gaben sich wie von selbst. Du ruhtest nie in mir. Ich bin ein ... - Buch.de

Mike Loewenrosen. Das Buch der Seltsamkeiten ... Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk ... Aufmerksamkeit, an der ein Teil der Liebe zu erkennen ...
400KB Größe 6 Downloads 219 Ansichten
Mike Loewenrosen

Das Buch der Seltsamkeiten Roman

© 2012 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2012 Umschlaggestaltung: Christine Schnoell Printed in Germany ISBN 978-3-8459-0399-6

AAVAA Verlag www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Alle Personen und Namen innerhalb dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt .

2

1. Kapitel Die Gedanken uns noch vollkommen unbekannter Menschen zwischen 2 Uhr früh und 9:45 Uhr morgens

1A) Viel zu spät in der Nacht. Kein Schrei, der von Sperrstunde erzählt und gegen mein überzeichnetes Gesicht prallt. Durch die Reflexion der dunklen Bildfläche des Fernsehers sehe ich mich. Die Nacht war viel zu grell, viel zu bunt und viel zu lang. Das Maß ist schon lange zu voll. Es vermischt sich mit dem Gefühl, das mich fragt, was ich denn eigentlich will. Barmherzigkeit wurde zum bedeutendsten deutschen Wort gekürt. Unbeschwertheit ist das bedeutendste Wort. Unbeschwertheit. 2B) Du fehlst mir nicht. Mach dir keine Gedanken. Dein Platz war doch schon immer leer. Meine Zweifel er3

gaben sich wie von selbst. Du ruhtest nie in mir. Ich bin ein Clown, du gabst mir viel zu große Schuhe. Meiner Logik fehlst du zu ihrer Klarheit. Uns trennt dein Leben. 3A) Zwischen den Stühlen des Zweifels bin ich zu Hause, und wenn sich jemand in mein Leben schiebt, bleibt er nicht allzu lang, denn die Schwere zwischen den Stühlen drückt ihn langsam zu Boden. Niemand sieht durch diesen Zweifel hindurch, durchbricht ihn mit der Aufmerksamkeit, an der ein Teil der Liebe zu erkennen wäre. 4B) Führe mich nochmals hinter das Licht, hilf mir, aufzuhören, indem deine bewährte Lüge die Kompassnadel durch die Nacht wird. Die Zigarette schmeckt nicht ohne Kaffee. Du fehlst mir nicht. Du – ein Stück meines Ich, das an den Ecken gerissen ist. Will ich es denn finden, will ich es? Du bist so viel, Vater, Mutter, Kind. Alles, was immer es auch war, das uns verbunden hat, trennt dich nun von mir. 4

Des Seiltänzers Seil ist weit oben, doch zu unsicher, um Himmel sein zu können. Hast du denn je begriffen, dass es unsere Verbundenheit war, die dir riet, alleine über das Lebensseil zu laufen? Denn sonst würdest du zu schwer und kämst nicht über das Seil. Doch was ist es, wenn nicht die Schwere des Lebens, die uns den Werten wieder etwas näher bringen vermag? Du – eine gedankliche Dimension, die ich nicht begreife. 5A) Die Herumtreiberin in mir ist eine Uhr ohne Uhrwerk, wartend, dass es bald Mitternacht schlagen wird, um durch Metamorphose die Ernüchterungen des Abenteuers in Tugenden zu verwandeln. Die Uhr tickt nicht richtig. Penible Zögerlichkeit, du wirst mich nicht zum Opfer des Lebens machen. Du tickst ja nicht richtig. 6B) Verliebtheit ist eine vorübergehende Geisteskrankheit. So die wissenschaftliche These, so Platon. Kommt „vorübergehend“ von „vorbeiziehen“, „weg5

laufen“ ...? Und wenn dem so ist, ist der Verliebte ein Fußgänger, der eine Straße überquert und nur darauf aus ist, den Gehsteig wieder zu erreichen, um so alle Unsicherheiten, die ein ungeregelter Straßenübergang bereithält, gegen die scheinbare Sicherheit des Gehsteiges einzutauschen? Schon wieder fällt ein Stein vom Dach, geradewegs in die noch offene Wunde. Es tut gar nicht mehr so weh. Wie grausam die Schmerzlosigkeit doch ist. 7A) Die Liebhaber meines Lebens waren Manipulationsvervielfältiger, die sich selbst als Liebeswissenschaftler priesen, ohne einen wirklichen Abschluss gemacht zu haben. Dabei kannten sie noch nicht einmal den G-Punkt. „Nicht genügend“, meine Herren, Sie dürfen sich wieder setzen. 8B) Einsam ist es, wenn jemand fehlt. Zweisam ist es, wenn die Lüge lebt. 9A) 6

