Gespräch - Deutsches Lackinstitut

entwicklung der BASF Coatings, Wolf- ram Schier, und den Vorsitzenden des. VdL-Arbeitskreises Bildung, Dr. Roland. Somborn, brachte Prof. Dr. Theo J. Bas-.
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Lack im

Gespräch

I n f o r m a t i o n s d i e n s t D e u t s ch e s L a ck i n s t i t u t

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Nr. 125 Dezember 2015

Fassadenfarben

Gelb ist das neue Weiß der Nennungen noch die mit Abstand beliebteste Fassadenfarbe war, sind die Farbvorlieben heute um einiges breiter gestreut. Am beliebtesten sind im Jahr 2015 Beige und Gelb mit je 14%, erst danach findet sich Weiß - gleichauf mit Rot - bei 12% wieder. Im Vergleich mit einer gleichlautenden Umfrage aus dem Jahr 2011 ist insbesondere die Zunahme von Grün und Blau mit jeweils 5 Prozentpunkten sehr auffällig. Vor allem in der

Gruppe der jüngeren Befragten bis 30 Jahre erfreuen sich diese beiden Farben besonderer Beliebtheit. Weiß und Gelb hingegen punkten eher in der Altersgruppe der 60- bis 75jährigen. Insgesamt gesehen zeigt die jüngere Generation mehr Mut zur Farbe. Die farbige Fassade liegt im Trend und wird als Möglichkeit der optischen Individualisierung des Eigenheims wahrgenommen. Das könnte in den kommenden Jahren zu einem Wandel bei der Gestaltung von Gebäuden und einem insgesamt bunteren und vielfältigeren Erscheinungsbild von Straßenzügen und Städten führen.

Mieter und Eigentümer von Häusern in Deutschland tendieren wieder stärker zu farbigen Fassaden. Dabei liegen Beige- und Gelbtöne gleichauf und haben Weiß nach jahrelanger Dominanz als beliebteste Fassadenfarbe an der Spitze abgelöst. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Bundesbürgern im Alter ab 16 Jahren, die im Auftrag des Deutschen Lackinstituts in Frankfurt durchgeführt wurde. Auch Blau- und Grüntöne konnten Fürsprecher gewinnen und verzeichnen im Vergleich zu älteren Erhebungen den stärksten Zuwachs. Farbenfrohe Ausblicke Aus den Ergebnissen der Umfrage ist ein deutlicher Trend zu mehr Farbigkeit an Hausfassaden abzulesen: Während Weiß vor rund 10 Jahren mit 30%



Aktuell sind Beige- und Gelb-Töne als Fassadenfarben die Favoriten bei Deutschlands Hausbewohnern. Vor zehn Jahren war das ganz anders: 2006 führte eindeutig Weiß mit 30 Prozent der Nennungen die Rangfolge der beliebtesten Fassadenfarben an, gefolgt von Gelbtönen mit 22 Prozent.

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Fassadengestaltung

Die wohl bunteste Straße Deutschlands „Wer die Farbe flieht, nichts vom Weltall sieht.“ (Paul Scheerbart) Wer in Magdeburg zum ersten Mal durch die Otto-Richter-Straße fährt, kann dort im wahrsten Sinne des Wortes sein blaues Wunder erleben. Denn unvermutet säumen außerordentlich farbenfrohe Hausfassaden auf beiden Seiten die Straße, die damit sicherlich zu den buntesten Straßen Deutschlands zählt. Insgesamt handelt es sich um elf Häuser, die zwischen 1904 und 1916 erbaut wurden. Anfang der 1920er Jahre wurde die farbige Gestaltung nach Entwürfen von Bruno Taut durch den Architekten und Künstler Carl Krayl umgesetzt. Ende des vergangenen Jahrhunderts wurde mit der Sanierung dieses Straßenzugs und der Rekonstruktion der Fassadengestaltungen begonnen, die heute wieder in der ursprünglichen Farbgebung leuchten, vielleicht sogar ein wenig intensiver, als dies in den 1920er Jahren mit den damaligen Fassadenfarben möglich war. Am eindrucksvollsten innerhalb dieses Ensembles ist wohl die expressionistische „Blitzfassade“ von Carl Krayl, deren Wiederherstellung 2006 abgeschlossen werden konnte. Daneben beeindruckt der gesamte Straßenzug durch seine abwechslungsreichen individuellen „kreischend bunten“ Farbkonzepte. Auch die Putzoberflächen wurden zum Teil mit in die Gestaltung einbezo-

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gen. So ist in die Fassadenoberfläche der Hausnummer 40b ein welliges Muster in den rotbraunen Putz eingearbeitet, was dem Haus eine geradezu orientalische Anmutung verleiht. „Wir wollen keine farblosen Häuser mehr bauen“ Kein anderer Architekt hat das Thema Farbe und Stadt so radikal und so erfolgreich besetzt wie der Architekt Bruno Taut, der 1921zum Magdeburger Stadtbaurat berufen wurde. Kurz darauf machte er Carl Krayl zum Leiter des Entwurfsbüros im Hochbauamt der Stadt. Mit seinem „Aufruf zum farbigen Bauen“ hatte Taut bereits 1919 ein Kon-

