Der Regenbogen - julianibus

12.11.2013 - fügbar unter: http://physik.uibk.ac.at/didaktik/licht/7-Borghi_Regenbogen+. Himmelblau.ppt [Stand: 3. April 2013]. Cowley, L., Rainbows, Online ...
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Kronberg-Gymnasium Aschaffenburg

Oberstufenjahrgang 2012/2014

S E M I N A R A R B E I T im W-Seminar Physik – Die Welt des Lichts

Der Regenbogen Verfasser:

Julian Wienand

Leitfach:

Physik

Seminarleiter:

StD Hilmar Engelhardt

Abgabetermin:

12. November 2013

Erzielte Punkte: (einfache Wertung)

..........

Erzielte Punkte in der Abschlusspräsentation:

….......

Abgabe beim Oberstufenbetreuer am

…....................….........................................

…..................................................................... Unterschrift des Kursleiters

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung............................................................................................................................3 2 Auftreten und Sichtbarwerden.............................................................................................4 3 Strahlenoptik im Wassertropfen..........................................................................................7 3.1 Monochromatische Strahlengänge..............................................................................8 3.2 Der Strahlengang des Hauptregenbogens....................................................................9 3.3 Der cartesische Strahl................................................................................................11 3.4 Farbenpracht durch Dispersion..................................................................................13 3.5 Der Nebenregenbogen...............................................................................................15 4 Im Wellencharakter des Lichts begründete Phänomene....................................................18 4.1 Innere Bögen..............................................................................................................18 4.2 Einfluss der Tröpfchengröße.....................................................................................19 4.3 Der Nebelbogen.........................................................................................................20 5 Resümee............................................................................................................................21 6 Quellenverzeichnis............................................................................................................23 7 Eigenständigkeitserklärung...............................................................................................25

-3-

1 Einleitung Der Regenbogen ist ein Naturphänomen, dessen bogenförmiges, in der Natur sporadisch auftretendes, in seinen geometrischen Proportionen vollkommenes Farbband sich ganz auf hervorragende Weise von anderen Himmelserscheinungen und zu beobachtenden Schauspielen abgrenzt. Seit Jahrtausenden durchwirkt er die Geschichte als strahlender Gegenstand menschlicher Faszination, als Ursache des Staunens über die Welt und all ihrer Geheimnisse – kein Wunder, dass seine gemütserhellende Erscheinung Eingang in nahezu jede Kultur gefunden hat, ungeachtet dessen, ob selbe noch existent ist oder zu den Untergegangenen zählt. Aufgrund seiner Bogenform, die an eine Brücke erinnert, eine himmlische in allen Farben glühende wohlgemerkt, wird ihm in der Regel eine Symbolik der Überwindung, der Vermittlung gegensätzlicher Seiten und Welten zugesprochen, meist zwischen einer irdischen Sphäre und einer göttlichen Allmacht1, so auch im 1. Buch Mose des Alten Testaments, wo er den Bund zeichnet, den Noah mit Gott schließt: „Und Gott sprach: […] Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde. Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen.“2 Eine ähnliche Bedeutung fällt ihm in der griechischen Mythologie zu, wo ihn die Göttin Iris personifiziert, ein Name, der übersetzt Regenbogen bedeutet und heute die Regenbogenhaut im Auge bezeichnet. Seine alle Farben umfassende Buntheit lässt ihn darüber hinaus auch in gleicher Weise als Brücke zwischen den Menschen selbst fungieren, wenn er auf Flaggen, Bannern und Ansteckern zu Toleranz sowie sexueller Freiheit aufruft und die Rechte jedes Einzelnen mehrfarbig unterstreicht. Ebenso vielseitig zeigt sich das Regenbogenphänomen aus physikalischer Perspektive betrachtet: Zahlreiche Wissenschaftler und Denker haben ausgiebig zu seiner Erforschung beigetragen, allen voran Aristoteles, den das bloße Staunen und Beobachten nicht selten zu noch heute verbreiteten Gemeinplätzen statt zu physikalisch korrekten Aussagen verleitete. Seiner Ansicht nach nämlich gebe es den Regenbogen nie als vollen Kreis, auch sei kein 1 2

Beispiele nach Reichart, R., Der Regenbogen in Religion und Mythologie. Genesis 9, 12 – 17.

-4Bogen möglich, der größer als ein Halbkreis ist.3 Die empirische „Entzauberung“ der Regenbogenerscheinung wurde seit dem Spätmittelalter durch Descartes, Newton, Young sowie Airy vorangetrieben, die ihre neu gewonnenen, optischen Erkenntnisse, zu denen u.a. das Reflexions- und Brechungsgesetz, die Dispersion sowie der Wellencharakter des Lichts mit seinen vielen Phänomenen zählen, auf den Regenbogen anzuwenden suchten. Denn indem er eben all diese Aspekte der Optik in sich vereint, eine Brücke zwischen ihnen schlägt, wird er zum beliebten Prüfstein optischer Theorien und kann für sich beanspruchen, merklich zum Erkenntnisprozess in der Physik beigetragen zu haben. Jene Vorgänge darzulegen, die gemeinsam als komplexes Zusammenspiel die Entstehung des in Mythos und Religion allgegenwärtigen Regenbogens erwirken, aufzuzeigen, dass eine subtile physikalische Analyse seiner Farbenpracht keinesfalls mit seiner Entzauberung einhergeht, dass der über Jahrtausende hinweg gewahrten Rolle des Regenbogens als Gegenstand menschlicher Faszination kein Abbruch getan wird, sondern dass sich diese mit und in der Kenntnis seiner physikalischen Beschaffenheit fortsetzt, das liegt der Seminararbeit als Intention auf. Jedem Leser mit hinreichender Grundkenntnis in Mathematik und Physik möge sie einen umfassenden Einblick in die optischen Tiefen und mathematischen Hintergründe der Regenbogenerscheinung vermitteln, nicht ohne zur Ausweitung und Schärfung des persönlichen Erkenntnishorizonts beizutragen.

2 Auftreten und Sichtbarwerden Damit ein Regenbogen – obgleich in der Natur oder unter Laborbedingungen – betrachtet werden kann, ist es notwendig, dass drei Voraussetzungen erfüllt sind. 1. Das Vorhandensein einer Lichtquelle: Unter freiem Himmel ist diese gewöhnlich durch die Sonne gegeben, jedoch sind Regenbogenerscheinungen ebenso in von Glühbirnen oder anderen Lampen erhelltem Raum zu beobachten. Das Spektrum der verwendeten Lichtquelle ist hierbei maßgebend für die Farbenpracht des Phänomens, ihre Intensität bestimmend für seine Helligkeit. Ideal ist folglich eine möglichst leistungsstarke Lichtquelle, die ein kontinuierliches Spektrum emittiert. Beide Eigenschaften vereint in sich (bei Vernachlässigung der Fraunhoferschen Absorptionslinien) unüberbietbar die Sonne. 3

Aristoteles, Meteorologie, 371b.

