Wirkung von Farbe im Raum

Material und Farbe

17 17 18

3

Thermische Behaglichkeit und Raumklima

22

3.1.1 3.1.2

3.1

Wärmehaushalt des Menschen Raumtemperatur

Temperatur

22 22 23

3.2

Luftbewegung

27

3.1

Raumluftfeuchte

29

4

Raumluftqualität - hygienische Behaglichkeit

31

Beeinträchtigung durch Luftverunreinigung

32 32 35 41

4.1

4.1.1 4.1.2 4.1.3

4.2

4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4

Ursachen der Luftverschmutzung Regelungen und Richtwerte zur Verminderung von Luftschadstoffen Maßnahmenbeispiele

Elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder 43

Magnetische und elektrische Gleichfelder Niederfrequente elektrische und magnetische Wechselfelder Hochfrequente elektromagnetische Felder Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen

43 44 44 45

4.3

4.3.1 4.3.2 4.3.3

4.4

Schimmelpilz

50 50 51 53

Wirkung auf den Menschen Ursachen und vorbeugende Maßnahmen Beseitigung

4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4

De nition Hausstaub Feinstaub Belasteter Hausstaub Vermeidung von Raumluftbelastungen durch Staubpartikel

Hausstaub

54 54 54 55 55

5

Akustische Behaglichkeit

56

5.1.1 5.1.2 5.1.3

5.1

Akustisches Wohlbe nden Akustische Behaglichkeit, Stille und Lärm Ein ussfaktoren der Bau- und Raumakustik

Grundlagen

56 56 57 58

5.2

Bauakustik

58

5.3

Raumakustik

59

6

Einschätzung und Bewertung von Baustoffen

60

6.1

Bauteilmatrix – Hilfe für die Baustoffauswahl

60

6.2

Möbel – Einschätzung und Bewertung der Möblierung

69

7

Informationen

70

8

Literatur- und Bildnachweis

71

4

Einleitung

Einleitung

Gesundes Wohnen ist für viele Bauherren und Wohneigentümer ein wesentliches Anliegen. Es ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, sondern erfordert eine sorgfältige Planung, da eine Vielzahl von Faktoren zusammenwirken müssen, damit sich die Bewohner in ihren „vier Wänden“ wohl fühlen. Die Thematik „Gesundes Wohnen“ widmet sich vorrangig allen Kriterien, die ein allgemeines Wohlbe nden und die Behaglichkeit in den eigenen Wohnräumen positiv beein ussen können. Die ästhetische Wirkung der Umwelt und der Architektur in Form, Funktion und Materialität sind wichtige psychologische Kriterien für das Wohlbe nden des Menschen, das eine wesentliche Rolle für seine Gesundheit spielt. Eine gute Raumaufteilung, ausreichende und angenehme Belichtung, ansprechende Materialien und Farben spielen eine ebenso große Rolle wie ein ausgeglichenes, schadstofffreies, ruhiges und gut temperiertes Wohnklima. Die Themen reichen von den äußeren baulichen Gegebenheiten, über Behaglichkeit und Raumklima bis zur Einschätzung und Bewertung von Baustoffen.

Einleitung

1

Licht und Materialien) sowie persönliche Ausprägungen von Personen (z.B. Allergien) eine bedeutende Rolle. Jedes Gebäude sollte daher individuell auf seine Bewohner ausgerichtet sein. Die Aufmerksamkeit dieses Berichtes gilt allen Kriterien, die ein allgemeines Wohlbe nden und den Zustand der Behaglichkeit fördern können. Gesundes Wohnen bedeutet neben der Berücksichtigung von Schadstoff- und Lärmein üssen etc. auch die Umsetzung der individuellen Bedürfnisse und die Beachtung der subjektiven Emp ndungen des Nutzers in allen relevanten Bereichen; vieles kann vom Bewohner selbst gesteuert und miteingebracht werden. Die Ein ussfaktoren des Wohlbe ndens und der Behaglichkeit sind:

Neben dem ganzheitlichen Planungsansatz beim Neubau oder der Modernisierung, geht es bei der Nutzung eines Gebäudes in der Praxis häu g um Fragestellungen zu konkreten Materialien oder Baustoffen sowie der Identi zierung und Beseitigung von Emissionsquellen. Dazu werden in den entsprechenden Kapiteln Handlungshinweise zum notwendigen Vorgehen - unter Einbeziehung kompetenter Fachplaner - gegeben. Oftmals existieren bereits allgemein verbindliche Empfehlungen mit Sanierungshinweisen oder sogar Verordnungen. Die Berücksichtigung aller Faktoren - die sich aus den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner ergeben und sich gegebenenfalls auch im Laufe der Zeit ändern können - ist eine ganzheitliche Aufgabe. Neben den direkten, objektiven Ein üssen (z.B. messbaren Schadstoffen in der Raumluft) auf den Nutzer spielen subjektive Ein üsse (z.B. Empndung von Geräuschen, Gerüchen,

Bild 1.1: Behaglichkeiten

5

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

2

Gestalterische Maßnahmen im Gebäudeentwurf - psychologische und visuelle Behaglichkeit

Die psychologischen Kriterien für das Wohlgefühl in Räumen sind eine Mischung aus den Bereichen Umwelt, Architektur und Teilen der angewandten Psychologie. Die ästhetische Wirkung der Umwelt und der Architektursprache in Form, Funktion und Materialität auf die menschliche Psyche sind wichtige und vielfältige Faktoren für die Gesundheit und das Wohlbe nden des Menschen.

2.1

Die unterschiedliche Gestaltbarkeit des Wohnumfelds, der äußeren baulichen Begebenheiten und der Innenräume – z.B. die Organisation von Räumen, die Lichtgestaltung und die Auswahl von Material und Farbe – ist neben den rein technischen Möglichkeiten ein wichtiges Mittel, einen individuellen Beitrag zur Behaglichkeit zu leisten.

Äußere bauliche Gegebenheiten

2.1.1 Lage des Grundstücks, Standort und Umgebung Je nach dem, ob man in einem bestehenden Gebäude mit der notwendigen Auseinandersetzung mit der vorhandenen Struktur oder in einem Neubau mit vielfältigen Möglichkeiten wohnen kann oder möchte, hat man mehr oder weniger Ein uss auf Standort und Umgebung des Wohngebäudes. Ein Gebäude ist zuerst Schutz vor äußeren Ein üssen und hat einen repräsentativen Wert. Für das Wohlbe nden des Bewohners ist jedoch Art und Dichte der Bebauung sowie die Baukörperausrichtung entscheidend. Eben nicht nur aus

energetischen Gründen sollten Gebäude mit ihren Frei ächen so auf dem Grundstück liegen, dass eine optimale Besonnung gewährleistet ist. Örtliche klimatische Bedingungen, die Kaltluftströmungen oder starke Winde an Außensitzbereiche herantragen können (z.B. die Nähe zu Gewässern, Ostwind in Gebirgsnähe), sollten ebenso berücksichtigt werden wie Verschattungen durch Nachbarbebauungen, Vegetation oder Anhöhen, die zudem Ein uss auf die ausreichende Belichtung von Innenräumen durch Tageslicht nehmen (siehe Kap. 2.3).

2.1.2 Ausrichtung des Gebäudes „Die landschaftliche Lage hat einen Einuss auf die Organisation von Grundrissen und Schnitten, ebenso die Ausrichtung zu vorhandenen Aussichten und zu den Himmelsrichtungen. Die Orientierung zur Sonne spielt bei der Aufteilung der Räume eine entscheidende Rolle“ [1]. Um möglichst lange Tageslicht in den Räumen nutzen zu können ist die Ausrichtung eines Gebäudes nach den Himmelsrichtungen und die Orientierung der 6

Räume, in denen man sich tagsüber aufhält, nach Süden sinnvoll. All dies mag selbstverständlich klingen. Doch erfordert eine Gebäudeplanung die Erkennung und konzeptionelle Umsetzung der individuellen Potenziale zwischen Ort, Mensch und Technik. Die Grundrissaufteilung ist ein komplexer Bestandteil im Gebäudeentwurf, der Funktionsbereiche, Verkehrswege, Fensteröffnungen und Außenkubatur in Einklang bringen soll.

Raumordnung und Grundrissgestaltung von Innenräumen

„Trotz technischer Neuerungen und gesellschaftlicher Wandlung hat sich im Grundprogramm eines üblichen Einfamilienhauses in den letzten 50 Jahren wenig geändert. Nur die Größe der Räume, bzw. die verfügbare Quadratmeterzahl pro Person nahm zu. Nach wie vor ist das Eigenheim auf die Kleinfamilie zugeschnitten, auch wenn es diese immer weniger gibt. Vermehrt werden typische Einfamilienhäuser von Wohngemeinschaften, kinderlosen, meist doppelt verdienenden Paaren oder Singles bewohnt“ [2] Wohnen wird immer stärker bestimmt durch strukturelle Veränderungen in der Gesellschaft und der individuellen Lebensform des Einzelnen. Auch bei den im klassischen Sinn von Familien genutzten Wohnungen werden immer öfter weitere Nutzungsbereiche integriert, wie z.B. eine Wohnung der Großeltern oder ein eigener Arbeitsbereich.



Ausreichendes Tageslicht für Hauptnutzungs ächen durch Anordnung auf der Südostseite bis Südwestseite und Verlegung von Nutzungen mit geringemTageslichtbedarf auf die Nordseite (siehe Bild 2.1 und 2.2).



Räumliche Trennung zwischen Warm- und Kaltzonen durch Schaffung von „Pufferzonen“ wie z.B. zwischen Eingang, unbeheizten Kellerräumen und Wohnbereichen.



Zusammenlegung, Verbindung oder Trennung von verschiedenen Funktionsbereichen in horizontaler Ebene oder vertikal getrennt, wie z.B. Zonen für: - Ruhe, Erholung und Schlafen, - Kommunikation und Essen, - Arbeiten, - Küche und Sanitärbereiche und - Außenbereich, Terrassen und Balkone (Haus im Garten oder „Garten im Haus“).

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

2.2

„Gerade das Büro im eigenen Haus, das helfen kann, das Verkehrsaufkommen zu reduzieren und es dem arbeitenden Elternteil ermöglicht, ganztags bei der Familie zu sein, wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen“ [2]. Aber auch sich ändernde Bedürfnisse der Bewohner, z.B. Kinder, die ausziehen oder das Aufnehmen von P egebedürftigen, erfordern für eine zufriedene und behagliche Wohnsituation exible Lösungen, die über die klassische Anordnung von Wohnräumen im Erdgeschoss und Schlafräumen im Obergeschoss hinausgeht.

Bild 2.1: Ausrichtung nach Süden

Auch die Frage der Realisierung barrierefreier Wohnungen, jetzt oder bei Bedarf, die Abtrennbarkeit und die Möglichkeit der Zusammenlegung einzelner Bereiche braucht ein gutes Konzept für die Raumanordnung. Dabei sind prinzipiell folgende Kriterien für die Anordnung von Nutzungsbereichen zu bedenken: Bild 2.2: Ausrichtung nach Süd-Ost/ Süd-West

7

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Nachfolgend sind weitere individuelle Kriterien aufgeführt, die für eine behagliche und exible Wohnsituation wichtig sein können: •

Gestaltung des Eingangsbereichs geschlossen oder mit optischer Verbindung in den Wohnbereich, großzügig oder platzsparend,



Abfolge der Räume ießend oder zentrale Zugänge über Flure,



freie Grundrissgestaltung für dynamische Nutzungen oder abgeschlossene Räume,



exible Räume durch raumteilende Elemente und modulare Möbel,

2.3

Raumgrößen und –proportionen,



Blickbeziehungen innerhalb des Gebäudes zwischen den Räumen und zwischen den Innenräumen und dem Außenbereich – Einbeziehung des Außenraums – „Das Äußere im Inneren fortführen“,



Stauräume in Form von Einbaumöbeln oder als abgetrennte Abstellräume,



Treppenanordnung abgeschlossen oder im Wohnraum integriert und



Reduktion auf das Wesentliche oder Komplexität und Vielfalt von funktionalen und gestalterischen Aspekten.