Kommen Sie, bereisen Sie meine Verantwortungslosigkeiten. Der Eintritt ist frei. Es kostet nur Lebenszeit, doch davon haben Sie ja genug, oder? Denken Sie immer daran, morgen ist ein neuer Tag. Stehen Sie einfach auf und kaufen Sie sich beim Greißler ein paar Gramm Entschuldigungen. Sie brauchen Sie gar nicht erst einpacken zu lassen, schlucken Sie sie einfach schnell hinunter. Ob es etwas gibt, um das Gewissen einzuschläfern? Zweiter Gang, links. Kommen Sie! Kommen Sie! 10B) Vergangenheitsbewältigung?! Ich fühle mich vergänglich. Alles an mir ist ein Beweis dafür. Vielleicht hat es mit einem brüchigen Nagel begonnen, vielleicht mit einem kürzer werdenden Blick in den Spiegel. Keine zärtliche Reise über die Stirn, die uneben wirkt. Meine Vergangenheit – ein altes Laken der viel zu bequemen Nächte. Deine Vergangenheit – geruchlos. Ein lautloses Feuerwerk ohne Licht, es seziert den Nachthimmel nicht, öffnet ihn nicht. Ich würde um dich kämpfen, doch wie stelle ich das an, wenn du nicht aus deinem 7

Feldlager kommst. Du , meine Unsichtbarkeit. 11A) Ich bin nicht die Stadt, ich habe keine „Betreten verboten“-Schilder an mir haften. Du hast freie Einfahrt. Wenn du dich verfährst, ist das dann meine Schuld? Ich bin ein Kreisverkehr, äußerst unangenehm zu befahren. Ich verlange deine volle Aufmerksamkeit, ich verlange viel Konzentration für eine vermeintlich kurze Strecke. Fokussiere dich auf mich und finde die richtige Abzweigung. Umfahre dich nicht selbst, denn in der Wiederholung liegt die Langeweile, die als Trägheit sich entpuppt. 12B) Das Licht des frühen Morgens sehen wir es anders, wenn wir nicht geschlafen haben? Empfinden Nichtschläfer es als eine Warnung, die uns Einsamkeit prophezeit? Hängt uns die Müdigkeit heimlich den selbstgemachten Mantel der Wertlosigkeit um? Entdeckt der Ausgeschlafene die Klarheit als gegebene Sichtweise seiner unveränderten Welt voller Langsamkeit? Doch ist der Jäger des Glücks ein Jä8

ger, so ist es niemals Glück, das er einfangen wird. Pech gehabt. Ein Zuviel an Wasser lässt die Pflanze verwelken. 13A) Können wir uns Dinge einfach wegdenken? Einfach so? All mein Scheitern, all mein Versagen – Ist es die Lebensmedizin, die mir eines Tages einen Platz zuweisen wird, an dem ich nur schwer werde atmen können? Die Dämmerung, sie ist so schlicht, sie ist so still. 14B) Bin ich nicht die Antwort eines anderen? 15A) Bin ich für einen anderen die Frage? 16B) Kann ich jemandem meine Ängste zukommen lassen? Wird dieser Jemand, einer sanften Gottheit gleich, die Kämpfe in Vergessenheit geraten lassen? Wirst du mit mir sprechen, indem du mir die Sorgen erklärst? Wirst du nichts verlangen und mich 9

dadurch Verlangen lehren? Der Narr stellt die trickreichsten Fragen. Werft ihn ins Verlies, das von grausamen Denkern konzipiert wurde. 17A) Die Schmeißfliege oder doch der Misthaufen, was war zuerst da? Die Fliege, die durch das Leben schwirrt, auf der Suche nach einem Misthaufen? Oder entstand alles aus diesem Mist? Ich mag Männer nicht mehr, da sie es sind, die mir diese Überlegungen unverpackt und ungefragt zum Geschenk gemacht haben. Sollte ich mir eine neue Chance geben? Wer wird sie diesem zu grellen Mädchen dann wieder nehmen? Mein überzeichnetes Gesicht sollte sich in den Körper drängen und der warmen Innenseite die Farbenlehre spielend erklären. Durch diese Vielfalt könnte ich neu denken lernen und würde es nicht nur verstehen, sondern auch fühlen, dass Vielfalt Freiheit bedeutet. Wie viele Arten von Grün gibt es auf der Welt, weiß es jemand? 10

18B) Je öfter wir fliegen, desto öfter riskieren wir unser Leben. Willkommen bei Human Airlines. 19B) Ich bin das Haus meiner Sünden. Wie sonderbar, dass uns Sünden so erschreckend nah sind. Das Gute betrachten wir aus sicherem Abstand, denn wir vertrauen ihm nicht. Wie kann etwas einfach gut sein? Sicherlich will es uns manipulieren, aber wir leben nicht hinter dem Mond, wir haben davon schon gehört. Steck dir die Güte sonstwohin. Raus aus mir. Das bringt kein Geld ein, es macht mich nur zum Schuldner aller Fehltritte. Das ist ein Zwang, den ich mir nicht auf die Schultern binden werde, sie sind viel zu schmächtig dazu, ich lasse ihn einfach unbemerkt von den Schultern kullern. Doch halt! Schultern, die keine Lasten tragen können, sind doch auch nichts wert. Verzeiht mir, Schultern, dass ich euch schon so oft eurer natürlichen Aufgaben beraubt habe. Ein Schulterstand für die Ewigkeit. 11