-52. Die Nähe zu einer Ansammlung von Wassertröpfchen, auf der sich der Regenbogen zeigen kann: Diese tritt meist in Form einer heran- bzw. wegziehenden Regenwand auf, kann aber auch künstlich erzeugt werden, beispielsweise mithilfe eines auf Sprühmodus gestellten Gartenschlauchs. Je größer ihre im Regelfall senkrecht zum Boden ausgeprägte Fläche, desto vollständiger ist der Regenbogen als kreisförmiges Gebilde zu beobachten. Wenn an einer bestimmten Stelle keine Regentropfen vorhanden sind, weist er dort eine Lücke auf. Eine die Erscheinung prägende Eigenschaft liegt zudem in der Tröpfchengröße, auf die noch in Kapitel 4 einzugehen ist.

Regenwand Abb. 1: Geometrische Beziehungen zwischen Sonne (Voraussetzung 1), Regenwand (Voraussetzung 2) und Beobachter B. Wie in Abb. 1 dargestellt, treffen die von der Lichtquelle (Voraussetzung 1) ausgehenden Lichtstrahlen, die aufgrund der großen Distanz zwischen Sonne und Erde annähernd parallel einfallen, auf die in der Regenwand gehäuften Wassertröpfchen (Voraussetzung 2), durchlaufen jene und treten die Regenbogenerscheinung bewirkend in zwei relevanten Winkeln auf selber Seite wie die einfallenden Strahlen wieder aus. •

Der Erste beträgt ca. 42° und ist Grund für die Erscheinung des Hauptregenbogens (H).



Der Zweite beträgt ca. 51° und ist Ursache für das Erscheinen des Nebenregenbogens (N).

-6Neben dem als eigentlicher Regenbogen angesehenem Hauptregenbogen (H) entsteht somit immer ein zweiter, 9° weiter außerhalb gelegener Bogen (N), der eine geringere Intensität aufweist und oft, je nach Helligkeit des primären Bogens, nur schwach bis gar nicht zu sehen ist. Aus dem beschriebenen Strahlengang ergibt sich nun die dritte, unabdingbare Voraussetzung für das Auftreten des Phänomens: 3. Damit der Beobachter (B) es vermag, die Regenbogenerscheinung wahrzunehmen, müssen die aus den Wassertröpfchen ausfallenden, relevanten Strahlen sein Auge erreichen. Da jene auf der selben Seite wie die einfallenden Strahlen austreten, ist es notwendig, dass sich der Beobachter zwischen der Lichtquelle und den Wassertröpfchen, also zwischen Sonne und Regenwand befindet. Für ihn entsteht der Regenbogen stets als konzentrischer Kreis in einem Winkel von 42° (51° für den Nebenregenbogen) um den Gegenpunkt der Lichtquelle bzw. dem Sonnengegenpunkt (G). Letzterer ist ein fiktiver Punkt, der dort liegt, wohin der Schatten des Kopfes des Beobachters (B) fällt4 – knapp formuliert: der Sonne gegenüber. Für die Bogenkrümmung des Phänomens ist der konstante Sichtwinkel von 42° bzw. 51° ausschlaggebend 5, unter dem allein der Regenbogen sichtbar wird. Denn alle Tropfen, für die jener Winkel bezüglich der Lage zum Beobachter zutrifft, d.h. die die Sichtbarkeit des Phänomens ermöglichen, liegen auf der Mantelfläche eines gedachten Kegels, an dessen Spitze sich der Beobachter (B) befindet, dessen Mantellinie mit seiner Höhe einen Winkel von 42° bzw. 51° bildet und dessen Höhenfußpunkt mit dem Sonnengegenpunkt (G) zusammenfällt. Wer einen Regenbogen sieht, blickt demnach auf die Kreislinie, die die Grundfläche jenes gedachten Kegels umschließt (in Richtung H bzw. N). Wenn nun der Regenbogen als konzentrischer Kreis um diesen Sonnengegenpunkt entsteht, dann ist daraus jenes zu folgern: Je höher die Sonne über dem Horizont steht, desto tiefer liegt der Sonnengegenpunkt und desto flacher erreichen die Strahlen, die die Wassertropfen in einem Winkel von 42° bzw. 51° verlassen, den Beobachter. Der Regenbogen erscheint klein und nur der oberste Teil seiner Kreisform ragt schmächtig über den Horizont hinaus. Weilt die Sonne dagegen sehr tief, befindet sich der Sonnengegenpunkt nur knapp unter dem Horizont, die Strahlen der relevanten Winkel fallen steiler auf den Beobachter ein, so4 5

Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S. 27. Berthold, C., et al., Physikalische Freihandexperimente, Bd. 2, S. 890.

-7dass der Regenbogen weit in den Himmel aufragt und fast als Halbkreis zu sehen ist. Bei einem Sonneneinfallswinkel von über 42° wiederum entstünde der Hauptregenbogen zwar unterhalb des Horizonts, entzieht sich allerdings damit dem Blickfeld eines auf ebenem Land stehenden Beobachters. Entsprechendes gilt für den Nebenregenbogen bei 51°. Aus diesem Grund sind in unseren Breiten in den Sommermonaten um die Mittagszeit keine Regenbögen unter freiem Himmel zu beobachten, da dann die Höhe der Sonne Haupt- und Nebenregenbogenwinkel überschreitet, sodass weder die Strahlen des Hauptregenbogens, noch die des Nebenregenbogens es vermögen, den Beobachter zu erreichen.6 Anderes gilt, wenn sich der Betrachter an einer exponierten Stelle, etwa auf einem Berg oder in einem Luftfahrzeug, befindet und die Regenwand nicht allzu weit entfernt, selbstverständlich auf der sonnenabgewandten Seite liegt. Denn dann werden, je nach Höhe und Relief, auch von unten eintreffende Regenbogenstrahlen seinem Auge sichtbar. Somit können auch Regenbögen entstehen, deren Erscheinungsbild den ordinären, zum Himmel gerichteten Halbkreisbogen übertrifft und darüber hinausgehende Bogenabschnitte mit einschließt. Bei dem unter Voraussetzung 2 erwähnten Gartenschlauchexperiment reicht für diesen Effekt in der Regel bereits die Höhe des Kopfes über dem Boden aus. Einen Regenbogen als vollständigen, geschlossenen Kreis zu erleben, ist nur möglich, wenn Wassertröpfchen in voller radialer Ausdehnung um den von der Position des Beobachters abhängigen Sonnengegenpunkt vorhanden sind und beschienen werden, ein seltener Anblick, der in der Regel Flugzeugpassagieren vorbehalten bleibt.

