Heiligen Grab, ein Flecken und ehemahliges Cistercienser Kloster, nun aber ein Adeliches Fräulein-Stifft in der Priegnitz, zwischen Wittstock und Pritzwalck gelegen, ist von Markgraf Ottone, der in der UckerMarck seine Hofhaltung gehabt, im Jahre 1287 gestifftet worden. ….und soll die damahlige domina des Klosters Neuendorff selbst mit Eilf Jungfrauen aus ihrem Kloster herüber gezogen sein, und dieses neu gestifftete Kloster zuerst besetzet haben….Im Jahre 1542. am Tage Vincentii den 22. Jan. ist zwischen dem Kloster, und einem des Geschlechts von Rohren, ein Streit entstanden. Weil das Kloster sich geweigert, das Interim anzunehmen, ist besagter von Rohr als Landes Hauptmann der Priegnitz und des Ruppinischen Kreisses von dem Churfürsten Joachimo II. im Jahre 1542. in des Klosters Güter immittieret worden. Es ist aber der Streit durch Vermittelung des Kaysers Caroli V. dahin, daß sich das Kloster denen Kirchen-Verordnungen des Churfürsten unterworffen, beygeleget, und darauf in allen seinen Freyheiten confirmiret worden. Worauf die Conventualinnen im Jahre 1548. ihren Einzug wieder in das Kloster gehalten. Es ist solches unter der Regierung der Dominae Anna von Quitzow geschehen, die nicht nur zu ihrer Zeit sehr werth gehalten worden, sondern deren Gedächtniß auch noch ietzo im Seegen ist. Sie hat die lateinische Sprache gründlich verstanden, und soll mit vielen Gelehrten ihrer Zeit correspondiret haben; wie denn unter den Schrifften des Stifftes sich noch die copeyliche Abschrifft eines Briefes, das Interim betreffend, befindet. Sie ist im Jahre 1565. am Tage Mauritii gestorben. Bey der Catholischen Religion sind sie anfangs noch geblieben, biß endlich besagte Anna von Quitzow die Lutherische Lehre angenommen, wiewohl sie noch eine ziemliche Zeit über die Catholische OrdensKleidung und Gebräuche feste gehalten….Die Kloster-Kappen haben sie erst nach der dreyßigjährigen Krieges-Zeit abgeleget, nachdem sich die Domina von Rathenow nach der Wittstocker Schlacht mit acht Jungfrauen wieder in das Kloster eingefunden….Im 30.jährigen Kriege hat das Kloster sehr viel erlitten, und sind nicht allein desselben auswendige Gebäude, darinne die Oeconomie geführet worden, zum Theil abgebrannt, sondern es hat auch endlich die Versammlung weichen, und das Kloster nach ausgestandener Plünderung und Beraubung ihrer Güther, wie auch Ruinirung derer Kloster-Dörffer, verlassen müssen; also daß nach geendigtem Kriege von 46. Jungfrauen nur achte unter erwehnter Domina von Rathenow sich wieder eingefunden haben, die einen sehr kümmerlichen Angan des KlosterConvents wieder gemacht und sich anfänglich sehr schlecht behelffen müssen. Eine Domina Eva von Wartenbergen, so sich in den Krieges-Unruhen mit etlichen Jungfrauen nach Wittstock retiriret, ist daselbst mit denselben im Jahre 1637. an der Pest gestorben. Im Jahre 1723. ist die alte Oeconomie, da die Conventualinnen allerley Victualien zum Unterhalt bekommen, unter der Regierung der Dominae von Putlitz abgeschaffet, die Kloster-Güther verpachtet, und die Praebende zu baarem Gelde gesetzet worden. Im Jahre 1719. brannte das Kloster biß auf etliche wenige Zellen, sammt der Kirche ab, ist aber nun fein wieder aufgebauet worden. Nach Absterben der Dominae Christianae Charlotte von Einsiedel, aus dem Hause Fatenrode, im Mannsfeldischen, welche im Jahre 1740. mit Tode abgegangen, haben Ihro ietzt regierende Königliche Majestät in Preussen Fridericus II. die neu erwählte Dominam, Julianam Augustam Henriette von Winterfeld, aus dem Hause Schmarsow in der Ucker-Marck, allergnädigst zur Aebtißin erhoben, und das Kloster zum Stiffte gemacht, zugleich auch mit einem Orden begnadiget….. Auszug aus: Historisch-politischer-Geographischer Atlas der gantzen Welt. Oder grosses und vollständiges Geographisch-und Kritisches Lexikon, 5. Teil, Leipzig Heinsius 1746
Friederike Rupprecht (Hg.)
