Ein falsches Leben - Buch.de

sich auf das erste Treffen mit ihm freue. Wäh- rend Andreas diese Nachricht schrieb, bekam er einen Anfall des Restless-Legs-Syndroms, unter dem er litt.
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Michael Rusch

Ein falsches Leben Band 2 Autobiografischer Roman

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© 2014 AAVAA Verlag Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2014 Umschlaggestaltung: AAVAA Verlag Coverbild: Michael Rusch Printed in Germany

AAVAA print+design Taschenbuch: Großdruck: eBook epub: eBook PDF: Sonderdruck:

ISBN 978-3-8459-1215-8 ISBN 978-3-8459-1216-5 ISBN 978-3-8459-1217-2 ISBN 978-3-8459-1218-9 Mini-Buch ohne ISBN

AAVAA Verlag, Hohen Neuendorf, bei Berlin www.aavaa-verlag.com eBooks sind nicht übertragbar! Es verstößt gegen das Urheberrecht, dieses Werk weiterzuverkaufen oder zu verschenken! Dieser Roman basiert auf einer wahren Begebenheit. Die Namen der Personen und die Orte der Handlung wurden geändert, um noch lebende Personen nicht zu kompromitieren. Ähnlichkeiten mit anderen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt..

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Dieses Buch widme ich meinem Freund Thomas Striebig, der der beste aller Freunde auf dieser Welt für mich ist

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Prosit Neujahr und der erste Schnaps

Andreas hatte sich von Rosi getrennt und eine eigene Wohnung bezogen. Durch die Internetplattform Gayboerse lernte er am 17. November den sechzehn Jahre jüngeren Silvio kennen, in den er sich verliebte. Es fand zwischen beiden ein sehr reger Austausch von Messages statt. Andreas wollte Silvio persönlich kennenlernen, doch der blockte dieses Ansinnen seines Chatfreundes ständig ab. Er teilte Andreas mit, dass auch er eine Trennung von seinem Freund und Partner hinter sich bringen musste, ihn noch liebte und nicht bereit sei, schon jetzt eine neue Beziehung einzugehen. Er habe nur einen Freund zum Chatten gesucht und nicht gewollt, dass er sich, wie es geschehen war, im Chat in Andreas verliebte. Außerdem gab Silvio an, dass sein ehemaliger Partner Ralf weiterhin Kontakt zu ihm hatte, aber er selbst darunter litt. 5

Silvio und Andreas planten im Chat eine gemeinsame Zukunft und wollten sich am Beginn des neuen Jahres das erste Mal treffen. Am 30. Dezember traf sich Andreas mit seinem Sohn und einigen Freunden zu einer Glühweinparty. Am späten Abend danach schrieb er Silvio eine Message, in der er ihm von der Glühweinparty berichtete und dass er sich auf das erste Treffen mit ihm freue. Während Andreas diese Nachricht schrieb, bekam er einen Anfall des Restless-Legs-Syndroms, unter dem er litt. Auch davon schrieb er ausführlich seinem Internetgeliebten und bot ihm an, Andreas aufzugeben, da er nicht wollte, dass Silvio seine Leiden miterleben musste. Doch hoffte Andreas, dass Silvio sich zu ihm bekannte und sie sich am Jahresanfang endlich treffen konnten. Seit 10.30 Uhr wartete Andreas am Silvestertag des Jahres 2010 vor dem Computer auf Silvio. Die Message, die er in der Nacht an diesen geschrieben hatte, las er sich noch einmal durch. Es war alles vernünftig formuliert. 6

Aber er bekam nun doch Zweifel, ob es richtig war, Silvio einen Anfall des Restless-LegsSyndroms so genau zu schildern. Das kam doch nur dann so schlimm vor, wenn er etwas zu viel Alkohol getrunken hatte oder wenn er vergessen hatte, die gegen das Syndrom wirkenden Tabletten einzunehmen. Nun saß er da und wartete auf Silvios Reaktion. Aber er überlegte sich, dass er Silvio gegenüber eigentlich immer mit offenen Karten gespielt und er das Syndrom nicht verschwiegen hatte. Es sollte also für Silvio kein Grund sein, Andreas nun nicht mehr kennen lernen zu wollen. Gerade jetzt, so kurz vor dem Ziel. In drei oder vier Tagen würden sie sich das erste Mal sehen. Es war schon nach elf Uhr, Silvio verspätete sich wieder. ‚Aber das ist eben so, wenn man auf den Nachbarn angewiesen ist‘, dachte Andreas. Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, sah er, dass Silvio sich eingeloggt hatte. Andreas‘ innere Anspannung wuchs noch an. 7