3 Strahlenoptik im Wassertropfen Nach Darlegung der makroskopischen Geometrie der Regenbogenerscheinung in vorhergehendem Kapitel, hat das folgende nun im Wesentlichen die Beantwortung der Frage zum Inhalt, wie es überhaupt zu den annähernd als konstant anzusehenden Betrachtungswinkeln von 42° für den Hauptregenbogen bzw. 51° für den Nebenregenbogen kommt. Dies erfordert die nun mikroskopische Betrachtung eines einzelnen Wassertropfens, der bekanntlich zusammen mit vielen anderen die Regenwand (Voraussetzung 2) bildet, den unmittelbaren Entstehungsort der Regenbogenerscheinung. 6

Nach Berechnungen des Sonnenschein-Applets für Mitteleuropa.

-8-

3.1 Monochromatische Strahlengänge Zur übersichtlicheren und verständlicheren Darstellung wird ein zunächst monochromatischer Lichtstrahl auf seinem Weg durch den Wassertropfen verfolgt. Dieser sei idealerweise kugelförmig, um eine mathematische Betrachtung, wie sie im Anschluss durchgeführt wird, zu erleichtern und dabei gleichzeitig der Realität möglichst nahe zu bleiben. Alle nachfolgenden Abbildungen zur Veranschaulichung der Strahlengänge machen sich zur Nutze, dass der Weg eines Strahls innerhalb des kugelsymmetrischen Wassertropfens stets auf einer Ebene verläuft, die den Tropfen mittig schneidet und exakt in zwei gleich große Hälften zerteilt. Gänzlich ungeachtet dessen, in welchem Winkel ein Lichtstrahl auf die Tropfenoberfläche fällt und von welcher Seite aus er dies zu tun pflegt: Immer führt Drehen und Wenden dieser den Tropfen halbierenden Ebene zu einem Querschnitt, auf dem sich sein gesamter Weg vollzieht.

Abb. 2: Monochromatische Strahlengänge im Wassertropfen. Der in Abb. 2 horizontal einfallende Lichtstrahl, der hier als zufällig ausgewählter Stellvertreter demnach sämtliche Möglichkeiten des Lichtstrahleneinfalls repräsentiert, wird beim Auftreffen auf die Tropfenwand der oberen Hemisphäre zu einem bestimmten Anteil reflektiert (reflektierter Strahl 1. Ordnung) und, da es sich um einen Übergang von einem optisch dünneren Medium, der Luft, in ein optisch dichteres Medium, dem Wasser, handelt, zum Lot der Tangenten im Einfallspunkt hin gebrochen. Für die Entstehung des Regenbogens ist nur der ohnehin quantitativ größere, gebrochene Anteil von Bedeutung, der den Tropfen bis zur gegenüberliegenden Tropfenwand durchläuft, um an dieser Stelle wiederum zu einem überwiegenden Teil nach draußen gebrochen zu werden (gebrochener Strahl

-92. Ordnung) – diesmal vom Lot weg, denn es handelt sich nun um einen Übergang von Wasser nach Luft, von einem dichteren zu einem dünneren Medium – sowie zu einem geringeren Anteil zurück in den Tropfen reflektiert zu werden. Letzterer Anteil durchläuft den Tropfen wiederum, erreicht erneut die Tropfenwand, wo Brechung und Reflexion nach selbem Prinzip vonstattengehen. Der hier – im Übrigen stets auf der Seite des in den Tropfen einfallenden Strahls und auf der jeweils anderen Hemisphäre – austretende Anteil, der gebrochene Strahl 3. Ordnung, ist Ursache für die Entstehung des Hauptregenbogens. Das Licht aber, das für Sichtbarkeit des Nebenregenbogens verantwortlich ist, nimmt als auf der Tropfeninnenseite reflektierter Anteil eine weitere Etappe durch den Regentropfen und tritt schließlich als gebrochener Strahl 4. Ordnung aus, ebenfalls auf selber Seite wie der in den Tropfen einfallende Strahl sowie diesmal in Richtung der selben Tropfenhemisphäre. Der gebrochene Strahl 2. Ordnung sowie gebrochene Strahlen ab 5. Ordnung erzeugen zwar ebenfalls Regenbogeneffekte, die allerdings durch den längeren Strahlenweg innerhalb des Tropfens entweder zu schwach sind, um in freier Natur gesichtet werden zu können oder, wie gerade im Falle des gebrochenen Strahls 2. Ordnung, zwischen Beobachter und Sonne auftreten, wo sie gänzlich überstrahlt werden. 7

3.2 Der Strahlengang des Hauptregenbogens Da der Strahlengang ausschließlich durch Brechung und Reflexion bestimmt wird, ist es möglich, ihn mithilfe einfacher Mittel ausführlich einer physikalischen Analyse und mathematischen Strukturierung zu unterziehen. Zunächst sei der Hauptregenbogen im Fokus, d.h. der gebrochene Strahl 3. Ordnung, wie er in Abb. 2 bezeichnet ist. Für die geometrische und mathematische Betrachtung werden folgende Größen eingeführt:8 •

θ1

Der Winkel, den der in den Tropfen einfallende Strahl mit dem Lot zur Tangente im Auftreffpunkt auf der Wand des kugelförmigen Wassertropfens bildet.



θ2

Der Winkel, den der gebrochene Strahl mit selbem Lot bildet.



α

Der Winkel, den der in den Tropfen einfallende Strahl mit dem aus dem Tropfen austretenden Strahl, dem gebrochenen Strahl 3. Ordnung, bildet.

7 8

Abschnitt weitgehend nach Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S. 29ff. Mathematische Herleitung des Hauptregenbogenwinkels nach Borghi, N., Der Regenbogen | Warum ist der Himmel blau?, Folie 17ff.

