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Wissenschaft im digitalen Zeitalter -- Transformationen von Wis­­­ sen und

Die Flüchtigkeit der Information. Wissenschafts­ geschichte im digitalen Zeitalter Jan Alexander van Nahl Ripperger & Kremers

Ripperger & Kremers VERLAG

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eBook © Ripperger & Kremers Verlag, Berlin 2014 Informationen über eBooks und Bücher aus dem Verlag unter www.ripperger-kremers.de Alle Rechte vorbehalten Titelgestaltung: Vera Eizenhöfer ISBN: 978-3-943999-37-2 (EPub) ISBN: 978-3-943999-39-6 (PDF)

Jan Alexander van Nahl

Die Flüchtigkeit der Information Wissenschaftsgeschichte im digitalen Zeitalter

Band 3 »Transformationen von Wissen und Wissenschaft im digitalen Zeitalter« Herausgegeben von Mirco Limpinsel

Weitere Informationen zu diesem eBook und zum Autor: https://verlag-ripperger-kremers.de/die-fluechtigkeit-derinformation Informationen zur Reihe »Transformationen von Wissen und Wissenschaft im digitalen Zeitalter« unter: https://verlag-ripperger-kremers.de/ebook-reihe/ transformationen-des-wissens

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Inhalt 1 Die Ausgangslage 1.1 »Muss ich das lesen?« 1.2 »Das freundliche Ende der Geisteswissenschaften«? 1.2.1 Eine Ergänzung zum open access 1.3 Das Reallexikon der Germanischen Altertumskunde und die Germanische Altertumskunde online 2 2.1 2.2 2.3

Perpektiven Zur »zukunftsorientierten Form geisteswissenschaftlicher Kompetenz Hermeneutische Reflexion? Zum Potenzial ›semantischer Netze‹

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Nachwort Anmerkungen Literatur

»Es ist nämlich umsonst, Gleichgültigkeit in Ansehung solcher Nachforschungen erkünsteln zu wollen, deren Gegenstand der menschlichen Natur nicht gleichgültig sein kann«. – Kant, Vorrede zur Kritik der reinen Vernunft

1 Die Ausgangslage 1.1 »Muss ich das lesen?« [1] »Wenn man anfängt, über ein so breites Thema wie das der ›Aufgabe der Geisteswissenschaften heute‹ nachzudenken, wird einem sehr schnell schwindlig zu Mute. [...] Es kommen einem einfach zu viele Dinge in den Sinn – und es sind kaum Strukturen in Sicht, die einem helfen könnten, diese Assoziationen in eine ordentliche Reihenfolge zu bringen«.1 Wird einem international renommierten Literaturwissenschaftler wie Hans Ulrich Gumbrecht schwindlig zu Mute, wenn er nach der aktuellen Aufgabe – damit nicht nur einer wissenschaftlichen, sondern auch einer gesellschaftlichen Relevanz – der Geisteswissenschaften fragt, so mag 1

Gumbrecht, Hans Ulrich 2012 [1998]: Die Aufgabe der Geisteswissenschaften heute. In: Präsenz. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Jürgen Klein, S. 145–168. (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1942.) Berlin, S. 145.

man eine erneute Annäherung an diesen Themenkomplex als gewagtes Unterfangen bezeichnen. Das scheint zunächst ein terminologisches Problem: ›Wissen‹ und ›Wissensgesellschaft‹, ›Wissenschaft(en)‹ und ›Wissenschaftsgeschichte‹, und das alles im Zustand der ›Transformation‹ wenn nicht ›Krise‹ – gewichtige Begriffe, die in der Diskussion einerseits unmittelbar verständlich scheinen, deren semantische Offenheit andererseits die Interpretation herausfordert.2 [2] Ihre Verknüpfung mit dem Attribut ›digital‹ eröffnet bereits seit Jahren eine weitere Ebene, evoziert den Kontrast zu einem ›Nicht-Digitalen‹, einem ›Analogen‹, ohne dass diese abstrakte Unterscheidung ihrerseits zunächst über unverbindliche Assoziationen hinausführen würde. Angesichts inflationären Gebrauchs diverser ›digital‹-Komposita in Alltags- und Fachsprache scheint es dennoch berechtigt, von einem digital turn, gar einer digitalen Revolution, zumindest einer gefühlten, zu sprechen – auch wenn Inhalte und Bedeutung dieses Wandels oder Umbruchs bisher ebenfalls diffus geblieben sind, wenn Miss- und Unverständnisse weiterhin erinnern, dass ein solides Fundament künftiger Debatten in den Geistes- und Kulturwissenschaften erst noch zu legen ist. 2

Einen ersten Überblick bietet Schützeichel, Rainer (Hg.) 2007: Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung. Konstanz.