Lesezeiten Die Bibliothek im Kloster Stift zum Heiligengrabe von 1600 bis 1900 Kultur- und Museumsstandort Heiligengrabe • Band 3
Lukas Verlag
Inhalt
Friederike Rupprecht
Vorwort
6
Die historische Bibliothek – Entstehung und Geschichte
Helene Amtmann
Die Bibliothek des Klosters Stift zum Heiligengrabe
10
Dagmar Jank
Zu den handschriftlichen Besitzvermerken und zu den Donatoren im 18. Jahrhundert
15
Ursula Röper
»Privat-Uebung« und »gottseelige Discourse«. Lesegewohnheiten der Heiligengraber Konventualinnen im 18. Jahrhundert
20
Martin A. Völker
Gottlob Joachim Hindenberg (1736–1803): Stiftsprediger, Aufklärer und Buchkenner. Eine biobibliographische Skizze
28
Einblicke
Wilhelm Hüffmeier
»Materien zum Bau des Reichs Gottes« im Damenstift Heiligengrabe. Religiöse Literatur in der Stiftsbibliothek
38
Erik Heermann
Charles Rollin (1661–1741). Ein Historiker des 18. Jahrhunderts
45
Norbert W. Schlinkert
Der Comte de Buffon. Naturwissenschaftler, Literat und radikaler Aufklärer des Ancien Régime
54
Claudia Terne
Opernbücher als Gesellschaftslektüre des 18. Jahrhunderts. Zur Librettosammlung in der Stiftsbibliothek Heiligengrabe
64
Leseproben
Wilhelm Hüffmeier
Reisewege durch die Heilige Schrift und Untertanenspiegel. Zwei Bücher von Heinrich Bünting und Johann Schuwardt in einem Folianten (1600/1585)
72
Christoph Telschow
Praxis pietatis melica. Das ist Übung der Gottseligkeit in christlichen und trostreichen Gesängen, hg. Johannes Crueger (1690)
75
Christoph Telschow
Geistliche und Liebliche Lieder. Das »Porst’sche« Gesangbuch (1708/09, 1826)
76
Wilhelm Hüffmeier
Zwo Predigten von Heinrich Schuberten (1743)
77
Gerta Scharffenorth
Predigten für junge Frauenzimmer von Jacob Fordyce. Biblisch begründete Empfehlungen für die Bildung junger Frauen (1762)
78
Sophie zu Dohna-Schlobitten
Musarion oder die Philosophie der Grazien. Ein Gedicht in drey Büchern von Christoph Martin Wieland (1769)
79
Helga Gerlitz
Briefe über die Bestellung eines Küchengartens von Franz Herrmann Lueder (1773)
80
Sophie zu Dohna-Schlobitten
Pomona für Teutschlands Töchter (1783/84)
81
Wolfgang Dost
Meine Frühlingsreise aus der Prignitz von Heinrich Müller (1795)
82
Wilhelm Hüffmeier
Die letzte Predigt im alten Dom zu Berlin von Wilhelm Faber (1892)
83
Die Stiftsschule Heiligengrabe und ihre Bibliothek
Sarah Romeyke
Lesen lernen. Die Bücher der Heiligengraber Erziehungsanstalt
86
Farbtafeln
99
Bücherverzeichnis 1600 – 1900 nach Standort
Helene Amtmann
Vorbemerkung Bücherverzeichnis Anhang 1: Bücher ohne Signatur Anhang 2: Zeitschriften ohne Signatur
Anhang
Gottlob Joachim Hindenberg
Anmerkungen über die Prignitz (1781–87) (Neuveröffentlichung besorgt durch Martin A. Völker)
184
Autorenverzeichnis Abbildungsnachweis
197 199
112 113 178 180
Vorwort Mit der Ausstellung »Lesen im Kloster Stift. 300 Jahre Stiftsbibliothek« hat das Kloster Stift im Jahr 2003 seine »historische Bibliothek« der Öffentlichkeit vorgestellt. Seit 2002 bemühte sich die Kuratorin der Ausstellung Helene Amtmann um die Wiedereinrichtung der teilweise vernachlässigten Bibliothek, die heute in einem der restaurierten Räume in der Abtei würdig untergebracht ist. Die Bezeichnung »historische Bibliothek« hat sich für die nach 1900 nicht weitergeführte Sammlung von Büchern des 17. bis 19. Jahrhunderts als nützlich erwiesen, obwohl damit weder die Inhalte der Bücher noch der zeitliche Rahmen der Sammlung beschrieben sind. Sie ermöglicht jedoch eine Unterscheidung von der im Jahr 2009 durch Schenkung an das Kloster Stift gelangten, umfangreichen theologischen Bibliothek, die aus Beständen der ehemaligen Kirchenkanzlei der UEK (Union Evangelischer Kirchen) und aus der Privatsammlung des ehemaligen Präsidenten der Kirchenkanzlei Wilhelm Hüffmeier stammt und unweit der »historischen Bibliothek« in der Abtei ihren Platz gefunden hat. Außer diesen zwei Bibliotheken besitzt das Kloster Stift noch einen kleinen Buchbestand zu Themen, die im weiteren Sinne das Kloster Stift Heiligengrabe betreffen, und eine Sammlung belletristischer Werke, letztere ebenfalls eine Schenkung aus der Privatsammlung Wilhelm Hüffmeiers. Im Anschluss an die Ausstellung widmete sich Helene Amtmann in den Jahren 2003 bis 2009 der Aufgabe, einen neuen vollständigen Katalog der »historischen Bibliothek« zu erstellen. Dabei orientierte sie sich an den Vorgaben des Katalogs von Christa Wiehe von 1942 und übernahm deren Einordnung in Sachgruppen mit den entsprechenden Signaturen. Sie fügte außerdem eine Auflistung von Büchern und Zeitschriften ohne Signatur hinzu, die sich ehemals in der »historischen« Stiftsbibliothek befanden, aber von Christa Wiehe nicht aufgenommen worden waren. Außerdem wurden Autorennamen, Titel und Verlagsangaben ergänzt. Schließlich wurde über den Standortkatalog hinaus ein alphabetischer Katalog erstellt. Dabei wurden die älteren Kataloge, zuletzt