zept für mehr Farbigkeit in den Städten vorgelegt, das er in seiner Amtszeit in Magdeburg umzusetzen versuchte. Denn er war der Meinung: „Die vergangenen Jahrzehnte haben durch ihre rein technische und wissenschaftliche Betonung die optische Sinnenfreude getötet.“ Graue Steinkästen waren ihm ein Gräuel und so forderte er, dass es nun darum gehen müsse, „neben der Form das wesentlichste Kunstmittel im Bauen, nämlich die Farbe, anzuwenden.“ Taut hatte sich, was farbiges Bauen anging, bereits mit der Gartenstadt Falkenberg in Berlin einen Namen gemacht; im Volksmund wurde sie wegen ihrer expressiven Farbigkeit bald „Tuschkastensiedlung“ genannt. In den nur knapp 36 Monaten seiner Amtszeit in Magdeburg ging Taut noch einen Schritt weiter. Er trieb nicht nur neue Siedlungs-Konzepte für den sozialen Wohnungsbau voran; sein Hauptanliegen in Magdeburg galt vor allem der Gestaltung des Stadtbildes durch den Einsatz von Farbe, von sehr viel Farbe! Dies brachte Magdeburg den Titel „Die farbige Stadt“ beziehungsweise „Stadt des neuen Bauwillens“ ein. Unter Stadtmarketing-Gesichtspunkten war das Taut’sche Konzept erfolgreich, denn die farbige Verwandlung der Stadt in Verbindung mit der Umsetzung neuer Konzepte für den sozialen Wohnungsbau erfuhr eine große positive Resonanz in Fachkreisen und den Medien. Taut musste seine Vorstellungen jedoch in der Stadt selbst erst gegen erheblichen Widerstand durchsetzen.

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Otto-Richter-Straße. Viele Architekten haben dieses besondere Zusammenspiel von Architektur und Farbe, das für Magdeburgs Entwicklung im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts charakteristisch ist, in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aufgegriffen, so dass Magdeburg sich heute wieder als bunte Stadt präsentiert. Respekt vor dieser historischen und künstlerischen Farbgestaltung in der Otto-Richter-Straße scheinen auch die Graffiti-Sprayer zu haben. Kein Tag oder Graffiti verunstaltet die seit ihrer Restaurierung in den späten 1990er Jahren intensiv farbigen Wände.

Der Magdeburger Farbenstreit Sein Aufruf zum farbigen Bauen, mit dem er die Magdeburger Hausbesitzer über die Lokalpresse aufforderte, gemeinsam mit dem Stadtrat Farbkonzepte zu entwickeln, rief ebenso heftige Zustimmung wie Ablehnung hervor und führte sogar zu hitzigen Debatten in der Stadtverordneten-Versammlung. Dennoch gelang es Taut, seine Vorstellungen bei zahlreichen Projekten durchzusetzen. Schon 1922 waren rund 80 Fassaden in der Innenstadt nach seinen Entwürfen farbig gestaltet worden, darunter auch die Häuser in der Otto-Richter-Straße. Weite Teile der Bevölkerung begrüßten die zunehmend farbige Gestaltung von Privathäusern, Kaufhäusern und öffentlichen Gebäuden, aber auch Kiosken und Uhren. Es sperrten sich aber viele Hausbesitzer gegen die neue Farbigkeit. Neben seinen eigenen „verordneten“ Gestaltungen, stellte Taut allerdings bald fest, dass es „abseits davon – und das ist das Erfreulichste – … nun schon einige selbständige Versuche von Malern und Besitzern gibt, mit der furchtbaren Graupinselei zu brechen.“ Insgesamt schien der Stadtbaurat mit dem Fortgang des farbigen Bauens zufrieden, denn schließlich war es „ganz einfach die Absicht, die guten Straßenzüge in Erscheinung zu bringen.“

Sprayer mit Respekt vor Fassadengestaltung Auch wenn Taut Magdeburg 1924 schon wieder verließ, um nach Berlin zurückzukehren, so wurden seine Konzepte und Pläne von seinem Nachfolger Johannes Göderitz in den nächsten Jahren weiter verfolgt. Nicht zuletzt diesen visionären Stadtgestaltern ist es zu verdanken, dass Magdeburg in den Folgejahren einen beträchtlichen Aufschwung erlebte. Heute sind die Errungenschaften des Taut’schen Farbkonzepts an vielen Stellen in Magdeburg wieder deutlich sichtbar, wenn auch nicht immer so auffällig und außergewöhnlich wie in der

Taut und die Farbigkeit von Denkmälern Taut hatte auch zum Umgang mit Baudenkmälern eine Meinung, die die heutigen Behörden wohl nicht teilen würden. „Färbt man also heute, dann muss solche neue Farbigkeit schon in dem Sinne der räumlich veränderten Sachlage geschehen, die mit dem heutigen Auge und nicht mit zeitlich zurückversetzten zu betrachten ist. Farbenarchäologie ist so gesehen ein unnützes Bemühen. Unsere gotischen Dome in alter Art farbig rekonstruieren zu wollen, hieße gleichzeitig ihre wundervolle Patina vernichten.“ (Bruno Taut: Frühlicht 1920-1922)