Er musste noch etwas warten, dann meldete Silvio sich: „Halloooooooooooooo! Muss erst einmal deine Mail lesen – bis gleich!“ Andreas begrüßte Silvio und bekam gleich eine Antwort: „Geht es dir heute besser? Es tut mir leid, wenn du so etwas durchmachen musst. Ja, es stimmt, ich kenne es nicht. Aber so hat jeder seine Probleme. Schön, dass du so einen super Tag gestern hattest. Mein letzter Tag in diesem Jahr war nicht so berauschend. Aber erst mal abwarten. Einige Stunden sind ja noch. Kann übrigens nur bis 11.45 Uhr heute mit dir chatten.“ Andreas erwiderte: „Es geht mir wieder gut, mache dir bitte keine Sorgen. Was ist denn bei dir gewesen?“ Silvio entgegnete: „Tja, was soll ich sagen, Ralf hat angerufen, und da meine Mutter nur ein Telefon mit Schnur hat, hat sie natürlich alles mitgehört. Ob gewollt oder nicht. Erst 8

hat Ralf mir die Hölle heiß gemacht, da er merkte, dass ich mich verändert habe. Da habe ich ihm von uns erzählt. Zwischenzeitlich hatte er den Hörer aufgeknallt. Hat nach 5 Minuten wieder angerufen – musste sich erst abreagieren. Er möchte zu mir zurück. Und dann noch meine Mutter. Nun weiß sie, warum ich immer hier beim Nachbarn bin. Ich musste jetzt mit ihr reden. Bin aber jetzt schnell zu dir. Mal sehen, wie es nachher wird. Ich hatte ihr versprochen, nur eine halbe Stunde weg zu sein. Ich hoffe nur, dass Ralf jetzt nicht an der Uhr dreht. Ein Gespräch mit ihm ist nun nicht mehr vermeidbar. Ich habe es ihm auch mehr oder weniger zugesagt. Na, ja, heute ist Silvester und er will zu Freunden gehen. Morgen haben sich die Gemüter vielleicht schon wieder beruhigt. Können wir uns morgen gegen 13 Uhr noch mal im Chat treffen oder ist dir abends lieber? Ach, nein, ich glaube, du hast ja Spätschicht – oder?“

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Andreas hatte jetzt große Befürchtungen, dass sie sich doch nicht kennen lernten, nicht in drei oder vier Tagen und nicht im Januar und nicht im nächsten Jahr. Aber er schrieb: „Oh, mein Süßer, das hört sich nicht gut an. Du brauchst jetzt Zeit zum Nachdenken. Wenn ich dir helfen kann, sage es mir. Ich tue alles für dich. Wie denkst du jetzt über Ralf? Möchtest du es mir sagen oder lieber nicht? Da ich nun doch mittendrin stehe, kannst du dir ja denken, dass es mich interessiert. Was wird nun aus uns beiden? Ja, ich habe Spätdienst, bin ab 22 Uhr wieder on. Ich werde morgen aber, wenn ich aufgestanden bin, gleich on sein. Wenn du es schaffst, kannst du mich bis 13.45 Uhr erreichen.“ Silvio antwortete: „Ich möchte nichts übereilen. Wir treffen uns morgen – bis 13.45 Uhr schaffe ich es bestimmt. Ansonsten senden wir uns Informationen. 10

Ich wünsche dir, mein Süßer, heute einen schönen Tag mit deiner Verwandtschaft. Ich hoffe, dass du heute nicht solche Attacken bekommst. Ich werde an dich denken. Den hellsten Stern am Himmel, den du entdeckst, den sende ich dir. Ich werde auch einen suchen und an dich denken. Innerlich umarme ich dich und ich stelle mir vor, wir stehen unter diesem Stern und küssen uns innig. Mein Liebling, ich muss. Ich habe schon genug Stress. Ich liebe und umarme dich. Dein Silvio. Viel Spaß heute noch!!!!!!“ Da Silvio keine Zeit hatte, schrieb Andreas sofort zurück: „Mein Geliebter, ich wünsche dir, dass dein Tag schön wird und dass du eine tolle Party heute Abend genießen kannst. Rutsche gut rein, der Tag soll jetzt nur noch schön für dich sein. Ich werde morgen auf dich warten.