20A) Ich bin ein einsames Duett. Das ist es, was mir all die verflossenen Kurzaffären beigebracht haben. Eine Kurzurlauberin unter den Palmen vieler Männer. Ich war zu oft zu unvorsichtig, wollte immer noch eine Minute länger bleiben. Die Sonnenmilch hatte ich zwar stets dabei, doch ich wusste immer, dass ich mich nicht verbrennen würde. Ich hatte auch niemals einen Sonnenbrand dritten Grades, den man nur dann wieder loswerden kann, wenn man die Wasserbläschen zerdrückt, um so neuerliche Erfrischung zu erhalten und den Glauben an Erneuerung langsam wiederzufinden. Meine Haut wies zwar manchmal eine leichte Rötung auf und ich konnte für ein paar Tage keinen Schlaf finden, aber nachdem diese Stunden vorüber waren, überraschte es mich immer wieder, wie oberflächlich der Schmerz doch nur war. Habe ich mich dadurch immer ein wenig mehr verloren? Sonnenschutzfaktor 100, ein eigenes Badetuch, ein Sonnenschirm und Sonnenbrillen werden meine Ausrüstung sein. Sie 12

werden den Sonnenstrahlen Paroli bieten und ich werde dadurch den Sommer meines Lebens gründlich erkunden können. Hoffe ich zumindest. Doch was für ein Sommer ist es eigentlich, der mich nicht zu bräunen versteht? 21B) Ich will ein Ticket, das mich aus mir herausführt. Wünsche zu haben, ist immer so verdammt einfach. Sie sind wie die Eröffnung eines Bankkontos. Reicht ein Cent dafür? Wünsche – eine Einladung zum Unglücklichsein. Aber wir können die Augen nicht davon lassen, wir wollen Träume zum Sprechen bringen, doch das soziale Licht der gerechten Gegebenheiten lässt sich nicht einschalten. Tasten wir nach den Wünschen, spüren wir deren Umrisse, zerschneiden wir unsere Finger an ihrer Bestimmung, heben wir die blutigen Finger, fühlen wir das warme Blut, das bemüht scheint, zärtlich unser Gesicht zu berühren, öffnen wir sanft den Mund, nicht zu schnell, schlucken wir unsere Träume wie eine Schlittenfahrt durch uns hindurch, der Stoffwechsel setzt ein, bringt kein Vergessen mit sich. Ach, das war doch nur ein Gerücht, ein Versuch, eine meiner 13

undurchdachten Visionen. Wieder nicht damit davongekommen. Kommst du mit auf das Begräbnis, das Teile von dir stumpf begräbt? Das Herz, das bricht, weiß Geschichten zu erzählen. Doch weint deswegen nicht. Tränen schenken keinerlei Erleichterung. Tränen, unschuldige Opfer unserer Fremdheiten, erzwungen durch deren hoffnungslose Wiederholungen. Weine nicht, überlasse es deinem Schutzpatron. Es sind nur deine Geister, die alles verteidigen, was ihnen nie gehört hat. Ein alter, zerfledderter Koffer, den du in einer schäbigen Hotellobby fest in der Hand hältst, sei zu bevorzugen. Besser als das Waldorf Astoria, das keine Koffer stehen lässt. Hüte dich vor diesem kleinen Wurm, der dein Innerstes langsam aushöhlt und der am liebsten Träume frisst. Hüte dich vor dem Wurm, den die Masse Alltag nennt, dessen richtiger Name aber Habgier lautet. Wir bekommen das, was wir verdienen, sagt ein gängiges Sprichwort. Wann habe ich mich verdient gemacht, ein Komparse meiner verbindungslosen Träume zu werden? Wann, liebes Sprichwort, wann? 22A) 14

Ich vergeude meine Zeit mit der Ruhe einer Göttin. Achtlos zähle ich die Schritte nicht mehr, frage nicht nach dem „Wie“. Keine Berge ertönen aus dem Mund, kein Fußabdruck des Schmetterlings wird zur Mulde in meinem Bett, die ich mit leichtem Händedruck zu schützen wüsste. Arme, die von Bekanntheit erzählen, Tage, die von Besserungen sprechen, der Komfort des Fremden ist längst wieder abhanden gekommen. Keine Spur des Geruches, der nicht mir gehört. Kein Schmetterlingsmorgen! 23B) Der Tag schenkt Klarheit, selbst im abgestellten Schuhwerk rauscht das graue Licht hindurch. Ich fühle mich ein wenig mehr allein durch dich. Das Gesicht der Welt ist jetzt noch verzerrter, doch gierige Zungen sprechen von den Lehren der Sünde, verdecken jedes Lächeln. Kein Dichter, kein Denker erfasste jemals diese Klarheit. Dumm ist es, sich den Erschütterungen des Lebens Untertan zu machen, der nächste Feiertag kommt bestimmt, du kannst dich ausschlafen, ist das nicht herrlich? Gerne wäre ich so, wie du sagst, doch wie verschiebe ich mich, 15