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Renovierungen

Zahl der Vollblut-Heimwerker geht zurück Ist Deutschland kein HeimwerkerLand mehr? Die massive Werbung der Baumärkte und die zahlreichen Zeitschriften und Ratgeber zu diesem Thema scheinen etwas anderes zu sagen. Doch die Zahl der Vollblut-Heimwerker, die aus Leidenschaft oder Kostengründen alles selbst erledigen, ist seit der Jahrhundertwende deutlich zurückgegangen. Das belegen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage bei 1.000 Bundesbürgern im Alter zwischen 16 und 75 Jahren im Auftrag des Deutschen Lackinstituts (DLI). Lag der Anteil der überzeugten Heimwerker, die alle Reparatur- oder Renovierungsarbeiten in Haus oder Wohnung selbst durchführen, im Jahr 2001 noch bei 51 Prozent der Befragten, sind es aktuell nur noch 30 Prozent. Dabei hält sich der Anteil der Heimwerker, die einfach Spaß an diesen Tätigkeiten haben, und denen, die sie aus Kostengründen übernehmen, in etwa die Waage. Im Gegenzug ist der Anteil der Bevölkerung, der solche Arbeiten vornehmlich durch Handwerker erledigen lässt, um 10 Prozentpunkte auf knapp ein Fünftel (18 Prozent) gestiegen. Bei Frauen und älteren Menschen sinkt die Lust aufs Heimwerken Die Zahl der überzeugten DYIer ist wider Erwarten deutlich zurückgegangen. Ein Grund für diese Entwicklung könnte die zunehmende Alterung der Bevölkerung darstellen. Denn insbesondere in der Altersgruppe der 60 bis 75jährigen ist der Schwund mit -29 Prozentpunkten gegenüber der Umfrage 2001 besonders groß. Noch gravierender ist mit -31 Prozentpunkten der Anteil der Frauen, die sich offenbar nicht mehr mit handwerklichen Tätigkeiten beschäftigen wollen. Und die Chancen, dass sich diese Entwicklung in Zukunft ändern könnte, stehen nicht besonders gut: Denn auch der „Nachwuchs“ hält sich beim Heimwerken deutlich zurück. Der Anteil in der Altersgruppe von 16 bis 29 Jahren, die sich partout nicht mit diesem Thema beschäftigen wollen, ist seit 2001 um 45 Prozentpunkte gestiegen.

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Steuerliche Absetzbarkeit und gutes Konsumklima Verglichen mit 2001ist der Anteil Befragten, die Renovierungsarbeiten vorzugsweise an Handwerker delegieren, um 10 Prozentpunkte gestiegen. Das liegt sicher auch daran, dass haushaltsnahe Handwerkerleistungen seit 2006 steuerlich absetzbar sind. Gleichzeitig befindet sich laut der aktuellen GfKKonsumklimastudie der Gesamtindikator für das Konsumklima in Deutschland auf dem höchsten Wert seit 15 Jahren. Ein weiterer Beleg für eine positive Stimmung bei den Konsumenten, die dafür mitverantwortlich sein könnte, dass Malerbetriebe häufiger mit Renovierungsarbeiten beauftragt werden.

Renovierungszyklen werden länger Insgesamt sind die Ergebnisse dieser Umfrage eher überraschend und scheinen der Alltagserfahrung zu widersprechen. Doch auch die Antworten auf die Frage, wann zum letzten Mal renoviert wurde, stützen die These, dass Heimwerken und Renovieren nicht unbedingt im Trend liegen. Die Studie belegt, dass sich die Renovierungszyklen in den vergangenen Jahren verlängert haben. Dem entspricht, dass auch die Angaben zu den geplanten Renovierungsmaßnahmen vorsichtiger ausfallen.

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Do-it-for-me und der werkstattlose Handwerker In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Handwerksbetriebe ohne Werkstatt nahezu verdoppelt. Im Wettbewerb mit traditionellen Handwerksbetrieben haben sich „werkstattlose Handwerker“ oder sogenannte „mobile Generalisten“ in Deutschland mittlerweile fest etabliert. In einer erstmalig durchgeführten, repräsentativen Studie zur Entwicklung des Bauhandwerks in Deutschland werden die Gründe für diese Entwicklung deutlich: Die Änderung der Handwerksordnung 2004, die EU-Osterweiterung und der Trend weg von „Do-it-yourself“ hin zu „Do-it-for-me“. In Auftrag gegeben wurde die Studie von einer deutschen Baumarkt-Kette. Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Die Zahl „mobiler Generalisten“ ist im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen: Waren es im Jahr 2005 noch 70.000 Betriebe, so stieg die Zahl im Jahr 2014

auf 120.000,Tendenz weiter steigend. Ein maßgeblicher Faktor für das Wachstum war die Reform der Handwerksordnung im Jahr 2004, durch die die Zahl der meisterpflichtigen Handwerke von 94 auf 41 reduziert wurde. 53 Handwerke wurden zulassungsfrei. Werkstattlose Handwerker sind, so die Studie, kein kurzfristiger Trend. Sie bedeuten einen nachhaltigen Wandel des traditionellen Handwerks. Dieser Prozess wird sich verstärkt fortsetzen, denn viele der „mobilen Generalisten“ betrachten ihre selbstständige Arbeit als erste Stufe für den Aufbau eines traditionellen Handwerksunternehmens. Der „mobile Generalist“ von heute ist der traditionelle Handwerker von morgen, heißt es in der Studie. „Mobile Generalisten“ erwirtschafteten 2014 einen Jahresumsatz von 14,7 Mrd. Euro. Schätzungen gehen davon aus, dass

sie im Jahr 2020 knapp 20 Mrd. Euro umsetzen werden. Diese Wachstumsprognose gründet unter anderem auf der Tatsache, dass die Betriebe „mobiler Generalisten“ im Vergleich zu traditionellen Handwerksbetrieben eine schlanke Kostenstruktur aufweisen, schreiben die Autoren der Studie. Bei privaten Endkunden seien die Leistungen „mobiler Generalisten“ bei Renovierungen und Sanierungen stark nachgefragt – deutlich häufiger als traditionelle Handwerksbetriebe. Die größten Zielgruppen bildeten dabei die 52-60-Jährigen sowie die 28-35-Jährigen. Deren Bereitschaft zum „Do-it-yourself“ habe in den vergangenen Jahren sichtbar abgenommen. „Mobile Generalisten“ hätten auf diesen Trend reagiert und böten den neuen Kunden des „Do-it-for-me“ alles aus einer Hand. Außerdem setzten sie Nebenaufträge vergleichsweise unkompliziert um.