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Abb. 3: Geometrische Analyse des Strahlengangs für den Hauptregenbogen. Damit lässt sich, wie in Abb. 3 dargestellt, der Verlauf des Hauptregenbogenstrahls geometrisch erfassen, sodass der Austrittswinkel α allein durch die einfallsbedingten Größen θ 1 und θ2 beschrieben werden kann, indem man das Viereck ABCD betrachtet und von dessen Innenwinkelsumme, die 360° beträgt, die übrigen Winkel subtrahiert. Folglich gilt für α: α=360 °−[2(θ 1−θ2 )+(360 °−2 θ2 )] Vereinfacht ergibt dies nachstehende, prägnantere Gleichung: α=4 θ 2−2 θ1 Mithilfe des Snelliusschen Brechungsgesetzes lässt sich nun eine feste Beziehung zwischen θ1 und θ2 herstellen, die durch die beiden Brechungsindizes n 1 (für Luft) und n2 (für Wasser) bestimmt wird. Letztere Werte sind wiederum abhängig von der Wellenlänge des einfallenden Lichts: n1 ist stets annähernd 1, sodass letztendlich die Größe n 2 ausschlaggebend ist, welche sich für sichtbare, elektromagnetische Wellen im Bereich zwischen 1,33 und 1,34 bewegt.9 Der Quotient aus n2 und n1 wird der Übersichtlichkeit halber als n zusammengefasst. 9

Diese und alle nachfolgenden Angaben selber Art sind der Online-Datenbank über Brechungsindizes von Mikhail Polyanskiy entnommen.

-11sinθ 1 n2 = =n sinθ 2 n1

−1

θ2=sin (

sin θ1 ) n

Nun kann α ausschließlich in Abhängigkeit von θ1 beschrieben werden, wenn man in obiger Winkelgleichung θ2 durch den aus dem Brechungsgesetz gewonnenen Zusammenhang ersetzt. Das Zusammenfassen des Resultats mündet in nachfolgender Zuordnung, der sogenannten Regenbogenfunktion. Sie weist jedem Einfallspunkt eines in den Wassertropfen einfallenden Strahls, der durch den Winkel θ1 ausgedrückt wird, relativ zur Strahleintrittsrichtung einen Austrittswinkel α zu. α=4 arcsin (

sin θ 1 )−2θ 1 n

3.3 Der cartesische Strahl Für rotes Licht mit einer Wellenlänge von 700nm nimmt n2 bzw. n den Wert 1,331 an. Trägt man die Regenbogenfunktion mit n = 1,331 in einem Koordinatensystem auf, wobei θ1 Werte zwischen 0° und 90° annehmen kann, erhält man den in Abb. 4 dargestellten Graphen. Sein Verlauf lässt ersichtlich werden – und hierbei handelt es sich um den für die Regenbogenentstehung entscheidenden Aspekt –, dass die Strahlen, nachdem sie zwar parallel und gleichmäßig mit unterschiedlichen Werten für θ1 eingetreten sind, den Wassertropfen dagegen deutlich ungleichmäßig verteilt verlassen.

Abb. 4: Winkel α zwischen ein- und austretendem Strahl von rotem Licht (700nm) in Abhängigkeit von eintrittsbedingtem Winkel θ1. Berechnet man den Strahlengang für ein ganzes Bündel gleichmäßig und parallel einfallen-

-12der Strahlen, erhält man das in Abb. 5 grafisch dargestellte Resultat, welches den Verlauf der Regenbogenfunktion aus Abb. 4 bestätigt. Nahe der Tropfenmitte einfallende Strahlen (kleines θ1) treten nahezu in gleicher Richtung auf der jeweils anderen Hemisphäre wieder aus (kleines α).10 Ein Strahl, der genau in die Mitte des Tropfens, sprich mit θ 1 = 0 senkrecht auf die Oberfläche fällt, wird gar in sich selbst reflektiert (α = 0). Die etwas weiter oberhalb eintretenden Strahlen (größeres θ1) werden jeweils etwas weiter nach unten abgelenkt (größeres α), bis zu einem Austrittswinkel von ca. 42° (bei θ 1 ≈ 60°). Noch weiter oberhalb einfallende Strahlen (θ1 > 60°) treten wiederum unter einem kleineren Winkel aus ( α < 42°). Der in den Wassertropfen einfallende Lichtstrahl, dessen Teilstrahl 3. Ordnung die Kugel unter eben diesem Spitzenwinkel von ca. 42° verlässt, der Strahl maximaler Ablenkung also, wird cartesischer Strahl genannt und ist in Abb. 5 dick hervorgehoben. Der Abstand seines Einfallspunktes von der Mittelachse des Wassertropfens beträgt 7/8 des Tropfenradius.11

Abb. 5: Verteilung in unterer Hemisphäre austretender Strahlen, die in oberer Hemisphäre als Bündel parallel und gleichmäßig einfallen. Der Strahl maximaler Ablenkung (cartesischer Strahl) ist dick hervorgehoben. Die enorme Bedeutung dieses cartesischen Strahls für die Entstehung des Hauptregenbogens wird bei erneuter Betrachtung der Kurve aus Abb. 4 deutlich, welche im Grunde die 10 Folgende Passage zu großen Teilen nach Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S. 32f. 11 Berthold, C., et al., Physikalische Freihandexperimente, Bd. 2, S. 890.

-13Intensitätsverteilung der austretenden Strahlen erkennen lässt und ein Maximum bei den Werten α = 42,4° und θ1 = 59,5° besitzt. Der Hochpunkt des Graphen bedeutet demnach, dass unterhalb des maximalen Austrittswinkels von ungefähr 42°, dem Hauptregenbogenwinkel, ganz besonders viele der einfallenden Strahlen, nämlich gerade die mit θ 1 ≈ 60°, den Wassertropfen verlassen, sodass das Licht in einem bestimmten Winkelintervall knapp unter α = 42° wesentlich intensiver als in anderen gleich großen Winkelbereichen erscheint. In Abb. 5 zeigt sich dies durch Häufung und Kreuzung der rot gezeichneten Strahlenlinien im Bereich des in maximalem Winkel austretenden cartesischen Strahls. Es entsteht ein Intensitätsmaximum, das sich, insofern die betreffenden Strahlen in der Lage sind, die Augen des Beobachters zu erreichen, in der Sichtbarkeit des Hauptregenbogens äußert, in einer Häufung austretender Lichtstrahlen unter einem bestimmten Winkel, die ein leuchtendes Band mit scharfer Grenze nach außen und kontinuierlich schwächer werdendem Streulicht nach innen bilden.12