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der von Konrad von Rabenau und Uwe Czubatynski, eingesehen und herangezogen. Nun liegt der Katalog für Benutzerinnen und Benutzer der Bibliothek also in seiner doppelten Fassung – sowohl nach Signatur bzw. Standort wie auch nach Alphabet geordnet – vor. Gleichzeitig möchte das Kloster Stift seine »historische Bibliothek« einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen und dabei die Inhalte ansatzweise erschließen. Der vorliegende Band, der dritte in der Reihe der Publikationen des »Kulturund Museumsstandortes Heiligengrabe«, enthält daher nur den Standortkatalog, um dem interessierten Leser zunächst einen Überblick zu vermitteln. In einem ersten Sachteil zur »Entstehung und Ge schichte der Bibliothek« führt Helene Amtmann in die Bibliothek im Ganzen ein. Dagmar Jank und Ursula Röper befassen sich mit den Stifterinnen und Stiftern einzelner Bücher sowie der Nutzung der Bibliothek durch die Stiftsdamen im 18. Jahrhundert. Martin André Völker legt eine Biographie des Stiftspredigers Gottlob-Joachim Hindenberg vor, welcher während der Amtszeit der Äbtissin von Winterfeldt (1740–90) maßgeblich am Aufbau der Bibliothek beteiligt war und sich gleichzeitig als Autor im Sinne der Aufklärung betätigte. Unter der Überschrift »Einblicke« werden ausschnitthaft einzelne Themenbereiche und Autoren, die in der Bibliothek vertreten sind, näher betrachtet. Hier widmet sich Wilhelm Hüffmeier der theologischen und im weiteren Sinne religiösen Literatur. Erik Heermann stellt uns den Autor und Historiker Charles Rollin vor, und Norbert W. Schlinkert macht uns mit dem Naturwissenschaftler und Literaten Comte du Buffon bekannt. Claudia Terne widmet sich schließlich einer Besonderheit der Bibliothek, den zahlreichen Opernlibretti des 18. Jahrhunderts. Im dritten Teil des Buches stellen einige Autoren beispielhaft zehn Titel aus dem Gesamtbestand der »historischen Bibliothek« vor. Unter dem Stichwort »Leseproben« vermitteln uns Wolfgang Dost, Helga Gerlitz, Wilhelm Hüffmeier, Sophie zu DohnaSchlobitten, Gerta Scharffenorth und Christoph Tel
Vorwort
schow einen Eindruck von den von ihnen gelesenen Büchern, der Lust machen soll, selbst einmal einen Blick in das eine oder andere Buch zu werfen. Abschließend wendet sich Sarah Romeyke einem bis dahin noch kaum untersuchten Thema zu, der »Stiftsschule Heiligengrabe und ihrer Bibliothek«. Ihren Recherchen ist ein bisher unbekanntes Inventarverzeichnis der Schulbibliothek zu verdanken. Ihre Untersuchung, die die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts betrifft, vermittelt nicht nur neue Erkenntnisse über etliche der »historischen Bibliothek« im 19. Jahrhundert zugewachsene Titel, sondern macht auch mit dem Bestand dieser heute für das Stift verlorenen Bibliothek bekannt. Auch hier öffnet sich ein nicht kleines Feld für noch kommende Untersuchungen, wie überhaupt insgesamt die Bibliothek auf weitere Erforschung und Erschließung wartet. In einem Anhang werden Gottlob Joachim Hindenbergs »Anmerkungen über die Prignitz« neu veröffentlicht; für diese sorgte Martin André Völker. Die Bedeutung der volkskundlich und sprachgeschichtlich bemerkenswerten Schrift hat Völker in seinem Aufsatz zur Person und Arbeit Hindenbergs im ersten Teil des Buches dargelegt. Mögen vielleicht einige heute befremdende, aber zeitgeschichtlich verständliche Passagen – etwa über die Zigeuner – in der Schrift enthalten sein, so schmälert dies die Besonderheit des ganz aus der Haltung der Aufklärung entstandenen kleinen Werkes doch nicht. Es zeigt überdies des Stiftspredigers Hindenberg Liebe zur Prignitz, in der das Kloster Stift Heiligengrabe gelegen ist. Die Vielfalt der Titel und Themenbereiche der »historischen Bibliothek«, die vor allem das Interesse der Leserschaft des 18. Jahrhunderts widerspiegelt, zeigt sich aber auch an den zahlreichen Titelkupfern, von denen wir einige ausgewählt und den Aufsätzen dieses Buches beigefügt haben. Viele Bücher enthalten aufwendig gestaltete, einfallsreiche, bisweilen sogar narrative Titelgraphiken oder auch kolorierte Illustrationen. Von letzteren seien besonders die medi zinischen Pflanzen aus den Büchern von Joseph Jacob Plenck (1788/89) und auch die Zeichnungen zeitgenös sischer Moden aus dem Journal des Luxus und der Moden (1789–98) erwähnt. Dieses Buch hat den Titel »Lesezeiten« erhalten. Damit soll angedeutet werden, dass wir mit der »histo