Tageslicht und künstliche Beleuchtung

Die Bedeutung des Lichts für den Menschen liegt in erster Linie in der Möglichkeit der Orientierung im Raum und der Farberkennung. Im Zusammenwirken mit Farbkontrasten und Schatten ermöglicht Licht das dreidimensionale Sehen. Die Gebäudeplanung erfordert die besondere Aufmerksamkeit für die Tageslichtnutzung, damit attraktive Innenräume entstehen und gute Sehbedingungen ohne störende Blendungen und Re ektionen erreicht werden. Ein Mangel an ausreichendem Tageslicht bedingt die Unterstützung oder den vollständigen Ersatz durch künstliche Be-

8



leuchtung, die sich vom natürlichen Licht nicht wesentlich unterscheiden sollte. Die positive Wirkung von Tageslicht, bzw. die mögliche negative Wirkung fehlenden Tageslichts auf den Menschen hat zu einem Umdenken bei Herstellern und Planern in Bezug auf das künstliche Licht geführt. Vorrangig wird dabei die Gestaltung von Arbeitsplätzen, der Wohnbereich jedoch eher zweitrangig, thematisiert. Der Nutzer von Wohnräumen hat weitreichende individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, um mit einer auf seine Bedürfnisse abgestimmten Lichtplanung eine gute Basis für Wohlbe nden und Gesundheit zu schaffen.

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

2.3.1 Tageslicht in Innenräumen 2.3.1.1 Positive Wirkung auf den Menschen Natürliches Licht setzt photobiologische Prozesse in Gang, die psychologische und biologische Wirkungen auf den Menschen haben. Tageslicht wird in seiner Qualität durch den natürlichen Tag- und Nacht-Zyklus und von den vorherrschenden Wetterverhältnissen bestimmt. Durch eine stete Veränderung der Lichtintensität und -qualität entsteht diffuses oder gerichtetes Licht, das zusätzlich durch den jahreszeitlichen Wechsel beein usst wird. Das sich verändernde Sonnenlicht steuert die Zyklen in der Natur und den Tagesrhythmus des Menschen. Durch Aufnahme über die Augen und die Haut ist das natürliche Licht Energie- und Lebensquelle, ermöglicht die visuelle Wahrnehmung und hat, in der richtigen Dosis, positiven Ein uss auf das menschliche Wohlbe nden und die Gesundheit. Photobiologische Prozesse Die optische Strahlung, die durch Sonnenlicht entsteht, setzt sich aus ultravioletter Strahlung, dem für den Menschen sichtbarem Licht und Infrarot-Strahlung zusammen (siehe Tab. 2.1 und Bild 2.4). Die direkte UV-Strahlung bewirkt, neben der Bräunung und der Bildung des Eigenschutzes der Haut, die Vitamin D3Bildung, was den Calcium-PhosphatStoffwechsel und den Kalkaufbau der Knochen fördert

Strahlungsart UVA, UVB Sichtbares Licht Infrarotstrahlung

Intensität 6% 48 % 46 %

Wellenlänge (ca.) 280- 400 nm 380- 780 nm ab 780 nm

Tabelle 2.1: Zusammensetzung des Sonnenlichtspektrums [3]

Bild 2.4: Sonnenlicht über Deutschland - Juli 2005, 5850°Kelvin - CRI 99 [4]

Durch Vitamin D3 können folgende Prozesse positiv beein ußt werden: [6] - Steigerung der Infektionsabwehr (immunologische Effekte), - Erhöhung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, - Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes und der Versorgung der Organe mit Sauerstoff (Prophylaxe bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen), - Senkung des Arterioskleroserisikos (Kalkabbau wird verlangsamt, Knochenstoffwechsel wird beein ußt), - Verbesserung des Hautzustandes und Verringerung subjektiver körperlicher Beschwerden.

Bild 2.3:

Aufnahme von Licht über die Augen [5]

9

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Bild 2.5: Spektrum des sichtbaren Lichtes [5]

Tageslicht beein usst die Produktion des Schlafhormons Melatonin, das wichtig für den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers ist. Nachts oder bei längerem Aufenthalt im Dunkeln wird Melatonin aus den Speichern abgegeben und wirkt schlaffördernd. Bei Aufnahme von Tageslicht über das Auge wird die Ausschüttung des Hormons ins Blut eingestellt. [7] Beleuchtungsstärke 1

Die Beleuchtungsstärke (Lux–lx) gibt an, wie groß die aus allen Raumwinkeln auf eine Fläche auftretende Lichtmenge insgesamt ist. Sie entspricht dem Quotienten aus der auf eine Fläche auftretenden Lichtmenge und der beleuchteten Fläche. (lm/m² = lx) [3] Nicht zu verwechseln mit der Lichtstärke (cd):

2

Die Lichtstärke ist die Strahlungsleistung einer Lichtquelle in einer bestimmten Richtung.

3

Die Leuchtdichte (cd/m²) ist die Menge an Licht, die von einem Punkt eines Objekts in eine bestimmte Richtung abgegeben wird. Liegt das Auge in dieser Richtung, ist dies die Helligkeit, mit der das Objekt gesehen wird. [3]

An kurzen, trüben Wintertagen bleibt der Melatoninspiegel auch tagsüber erhöht. Als Folge von Lichtmangel können Müdigkeit, Schlafstörungen und Winterdepression (SAD – seasonal affective disorders) auftreten. [8] Sichtbeziehung zum Außenraum „Der Lichtwechsel, die Dynamik des Tageslichts, wirkt anregend auf uns. Das Licht wird in vielfältiger Weise verformt und strukturiert, bevor es als sekundäres Informationslicht auf unsere Netzhaut fällt. (...) Auf der Basis von Helligkeitsund Farbkontrasten erhalten wir Auskunft über Form, Farbe und Räumlichkeit unserer Umgebung“ [9]. Besteht während des Aufenthalts in Räumen genügend Ausblick in Form von Tageslichtöffnungen in Augenhöhe, so lässt diese Sichtbeziehung zum Außenraum den Bewohner an den Veränderungen seiner Umgebung teilhaben und wirkt sich somit positiv auf sein Wohlbe nden aus.

Neben der in den Bauordnungen der Länder geforderte, auf die Grund äche des Raumes bezogene Mindestfenster äche, legt die DIN 5034 fest, wie in Innenräumen eine akzeptable Sichtverbindung nach außen und eine ausreichende Helligkeit mit Tageslicht zu erreichen sind (siehe auch Bild 2.6). Dabei ist zu beachten, dass diese Festlegungen unberücksicht der tatsächlichen Lichtverhältnisse der Umgebung nur Mindestanforderungen darstellen. Auch können natürlich die individuellen Bedürfnisse und Emp ndungen davon abweichen. Denn wir sehen nie die gesamte Lichtmenge, die auf ein Objekt trifft (Beleuchtungsstärke 1), sondern nur das von dort re ektierte Licht (Leuchtdichte 3), das in seiner Menge und Zusammensetzung von der beschienenen Ober äche abhängig ist. 2.3.1.2 Qualitäten des Tageslichts Helligkeit und Nutzungszeit Die Intensität der sichtbaren Strahlung ist die Helligkeit und wird Lichtstärke 2 genannt. Die Leuchtdichte3 ist das lichttechnische Maß für das subjektive Emp nden der Helligkeit, das wiederum abhängig von der in Richtung Auge strahlenden Lichtstärke und der in dieser Richtung wirksamen Größe der lichtre ektierenden Ober äche ist. Die Helligkeitsemp ndung des Tageslichts hängt neben der Leuchtdichte auch von den relativen Helligkeiten unterschiedlicher Bereiche ab. Helle oder dunkle Flächen lösen im direkten Sonnenlicht oder im Schatten verschiedene physikalische Reize aus, so wirken weiße Flächen bei direkter Sonneneinstrahlung durch den hohen Re ektionsgrad greller als bei indirekter Belichtung.

a+b= mind. 55% von x

Leuchtdichte

10

Bild 2.6: Auszug aus den Anforderungen für Sichtverbindung nach außen der DIN 5034-1 [10]

Bild 2.8: Sonnenaufgang

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Bild 2.7: Tageslicht

Bild 2.9: Sonnenuntergang [11]

Uhrzeit

3:00

6:00

9:00

12:00

15:00

18:00

21:00

Sonnenposition

NO

O

SO

S

SW

W

NW

Winter

-

-

0

15

0

-

-

Übergangszeit

-

0

25

40

25

0

-

Sommer

0

20

45

60

45

20

0

Sonnenhöhe

Tabelle 2.2: Tageslänge und Sonnenposition in Mitteleuropa (Werte gerundet; Maßeinheit: Grad) [3]

In Mitteleuropa ist die Sonne an 55% der Tagesstunden durch Wolken verdeckt, es entsteht halbdiffuse Strahlung, die für die üblichen Sehaufgaben als angenehm empfunden wird. Die Tageslänge und die Position der Sonne sind in Mitteleuropa wegen der großen Entfernung sehr unterschiedlich (siehe Tabelle 2.2). Farbigkeit des Tageslichts Sonnenlicht wird vor allem im Bereich des kurzwelligen blauen Spektrums gestreut. Daher erscheint die Lichtfarbe des Himmels blau, je nach Witterungsverhältnissen und Tageszeit zwischen einem Weiß-Grau in der Morgen- oder Abendsonne - ca. 5000 K (Farbtemperatur in Kelvin 4) und einem klaren Blau bei wolkenlosen Himmel (ca. 9000 – 12.000 K). Sonnenaufgang und –untergang erscheinen uns mit ca. 3200 K rot. Trotz der sehr unterschiedlichen Farbtemperaturen nehmen wir Tageslicht meist als mehr oder weniger weißes Licht wahr. [9] 2.3.1.3 Gestaltung mit Tageslicht Tageslichtöffnungen Die o.g. DIN 5034 gibt weiter an, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, damit in Innenräumen angemessene Beleuchtungsverhältnisse durch Tageslicht vorhanden sind. [10] Dort gibt es Hinweise zur Berechnung der zu erwartenden Beleuchtungsstärken, Tageslichtquotienten 5 und -nutzungszeiten für bestimmte Punkte

eines Innenraumes, vereinfachte Bestimmungen von Mindestfenstergrößen für Wohnräume und zweckmäßigen Abmessungen von Oberlichtöffnungen in Dach ächen. Eine Tabelle für die vereinfachte Bestimmung von Mindestfenstergrößen für Wohnräume ist in Teil 4 der DIN 5034 enthalten. Bei vertikalen Raumöffnungen hängt die Nutzungszeit des Tageslichts vom Sonnenstand ab. Um Tageslicht möglichst lange nutzen zu können bieten sich Fenster an mehr als einer Wandseite oder offene aber auch mit lichtdurchlässigen Materialien getrennte Raumkombinationen an. Oberlichter können eine sinnvolle Ergänzung zu seitlich in Augenhöhe angeordneten Fenstern als Kombination von diffusem und direktem Licht sein. 4

Inszenierung von Licht und Schatten Durch Schatten entsteht Kontrast, der je nach Ober ächeneigenschaften der Materialien unterschiedlich stark sein kann und für die Wahrnehmung von Objekten die wichtigste Komponente ist. Die bewusste Gestaltung mit Schatten, durch Tageslicht hervorgerufen, kann diffuse oder kontrastreiche Stimmungen und Akzentuierungen im Raum schaffen, ähnlich wie sie in der Natur vorkommen. Schatten mindert den Anteil der durch direkte Sonnenbestrahlung stark re ektierenden Flächen und verstärkt räumliche Strukturen von Objekten.