Führungswechsel

Farewell für Mister Lackverband Eine Ära ging zu Ende: Ende Oktober 2015 verabschiedete sich Dr. Dietmar Eichstädt von den Kollegen des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) und der Fachverbände in den Ruhestand. Bei einer kleinen Feierstunde wurde sein über 30-jähriges Wirken für die „ChemieFamilie“ gewürdigt. Prägend für Eichstädts Karriere als „Mister Lackverband“ waren sicherlich die zwanzig Jahre als Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie und die sieben Jahre als Geschäftsführer und Umweltreferent beim VdL. Begonnen hatte seine Verbandslaufbahn als Refe Der Blick schweift in die Ferne: Dr. Dietmar Eichstädt bei seiner Abschiedsrede vor den Kollegen aus dem Chemiehaus in Frankfurt. Viel Lob und nette Anekdoten aus 30 Jahren Verbandsarbeit für Lacke, Druckfarben und Chemie bekam er zu hören. Der Jubilar dankte für die kollegiale und freundschaftliche Zusammenarbeit unter den Verbänden.

rent beim VCI-Landesverband in Düsseldorf. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt hatte Eichstädt zuvor studiert und promoviert. VCI-Hauptgeschäftsführer Dr. Utz Tillmann, Dr. Alex Föller für die Fachverbände und Gregor Disson für die VdL-Bezirksgruppen zeichneten das Bild eines energischen und selbstbewussten Fürsprechers der Lack- und Druckfarbenindustrie, einen manchmal unbequemen, aber stets humorvollen Mahner für die Interessen des Mittelstandes. Größtes



Verdienst von Eichstädt war sicherlich der Umbau des VdL von einem eher nach innen orientierten Expertenverband zu einer schlagkräftigen politischen Lobbyorganisation. Unter seiner Ägide als für die Politik-Kontakte Zuständiger fand der VdL bei Politik und Behörden zunehmend Gehör für seine Anliegen. Die Neuordnung der Chemikalienpolitik unter REACH und der vernünftige Umgang mit der Nanotechnologie in der Umwelt- und Gesundheitsdiskussion waren besondere Anliegen und Schwerpunkte von Eichstädts Tätigkeit.

Der scheidende VdL-Hauptgeschäftsführer Dr. Dietmar Eichstädt mit den Kollegen der Verbandsgeschäftsstelle: Sein Nachfolger, Dr. Martin Engelmann, Dr. Martin Schleß, Sabine Berger, Christoph Maier, Dr. Sandra Heydel, Corinna Orner, Dr. Dietmar Eichstädt, Nicole Schröder, Kathrin Mohr, Aline Rommert, Dr. Martin Kanert, Marga Kugler und Michael Bross (von links nach rechts).

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Kostensituation

Preistreiber Rohstoffe Die Kosten der Rohstoffe sind neben den Lohnkosten die wesentlichen Einflussfaktoren für die Preise von Lacken, Farben und Druckfarben. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden

erhebt umfangreiche Daten, die eindeutig belegen, dass die wichtigen Rohstoffe für die Lack- und Farbenherstellung in den Jahren deutlich teurer geworden sind. Für ihre innovativen und vielfach

maßgeschneiderten Produkte ist die deutsche Lack- und Druckfarbenindustrie auf qualitativ hochwertige Rohstoffe angewiesen.



Beim wichtigen weißen Farbpigment Titandioxid hat eine Beruhigung des Preisauftriebs stattgefunden, der Preis liegt aber immer noch um 22 Prozent über dem Vergleichswert von 2010. Die Lackharze sind um 18 Prozent teurer als vor fünf Jahren. Damit haben die wichtigsten Lackrohstoffe in den letzten Jahren deutlich stärker zugelegt als die allgemeine Inflationsrate (7 Prozent).



Das Statistische Bundesamt veröffentlicht monatlich Zahlen über die Preisentwicklung von verschiedenen Erzeugnissen, darunter auch für Lacke, Farben und Druckfarben. Zwischen 2010 und 2015 nahmen die Preise der Lacke und Farben um knapp 13 Prozent, die der Druckfarben um knapp vier Prozent zu. Die Rohstoffpreise, die immerhin rund 50 Prozent der Herstellkosten ausmachen, stiegen im gleichen Zeitraum um circa 15 Prozent.

Preise von Rohstoffen für die Lackindustrie 160 155 150 145 140 135 130 125 120 115 110 105 100 95 90

Harze Lösem Lösemittel ohne TIO2 g Pigmente Pigme Titanoxid Titano Additive Addit

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Quelle: Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie, Oktober 2015, Statistisches Bundesamt, Werte bis Juli 2015

Index 2010 = 100

Entwicklung der Preise 120

110 Rohstoffe Rohst Lacke & Farben Druckfarben Druck

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90 2010

Index 2010 = 100

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Quelle: Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie, Oktober 2015, Statistisches Bundesamt, Werte bis Juli 2015

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Denkmalschutz

Mehrheit will Denkmäler in Originalfarbigkeit Originalbefunde nicht immer maßgeblich

In Deutschland gibt es rund eine dreiviertel Million Baudenkmäler aus allen Epochen. Bei vielen von ihnen ist die farbige Außengestaltung Ausdruck ihrer Individualität oder prägend für eine bestimmte architekturhistorische Zeit. Den Bundesbürgern ist bewusst, dass die Original-Farbigkeit der Denkmäler mitentscheidend für die Authentizität der entsprechenden Gebäude ist. Jeder Zweite wünscht, dass die Denkmäler in ihrer ursprünglichen Farbigkeit erhalten bleiben beziehungsweise restauriert werden. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Bundesbürgern im Alter ab 16 Jahren im Auftrag des Deutschen Lackinstituts (DLI).