Vorwort
rischen Bibliothek« des Kloster Stift in Zeiten versetzt werden, in denen – jedenfalls in einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht, zu der die Stiftsdamen gehörten – gelesen wurde und in denen man sich Zeit und Zeiten zum Lesen nahm. Gleichzeitig soll der Titel an die klösterliche Tradition der Bildungs- und Wissensaufnahme und -weitergabe erinnern. Wir können vermuten, dass sich die Stiftsdamen des 17. bis 19. Jahrhunderts regelmäßig, vielleicht auch zu bestimmten, dafür vorgesehenen Zeiten, allein oder in Gemeinschaft, der Lektüre widmeten. Damit folgten sie – den Bedingungen und Vorstellungen ihrer Zeit und ihrer protestantischen Sozialisation entsprechend – der in alten Zeiten schon von Benedikt von Nursia aufgestellten Regel für die Klostergemeinschaft benediktinischen Ursprungs, aus der im 12. Jahrhundert die Zisterzienserklöster hervorgingen. Neben Gottesdienst, Gebet und Arbeit (»ora et labora«) waren nach dieser Tradition täglich feste Zeiten dem Lesen vorbehalten und für das Lesen freizustellen. Es sei angemerkt, dass die geistliche Ordnung der Frauengemeinschaft im Kloster Stift noch heute die Selbstverpflichtung zu geistlicher Weiterentwicklung und Offenheit für geistige Auseinandersetzung enthält. Dazu gehört selbstverständlich neben der Wei terbildung durch Tagungen, dem Besuch von Ein kehrzeiten und dem geistigen Austausch mit den Mitmenschen auch das Lesen alter und neuer, breitgefächerter Lektüre. Dieses Buch möge darum an die Tradition der klösterlichen »Lesezeiten« erinnern und Interessierte dazu ermuntern, sich eigene »Lesezeiten« zu gönnen. Ich danke allen, die zum Zustandekommen dieses Buches beigetragen haben, besonders Helene Amtmann, ihrem helfenden Team und den Autoren, deren eigene Lesefreudigkeit in die Beiträge eingegangen ist und die hiermit den Anfang zur Erschließung der »historischen Bibliothek« des Kloster Stift gemacht haben. Dank auch an Sarah Romeyke, die einige der Künstler der Graphiken eruiert und Korrektur gelesen hat. Herzlich danke ich auch dem »Verein zur Förderung und Erhaltung des Ev. Klosters Stift zum Heiligengrabe e.V.« für die Bereitstellung der Mittel zum Druck des Buches. Friederike Rupprecht Äbtissin des Klosters Stift zum Heiligengrabe, Juli 2011
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Die historische Bibliothek – Entstehung und Geschichte
Die Bibliothek des Klosters Stift zum Heiligengrabe Helene Amtmann
Das Kloster Stift zum Heiligengrabe ist in der glücklichen Lage, neben einer ansehnlichen theologischen Fachbibliothek und einer kleinen Büchersammlung zum Kloster Stift auch eine Sammlung alter Bücher zu besitzen. Diese »historische Bibliothek« umfasst etwa 700 Titel (1200 Bände). Die Umgebung des bei Wittstock in Brandenburg gelegenen, 1287 gegründeten Zisterzienserinnenklosters wurde häufig und für lange Zeiten von Kriegen heimgesucht. Immer wieder zerstörten Brände Teile der Klosteranlage. Als 1539 der damalige Kurfürst Joachim II. zum Protestantismus übertrat, weigerten sich die Nonnen, seinem Befehl zum Übertritt zu folgen, und verließen das Kloster, um Schutz bei dem havelländischen Bischof Bussow II. von Alvensleben (1468–1548) zu suchen. Erst 1548 kehrten sie nach Heiligengrabe zurück und traten zum Protestantismus über. Noch einmal mussten Domina und Stiftsdamen 1636, während des Dreißigjährigen Krieges, nach Wittstock fliehen. Von dort kehrten 1645 nach einer Pestepidemie nur wenige von ihnen zurück. 1714 erfolgte unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. eine Revision der Statuten.1 1742 erhob Friedrich II. das Kloster zum adligen Damenstift. In dieser Zeit intensivierten sich die schon immer bestehenden vielfältigen Beziehungen zum Hof in Berlin. Am Anfang des 19. Jahrhunderts erlebte das Kloster die Auswirkungen der napoleonischen Kriege. Außerdem war die Mitte dieses Jahrhunderts von äußeren und inneren Spannungen zwischen der Äbtissin und den Stiftsdamen geprägt. Von 1847 bis 1945 führte das Damenstift eine Schule und ein Internat für Mädchen aus verarmten adligen Familien. Das Ende des II. Weltkriegs brachte Ausweisungen und Plünderungen. In der DDR-Zeit wurde der größte Teil der Anlage Heimat der aus Oberschlesien stammenden Eva-von-TieleWinckler-Schwesternschaft »Friedenshort« mit ihren Waisenkindern. Die Stiftsdamen und ihre Äbtissin führten am Ort ein sehr eingeschränktes Leben.