Das von Lichtquellen abgestrahlte Licht besitzt eine Eigenfarbe, die sogenannte Lichtfarbe, die durch die Farbtemperatur bestimmt ist und in Kelvin angegeben wird. 5

Der Tageslichtquotient beschreibt das Verhältnis der Beleuchtungsstärke des Tageslichts im Innenraum auf einer Ebene (z.B. Schreibtisch) zur gleichzeitig vorhandenen Beleuchtungsstärke des Tageslichts im Freien bei bedecktem Himmel. Üblicherweise nimmt der Tageslichtqotient im Raum bei zunehmenden Abstand von den Fenstern ab.

11

Psychologische und visuelle Behaglichkeit Bild 2.10: Wirkungsweise lichtleitender Systeme integriert in Fensterkonstruktionen nach [4]

Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schatten von transluzenten oder lichtundurchlässigen Materialien und direktem Licht bewirkt zufriedenstellende Sehbedingungen. Die Lebendigkeit von Schatten durch sich veränderndes Tageslicht – hervorgerufen z.B. durch Fenstersprossen, Sonnenschutzlamellen oder Raumobjekte – kann unterschiedliche Farbwirkungen und Raumeindrücke bewirken. Die dadurch entstehenden sich verändernden Lichtsituationen fördern das Wohlbe nden des Menschen.

reduzieren und gleichzeitig die allgemeine Belichtung, durch im oberen Bereich angelegte lichtlenkende Elemente, weitgehenst aufrecht erhalten. Bei speziell angefertigten Sonnenschutzgläsern mit unterschiedlichen Beschichtungen oder bei im Siebdruckverfahren partiell bedruckten Gläser, ist die Wirkungsweise ähnlich.

Sonnenschutz, Blendungsbegrenzung und Re exionen Bei direkter Sonneneinstrahlung können Maßnahmen zum Schutz gegen Überhitzung, zur Reduzierung der Helligkeit und zur Vermeidung von unangenehmen Störungen wie Blendungen und Re exionen erforderlich sein. Um trotz Verschattungen ein Optimum an natürlicher Belichtung zu erreichen, können Lichtlenk-systeme eingesetzt werden.

Des weiteren kann man auch in der Fensterebene laufende Rollos aus durchscheinenden, metallisch beschichteten Folien oder perforierte Gewebe einsetzen. Die von unten nach oben gezogen ebenso eine weitgehende natürliche Belichtung ermöglichen.

Lichtlenksysteme In Räumen, die auf Grund von herabgelassenen Rollläden zuwenig Tageslicht erhalten, kann durch integrierte lichtleitende Teilbereiche zusätzlich natürliche Belichtung geschaffen werden. Dies sind kombinierte Rollladensysteme, die sowohl im unteren Bereich unerwünschte Helligkeit und Blendungen

Darüber hinaus gibt es schaltbare Gläser, die durch einen regelbaren Impuls – elektrisch oder thermisch – die Glasscheiben abdunkeln oder eintrüben.

Weitere Beispiele für zwischen den Glasscheiben sitzende Systeme sind Prismenplatten, Spiegelpro le oder Laser Cut Systeme. Die Entwicklung solcher lichtlenkenden Elemente ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen Für Räume, die aufgrund baulicher Gegebenheiten zuwenig Tageslicht erhalten (z.B. Kellerräume oder SouterainRäume), gibt es die Möglichkeit mit Hilfe von sogenannten Spiegelschächten eine bessere Belichtung zu erreichen (siehe Bild 2.11).

2.3.2 Künstliche Raumbeleuchtung 2.3.2.1 Ergänzung zum Tageslicht, Kunstlichtbeleuchtung Die künstliche Beleuchtung sollte dem Spektrum des Tageslichtes weitgehend nahe kommen, zumindest ein kontinuierlich strahlendes Spektrum haben.

Bild 2.11: Spiegelschacht

12

„In den letzten Jahren haben sich (...) die Humanbiologie, die Allgemeinmedizin und die Psychologie zunehmend stärker mit den Auswirkungen von Licht auf den Menschen befasst“ [12]. Nach deren Erkenntnissen soll die Qualität des Lichts (z.B. Farbe, spektrale Zusammensetzung) psychophysiologische Ver-

änderungen, wie z.B. die Produktion des Streßhormons Cortisol beim Menschen verursachen. “ Man solle daher auch in künstlich beleuchteten Umgebungen versuchen, das Tageslicht und seine Veränderung nachzuahmen“ [12]. Jede Lichtquelle zeichnet sich neben ihrer optisch wahrnehmbaren Lichtfarbe durch ein eigenes, vom Sonnenlicht mehr oder weniger abweichendes Spektrum aus. Das Licht der Glühbirne hat ein ähnliches Farbspektrum wie die untergehende Sonne und wird als angenehm und beruhigend empfunden

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Standard-Leuchtstoffröhren (3-Band Röhren) und herkömmliche Energiesparleuchten erzeugen ein kühl-weißes Licht. Im Gegensatz zum Sonnenlicht, das alle Bereiche des Farbspektrums enthält, haben diese Leuchtstoffröhren ein sehr ungleichmäßiges Spektrum (siehe dazu Bild 2.12). [5]

2.3.2.2. Aspekte der Farbtemperatur, Beleuchtungsstärke, Lichtfarbe und Farbwiedergabe Die Qualität der künstlichen Beleuchtung setzt sich aus verschiedenen Gütemerkmalen zusammen: [12] – Das Beleuchtungsniveau bestimmt die Helligkeit, – die Blendungsbegrenzung das störungsfreie Sehen ohne Direkt- oder Re exblendung, – die harmonische Helligkeitsverteilung das ausgewogene Verhältnis der Leuchtdichten, – die Lichtfarbe das Aussehen der Leuchtmittel und in Verbindung mit – der Farbwiedergabe das fehlerfreie Erkennen und Unterscheiden von Farben sowie die Raumstimmung, – die Lichtrichtung und – die Schattigkeit das Erkennen von Körperlichkeit und Ober ächenstrukturen.

Bild 2.12: Spektralkurven verschiedener Leuchtmittel [5]

Je nach Nutzung und Erscheinungsbild eines Raumes kommt den Gütemerkmalen unterschiedliche Gewichtung zu. Sie wird bevorzugt beein usst durch: – die Sehleistung durch Beleuchtungsniveau und Blendungsbegrenzung, – der Sehkomfort durch Farbwiedergabe und harmonische Helligkeitsverteilung und – das visuelle Ambiente durch Lichtfarbe, Lichtrichtung und Schattigkeit.

Bild 2.13: Gute Beleuchtung [12]

13

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Behaglichkeitsbereich der Farbtemperatur Der Behaglichkeitsbereich der Farbtemperatur ist abhängig von der Beleuchtungsstärke. Nach der Behaglichkeitskurve von Kruithof (siehe Bild 2.14) muss die Beleuchtungsstärke um so größer sein, je tageslichtähnlicher das Licht wird. Das bedeutet, dass tageslichtähnliches Leuchtstof ampenlicht für unser Emp nden wesentlich dunkler wirkt als ein gleichhelles Glühlampenlicht. Vergleichbar ist die Behaglichkeit von Glühlampenlicht mit einer Farbtemperatur von ca. 2800 K und einer Beleuchtungsstärke von 150 lx in etwa mit einer neutralweißen Leuchtstof ampe mit Farbtemperatur von ca. 3500 K und einer Beleuchtungsstärke von 500 lx. [12]

Bild 2.14: Kruithof - Kurve: Bevorzugte Lichtfarbe und Beleuchtungsstärke [5]

Lichtfarbe und Farbwiedergabe Die Behaglichkeitsemp ndung des Menschen wird auch von der Lichtfarbe beein usst. Warmweißes Licht schafft eine gemütliche, wohnliche Atmosphäre, während für den Arbeitsplatz die Anpassung ans Tageslicht erwünscht wird.

Je gleichmäßiger alle Farben im Spektrum des Lichtes verteilt sind, umso besser ist die Farbwiedergabe. „Der Farbeindruck wird neben der individuellen Sehfähigkeit beein usst durch die Farbe der betrachteten Gegenstände und durch die spektrale Zusammensetzung des auftretenden Lichtes. (...) Licht kann in allen denkbaren Variationen aus den sichtbaren Strahlungen zusammengesetzt sein. Fehlen dabei gewisse Spektralbereiche, so können sie natürlich auch nicht re ektiert werden. Dies ist der Grund, warum gleiche Materialien bei verschiedenem Licht durchaus verschieden aussehen können“ [13]. „Es ist also nicht möglich, aus der Lichtfarbe einer Lampe auf die Qualität ihrer Farbwiedergabe zu schließen“ [12]. Zur Beschreibung der farblichen Wirkung der Lichtquellen werden deren Farbwiedergabeeigenschaften mit dem „allgemeinen Farbwiedergabeindex“ Ra angegeben. Dieser Index kennzeichnet das Maß der Übereinstimmung der Körperfarbe mit ihrem Aussehen unter der jeweiligen Lichtquelle. Das optimale Maß, bzw. das Bezugsmaß, ist Ra =100. Je niedriger der Wert ist, umso weniger gut werden die Körperfarben der beleuchteten Gegenstände wiedergegeben. „Lampen mit einem Farbwiedergabe-Index kleiner als 80 sollten in Innenräumen, in denen Menschen für längere Zeit arbeiten oder sich aufhalten, nicht verwendet werden“ [13] (siehe hierzu Tabelle 2.4 und Bild 2.15). Im Allgemeinen gilt jedoch, je besser die Farbwiedergabe von Leuchtmitteln ist, desto schlechter ist die Lichtausbeute.

Abkürzung

Lichtfarbe

Farbtemperatur in Kelvin

ww

Warm-weiß

< 3300 K

nw

Neutral-weiß

3300 - 5000K

tw

Tageslicht-weiß

> 5000 K

Tabelle 2.3: Lichtfarbe von Lampen

14

Die Lichtfarbe unterteilt sich für allgemeine Beleuchtungszwecke in drei Gruppen: warm-weiß, neutral-weiß und Tageslichtweiß (siehe hierzu Tabelle 2.3.).

(hoher Rotanteil) (hoher Blauanteil)

Ra-Bereich

Lichtfarbe (2. + 3. Ziffer)

Farbtemperatur in Kelvin

9

90 - 100

27

2700 K

8

80 - 89

30

3000 K

7

70 - 79

40

4000 K

6

60 - 69

50

5000 K

5

50 - 59

60

6000 K

4

40 - 49

65

6500 K

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Ziffer (1. Ziffer)

Tabelle 2.4: Herstellerneutrale Farbbezeichnung von Lampen, nach [12]

Bild 2.15: Farbwiedergabeindex [12]

2.3.2.3 Gestaltung mit künstlichem Licht Wichtige Kriterien bei der Gestaltung mit künstlichem Licht sind: – Grundbeleuchtung, – Beleuchtung für spezielle Nutzung, – Akzentuierte Beleuchtung zur Raumgestaltung. Lichtzonen nach Nutzungskriterien (Arbeit, Kommunikation, Entspannung) Bestimmend für eine ausreichende, dem Wohlbe nden einträgliche Grundbeleuchtung, ist neben der Qualität der eingesetzten Beleuchtung die Summe der lichtre ektierenden Ober ächen. Die künstliche Beleuchtung setzt sich aus indirekter, diffuser und gerichteter Beleuchtung, die direkt von den Leuchtquellen abstrahlt, zusammen.