3.4 Farbenpracht durch Dispersion Während bisher ein monochromatischer Strahl Gegenstand der Untersuchung gewesen ist, stellt die Sonne doch eine polychromatische Lichtquelle (Voraussetzung 1) dar, die sämtliche Wellenlängen im optisch sichtbaren Bereich emittiert. Erst durch diese Tatsache erlangt das Band des Regenbogens Vielfarbigkeit und wird zum dem prächtigen Anblick, dem unsere Faszination gilt. Ursache für die Buntheit der Regenbogenerscheinung ist das Phänomen der Dispersion, das u.a. durch Isaac Newtons Versuch, mithilfe eines Glasprismas weißes Sonnenlicht in seine Spektralfarben zu zerlegen, bekannt ist. Dispersion bedeutet, dass durch die Abhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit (Phasengeschwindigkeit) einer Welle von ihrer Wellenlänge die Strahlen verschiedener Farben beim Übergang in ein anderes Medium unterschiedlich stark gebrochen werden. So erfährt langwelligeres, rotes Licht eine geringere Ablenkung als kurzwelliges blaues Licht, sodass am Ende der Versuchsanordnung, auf eine weiße Fläche projiziert, das zum kontinuierlichen Spektrum aufgefächerte Sonnenlicht zu beobachten ist. Nach selben Prinzip wird das Licht der Sonne auch im Wassertropfen zerlegt, wenn es bei den Übergängen zwischen optisch dünnerer Luft und optisch dickerem Wasser gebrochen wird. In mathematischer Hinsicht gilt für jede Wellenlänge, sprich für jede sichtbare Farbe, 12 Berthold, C., et al., Physikalische Freihandexperimente, Bd. 2, S. 890.

-14ein anderer Brechungsindex, der die Regenbogenfunktion und damit folglich auch die Intensitätsverteilung der jeweiligen Farbe beeinflusst. Zeichnet man die Hauptregenbogenfunktionen für drei ausgewählte Farben (Blau: 450nm, Grün: 530nm und Rot: 700nm), so ergibt sich für alle drei Kurven ein ähnlicher Verlauf, doch unterscheiden sie sich geringfügig in der Größe ihrer α-Werte, v.a. was die Lage der Hochpunkte, der maximalen Ablenkungswinkel betrifft, wie es in nachfolgender Tabelle ersichtlich wird. Farbe

Wellenlänge

Brechungsindex (Wasser)

Maximales α

Violett

380nm

1,3406

41,0°

Blau

450nm

1,3370

41,5°

Grün

530nm

1,3338

42,0°

Orange

590nm

1,3324

42,2°

Rot

700nm

1,3310

42,4°

Tab. 1: Austrittswinkel des cartesischen Strahls (maximales α) für ausgewählte Farben. Das Intensitätsmaximum ist demnach für jede Wellenlänge leicht verschieden und unter einem jeweils anderen α-Wert zu finden. Es entsteht für jede Farbe am Himmel, wenn man es so ausdrücken will, ein eigener, monochromatischer Bogen in einem eigenen Winkel, der etwa im Bereich von 42° liegt, aber stets anders ist. Die polychromatische Erscheinung des Regenbogens stellt folglich nichts anderes als eine Reihung dieser vielen monochromatischen Bögen dar, die alle jeweils in einem leicht anderen Winkel erscheinen, sich zu Teilen überlagern, und gemeinsam, ähnlich wie beim Glasprisma, eine Art kontinuierliche Zerlegung des weißen und alle sichtbaren Wellenlängen umfassenden Sonnenlichts ergeben. Das rote Licht mit dem größeren maximalen Ablenkungswinkel liegt dabei dem Sonnengegenpunkt etwas ferner und damit auf der Außenseite des Hauptregenbogens. Umgekehrt verhält es sich mit blauem Licht, das seinen Platz auf der Innenseite des Hauptregenbogens findet. Beides ist sehr gut in Abb. 8 am Ende des Kapitels zu erkennen.13 Das diesseits der Intensitätsspitze unter kleineren Winkeln austretende, vielfarbige Licht vermischt sich zu Weiß und hellt die Kreisfläche innerhalb des Hauptregenbogens auf, in Richtung der Bogeninnenseite zunehmend intensiver, während oberhalb des Hauptregenbogens, d.h. jenseits der 42°, kein Licht ausgestrahlt wird und der sich daraus ergebende Kontrast die Sichtbarkeit des Phänomens fördert. So entpuppt sich der Regenbogen als kreisförmige, weiß leuchtende Scheibe, die sich lediglich an ihren Rändern in die Spektral13 Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S. 34f.

-15farben des Sonnenlichts auffächert und erst an dieser Stelle zum fesselnden Anblick wird. Ein nächtlicher Regenbogen, der, vom an der Mondoberfläche reflektierten Sonnenlicht erzeugt, an Intensität weit schwächer und, wie bereits Aristoteles festgehalten hat 14, ein äußerst seltener Anblick ist, erscheint dem Betrachter dagegen farblos. Der Grund hierfür findet sich allerdings nicht in der Physik, sondern in der physiologischen Beschaffenheit des Auges: Die dort auf der Netzhaut ansässigen Farbrezeptoren funktionieren nur bei ausreichender Lichtintensität.15

3.5 Der Nebenregenbogen Die Entstehung des Nebenregenbogens folgt im Wesentlichen den selben, in den vorherigen Abschnitten erläuterten Prinzipien, doch scheint es gerade hier sinnvoll, auf gewisse Eigenheiten und Unterschiede in Bezug auf den Hauptregenbogen hinzuweisen. Allem voran stehe die geometrische Konzeption seines Strahlengangs im Mittelpunkt, die des – wie bereits in in Abschnitt 3.1 beschrieben – gebrochenen Strahls 4. Ordnung, welcher den Wassertropfen auf selber Seite und in Richtung der selben Tropfenhemisphäre wie der einfallende Strahl wieder verlässt.16

Abb. 6: Geometrische Analyse für den Strahlengang des Nebenregenbogens. 14 Der Gelehrte schreibt: „An einem einzigen Tag im Monat, ausschließlich bei Vollmond ist ein Mondregenbogen zu erwarten, und auch dann nur, wenn der Mond auf- oder untergeht. Darum haben wir ihn innerhalb von fünfzig Jahren nur zweimal erlebt.“ (Meteorologie, 372a) 15 Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S.38f. 16 Die Mathematische Herleitung des Nebenregenbogenwinkels ist analog zu der des Hauptregenbogens vom Verfasser erarbeitet worden.