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Bitte denke daran, dass ich dich liebe, ich würde dich auf Händen tragen, immer für dich da sein. Vergiss es bitte nicht in all deinen Überlegungen, die du jetzt anstellen wirst. Danke für deinen Stern, er gibt mir Hoffnung, dass du dich vielleicht doch für mich entscheidest. Ich werde jetzt bestimmt nicht so ruhig feiern können, aber dir geht es leider nicht besser. Mein Engel, versuche trotzdem wenigstens heute Abend den Tag zu genießen. Bis morgen wünsche ich dir alles Liebe und alles Gute. Ich umarme dich und küsse dich zärtlich. Dein dich immer liebender Andreas.“ Silvio antwortete noch einmal und loggte sich dann aus: „Danke – mein Schatz. Ich möchte dich berühren. Tschüss! – Bin jetzt weg. In Liebe – dein Silvio“ Jetzt war Andreas traurig, er ahnte es, in welche Richtung sich die Ereignisse entwickeln 12

sollten. Silvio war auf der besseren Seite, er würde in jedem Fall gewinnen, entweder kam seine große Liebe zu ihm zurück oder er gewann einen Mann, der ihn auf Händen tragen würde. Andreas konnte nur verlieren. Woher er die Gewissheit nahm, wusste er nicht, aber Silvio kennen lernen sollte er wohl nie. In der Magengegend hatte er plötzlich ein dummes Gefühl. Er schrieb Silvio folgende Zeilen: „Ich möchte jetzt bei dir sein. Ich möchte dich in meine Arme nehmen und dich trösten. Ich habe Angst, dass du dich vielleicht für Ralf entscheidest. Aber wenn es so sein sollte, werde ich dir nicht im Wege stehen. Ich möchte, dass du glücklich wirst. Ich möchte, dass ich dich glücklich machen darf. Aber das will Ralf auch. Warum muss das Leben immer so kompliziert sein? Ich liebe dich. Ich achte dich. Ich brauche dich. Dein jetzt trauriger Andreas.“ Es war Mittagszeit, als Andreas vom Computer aufstand und zur Couch ging. Dort setzte er sich ans Fenster. Er sah sich die Wohnung 13

an. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Langsam bahnten sie sich ihren Weg über seine Wangen. Andreas bemerkte es zuerst nicht, dann sah er alles verschwommen. Erst jetzt registrierte er, dass er weinen musste. Es gingen ihm viele Gedanken durch den Kopf. Silvio schrieb ihm einmal, wenn Ralf zu ihm zurückkäme, dann entschiede er sich für diesen. Nun wollte Ralf zu ihm zurück. Er wischte sich die Tränen weg und sah zur Uhr. Es war schon vierzehn Uhr durch. ‚Du sitzt hier schon zwei Stunden rum‘, dachte er, ‚es wird Zeit, dass du dich zusammenreißt und dir endlich was zu essen machst.‘ ‚Aber warum soll ich das tun‘, sagte eine zweite Stimme in seinem Inneren, ‚ich habe doch gar keinen Hunger.‘ Ihm war der Tag verdorben. Es war heute kein Silvester. Heute war er nicht mit Christian und dessen Familie mütterlicherseits verabredet, um den Jahreswechsel zu feiern. Ihm war das Feiern total vergangen. Er holte sich das Telefon und wählte die Festnetznummer 14

seines Sohns. Als der Ruf angenommen wurde, war seine Schwiegertochter am Apparat. Das kam Andreas sehr gelegen, denn seinem Sohn hätte er die für ihn soeben entstandene Situation erklären müssen. Der hätte ihn überreden wollen, doch noch zur Silvesterparty zu kommen. Nicht so Natalie. Sie akzeptierte Andreas Entscheidung und so war er für den heutigen Tag frei. Am liebsten wäre er zur Arbeit gegangen, aber feiern und den anderen vielleicht dabei die Stimmung verderben, das kam für ihn überhaupt nicht in Frage. Er holte sich eine DVD mit dem Titel „Die Säulen der Erde“ aus seinem Schrank, Ein Weihnachtsgeschenk eines Freundes. Diese DVD legte er in den Player hinein. Er sah sich die ersten beiden Teile an und ging anschließend ins Bett. Da er nicht einschlafen konnte, erhob er sich bald wieder und schrieb Silvio eine Message: „Mein lieber Silvio, ich hoffe, dass du einen schönen Abend hast und alles, was jetzt so um dich herum passiert, genießen kannst. Und ich 15