Verschiedene Tätigkeiten zu unterschiedlichen Tageszeiten erfordern an den persönlichen Bedürfnissen der Nutzer orientierte, verschiedene Belichtungsqualitäten. – Allgemeine Nutzung Für die Grundbeleuchtung eines Raumes ist eine möglichst gleichmäßige Lichtverteilung zu empfehlen. Große Leuchtdichteunterschiede im Gesichtsfeld können als Störung empfunden werden, die „durch Direktblendungen von Leuchten oder Re exblendungen, welche durch Spiegelungen hoher Leuchtdichten auf glänzenden Ober ächen entsteht und eventuell zu Kontrastminderung führen kann. Blendung führt bei längerer Einwirkung zu Ermüdung, weshalb sie soweit begrenzt werden sollte, dass die Benutzer eines Raumes keinen unzumutbaren Belästigungen ausgesetzt sind“ [13]. 15

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Dabei ist für das Wohlbe nden eine Kombination aus diffuser Allgemeinbeleuchtung und direkter Beleuchtung sinnvoll, deren Lichtverteilung für die Erkennbarkeit räumlicher Gegenstände maßgeblich ist. „Deshalb erfordern feine Konturen gerichtetes Licht, welches aus einer Richtung kommend das Sehobjekt gleichmäßig ausleuchtet und Schatten entstehen lässt. Erst durch den Wechsel von Licht und Schatten wird die Struktur einer Ober äche sichtbar. Zu diffuse Beleuchtung ergibt eine subjektiv unangenehme Schattenarmut, die ebenso vermieden werden sollte wie zu tiefe Schatten mit harten Schattenrändern“ [13] (siehe auch Kap. 2.3.1.3 Inszenierung von Licht und Schatten). Man sollte sich bei gerichtetem Licht außerhalb des Lichtkegels be nden, da der Mensch sich als Beobachter wohler fühlt als ein bestrahltes Objekt (siehe Bild 2.16). Grundsätzlich ist bei allen Sehaufgaben auf ausreichende Helligkeit zu achten. Eine gute Farbwiedergabe ist insbesondere in Küchen-, Essbereichen und Bädern wichtig. – Zonen der Entspannung Die vorgenannten Beleuchtungskriterien treffen im besonderen Maße auf die Zonen der Entspannung zu, wobei hier eine warme Lichtfarbe und die Möglichkeit des Herabsetzens der Beleuchtungsstärke durch Abdimmen von Vorteil ist. – Zonen der Kommunikation In kommunikativen Bereichen, wie Esstische, Sitzgruppen etc., ist eine zusätzliche, möglichst blendfreie Belichtung von oben sinnvoll. Auch hier ist die Dimmbarkeit der Leuchten sinnvoll, die je nach Bedarf für individuelle Stimmungen mit zusätzlicher Akzentbeleuchtung kombiniert werden kann. – Zonen der Arbeit Für bestimmte manuelle Tätigkeiten, wie Hausarbeiten oder Tätigkeiten am Schreibtisch ist die Lichtrichtung entscheidend. Je nachdem ob man Rechts- oder Linkshänder ist, sollte die neben einer halbdiffusen Allgemeinbeleuchtung notwendigen zusätzlichen Beleuchtung aus der entgegengesetzten, seitlichen Richtung kommen, ohne Blendungsein üsse 16

Bild 2.16: Gerichtetes Licht [14]

im Gesichtsfeld oder auf den Ober ächen hervorzurufen. Re exblendungen auf Bildschirmen werden wirksam vermieden, wenn der Bildschirm und helle Flächen wie Fenster, Leuchten und helle Wände so zueinander angeordnet werden, dass sich diese nicht im Bildschirm spiegeln. [12] „Dynamische Beleuchtung“ Da Nutzungsbereiche selten nur einem bestimmten Zweck dienen, sondern oftmals exibel genutzt werden, ist hier der Einsatz von Leuchten zu empfehlen, die einen Wechsel von Helligkeit, Lichtfarbe und Lichtverteilung ermöglichen. Dimmbarkeit ist nicht bei allen Leuchtmitteln gegeben, z.B. können Energiesparlampen nicht gedimmt werden. Bei der Regelung der Leuchtstärke ist zu beachten, dass sich bei bestimmten Lampen die Lichtfarbe ändern kann. Abschließend lässt sich sagen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Leuchtmitteln mit ihren spektralen und Lichtfarbe- Eigenschaften in Fachkreisen leider noch immer unterschiedlich bewertet werden. Forschungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Beleuchtungssituation bei Arbeitsplätzen in Büros; für den Wohnbereich gibt es bisher keine vergleichbaren Untersuchungen. Im Wohnbereich kann die Empfehlung einer eingehenden Betrachtung der eigenen Bedürfnisse unter den vorgenannten Gesichtspunkten gegeben werden. Dabei ist das harmonische Zusammenwirken verschiedener Leuchtmittel und Leuchten sehr wichtig, unter Berücksichtigung der funktionalen Sehanforderungen verschiedener Nutzungsbereiche und der beabsichtigten Anmutungsqualität.

2.4

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Die Auswahl von Leuchten in einem Leuchtenstudio wird u.U. im eigenen Wohnraum ein anderes Ergebnis liefern. Hier emp ehlt sich, die Entscheidung nach Probemontage von Musterleuchten am Bestimmungsort zu treffen. Für die Beurteilung der Qualität der Leuchte ist die Lichtverteilung, der Wirkungsgrad, die Montage- und Bauart (Einbau-, Anbau-, Hänge-, Steh-, Wand- oder Boden-

leuchte, offen oder geschlossen), die Materialbeschaffenheit (re ektierend oder lichtdurchlässige transmittierende Materialien) und natürlich die Art des Leuchtmittels entscheidend. Die Formulierung der eigenen Bedürfnisse und Emp ndungen ist die beste Basis in der Beleuchtungsplanung und -auswahl.

Material und Farbe

2.4.1 Materialober ächen Neben dem Licht und der architektonischen Form sind Material und Farbe die entscheidenden visuellen Partner der Raumwahrnehmung und des Raumerlebnisses. [15] Die Materialober äche von Objekten und raumumschließenden Flächen als Farbträger lässt unterschiedliche Farbwirkungen entstehen. Je nach dem ob die Ober ächenstruktur tiefer oder acher, das Material rauh oder glatt ist, erscheinen diese Flächen bei gleicher Farbigkeit verschieden. Stark gemusterte Flächen können den Raum optisch verkleinern und sehr unruhig wirken lassen. Glänzende, glatte Ober ächen wirken oft kühler als matte, rauhe Ober ächen, was von der unterschiedlichen Wirkung der Lichtabsorption oder -re exion her-

vorgerufen und von der Lichtfarbe der Beleuchtung beein usst wird.

Bild 2.17: Textur-Holz gehobelt

Bild 2.18: Textur-Wellblech fein

Bild 2.19: Textur-Granit matt

Bild 2.21: Textur-Leinen

Bild 2.24: Textur-Leinen weiche Durchsicht

Bild 2.22: Textur-Ziegel glasiert

Individuelle Wärme- und Kälteemp ndungen werden neben der Textur auch durch die Haptik der Ober äche hervorgerufen. Die akustischen Eigenschaften verwendeter Materialien (absorbierend oder -re ektierend) können Emp ndungen von Wärme oder Kälte verstärken. Zudem ist die Farbintensität von Oberächen abhängig vom Grad und der Richtung des Lichteinfalls. Materialtexturen- und farben wirken bei geringer Belichtung schwächer als bei direkter Beleuchtung. Strei icht hebt die Lebendigkeit des Materials hervor.

Bild 2.20: Textur-Putz grob

Bild 2.23: Textur-Glasbausteine

Beispiele für verschiedene Materialien und Texturen. [16]

17

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Bei der Material- und Farbauswahl sind demnach der Sonnenlichteinfall und die künstliche Beleuchtung entscheidend. Vorlieben für bestimmte Ober ächenveredelungen (z.B. deckender oder materialdurchscheinender Farbauftrag, veredelte Metalle, glatte oder matte Keramik- und Steinober ächen etc.) spielen eine

große Rolle und werden durch Erfahrungs- und Erinnerungswerte geprägt. Jede dieser Ober ächen hat eine eigene Qualität. Von der Verwendung im Raum hängt es ab, ob ein Material sich selbst präsentiert oder als Akzent in einer Komposition steht und wie es mit anderen Ober ächen harmonisiert. [15]

2.4.2 Wahrnehmung und Wirkung von Farbe im Raum Die Auswahl von Farbtönen beein usst Emp ndung und Wohlbe nden. So wie die individuelle Wirkung von Materialien auf den Einzelnen unterschiedlich sein kann, verbindet die Wahrnehmung von Farben symbolhafte Assoziationen (z.B. wie Rot ist Feuer und Blut ) mit eigenen Emp ndlichkeiten. Die psychologische Bedeutung von Farben wird in der Fachliteratur unterschiedlich bewertet und ist von der subjektiven Emp ndung, Stimmung und der Persönlichkeit des Einzelnen abhängig.

Tendenzen aktueller Stilentwicklungen sind hier ebenfalls maßgeblich. Zudem entsteht die Wirkung der Farbe in Relation zu ihrer Umgebung. Helligkeits- und Farbkontraste sind die Grundlage für das Erleben einzelner Farben. Deswegen kann in unserem Kontext „Gesundes Wohnen“ nur bedingt darauf eingegangen werden. Es geht hier vielmehr darum ein Bewusstsein für die Verwendung von Farbe in der Architektur und in der Interpretation von Räumen zu schaffen.

Ein ussfaktoren auf unser „Erleben von Farbe“:

Bild 2.25: Farberlebnispyramide [15]

18

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Die folgende Tabelle mit vereinfachend dargestellten Grundemp nden von Farbwirkungen im Raum sind unbedingt zu relativieren im Hinblick auf Helligkeit und Sättigung eines Farbtons: Wirkung Farbe

GELB

ORANGE

von oben (Decke)

von der Seite (Wand, Umgebung)

von unten (Boden)

leuchtend, anregend

bei satter Farbe eher anregend bis irritierend, wärmend

berührungsfremd, ablenkend (wenn satt), als Streifen: trennend- fordernd, motorisch anregend

anregend bis aufregend

wärmend, leuchtend, kommunikativ

motorisch anregend

eingreifend, beunruhigend, sich nähernd bis aggressiv schwer

bewusst machend (Schreiten auf rotem Teppich)

verunsichernd, lastend

magisch

ungewisser Aufforderungscharakter

BLAU

wenn hell: himmelartig, wenig greifbar, erhöhend, wenn dunkel: schwer bis drückend

kühlend, fern, raumerweiternd (wenn hell), ermutigend, beruhigend und vertiefend (sich konzentrieren)

wenn hell: enthebend, zum Gleiten anregend, zuweilen befremdend, dunkles Blau: raumvertiefend, besonders als Teppich

GRÜN

hegend, deckend, (blaugrün auch kühlend), Vorsicht: event. Re exe auf Gesichtsfarbe!

natürlich (bis zu einem kalt bis neutral, umgrengewissen Sättigungsgrad) zend sichernd, beruhigend, auch weich, trittfreudig, grell: irritierend erholsam, mehr blaugrün und glatt: kalt, rutschig

WEIß

offen

neutral, leer, avital

unbetretbar, fremd, als Streifen säuberlich

GRAU

schattend

neutral bis langweilig

neutral, texturgemäß

lochartig bis drückend

verlieshaft

abstrakt, vertiefend, befremdend

deckend, wenn dunkel: drückend

umgebend, einengend, sichernd (besonders als Holz, weniger als Anstrich, noch weniger als Glanzober äche)

erdhaft, trittsicher (besonders als Teppich)

ROT

VIOLETT

SCHWARZ

BRAUN

Tabelle 2.5: Farbwirkungen im Raum (Decke, Wand, Boden) nach [15]

19

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Bild 2.26: NAH

Bild 2.27: FERN

Bild 2.28: WEIT

Bild 2.29: ENG

Bild 2.30: HOCH

Bild 2.31: NIEDRIG

Bildbeispiele 2.26 - 2.31: Wirkung von hellen, leichten und dunklen, schweren Farbächen im Raum, nach [15]