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Erst 1998 begannen nach der politischen Wende und dem Auszug der Diakonissen und deren Pflegebefohlenen die Renovierung der Klosteranlage, und seit 1996 lebte auch das Gemeinschaftsleben der Stiftsfrauen wieder auf. In diese historischen Gegebenheiten muss man Entstehung und Entwicklung der Kloster-Bibliothek einordnen. Von der mittelalterlichen Büchersammlung ist so gut wie nichts erhalten. Es ist aber nach Unterlagen im Archiv des Kloster Stift, die über das damalige Leben im Kloster Auskunft geben, anzunehmen, dass es eine Bibliothek gab.2 Die ältesten erhaltenen Bände stammen aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts. Auch von diesen wissen wir nicht, ob sie wirklich zum alten Bestand gehören oder später dazugekommen sind. Der Pfarrer des Dorfes Georg Dietrich Lüderwaldt (1712–17) berichtet von einigen Werken aus dem Mit telalter.3 1668 wurde, zwanzig Jahre nach Rückkehr der Frauen in ihr Kloster, von dem damaligen Stiftshauptmann Hans Erdmann von Bertikow eine zehnbändige Gesamtausgabe der Werke Martin Luthers angeschafft. Er bezeichnet dies als Beitrag zu einem Wiederanfang der zerstörten Bibliothek.4 In den nächsten 140 Jahren wuchs der Bestand stetig. Wie andere brandenburgische Klöster musste auch Heiligengrabe wertvolle Bücher an die kurfürstliche Bibliothek in Berlin abgeben. Die Kopie einer Liste aus dem Jahr 1672, in der die neunzehn Titel aufgeführt sind, ist erhalten geblieben.5 Zu dieser Zeit waren neben Äbtissin und Stiftsdamen die jeweiligen Stiftsprediger maßgeblich an der Auswahl der Bücher beteiligt. In der Amtszeit der Äbtissin Juliana Augusta Henrietta von Winterfeldt (1740–90) waren dies die Pfarrer Joachim Lehfeld (Stiftsprediger 1730–71) und Gottlob Joachim Hindenberg (Stiftsprediger 1772–1803), die beide auch mit eigenen Schriften in der Bibliothek vertreten sind. Doch
Die historische Bibliothek – Entstehung und Geschichte
auch den Stiftsdamen war die Anschaffung bestimmter Bücher wichtig. 1670 wurden innerhalb des Kapitels 23 Taler für den Kauf von elf Erbauungsschriften gesammelt.6 Auch die Abonnements sowohl tagespolitischer als auch kultureller Zeitschriften zeigen das Interesse der Stiftsdamen. Von einem systematischen Plan für den Aufbau der Sammlung kann wohl nicht ausgegangen werden. Sicher waren Bücher anderer Kirchenbibliotheken eine Anregung, und auch die empfohlene oder am preußischen Hof in Mode gekommene Lektüre für gebildete Damen bildete einen Anreiz. 1782 war einer zeitgenössischen Quelle zufolge bereits eine ansehnliche Sammlung zusammenge kommen: »Durch die Gnade hoher Gönner, durch Geschenke auswärtiger Freunde und durch die frey willigen Beyträge der Fräuleins ist dieser Vorrath bereits bis auf 300 Stück angewachsen.«7 Der verhältnismäßig große Anteil an geschenkten oder vererbten Büchern, den auch die Widmungen und Stifternamen auf den ersten Seiten der Bücher zeigen, lässt ein planvolles Vorgehen ebenfalls unwahrscheinlich erscheinen.8 Auffallend ist, dass nicht alle Bücher gebunden sind. Ein großer Teil vor allem der französischen Bücher blieb ungebunden, und manche Bände sind nicht einmal aufgeschnitten. Für eine repräsentative Bindung und für die Anschaffung teurer bebilderter oder kalligraphischer Prachtausgaben wurde wenig Geld ausgegeben.9 Zu welcher Zeit begonnen wurde, die Bücher mit einem Stempel als Besitz des Stifts zu kennzeichnen, und zu welcher Zeit dieser geschnitten wurde, konnte bisher nicht festgestellt werden.10 Der Standort der Bibliothek wird nirgends erwähnt und auch in Plänen nicht angezeigt. Auch über die mit der Bibliothek, der Auswahl und Ordnung der Bücher befassten Personen können nur Vermutungen angestellt werden.11 Dies steht ganz im Gegensatz zu der gründlichen Archivierung in anderen Bereichen wie der Forst-und Landwirtschaft.12 Offenbar gab es schon Ende des 18. Jahrhunderts ein Bücherverzeichnis. Stiftspfarrer Albrecht Ludwig Richter führt in seinem Katalog von 1817 einen »Catalog der Stiftsbibliothek vom Jahre 1787« auf.13 Anscheinend war man in dieser Zeit auf die Ver-
Die Bibliothek des Klosters Stift zum Heiligengrabe
Bücherverzeichnis 1817 von Stiftsprediger Albrecht Ludwig Richter, Titelblatt
mehrung und Ordnung der Büchersammlung bedacht. Richters handschriftliches Verzeichnis von 1817 ist ein alphabetischer Katalog, der auf die Standorte der Bücher hinweist und Platz für neu dazukommende Bü cher lässt. Die Anzahl der Titel und Bände entspricht annähernd dem heutigen Bestand. Auf dem Titelblatt werden Notizen zur Entstehung der Bibliothek angekündigt, die aber nicht ausgeführt wurden.14 In der folgenden Zeit hört das Interesse an einer Erweiterung der Bibliothek auf. Ab 1810 kommen nur wenige und vollkommen willkürlich ausgesuchte Titel dazu. Dieser eigenartige Tatbestand mag verschiedene Gründe haben. Seit Gründung der Schule gab es eine
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Gudela-Elisabeth Freiin von Wintzingerode, Foto um 1940
Schulbibliothek. Im Domstiftsarchiv in Brandenburg (Havel) befindet sich eine 26seitige Liste dieser Bücher.15 Ehemalige Schülerinnen berichten außerdem von einer Schülerbibliothek. Ein weiterer Grund für das mangelnde Interesse an Anschaff ungen könnte in den Zwistigkeiten innerhalb des Konvents gelegen haben16, die keine derartigen gemeinsamen Aktivitäten förderten und die Stiftsdamen eher zum Kauf eigener Bücher veranlassten, zumal einige von ihnen nun Lehrerinnen an der Stiftsschule waren. Immerhin scheint das Bewusstsein, eine gemeinsame Bibliothek zu besitzen, nicht ganz aufgehört zu haben. 1871 wurde ein in Schönschrift geschriebenes Bücherverzeichnis angefertigt, das allerdings nur wenige Seiten umfasst und nur einen kleinen Teil der Bücher aufführt17.