50 Prozent der Bundesbürger möchten die Baudenkmäler in Deutschland in ihrer ursprünglichen Farbigkeit sehen, das heißt, in der ältesten bekannten Farbwelt. 34 Prozent würden die Farbigkeit im Einzelfall von der Gestaltung der Umgebung abhängig machen und 13 Prozent könnten sich bei einer Renovierung eine Farbigkeit an Baudenkmälern vorstellen, die sich an einem modernen Farbspektrum orientiert. Dass die Hälfte der Befragten sich bei einer anstehenden Renovierung eines Denkmals für die Wahl der ältesten bekannten Farbgebung ausspricht, zeigt, dass die Menschen hierzulande wissen, welch entscheidende Rolle die Farbigkeit für den Charakter eines Baudenkmals spielt. Denn tatsächlich ist die Farbigkeit von Baudenkmälern verschiedener Epochen häufig Ausdruck wirtschaftlicher und politischer Macht, von sozialem Ansehen oder architektonischem beziehungsweise künstlerischem Streben. Damit stellt die Farbigkeit von Baudenkmälern einen maßgeblichen Faktor zur Einordnung der Gebäude in historische Zusammenhänge dar.

Auskunft über die historische Farbigkeit der Fassaden sowie der Türen und Fenster geben unter anderem Baurechnungen oder die Untersuchung von Spuren alter Anstriche. Allerdings muss der älteste Farb-Fund nicht immer der Richtige in denkmalpflegerischer Hinsicht sein. Denn Gebäude werden im Laufe ihres Bestehens mehrfach verändert und weisen häufig mehrere Zeitschichten auf. Deshalb ist immer eine Einzelfallentscheidung zu treffen, die auch den städtebaulichen Kontext berücksichtigt. Bei der Wahl der Farben oder des Putzes spielen auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Denn die Haltbarkeit beziehungsweise der Wartungsaufwand und die Renovierungszyklen müssen sich auch bei einem Baudenkmal in einem vertretbaren Rahmen bewegen

Die Marktkirche zum Heiligen Geist in Clausthal-Zellerfeld, erbaut 1636

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Putzfassaden

Mehr als nur oberflächlich Putzfassaden in den vielfältigsten Farben und Strukturen prägen nach wie vor unsere Städte und Dörfer - trotz Glas, Stahl und Beton. Der Baustoff Putz ist so alt wie die Baugeschichte, gleichzeitig aber auch so aktuell wie nie zuvor. D enn das Material erfindet sich immer wieder neu. Nicht nur bei Bauherren, sondern auch bei Architekten erfreut sich der Putz einer steigenden Aufmerksamkeit, erlebt geradezu eine Renaissance. Viele sehen darin ein traditionelles Material, das keiner formalen oder konstruktiven Einschränkung unterliegt und das durch technische Weiterentwicklungen unzählige gestalterische Möglichkeiten bietet. Die Wiederentdeckung des Putzes als Gestaltungselement für die moderne Architektur Fassadengestaltung ist ein äußerst komplexes Aufgabengebiet. Generationen von Architekten bedienten sich der Gestaltungsvielfalt durch Farben und Strukturen und übermittelten uns so ganz unterschiedliche Stilauffassungen und damit den Charakter der jeweiligen Architekturepoche. Gebäude - ob Altoder Neubau - so zu gestalten, dass sie ihren funktionellen Anforderungen



Putze gehören zu den traditionellsten Materialien des Bauens – und haben dennoch bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Was zum einen mit ihrer gestalterischen Wandlungsfähigkeit, aber auch mit den technischen Besonderheiten und der Langlebigkeit der so erstellten Wetterschalen zu tun hat. Gerade in den letzten Jahren lässt sich ein überraschend fantasievoller Umgang mit Strukturen, Effekten und Farbigkeiten beobachten, die der Oberfläche der Architektur neue Impulse verleiht. Zugleich werden die bauphysikalischen Eigenschaften vor allem der organisch gebundenen Materialien weiter optimiert und mit neuen Funktionalitäten ausgestattet. Kurzum: Putz ist heute weit mehr als nur ein preiswertes Allerweltsmaterial für uniforme Fassaden.

gerecht werden und dass sich Menschen in ihnen wohl fühlen, ist für alle Beteiligten eine verantwortungsvolle

Aufgabe. Der materielle und ästhetische Wert von Putz geht allerdings weit über die gängige Anwendungspraxis hinaus. Strukturen und Effekte



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Die ökologische Bewertung von organischen Putzen kann beispielsweise mittels Umweltprodukterklärungen (EPD) erfolgen. Sie dienen als Bewertungssystem für nachhaltiges Bauen. Architekten und Planer erhalten durch eine EPD Kennzahlen und Datensätze, die unter anderem zur Berechnung von Energiebilanz, Umweltverträglichkeit und Nutzungskosten eines Gebäudes wichtige Voraussetzungen sind.