20

Farben können die Wirkung von Raumproportionen beein ussen, wie z.B. das Emp nden von weiten/ engen und hohen/ niedrigen Räumen, was mit der Assoziation von „leichten“ oder „schweren“ Farben zusammenhängt. Als leichte Farben werden helle, als schwer dunkle Farben erlebt. Bei gleichhellen Bunttönen wirken: • Leichter: Passive Farben (z.B. Grün, Blau) • Schwerer: Aktive Farben (z.B. Rot, Orange) (Siehe Bildbeispiele 2.26 - 2.31)

der Kombination verschiedener Tonstufen einer Farbe aber auch das Einsetzen von Kontrasten, wie z.B.:

Innerhalb eines Bunttonbereiches wirkt die hellere Nuance leichter als die vollgesättigte - z.B. wirkt Rosa leicht, Rot dagegen schwer. [15] Farben mit einem hohen Anteil von aktiven Farben wie Orange und Rot können also, groß ächig angewandt, eine Raumverkleinerung oder eine optische Aufhellung bewirken. In Kombination mit hellen Farbnuancen kann dies relativiert werden. Kühlere passive Farben wie Blau und Grün können als Kontrastfarben eingesetzt werden, deren Wirkung sich allerdings bei künstlicher Beleuchtung stärker verändert. Die in der Umgebung vorherrschende Farbe beein usst die Farbwirkung kleiner Flächen, deren Wirkung durch gegensätzliche Helligkeiten und komplementäre Farbtöne verstärkt werden können. So wie die Textur-, Haptik- und Akustikeigenschaften von Materialien können insbesondere Farben die Emp ndung der Raumtemperatur des Nutzers verstärken. Dies betrifft Farben, die zu den „warmen“ Farbtönen zählen, wie Rot und Orange, sowie „kalte“ Farben wie Blau und Grün. Für das Emp nden von Farben im Raum ist die harmonische Kombination verschiedener Farbtöne wichtig, die sich dadurch auszeichnet, dass sie auf den Betrachter angenehm wirkt. Das Zusammenspiel mit anderen Farben entfaltet die gesamtheitliche Wirkung. Farben sollten sich ergänzen und gegenseitig steigern. Ein harmonisches Farbkonzept beinhaltet sowohl die Zusammenstellung von Farben der gleichen Tonstufe oder



Komplemtärkontrast - Gegenfarben, z.B. Gelb – Violett (im Farbkreis gegenüberliegende Farben)



Hell-Dunkel Kontrast



Warm-Kalt Kontrast



Buntkontrast - Kombination bunter Farben, z.B. Gelb, Rot, Blau



Bunt-Unbunt Kontrast - Kombination neutralisierender mit gesättigten Farben, z.B. Grau/ Gelb



Quantitätskontrast - unterschiedliche Farbmengenverteilung



Qualitätskontrast - Farben mit unterschiedlicher Sättigung



Flimmerkontrast - Farben mit gleicher Helligkeit bzw. Dunkelheit



Simultankontrast - veränderte Farbwahrnehmung einer Farbe durch die Beein ussung einer anderen Farbumgebung. [15] (Siehe hierzu die Bildbeispiele 2.33 2.41.) Die Farbwirkung im Raum hängt sehr stark von der natürlichen Beleuchtung, bzw. der künstlichen Beleuchtung ab. Sie kann durch die Qualität des Lichts gesteigert oder abgeschwächt werden. Leuchtmittel können die Farbtöne verfremden. Glühlampen oder WarmtonLeuchtstof ampen verstärken warme Farbtöne, kalte Farbtöne hingegen wirken grauer (siehe auch Kap. 2.3.2 Künstliche Beleuchtung). Für diejenigen die sich eingehender mit der Farbenlehre und Farbgestaltung auseinander setzten möchten, verweisen wir an dieser Stelle auf weiterführende Literatur. [15] [17]

Psychologische und visuelle Behaglichkeit

Alle gestalterischen Maßnahmen im Bereich Bauen und Wohnen sollten idealerweise das intuitive, kreative und ästhetische Emp nden des Nutzers mit professionellen „Know-How“ verbinden, unter Berücksichtigung der körperlichen, seelischen und geistigen Bedürfnisse des Menschen in seinen unterschiedlichen Entwicklungs- und Lebensphasen sowie seinen individuellen und allgemeinen Lebensbereichen.

Bild 2.32: Farbkreis nach Johannes Itten,1961

Bild 2.33 Komplementär-Kontrast

Bild 2.34 Hell-Dunkel-Kontrast

Der Mensch wird sein Haus oder seine Wohnung als wohltuend emp nden, wenn zwischen Mensch und Raum eine harmonische Beziehung besteht.

Bild 2.35 Warm-Kalt-Kontrast

Bild 2.40 Flimmerkontrast Bild 2.38 Quantitätskontrast

Bild 2.36 Bunt-Kontrast

Bild 2.37 Bunt-Unbunt-Kontrast

Bild 2.41 Simultankontrast

Bild 2.39 Qualitätskontrast

Bildbeispiele für Farbkontraste 2.33 - 2.41

21

Thermische Behaglichkeit

3

Thermische Behaglichkeit und Raumklima

Eine der wesentlichen Aufgaben von Gebäuden [18] ist die Aufrechterhaltung eines behaglichen und der Gesundheit des Menschen zuträglichen Umgebungsklimas. Die Gebäudehülle sowie die eingesetzte technische Gebäudeausrüstung schützt den Menschen vor den Einflüssen des Außenklimas und hilft ein Raumklima zu schaffen, das innerhalb bestimmter Grenzen als konstant angesehen werden kann. Neben dem entscheidenden Faktor Luft gibt es eine große Anzahl anderer Faktoren, die ebenfalls die Behaglichkeit beeinflussen. Dazu gehören die auf einen Menschen einwirkende Strahlungstemperatur, die Kleidung, das Geschlecht, die Gesundheit, die Konstitution, die Nahrungsaufnahme, das Alter, die Jahreszeit, die Art der Arbeit aber auch die Beleuchtung, Geräusche, Gerüche usw.. Auch psychische Elemente, wie z.B.

3.1

geistige Anspannung oder Freude, wirken sich auf die Behaglichkeit aus. Es ist jedoch möglich, Bereiche anzugeben, in denen sich der Mensch thermisch am behaglichsten fühlt. Dabei sind es außer der Kleidung und der Aktivität im wesentlichen vier Elemente des Luftzustandes und des Umfeldes, die für die thermische Behaglichkeit von Bedeutung sind: – die Lufttemperatur sowie die Gleichmäßigkeit derselben, – die Luftbewegung, – die Temperaturen der Umschließungsflächen sowie – die Luftfeuchte. Der Mensch fühlt sich behaglich, wenn seine Hauttemperatur zwischen 33°C und 37°C liegt. Thermische Behaglichkeit liegt also vor, wenn diese Schwellenwerte nicht unter- bzw. überschritten werden.

Temperatur

3.1.1 Wärmehaushalt des Menschen Der Körper des Menschen ist nur begrenzt in der Lage, seine Körpertemperatur unabhängig von den ihn umgebenden Luftzuständen und seiner Muskelaktivität konstant zu halten. [19] Der Mensch unterscheidet sich somit von den Kaltblütern, deren Körpertemperatur sich dem Umgebungsklima angleicht. Ein ganz entspannter Körper benötigt im Behaglichkeitszustand beim Sitzen die zur Gewährleistung des Lebens erforderliche Mindestwärmebildung (Grundumsatz) von etwa 60 W/m² (auf den Quadratmeter Körperoberfläche bezogen). In diesem Zustand herrscht energetisches Gleichgewicht zwischen der im Körper erzeugten und der von ihm abgegebenen bzw. gespeicherten Wärme. Um die Temperatur des menschlichen Körpers unabhängig von allen äußeren oder inneren Verhältnissen konstant zu halten, ist eine sensible Temperaturregelung erforderlich, die vom Gehirn gesteuert wird. Die Sensoren dieser Regelung 22

sind in der Haut und im Gehirn liegende Thermorezeptoren, die sowohl für das Kälte- als auch für das Wärmeempfinden verantwortlich sind. In Abhängigkeit von dieser Temperaturempfindung wird die innere Wärmeerzeugung und teilweise auch die äußere Wärmeabgabe beeinflusst. Die innere Wärmeerzeugung erfolgt einerseits durch einen Verbrennungsprozess in den Organen und andererseits durch einen Drang nach körperlicher Tätigkeit und Muskelbewegung. Bei der äußeren Wärmeabgabe des Körpers wirken eine Anzahl von Faktoren zusammen, durch die die Körpertemperatur konstant gehalten wird. Die Wärmeabgabe erfolgt dabei auf unterschiedliche Weise: • durch Konvektion der Wärme von der Körperoberfläche an die Luft, • durch Wärmeleitung an berührende Flächen, z.B. von den Füßen und dem Gesäß,

• • •

durch Wärmestrahlung von der Körperoberfläche an die umgebenden Flächen, durch die Verdunstung von Wasser auf der Haut, durch Atmung und durch Ausscheidungen, Einnahme von Speisen, Diffusion u. a.

Thermische Behaglichkeit



Die verschiedenen Körperteile (Kopf, Hände, Füße usw.) nehmen mit sinkender Umgebungstemperatur zunehmend unterschiedliche Temperaturen an. Dabei sind die Kopftemperatur wenig und die Hand- und Fußtemperaturen stark veränderlich.

Die im letzten Punkt genannten Einflüsse sind meist so gering, dass sie gegenüber den anderen vernachlässigt werden können.

3.1.2 Raumtemperatur 3.1.2.1 Operative Temperatur Da die Behaglichkeit von einer Vielzahl von Umständen beeinflusst wird, müssen bei Angaben zur Lufttemperatur, diese auf die entsprechenden Randbedingungen bezogen werden. So definiert DIN 1946-2: 01-1994 „Raumlufttechnik – Gesundheitstechnische Anforderungen“ einen Behaglichkeitsbereich der „operativen“ Temperatur, die das Zusammenwirken von Lufttemperatur und Strahlungstemperatur der Umgebungsoberflächen berücksichtigt. Der empfohlene zulässige Bereich der operativen Temperatur ist in Bild 3.1 kariert dargestellt. Der senkrecht schraffierte Bereich ist nur für kurze Zeiträume zulässig. Der waagerecht schraffierte Bereich ist beim Einsatz von Quelllüftungssystemen6 zulässig.

Bild 3.1: Zulässigkeitsbereich der operativen Temperatur in Abhängkkeit von der Außenlufttemperatur nach DIN 1946-2

Bei Anstieg der Außentemperatur über 26 °C ist es auch zulässig, bzw. notwendig, dass die Innenraumtemperatur über 25 °C steigt. Wesentlich für das Behaglichkeitsempfinden ist die Gleichmäßigkeit der Temperaturverteilung im Raum. In allen geheizten Räumen bestehen je nach Art der Heizung, Lage, Größe und Temperatur der Heizkörper sowie der Außentemperatur Temperaturunterschiede sowohl in senkrechter als auch in waagerechter Richtung.

6

Bild 3.2: Behaglichkeit-Raumkllima [20]

Quelllüftungssysteme sind Systeme, bei denen die Zuluft in Fußbodennähe in den Raum eingebracht wird, sich dabei über die gesamte Bodenfläche ausbreitet, sich an den anwesenden Personen erwärmt und an Ihnen aufsteigt.