-16-

Von Abb. 6 ausgehend wird das Dreieck ABC betrachtet und der Austrittswinkel α zwischen einfallendem und gebrochenem Strahl 4. Ordnung durch Subtraktion von seiner Innenwinkelsumme, die 180° beträgt, analog zum Hauptregenbogen formuliert:

α=180 °−2(3 θ2−θ 1)=180 °−6 θ2 +2θ 1 Nach Implementierung des Snelliusschen Brechungsgesetzes ergibt sich vereinfacht folgender Zusammenhang, die Nebenregenbogenfunktion: α=180 °−6 arcsin (

sin θ1 )+2 θ1 n

Trägt man diese nun für rotes, grünes und blaues Licht sowie die entsprechenden Hauptregenbogenfunktionen in ein gemeinsames Koordinatensystem auf, erhält man die in Abb. 7 gezeichnete Kurvenagglomeration.

α

Abb. 7: Strahlenverteilung für rotes, grünes und blaues Licht beim Hauptregenbogen (untere Graphen) und Nebenregenbogen (obere Graphen).

θ1

Unverkennbar fällt ins Auge, dass der Nebenregenbogen einer bezüglich des Hauptregenbogens umgekehrten Logik folgt. Flacher einfallende Strahlen treten nun unter großen, steil einfallende unter kleinen Winkel aus, nachdem sie einen um eine Etappe längeren Weg durch den Wassertropfen zurückgelegt haben. Die Minima des Kurvenverlaufs für den Nebenregenbogen, bei denen es sich entgegen ihrer Bezeichnung doch weiter gedacht um Intensitätsmaxima handelt, sammeln sich bei etwa 51°, dem Nebenregenbogenwinkel.

-17Die Gegensätzlichkeit der Nebenregenbogenfunktion geht mit gravierenden Folgen für das Erscheinungsbild des Nebenregenbogens einher: Nicht nur ist seine Intensität aufgrund der zusätzlichen Reflexion im Wassertropfen, die nur ein kleinerer Teil des Lichts vollzieht, sowie dem aus Abb.9 ersichtlichen eingeschränkten Bereich von θ1, für den überhaupt ein gebrochener Strahl 4. Ordnung auf der Seite des einfallenden Strahls zustande kommt, weit geringer als die des Hauptregenbogens, was ihn überhaupt nur unter guten Bedingungen sichtbar werden lässt. Ebenso wird durch die zusätzliche Etappe, die den gebrochenen Strahl erster Ordnung kreuzt, die Farbreihenfolge verkehrt, sodass nun die Farbe Rot die Bogeninnenseite und Blau die Bogenaußenseite ziert, deren exakte Intensitätsmaxima darüber hinaus weiter auseinander liegen als beim Hauptregenbogen, sodass der Nebenregenbogen breiter erscheint. Steiler als in einem Winkel von 51° abgelenkte Strahlen vermischen sich zu Weiß und erhellen den Himmel außerhalb des Nebenregenbogens, während gebrochene Strahlen 4. Ordnung niemals in einem Winkel, der flacher als 51° ist, den Regentropfen verlassen. Der 9° umfassende, kreisförmige Abschnitt um den Sonnengegenpunkt zwischen Hauptund Nebenregenbogen, den weder ersterer noch letzterer erhellt, wird Alexanders Dunkelband genannt17 und ist besonders deutlich in Abb. 8 zu erkennen.

Abb. 8: Sehr schön ausgeprägter Haupt- und Nebenregenbogen mit dazwischenliegendem Dunkelband des Alexander. 17 Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S. 36.

-18-

4 Im Wellencharakter des Lichts begründete Phänomene Alle in den zwei vorherigen Kapiteln dargelegten, wesentlichen Eigenschaften der Regenbogenerscheinung haben sich mühelos mit den optischen Erkenntnissen Descartes' sowie Newtons erklären lassen, die stets von Lichtstrahlen ausgegangen sind, welche unter Reflexion, Brechung und Dispersion bestimmte Wege gehen und so Effekte wie die Intensitätsmaxima unter bestimmten Winkeln hervorzurufen vermögen. Um restlos allen Merkmalen des Regenbogens auf die Spur zu kommen, bedarf es der Berücksichtigung des Wellencharakters von Licht, wie folgende Aspekte des Regenbogens belegen.

4.1 Innere Bögen Unter bestimmten Bedingungen ist auf der Innenseite des Hauptregenbogens, vor allem im oberen Bereich, bei genauerem Hinsehen eine zusätzliche Struktur zu erkennen: Ringe in einem meist bläulich-violetten Ton – ohne die typischen „Regenbogenfarben“ –, die zum Mittelpunkt des Hauptregenbogenkreises hin schwächer werden und sich schließlich im aufgehellten Himmel verlieren. Die Außenseite des Nebenregenbogens weist selbes Phänomen ebenfalls auf, wobei es sich dort meist infolge der ohnehin geringeren Intensität des Nebenregenbogens in freier Natur dem Anblick des Beobachters entzieht.18

Abb. 9: Interferenzbögen (innere Bögen) auf der Innenseite eines Hauptregenbogens. Innere Bögen sind das Resultat von Interferenz, einer Überlagerung der vom Regenbogen ausgehenden Lichtwellen im Auge des Betrachters. Dabei fallen beim Austreten aus dem Wassertropfen innerhalb des 42° umfassenden Winkelbereichs neben verschiedenfarbigem Licht, wodurch es zur additiven Farbmischung kommt, auch Wellen gleicher Länge zusammen, die aufgrund der unterschiedlich langen Wege im Wassertropfen einen Gangunter18 Dittmann, H., Schneider, W. B., Zur Deutung der inneren Regenbögen, S. 43.

-19schied besitzen und sich demnach auslöschen bzw. verstärken. Es entstehen für jede Farbe Minima und Maxima, die sich für den Betrachter in Richtung der Regenbogenkreismitte reihen und als zusätzliche Ringstruktur sichtbar werden. Da die Übergänge zwischen Minima und Maxima jeder Farbe kontinuierlich sind, kommt es an entsprechenden Stellen, auch im Bereich des eigentlichen Bogens, zu zusätzlichen Überlagerungen, die in einer Unschärfe der Regenbogenerscheinung resultieren, sprich in einer „verwaschenen“ Farbfolge. Eine genaue Berechnung der inneren Bögen, die auch die Polarisation des Lichts zu berücksichtigen hat, setzt erhebliche mathematische Erkenntnisse voraus und ist erst im 20. Jahrhundert gelungen.19