Als in den 50er Jahren in der Schweiz die ersten sogenannten Kunstharzputze auf den Markt kamen, nahm eine beeindruckende Erfolgsgeschichte ihren Anfang. Heute sind gebrauchsfertige pastöse Putze in Form von Dispersionsputzen, organisch vergüteten Silikatputzen und Siliconharzputzen aus der Architektur nicht mehr wegzudenken. Der Grund liegt in ihren physikalischen und anwendungstechnischen Eigenschaften, insbesondere aber in ihren ästhetischen und ökologischen Vorteilen. Eine der größten Stärken verarbeitungsfertiger, pastöser Putze ist ihre außerordentliche Vielfalt an Strukturvarianten und Körnungen. Dies eröffnet dem Gestalter einen schier unbegrenzten Gestaltungsfreiraum. Gestaltete Fassaden spiegeln nicht zuletzt die neu entdeckte Liebe zum Ornament wider, sie werden quasi selbst zum Ornament.

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Farbigkeit Hinzu kommt die große Bandbreite der möglichen Farbtöne, da Dispersionsputze nicht nur mit anorganischen, sondern auch mit organischen Pigmenten eingefärbt werden können. Das Spektrum reicht dabei von hellen, pastellfarbigen Nuancen bis hin zu kräftigen, satten Tönen – ohne dass ein zusätzlicher Anstrich aufgebracht werden muss. So gibt es kaum einen Farbtonwunsch eines Kunden bzw. ein Farbkonzept eines Architekten, welches sich heute nicht mit Dispersionsputzen realisieren ließe. Selbst dunkle, intensive Farbtöne sind in der Fassadengestaltung längst Realität. Das alles geht einher mit hoher mechanischer Widerstandsfähigkeit, die für robuste und stoßfeste Oberflächen sorgt. Nachhaltigkeit Moderne, leistungsstarke Dispersionsputze sind in vielerlei Hinsicht nachhaltig: Sie bestehen zu mehr als 80 Prozent aus mineralischen Stoffen

wie Marmor, Kalkstein und Quarz. Auf Basis wässriger Bindemittel formuliert enthalten sie heute nur noch sehr geringe bis gar keine Anteile an organischen Lösemitteln. Ihre Oberflächen verfügen über eine hohe mechanische Widerstandsfähigkeit und trotzen Wind und

Wetter. Sie zeigen eine geringe Neigung zur Verschmutzung und können immer wieder mit Wasser und Bürste gereinigt werden. Ihre Dehnfähigkeit lässt sie feine Untergrundrisse überbrücken, und sie wehren aggressive Luftschadstoffe beständig ab. Putz hat im zeitgenössischen Bauen einen hohen Stellenwert. Oftmals werden Putzoberflächen mittels Standardverfahren als Teil von Systemen mit Fassadendämmungen hergestellt. Dispersionsputze lassen sich gut mit energiesparenden Fassadendämmsystemen kombinieren, ohne die Hausfassade in eine „dampfdichte Hülle“ zu verwandeln. Sie lassen Feuchtigkeit von außen nicht in das Mauerwerk dringen, jedoch kann Wasserdampf von innen nach außen entweichen. Das beugt Schimmelbildung vor und spart wertvolle Heizenergie. Und last but not least erhalten Dispersionsputze lange ihre starke Farbschönheit. Und was schön aussieht und das Auge erfreut, wird gepflegt und erhalten. Auch das spart Material und Energie. Fakt ist: Putz zählt zu den wirtschaftlichsten Oberflächen überhaupt.

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Lehrerfortbildung

Ein Netzwerk für Berufsschullehrer



Beim Thema Rohstoffe standen neben den Bindemitteln auch Innovationen bei den Pigmenten auf dem Programm: So demonstrierten Dr. Juan Antonio Gonzales Gomez und Javier Morcillo-Ruiz die unterschiedlichen Wirkungen und Einsatzgebiete von Effektpigmenten. Am letzten Tag erläuterte Henrik Folkerts neuere Entwicklungen zum Thema der Farbmesstechnik. In einer spannenden Präsentation stellte er die neuesten farbmetrischen Konzepte und die Möglichkeiten der messtechnischen Untersuchungen vor. In einer Diskussion mit Matthias Weber von der IHK ging es um die Entwicklungen im Prüfungswesen. Besondere Berücksichtigung fanden naturgemäß die Ausbildungsverordnung und die Erfahrungen mit den Abschlussprüfungen der Lackla-

Schön bunt: Gespannte Aufmerksamkeit beim Praxisvortrag über Pigmente und Farbmittel für den Einsatz in Lacken, Farben und Druckfarben.

Berufsschullehrer von Lacklaborantenklassen und Technikerschulen trafen sich vom 12. bis 14. November 2015 zu einer Fortbildungsveranstaltung in Münster. Eingeladen hatte der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL), ausgerichtet wurde die Tagung in den Räumen der BASF Coatings. Insgesamt kamen dreizehn Berufsschullehrer nach Münster, um sich die neusten Entwicklungen in der Lacktechnik, die für den Unterricht relevant sind, erläutern zu lassen. Neben zahlreichen Fachvorträgen führten die Teilnehmer einen regen Erfahrungsaustausch untereinander: So entstand in kurzer Zeit ein bundesweites Netzwerk der Berufsschullehrer im Lackund Farbenfach.

Rohstoffe und die Nutzung neuer Medien Nach einer Begrüßung durch den Leiter der Personal- und Organisationsentwicklung der BASF Coatings, Wolfram Schier, und den Vorsitzenden des VdL-Arbeitskreises Bildung, Dr. Roland Somborn, brachte Prof. Dr. Theo J. Bastiaens von der Fern-Universität Hagen den Teilnehmern das Thema Mediendidaktik näher. Er zeigte in seinem Vortrag technologische Entwicklungen in der Lehre auf und vermittelte den Berufsschullehrern, welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen aus der Nutzung neuer Medien für den zukünftigen Unterricht entstehen können.