[3] Aber was sind diese Geistes- und Kulturwissenschaften jenseits einer disparaten Sammelbezeichnung für ein heterogenes Fächer- und Disziplinenspektrum? Die Präzisierung scheint ein Problem vieler Studien zu sein, die einen Geist der Wissenschaft beschwören oder in meist dezidierter Abwendung mit Kultur-Komposita operieren, denen dann ein methodischer Mehrwert attestiert wird; das genaue Verständnis wird wiederum zur Auslegungsfrage. Auch das Verhältnis zu den Humanities des englischen Sprachraums ist nicht eindeutig. Bereits Mitte der 1990er Jahre bemerkte Otto Gerhard Oexle, es sei längst einmal grundlegend »zu prüfen, ob Diltheys Begriff und Begründung der ›Geisteswissenschaften‹ überhaupt noch sinnvoll sind. Diese Frage ist bisher in der notwendigen Deutlichkeit nicht gestellt worden. Der Abschied vom Begriff der ›Geisteswissenschaften‹ auf ›geisteswissenschaftlicher‹ Seite erscheint überfällig«.3 Knapp zwei Jahrzehnte später ist dieser vermeintlich säumige Abschied nicht nur nicht erfolgt, sondern haben sich auch Stimmen ge-

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Oexle, Otto Gerhard 1996: Geschichte als Historische Kulturwissenschaft. In: Wolfgang Hardtwig/Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Kulturgeschichte Heute, S. 14–40. (Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 16.) Göttingen, S. 39.

mehrt, die einem ›Geist‹ in der wissenschaftlichen Debatte wieder das Wort reden.4 [4] Die schwindelerregende Fülle an Meinungsäußerungen, die pro oder contra Geist oder Kultur Position beziehen, ist Ausdruck einer Orientierungslosigkeit, die in ihrer zunehmenden Manifestation gepflegte Fronten verhärtet und damit Redundanz bedingt; man könnte vielleicht von einem »Überschuss an Subjektivität«5 – im Sinne eines tendenziösen Meinungsaustauschs – sprechen, womit wiederum das Desiderat leitender Strukturen berührt wäre. Wird andererseits das Potenzial der Geistes- und Kulturwissenschaften in ihrem dialogischen, d.h. grenzüberschreitenden und integrativen, Wesen gesehen,6 so liegt der Anspruch zugrunde, eine Orientierungsfunktion zu besitzen, die sich sowohl auf Wis4

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Vgl. Detel, Wolfgang 2011: Geist und Verstehen. Historische Grundlagen einer modernen Hermeneutik. (Philosophische Abhandlungen 104.) Frankfurt a. M. Dainat, Holger 2007: Ein Fach in der ›Krise‹. Die ›Methodendiskussion‹ in der Neueren deutschen Literturwissenschaft. In: Otto Gerhard Oexle (Hg.), Krise des Historismus – Krise der Wirklichkeit. Wissenschaft, Kunst und Literatur 1880–1932, S. 247–272. Göttingen, S. 262. Vgl. Langewiesche, Dieter 2003: Wozu braucht die Gesellschaft Geisteswissenschaften? – Wieviel Geisteswissenschaften braucht die Universität? In: Florian Keisinger/Steffen Seischab/Angelika Steinacher (Hg.), Wozu Geisteswissenschaften? Kontroverse Argumente für eine überfällige Debatte, S. 29–42. Frankfurt a. M./New York, S. 29.

senschaft als auch auf Gesellschaft erstreckt.7 Die philosophische Dimension dieses Fragenkomplexes wird dann regelmäßig zum Anlass genommen, unverbindliche Untergangsszenarien wissenschaftlicher Ansprüche und Werte zu propagieren. [5] Das Verhältnis von Geistes- und Kulturwissenschaften mit seinen zahlreichen Implikationen soll hier nicht wiederholt problematisiert werden.8 Man mag aus dem weitgehenden Fehlen systematischer Differenzen (oder zumindest deren allgemeiner Anerkennung) überhaupt den Schluss ziehen, dass eine solche Trennung vielmehr eine ›Frage des Prinzips‹ ist, geprägt auch durch entsprechende Verkündungen während des Studiums einer geistes- und/oder kulturwissenschaftlichen Disziplin. Es bietet sich daher an, hier mit einer allgemeineren Umschreibung zu operieren, um nicht bereits im Vorfeld zwischen den Fronten aufgerieben zu werden. Sie könnte, mit Dieter Langewiesche, folgend lauten: »Die Geisteswissenschaften bilden kein festgefügtes Ensemble bestimmter Fächer. Die Fragen, die sie stellen, und ih7

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Vgl. Mittelstraß, Jürgen 2001: Wissen und Grenzen. Philosophische Studien. (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1390.) Frankfurt a. M., S. 13 ff. Ein Diskussionsspektrum eröffnet Rüsen, Jörn 2006: Kultur macht Sinn. Orientierungen zwischen Gestern und Morgen. Köln.