23

Thermische Behaglichkeit

3.1.2.2 Lufttemperaturschichtung Lufttemperaturschichtung bzw. ein ungewöhnlich großer vertikaler Lufttemperaturgradient 7 zwischen Nackenhöhe und Fußgelenkhöhe sitzender Menschen kann zur Beeinträchtigung der thermischen Behaglichkeit führen. Die menschliche Empfindlichkeit gegenüber vertikalen Temperaturveränderungen ist bei von unten nach oben zunehmender Temperatur größer als bei von oben nach unten zunehmender Temperatur. Übliche Grenzwerte bei von unten nach oben zunehmender Temperatur sind für die Temperaturdifferenz zwischen 0,1m (Knöchelhöhe) und 1,1m Raumhöhe (Kopf- bzw. Nackenhöhe eines Sitzenden) ∆θ = 2K (DIN 1946-2). 3.1.2.3 Strahlungstemperatur und Temperatur der Umschließungsflächen Die Behaglichkeit eines Menschen hängt aber auch von der Strahlungstemperatur-Asymmetrie ab, der er ausgesetzt ist. Am empfindlichsten reagiert der Mensch auf Strahlungstemperaturunterschiede, die durch warme Decken bzw. durch kalte Wände verursacht werden. Demgegenüber werden kühle Decken und warme Wände innerhalb gewisser Grenzen als angenehm empfunden. Wärmespeicherkapazität der Raumhülle Thermische Speichermassen [21] verzögern Änderungen der Raumtemperatur, wenn andere Randbedingungen wie insbesondere die Lüftung und die Solarstrahlung gleich bleiben. Durch die Fähigkeit, Wärmemengen aus- und einzuspeichern, erwärmt sich ein Raum mit hoher Speichermasse langsamer und kühlt auch langsamer aus, als ein Raum mit geringer Speichermasse. Dadurch erhöht sich ggf. die thermische Behaglichkeit in einem Raum.

Gleichzeitig vermindern hohe Speichermassen auch den Wärmeverlust durch Nachtabschaltung. Über die gesamte Heizperiode betrachtet tragen Speichermassen an sich jedoch nur unwesentlich zur Einsparung an Heizenergie bei. Thermische Speichermassen werden erst wirksam, wenn sich die Umgebungstemperatur ändert. Die Ermittlung der wirksamen Wärmespeicherfähigkeit erfolgt: – Durch eine ausführliche Berechnung nach DIN EN ISO 13768, – in guter Näherung über die Summierung der wirksamen Wärmespeicherfähigkeiten aller Gebäudeteile, die im direkten Austausch mit der Innenluft stehen. Vereinfacht werden üblicherweise auch Pauschalwerte angegeben; dabei wird häufig nach leichten, mittelschweren und schweren Gebäuden differenziert. Als leichte Gebäude können eingestuft werden: – Gebäude mit Holztafelbauweise ohne massive Innenbauteile, – Gebäude mit abgehängten Decken und überwiegend leichten Trennwänden und – Gebäude mit hohen Räumen. Als mittelschwere Gebäude können eingestuft werden: – Gebäude mit massiven Innen- und Außenbauteilen (Dichte ≥ 600 kg/m³), – Gebäude ohne abgehängte oder thermisch abgedeckte Decken, – Gebäude ohne innenliegende Wärmedämmung an den Außenbauteilen und – Gebäude ohne hohe Räume.

7

Der vertikale Lufttemperaturgradient gibt den Temperaturunterschied in vertikaler Richtung - also in x- und y-Richtung - an.

24

Bild 3.3: Ursachen der Strahlungstemperatur-Asymmetrie

Spezif. wirksame Wärmespeicherfähigkeit8

Gebäude mit leichter Bauweise

50 Wh/(m2 NGF K)

Gebäude mit mittelschwerer Bauweise

90 Wh/(m2 NGF K)

Gebäude mit schwerer Bauweise

Thermische Behaglichkeit

Bauart

130 Wh/(m2 NGF K)

Tabelle 3.1: Pauschalwerte für die spezifische Wirksame Wärmespeicherfähigkeit mit Bezug auf die Nettogrundfläche eines Raumes bzw. Gebäudes

Als schwere Gebäude können eingestuft werden: – Gebäude mit massiven Innen- und Außenbauteilen (Dichte ≥ 1000 kg/m³), – Gebäude ohne abgehängte oder thermisch abgedeckte Decken, – Gebäude ohne innenliegende Wärmedämmung an den Außenbauteilen und – Gebäude ohne hohe Räume. Heizsysteme (Wärmeübergabe) Die grundsätzliche Aufgabe von Heizungssystemen ist, den Aufenthaltsraum von Menschen in Gebäuden auf eine dem Behaglichkeitsempfinden entsprechende Temperatur zu konditionieren (heizen). Dabei ist zu beachten, dass das Behaglichkeitsempfinden des Menschen von der Kleidung, der körperlichen Aktivität, der Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftreinheit bzw. –güte und der mittleren Temperatur der raumumschließenden Flächen (s.o. operative Temperatur bzw. Raumtemperatur) abhängt. Heizungsanlagen bzw. die unterschiedlichen Systeme zur Wärmeübergabe in den Raum beeinflussen das Behaglichkeitsempfinden des Menschen über die Lufttemperatur und die Strahlungstemperatur (und hier insbesondere auch die von Heizflächen bzw. indirekt die von kalten Außen(wand)flächen). Gängige Wärmeübergabesysteme sind z.B. neben dem klassischen Heizkörper, die Flächenheizung in Fußböden, Wänden und Decken, die Luftheizung und als Sonderfall die Einzelheizung in Form des (offenen) Kaminfeuers. Aus der klassischen Bauweise heraus, d.h. in diesem Fall Gebäude mit geringer oder keiner Wärmedämmung, haben sich die Heizungsanlagen mit Heizkörpern als Wärmeübertrager entwickelt. Bei un- bzw. schlechtgedämmten Gebäuden kommt es während der Heizperiode an den Außenwänden und verstärkt auch im Bereich der Fensterflächen

zur Beeinträchtigung der thermischen Behaglichkeit. Grund dafür sind zwei Phänomene: Erstens kommt es an kalten Außenflächen zu Kaltluftabfall, d.h. warme Raumluft kühlt sich an den kalten Außenflächen ab, „fällt“ nach unten und strömt auf Knöchelhöhe von der Außenwand in den Raum. Im allgemeinen werden solche Strömungen vom Menschen als unangenehm empfunden. Aus dieser Erfahrung heraus resultiert die Anordnung von Heizkörpern an der Außenwand und insbesondere unter Fenstern. Die aufsteigende Warmluft des Heizkörpers kompensiert dabei den Kaltluftabfall und trägt somit zur Komfortsteigerung bei. Darüber hinaus empfindet der Mensch kalte senkrechte Flächen, wie z.B. ungedämmte Außenwände während der Heizperiode, häufig als unangenehm. Dies beruht auf dem sogenannten Strahlungsentzug durch kalte Raumflächen. Üblicherweise wird diese Art der Einschränkung der thermischen Behaglichkeit gleichfalls durch die Anordnung von Heizkörpern an der Außenwand kompensiert. Mit zunehmender Wärmedämmung der Außenwand verlieren beide Aspekte an Bedeutung, da sich die raumseitigen Oberflächentemperaturen erhöhen. Je besser die Dämmung der Außenbauteile ist, desto weniger ist die Anordnung von Heizkörpern an den Außenwänden notwendig. Vielmehr können Heizungsleitungslängen optimiert werden, indem man Heizkörper an den Innenwänden anordnet. Die Wärmeübergabe von Heizkörpern an den Raum erfolgt überwiegend durch Konvektion, aber auch in Abhängigkeit von der Konstruktion der Heizkörper durch Strahlung. Dieser Strahlungsanteil wird in der Regel als behaglich empfunden.

8

Die wirksame Wärmespeicherfähigkeit Cwirk eines beheizten Gebäudes entspricht der Änderung der in den Bauteilen des Gebäudes gespeicherten Wärme bei einer Innentemperaturänderung von 1 K. Physikalisch ausgedrückt beschreibt sie, welche Wärmemenge in Joule benötigt wird, um die Masse von 1 kg eines bestimmten Stoffes um eine Temperaturdifferenz von ∆θ = 1 K zu erhöhen.

25

Thermische Behaglichkeit

Heizkörper mit einem Strahlungsanteil von ca. 5% bis 20% sind die im Wohnbereich verbreiteten Rohrheizkörper, Flachheizkörper (Plattenheizkörper), Radiatoren (Gliederheizkörper) und Rohrradiatoren. Für verschiedene Flachheizkörper wird die zu übertragene Wärmeleistung durch Konvektorflächen verstärkt. Der Einsatz von Konvektoren als separate Heizkörper oder eingebaut in Wandnischen oder unter Fensterbänken mit gesonderten Verkleidungen – die ohnehin aus energetischen Gründen nicht zu empfehlen sind – ist im Wohnbereich zurückgegangen. Wesentliche Gründe für diesen Trend sind: – Nahezu kein Strahlungsanteil bei der Wärmeübergabe, – erschwerte Reinigung, – relativ hohe Heizmedientemperatur, Vorlauftemperatur ϑ ≥ 70°C (nicht als Niedertemperaturheizung geeignet), – ungeeignet für übliche Methoden der Heizkostenverteilung (Anbringung von Verdunstern oder elektronischen Heizkostenverteilern). Wärmeübergabe vor allem durch Konvektion erfolgt auch bei einer Bodenkanalheizung und bei Sockelheizkörpern. Für Bodenkanalheizungen (Unterflurkonvektoren) gibt es unterschiedliche Systeme, beispielsweise Unterflurkonvektoren mit Kaltluft-, Raumluft- und beidseitiger Ansaugung. Sie werden dicht an oft raumhohen Fensterflächen angeordnet. Primär erfolgt eine Erwärmung der Fensterfläche durch Konvektion, sekundär die Abgabe der Strahlungswärme von der Fensterfläche an den Raum. Gebläsekonvektoren (Fan Coil Units) – mit erzwungener Konvektion durch den Einsatz von Ventilatoren – finden vorrangig in Nichtwohngebäuden Anwendung. Im Wohnbereich sind Bodenkanalheizungen vor allem bei großen Fensterflächen und hier besonders in Wintergärten unter folgenden Aspekten besonders geeignet: – gestalterische Aspekte, – Behaglichkeit bezüglich sich einstellender Oberflächentemperaturen an den Fensterflächen sowie – gute Regelfähigkeit. 26

Nachteile sind aber auch hier die hohen Heizmedientemperaturen und die erschwerte Reinigung. Sockelheizkörper [19] – auch Fußleistenheizkörper oder Heizleisten genannt – sind langgestreckte, schmale und niedrige Heizkörper, die an den Wänden der Räume, hauptsächlich an den Außenwänden, wie Fußleisten angebracht werden. Sie können sowohl für Warmwasser- als auch für Dampfheizungen verwendet werden. Durch Versuche hat man festgestellt, dass diese Heizkörper eine besonders gute Verteilung der Wärme im Raum gewährleisten. Die Fußleistenheizkörper legen gewissermaßen über die gesamte Raumbreite eine aufsteigende Warmluftströmung an die Außenwände an. Diese wirkt dem Kaltluftabfall nicht nur entgegen, sondern hebt ihn sogar auf. Als Vorteile sind zu nennen: – Geringer Platzverbrauch, – geringer Preis, – gute Wärmeverteilung im Raum und – leichte Installation. Dem gegenüber sind folgende Nachteile zu nennen: – Erschwerte Reinigung und – Behinderung der Möbelaufstellung an den jeweiligen Wänden. Einerseits empfindet der Mensch den Strahlungsentzug durch kalte Umschließungsflächen als unangenehm, andererseits bewirken warme Umschließungsflächen in gewissen Grenzen ein angenehmes Empfinden. Deswegen haben sich aus dem Behaglichkeitsempfinden heraus – aber auch aus energetischen und optischen Gründen – die Flächenheizungssysteme entwickelt. Flächenheizungssysteme gibt es in drei gängigen Ausführungsvarianten: – Fußbodenheizung, – Deckenheizung und – Wandheizung. Im Allgemeinen wird die Abstrahlung von Wärme – Flächenheizungen haben prinzipbedingt einen hohen Strahlungsanteil – als angenehm empfunden. Werden jedoch unnötig hohe Systemtemperaturen in Flächenheizungen gefahren, wirkt sich dies negativ auf das Behaglichkeitsempfinden aus.