Der Vorsitzende des VdL-Arbeitskreises Bildung, Dr. Roland Somborn, bei seiner Begrüßung der Berufsschullehrer aus ganz Deutschland.

boranten. Die Veranstaltung löste ein sehr positives Feedback unter den Teilnehmern aus. Der VdL plant daher, die Seminarreihe zukünftig einmal im Jahr stattfinden zu lassen, um den Berufsschullehrern so den regelmäßigen Austausch über die aktuellen Entwicklungen in der Lacktechnik zu ermöglichen.



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Die Teilnehmer der ersten Berufsschullehrerfortbildung der Lack- und Druckfarbenindustrie Mitte November 2015 in Münster.

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Giftinformationszentralen

Harmonie in Europa … oder doch nicht? Aline Rommert, Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e. V. Eine gesundheitliche Notversorgung bei Unfällen und Vergiftungsfällen mit Chemikalien gehört zum Alltag in allen europäischen Ländern. Um die medizinisch notwendigen Informationen über die Produkte bei Notfällen schnell abrufen zu können, haben alle Staaten in der Vergangenheit Institutionen für die Entgegennahme dieser Informationen eingerichtet. In Deutschland sind die Hersteller von Lacken, Farben oder Druckfarben mit als gefährlich eingestuften Stoffen verpflichtet, die Produktzusammensetzung zu melden. Mit der europäischen Umsetzung des UN Globally Harmonized Systems (GHS) in der CLP-Verordnung strebt die EU nun eine Harmonisierung der Meldepflichten in Europa an. Artikel 45 CLP legt fest, dass jeder Mitgliedsstaat eine Institution benennt, die mit der Entgegennahme von Informationen über die gesundheitliche Notversorgung beauftragt wird. In Deutschland ist das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) in Berlin zuständig. Ein Arbeitspapier der EU-Kommission sieht eine schrittweise Einführung der europäisch harmonisierten Meldungen ab 2019 vor. Am Anfang stehen „Consumer-Produkte“ für private Haushalte. Später folgen Produkte für gewerbliche und industrielle Verwendungen. Ein entsprechender Kommissionsentwurf für die gesetzliche Regelung wird noch in diesem Jahr erwartet. Im Artikel 45 Absatz 4 der CLPVerordnung ist festgelegt, dass die EUKommission eine Harmonisierung der Informationen vornimmt. Die Bemühungen dahingehend laufen bereits einige Jahre. In einer Kommissions-Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern der Mitgliedsstaaten, Experten des Europäischen Verbandes der Giftinformationszentren (EAPCCT) und Vertretern der Industrie zusammensetzt, einigte man sich auf einige Punkte. Vorgesehen ist z.B. der Unique Formular Identifier (UFI), ein einheitlicher 16-stelliger alphanumerischer Code, der bei KonsumentenProdukten auf das Etikett oder die Verpackung aufgedruckt wird. Bei industriell oder gewerblich genutzten Produkten

soll der UFI ins Sicherheitsdatenblatt aufgenommen werden. Für ausschließlich industriell genutzte Gemische soll es zwar Erleichterungen bei den zu meldenden Daten geben. Auch hier ist allerdings eine Meldung der identifizierten, nicht gefährlichen Inhaltsstoffe größer ein Prozent mit exakter Konzentrationsangabe und eine Meldung aller identifizierten, nicht gefährlichen Bestandteile unter ein Prozent ohne Mengenangabe vorgesehen. Zudem muss bei jeder – auch untergeordneten – Produktänderung eine erneute Meldung erfolgen. Bewährtes ISi-System Gegenwärtig erfüllen die Lack- und Farbenhersteller ihre Informationspflichten durch eine Meldung an die Informationsstelle Sicherheitsdatenblatt (ISi) des Institutes für Arbeitsschutz (IFA) bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). ISi verarbeitet die von der Industrie ohnehin zu erstellenden Sicherheitsdatenblätter. Parallel könnte auch gegenwärtig schon eine Meldung an das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) erfolgen. Von dieser Möglichkeit wird allerdings verhältnismäßig wenig Gebrauch gemacht. Auf der letzten BfRNutzerkonferenz Anfang November 2015 wurde berichtet, dass beim ISi rund 2,3 Millionen Meldungen eingegangen sind, während es beim BfR gerade 283.000 waren. Begründet wurde dies damit, dass die Meldungen ans BfR umfangreicher seien und über das BfR-eigene Formular erfolgen müssten.