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Während des II. Weltkriegs wurde das erste vollständige Bibliotheksverzeichnis angefertigt und das heute benutzte Ordnungs-System eingeführt.18 Dieser von Christa Wiehe zusammengestellte Katalog ist die erste vollständige Erfassung der Bücher des Stifts und die Grundlage für alle folgenden Verzeichnisse. Es ist weder bekannt, wie lange die Verfasserin im Kloster Stift gearbeitet hat, noch ob und von wem sie beauftragt und bezahlt wurde. Eine 1979 aufgestellte Liste der seit 1942 fehlenden Bücher zeigt, dass die Bibliothek das Ende des II. Weltkriegs ohne nennenswerte Verluste überstanden hat, während dem Kloster Stift sonst fast alle wertvollen Gegenstände verlorengingen. Dies ist dem Einsatz der Stiftsdamen, vor allem der Stiftsdame GudelaElisabeth von Wintzingerode (1902–46), zu verdanken, die die Bücher an immer neuen Orten vor Konfiszierungen und Diebstählen versteckten.19 1962 wurden im Auftrag der Evangelischen Kirche die Buchbestände nach bibliothekarischen Regeln aufgenommen. Dieser von Konrad von Rabenau und Uwe Czubatynski erarbeitete Katalog, der viele zusätzliche Informationen enthält, konnte leider nicht fertiggestellt werden. In den Räumen des Museums wurde 2003 die Bibliothek mit einer Ausstellung »Lesen im Kloster Stift – 300 Jahre Stiftsbibliothek« der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Ausstellungskatalog ist eine von Helene Amtmann überarbeitete Version des Bücherver zeichnisses von Christa Wiehe abgedruckt. Der hier abgedruckte Katalog basiert einerseits auf diesen Vorarbeiten, andererseits auf einer gründlichen Durchsicht aller Bestände. Es bedarf eingehender Arbeiten über die Bibliothek, um die sozial- und kulturgeschichtlichen Hintergründe ihrer Zusammensetzung zu beleuchten.20 An dieser Stelle sei nur ein erster Eindruck formuliert: Die Titel im nachfolgenden Bücherverzeichnis weisen vor dem Hintergrund der oben skizzierten Bibliotheks geschichte darauf hin, dass es sich bei der historischen Bibliothek weder um eine wissenschaftliche Klos terbibliothek noch um eine ausgesprochene Frauenbibliothek handelt. Gerade der fast private Charakter der Sammlung macht m. E. ihren besonderen Wert aus und gibt Anstöße zum Nachdenken und -forschen in verschiedene Richtungen.