4.2 Einfluss der Tröpfchengröße Aus selber Berechnung geht weiterhin hervor, dass die bisher außer Acht gelassene Tröpfchengröße ein Faktor ist, der das Erscheinungsbild des Regenbogens sowie seine Sichtbarkeit maßgeblich beeinflusst. Grundsätzlich lässt sich nämlich sagen, dass mit progressiv kleinerem Tropfenradius die in Abschnitt 4.1 berührten Interferenzeffekte und Überlagerungen zunehmen und das bunte Antlitz des Regenbogens mehr und mehr entstellen. Je kleiner der Tropfenradius, desto langsamer ändert sich der Gangunterschied einer Farbe innerhalb des Austrittswinkelintervalls, desto weniger Interferenzminima und -maxima entstehen, desto mehr gewinnen die weniger werdenden inneren Bögen an Breite. Sie erstrecken sich immer weiter zum Mittelpunkt des Regenbogenkreises, sodass der Regenbogen selbst durch die Überlagerungen „verschmiert“, damit breiter wird und an Farbsättigung verliert.20 Dieser Zusammenhang ist sehr gut in Abb. 10 zu erkennen, die die durch große Tropfen hervorgebrachten inneren Bögen deutlich unausgeprägter und den erzeugten Regenbogen an Farbigkeit intensiver und reiner zeigt als es bei kleinerem Tropfendurchmesser der Fall ist.

Abb. 10: Computersimulierte Regenbogenfarben unter Berücksichtigung von Interferenzeffekten für die Tropfendurchmesser 0,8 mm (oben) bzw. 0,4 mm (unten). 19 Dittmann, H., Schneider, W. B., Zur Deutung der inneren Regenbögen, S. 54. 20 Cowley, L., Rainbows, Primary, Drop Size.

-20Demnach sind die typischen Regenbogenfarben für große Tropfen mit einem Durchmesser von mehr als einem Millimeter – ein eher seltener Fall, der auf natürliche Art und Weise nur bei schweren Schauern eintritt – am deutlichsten und reinsten ausgeprägt: Intensives Violett, kaum Dunkelblau, aber lebhaftes Türkisgrün, Gelb und reines Rot. 21 Regenbogenerscheinungen, die sich durch ein überwiegendes Grün und Violett im Nebenbogen sowie einem eher schwächeren Rot im Hauptbogen kennzeichnen, weisen auf eine Tröpfchendurchmesser im Bereich eines halben Millimeters hin. In dieser Größenordnung nehmen zudem die interferenzbedingten inneren Bögen eine ausreichend kontrastierende Farbgebung sowie einen genügend großen Winkelabstand zueinander an, um am Himmel auf der Innenseite des Hauptbogens sichtbar zu werden (s. dazu wiederum Abb. 10 unten). Tropfen mit einem Durchmesser von nur etwa 0,2 mm bringen eine bereits äußerst unscharfe Farbgebung hervor, mit einem „verwaschenem“ Rot im Hauptbogen und einem auffällig gelben Nebenregenbogen. Es sei darauf hingewiesen, dass die Tropfen in einer Regenwand zwar von ähnlicher, aber nie von einheitlicher Größe sind und dass mit zunehmendem Radius ihre Kugelform aufgrund des Luftwiderstandes und der Gravitation merklich verzerrt wird. 22 Ein sichtbarer Regenbogen ist somit immer eine Mischung der Effekte, die von den unterschiedlich großen und verschieden geformten Tropfen ausgehen.

4.3 Der Nebelbogen Bei äußerst kleinen Wassertröpfchen mit Durchmessern, die 50 μm unterschreiten, sind die Überlagerungen der breit und wenig gewordenen Interferenzmaxima so ausgeprägt, dass sich die zunehmend „verschmierten“ Farben schließlich zu weiß vermischen und ein entfärbter Regenbogen entsteht, wie in Abb. 11 zu sehen. Der Übergang vom farbenprächtigen Regenbogen zum weißen Nebelbogen veranschaulicht Abb. 12 sehr schön anhand einer Reihe von Simulationen mit unterschiedlichen Tröpfchengrößen. Da die für einen solchen Bogen notwendigen kleinen Tropfen hauptsächlich im Nebel zu finden sind, spricht man vom Nebelbogen. Um eine derartige Erscheinung sichten zu können, ist es gemäß der in Kapitel 2 dargelegten Voraussetzungen nötig, dass man zwischen 21 Diese und nachfolgende Farb- sowie Größenangaben überwiegend nach Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S. 37f. 22 Cowley, L., Rainbows, Supernumeraries, Drop Size.

-21Sonne und einer Nebelschwade steht. Eine ordinäre Wolke wäre theoretisch zwar ebenso zur Erzeugung dieses Sonderphänomens in der Lage, befindet sich aber aufgrund ihrer Höhe über dem Boden oft nicht, vom Beobachterstandpunkt ausgesehen, in einem beschienenen 42°-Winkel zum Sonnengegenpunkt oder überstrahlt den Effekt selbst durch das an ihr in erster Instanz reflektierte Sonnenlicht.

Abb. 11: Ausschnitt eines im Meeresdunst aufgenommenen Nebelbogens.

Abb. 12: Computersimulierter Übergang zwischen Regenund Nebelbogen (von rechts nach links). Die Zahl gibt den jeweils verwendeten Tropfendurchmesser in μm an.

5 Resümee Obwohl wir heute mithilfe modernster Technik in der Lage sind, die Erscheinung des Regenbogens mitsamt seinen zahlreichen Begleiteffekten exakt zu berechnen, wäre es ein Fehler den Glauben zu hegen, dass damit der Erforschung jener subtilen Himmelserscheinung ein Ende gesetzt wäre. Mithilfe des Strahlenmodells gelang es zunächst Descartes und Newton, nicht nur die makroskopischen Proportionen des Regenbogens, den Weg des Lichts im Wassertropfen und die zwei entscheidenden Winkel von 42° und 51° für Haupt- und Nebenbogen zu bestimmen sowie korrekt die sonnenabgewandte Lage des Regenbogens zu erklären, sondern auch seine Vielfarbigkeit auf das Phänomen des Dispersion zurückzuführen. Die Kenntnis des Wellencharakters von Licht ermöglichte die Erklärung tiefer gehender Aspekte des Regenbogens wie die durch Beugung und Interferenz hervorgebrachten inneren Bögen sowie des mit dem Strahlenmodell unerklärbaren Einflusses von Tropfengröße und -form auf die Schärfe und Farbigkeit des Regenbogens, wobei hier im Wesentlichen die Physiker Young