Eigentlich müssten aber alle Informationen an das BfR gehen; die Meldungen an ISi sind durch eine Übergangsregelung nur noch bis zum 1. Juli 2016 erlaubt. Sobald diese Regelung ausläuft, droht der mittelständisch geprägten Lack- und Farbenbranche ein enormer zeitlicher und finanzieller Mehraufwand: Die deutschen Lack- und Druckfarbenhersteller besitzen über 600.000 „lebende“ Rezepturen, die mindestens einmal jährlich angewendet werden. Circa 150.000 dieser Rezepturen werden pro Jahr geändert, was ebenfalls eine Meldung erfordert. Der daraus resultierende Meldeaufwand (direkt ans BfR) würde insbesondere mittelständische Unternehmen massiv überfordern. Der Aufwand ist auch nicht gerechtfertigt, beziehen sich doch lediglich ein Prozent der Anfragen bei den Giftinformationszentralen in Deutschland überhaupt auf Farben und Lacke und davon wiederum nur ein Bruchteil auf gewerbliche oder industrielle Verwendungen. In Gesprächen mit den zuständigen deutschen Behörden stellte sich heraus, dass Deutschland die direkte Übernahme des von der EU erstellten Anhangs plant. Man hofft also, dass auf europäischer Ebene bis zum 1. Juli 2016 nicht nur der Kommissions-Entwurf vorliegt, sondern auch der Anhang, der die Details der Meldepflichten regelt, bereits verabschiedet ist. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Abstimmungsprozesse zwischen den Mitgliedsstaaten zu dem Thema Meldungen an Giftinformationszentralen immer viel Zeit in Anspruch nahmen. Deutschland ist eines von 28 EU-Ländern. Jedes dieser Länder hat eigene Meldestellen und eigene Regelungen für die Umsetzung des Artikels 45 CLP. Und bisher ist noch nicht abschließend geklärt, ob die zukünftige europäisch harmonisierte Regelung für alle Länder verpflichtend gelten soll. Selbst von „Europaweit harmonisiert“ sind wir also noch weit entfernt.

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Internationale Aktionswoche

Farbenfrohe bleifreie Zukunft Vom 25. bis 31. Oktober 2015 hatte die Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) zur internationalen Aktionswoche gegen Bleivergiftungen aufgerufen. Der internationale Lack- und Druckfarbenverband IPPIC setzt sich seit Jahren für gesetzliche Beschränkungen der Verwendung von Bleipigmenten in Farben und Lacken ein. Ein besonderes Augenmerk richten die WHO und die von ihr initiierte Lead Prevention Alliance (LPA) auf die Verwendung von Bleipigmenten in Bautenanstrichmitteln. In Entwicklungsländern werden für traditionelle Farben häufig noch Bleipigmente verwendet. In Deutschland kein Thema: Blei in Bautenfaben „In modernen wasserverdünnbaren Dispersionsfarben, die seit Jahrzehn-

ten in Europa für Malerarbeiten innen und außen verwendet werden, kamen niemals Bleipigmente zum Einsatz,“ sagte Dr. Martin Engelmann, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) aus Anlass der internationalen Aktionswoche gegen Bleivergiftungen. In Deutschland sei beispielsweise die Verwendung von Bleiweiß und anderen Bleipigmenten in Baufarben seit 1930 gesetzlich geregelt. „Als Weißpigment wird bei uns das hochwertige Titandioxid genutzt.“ Nach einhelliger Auffassung aller Experten gibt es keine technische Notwendigkeit, in Bautenanstrichmitteln Bleipigmente einzusetzen,“ erklärte Engelmann. Weltweit seien mehr als 85 % aller Bautenanstrichmittel wasserverdünnbare Dispersionsfarben, und ihr Marktanteil wachse stetig.

Für Umwelt und Gesundheit unbedenkliche Farbpigmente seien seit vielen Jahren auch für industrielle Verwendungen verfügbar. „Deshalb ist es aus unserer Sicht unverständlich, dass gerade im Bereich der öffentlichen Beschaffung weiterhin Bleipigmente teilweise ausdrücklich gefordert werden,“ urteilte Engelmann. Als Mitgliedsverband des internationalen Lack- und Druckfarbenverbandes unterstützt der VdL das Programm der Lead Prevention Alliance, Bleipigmente aus Lacke und Farben zu eliminieren.

Der Kommentar

Eine Akademische Olympiade … ... der europäischen Aufsichtsbehörden könnte man vermuten, wenn man den Wettstreit der Bürokraten in den verschiedenen EU-Staaten verfolgt, wenn es um Produkte der Lack- und Farbenindustrie geht. Leider suchen die Damen und Herren dabei nicht nach Vereinfachungen des Warenverkehrs oder Erleichterungen für die Bürger in der EU. Gerungen wird vielmehr um den Stand der Technik; allerdings in der eher unproduktiven Form des gegenseitigen Misstrauens. Da will sich keine nationale Behörde von Politikern oder schlimmer noch Nichtregierungsorganisationen vorhalten lassen, industriefreundlich zu agieren oder womöglich sanfter zu prüfen als die Nachbarn. Undenkbar, dass man sich etwa in Deutschland vorwerfen lassen müsste, in einem anderen EULand ginge es beim Stand der Technik

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fortschrittlicher oder strikter zu als in der Heimat der Tüftler und Ingenieure. Also wird geprüft und wiederholt, was die Kollegen anderswo schon mal untersucht haben. Statt gegenseitiger Anerkennung von Prüfzeugnissen und Testergebnissen gegenseitiges Misstrauen. Statt Kooperation zum Wohle der europäischen Industrie versucht jede Behörde allen anderen Behörden – vor allem aber der Bürokratie im Lande einer Erstzulassung für ein Produkt, nachzuweisen, was dort alles falsch gelaufen ist. Die eigenen Standards sind ja vermeintlich immer besser als die der Nachbarn. Und gerade deutsche technische Aufsichtsbehörden glauben ja einen Ruf verteidigen zu müssen. Aber warum muss immer die heimische Industrie darunter leiden? Und vorzugsweise wird der Mittelstand gegängelt, der sich nicht hinter einer Phalanx von Rechtsanwälten verschanzen kann. Gerecht ist das nicht. Und auch nicht fortschrittlich oder

sinnvoll. Und es ist kein Wettbewerb, der produktive Resultate erbrächte. Warum also nicht ein bisschen mehr Vertrauen? Auch unter Bürokraten sollte das doch mit ein bisschen gutem Willen machbar sein. Oder nicht? Ihr Michael Bross

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