Die historische Bibliothek – Entstehung und Geschichte
Quellen und Literatur Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 10B Heiligengrabe A Nr. 1309. Czubatynski, Uwe: Stiftsbibliothek Heiligengrabe, in: Bernhard Fabian (Hg.): Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Olms Hildesheim 1996. Kieckebusch, Werner von: Chronik des Klosters zum Heiligengrabe von der Reformation bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, hg. v. Brigitte Müller-Bülow zu Dohna und Gabriele Simmermacher, Lukas Verlag Berlin 2008. Maltitz, Emil von: Zur Geschichte des Cistercienser-JungfrauenKlosters und Stifts zum Heiligengrabe (Archiv der Brandenburgia 1), Berlin 1894. Neese, Nora: Stift Heiligengrabe. Ein Erinnerungsbuch, Band 1, Selbstverlag Salzgitter 1992. Röper, Ursula: Sehnsucht nach Bildung, in: Sabine Koloch (Hg.): Frauen. Philosophie und Bildung im Zeitalter der Aufklärung, Berlin 2010, S. 281–293. Saenger, Hedwig von: Heiligengrabe 1287–1937, Kyritz 1937. Simon, Johannes: Kloster Heiligengrabe, 1. Teil: Von der Gründung bis zur Einführung der Reformation 1287–1549 (Jahrbuch für Brandenburgische Kirchengeschichte 24), Berlin 1929. Strohmaier-Wiederanders, Gerlinde: Geschichte vom Kloster Stift zum Heiligengrabe (Monumenta Brandenburgica 3), Berlin 1995. Kataloge Richter, Albrecht Ludwig: Verzeichnis der Bücher in der Bibliothek des Stiftes Heiligengrabe, Handschrift 1817, Stiftsarchiv Heiligengrabe (STAH). Wiehe geb. Dethleffsen, Christa: Die Bücherei des Stifts zum Heiligen Grabe. Maschinengeschriebenes Manuskript 1942, Stiftsa rchiv Heiligengrabe (STAH). Rabenau, Konrad von (unter Mitwirkung von Uwe Czubatynski): Alphabetischer und Standortkatalog der Stiftsbibliothek Heiligengrabe, Maschinengeschriebener Karteikartenkatalog, Universitätsbibliothek Erfurt, MAG 13397, 1991. Amtmann, Helene: 300 Jahre Bibliothek im Klosterstift Heiligen grabe von 1600 bis 1900, Ausstellungskatalog Museum Heiligengrabe 2003. Anmerkungen 1 Zur Frage des Lesens vgl. Statuten, § 22, bei Werner von Kieckebusch: Chronik, S. 241. 2 Johannes Simon: Kloster Heiligengrabe, Bd. 1, S. 54ff. 3 Er berichtet von einigen »an Ketten liegenden, übel conditio nierten mönchischen und scholastischen alten Büchern, so wegen der unleserlichen Mönchschrift nicht sonderlich zu gebrauchen, doch der Antiquität halber leicht beizubehalten, wie wohl schon viele ledige Bänder, aus welchen die Blätter zerrissen daliegen.« Johannes Simon: Kloster Heiligengrabe, Bd. 1, S. 54. 4 »[…] in die Closter Kirche geschaffet und damit einen höchstrühmlichen Anfang zur Reparation der verwüsteten Bibliothek gemacht.« Stiftsarchiv Heiligengrabe (STAH), zitiert nach Werner von Kieckebusch: Chronik, S. 466. 5 »das der Churfürstl. Brandenburg. Rath undt Ober-Biblio thecarius Herr Johannes Rhauw unten spezifizierte Bücher aus dem Edel-Jungfräul. Closter Heiligen Grabe, auff Sr. Churfl.
Die Bibliothek des Klosters Stift zum Heiligengrabe
Durchl., Vnsres Gnedigsten Herrn gnedigstes begehren, an heutigem Dato empfangen: Solches wirdt hiemit bescheiniget Actum im Closter Heiligen Grabe den 29. Novemb. Ao.1672. Hans Erdmann von Bertkow Hauptmann daselbsten mpr.« 1. Francisci Titelmanni Haßelensis in Psalterium Davidis. Cononiae MDXLV. 2. Jacobi de Valentia Christopolitani Episcopi in Psalmos Davidis. 3. Rudolphus de Saxonia, de vita Christi. 4. Stephani Brulefer, Super Scripta Sancti Bonaventurae Directorium. 5. Speculum aureum fratris Heinrici Herp. de Praeceptis Divinae Legis. 6. Summa Summarum, quae Sylvestrina dicitur, Sylvestri de Prierio. 7. Rationale Divinorum. Hagenaw M.D.IX. 8. Ambrosij Calepini Dictionarium. 9. Dionysij Carthusiani in Pentateuchum. 10. === a Libro Josuae ad Orationem Manaßis. 11. === in V. libros, Proverbia, Ecclesiasten, Canticum Canticorum, Sapienti Ecclesiastic. 12. === in Psalmos. 13. === in IV. Prophetas Majores. 14. === in XII. Prophetas Minores. 15. === in Evangelistas. 16. Margarita Poëtica. 17. Antonij de Balocho de fidei Christianae duodecim mirabilibus Exelentijs. Hagenow M.D.XIII 18. Paßionale, effte det Leven der Hylligen, mit Holtz-Stichen. 19. Taulerus. Halberstad M.D:XXI.« Zitat und Liste nach Kirchenbuch Heiligengrabe (KBH), bei Werner von Kieckebusch: Chronik, S. 466f. Laut J. Simon: Kloster Heiligengrabe, Bd. 1, S. 55, ist Nr. 5 eine Inkunabel von 1496 . Dies wie auch die Annahme von Uwe Czubatynski, dass die zum größten Teil lateinischen Bücher noch aus der vorreformatorischen Zeit der Klosterbibliothek stammen, ist nicht belegt. Die Bücher sind im II. Weltkrieg in Berlin verbrannt. Nr. 19 soll eventuell erhalten sein. Auch dies ist eine Annahme. 6 Werner von Kieckebusch: Chronik, S. 466. Im Stiftsarchiv finden sich aus dieser Zeit weitere Rechnungen über den Kauf von Büchern für die Bibliothek. 7 Zitiert nach Ursula Röper: Sehnsucht nach Bildung, S. 282. 8 Vgl. dazu Dagmar Jank: Zu den handschriftlichen Besitzver merken und zu den Donatoren (Beitrag in diesem Band). 9 Das muss nicht unbedingt immer an Geldmangel gelegen haben, da zur gleichen Zeit in den Archivalien andere kostspielige Anschaffungen verzeichnet sind. 10 Dieser runde Stempel trägt die Aufschrift »Siegel des Stifts zum Heiligengrabe«, in der Mitte die Insignien IHS – SHG, umgeben von Bischofsstab und -mütze und anderen Verzierungen. Er ist in allen Büchern der Bibliothek benutzt worden. Nicht festzustellen ist, ob auch an anderer Stelle. Das etwas pompöse Aussehen lässt am ehesten auf die Zeit Kaiser Wilhelms II. schließen. 11 Da im Archiv auch unter anderem eine Abrechnung mit dem Namen Gottlob Joachim Hindenberg vorhanden ist, liegt die Vermutung nahe, dass die Bibliothek unter einer gewissen Aufsicht des jeweiligen Stiftspfarrers stand. Vgl.