Da mit zunehmendem Dämmstandard der Kaltluftabfall an den Außenwänden an Bedeutung verliert (s.o.), die raumseitigen Oberflächentemperaturen der Außenwände ansteigen und der Heizenergiebedarf eines Gebäudes sinkt, kann beispielsweise bei sogenannten Passivhäusern auf konventionelle, wasserführende Heizungssystem verzichtet werden. Stattdessen werden Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung eingesetzt – ggf. unterstützt mit einem zusätzlichen Luftheizungssystem. Dabei wird vorgewärmte Außenluft in Kin-

3.2

Thermische Behaglichkeit

Insbesondere Wärmeeinstrahlung von oben wird vom Menschen schnell als unangenehm empfunden (siehe oben). Deckenheizungssysteme werden im Wohnungsbau üblicherweise nicht eingesetzt. Bei Fußbodenheizung sollten maximale Oberflächentemperaturen von ≤ 29°C eingehalten werden, da höhere Temperaturen das Behaglichkeitsempfinden in den Füßen beein-trächtigt. Darüber hinaus empfiehlt sich der Einbau von Fußbodenheizungen nur in Gebäuden mit einem dem Stand der Technik entsprechenden Dämmstandard (EnEV-Niveau). Erstens kann mit Fußbodenheizungen der Kaltluftabfall – wenn überhaupt – nur in engen Grenzen kompensiert werden und zweitens ist die Heizleistung aufgrund der Systemtemperaturen begrenzt. In diesen Fällen können neben der Deckung der Grundlast des Wärmebedarfs durch die Fußbodenheizung als Ergänzung Heizkörper eingesetzt werden.

der-, Schlaf- und Wohnzimmer (Räume mit geringer Luftbelastung) zugeführt, in Küche und Bad/WC-Raum (Räume mit hoher Luftbelastung) weitergeleitet und über einen Wärmetauscher wieder abgesaugt. Zwischen den einzelnen Räumen muss eine Möglichkeit der Luftüberströmung vorhanden sein. Im einfachsten Fall werden die Türblätter ca. 2 cm gekürzt. Es gibt aber auch technisch ausgereiftere Lösungen, die optisch ansprechender bzw. nicht sichtbar sind. Aus Sicht der thermischen Behaglichkeit sollte beachtet werden, wie die Regelung der Raumlufttemperatur erfolgt. Häufig kann die Zulufttemperatur nicht in den einzelnen Räumen differenziert geregelt werden. Im Allgemeinen ist das unproblematisch, lediglich in den Schlafzimmern wird eine nicht absenkbare Raumtemperatur oftmals als störend empfunden. Ein Sonderfall bei der Wärmeübergabe in Räume sind die offenen Heizungssysteme wie z.B. Kamine. Im Gegensatz zu den modernen Öfen – wie z.B. Holzpelletöfen – haben diese Systeme einen schlechten Nutzungsgrad und dienen lediglich der Zusatzheizung bzw. vielmehr der Erhöhung des Wohnkomforts. Dass diese Systeme nicht regelbar sind und einen hohen Bedienaufwand erfordern, wird vom Nutzer üblicherweise akzeptiert. Der Strahlungsanteil des Feuers und der optische Eindruck trägt dabei überwiegend zum angenehmen Empfinden beim Menschen bei.

Luftbewegung

Die Luftbewegung hat einen ganz erheblichen Einfluss auf die Behaglichkeit. Während der Mensch im Freien eine gewisse Luftbewegung nicht als unangenehm empfindet oder sogar begrüßt, ist er in geschlossenen Räumen umso empfindlicher gegen jede Art der Luftbewegung. Es stellt sich die Frage, wie groß die Luftbewegung sein darf, ohne die Behaglichkeit negativ zu beeinflussen. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass es in einem geheizten oder gelüfteten Raum entgegen üblichen Vorstel-

lungen meistens keine stabile Strömung gibt. An jeder Stelle des Raumes bestehen unter dem Einfluss von Temperaturunterschieden und Trägheitskräften dauernde Richtungs- und Geschwindigkeitsänderungen der Luftmasseteilchen. Die in DIN EN ISO 7730 angeführten und in Bild 3.4 zitierten Maßstäbe gelten für die Bewertung eines gemäßigten Umgebungsklimas, dem der Mensch ausgesetzt ist.

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Thermische Behaglichkeit

dieser in unterschiedlichen Raumhöhen liegen kann. Allen untersuchten ALD ist gemein, dass bei hinreichender Reduzierung des Zuluftvolumenstroms eine Beeinträchtigung der thermischen Behaglichkeit durch Zugluft im Aufenthaltsbereich von Wohnungen - unabhängig von der Anordnung und Konstruktion desselben - ausgeschlossen werden kann. Dabei ist es nicht von Bedeutung, auf welche Art die Reduzierung auf einen unkritischen Luftvolumenstrom erreicht wird.

Bild 3.4: Maximal zulässige Raumluftgeschwindigkeit bei 15 % Unzufriedenen in Abhängigkeit von der Raumlufttemperatur und dem Turbulenzgrad der Raumluftströmung.

Ziel einer Forschungsarbeit [22] am Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin war es, auf der Basis der Ergebnisse einer messtechnischen Untersuchung marktüblicher Außenwand-Luftdurchlässe (ALD) Entwicklungsanforderungen zur konstruktiven Gestaltung und zur zweckmäßigen Anordnung in Wohnungen abzuleiten und somit insbesondere die Beeinträchtigung durch Zugluft minimieren zu helfen. Daneben werden, u.a. im Auftrag der Hersteller, weitere messtechnische Untersuchungen hinsichtlich der thermischen Behaglichkeit für den Raumnutzer, wie z.B. Messungen der Luftgeschwindigkeit im Aufenthaltsbereich sitzender Personen, durchgeführt. Auskunft dazu geben die Produktangaben der Hersteller. Außenwandluftdurchlässe werden im Bereich der Wohnungslüftung eingesetzt, um bei freier Lüftung oder bei Abluftanlagen die notwendige Außenluftzuführung zu gewährleisten. Die technischen Lösungen marktüblicher ALD sind vielfältig. Sie reichen von der einfachen manuell verschließbaren Wandöffnung bis zu Luftdurchlässen mit Ventilatoren und Wärmeübertragern. Viele Hersteller bieten Lösungen an, die mit einem Fenster, einer Fensterbank oder einem Rollladenkasten kombiniert sind. Andere Lösungen benötigen einen Durchbruch in der Außenwand, wobei 28

Bei der Zuführung kalter Außenluft über ALD in Wohnräume können Zuluftstrahlen, die sich oberhalb des Aufenthaltsbereiches an die Decke anlegen, die thermische Behaglichkeit wesentlich beeinträchtigen, vergleiche Bild 3.5.

Bild 3.5:

Beispiel für die Visualisierung der Raumluftströmung: rechts Fenster mit ALD, links Aufenthaltsbereich von Wohnräumen, nach DIN 1946-6

Daher gibt es für verschiedene Einbauorte der ALD´s Empfehlungen für den maximalen Luftvolumenstrom, siehe Tabelle 3.2. Die darin angeführten Grenzwerte beruhen auf Erfahrungswerten und dienen daher als Anhaltswerte für die Auslegung von Außenwand-Luftdurchlässen bei der kontrollierten Wohnungslüftung. Zur Einhaltung des jeweiligen Grundvolumenstroms sind ggf. mehrere Auslässe notwendig. Gestaltungsziel bei der Konstruktion von ALD sollte eine möglichst außenwandparallele Luftzuführung (siehe Bild 3.6) sein, die darüber hinaus mit geringem Impuls, ähnlich dem Quellluftprinzip (siehe S.23), arbeitet. Ein zentrisch zum ALD angeordneter Heizkörper unterstützt diese Maßnahmen zur Vermeidung von

Die Volumenstrombegrenzung eines ALD sollte höchstens nur den - von den jeweils ALD

Einbauort

Thermische Behaglichkeit

Zugluftbildung und sollte aus diesem Grunde herstellerseitig immer empfohlen werden. Eine geringe Fallhöhe der Zuluft über dem Fußboden wirkt sich ebenfalls positiv auf die Raumluftströmung aus.

gegebenen Randbedingungen abhängigen - oberen Volumenstrom zulassen, der zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der thermischen Behaglichkeit durch Zugluft führt. Auf welche Art diese Begrenzung stattfindet, ist aus Sicht der thermischen Behaglichkeit dabei nicht von Bedeutung.

Zuluftrichtung

max. Luftvolumenstrom

z.B. Schlitz-LD‘s im oberen Fensterrah- schräg oder senkrecht men integriert nach oben gerichtet

10 m3/h

z.B. Tellerventile außenwandintegriert in Sturzhöhe

radial und parallel zur Außenwand ausblasend

20 m3/h

z.B. Tellerventile außenwandintegrierte radial und parallel zur ALD in Brüstungshöhe Außenwand ausblasend

30 m3/h

Tabelle 3.2: Empfehlungen für maximalen Luftvolumenstrom für ALD‘s

3.3

Bild 3.6:außenwandparallele Luftzuführungsarten von ALD´s

Raumluftfeuchte

Feuchtequellen [23] in Wohnräumen sind die Koch-, Back- und Bratvorgänge, alle Feuchtreinigungsprozesse, Wannenund Duschbäder, freie Wasserflächen (z.B. Aquarien) und Zimmerpflanzen sowie der Mensch selbst. In einem Dreibis Vier-Personen-Haushalt verdunsten im Durchschnitt täglich sieben bis acht Liter Wasser. Dabei spielt neben der Personenwasserabgabe die Feuchtigkeitsfreisetzung durch Wäschetrocknen, das in städtischen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern nicht selten von 70 bis 80% der Mieter praktiziert wird, die wesentliche Rolle. Unberücksichtigt ist dabei die Feuchtefreisetzung durch Gasverbrennung beim Kochen, die abhängig vom Gas 100 g/h bis 150g/h je kW Nennleistung beträgt. Ein Teil des verdunsteten Wassers wird durch die Lüftung direkt abgeführt, der Rest vor dem späteren Abtransport überwiegend in der Umfassungskonstruktion und in den Einrichtungsgegenständen gespeichert. Die direkte und indirekte Abführung über Lüftung kann aber nur dann in hinreichenden Maße gesichert werden, wenn entsprechend dem Feuchtigkeitsaufkommen ein genügender Außenluftvolumenstrom zur Verfügung steht und dieser außerdem ausreichend Feuchtigkeit aufnehmen kann.

Die letztgenannte Bedingung wird um so besser erfüllt, je niedriger die Außenlufttemperatur ist. Denn kalte Außenluft, die beim Lüften in den Innenraum gelangt, nimmt bei der Erwärmung Feuchtigkeit auf, die mit der erwärmten Luft wieder nach außen abgeführt wird. Mit kalter Außenluft kann selbst bei Regenwetter eine Abführung von Feuchtigkeit aus Wohnräumen erfolgen. Eine Wasserdampfdiffusion, d.h. eine Diffusion von Feuchtigkeit von der Raumseite durch die Außenwand nach Außen, findet zwar statt, sie trägt aber nur in sehr geringem Maß zum Abtransport von Feuchtigkeit bei. Die im Wohnraum durch Nutzung freigesetzte Feuchtigkeit kann somit nur durch Lüftung, in keinem Fall aber durch die konstruktive Gebäudehülle abgeführt werden. Bauteile „atmen“ nicht! Kann die im Raum freigesetzte Feuchtigkeit nicht in ausreichendem Maße von der Außenluft aufgenommen werden, steigt die Luftfeuchtigkeit auf Werte an, die an kälteren Oberflächen zu Kondensation führen können. Die Feuchtigkeit an Wänden und Raumecken kann u.U. zu Schimmelpilzbildung und Schäden der Bauteile führen.

