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In den Lebenshorizonten „Religion, Ethik und Spiritualiät“ sowie den ... „Religion“ wird wichtiger – subjektive Religiositäten sind vielfältig, brüchig und.
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„Lieben – Leisten – Hoffen“ Die Wertewelt junger Menschen in Österreich Die österreichische Jugendwertestudie des Instituts für Jugendforschung und des Instituts für Praktische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien. Das Buch analysiert die Werte und Lebenseinstellungen junger Menschen in Österreich von 1990 bis 2006. Vielfältige Jugend – die sechs Wertetypen An diesen sechs unterschiedlichen Wertetypen wird ersichtlich, dass die österreichische Jugend nicht als homogene Gruppe betrachtet werden kann. Es gibt sechs Wertetypen, die jeweils typische und kennzeichnende Profile aufweisen: Die unentschiedenen OptimistInnen: 28% der Stichprobe; das persönliche Lebensglück steht im Vordergrung; Politisch uninteressiert; Eher fremdenfeindlich; blicken positiv in die Zukunft Die prosozialen PragmatikerInnen: 21% der Stichprobe, überdurchschnittlich viele junge Frauen;lehnen hedonistische Wertemuster ab; schätzen Solidarität in der Familie; suchen individualisiertes Lebensglück Die leistungsorientierten IdealistInnen: 16% der Stichprobe, vorwiegend über 19-Jährige; politisch eher interessiert; streben eine ausgeglichene Wertemixtur aus Genuss, beruflichem Erfolg und sozialer Verantwortung an; erleben sich selbst als selbstbestimmt und ernstgenommen Die freizeitorientierten HedonistInnen: 13% der Stichprobe; suchen hauptsächlich Vergnügen, Spaß und Genuss; scheuen weniger davor zurück Verantwortung für ihr Umfeld zu übernehmen als die egozentrischen HedonistInnen; politisches Interesse ist sehr gering; jegliche Art von Fremdbestimmung wird entschieden abgelehnt Die egozentrischen HedonistInnen: 12% der Stichprobe, Hauptsächlich Burschen; Lebensgenuss, Befriedigung spontaner Bedürfnisse stehen im Vordergrund; Solidarische Werte haben keine hohe Priorität; männliche Hedonisten lehnen das emanzipatorische Rollenbild von allen Teilgruppen am stärksten ab Die resignierten SkeptikerInnen: 10% der Stichprobe; starke Ablehnung in nahezu allen Bereichen; der Blick in die Zukunft ist von Unsicherheit geprägt; fühlen sich nicht von der Gesellschaft ernst genommen; fühlen sich nicht selbstbestimmt; hohe Zahl an junge MuslimInnen in dieser Gruppe Geschlechtergerechtigkeit – Anspruch und Wirklichkeit Neben der Vielfalt von Jugend(en) lassen sich allerdings auch Gemeinsamkeiten in den Einstellungen feststellen. So zeigt sich beispielsweise, dass sich junge Frauen stärker in