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Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 10B Heiligengrabe A, Nr. 1308 Bl. 2v–4r und 17r–18r. Mit Sicherheit lässt sich dies jedoch nur über den Verfasser des ersten Verzeichnisses Albrecht Ludwig Richter sagen. Im 20. Jahrhundert scheint sich dies geändert zu haben; mündlich wurde mir die Stiftsdame Elfriede von Abendroth (1904–87) als für die Bibliothek zuständig genannt. 12 Die wenigen vorhandenen Archivierungen im Bereich der Bibliothek sind nicht zuverlässig; nachträgliche Eintragungen z.B. in dem Katalog von 1817 wurden willkürlich vorgenom men. 13 Dazu passen einige Blätter im Stiftsarchiv, die Teile eines Bücherverzeichnisses sind und u.a. die Jahreszahl 1775 enthalten. Vgl. Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 10B Heiligengrabe A, Nr. 1309, Bl. 5r–11r. 14 Standorte scheinen Regale gewesen zu sein, in denen die Bücher nach Inhalt und einer fortlaufenden Zahl (Repositorium, Fach, Nro.) geordnet waren. Unter den 1942 nicht mehr vorhandenen Bücher war auch »G. J. Hindenbergs Nachrichten vom Heiligen-Grabe-Berlin-1782«, A. L. Richter: Verzeichnis, S. 45. 15 Diese Liste ist zwar in Sachgebiete gegliedert, aber nicht alpha bethisch und meist ohne bibliographische Angaben. Viele Bücher für den Schulgebrauch waren mehrfach vorhanden. Es gab viele Noten, vor allem für Klavier und Gesang. Für die Bücher wurde ein anderer Stempel benutzt. Aus Einträgen in Büchern der Stiftsbibliothek ist zu sehen, dass diese Bücher ursprünglich aus der Schulbibliothek stammten, beide Bibliotheken also grundsätzlich getrennt geführt wurden. Zur Schulbibliothek siehe den Beitrag von Sarah Romeyke in die sem Band.
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16 Gerlinde Strohmaier-Wiederanders: Geschichte vom Klosterstift Heiligengrabe, S. 47. 17 StAH Nr. 1361. 18 Vollendet 1942. Die Tatsache, dass in der Zeit, als die Internatsschule unter der Beobachtung der nationalsozialistischen Schulbehörde stand, noch dieser Katalog aufgestellt werden konnte, ist bemerkenswert. Für den relativ kleinen Bücherbestand bot sich die Anordnung in Sachgruppen ohne weitere Systematisierung an. Nur die Gruppe »Französische Bücher« ist nicht sachlich geordnet, sondern nach der Sprache zusammengefasst. Unklar ist, warum eine Anzahl von Büchern (heute im Katalog»ohne Signatur«) nicht zugeordnet wurde. Ebenso, ob die Rückenschilder und die Stempel in dieser Zeit angebracht wurden. Da das Ablösen der Rückenschilder ohne weitergehende restauratorische Maßnahmen nicht möglich ist und diese inzwischen zur Geschichte der Bibliothek gehören, wurde auf eine Neuordnung der Bibliothek verzichtet. 19 Vgl. den Bericht von Gudela-Elisabeth von Wintzingerode, in: N. Neese: Stift Heiligengrabe, Bd. 1, S. 290–313. Als Tonband in der Dauerausstellung »Vom Nonnenchor zum Damenplatz. 700 Jahre Kloster und Stift Heiligengrabe« (Kuratorin Sarah Romeyke), Museum Heiligengrabe. Anlass für diese Aktionen waren, wie in dem Bericht von Wintzingerode zu lesen, Ankündigungen, dass alle Bücher für den Aufbau einer Gemeindebibliothek zu beschlagnahmen seien. Es ist denkbar, dass dies zumindest mit einem Teil der Schulbibliothek geschehen ist. Den hohen Wert, den die Stiftsdamen ihrer Stiftsbibliothek zumaßen, ist aus ihren Handlungen (übrigens auch in Bezug auf das Stiftsarchiv) zu ersehen. 20 Vgl. dazu Ursula Röper: Sehnsucht nach Bildung, S. 265–278.
Die historische Bibliothek – Entstehung und Geschichte