29

Thermische Behaglichkeit

Schimmelpilzbefall kann dabei schon auftreten, wenn an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen die relative Luftfeuchtigkeit an der Bauteiloberfläche täglich mindestens 12 Stunden auf Werte über 80% steigt. Tauwasserbildung ist nicht erforderlich fördert aber das Wachstum. Begünstigt werden Schadensfälle infolge zu hoher Luftfeuchtigkeit auch durch niedrige Raumtemperaturen infolge ungenügender oder ganz fehlender Heizung und durch mangelhafte Wärmedämmung (meist in Form von Wärmebrücken). Besonders gefährdet sind deshalb alle Außenwände, Außenwandbereiche und Innenwände zu unbeheizten Räumen in den Zonen hinter Einrichtungsgegenständen, Vorhängen und unzweckmäßig angebrachten Wandverkleidungen mit nur geringer Möglichkeit der Luftzirkulation. Legt man Behaglichkeitsmaßstäbe an die Feuchtigkeit der Raumluft an, so wird als Obergrenze üblicherweise ein Feuchtegehalt der Raumluft von 11,5 g Wasser je kg trockener Luft und 65% relativer Luftfeuchtigkeit festgelegt. Diese

30

Bild 3.7: Behaglichkeit - Luftfeuchtigkeit [20]

Obergrenze sollte auch wegen der möglichen Schimmelpilzbildung während der Heizperiode in schlecht gedämmten Gebäuden nicht überschritten werden. Als untere Grenze der relativen Feuchte der Luft wird üblicherweise von 30% ausgegangen. Sinkt die relative Feuchte der Luft auf Werte unter 20% kommt es zu Reizungen der Nasenschleimhäute und zur Rötung von Augen. Weitere Informationen zum Thema Schimmelpilz siehe Kap. 4.3.

Raumluftqualität – hygienische Behaglichkeit

Die Definition der hygienischen Behaglichkeit in Hinblick auf Raumluftqualität rückt immer mehr in den Fokus des Bauherren. Die Räume weisen nur dann die geforderte Qualität auf, wenn die sich darin aufhaltenden Personen in ihrem Wohlbefinden nicht beeinträchtigt werden. Neben den grundsätzlichen Wirkungsweisen der Bauprodukte spielt auch immer der Ausführungszeitpunkt der Baumaßnahme eine wichtige Rolle. Die Auswirkungen von Bauprodukten können beim Neubau und beim Bauen im Bestand zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der hygienischen Wirkungen führen. Sensible Personen, wie Kinder oder ältere Menschen reagieren weitaus intensiver auf Belastungen der Raumluft durch Schadstoffe, da ihr Immunsystem nicht die Abwehrfähigkeit besitzt wie die eines gesunden erwachsenen Menschen. Das Wohlbefinden kann dabei durch physikalische, chemische, biologische, psychische und psychologische Faktoren beeinflusst werden. Dabei sind unter anderem Befindlichkeitsstörungen wie das „sick building syndrom (SBS)“ und „building related illness (BRI)“ zu nennen, die in Zusammenhang mit dem jeweiligen Arbeitsbereich bzw. Aufenthaltsbereich des Betroffenen zu bringen sind. Beim SBS handelt es sich um Befindlichkeitsstörungen ohne direkten pathologischen Befund, die in der Regel bei den Betroffenen als unspezifische Beschwerden auftreten. Sie lassen sich in neurologische, irritative und vegetative Beschwerden aufteilen (z.B. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Reizung der Schleimhäute, Konzentrationsstörungen, Infektanfälligkeit, hohe Krankenstände, Abnahme der Arbeitszufriedenheit, etc.). [24]

Hygienische Behaglichkeit

4

Krankheitsbild mit bestimmten Symptomen (z.B. erhöhte Temperatur, Muskelschmerzen, Atemnot) vor, die durch den Aufenthalt im Gebäude verursacht werden, im Gegensatz zum SBS jedoch nach Verlassen des Gebäudes auch noch Tage anhalten können. Im allgemeinen kann eine Ursache für das Auftreten von BRI ermittelt werden. [25] Als mögliche Ursachen für SBS und BRI werden derzeit die Auswirkungen der Raumluftqualität, inadäquate Lüftung des Gebäudes, biologische Kontamination der Raumluft oder akustische Belastungen durch die TGA (Technische Gebäudeausrüstung) etc. von der Fachwelt diskutiert. Da sich die meisten Menschen mindestens 2/3 des Tages in geschlossenen Räumen aufhalten, sind hohe Anforderungen an die Raumluft unserer Gebäude zu stellen. Durch „richtiges“ Lüften kann die relative Luftfeuchte sowie der Anteil an Sauerstoff und Kohlenmonoxid in der Raumluft optimiert werden. Die in entsprechenden Normen geregelten Vorgehensweisen berücksichtigen in der Regel jedoch nicht den Einfluss zusätzlicher Emissionsquellen auf die Raumluft, d.h. nach dem derzeitigen Stand des Wissens, kann es trotz Einhalten der Mindestluftwechselrate zu Schadstoffanreicherungen in der Raumluft kommen.

Die Begriffe,“building related illness“ und „sick building syndrom“ werden häufig synonym verwendet. Allerdings sollte der Begriff „building related illness“ (BRI) deutlich vom SBS abgegrenzt werden. Beim BRI liegt ein klinisch definiertes 31

Hygienische Behaglichkeit

4.1

Beeinträchtigung durch Luftverunreinigung

4.1.1 Ursachen der Luftverschmutzung Die Belastung der Innenraumluft mit Schadstoffen kann zum einen durch Immissionen in der Außenluft und zum anderen durch Anreicherung von Schadstoffen im Innenraum, beispielsweise durch Materialemissionen, Nutzergewohnheiten (Rauchen) oder Verbrennungsvorgänge hervorgerufen werden. Immissionen in der Außenluft sind durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen geregelt bzw. limitiert. Für die Innenraumluft existieren dagegen kaum gesetzliche Regelungen. Ausgenommen davon sind Arbeitsräume, für die maximal zulässige Arbeitsplatzkonzentrationen (MAK-Werte) für verschiedene Stoffgruppen angegeben werden. Diese sind jedoch für andere Nutzungsarten (z.B. Wohnungen, Büroräume) nicht direkt übertragbar, da bei den MAK-Werten von einer kurzfristigen Belastung und von grundsätzlich gesunden Personen ausgegangen wird. Typische Schadstoffeinträge können eine Belastung für die Raumluft darstellen: - Stäube und Fasern (siehe auch Kap. 4.4 Hausstaub), - Kohlenmonoxid bei schlechten Verbrennungsgrad der Heizungsanlage, - Radongas aus dem Untergrund (regionales Problem), - Formaldehyd aus harzgebundenen Holzwerkstoffen bzw. kunstoffmodifizierten Bauprodukten, - flüchtige organische Verbindungen (VOC) aus verschiedensten chemischen Bauprodukten, - schwer flüchtige organische Verbindungen aus Weichmachern und aus verschiedensten chemischen Bauprodukten, - Biozide aus chemischen Holzschutzanstrichen, - Polyaromatische Kohlenwasserstoffe in teerhaltigen Produkten älterer Bestandsobjekte und - Asbestfasern aus Bestandsgebäuden. Ein Großteil der Produkte stammt dabei aus Herstellungsprozessen und hat in seiner Reinform zum Teil hochtoxische bis krebserregende Wirkungen auf den menschlichen Organismus. 32

4.1.1.1 Schadstoffarten und Emissionsquellen im Innenraum Neben den in Bauprodukten in der Vergangenheit vorkommenden Einzelschadstoffen wie Formaldehyd, PAK (Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe), PCP (Pentachlorphenol) und PCB (Polychlorierte Biphenyle) stellen die flüchtigen organischen Verbindungen eine große Gruppe der Emissionen, die durch Bauprodukte in den Innenraum getragen werden. Diese unterteilen sich in: - leicht flüchtige organische Verbindungen (VVOC – Very Voltaile Organic Compounds), - flüchtige organische Verbindungen (VOC Voltaile Organic Compounds), - schwer flüchtige organische Verbindungen (SVOC – Semi Voltaile Organic Compounds). Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und werden über ihren Siedepunkt definiert. Je höher der Siedepunkt eines Inhaltsstoffes liegt, desto schwer flüchtiger wird er. Für die oben genannten Einzelschadstoffe wurden in der Vergangenheit intensive toxikologische Untersuchungen durchgeführt, so dass Grenz- bzw. Orientierungswerte vorliegen. Diese können bei Emissionsmessungen als Vergleichswerte herangezogen werden (siehe auch dazu Kap. 4.1.2.2 Nationale und internationale Regelung von Emissionen in der Raumluft). Da die VVOC, VOC und SVOC in der Regel in Kombinationen auftreten und für einzelne Substanzen keine bzw. nur wenige toxikologische Informationen vorliegen, sollen durch die Erfassung und Begrenzung der Summenkonzentration (Total Voltaile Organic Compounds TVOC-Konzentrationen) gesundheitliche Auswirkungen vermieden werden. Die verschiedenen Ziel- und Richtwertefür VOC in Innenräumen sind in den folgenden Tabellen 4.1 und 4.2. nach dem Konzept von Scholz [26] dargestellt und können als Orientierung gelten.

Emissionen aus Baustoffen und Einbauten Mit der Wahl von Baustoffen bzw. Ausbaustoffen fällt indirekt auch die Entscheidung wie stark Emissionen die Raumluft belasten können. Speziell die oberflächenbildenden Baumaterialien sind primär für die Emissionen verantwortlich. Tiefere Bauteilschichten können ebenfalls einen Beitrag liefern, wobei die oberste Schicht die darunterliegende Schicht teilweise abschottet und sie somit in der Freisetzung von Schadstoffen behindert werden kann. In Einzelfällen kann es auch zu Sekundärreaktionen zwischen verschiedenen Schichten kommen, das heißt zwei unterschiedliche Schichten gehen chemische Reaktionen ein und setzten dabei Schadstoffe frei. Bei der Auswahl von Baumaterialien ist deshalb auf die Abstimmung der Baumaterialien untereinander zu achten. Weitere Informationen dazu finden sie auch in Kap. 6 Einschätzung und Bewertung von Baustoffen.

Substanzgruppe

Richtwerte [μg/m3]

Zielwerte [μg/m3]

Alkane und Alkene

50

200

Aromaten

50

200

Terpene / Sesquiterpene

20

200

Chlorierte Kohlenwasserstoffe

10

50

Ester und Ketone

10

100

Aldehyde C5 C10

20

50

Alkohole

20

50

Ethylenglykole /-ether

20

50

Propylenglykole /-ether

10

50

Sonstige

20

Summe: VOC / SVOC

< 200 μg/m

Hygienische Behaglichkeit

Während die Festlegung der Grenzwerte derzeit noch in der Fachwelt diskutiert wird, herrscht Konsens über den Summenwert. Messwerte bis zu 200 μg/m³ Raumluft werden als dauerhaft gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Sofern Angaben in Konzentrationsbereichen („hygienischer Vorsorgebereich“) erfolgen, wird sowohl dem begrenzten Wissen über die Wirkungen von VOCGemischen als auch der messtechnisch bedingten Unsicherheit Rechnung getragen.

50 3

Tabelle 4.1: Ziel- und Richtwerte für Substanzgruppen nach Scholz

Einzelverbindungen

Zielwerte [μg/m3]

Richtwerte [μg/m3]

Benzol

5

10

Toluol

25

100

α-Pinen

5

100

∆3-Caren

5

50

n-Hexanal

5

25

n-Nanonal

5

15

n-Butanal

10

25

2-Ethylhexanal

5

10

2-Butoxyethanol

5

25

2-Phenoxyethanol

5

25

4-Phenyl1-cyclohexen