-22und Airy eine herausragende Rolle spielten. Die bis heute angewandte wellentheoretische Beschreibung des Regenbogens stammt von Ludvig Lorenz und Gustav Mie, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Streuung von Licht an sphärischen Partikeln beschäftigten23 und das physikalische Fundament für exakte Berechnungen schufen, die erst mithilfe leistungsstarker Computer ab den 70er-Jahren möglich wurden und noch heute zu weiteren Nachforschungen praktiziert werden.24 Dazu gehört beispielsweise die Untersuchung der zahlreichen Sonderformen der Regenbogenerscheinung wie dem Zwillingsbogen, der sich aus zwei aufeinander stehenden Hauptbögen zusammengesetzt und für den es noch keine akzeptierte Erklärung gibt.25 Ungeachtet dessen, wie weit die Forschung noch vorzudringen vermag: Solange diese Welt mit ihren Naturgesetzen existiert, wird uns der Regenbogen wieder und wieder bunt überraschen, wenn er nach düsterem Wetter unvorhergesehen auftaucht, abziehende Regenschauer begleitet oder auf sonstige Art und Weise eine ohnehin sinnliche Atmosphäre noch malerischer gestaltet. Und wer sehnt sich nicht in den allzu oft düsteren, von einfältigem Stress befeuerten Stunden des Alltags nach etwas mehr Farbe im Leben?

Abb. 13: Ein doppelt erheiternder Anblick: Regenbogen in den aufgewirbelten Tröpfchen am Fuß eines idyllischen Wasserfalls. 23 Damaschke, N., Der Regenbogen im Labor, Folie 9. 24 Dittmann, H., Schneider, W. B., Zur Deutung der inneren Regenbögen, S. 55. 25 Cowley, L., Rainbows, Twinned Bows.

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6 Quellenverzeichnis Literatur Aristoteles, Meteorologie, übers. von Hans Strohm in: Grumach, E., Flashar, H. (Hrsg.), Aristoteles: Werke in Deutscher Übersetzung, Bd. 12, Meteorologie, Über die Welt, Berlin, Akademie-Verlag, 1970. Berthold, C. et al., Physikalische Freihandexperimente, Bd. 2, Hallbergmoos, AulisVerlag, 20124. Borghi, N., Der Regenbogen | Warum ist der Himmel blau?, ppt-Dokument online, Verfügbar unter: http://physik.uibk.ac.at/didaktik/licht/7-Borghi_Regenbogen+ Himmelblau.ppt [Stand: 3. April 2013]. Cowley, L., Rainbows, Online verfügbar unter: http://www.atoptics.co.uk/bows.htm [Stand: 16. August 2013]. Damaschke, N., Interdisziplinäre Ringvorlesung / Licht – Leben – Materie, Der Regenbogen im Labor, pdf-Dokument online, Verfügbar unter: http://www.iuk-verbund. uni-rostock.de/fileadmin/IUK/Ringvorlesungen/Licht/V02_Damaschke_ Regenbogen.pdf [Stand: 19. August 2013]. Dittmann H., Schneider, W.B., Zur Deutung der inneren Regenbögen, Artikel aus: Lotze, K., Schneider, W.B., Wege in der Physikdidaktik, Bd. 5, Naturphänomene und Astronomie, Erlangen und Jena, Palm & Enke Verlag, 2002, S. 42-56, Online verfügbar unter: http://www.solstice.de/physikprogramme/simulationsprogrammzum-regenbogen/ [Stand: 3. April 2013]. Kilian, U., Aschemeier, R., Das große Buch vom Licht, Darmstadt, Primus Verlag, 2012. Reichart, R., Der Regenbogen in Religion und Mythologie, Online-Artikel, Verfügbar unter: http://www.regenbogenverlag.de/wissenschaft/regenbogen/der-regenbogenin-religion-und-mythologie/ [Stand: 25. Oktober 2013]. Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, Leuchterscheinungen in der Atmosphäre, Heidelberg, Berlin, Oxford, Spektrum Akad. Verlag, 1995.

-24Weitere Quellen und Hilfsmittel Biansan, J. M., OptGeo, Freies Simulationsprogramm für optische 2D-Aufbauten, Verfügbar in den Ubuntu-Paketquellen sowie online unter: http://jeanmarie.biansan. free.fr/optgeo.html [Abgerufen am 22. August 2013, Version 2.15]. Giesen, J., Sonnenschein-Applet, Java-Anwendung, Online verfügbar unter: http://www.spoddig.de/spoddig/sonnenschein312/ [Abgerufen am 20. Juli 2013]. Polyanskiy, M., Datenbank über Brechungsindizes unter Berücksichtigung von Material und Wellenlänge, Online verfügbar unter: http://refractiveindex.info/ [Abgerufen am 2. August 2013]. Abbildungen Abb. 1

Aus Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S.28.

Abb. 2

Nachbearbeitete und angepasste Abbildung aus Berthold, C. et al., Physikalische Freihandexperimente, Bd. 2, S. 889.

Abb. 3

Erstellt mit OptGeo und dem Grafik-Manipulationsprogramm GIMP unter Hinzunahme der in Borghi, N., Der Regenbogen | Warum ist der Himmel blau, Folie 17 abgebildeten Grafik als Vorlage.

Abb. 4

Angefertigt mit dem Funktionsplotter KmPlot.

Abb. 5

Erstellt mit OptGeo nach Vorbild der in Schlegel, K., Vom Regenbogen zum Polarlicht, S.33 abgedruckten Abbildung.

Abb. 6

Erstellt mit OptGeo und GIMP analog zu Abb. 3.

Abb. 7

Angefertigt mit dem Funktionsplotter KmPlot.

Abb. 8

Eigenfotografie. Aufgenommen am Abend des 19. Augusts 2013 in Aschaffenburg.

Abb. 9

Aus Cowley, L., Rainbows, Online: http://www.atoptics.co.uk/rainbows/supers.htm [Stand: 22. August 2013].

Abb. 10

Aus Cowley, L., Rainbows, Online: http://www.atoptics.co.uk/rainbows/primds.htm [Stand: 22. August 2013].

Abb. 11

Gemeinfrei bezogen aus dem reichhaltigen Angebot von Wikimedia Commnons unter http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nebelbogen.jpg [Stand: 22. August 2013].

Abb. 12

Aus Cowley, L., Rainbows, Online: http://www.atoptics.co.uk/droplets/fogdrpsz.htm [Stand: 22. August 2013].

Abb. 13

Eigenfotografie. Aufgenommen am 1. September 2013 an den Plitvicer Seen, Kroatien.

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7 Eigenständigkeitserklärung

Ich erkläre hiermit, dass ich die Seminararbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und nur die im Quellenverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.

Aschaffenburg, den 12. November 2013

................................................................ Unterschrift des Verfassers