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Richtung Beziehung und Familie orientieren, während junge Männer Unabhängigkeit suchen. Es scheint so, dass sich theoretisch in den Köpfen der Mädchen und Burschen ein egalitäres Geschlechterrollenbild zu verankern beginnt, das allerdings in der Praxis nicht durchgehalten wird. So gehört beispielsweise Erwerbsarbeit für beide Geschlechter zur Normalität, doch ein Drittel der männlichen Jugendlichen möchte nicht, dass junge Frauen einen Beruf ergreifen, der in Männerdomänen eingreift. Darüber hinaus glaubt nur die Hälfte der Burschen, dass Frauen sich im Beruf besser verwirklichen können als in der Rolle als Hausfrau und Mutter. Auch die Teilnahme von Frauen an der Politik wird von drei Viertel der jungen Männer abgelehnt. Jugendliche MigrantInnen – vermehrte Sorge um die Zukunft Vergleicht man Mädchen und Burschen mit und ohne Migrationshintergrund, so ist auffallend, dass MigrantInnen, vor allem junge MuslimInnen, weitaus pessimistischer in die Zukunft blicken als Jugendliche mit österreichischen Wurzeln. Sie fühlen sich von der Gesellschaft nicht ernst genommen und legen auf Aspekte der Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung und Autonomie weniger Wert als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Während männliche Migranten traditionelle Rollenbilder von Mann und Frau bevorzugen, sind die Mädchen einem emanzipatorischen und egalitären Rollenverständnis gegenüber aufgeschlossen. Hier zeigt sich – ähnlich wie bei Jugendlichen mit österreichischen Wurzeln – eine klare Bruchlinie zwischen den Geschlechtern in Sache Emanzipation. Lebenshorizonte: Religion, Ethik und Spiritualität In den Lebenshorizonten „Religion, Ethik und Spiritualiät“ sowie den Vorstellungen darüber, was „gutes“ Leben ist und/oder sein soll, zeigen sich seit 1990 starke Umbrüche. „Religion“ wird wichtiger – subjektive Religiositäten sind vielfältig, brüchig und widersprüchlich Die Aufmerksamkeit für Religion und deren Bedeutung steigt im Vergleich zu den beiden Untersuchungswellen 1990 und 2000 signifikant. 11% halten den Lebensbereich Religion für „sehr wichtig“, doppelt so viele wie im Jahr 2000. Der Lebensraum Religion hat die Politik in der Rangordnung „sehr wichtiger“ Lebensbereiche überholt. Als Gegenpol hat aber auch die Zahl jener, die Religion für „überhaupt nicht wichtig“ halten, signifikant zugenommen. Knapp ein Drittel der Jugendlichen versteht sich selbst als „religiös“ und 69% der Jugendlichen 2006 glauben an „Gott“. Diese seit 1990 aufgehende Schere zeigt zweierlei: Die Erosionsprozesse einer traditionell-kirchlich/konfessionell gebundenen Religiosität und den Wandel des Gottesbildes sowie der subjektiven Religiositäten. Der wöchentliche Kirchgang ist auf 4% gesunken, zugleich bezweifeln zwei Drittel der Jugendlichen die Erkennbarkeit Gottes und seine Lebensrelevanz. Die „Gotteskrise“ ist eine Praxis- & Gerechtigkeitskrise Die Verwandlung von „Religiosität“ in eine Weltanschauung mit einem abstrahierten, lebens-irrelevanten Gottesbild verweist auf eine manifeste Praxiskrise der Kirchen (und von „Religion“ insgesamt). Darin wird auch die Gerechtigkeitskrise der Gesellschaft sichtbar. Der Mangel an konkreten Orten gelebter Religiosität und die Erfahrungen junger

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Menschen von Ungerechtigkeit (in Schule, Arbeit, Gesellschaft, Politik) prägen die subjektiven Religiositäten. Das Interesse an „Spiritualität“ ist Ausdruck für die Suche nach lebensrelevantem, erfahrbarem „Sinn“. Junge Menschen auf der Suche nach objektiven Normen 63% der Jugendlichen möchten durch Verhandlungen mit anderen Menschen festmachen, was in einer konkreten Situation „gut“ oder „böse“ ist. Zugleich sind sie dabei bemüht, sich an existierenden objektiven Normen zu orientieren (68%). Sie wünschen sich mehr Ethikunterricht in der Schule (57%) und öffentliche Diskussionen darüber, was „gut“ und was „böse“ ist (63%). Trends, Perspektiven, Handlungsoptionen Die Suche nach Sicherheit nimmt zu → Hanldungsoption: Entängstigung und Ermutigung, Entwicklung von Handlungsalternativen und Räumen sowie die Förderung junger Menschen, v.a. jene Jugendlichen in prekären Lebenssituationen. Wertkombinationen als Reaktion auf die Herausforderungen des Lebens → Handlungsoption: Raum für Wert-Bildung und Wertklärungsprozesse eröffnen, v.a. in der Schule, aber nicht nur im Religions- und Ethikunterricht. Thema „Gerechtigkeit“ ist Schlüsselthema für die Zukunft → Handlungsoption: überzeugende Strategien in den Bereichen soziale Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, politische Partizipation und Bildung. Bildung ist entscheidender Faktor für die Entwicklung von sozialen, humanen und demokratischen Werten, sowie geschlechtergerechtes Denken und Verhalten. Quelle: Christian Friesl/Ingrid Kromer/Regina Polak (Hg.): Lieben Leisten Hoffen. Die Wertewelt junger Menschen in Österreich, Wien, 2008.

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